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„Leopold Ružička“ – Versionsunterschied

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<!-- schweizbezogen -->[[Datei:Lavoslav Ružićka 1939.jpg|mini|293x293px|Leopold Ružićka (1939)]]
'''Leopold (Lavoslav) Stjepan Ružička''' (* [[3. September]] [[1887]] in [[Vukovar]], [[Kroatien]]; † [[26. September]] [[1976]] in [[Mammern]], Kanton [[Thurgau]]) war ein [[Kroatien|kroatischer]] [[Chemiker]] mit [[Schweiz|schweizerischer]] Staatsbürgerschaft.
[[Datei:Grab Leopold Ružička.jpg|mini|Das Grab von Leopold Ružička und seiner Ehefrau Gertrud Frei auf dem [[Friedhof Fluntern]] in Zürich]]
'''Leopold Ružička''' (* [[13. September]] [[1887]] als ''Lavoslav Stjepan Ružička'' in [[Vukovar]], [[Königreich Kroatien und Slawonien]], [[Österreich-Ungarn]]; † [[26. September]] [[1976]] in [[Mammern]], [[Kanton Thurgau]], [[Schweiz]]) war ein Schweizer [[Chemiker]] und [[Hochschullehrer]] mit kroatischen Wurzeln.


==Leben==
== Leben ==
Ružička war der Sohn des [[Küfer]]s Stjepan Ružička und seiner Ehefrau Ljubica Sever. Zu seinen Vorfahren zählten unter anderem [[Donauschwaben]], [[Tschechen]] und [[Altösterreich|Österreicher]];<ref>{{OstdtBio|ruzicka-leopold|Ruzicka, Leopold}}</ref> seine Urgroßeltern waren fünf Kroaten, ein Tscheche, von dem der Name Ružička stammt, ein Oberösterreicher und dessen aus Württemberg stammende Frau.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/1939/ruzicka/biographical/ |titel=The Nobel Prize in Chemistry 1939 |sprache=en-US |abruf=2024-04-20}}</ref> Obwohl sein Vater bereits 1891 starb, schaffte es Ružička, in [[Osijek]] die [[Matura]] abzulegen. 1906 [[Immatrikulation|immatrikulierte]] er sich an der [[Karlsruher Institut für Technologie|Technischen Hochschule Karlsruhe]] für das Fach Chemie, wobei er sich hauptsächlich für die organische Chemie interessierte. Nach der [[Promotion (Doktor)|Promotion]] 1910 wurde er Assistent seines [[Doktorvater]]s [[Hermann Staudinger]] und folgte diesem 1912 nach Zürich, nachdem Staudinger einen Ruf an die [[ETH Zürich]] erhalten hatte.
[[Datei:Rodna kuća Lavoslava Ružičke 01.jpg|mini|links|Gedenkmuseum für Leopold Ružička in seinem Geburtshaus in [[Vukovar]], [[Kroatien]].]]
Im selben Jahr heiratete er Anna Hausmann. 1918 erhielt er das [[Schweizer Bürgerrecht|Bürgerrecht]] von Zürich. Als er sich 1916 für seine [[Habilitation]] einem eigenen Forschungsgebiet zuwandte, kam es zum Bruch mit Staudinger. Um seinen Lebensunterhalt und seine wissenschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zu sichern, begann Ružička für die Parfümfabrik [[Haarmann & Reimer]] in [[Holzminden]] zu arbeiten. 1918 legte er an der ETH seine Habilitationsschrift vor, für die sich alsbald das Chemieunternehmen [[Novartis#Ciba|Ciba]] in [[Basel]] interessierte. 1920 wurde er Privatdozent an der Universität Zürich, was er bis 1925 blieb. 1921 boten ihm die Parfumeure ''[[Firmenich (Unternehmen)|Chuit, Naef & Firmenich]]'' aus [[Genf]] eine äußerst lukrative Zusammenarbeit an. 1923 wurde er an der ETH zum [[Titularprofessor]] ernannt. Wegen mangelnder Unterstützung an der ETH und besserer Arbeitsmöglichkeiten in der Genfer Industrie siedelte Ružička 1926 nach Genf über. Noch im selben Jahr erhielt er eine Berufung an die [[Universität Utrecht]], wo er von Oktober 1926 bis 1929 als Professor für organische Chemie lehrte und forschte.


1929 nahm er das Angebot an, als Nachfolger von [[Richard Kuhn]] an die ETH zurückzukehren. Er ließ sich definitiv in Zürich nieder, wo er in der Nähe der Hochschule ein Haus baute. An der ETH widmete er sich zunächst dem Ausbau des von seinen Vorgängern vernachlässigten Laboratoriums. Das fruchtbare wissenschaftliche Umfeld und der steigende Bedarf der chemischen Industrie an Spezialisten sorgten für regen Zustrom ans Institut. Unter seinen Mitarbeitern ist besonders [[Tadeus Reichstein]] zu erwähnen, der 1938 an die Universität Basel wechselte und 1950 den [[Nobelpreis für Physiologie oder Medizin|Nobelpreis für Medizin]] erhielt. 1951 heiratete Ružička in zweiter Ehe Gertrud Acklin. Beide Ehen blieben kinderlos. 1957 wurde er emeritiert. Er starb im September 1976 im Alter von 89 Jahren und wurde auf dem [[Friedhof Fluntern]] beigesetzt.
Ružička war er Sohn des Böttchers Stjepan Ružička und dessen Ehefrau Ljubica Sever. Obwohl bereits [[1891]] sein Vater starb, schaffte es Ružička, in Kroatien die Matura (Abitur) zu erreichen. [[1906]] immatrikulierte er sich an der Technischen Hochschule [[Karlsruhe]] für das Fach Chemie. Sein Doktorvater [[Hermann Staudinger]] nahm ihn nach der erfolgreichen Promotion als Assisstenten auf.


== Werk ==
Im Oktober [[1912]] nahm Ružička einen Ruf an die [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH Zürich]] an und wurde dort der Nacholger von [[Richard Willstätter]]. Als Solcher heiratete er noch im selben Jahr Anna Hausmann. [[1917]] wurde ihm die schweizerische Staatsbürgerschaft verliehen.
Ružička erwarb sich durch seine Arbeiten über [[Terpene]], [[Steroide]] und männliche [[Sexualhormone]] sowie vielgliedrige Ringe hohes wissenschaftliches Ansehen. Er galt als ''Herr der Kohlenstoffringe'', wobei er sich vor allem mit nicht-aromatischen ([[Alicyclische Verbindungen|alicyclischen]]) Ringstrukturen befasste. Dabei erweiterte er die Kenntnis ungewöhnlicher Ringstrukturen in der organischen Chemie um Ringe mit bis zu 17 Gliedern, was zuvor für unmöglich gehalten wurde, ähnlich wie seinerzeit Ringe mit sehr wenigen Kohlenstoffatomen (weniger als sechs) bis zur Arbeit von [[William Henry Perkin junior]], die Ruzicka als Inspiration diente.<ref>Siehe seine Nobel-Vorlesung, ''Multimembered rings, higher terpene compounds and male sex hormones'', [https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/chemistry/laureates/1939/ruzicka-lecture.pdf pdf]</ref> Versuche zur Synthese von Ringen mit 9 Kohlenstoffatomen durch [[Nikolai Dmitrijewitsch Selinski]] und [[Richard Willstätter]] waren zuvor gescheitert und man hielt acht Kohlenstoffatome für eine obere Grenze.


Er arbeitete für die Duftstoffindustrie (wo vielfach Terpene Anwendung finden) und synthetisierte Moscin, den Hauptbestandteil von [[Moschus]] und [[Zibet]], die vorher nur als sehr teure Naturstoffe aus in ihrem Bestand bedrohten Tierarten verfügbar waren. Er bestimmte die Struktur der männlichen Sexualhormone [[Testosteron]] und [[Androsteron]] und synthetisierte diese. Er war einer der wichtigsten Pioniere auf dem Gebiet der Terpene neben [[Otto Wallach]] und [[Adolf von Baeyer]] und formulierte 1922 die schon Wallach bekannte Biogenetische Terpenregel (der Name stammt von ihm).
Ab 1917 arbeitete Ružička an seiner Habilitation. Bei diesen Forschungen arbeitete er mit einer der ältesten Parfumfabriken Europas zusammen; ''Haarmann & Reimer'' in [[Holzminden]]. [[1918]] konnte er sein Habilitation vorlegen und schon wenige Wochen später interessierte sich die Fa. ''CIBA'' aus [[Basel]] dafür. [[1921]] boten ihm die Parfumeure ''Chuit, Naef & Firmenich'' aus [[Genf]] eine äußerst lukrative Zusammenarbeit an.


Ružička fand und synthetisierte aus der [[Chrysanthemen]]art ''[[Chrysanthemum cinerariifolium]]'' (früher ''[[Pyrethrum]] cinerariaefolium'') wirksame [[Insektizid]]e vom Typ der [[Pyrethrin]]e.
Vom Oktober [[1926]] bis [[1929]] lehrte er als Professor für organische Chemie an der Universität [[Utrecht]]. Anschließend kehrte an die ETH zurück. [[1939]] wurde ihm zusammen mit [[Adolf Butenandt]] für seine ''Arbeiten an Polymethylen und höheren Terpenen'' der [[Nobelpreis für Chemie]] verliehen.


== Ehrungen ==
1951 heiratete er in zweiter Ehe Gertrud Acklin. Neben vielen anderen Ehrungen wurden Ružička insgesamt acht Ehrendoktorwürden verliehen.
1939 wurde Ružička zusammen mit [[Adolf Butenandt]] für seine ''Arbeiten über [[Tridecan|Polymethylene]]<ref>Damit sind Derivate des Tridecans (linearen Strukturen, aufgebaut aus [[Methylen]]gruppen) gemeint, die ihm als Ausgangsstoffe für die Synthese von Ringstrukturen dienten. Heute bezeichnet der Begriff Polymethylen allerdings Polymere ([[Polyethylen]]) mit sehr vielen Methylen-Gruppen.</ref> und höhere Terpenverbindungen'' der [[Nobelpreis für Chemie]] verliehen.


Neben vielen anderen Ehrungen erhielt er insgesamt acht [[Ehrendoktor]]würden. Er war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien; 1932 wurde er zum Mitglied der [[Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina|Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina]]<ref>{{Leopoldina|5109|IDName=leopold-ruzicka|Name=Leopold Ruzicka|Kommentar=mit Bild|Datum=23. Juni 2016}}</ref> und 1936 der [[Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique|Königlichen Akademie von Belgien]]<ref>{{Internetquelle| url=https://academieroyale.be/fr/who-who-detail/relations/stephan-leopold-ruzicka/| titel=Académicien décédé: Stephan Léopold Ruzicka| hrsg=Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique| zugriff=2023-12-20| sprache=fr}}</ref> gewählt. 1938 wurde Ružička in die [[American Academy of Arts and Sciences]]<ref>{{Amacad|R|2018-02-06}}</ref> gewählt, 1940 in die [[Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften]] und 1944 in die [[National Academy of Sciences]].
Ružička fand und synthetisierte aus der dalmatinischen "Flohpflanze" (Buhac) wirksame [[Insektizide]] und erfand ein Verfahren zur Synthese von männlichen Geschlechtshormonen.


Die ETH verleiht jährlich den von der chemischen Industrie gestifteten [[Ružička-Preis]] an in der Schweiz arbeitende junge Chemiker.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.ethz.ch/de/forschung/wissenschaftspreise-und-veranstaltungen/ruzicka-preis.html |text=ETH Zürich: ''Ružička-Preis''. |wayback=20170319023605}} Abgerufen am 18. März 2017</ref>
Sein Geburtshaus in [[Vukovar]] wurde [[1991]] durch die [[Jugoslawien|jugoslawische]] [[Armee]] zerstört.


==Weblinks==
== Sonstiges ==
Ružička engagierte sich auch politisch, unter anderem im Schweizerisch-Jugoslawischen Hilfsverein und gegen [[Kernwaffe]]n. Im Zweiten Weltkrieg unterstützte er die kommunistischen Partisanen auf dem Balkan, die gegen die deutschen und italienischen Besatzer kämpften.<ref>Universität Zürich: ''[https://www.uzh.ch/dam/jcr:ffffffff-b195-a25d-0000-0000686d918b/ruzicka.pdf Leopold Ruzicka – Nobelpreis für Chemie 1939]'', abgerufen am 3. Juli 2025 (PDF, 560 KB)</ref> Ružička machte sich auch einen Namen als Kunstsammler: Er schenkte dem [[Kunsthaus Zürich]] eine Reihe von Gemälden niederländischer Meister und rief eine [[Ružička-Stiftung]] ins Leben, die das Ziel verfolgte, diese Sammlung im Zürcher Kunsthaus zu ergänzen.
* http://nobelprize.org/chemistry/laureates/1939/ruzicka-bio.html – englische Biographie von Leopold (Lavoslav) Růžička


== Schriften ==
[[Kategorie:Mann|Ružička, Lavoslav]]
[[File:Leopold Ružička Über Phenylmethylketen 1911 Titel.jpg|thumb|hochkant|Dissertation Karlsruhe 1911]]
[[Kategorie:Kroate|Ružička, Lavoslav]]
* {{Literatur |Autor=L. Ruzicka |Titel=Zur Kenntnis der Wagnerschen Umlagerung. Einleitung und Zusammenfassung |Sammelwerk=[[Helvetica Chimica Acta]] |Band=1 |Nummer=1 |Datum=1918 |DOI=10.1002/hlca.19180010111 |Seiten=110–133}}
[[Kategorie:Schweizer|Ružička, Lavoslav]]
* {{Literatur |Autor=L. Ruzicka, E. Capato |Titel=Höhere Terpenverbindungen XXIV. Ringbildungen bei Sesquiterpenen. Totalsynthese des Bisabolens und eines Hexahydro‐cadalins |Sammelwerk=Helvetica Chimica Acta |Band=8 |Nummer=1 |Datum=1925 |DOI=10.1002/hlca.19250080144 |Seiten=259–274}}
[[Kategorie:Chemiker|Ružička, Lavoslav]]
* ''Über den Bau der organischen Materie'', Antrittsrede am 10. Dezember 1926 in der Aula der [[Universität Utrecht|Reichsuniversität zu Utrecht]], J. van Druten, Utrecht [um 1926], {{DNB|361659598}}, ([[Habilitation]]sschrift Universität [[Utrecht]], 26 Seiten, 8).
[[Kategorie:Nobelpreisträger für Chemie|Ružička, Lavoslav]]
* mit M. Stoll, H. W. Huyser, A. Boekenoogen: Herstellung und physikalische Daten verschiedener C-Ringe bis zum 32-Ring, Helvetica Chimica Acta, Band 13, 1930, S. 1152–1185
* Konstitution des Cholesterins und der Gallensäuren, Helvetica Chimica Acta, Band 16, 1932, S. 216–227;
* Synthese einer Verbindung von den Eigenschaften des Testikelhormons, Helvetica Chimica Acta, Band 17, 1934, S. 1389–1394;
* Synthese des Testikelhormons (Androsteron) und Stereoisomerer desselben, Helvetica Chimica Acta, Band 17, 1934, S. 1395–1406;
* Derivate des synthetischen Androsterons und einiger seiner Stereoisomeren, Helvetica Chimica Acta, Band 18,|1935, S. 210–218;
* The Isoprene Rule and the Biogenesis of Terpenic Compounds, Experientia, Band 9, 1953, S. 357–367
* History of the Isoprene Rule, in: Proceedings of the Chemical Soc. 1959, S. 341–360
* In the Borderland between Bioorganic Chemistry and Biochemistry, Annual Review of Biochemistry, Band 42, 1973, S. 1–20


== Literatur ==
<!-- Bitte nicht loeschen! Zur Erklaerung siehe [[Wikipedia:Personendaten]] -->
* {{HLS|28926|Leopold Ruzicka|Autor=Armand Buchs; Elmar Meier (Übersetzung)}}
{{Personendaten|NAME=Ružička, Leopold
* {{Literatur
|ALTERNATIVNAMEN=
|Autor=Gerhard Oberkofler
|KURZBESCHREIBUNG=[[Schweiz|Schweizer]] Chemiker und Nobelpreisträger kroatisch-österreichicher Herkunft
|Titel=Leopold Ruzicka (1887–1976). Schweizer Chemiker und Humanist aus Altösterreich
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}}
* {{NDB|22|308|309|Ružička, Leopold|[[Claus Priesner]]|119080508}}


== Weblinks ==
[[en:Lavoslav Ruzicka]]
{{Commonscat}}
[[es:Leopold Ružička]]
* {{Helveticat-GND|gnd=119080508}}
* {{DNB-Portal|119080508}}
* [http://nobelprize.org/nobel_prizes/chemistry/laureates/1939/ruzicka-bio.html Biographie von Leopold Ružička] auf Nobelprize.org (englisch)
* {{Nobel-ch|1939|Leopold Ružička}}
* [http://www.library.ethz.ch/Ressourcen/Digitale-Bibliothek/Kurzportraets/Leopold-Ruzicka-1887-bis-1976 Biographie] der ETH-Bibliothek
* {{OstdtBio|ruzicka-leopold|Ruzicka, Leopold}}
* {{Academictree|chemistry|15162}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=p|GND=119080508|LCCN=n90727652|VIAF=47021224}}

{{SORTIERUNG:Ruzicka, Lavoslav}}
[[Kategorie:Chemiker (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Nobelpreisträger für Chemie]]
[[Kategorie:Person (Vukovar)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (ETH Zürich)]]
[[Kategorie:Hochschullehrer (Universität Utrecht)]]
[[Kategorie:Ehrendoktor einer Universität]]
[[Kategorie:Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Historische Person (Südosteuropa)]]
[[Kategorie:Auswärtiges Mitglied der Royal Society]]
[[Kategorie:Mitglied der Königlich Niederländischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Leopoldina (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Mitglied der American Academy of Arts and Sciences]]
[[Kategorie:Mitglied der National Academy of Sciences]]
[[Kategorie:Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]]
[[Kategorie:Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften und Schönen Künste von Belgien]]
[[Kategorie:Jugoslawiendeutscher]]
[[Kategorie:Schweizer]]
[[Kategorie:Geboren 1887]]
[[Kategorie:Gestorben 1976]]
[[Kategorie:Mann]]

{{Personendaten
|NAME=Ružička, Leopold
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Aktuelle Version vom 3. Juli 2025, 19:05 Uhr

Leopold Ružićka (1939)
Das Grab von Leopold Ružička und seiner Ehefrau Gertrud Frei auf dem Friedhof Fluntern in Zürich

Leopold Ružička (* 13. September 1887 als Lavoslav Stjepan Ružička in Vukovar, Königreich Kroatien und Slawonien, Österreich-Ungarn; † 26. September 1976 in Mammern, Kanton Thurgau, Schweiz) war ein Schweizer Chemiker und Hochschullehrer mit kroatischen Wurzeln.

Ružička war der Sohn des Küfers Stjepan Ružička und seiner Ehefrau Ljubica Sever. Zu seinen Vorfahren zählten unter anderem Donauschwaben, Tschechen und Österreicher;[1] seine Urgroßeltern waren fünf Kroaten, ein Tscheche, von dem der Name Ružička stammt, ein Oberösterreicher und dessen aus Württemberg stammende Frau.[2] Obwohl sein Vater bereits 1891 starb, schaffte es Ružička, in Osijek die Matura abzulegen. 1906 immatrikulierte er sich an der Technischen Hochschule Karlsruhe für das Fach Chemie, wobei er sich hauptsächlich für die organische Chemie interessierte. Nach der Promotion 1910 wurde er Assistent seines Doktorvaters Hermann Staudinger und folgte diesem 1912 nach Zürich, nachdem Staudinger einen Ruf an die ETH Zürich erhalten hatte.

Gedenkmuseum für Leopold Ružička in seinem Geburtshaus in Vukovar, Kroatien.

Im selben Jahr heiratete er Anna Hausmann. 1918 erhielt er das Bürgerrecht von Zürich. Als er sich 1916 für seine Habilitation einem eigenen Forschungsgebiet zuwandte, kam es zum Bruch mit Staudinger. Um seinen Lebensunterhalt und seine wissenschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zu sichern, begann Ružička für die Parfümfabrik Haarmann & Reimer in Holzminden zu arbeiten. 1918 legte er an der ETH seine Habilitationsschrift vor, für die sich alsbald das Chemieunternehmen Ciba in Basel interessierte. 1920 wurde er Privatdozent an der Universität Zürich, was er bis 1925 blieb. 1921 boten ihm die Parfumeure Chuit, Naef & Firmenich aus Genf eine äußerst lukrative Zusammenarbeit an. 1923 wurde er an der ETH zum Titularprofessor ernannt. Wegen mangelnder Unterstützung an der ETH und besserer Arbeitsmöglichkeiten in der Genfer Industrie siedelte Ružička 1926 nach Genf über. Noch im selben Jahr erhielt er eine Berufung an die Universität Utrecht, wo er von Oktober 1926 bis 1929 als Professor für organische Chemie lehrte und forschte.

1929 nahm er das Angebot an, als Nachfolger von Richard Kuhn an die ETH zurückzukehren. Er ließ sich definitiv in Zürich nieder, wo er in der Nähe der Hochschule ein Haus baute. An der ETH widmete er sich zunächst dem Ausbau des von seinen Vorgängern vernachlässigten Laboratoriums. Das fruchtbare wissenschaftliche Umfeld und der steigende Bedarf der chemischen Industrie an Spezialisten sorgten für regen Zustrom ans Institut. Unter seinen Mitarbeitern ist besonders Tadeus Reichstein zu erwähnen, der 1938 an die Universität Basel wechselte und 1950 den Nobelpreis für Medizin erhielt. 1951 heiratete Ružička in zweiter Ehe Gertrud Acklin. Beide Ehen blieben kinderlos. 1957 wurde er emeritiert. Er starb im September 1976 im Alter von 89 Jahren und wurde auf dem Friedhof Fluntern beigesetzt.

Ružička erwarb sich durch seine Arbeiten über Terpene, Steroide und männliche Sexualhormone sowie vielgliedrige Ringe hohes wissenschaftliches Ansehen. Er galt als Herr der Kohlenstoffringe, wobei er sich vor allem mit nicht-aromatischen (alicyclischen) Ringstrukturen befasste. Dabei erweiterte er die Kenntnis ungewöhnlicher Ringstrukturen in der organischen Chemie um Ringe mit bis zu 17 Gliedern, was zuvor für unmöglich gehalten wurde, ähnlich wie seinerzeit Ringe mit sehr wenigen Kohlenstoffatomen (weniger als sechs) bis zur Arbeit von William Henry Perkin junior, die Ruzicka als Inspiration diente.[3] Versuche zur Synthese von Ringen mit 9 Kohlenstoffatomen durch Nikolai Dmitrijewitsch Selinski und Richard Willstätter waren zuvor gescheitert und man hielt acht Kohlenstoffatome für eine obere Grenze.

Er arbeitete für die Duftstoffindustrie (wo vielfach Terpene Anwendung finden) und synthetisierte Moscin, den Hauptbestandteil von Moschus und Zibet, die vorher nur als sehr teure Naturstoffe aus in ihrem Bestand bedrohten Tierarten verfügbar waren. Er bestimmte die Struktur der männlichen Sexualhormone Testosteron und Androsteron und synthetisierte diese. Er war einer der wichtigsten Pioniere auf dem Gebiet der Terpene neben Otto Wallach und Adolf von Baeyer und formulierte 1922 die schon Wallach bekannte Biogenetische Terpenregel (der Name stammt von ihm).

Ružička fand und synthetisierte aus der Chrysanthemenart Chrysanthemum cinerariifolium (früher Pyrethrum cinerariaefolium) wirksame Insektizide vom Typ der Pyrethrine.

1939 wurde Ružička zusammen mit Adolf Butenandt für seine Arbeiten über Polymethylene[4] und höhere Terpenverbindungen der Nobelpreis für Chemie verliehen.

Neben vielen anderen Ehrungen erhielt er insgesamt acht Ehrendoktorwürden. Er war Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Akademien; 1932 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[5] und 1936 der Königlichen Akademie von Belgien[6] gewählt. 1938 wurde Ružička in die American Academy of Arts and Sciences[7] gewählt, 1940 in die Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften und 1944 in die National Academy of Sciences.

Die ETH verleiht jährlich den von der chemischen Industrie gestifteten Ružička-Preis an in der Schweiz arbeitende junge Chemiker.[8]

Ružička engagierte sich auch politisch, unter anderem im Schweizerisch-Jugoslawischen Hilfsverein und gegen Kernwaffen. Im Zweiten Weltkrieg unterstützte er die kommunistischen Partisanen auf dem Balkan, die gegen die deutschen und italienischen Besatzer kämpften.[9] Ružička machte sich auch einen Namen als Kunstsammler: Er schenkte dem Kunsthaus Zürich eine Reihe von Gemälden niederländischer Meister und rief eine Ružička-Stiftung ins Leben, die das Ziel verfolgte, diese Sammlung im Zürcher Kunsthaus zu ergänzen.

Dissertation Karlsruhe 1911
  • L. Ruzicka: Zur Kenntnis der Wagnerschen Umlagerung. Einleitung und Zusammenfassung. In: Helvetica Chimica Acta. Band 1, Nr. 1, 1918, S. 110–133, doi:10.1002/hlca.19180010111.
  • L. Ruzicka, E. Capato: Höhere Terpenverbindungen XXIV. Ringbildungen bei Sesquiterpenen. Totalsynthese des Bisabolens und eines Hexahydro‐cadalins. In: Helvetica Chimica Acta. Band 8, Nr. 1, 1925, S. 259–274, doi:10.1002/hlca.19250080144.
  • Über den Bau der organischen Materie, Antrittsrede am 10. Dezember 1926 in der Aula der Reichsuniversität zu Utrecht, J. van Druten, Utrecht [um 1926], DNB 361659598, (Habilitationsschrift Universität Utrecht, 26 Seiten, 8).
  • mit M. Stoll, H. W. Huyser, A. Boekenoogen: Herstellung und physikalische Daten verschiedener C-Ringe bis zum 32-Ring, Helvetica Chimica Acta, Band 13, 1930, S. 1152–1185
  • Konstitution des Cholesterins und der Gallensäuren, Helvetica Chimica Acta, Band 16, 1932, S. 216–227;
  • Synthese einer Verbindung von den Eigenschaften des Testikelhormons, Helvetica Chimica Acta, Band 17, 1934, S. 1389–1394;
  • Synthese des Testikelhormons (Androsteron) und Stereoisomerer desselben, Helvetica Chimica Acta, Band 17, 1934, S. 1395–1406;
  • Derivate des synthetischen Androsterons und einiger seiner Stereoisomeren, Helvetica Chimica Acta, Band 18,|1935, S. 210–218;
  • The Isoprene Rule and the Biogenesis of Terpenic Compounds, Experientia, Band 9, 1953, S. 357–367
  • History of the Isoprene Rule, in: Proceedings of the Chemical Soc. 1959, S. 341–360
  • In the Borderland between Bioorganic Chemistry and Biochemistry, Annual Review of Biochemistry, Band 42, 1973, S. 1–20
Commons: Leopold Ružička – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ruzicka, Leopold. In: Ostdeutsche Biografie (Kulturportal West-Ost)
  2. The Nobel Prize in Chemistry 1939. Abgerufen am 20. April 2024 (amerikanisches Englisch).
  3. Siehe seine Nobel-Vorlesung, Multimembered rings, higher terpene compounds and male sex hormones, pdf
  4. Damit sind Derivate des Tridecans (linearen Strukturen, aufgebaut aus Methylengruppen) gemeint, die ihm als Ausgangsstoffe für die Synthese von Ringstrukturen dienten. Heute bezeichnet der Begriff Polymethylen allerdings Polymere (Polyethylen) mit sehr vielen Methylen-Gruppen.
  5. Mitgliedseintrag von Leopold Ruzicka (mit Bild) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 23. Juni 2016.
  6. Académicien décédé: Stephan Léopold Ruzicka. Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique, abgerufen am 20. Dezember 2023 (französisch).
  7. Book of Members 1780–present, Chapter R. (PDF; 503 kB) In: amacad.org. American Academy of Arts and Sciences, abgerufen am 6. Februar 2018 (englisch).
  8. ETH Zürich: Ružička-Preis. (Memento vom 19. März 2017 im Internet Archive) Abgerufen am 18. März 2017
  9. Universität Zürich: Leopold Ruzicka – Nobelpreis für Chemie 1939, abgerufen am 3. Juli 2025 (PDF, 560 KB)