„Isostasie“ – Versionsunterschied
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Die '''Isostasie''' (griech.: Gleichstand) ist ein Begriff der [[Geologie]], der den Gleichgewichtszustand einer auf der Asthenospäre schwimmenden [[Ozeanische Erdkruste|ozeanischen]] oder [[Kontinentale Erdkruste|kontinentalen]] Platte beschreibt. |
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Die '''Isostasie''' (‚Gleichstand‘, von [[Griechische Sprache|griech.]] ἴσος (ísos) ‚gleich‘, und στάσις (stásis) ‚Stand‘) ist der [[geologisch]]e Gleichgewichtszustand zwischen den [[Masse (Physik)|Massen]] der [[Erdkruste]] (bzw. [[Lithosphäre]])<ref>Eigentlich betrifft die Isostasie das Gleichgewicht der Lithosphäre und Asthenosphäre, jedoch liegt der größte Dichtekontrast der Lithosphäre zwischen Kruste und Mantel, weswegen die Massen der Erdkruste den Hauptbeitrag zur Isostasie leisten.</ref> und dem darunter befindlichen [[Erdmantel]]. |
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== Geschichte == |
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Die tektonischen Platten der Erdkruste schwimmen gemäß dem [[Archimedisches Prinzip|archimedischen Prinzip]] auf der zähflüssigen [[Asthenosphäre]] des oberen [[Erdmantel]]s. |
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Im 18. Jahrhundert stellte der französische [[Geodät]] [[Pierre Bouguer]] bei Messungen in der Nähe der [[Anden]] fest, dass die zu erwartenden lokalen [[Schwereanomalie|Abweichungen der Schwere]] durch die Masse der Anden geringer ausfielen als vorausgesagt. Er folgerte daraus, dass sich unterhalb der Anden ein Massendefizit befinden musste. |
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== Erklärungsansätze == |
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Erhöht sich die Last auf eine Platte, z.B. durch Vergletscherung oder Gebirgsbildung, sinkt die Platte tiefer in die Asthenosphäre ein. |
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Um die Erkenntnisse Bouguers zu erklären, entwickelten [[George Airy]] und [[John Henry Pratt]] unabhängig voneinander Mitte des 19. Jahrhunderts zwei verschiedene Modelle. Diese Erklärungsansätze können den Effekt aber beide nicht gänzlich erklären, heutzutage greift man auf komplexere Modelle wie auf das von [[Felix Andries Vening-Meinesz]] zurück. |
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Verringert sich die Last durch Abschmelzen der Gletscher oder durch Erosion des Gebirges, erfolgt eine Heraushebung der Platte, bis das Gleichgewicht zwischen [[Auftrieb]] und Gewichtskraft, die '''Isostasie''', wieder hergestellt ist. |
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=== Airy-Modell === |
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Zu beobachten ist dieser Hebungsprozess in Skandinavien, das bis vor 10000 Jahren von einem Eispanzer bedeckt war. Seither hat sich das Zentrum [[Skandinavien]]s um etwa 300 m angehoben. Diese Bewegung findet mit etwa 10 mm / Jahr noch heute statt. |
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Airys Modell beruht darauf, dass die [[Sprödigkeit|spröde]] [[Lithosphäre]] gemäß dem [[Archimedisches Prinzip|archimedischen Prinzip]] auf der vergleichsweise [[duktil]]en [[Asthenosphäre]] des [[Oberer Erdmantel|oberen Erdmantels]] liegt. Dies ähnelt einem [[Eisberg]], der im Wasser schwimmt. |
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Erhöht sich die [[Lotrichtung|vertikale]] Masse der Lithosphäre, zum Beispiel durch Ver[[gletscher]]ung oder [[Gebirgsbildung]], so steigt deren [[Druck (Physik)|Druck]] auf die Asthenosphäre an, wodurch diese nachgibt und die [[Lithosphärenplatte]] tiefer einsinkt. Da die Lithosphäre aber eine kleinere Dichte hat als die Asthenosphäre, sinkt auch die [[Dichte]] unterhalb des Gebirges relativ zur Dichte unterhalb des [[Ebene (Geographie)|Flachlands]]. |
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Diesem Modell nach haben hohe [[Gebirge]] also eine vergleichsweise tiefe [[Wurzelzone|Wurzel]]. |
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==Weblink== |
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* [http://www.geologie.uni-freiburg.de/projekte/bhutan/text/erosion.html Uni Freiburg: Das Zusammenspiel von Erosion und Klima im Himalaya] |
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Im Gegensatz zu Airy ging Pratt nicht davon aus, dass die Massen unterschiedlich tief in die Asthenosphäre eintauchen, sondern dass die Eintauchtiefe für alle Massen (Flachland wie Gebirge) gleich sind. Für Gebirge aber sinkt die Dichte der Gesamtmasse. Dies lässt sich mit einem Kuchen vergleichen, der aufgeht, dadurch an Volumen zunimmt, aber an Dichte verliert. |
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=== Vening-Meinesz-Modell === |
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Das Vening-Meinesz-Modell geht davon aus, dass die Massen der Gebirge die flexible Lithosphäre durchbiegen und so die [[Auflast]] auf die Umgebung verteilen, ohne aber in die Asthenosphäre einzudringen. |
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== Isostatischer Ausgleich am Beispiel des Fennoskandischen Schildes == |
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''siehe Hauptartikel: [[Postglaziale Landhebung]]'' |
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Zu beobachten ist der Effekt des '''isostatischen Ausgleichs''', also der Bestrebung, einen Zustand der Isostasie zu erreichen, auch heute noch zum Beispiel in [[Skandinavien]] in Form eines [[Hebung (Geologie)|Hebungsprozesses]]. Skandinavien war in der [[Letzte Kaltzeit|letzten Kaltzeit]] noch bis vor 10.000 Jahren von einem Eispanzer bedeckt. Durch dessen Masse wurde Skandinavien herabgedrückt. Seitdem das Eis zurückgegangen ist, fehlt dieser Druck, und Skandinavien steigt langsam wieder auf. Die Hebung beträgt mittlerweile 300 m und findet noch immer mit einer Geschwindigkeit von 9 mm pro Jahr in ihrem Zentrum statt (nördlicher [[Bottnischer Meerbusen]]). |
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== Bestimmung der Moho-Diskontinuität == |
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Befindet sich die Erdkruste in Isostasie, so kann aus der [[Geomorphologie]] direkt auf die [[Mächtigkeit (Geologie)|Mächtigkeit]] der |
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== Literatur == |
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* Jacobshagen, Arndt, Götze, Mertmann, Wallfass: ''Einführung in die geologischen Wissenschaften.'' Eugen Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-2743-1 |
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== Weblinks == |
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* [http://www.geologie.uni-freiburg.de/root/projekte/bhutan/text/erosion.html Zusammenhang zwischen Erosion, Gebirgshebung und Isostasie am Beispiel des Himalaya.] Geologisches Institut der [[Albert-Ludwigs-Universität Freiburg|Universität Freiburg]] |
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== Anmerkungen == |
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Aktuelle Version vom 16. April 2024, 22:49 Uhr

1 = Airy, 2 = Pratt
(Blöcke der Erdkruste bzw. der Lithosphäre als Säulen mit ihrer Dichte in g/cm³, darunter die Asthenosphäre bzw. der Erdmantel)
Die Isostasie (‚Gleichstand‘, von griech. ἴσος (ísos) ‚gleich‘, und στάσις (stásis) ‚Stand‘) ist der geologische Gleichgewichtszustand zwischen den Massen der Erdkruste (bzw. Lithosphäre)[1] und dem darunter befindlichen Erdmantel.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 18. Jahrhundert stellte der französische Geodät Pierre Bouguer bei Messungen in der Nähe der Anden fest, dass die zu erwartenden lokalen Abweichungen der Schwere durch die Masse der Anden geringer ausfielen als vorausgesagt. Er folgerte daraus, dass sich unterhalb der Anden ein Massendefizit befinden musste.
Erklärungsansätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um die Erkenntnisse Bouguers zu erklären, entwickelten George Airy und John Henry Pratt unabhängig voneinander Mitte des 19. Jahrhunderts zwei verschiedene Modelle. Diese Erklärungsansätze können den Effekt aber beide nicht gänzlich erklären, heutzutage greift man auf komplexere Modelle wie auf das von Felix Andries Vening-Meinesz zurück.
Airy-Modell
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Airys Modell beruht darauf, dass die spröde Lithosphäre gemäß dem archimedischen Prinzip auf der vergleichsweise duktilen Asthenosphäre des oberen Erdmantels liegt. Dies ähnelt einem Eisberg, der im Wasser schwimmt.
Erhöht sich die vertikale Masse der Lithosphäre, zum Beispiel durch Vergletscherung oder Gebirgsbildung, so steigt deren Druck auf die Asthenosphäre an, wodurch diese nachgibt und die Lithosphärenplatte tiefer einsinkt. Da die Lithosphäre aber eine kleinere Dichte hat als die Asthenosphäre, sinkt auch die Dichte unterhalb des Gebirges relativ zur Dichte unterhalb des Flachlands.
Diesem Modell nach haben hohe Gebirge also eine vergleichsweise tiefe Wurzel.
Pratt-Modell
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Gegensatz zu Airy ging Pratt nicht davon aus, dass die Massen unterschiedlich tief in die Asthenosphäre eintauchen, sondern dass die Eintauchtiefe für alle Massen (Flachland wie Gebirge) gleich sind. Für Gebirge aber sinkt die Dichte der Gesamtmasse. Dies lässt sich mit einem Kuchen vergleichen, der aufgeht, dadurch an Volumen zunimmt, aber an Dichte verliert.
Vening-Meinesz-Modell
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Vening-Meinesz-Modell geht davon aus, dass die Massen der Gebirge die flexible Lithosphäre durchbiegen und so die Auflast auf die Umgebung verteilen, ohne aber in die Asthenosphäre einzudringen.
Isostatischer Ausgleich am Beispiel des Fennoskandischen Schildes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]siehe Hauptartikel: Postglaziale Landhebung
Zu beobachten ist der Effekt des isostatischen Ausgleichs, also der Bestrebung, einen Zustand der Isostasie zu erreichen, auch heute noch zum Beispiel in Skandinavien in Form eines Hebungsprozesses. Skandinavien war in der letzten Kaltzeit noch bis vor 10.000 Jahren von einem Eispanzer bedeckt. Durch dessen Masse wurde Skandinavien herabgedrückt. Seitdem das Eis zurückgegangen ist, fehlt dieser Druck, und Skandinavien steigt langsam wieder auf. Die Hebung beträgt mittlerweile 300 m und findet noch immer mit einer Geschwindigkeit von 9 mm pro Jahr in ihrem Zentrum statt (nördlicher Bottnischer Meerbusen).
Bestimmung der Moho-Diskontinuität
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Befindet sich die Erdkruste in Isostasie, so kann aus der Geomorphologie direkt auf die Mächtigkeit der Kruste bzw. auf die Tiefe der Mohorovičić-Diskontinuität (Moho) geschlossen werden: je höher sich ein Gebirge erhebt, desto mächtiger ist die Erdkruste unter dem Gebirge, und desto tiefer liegt die Moho.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jacobshagen, Arndt, Götze, Mertmann, Wallfass: Einführung in die geologischen Wissenschaften. Eugen Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-2743-1
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Zusammenhang zwischen Erosion, Gebirgshebung und Isostasie am Beispiel des Himalaya. Geologisches Institut der Universität Freiburg
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eigentlich betrifft die Isostasie das Gleichgewicht der Lithosphäre und Asthenosphäre, jedoch liegt der größte Dichtekontrast der Lithosphäre zwischen Kruste und Mantel, weswegen die Massen der Erdkruste den Hauptbeitrag zur Isostasie leisten.