„Hardliner“ – Versionsunterschied
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Der Begriff '''Hardliner''' ([[Lehnwort]] aus dem [[Englische Sprache|Englischen]] ''hard-liner''), {{IPA2|ha:dlaınə(r)}},<ref>''[https://www.wissen.de/fremdwort/hardliner Hardliner.]'' In: ''Wahrig Fremdwörterlexikon'', abgerufen am 2. September 2023.</ref> bezeichnet eine Person, die einen harten Kurs vertritt, meist im Sinne einer politisch unnachgiebigen Position oder Haltung. |
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Der [[Begriff]] '''Hardliner''' bezeichnet in der [[Politik]] in der Regel rechtsgerichtete oder konservative Politiker (bisweilen - je nach Zusammenhang - auch solche aus anderen Lagern), die gegen alle Widerstände ihre Politik aufrecht erhalten oder durchzusetzen versuchen (also jemanden, "der seiner Linie treu bleibt"). Gewöhnlich wird damit verbunden, dass sie wenig Hemmungen auch beim Einsatz von Gewalt haben. |
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== Bedeutung == |
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Oft werden sie auch mit den "Falken" (engl ''hawks'') gleichgesetzt. Die Parodie bzw. der Spottbegriff für ''hawks'' (Falken), die verbal nachdrücklich für militärische Optionen und "hartes Durchgreifen" generell plädieren, selbst jedoch kaum oder keine militärische Erfahrung (insbesondere nicht auf Schlachtfeldern) haben, lautet ''chickenhawks'', also wörtl. Hühnerfalken, gelegentlich Hühnerhabichte (übersetzt auch als ''Drückeberger-Falken''). |
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Allgemeinsprachliche Wörterbücher liefern durchweg sehr ähnliche, häufig wortgleiche Definitionen: Mit dem Begriff ‚Hardliner‘ wird demnach „ein Vertreter eines harten (zumeist politischen) Kurses bezeichnet“.<ref name="BGCH">[https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2F07-12-2012-5A_489-2012&lang=de&type=show_document Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung] des [[Bundesgericht (Schweiz)|Bundesgerichts]] vom 7. Dezember 2012, abgerufen am 23. August 2023, Randnummer 6.1.</ref> |
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Beispiele: |
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Als letztere wurden und werden vor allem [[George W. Bush]] und zahlreiche Mitglieder seiner Regierung bezeichnet, von denen ungewöhnlich viele dem Wehrdienst entgingen, sich ihm anderweitig entzogen - wie ihnen vorgeworfen wurde, im Einzelfall auch widerrechtlich, wofür das [[Akronym|US-Militärakronym]] AWOL steht, also ''Absent Without Leave'' - oder ihn in der Etappe bzw. zuhause ableisteten. |
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* ''Vertreter eines harten [politischen] Kurses'' ([[Duden]])<ref>''[https://www.duden.de/rechtschreibung/Hardliner Hardliner, der.]'' In: ''duden.de'', abgerufen am 23. August 2023.</ref> |
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* ''Vertreter eines harten [politischen] Kurses'' (Duden-[[Fremdwörterbuch]])<ref>''Duden. Das Fremdwörterbuch.'' 5., neu bearb. u. erw. Aufl., Dudenverlag, Leipzig, Wien, Zürich 1990, ISBN 3-411-20915-1, S. 300.</ref> |
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* ''Vertreter eines harten politischen Kurses'' ([[Pons-Verlag|Pons-Wörterbuch]])<ref>''[https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/deutsche-rechtschreibung/Hardliner Der Ha̱rd·li·ner.]'' In: ''pons.com'', abgerufen am 23. August 2023.</ref> |
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* ''Vertreter eines harten politischen Kurses'' ([[Karl-Heinz Göttert]])<ref>[[Karl-Heinz Göttert]]: ''Neues Deutsches Wörterbuch.'' Helmut Lingen Verlag, Köln 2011, S. 361.</ref> |
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* ''pol. j-d, der e-n harten Kurs einschlägt'' ([[Langenscheidt]])<ref>''hard-liner.'' In: ''Langenscheidts Großes Schulwörterbuch. Englisch–Deutsch.'' 10. Auflage, Langenscheidt, München 2002, ISBN 3-468-07124-8, S. 496.</ref> |
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* ''Politiker, der einen kompromisslos harten Kurs verfolgt'' ([[Gerhard Wahrig|Wahrig]]-Herkunftswörterbuch)<ref>Ursula Hermann, Arno Matschiner (Bearb.): ''Wahrig Herkunftswörterbuch.'' 4., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage, Bertelsmann, München 1998, S. 244.</ref><ref>''[https://www.wissen.de/wortherkunft/hardliner Hardliner.]'' In: ''Wahrig Herkunftswörterbuch'', abgerufen am 2. September 2023.</ref> |
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== Herkunft, Etymologie, Verbreitung == |
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Gemäßigte oder gar [[Pazifismus|pazifistisch]] eingestellte Politiker werden als [[Taube]]n bezeichnet, was für die "Falken" wiederum ein [[Synonym]] für Zauderer und Zögerer, wenn nicht gar für Feiglinge und Schwächlinge (engl. ''cowards and weenies'') ist. |
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Die aus ''hard'' (‚hart, streng, rigoros‘) und ''line'' (‚Linie, Richtung, Kurs‘) zusammengesetzte englische [[Nominalphrase]] ''hard line'' und das zugehörige [[Adjektiv]] ''hard-line'' (‚kompromisslos, unnachgiebig‘) wurden mit der aktuellen Bedeutung einer harten politischen Linie in der Zeit des [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] geprägt. In ihrem Ursprungskontext Ende der 1950er Jahre im englischsprachigen Raum bezog sich die Wortprägung auf besonders dogmatische und unbewegliche politische Positionen in der [[Sowjetunion]]. Ab circa 1963 ist auch die Personenbezeichnung ''hard-liner'' in der englischen Schriftsprache belegbar, die sich ebenso wie das Adjektiv ''hard-line'' Mitte der 1960er Jahre sowohl im [[Britisches Englisch|britischen]] als auch im [[Amerikanisches Englisch|amerikanischen Englischen]] verbreitete.<ref>Douglas Harper: ''[https://www.etymonline.com/word/hard-line hard-line (adj.).]'' In: ''Online Etymology Dictionary'', abgerufen am 23. August 2023.</ref><ref name="hard-line">[[Google Books]] [[N-Gramm|NGram Viewer]]: ''[https://books.google.com/ngrams/graph?content=Hardliner%2Chard-liner%2Chard-line&year_start=1900&year_end=2000&corpus=en-2012&smoothing=3 Hardliner, hard-liner, hard-line]'' (English 2012), 1900–2000, abgefragt am 23. August 2023.</ref> |
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Im [[Deutsche Sprache|deutschen Sprachgebrauch]] kam der Begriff ‚Hardliner‘ als [[Anglizismus]] gegen Ende der 1970er Jahre auf und verbreitete sich in den 1980er und 1990er Jahren.<ref>Google Books NGram Viewer: ''[https://books.google.com/ngrams/graph?content=Hardliner&year_start=1900&year_end=2005&corpus=de-2012&smoothing=3 Hardliner]'' (German 2012), 1900–2005, abgefragt am 23. August 2023.</ref> In dieser Zeit gelangte das Wort als Neuzugang in die großen deutschen Universalwörterbücher [[Duden]] und [[Gerhard Wahrig|Wahrig]].<ref>Alan Kirkness: ''Europäismen/Internationalismen im heutigen deutschen Wortschatz. Eine lexikographische Pilotstudie.'' In: [[Gerhard Stickel]] (Hrsg.): ''Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel'' (= [[Institut für deutsche Sprache]]. Jahrbuch 2000). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017102-3, S. 105–130; hier: S. 111.</ref> Entsprechungen im lexikographisch dokumentierten [[Wortschatz]] der fünf (neben Englisch und Deutsch) führenden modernen europäischen Kultursprachen [[Französische Sprache|Französisch]], [[Italienische Sprache|Italienisch]], [[Niederländische Sprache|Niederländisch]], [[Schwedische Sprache|Schwedisch]] und [[Polnische Sprache|Polnisch]] gab es zu dieser Zeit keine, sodass ‚Hardliner‘ nicht zu den in viele europäische Sprachen zugleich übernommenen „Euroanglizismen“ gerechnet wird.<ref>Alan Kirkness: ''Europäismen/Internationalismen im heutigen deutschen Wortschatz. Eine lexikographische Pilotstudie.'' In: Gerhard Stickel (Hrsg.): ''Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel'' (= Institut für deutsche Sprache. Jahrbuch 2000). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017102-3, S. 105–130; vgl. S. 122–126.</ref> Verbreitung fand der Begriff zur Zeit der [[Wende und friedliche Revolution in der DDR|Wende]] ab 1989 auch in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] bzw. den [[Neue Länder|Neuen Ländern]], auch in der Zusammensetzung „SED-Hardliner“, als eine von mehreren typischen Bezeichnungen für „eine Person(engruppe), die das alte DDR-System repräsentiert bzw. repräsentiert hat und die nicht in der Lage ist, auf sich verändernde politische Gegebenheiten angemessen zu reagieren“.<ref>Dieter Herberg, Doris Steffens, Elke Tellenbach: ''Schlüsselwörter der Wendezeit. Wörter-Buch zum öffentlichen Sprachgebrauch 1989/90'' (= ''Schriften des Instituts für Deutsche Sprache.'' Band 6). Walter de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-015398-X, S. 323 f. (Zitat: S. 323).</ref> |
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Beide Schlagwörter haben ihren Ursprung in der [[Heraldik]] und [[Emblematik]]: Die Friedenstaube ist in diesen Feldern als [[Symbol]] ähnlich verbreitet wie der Falke oder der Adler, die für Kraft, Stärke, Angriffslust und Herrschaft stehen. |
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Anders als im Englischen, wo die Zusammenschreibung ohne [[Bindestrich]] seltener anzutreffen<ref name="hard-line" /> und nur im britischen Englischen verbreitet ist,<ref name="Bras">''[https://www.collinsdictionary.com/pt/dictionary/portuguese-english/linha-dura linha-dura]''. In: ''[[Collins (Wörterbuch)|Dicionário Collins Português–Inglês]]'', abgerufen am 24. August 2023.</ref> während das ''[[American Heritage Dictionary]]'' sie nicht kennt, findet sich eine Bindestrichschreibweise im deutschen Schriftgebrauch praktisch gar nicht.<ref>[[Jan Georg Schneider]]: ''Von free-floatendem Kapital, Hardlinern und Instructions. Linguistische Anmerkungen zur populären Anglizismenkritik.'' In: ''LEO. Lingua et Opinio. Studentische Zeitschrift zu Sprache und Kommunikation'', 19. Dezember 2006. Referiert nach Karoline Wirth: ''[https://fis.uni-bamberg.de/server/api/core/bitstreams/79514604-120a-430e-a9e8-f28a8f572c1e/content Der Verein Deutsche Sprache. Hintergrund, Entstehung, Arbeit und Organisation eines deutschen Sprachvereins]'' (PDF; 3,8 MB) (= ''Bamberger Beiträge zur Linguistik.'' Band 1). University of Bamberg Press, Bamberg 2010, ISBN 978-3-923507-65-8, S. 235.</ref> |
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== Zitate aus Medien == |
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== Hardliner in Brasilien == |
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* ''Werner Kogler: "Grasser soll aufhören, den Hardliner zu mimen".''<br>("Kurier", 20.03.2005) |
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Eine vergleichbare [[Entlehnung]] des englischen Begriffs fand bereits in den 1960er Jahren während der [[Geschichte Brasiliens#Militärdiktatur (1964–1985)|Militärdiktatur in Brasilien]] in Form einer [[Lehnübersetzung]] in das [[Brasilianisches Portugiesisch|brasilianische Portugiesische]] statt.<ref name="Bras" /><ref>''[https://www.aulete.com.br/linha-dura linha-dura]''. In: ''[[Francisco Júlio de Caldas Aulete|Aulete Digital Lexikon]]'', abgerufen am 24. August 2023.</ref> Hier wurde im Ursprungskontext die besonders autoritäre und [[Intransigenz|intransigente]] Fraktion innerhalb der in [[Brasilien]] herrschenden Militärs um die Generale [[Artur da Costa e Silva|Costa e Silva]] und [[Emílio Garrastazu Médici|Médici]] sowie Geheimdienstchef [[Newton Cruz]]<ref>[[Geneton Moraes Neto]]: ''[https://g1.globo.com/platb/geneton/2010/04/10/os-bastidores-do-regime-militar-general-newton-cruz-descreve-o-dia-em-que-saiu-de-brasilia-para-o-rio-para-desmontar-um-novo-atentado-que-militares-estavam-tramando-depois-do-riocentro/ Os bastidores do regime militar : general Newton Cruz descreve o dia em que saiu de Brasília para o Rio para desmontar um novo atentado que militares estavam tramando depois do Riocentro.]'' In: ''[[O Globo]]'', 10. April 2010, abgerufen am 24. August 2023.</ref> als „Hardliner“ ''(linha-dura)'' bezeichnet und der gemäßigteren „Sorbonne-Gruppe“ um die Generale [[Humberto Castelo Branco|Castelo Branco]], [[Ernesto Geisel|Geisel]] und [[João Baptista de Oliveira Figueiredo|Figueiredo]] gegenübergestellt.<ref>Eustáquio Donizeti de Paula: [https://repositorio.unesp.br/handle/11449/154538 ''O regime militar na perspectiva do jornal ''Lavoura e Comércio'' de Uberaba (1964–1968).''] Dissertation, [[Universidade Estadual Paulista|UNESP]], São Paulo 2018, S. 84.</ref> |
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* ''"Auf der Kölner Konferenz gegen den israelischen Sicherheitszaun waren die Hardliner am Werk".''<br>("Freitag", 18.06.2004) |
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* ''Spiegel, Spiegel an der Wand, wer ist der größte Hardliner im Land?''<br> (Der Spindoktor - Weblog) |
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== Anglizismus == |
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Der Sprachwissenschaftler [[Jan Georg Schneider]] versuchte am Beispiel der in der Zeit zwischen 1999 und 2006 zunehmenden Verwendung des Begriffs ‚Hardliner‘ in der ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|Frankfurter Allgemeinen Zeitung]]'' und in der ''[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]]'' zu zeigen, dass Anglizismen – anders als von [[Sprachpurismus|sprachpuristischen]] Kritikern oft angenommen – auch in der gehobenen deutschen [[Geschriebene Sprache|Schriftsprache]] verbreitet sind.<ref>Jan Georg Schneider: ''„Macht das Sinn?“ Überlegung zur Anglizismenkritik im Gesamtzusammenhang der populären Sprachkritik.'' In: ''[[Muttersprache (Zeitschrift)|Muttersprache]]'', Jg. 2008, Heft 1, S. 56–71; hier: S. 62. Referiert nach Isam Asker Hasan: ''[https://madoc.bib.uni-mannheim.de/44287/1/Dissertation_%20HASAN%2C%20Isam%20%20Asker.pdf Dynamische Sprachmodelle. Eine wissenschaftshistorische Untersuchung]'' (PDF; 1,5 MB). Dissertation, [[Universität Mannheim]] 2017, S. 122 f.</ref> |
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Der vom [[Verein Deutsche Sprache]] (VDS) ohne wissenschaftlichen Anspruch erstellte ''Anglizismus-Index'' bietet als Ersatzworte, die eine Verwendung dieses Anglizismus überflüssig machen sollen, die Ausdrücke „[[Starrsinn|Dickkopf, Sturkopf]], [[Betonkopf]]“ und „[[Prinzip#Prinzipienreiter|Prinzipienreiter]]“ an. Nach Schneider zeigt der empirische Vergleich dieser Vorschläge mit der tatsächlichen Verwendungsweise des entlehnten Wortes in konkreten Kontexten, „dass keine der angebotenen Alternativen den Bedeutungsumfang von ''Hardliner'' auch nur annähernd abdeckt“.<ref>Jan Georg Schneider: ''Von free-floatendem Kapital, Hardlinern und Instructions. Linguistische Anmerkungen zur populären Anglizismenkritik.'' In: ''LEO. Lingua et Opinio. Studentische Zeitschrift zu Sprache und Kommunikation'', 19. Dezember 2006. Zitiert nach Karoline Wirth: ''Der Verein Deutsche Sprache. Hintergrund, Entstehung, Arbeit und Organisation eines deutschen Sprachvereins'' (= ''Bamberger Beiträge zur Linguistik.'' Band 1). University of Bamberg Press, Bamberg 2010, ISBN 978-3-923507-65-8, S. 236.</ref> |
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Im politischen Bereich ist ''Falken'' auch die Bezeichnung für die Kinder- und Jugendorganisationen sozialistischer und kommunistischer Parteien, z.B. "Die Falken" der deutschen [[SPD]]. Auch in anderen Ländern wird der Begriff - jeweils übersetzt in die Landessprache - in diesem Bereich so angewendet, etwa in [[Tschechien]], wo es nach wie vor eine Jugendorganisation namens ''Sokol'' (Falke) gibt. |
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== Personenbezeichnung == |
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''Siehe auch:'' [[Bellizismus]] |
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In mehreren [[Schweiz]]er Gerichtsurteilen wurde ausgeurteilt, dass die Bezeichnung einer Person als „Hardliner“ keine [[Ehrdelikt|ehrverletzende]] Beleidigung darstelle, sondern von Betroffenen in der Regel als Charakterisierung ihres Verhaltens hingenommen werden müsse, die berechtigt sein könne, insoweit mit der Benennung eine kompromisslose Position gekennzeichnet oder auf die Hartnäckigkeit in der Verfolgung von Zielen Bezug genommen werde.<ref name="BGCH" /><ref name="Koepp">''[https://www.watson.ch/schweiz/gesellschaft%20&%20politik/617677731-koeppel-darf-als-hardliner-bezeichnet-werden-ihn-stoert-es-nicht Köppel darf als «Hardliner» bezeichnet werden – ihn stört es nicht (immer).]'' In: ''[[Watson (Nachrichtenportal)|Watson]]'', 31. Mai 2022, abgerufen am 23. August 2023.</ref> Gleichwohl mahnt die [[Ombudsstelle]] der [[SRG SSR#SRG.D|SRG Deutschschweiz]] seit 2019 einen zurückhaltenden Gebrauch des Wortes in Radio und Fernsehen wegen seines [[Diffamierung]]spotenzials an.<ref name="Koepp" /> |
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== „Falken“ == |
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{{Anker|Falken}}In der internationalen Politik werden Hardliner auch als „[[Falken]]“ bezeichnet und den als „[[Tauben]]“ beschriebenen Gemäßigten gegenübergestellt.<ref>''[https://www.rheinpfalz.de/lokal/zweibruecken_artikel,-heiliges-tier-oder-bazillenbomber-_arid,1082320.html Heiliges Tier oder Bazillenbomber.]'' In: ''[[Die Rheinpfalz]]'', 25. Januar 2018, abgerufen am 23. August 2023.</ref> Die Wortverbindung „Hardliner und Falke“ zur Charakterisierung eines [[Politiker]]s oder [[Staatsmann]]es ist dementsprechend gebräuchlich.<ref>Beispielhaft: ''[https://www.tagesspiegel.de/politik/mazedonien-friedenssuche-scheitert-813574.html Mazedonien: Friedenssuche scheitert]'', in [[Tagesspiegel]], 19. Juli 2001; ''[https://www.spiegel.de/politik/papst-johannes-paul-ii-a-00b6c9e5-0002-0001-0000-000029847416 Papst Johannes Paul II.]'', in [[Der Spiegel]], 1. Februar 2004; ''[https://www.bernerzeitung.ch/trumps-mann-mit-dem-drang-zum-iran-krieg-236471350809 Trumps Mann mit dem Drang zum Iran-Krieg]'', in [[Berner Zeitung]], 11. Mai 2019; [[Martin Benninghoff]]: ''[https://www.faz.net/aktuell/faz-net-sprinter-emissaer-des-solisten-16174292.html Emissär des Solisten]'', in ''Frankfurter Allgemeine Zeitung'', 6. Mai 2019; ''[https://www.filmdienst.de/film/details/531216/ariel-scharons-letzter-kampf Ariel Scharons letzter Kampf]'', in [[Filmdienst]]; alle abgerufen am 23. August 2023.</ref> |
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[[Kategorie:Politisches Schlagwort (Deutsch)]] |
Aktuelle Version vom 31. Mai 2025, 20:44 Uhr
Der Begriff Hardliner (Lehnwort aus dem Englischen hard-liner), Aussprache [ha:dlaınə(r)],[1] bezeichnet eine Person, die einen harten Kurs vertritt, meist im Sinne einer politisch unnachgiebigen Position oder Haltung.
Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allgemeinsprachliche Wörterbücher liefern durchweg sehr ähnliche, häufig wortgleiche Definitionen: Mit dem Begriff ‚Hardliner‘ wird demnach „ein Vertreter eines harten (zumeist politischen) Kurses bezeichnet“.[2]
Beispiele:
- Vertreter eines harten [politischen] Kurses (Duden)[3]
- Vertreter eines harten [politischen] Kurses (Duden-Fremdwörterbuch)[4]
- Vertreter eines harten politischen Kurses (Pons-Wörterbuch)[5]
- Vertreter eines harten politischen Kurses (Karl-Heinz Göttert)[6]
- pol. j-d, der e-n harten Kurs einschlägt (Langenscheidt)[7]
- Politiker, der einen kompromisslos harten Kurs verfolgt (Wahrig-Herkunftswörterbuch)[8][9]
Herkunft, Etymologie, Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die aus hard (‚hart, streng, rigoros‘) und line (‚Linie, Richtung, Kurs‘) zusammengesetzte englische Nominalphrase hard line und das zugehörige Adjektiv hard-line (‚kompromisslos, unnachgiebig‘) wurden mit der aktuellen Bedeutung einer harten politischen Linie in der Zeit des Kalten Krieges geprägt. In ihrem Ursprungskontext Ende der 1950er Jahre im englischsprachigen Raum bezog sich die Wortprägung auf besonders dogmatische und unbewegliche politische Positionen in der Sowjetunion. Ab circa 1963 ist auch die Personenbezeichnung hard-liner in der englischen Schriftsprache belegbar, die sich ebenso wie das Adjektiv hard-line Mitte der 1960er Jahre sowohl im britischen als auch im amerikanischen Englischen verbreitete.[10][11]
Im deutschen Sprachgebrauch kam der Begriff ‚Hardliner‘ als Anglizismus gegen Ende der 1970er Jahre auf und verbreitete sich in den 1980er und 1990er Jahren.[12] In dieser Zeit gelangte das Wort als Neuzugang in die großen deutschen Universalwörterbücher Duden und Wahrig.[13] Entsprechungen im lexikographisch dokumentierten Wortschatz der fünf (neben Englisch und Deutsch) führenden modernen europäischen Kultursprachen Französisch, Italienisch, Niederländisch, Schwedisch und Polnisch gab es zu dieser Zeit keine, sodass ‚Hardliner‘ nicht zu den in viele europäische Sprachen zugleich übernommenen „Euroanglizismen“ gerechnet wird.[14] Verbreitung fand der Begriff zur Zeit der Wende ab 1989 auch in der DDR bzw. den Neuen Ländern, auch in der Zusammensetzung „SED-Hardliner“, als eine von mehreren typischen Bezeichnungen für „eine Person(engruppe), die das alte DDR-System repräsentiert bzw. repräsentiert hat und die nicht in der Lage ist, auf sich verändernde politische Gegebenheiten angemessen zu reagieren“.[15]
Anders als im Englischen, wo die Zusammenschreibung ohne Bindestrich seltener anzutreffen[11] und nur im britischen Englischen verbreitet ist,[16] während das American Heritage Dictionary sie nicht kennt, findet sich eine Bindestrichschreibweise im deutschen Schriftgebrauch praktisch gar nicht.[17]
Hardliner in Brasilien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine vergleichbare Entlehnung des englischen Begriffs fand bereits in den 1960er Jahren während der Militärdiktatur in Brasilien in Form einer Lehnübersetzung in das brasilianische Portugiesische statt.[16][18] Hier wurde im Ursprungskontext die besonders autoritäre und intransigente Fraktion innerhalb der in Brasilien herrschenden Militärs um die Generale Costa e Silva und Médici sowie Geheimdienstchef Newton Cruz[19] als „Hardliner“ (linha-dura) bezeichnet und der gemäßigteren „Sorbonne-Gruppe“ um die Generale Castelo Branco, Geisel und Figueiredo gegenübergestellt.[20]
Anglizismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Sprachwissenschaftler Jan Georg Schneider versuchte am Beispiel der in der Zeit zwischen 1999 und 2006 zunehmenden Verwendung des Begriffs ‚Hardliner‘ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der Süddeutschen Zeitung zu zeigen, dass Anglizismen – anders als von sprachpuristischen Kritikern oft angenommen – auch in der gehobenen deutschen Schriftsprache verbreitet sind.[21]
Der vom Verein Deutsche Sprache (VDS) ohne wissenschaftlichen Anspruch erstellte Anglizismus-Index bietet als Ersatzworte, die eine Verwendung dieses Anglizismus überflüssig machen sollen, die Ausdrücke „Dickkopf, Sturkopf, Betonkopf“ und „Prinzipienreiter“ an. Nach Schneider zeigt der empirische Vergleich dieser Vorschläge mit der tatsächlichen Verwendungsweise des entlehnten Wortes in konkreten Kontexten, „dass keine der angebotenen Alternativen den Bedeutungsumfang von Hardliner auch nur annähernd abdeckt“.[22]
Personenbezeichnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In mehreren Schweizer Gerichtsurteilen wurde ausgeurteilt, dass die Bezeichnung einer Person als „Hardliner“ keine ehrverletzende Beleidigung darstelle, sondern von Betroffenen in der Regel als Charakterisierung ihres Verhaltens hingenommen werden müsse, die berechtigt sein könne, insoweit mit der Benennung eine kompromisslose Position gekennzeichnet oder auf die Hartnäckigkeit in der Verfolgung von Zielen Bezug genommen werde.[2][23] Gleichwohl mahnt die Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz seit 2019 einen zurückhaltenden Gebrauch des Wortes in Radio und Fernsehen wegen seines Diffamierungspotenzials an.[23]
„Falken“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der internationalen Politik werden Hardliner auch als „Falken“ bezeichnet und den als „Tauben“ beschriebenen Gemäßigten gegenübergestellt.[24] Die Wortverbindung „Hardliner und Falke“ zur Charakterisierung eines Politikers oder Staatsmannes ist dementsprechend gebräuchlich.[25]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hardliner. In: Wahrig Fremdwörterlexikon, abgerufen am 2. September 2023.
- ↑ a b Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts vom 7. Dezember 2012, abgerufen am 23. August 2023, Randnummer 6.1.
- ↑ Hardliner, der. In: duden.de, abgerufen am 23. August 2023.
- ↑ Duden. Das Fremdwörterbuch. 5., neu bearb. u. erw. Aufl., Dudenverlag, Leipzig, Wien, Zürich 1990, ISBN 3-411-20915-1, S. 300.
- ↑ Der Ha̱rd·li·ner. In: pons.com, abgerufen am 23. August 2023.
- ↑ Karl-Heinz Göttert: Neues Deutsches Wörterbuch. Helmut Lingen Verlag, Köln 2011, S. 361.
- ↑ hard-liner. In: Langenscheidts Großes Schulwörterbuch. Englisch–Deutsch. 10. Auflage, Langenscheidt, München 2002, ISBN 3-468-07124-8, S. 496.
- ↑ Ursula Hermann, Arno Matschiner (Bearb.): Wahrig Herkunftswörterbuch. 4., vollständig neu bearbeitete und aktualisierte Auflage, Bertelsmann, München 1998, S. 244.
- ↑ Hardliner. In: Wahrig Herkunftswörterbuch, abgerufen am 2. September 2023.
- ↑ Douglas Harper: hard-line (adj.). In: Online Etymology Dictionary, abgerufen am 23. August 2023.
- ↑ a b Google Books NGram Viewer: Hardliner, hard-liner, hard-line (English 2012), 1900–2000, abgefragt am 23. August 2023.
- ↑ Google Books NGram Viewer: Hardliner (German 2012), 1900–2005, abgefragt am 23. August 2023.
- ↑ Alan Kirkness: Europäismen/Internationalismen im heutigen deutschen Wortschatz. Eine lexikographische Pilotstudie. In: Gerhard Stickel (Hrsg.): Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel (= Institut für deutsche Sprache. Jahrbuch 2000). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017102-3, S. 105–130; hier: S. 111.
- ↑ Alan Kirkness: Europäismen/Internationalismen im heutigen deutschen Wortschatz. Eine lexikographische Pilotstudie. In: Gerhard Stickel (Hrsg.): Neues und Fremdes im deutschen Wortschatz. Aktueller lexikalischer Wandel (= Institut für deutsche Sprache. Jahrbuch 2000). Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-017102-3, S. 105–130; vgl. S. 122–126.
- ↑ Dieter Herberg, Doris Steffens, Elke Tellenbach: Schlüsselwörter der Wendezeit. Wörter-Buch zum öffentlichen Sprachgebrauch 1989/90 (= Schriften des Instituts für Deutsche Sprache. Band 6). Walter de Gruyter, Berlin 1997, ISBN 3-11-015398-X, S. 323 f. (Zitat: S. 323).
- ↑ a b linha-dura. In: Dicionário Collins Português–Inglês, abgerufen am 24. August 2023.
- ↑ Jan Georg Schneider: Von free-floatendem Kapital, Hardlinern und Instructions. Linguistische Anmerkungen zur populären Anglizismenkritik. In: LEO. Lingua et Opinio. Studentische Zeitschrift zu Sprache und Kommunikation, 19. Dezember 2006. Referiert nach Karoline Wirth: Der Verein Deutsche Sprache. Hintergrund, Entstehung, Arbeit und Organisation eines deutschen Sprachvereins (PDF; 3,8 MB) (= Bamberger Beiträge zur Linguistik. Band 1). University of Bamberg Press, Bamberg 2010, ISBN 978-3-923507-65-8, S. 235.
- ↑ linha-dura. In: Aulete Digital Lexikon, abgerufen am 24. August 2023.
- ↑ Geneton Moraes Neto: Os bastidores do regime militar : general Newton Cruz descreve o dia em que saiu de Brasília para o Rio para desmontar um novo atentado que militares estavam tramando depois do Riocentro. In: O Globo, 10. April 2010, abgerufen am 24. August 2023.
- ↑ Eustáquio Donizeti de Paula: O regime militar na perspectiva do jornal Lavoura e Comércio de Uberaba (1964–1968). Dissertation, UNESP, São Paulo 2018, S. 84.
- ↑ Jan Georg Schneider: „Macht das Sinn?“ Überlegung zur Anglizismenkritik im Gesamtzusammenhang der populären Sprachkritik. In: Muttersprache, Jg. 2008, Heft 1, S. 56–71; hier: S. 62. Referiert nach Isam Asker Hasan: Dynamische Sprachmodelle. Eine wissenschaftshistorische Untersuchung (PDF; 1,5 MB). Dissertation, Universität Mannheim 2017, S. 122 f.
- ↑ Jan Georg Schneider: Von free-floatendem Kapital, Hardlinern und Instructions. Linguistische Anmerkungen zur populären Anglizismenkritik. In: LEO. Lingua et Opinio. Studentische Zeitschrift zu Sprache und Kommunikation, 19. Dezember 2006. Zitiert nach Karoline Wirth: Der Verein Deutsche Sprache. Hintergrund, Entstehung, Arbeit und Organisation eines deutschen Sprachvereins (= Bamberger Beiträge zur Linguistik. Band 1). University of Bamberg Press, Bamberg 2010, ISBN 978-3-923507-65-8, S. 236.
- ↑ a b Köppel darf als «Hardliner» bezeichnet werden – ihn stört es nicht (immer). In: Watson, 31. Mai 2022, abgerufen am 23. August 2023.
- ↑ Heiliges Tier oder Bazillenbomber. In: Die Rheinpfalz, 25. Januar 2018, abgerufen am 23. August 2023.
- ↑ Beispielhaft: Mazedonien: Friedenssuche scheitert, in Tagesspiegel, 19. Juli 2001; Papst Johannes Paul II., in Der Spiegel, 1. Februar 2004; Trumps Mann mit dem Drang zum Iran-Krieg, in Berner Zeitung, 11. Mai 2019; Martin Benninghoff: Emissär des Solisten, in Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Mai 2019; Ariel Scharons letzter Kampf, in Filmdienst; alle abgerufen am 23. August 2023.