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„Terra preta“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Terra preta HC1.JPG|mini|Selbst hergestellte ''Terra preta'': Gartenkompost mit Erde und Holzkohle (siehe Pfeile)]]
'''Terra Preta''' wird eine Erdmischung in [[Amazonien]] genannt, die aus einer Mischung von [[Holzkohle]], [[Dung]] und [[Kompost]] besteht. Sie wurde schon von den alten Inios genutzt. Diese wertvolle wissen ging aber leider im laufe der Jahrhunderte verloren. Mit dieser Erde wäre eine bessere und umweltfreundlichere nutzung der Plantagen möglich. Denn Plantagen können dort nur für etwa 15 Jahre bewirtschaftet werden. Danach wird wieder Regenwald gerodet um neue Plantagen anzulegen. Die Erde des Regenwaldes ist nicht besonders Nährstoffreich. Der größte Teil der Nährstoffe liegt in der Biomasse. Denn die Nährstoffe in der erde zu Speichern hat der Regenwald nicht nötig. Stirbt zum Beispiel ein Baum werden dessen Nährstoffe nicht an den Boden weitergegeben sondern von anderen Pflanzen wieder genutzt. Dieses können aber die Plantagen Pflanzen nicht. Deshalb können sind sie nur für etwa 15 Jahre ertragreich. Sie verhindert das Auswaschen der Nährstoffe aus dem Boden und stellt deshalb eine Chance zur nachhaltigen Landwirtschaft im [[Amazonasbecken]] dar.
'''Terra preta''' ([[Portugiesische Sprache|portugiesisch]] für „schwarze Erde“) beziehungsweise '''Terra preta de índio''' („schwarze Indianererde“) ist die Bezeichnung für einen fruchtbaren, im [[Amazonasbecken]] anzutreffenden [[anthropogen]]en [[Boden (Bodenkunde)|Boden]], genauer einen [[Anthrosol|Pretic Anthrosol]]. Der Boden besteht aus einer Mischung von [[Holzkohle|Holz-]] und [[Pflanzenkohle]], menschlichen Fäkalien, [[Kot|Dung]] und [[Kompostierung|Kompost]], durchsetzt mit [[Keramik|Tonscherben]] und gelegentlich auch Knochen sowie Fisch[[gräte]]n.


Aufgrund der Farbe und des Anteils an [[Pyrogener Kohlenstoff|pyrogenem Kohlenstoff]] wird Terra preta, die „schwarze Erde“, auch als ''Indianer-Schwarzerde'' Amazoniens bezeichnet, ist aus [[Bodenkunde|bodenkundlicher]] Sicht aber keine [[Schwarzerde]].


== Links ==
== Verbreitung ==
Die Hauptverbreitungsgebiete von Terra preta konzentrieren sich auf die Gebiete der [[Wanderfeldwirtschaft]] mit [[Brandfeldbau]] in den feuchten Tropen. Nachgewiesen sind sie in Südamerika (Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guayana) mit einer Landfläche von ca. 154 Quadratkilometern. Dabei finden sie sich häufig in ehemaligen Siedlungsgebieten in unmittelbarer Flussnähe wieder.


Ähnliche Phänomene sind auch in anderen Erdteilen bekannt, wie beispielsweise in Afrika (Ghana, Sierra Leone, Liberia, Guinea), Südostasien (Indonesien) und auch in Europa (Deutschland und Schweden).<ref name="YT-DIE_REPORTAGE_NDR">{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=1Cu3oU2AUtU |titel=Terra preta Wundererde für das Wendland DIE REPORTAGE NDR |datum=2016-07-14 |abruf=2022-01-04}}</ref><ref>{{Webarchiv |url=https://fortress.wa.gov/ecy/publications/summarypages/1307066.html |wayback=20171001214845 |text=Odor in Commercial Scale Compost: Literature Review and Critical Analysis |format= |()= |original=1 }}</ref>
[http://www.geo.uni-bayreuth.de/bodenkunde/terra_preta/ Engl. Seite der Uni Bayreuth]

Terra-preta-Böden wurden in einem jahrhundertelangen Prozess geschaffen und intensiv genutzt.<ref>Christoph Steiner: ''Slash and Char as Alternative to Slash and Burn.'' Dissertation, Cuvillier Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-86727-444-9, S.&nbsp;13–17.</ref> Überdies wird ihre Entdeckung gern als Beispiel für den [[Kulturlandschaft#Der quantitative Ansatz|quantitativen Ansatz der Kulturlandschaftsdebatte]] genannt, was belegen soll, dass selbst Teile sogenannter Urwälder anthropogen verändert sind.

Laut einer optimistischen Abschätzung des Geographen [[William I. Woods]], die auf nachgewiesenen Vorkommen basiert, könnten bis zu zehn Prozent der Oberfläche des Amazonasbeckens von dunkler Erde bedeckt sein; konservative Schätzungen gehen hingegen nur von 0,1 bis 0,3 Prozent aus.<ref>[[Charles C. Mann]]: ''1491: New Revelations of the Americas Before Columbus.'' 2. Auflage. Vintage Books, New York 2011, S.&nbsp;355. Selbst wenn nur 0,1 bis 0,3 Prozent des Amazonasbeckens mit ''terra preta'' bedeckt wären, entspräche dies mehreren tausend bis einigen zehntausend Quadratkilometern – eine vergleichbare Fläche reichte im Kernland der [[mesoamerika]]nischen [[Maya]]-Kultur aus, um Millionen Menschen zu ernähren (ebd., S.&nbsp;355).</ref> Daraus lässt sich vermuten, dass das Amazonasbecken einst fünf bis zehn Millionen Menschen beherbergt haben könnte. Die meisten dunklen Böden entstanden zwischen 700 und 1000 n.&nbsp;Chr., manche datieren weit vor Beginn unserer Zeitrechnung.<ref>Kurt de Swaaf: ''Schwarzes Erbe – Die dunklen Erden Südamerikas geben langsam ihre Geheimnisse preis,'' Neue Zürcher Zeitung, Forschung und Technik, 18. Februar 2015.</ref>

== Entstehung ==
In den feuchten Tropen ist aufgrund der hohen Temperaturen die [[Verwitterung]] sehr rasch. Außerdem sind viele Böden sehr alt und daher sehr stark verwittert. Es entstehen [[Ferralsol]]e, die von [[Kaolinit]] sowie [[Aluminiumoxid|Aluminium-]] und [[Eisen#Oxide|Eisenoxiden]] dominiert sind. [[Pflanzennährstoff]]e wurden weitgehend [[Auswaschung|ausgewaschen]], und eingebrachte Nährstoffe können kaum gespeichert werden. Darüber hinaus werden organische Substanzen aufgrund der hohen Temperaturen rasch abgebaut und mineralisiert.

Terra preta entsteht durch langjährigen Eintrag von Asche, Biomasse, Küchenabfällen, Verkohlungsrückständen, pyrogenem Kohlenstoff, Knochen, Dung und menschlichen Fäkalien. Durch Mikroorganismen und Bodentiere wird organische Substanz teilweise abgebaut, stabilisiert und in die Tiefe verlagert ([[Bioturbation]]). So entstehen bis zu zwei Meter mächtige [[Bodenhorizont|Horizonte]].

Ein wichtiger Bestandteil für die Genese der Terra preta ist Pflanzenkohle, die etwa 20 % des Kohlenstoffs ausmacht und durch ihren langsamen Abbau (ca. 2.000 Jahre) zur Stabilität beiträgt; zur Entstehung und Erhaltung werden jedoch auch Nährstoffe und Mikroorganismen benötigt.

== Eigenschaften ==
Die Terra preta hat zwei wichtige Eigenschaften im Hinblick auf Bodenfruchtbarkeit und ihre Speicherfähigkeit von Kohlenstoff:
Sie ist in der Lage, hohe Nährstoffmengen zu speichern. Bei Stickstoff ist dies 17&nbsp;t/ha und bei Phosphor 13&nbsp;t/ha; dies ist doppelt so viel Stickstoff bzw. viermal so viel Phosphor wie bei umliegenden [[Ferralsol]]en.<ref>Glaser et al.: ''Organic Chemistry Studies on Amazonian Dark Earths.'' In: J. Lehmann, D. Kern, B. Glaser, W. Woods (Hrsg.): Amazonian Dark Earths: Origin, Properties, and Management. Dordrecht, The Netherlands: Kluwer, 2003, ISBN 978-1-4020-1839-8, S.&nbsp;227–241.</ref> Daneben enthält sie bereits im Durchschnitt 250&nbsp;t/ha organischen Kohlenstoff und 50&nbsp;t/ha Pflanzenkohle, entsprechend dreimal mehr bzw. siebzigmal mehr als umliegende Ferralsole.<ref name="DOI10.1007/s001140000193">{{Literatur |Autor=Bruno Glaser, Ludwig Haumaier, Georg Guggenberger, [[Wolfgang Zech]] |Titel=The 'Terra Preta' phenomenon: a model for sustainable agriculture in the humid tropics |Sammelwerk=Naturwissenschaften |Band=88 |Nummer=1 |Datum=2001-01 |ISSN=0028-1042 |Seiten=37–41 |Sprache=en |Online=http://link.springer.com/10.1007/s001140000193 |DOI=10.1007/s001140000193}}</ref>

== Potential zur effizienten Ressourcennutzung ==
Neu geschaffene Terra preta (Terra preta nova) könnte die Erträge landwirtschaftlich unproduktiver Böden steigern.<ref name="DOI10.1098/rstb.2006.1978">{{Literatur |Autor=Bruno Glaser |Titel=Prehistorically modified soils of central Amazonia: a model for sustainable agriculture in the twenty-first century |Sammelwerk=Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences |Band=362 |Nummer=1478 |Datum=2007-02-28 |ISSN=0962-8436 |Seiten=187–196 |DOI=10.1098/rstb.2006.1978}}</ref>
Die zur Erzeugung der Pflanzenkohle notwendige Biomasse müsste aus Ernterückständen oder Plantagen gewonnen werden, weil die Nutzung primärer Urwälder aus ökologischen Gründen nicht sinnvoll ist. Daher wird vorgeschlagen, über [[Pyrolyse]] weitere Pflanzenkohle zu erzeugen. Dabei können jedoch toxische [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe]] entstehen, die beim Einbringen der Kohle in den Boden zu einer entsprechenden Kontamination des Bodens führen können; deswegen sollte das Produkt überprüft werden.<ref>{{Internetquelle |autor=The European Biochar Certificate |url=http://www.european-biochar.org/de/ |titel=Das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat |abruf=2020-02-19}}</ref> Es entstehen bei der Pyrolyse ein flüssiges [[Kreosot]], welches auch krebserregende Substanzen enthalten kann, und ein [[Pyrolysegas]], dominiert von den brennbaren Gasen CO, H<sub>2</sub> und CH<sub>4</sub>.<ref name="Werner2018">Constanze Werner u. a.: ''Biogeochemical potential of biomass pyrolysis systems for limiting global warming to 1.5° C.'' 2018, [[Environmental Research Letters]], 13(4), 044036. [[doi:10.1088/1748-9326/aabb0e]]</ref>

In Anbetracht der Knappheit der sinnvoll einzusetzenden Biomasse für die Verkohlung<ref>{{Internetquelle |autor=Teichmann |url=https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.434583.de/14-1-1.pdf |titel=Klimaschutz durch Biokohle in der deutschen Landwirtschaft: Potentiale und Kosten |format=PDF |abruf=2020-02-19}}</ref> besteht bei einer breiten Anwendung – und womöglich Förderung – der Pflanzenkohle zur Bodenanwendung das Risiko, dass wertvolle Holzbestände oder gar kontaminierte verschwelbare Abfälle für die Pyrolyse eingesetzt werden.<ref>{{Internetquelle |autor=BUND |url=https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/terra-preta-pyrolysekohle-bund-einschaetzung-ihrer-umweltrelevanz/ |titel=Terra Preta / Pyrolysekohle: BUND-Einschätzung ihrer Umweltrelevanz |abruf=2020-02-19}}</ref>

== Forschung ==
[[Datei:Biokohle-Projekt auf dem Sand, Tübingen.JPG|mini|Terra-Preta-Projekt auf dem [[Lustnau#Sand|Sand]] in [[Tübingen]]]]
Seit der ersten wissenschaftlichen Beschreibung von Terra preta durch Anthropologen und Geographen (1871, 1903) haben sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts Bodenkundler der Erforschung der Terra preta zugewandt.<ref>Eije Erich Pabst: ''Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens.'' Kassel 1993, S.&nbsp;15.</ref> Seit einigen Jahren ist die wissenschaftliche Untersuchung der Terra preta intensiviert worden, auch in Europa.<ref>[http://www.zeit.de/2011/49/Terra-Preta "Wundererde" im Test in Zeit Online 49/2011]</ref>

In der Archäologie des Amazonasbeckens ist das Vorkommen von Terra preta ein wichtiger Indikator für menschliche Siedlungstätigkeit.

Weltweit gibt es zahlreiche Projekte, die sich mit den Eigenschaften der Terra preta beschäftigen; dazu gehören unter anderem ''Terra Preta Wageningen,''<ref>[http://www.terrapretaprogram.org/ Terra Preta Wageningen]</ref> ''ClimaCarbo,''<ref>[https://www.landw.uni-halle.de/prof/bodenbiogeochemie/forschung/projekte/bmbf_j01090479_climacarbo/ ''BMBF: ClimaCarbo. CO<sub>2</sub>-negative Energieerzeugung und Schließung regionaler Stoffkreisläufe im ländlichen Raum des Wendlandes.''] Von März 2012 bis Dezember 2015. Abgerufen am 10. Februar 2020.</ref> ''Terra BoGa''<ref>[http://www.terraboga.de/ Projekt BoGa der Freien Universität Berlin]</ref> und das Ithaka Institut.<ref>[http://www.ithaka-institut.org/de Ithaka Institut]</ref>

== Siehe auch ==
* [[Biokohle]]
* [[Braunerde]]
* [[Huminsäuren]]
* [[Humus]]
* [[Klimafarming]]
* [[Komposterde]]
* [[Weltbodentag]], [[Boden des Jahres]], [[Global Soil Week]]
* [[Plaggenesch]] – anthropogener Boden
* [[Ton-Humus-Komplex]]

== Literatur ==
* [[Bruno Glaser]], William I. Woods: ''Amazonian dark earths – explorations in space and time.'' Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-00754-7.
* Johannes Lehmann: ''Amazonian dark earths – origin, properties, management.'' Kluwer Academic, Dordrecht 2003, ISBN 1-4020-1839-8.
* Eije Erich Pabst: ''Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens.'' Dissertation, Kassel 1993.
* Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-Peter Schmidt: ''Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald.'' Oekom, München 2013, ISBN 3-86581-407-7.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Terra preta}}
* Gerhard Bechtold: [http://www.gerhardbechtold.com/TP/gbtp_ger.php?vers=2 Terra-Preta] Homepage mit Karten über TP-Vorkommen und Bericht über TP-Vorkommen in Belterra.
* {{Internetquelle
|autor=[[Ute Scheub]]
|url=http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/bluehende-landschaften/
|titel=Blühende Landschaften – Die besonderen Potenziale von Terra Preta
|werk=[[die tageszeitung]]
|datum=2010-11-19
|abruf=2015-06-16}}
* Haiko Pieplow: [http://www.ithaka-journal.net/terra-preta-ein-modell-fur-regionales-stoffstrommanagement ''Terra Preta, Modell für regionale Stoffströme.''] In: ''Ithaka Journal.'' 20. Februar 2010.
* {{Der Spiegel |ID=65872405 |Autor=Philip Bethge |Titel=Die schwarze Revolution |Jahr=2009 |Nr=27 |Datum=29. Juni 2009}}
* David Sington: [https://videogold.de/die-legende-von-el-dorado-expedition-durch-suedamerika ''Die Legende von El Dorado – Expedition durch Südamerika.''] In: ''VideoGold.de'', ZDF-Dokumentation, 19. April 2008.
* {{Internetquelle
|autor=Lucian Haas
|url=http://www.berliner-zeitung.de/archiv/bevor-die-spanier-amazonien-eroberten--duengten-die-einwohner-die-felder-mit-kohle---ein-rezept-fuer-heutige-bauern-das-geheimnis-der-schwarzen-erde,10810590,10409960.html
|titel=Das Geheimnis der schwarzen Erde
|werk=[[Berliner Zeitung]]
|datum=2006-08-10
|abruf=2015-06-16}}
* Peter Adler: Das schwarze Gold Amazoniens (Film, Arte 2004) [http://www.peter-adler.de/dokumentation/20050000_terra_preta.html (peter-adler.de)].
* Ahabc.de – Das Magazin für Boden und Garten: Terra Preta oder: Anthrosole und Pflanzenkohlesubstrate. Ein Interview mit Prof. Dr. Bruno Glaser

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=s|GND=4603762-7}}

[[Kategorie:Bodentyp]]
[[Kategorie:Amazonien]]

Aktuelle Version vom 30. März 2025, 17:54 Uhr

Selbst hergestellte Terra preta: Gartenkompost mit Erde und Holzkohle (siehe Pfeile)

Terra preta (portugiesisch für „schwarze Erde“) beziehungsweise Terra preta de índio („schwarze Indianererde“) ist die Bezeichnung für einen fruchtbaren, im Amazonasbecken anzutreffenden anthropogenen Boden, genauer einen Pretic Anthrosol. Der Boden besteht aus einer Mischung von Holz- und Pflanzenkohle, menschlichen Fäkalien, Dung und Kompost, durchsetzt mit Tonscherben und gelegentlich auch Knochen sowie Fischgräten.

Aufgrund der Farbe und des Anteils an pyrogenem Kohlenstoff wird Terra preta, die „schwarze Erde“, auch als Indianer-Schwarzerde Amazoniens bezeichnet, ist aus bodenkundlicher Sicht aber keine Schwarzerde.

Die Hauptverbreitungsgebiete von Terra preta konzentrieren sich auf die Gebiete der Wanderfeldwirtschaft mit Brandfeldbau in den feuchten Tropen. Nachgewiesen sind sie in Südamerika (Brasilien, Kolumbien, Ecuador, Französisch-Guayana) mit einer Landfläche von ca. 154 Quadratkilometern. Dabei finden sie sich häufig in ehemaligen Siedlungsgebieten in unmittelbarer Flussnähe wieder.

Ähnliche Phänomene sind auch in anderen Erdteilen bekannt, wie beispielsweise in Afrika (Ghana, Sierra Leone, Liberia, Guinea), Südostasien (Indonesien) und auch in Europa (Deutschland und Schweden).[1][2]

Terra-preta-Böden wurden in einem jahrhundertelangen Prozess geschaffen und intensiv genutzt.[3] Überdies wird ihre Entdeckung gern als Beispiel für den quantitativen Ansatz der Kulturlandschaftsdebatte genannt, was belegen soll, dass selbst Teile sogenannter Urwälder anthropogen verändert sind.

Laut einer optimistischen Abschätzung des Geographen William I. Woods, die auf nachgewiesenen Vorkommen basiert, könnten bis zu zehn Prozent der Oberfläche des Amazonasbeckens von dunkler Erde bedeckt sein; konservative Schätzungen gehen hingegen nur von 0,1 bis 0,3 Prozent aus.[4] Daraus lässt sich vermuten, dass das Amazonasbecken einst fünf bis zehn Millionen Menschen beherbergt haben könnte. Die meisten dunklen Böden entstanden zwischen 700 und 1000 n. Chr., manche datieren weit vor Beginn unserer Zeitrechnung.[5]

In den feuchten Tropen ist aufgrund der hohen Temperaturen die Verwitterung sehr rasch. Außerdem sind viele Böden sehr alt und daher sehr stark verwittert. Es entstehen Ferralsole, die von Kaolinit sowie Aluminium- und Eisenoxiden dominiert sind. Pflanzennährstoffe wurden weitgehend ausgewaschen, und eingebrachte Nährstoffe können kaum gespeichert werden. Darüber hinaus werden organische Substanzen aufgrund der hohen Temperaturen rasch abgebaut und mineralisiert.

Terra preta entsteht durch langjährigen Eintrag von Asche, Biomasse, Küchenabfällen, Verkohlungsrückständen, pyrogenem Kohlenstoff, Knochen, Dung und menschlichen Fäkalien. Durch Mikroorganismen und Bodentiere wird organische Substanz teilweise abgebaut, stabilisiert und in die Tiefe verlagert (Bioturbation). So entstehen bis zu zwei Meter mächtige Horizonte.

Ein wichtiger Bestandteil für die Genese der Terra preta ist Pflanzenkohle, die etwa 20 % des Kohlenstoffs ausmacht und durch ihren langsamen Abbau (ca. 2.000 Jahre) zur Stabilität beiträgt; zur Entstehung und Erhaltung werden jedoch auch Nährstoffe und Mikroorganismen benötigt.

Die Terra preta hat zwei wichtige Eigenschaften im Hinblick auf Bodenfruchtbarkeit und ihre Speicherfähigkeit von Kohlenstoff: Sie ist in der Lage, hohe Nährstoffmengen zu speichern. Bei Stickstoff ist dies 17 t/ha und bei Phosphor 13 t/ha; dies ist doppelt so viel Stickstoff bzw. viermal so viel Phosphor wie bei umliegenden Ferralsolen.[6] Daneben enthält sie bereits im Durchschnitt 250 t/ha organischen Kohlenstoff und 50 t/ha Pflanzenkohle, entsprechend dreimal mehr bzw. siebzigmal mehr als umliegende Ferralsole.[7]

Potential zur effizienten Ressourcennutzung

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Neu geschaffene Terra preta (Terra preta nova) könnte die Erträge landwirtschaftlich unproduktiver Böden steigern.[8] Die zur Erzeugung der Pflanzenkohle notwendige Biomasse müsste aus Ernterückständen oder Plantagen gewonnen werden, weil die Nutzung primärer Urwälder aus ökologischen Gründen nicht sinnvoll ist. Daher wird vorgeschlagen, über Pyrolyse weitere Pflanzenkohle zu erzeugen. Dabei können jedoch toxische Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen, die beim Einbringen der Kohle in den Boden zu einer entsprechenden Kontamination des Bodens führen können; deswegen sollte das Produkt überprüft werden.[9] Es entstehen bei der Pyrolyse ein flüssiges Kreosot, welches auch krebserregende Substanzen enthalten kann, und ein Pyrolysegas, dominiert von den brennbaren Gasen CO, H2 und CH4.[10]

In Anbetracht der Knappheit der sinnvoll einzusetzenden Biomasse für die Verkohlung[11] besteht bei einer breiten Anwendung – und womöglich Förderung – der Pflanzenkohle zur Bodenanwendung das Risiko, dass wertvolle Holzbestände oder gar kontaminierte verschwelbare Abfälle für die Pyrolyse eingesetzt werden.[12]

Terra-Preta-Projekt auf dem Sand in Tübingen

Seit der ersten wissenschaftlichen Beschreibung von Terra preta durch Anthropologen und Geographen (1871, 1903) haben sich ab Mitte des 20. Jahrhunderts Bodenkundler der Erforschung der Terra preta zugewandt.[13] Seit einigen Jahren ist die wissenschaftliche Untersuchung der Terra preta intensiviert worden, auch in Europa.[14]

In der Archäologie des Amazonasbeckens ist das Vorkommen von Terra preta ein wichtiger Indikator für menschliche Siedlungstätigkeit.

Weltweit gibt es zahlreiche Projekte, die sich mit den Eigenschaften der Terra preta beschäftigen; dazu gehören unter anderem Terra Preta Wageningen,[15] ClimaCarbo,[16] Terra BoGa[17] und das Ithaka Institut.[18]

  • Bruno Glaser, William I. Woods: Amazonian dark earths – explorations in space and time. Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-00754-7.
  • Johannes Lehmann: Amazonian dark earths – origin, properties, management. Kluwer Academic, Dordrecht 2003, ISBN 1-4020-1839-8.
  • Eije Erich Pabst: Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens. Dissertation, Kassel 1993.
  • Ute Scheub, Haiko Pieplow, Hans-Peter Schmidt: Terra Preta. Die schwarze Revolution aus dem Regenwald. Oekom, München 2013, ISBN 3-86581-407-7.
Commons: Terra preta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Terra preta Wundererde für das Wendland DIE REPORTAGE NDR. 14. Juli 2016, abgerufen am 4. Januar 2022.
  2. Odor in Commercial Scale Compost: Literature Review and Critical Analysis (Memento des Originals vom 1. Oktober 2017 im Internet Archive)
  3. Christoph Steiner: Slash and Char as Alternative to Slash and Burn. Dissertation, Cuvillier Verlag, Göttingen 2007, ISBN 978-3-86727-444-9, S. 13–17.
  4. Charles C. Mann: 1491: New Revelations of the Americas Before Columbus. 2. Auflage. Vintage Books, New York 2011, S. 355. Selbst wenn nur 0,1 bis 0,3 Prozent des Amazonasbeckens mit terra preta bedeckt wären, entspräche dies mehreren tausend bis einigen zehntausend Quadratkilometern – eine vergleichbare Fläche reichte im Kernland der mesoamerikanischen Maya-Kultur aus, um Millionen Menschen zu ernähren (ebd., S. 355).
  5. Kurt de Swaaf: Schwarzes Erbe – Die dunklen Erden Südamerikas geben langsam ihre Geheimnisse preis, Neue Zürcher Zeitung, Forschung und Technik, 18. Februar 2015.
  6. Glaser et al.: Organic Chemistry Studies on Amazonian Dark Earths. In: J. Lehmann, D. Kern, B. Glaser, W. Woods (Hrsg.): Amazonian Dark Earths: Origin, Properties, and Management. Dordrecht, The Netherlands: Kluwer, 2003, ISBN 978-1-4020-1839-8, S. 227–241.
  7. Bruno Glaser, Ludwig Haumaier, Georg Guggenberger, Wolfgang Zech: The 'Terra Preta' phenomenon: a model for sustainable agriculture in the humid tropics. In: Naturwissenschaften. Band 88, Nr. 1, Januar 2001, ISSN 0028-1042, S. 37–41, doi:10.1007/s001140000193 (englisch, springer.com).
  8. Bruno Glaser: Prehistorically modified soils of central Amazonia: a model for sustainable agriculture in the twenty-first century. In: Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences. Band 362, Nr. 1478, 28. Februar 2007, ISSN 0962-8436, S. 187–196, doi:10.1098/rstb.2006.1978.
  9. The European Biochar Certificate: Das Europäische Pflanzenkohle Zertifikat. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  10. Constanze Werner u. a.: Biogeochemical potential of biomass pyrolysis systems for limiting global warming to 1.5° C. 2018, Environmental Research Letters, 13(4), 044036. doi:10.1088/1748-9326/aabb0e
  11. Teichmann: Klimaschutz durch Biokohle in der deutschen Landwirtschaft: Potentiale und Kosten. (PDF) Abgerufen am 19. Februar 2020.
  12. BUND: Terra Preta / Pyrolysekohle: BUND-Einschätzung ihrer Umweltrelevanz. Abgerufen am 19. Februar 2020.
  13. Eije Erich Pabst: Terra preta. Ein Beitrag zur Genese-Diskussion auf der Basis von Geländearbeiten bei Tupi-Völkern Amazoniens. Kassel 1993, S. 15.
  14. "Wundererde" im Test in Zeit Online 49/2011
  15. Terra Preta Wageningen
  16. BMBF: ClimaCarbo. CO2-negative Energieerzeugung und Schließung regionaler Stoffkreisläufe im ländlichen Raum des Wendlandes. Von März 2012 bis Dezember 2015. Abgerufen am 10. Februar 2020.
  17. Projekt BoGa der Freien Universität Berlin
  18. Ithaka Institut