„Sophistik“ – Versionsunterschied
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[[Bild:Bio-protagoras.jpg|right|Protagoras - Der erste selbstbekennende Sophist]] |
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Die '''Sophistik''', von [[Griechische Sprache|griechisch]] ''sophistes'' "Weisheitsbringer" (seinerzeit geläufige Berufsbezeichnung für Lehrer), ist aus heute landläufiger (nachplatonischer) Sicht eine geistige Strömung der griechischen [[Antike]]. In herabsetzender Weise spricht man auch von "Sophisterei" (Weismacherei). |
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Wen wir heute den Sophisten zuordnen, unterscheidet sich von der antiken Meinung. In der modernen Forschung werden Wanderlehrer als Sophisten bezeichnet, die - unter anderem auch in Athen - gegen Entlohnung unterrichteten. Dieser Berufszweig kam im Zuge der Demokratiephasen auf, als nichtaristokratische Bürger mittels Bildung versuchten, sich Rüstzeug für gutes Leben ([[areté]]) einschließlich aktiver Beteiligung an Gesellschaft und Politik zuzulegen, und hierfür die Dienste belesener Vertreter des eigenen Standes nutzten, die zum eigenen Lebensunterhalt selbstredend auf Lohn angewiesen waren. Im Unterschied davon waren gebildete Aristokraten, wie der die heute landläufige (herablassende) Sicht auf die Sophisten bestimmende [[Plato]], auf Lohn für ihr geistiges Hobby nicht angewiesen. |
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Die Forschung ist sich nicht einig, ob das Gemeinsame an den Sophisten nun ihr Lehrberuf, ihr Interesse an der [[Rhetorik]] oder ihre philosophischen Ansichten sind, bzw. bei Annahme mehrerer Gemeinsamkeiten, ob eine von ihnen (und wenn ja, welche) bestimmend oder ursächlich ist. Im Athen des fünften und sechsten Jahrhunderts v. Chr. wurden auch die so genannten Naturphilosophen und sogar Sokrates als Sophisten bezeichnet. Das Neue an den Sophisten war, dass sie versprachen, eine [[areté]] zu lehren, die u.a. auch befähigen sollte, am politischen Leben erfolgreich teilzunehmen. Revolutionär erschien ihr Anspruch, dass die Fähigkeit zu – privater wie politischer — [[areté]] lehrbar sein sollte, hatte man doch zuvor geglaubt, nur von Geburt her edlen Menschen, das heißt der Aristokratie, würde dieses Wissen nützen. |
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Damit einhergehend war ein verstärktes Nachsinnen über Fragen der menschlichen Erkenntnis und deren (durch die Beschränktheit der Wahrnehmung bedingte) Grenzen, was eine Abkehr von (aristokratisch verwalteten) mystischen "absoluten Wahrheiten" (Glauben, "Metaphysik" etc.) beinhaltete. (Erkennbare) Realität wurde in komplexer Relation zur (direkten und mittelbaren) menschlichen Wahrnehmung und deren Grenzen definiert, weshalb die Sophisten auch Relativisten genannt werden. Trotz der Begriffsübereinstimmung ähneln sie jedoch in ihrer Erkenntnistheorie statt den [[Relativismus|Relativisten]] des 20. Jahrhunderts vielmehr den [[Systemtheorie|Systemikern]] bzw. [[Radikaler Konstruktivismus|(Radikalen) ]][[Konstruktivismus (Philosophie)|Konstruktivisten]] desselben. |
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Um die Zeit des [[5. Jahrhundert v. Chr.|5. Jahrhunderts vor Christus]] entwickelte sich in vielen griechischen [[Polis|Poleis]] die [[Demokratie]]. Um sich selbst Meinungen zu politischen und sonstigen gesellschaftlich relevanten Fragen zu bilden und diese auch zu vertreten, wurde es notwendig, sich argumentative Prozesse zu erschließen und die eigenen Gedanken zu kommunizieren. Dies schloss umfangreiche Sachkenntnisse und eine hervorragende [[Rhetorik]] ein. (Die [[Oratorik]], die Kunst der propagandistischen Rede, war von der [[Rhetorik]] verschieden, weshalb selbst [[Plato]] als erklärter Gegner der Sophisten zwischen diesen und den [[Oratoren]] unterschied.) |
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Das Rüstzeug für die neuen Anforderungen und Möglichkeiten in Gesellschaft und Politik lieferten umherziehende Wanderlehrer, die Sophisten. Durch den Unterricht in [[Rhetorik]] (was [[Erkenntnistheorie]] und [[Argumentation]]slehre einschloß), [[Mathematik]]/[[Geometrie]], [[Grammatik]] und [[Naturwissenschaft|Naturwissenschaften]] sollten ihre Schüler befähigt werden, sich in der Gesellschaft und Politik einzubringen, einschließlich der Bekleidung von Führungspositionen. |
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Man kann durchaus behaupten, dass die Sophisten diejenigen waren, die den Lehrerberuf erstmals professionell ausübten. Ihr Ruf wurde in der Darstellung ihrer aristokratischen Gegenspieler (wie [[Plato]]) jedoch dadurch geschmälert, dass die Sophisten Geld (Lohn) für ihre Dienste nahmen. Im antiken Griechenland der vordemokratischen Zeit war Bildung ein aristokratisches Privileg, und folglich war es bis dahin nicht üblich gewesen, dass sich (aristokratische) Lehrende für ihre Tätigkeit Lohn bezahlen ließen. |
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Zu den bekanntesten Sophisten zählen [[Protagoras]] aus Abdera, [[Gorgias]] aus Leontinoi, [[Prodikos]] aus Iulis auf der Insel Keos, [[Kritias der Jüngere|Kritias]] aus Athen, [[Thrasymachos]] aus Chalkedon, [[Antiphon (Redner)|Antiphon]] aus Athen und [[Hippias von Elis]]. Als einer der Mitbegründer der Sophistik kam es Protagoras zu, sich als einer der ersten dem Sophistentum zuzuordnen. Auch [[Demokrit]] wurde hinsichtlich der Vielseitigkeit seines Werks und des Anspruchs, umfassendes Wissen in allen Sachgebieten zu erlangen, zu den Sophisten gerechnet; er gilt jedoch i.A. wegen seiner Atomlehre eher als Naturphilosoph. |
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[[Bild:Sokrates.jpg|right|Sokrates]] |
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Heute bekannt sind die Sophisten durch [[Platon]]s Absetzung gegen sie. In seinen Dialogen lässt er [[Sokrates]] als Vertreter einer reinen, nur vom Interesse nach Wahrheit geleiteten [[Philosophie]] gegen die angeblich geld- und machtgierig die Wahrheit verbiegenden Sophisten argumentieren und ihr Scheinwissen entlarven. |
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In der römischen Kaiserzeit, vor allem im 2. Jahrhundert n. Chr., knüpften Schriftsteller und Rhetoren im Osten des [[Römisches Reich|römischen Reiches]] an die griechische Kultur der klassischen Zeit an. Diese Bewegung wurde (schon in der Antike durch [[Philostrat]]) „zweite Sophistik“ genannt. Bekannte Vertreter sind z. B. [[Dio Chrysostom]], [[Herodes Atticus]] und [[Aelius Aristides]]. |
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''Siehe auch:'' [[Portal Philosophie]], [[Liste griechischer Philosophen]] |
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==Literatur== |
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*Thomas Schirren, Thomas Zinsmaier (Hrsg.): ''Die Sophisten. Ausgewählte Texte.'' Griechisch/Deutsch. Reclam, Stuttgart 2003 ISBN 3-15-018264-6 – Die wichtigsten Texte und Fragmente mit Einleitung. |
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*Thomas Buchheim: ''Die Sophistik als Anvantgarde normalen Lebens''. Meiner, Hamburg 1986 ISBN 3-7873-0687-0 – Vielzitierte, anspruchsvolle Monographie. |
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*Manfred Fuhrmann: ''Die antike Rhetorik. Eine Einführung.'' Artemis und Winkler, 4. Aufl. Zürich 1995 ISBN 3-7608-1304-6 – Knappe und leicht verständliche Darstellung, die auch die Sophistik umfasst. |
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===Weblink=== |
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* http://www.sgipt.org/wism/gb/beweis/b_rsr.htm - Beweis und beweisen in [[Rhetorik]], Sophistik und [[Rabulistik]] |
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Aktuelle Version vom 11. Juni 2011, 21:43 Uhr
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