„Dokumentarfilm“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Кадр із фільму Людина із кіноапаратом режисера Дзиги Вертова 1929.jpg|miniatur|180px|Filmaufnahmen zu ''[[Der Mann mit der Kamera (1929)|Der Mann mit der Kamera]]'' (1929) von Dsiga Wertow]] |
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Der '''Dokumentarfilm''' ist ein [[Filmkunst|Film]], in dem versucht wird, Aspekte der uns umgebenden Welt abzubilden, zu erzählen oder zu untersuchen. Im Gegensatz zum [[Spielfilm]] geschieht dies (meistens) ohne engagierte [[Schauspieler]] oder bezahlte [[Darsteller]]. An ihre [[Stelle]] treten Menschen, Orte, Situationen, die mit den erzählten Geschichten übereinstimmen. |
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'''Dokumentarfilm''' ist eine Bezeichnung für [[Fiktion#Fiktion im Verhältnis zu nicht-fiktionalen Darstellungen|nichtfiktionale]] <!-- oder Factual- -->Filme.<!-- ?? nichts zu Filmen <ref>{{Internetquelle |url=https://en.oxforddictionaries.com/definition/factual |titel=Definition of factual in English |werk=oxforddictionaries.com |hrsg=Offord University Press |sprache=en-GB |archiv-url=https://web.archive.org/web/20190123010311/https://en.oxforddictionaries.com/definition/factual |archiv-datum=2019-01-23 |abruf=2023-12-02}}</ref> --><ref name="Reclams Sachlexikon">{{Literatur |Autor=Heinz-B. Heller |Hrsg=Thomas Koebner |Titel=Reclams Sachlexikon des Films |Auflage=2 |Verlag=Philipp Reclam jun. |Ort=Stuttgart |Datum=2007 |ISBN=978-3-15-010625-9}}</ref> Es gibt verschiedene Unterformen und verwandte Filmgenres. |
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Es gibt viel eher eine große Bandbreite von verschiedenen Dokumentarfilmarten, die sich vom Versuch, ein möglichst reines Dokument zu erschaffen, bis hin zur Doku-Soap erstreckt. Dabei spielt die [[Inszenierung]] des Filmers eine große Bedeutung: Wie geht man mit den vorgefundenen Bildern um? Was wird ergänzt, verstärkt? Ein weiterer Schritt ist das Nachspielen von Szenen, die so hätten stattfinden können, oder zum [[Teil]] auch so stattgefunden haben ([[Reenactment]]). Von den [[Zuschauer]]n wiederum werden oft besonders stark inszenierte [[Bilder]] als "echt" angeschaut. |
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== Begriffsgeschichte == |
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Die Gattung des Dokumentarfilms wird wissenschaftlich als filmische Beobachtung und Bearbeitung der Wirklichkeit definiert. |
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Der Begriff sollte eine besondere Qualität des Authentischen unterstreichen. Diese stand nicht im Widerspruch zu erkennbar narrativen Überformungen der Wirklichkeit und zu inszenatorischen Eingriffen ins vorhandene „Tatsachenmaterial“. Dokumentarfilmische Authentizität ist vor allem als Rezeptionseffekt und nicht als spezifischer Wirklichkeitseindruck zu begreifen.<ref name="Reclams Sachlexikon" /> |
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An einen Dokumentarfilm wird der Anspruch erhoben, [[Authentizität|authentisch]] zu sein. Die Erwartungshaltung des Zuschauers an einen Dokumentarfilm ist anders als die Erwartung an einen Spielfilm. Bei fiktionalen Filmen erwartet der Zuschauer eine ausgedachte Erzählung – bei Dokumentarfilm erwartet der Zuschauer eine Erzählung, die auf der Wirklichkeit basiert. |
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An einen Dokumentarfilm wird der Anspruch erhoben, authentisch zu sein. Durch die Anwesenheit der [[Kamera]] und des Kamerateams wird die Situations aber immer beeinflusst, wenn auch nur geringfügig. Um dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, die Authentizität des gesehenen selbst zu beurteilen, machen seriöse Dokumentarfilme Art und Ausmaß der Beeinflussung mit geeigneten Mitteln transparent. Die Echtheit einer Dokumentation hängt aber nicht nur von Authentizität des Geschehenen ab, sondern auch von dessen Repräsentativität. Durch die Darstellung einer Szene wird bei fehlender Erläuterung implizit suggeriert, dass es sich um eine in irgend einer Weise typische Szene handelt. Auch der der "[[Blickwinkel]]" des Filmemachers und seine Kommentare werten das gezeigte. In dem Sinn gibt es keinen "echten" Dokumentarfilm. |
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Bei der Darstellung (Filmprozess) empfangen Filmemacher Zeichen der Wirklichkeit, bei der Vorstellung des Films werden Symbole ausgesendet, die die Wirklichkeit vertreten. Es geht um das filmische Einfangen von realen Menschen, realen Orten und realen Geschichten: Dokumentarfilmer brauchen das Gespür, den Blick für das wahrhaftige und unverwechselbare reale Leben.<ref>{{Literatur |Autor=Thomas Schadt |Titel=Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie im Dokumentarfilm. |Ort=Dortmund |Datum=2002 |Seiten=21 ff.}}</ref> |
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''"Für mich ist es ziemlich egal, mit welchen Mitteln ein Film arbeitet, ob er ein Schauspielerfilm ist mit inszenierten Bildern oder ein Dokumentarfilm. In einem guten Film geht es um die Wahrheit, nicht um die Wirklichkeit."'' [[Sergej Eisenstein]], 1925 |
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Der Filmtheoretiker Thomas Schadt meinte |
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Bei einigen Tierdokumentationen wird mit dressierten Tieren gearbeitet. In diesem Fall liegt keine Dokumentation im eigentlichen Sinne vor. Häufig wird die Szene aber auch durch das Drehteam bewusst beeinflusst, z.B. durch Provokation der Tiere. Hier bleibt der Charakter einer Dokumentation nur gewahrt, wenn die Beeinflussung dem Zuschauer transparent gemacht wird oder zweifellos einem typischen Ereignis (Auftauchen eines Beutetiers) entspricht. In einem berüchtigten Beispiel, dem Film |
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{{Zitat |
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''White Wilderness'', der 1958 einen Academy Award erhielt, konstruierten Techniker der Walt Disney Company einen schneebedeckten sich drehenden Tisch, um den Eindruck von wild umherirrenden Lemmingen zu erzeugen, die sich dann über eine Klippe in das Meer stürzten. Diese Täuschung beeinflußt bis heute das populäre Verständins von Lemmingen. Tatsächlich bewegen sie sich zwar zeitweise in Schwärmen, begehen aber keinen Massenselbstmord. |
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|Text=Für mich unterliegt ein Dokumentarfilm dramaturgisch ähnlichen Auflagen wie ein Spielfilm. Um den Zuschauer zu erreichen, zu fesseln, um Nähe und Identifikation herzustellen, um bewusst zu machen und nachdrücklich zu wirken, benötigt er ein Thema, einen Plot, eine Geschichte, sowie im dramaturgischen Aufbau eine rationale und/oder emotionale Logik und Motivation. |
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|Autor=Thomas Schadt |
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|Quelle=Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie des Dokumentarfilms. Dortmund 2002 |
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}} |
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Und der bedeutende Spielfilmregisseur Sergej Eisenstein schrieb 1925 |
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Der echte Dokumentarfilm unterscheidet sich von den vielen dokumentarischen Formaten durch seine journalistisch-wissenschaftliche Recherche und die Geschichte, die zumindest versucht sich der Wahrheit anzunähern bzw. die auf einer Wahrscheinlichkeit aufbaut. Entscheidendes Merkmal ist es aber, dass ein "Zeitdokument" entsteht, d.h. eine Bilderfolge die ungespielt und einmalig ist. |
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{{Zitat |
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|Text=Für mich ist es ziemlich egal, mit welchen Mitteln ein Film arbeitet, ob er ein Schauspielerfilm ist mit inszenierten Bildern oder ein Dokumentarfilm. In einem guten Film geht es um die Wahrheit, nicht um die Wirklichkeit. |
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|Autor=[[Sergei Michailowitsch Eisenstein|Sergej Eisenstein]], 1925}} |
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Der künstlerische Dokumentarfilm unterscheidet sich formal oft von vielen eher journalistischen dokumentarischen Formaten durch das Fehlen einer allwissenden Kommentarstimme. |
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Vermehrt gibt es auch TV-Sendungen, die dem Zuschauer massiv suggerieren, es würde sich um eine Dokumentation handeln, obwohl tatsächlich nach einem [[Drehbuch]] oder ähnlichem gespielt wird (siehe [[Pseudo-Doku]]). |
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<!-- https://filmlexikon.uni-kiel.de/doku.php/d:dokumentarfilm-127 --> |
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Der [[experiment]]elle Dokumentarfilm als Untergattung des [[Experimentalfilm]]s benutzt spielerisch Elemente und Konventionen des Dokumentarfilms. |
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== Arten des Dokumentarfilms == |
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Es gibt verschiedene Formen von Dokumentarfilmen, die nach der Gestaltung, der Absicht oder dem hauptsächlichen Inhalt unterschieden werden können. |
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=== Nach der formalen strukturellen Gestaltung === |
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Es gibt recht unterschiedliche Formen der strukturellen Gestaltung eines Dokumentarfilms |
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* ''[[Direct Cinema]]'', in den 1960er Jahren in den USA entstanden, der Filmemacher und sein Kamerateam machen sich so wenig präsent wie möglich, es wird nur das Geschehen gefilmt, ohne Eingriffe des Filmteams, die konsequenteste Form wäre die versteckte Kamera oder eine installierte Kamera ohne anwesende Person |
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* ''[[Cinéma vérité]]'', in den 1960er Jahren entstanden, hier ist der Filmemacher Teil des Geschehens, er lenkt dieses auch bei Bedarf und provoziert sogar mitunter Reaktionen der Beobachteten, die diese eigentlich gar nicht beabsichtigt hatten zu zeigen; wird bei ''Porträtfilmen'' oft verwendet |
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* Interviewfilm, der überwiegend oder vollständig aus einem Interview mit einer oder mehrerer Personen, häufig nur in einem Raum |
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* Inszenierte Dokumentarfilmszenen, bei denen die dargestellten Personen ihre eigenen Alltagshandlungen nachspielen, also zum Beispiel laufen sie auf der Straße, nachdem der Regisseur sie dazu aufgefordert hat; wird in der Gegenwart sehr häufig in Reportagen verwendet |
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* Mischformen aus diesen, dazu gehören auch semidokumentarische Filme mit Spielfilmszenen, die keine ''reinen'' Dokumentarfilme mehr sind |
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* [[Kompilationsfilm]], zusammengestellt aus vorhandenem Archivmaterial, selten in reiner Form vorhanden |
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<!-- Der Fall der Dynastie Romanov 1927 ;Der gewöhnliche Faschismus, Michail Romm,'Point of Order 1964 Emile de Antonio; The Atomic Café ; The Last Cigarette 1999 Kulenkampffs Schuhe 2018 --> |
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* Experimenteller Dokumentarfilm, als Untergattung des [[Experimentalfilm]]s, mit ungewöhnlichen Gestaltungselementen |
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<!-- [[Datei:Man with a camera 1929 2.png| miniatur|Aufnahme aus ''Der Mann mit der Kamera'' (1929), von Dsiga Wertow]] --> |
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Der Filmkritiker [[Bill Nichols (Filmkritiker)|Bill Nichols]] unterschied diese Formen (''mode'') des Dokumentarfilms<ref>{{Literatur |Autor=Bill Nichols |Titel=Introduction to Documentary |Ort=Indiana |Datum=2001}}</ref> |
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* ''Poetic mode'': impressionistische, experimentelle, an der Avantgarde orientierte Form des Dokumentarfilms (Beispielsweise [[Dsiga Wertow|Dsiga Vertov]]: [[Der Mann mit der Kamera (1929)|Der Mann mit der Kamera]], 1929) |
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* ''Expository mode'': illustrierende, logischen und narrativen Ordnungen folgende Darstellung von sozialen Themen, Aufklärung (Beispielsweise [[John Grierson]]: [[Drifters (Film)|Drifters]], 1929) |
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* ''Observational mode'': Tradition des [[Direct Cinema|direct cinema]], reine Beobachtung |
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* ''Reflexive mode'': Tradition des [[cinéma vérité]], selbstreflexiver Stil (das Medium reflektiert sich selbst) |
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* ''Performative mode'': subjektiv aus der Perspektive des Filmemachers erzählte Filme über die eigene Realität, Selbstversuche (Beispielsweise [[David wants to fly]], 2010, oder [[Vergiss mein nicht (2012)|Vergiss mein nicht]], 2012) |
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=== Nach inhaltlichen Kriterien === |
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Dokumentarfilme können verschiedene Inhalte und Absichten haben, die Zuordnungsgrenzen sind dabei fließend |
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* [[Porträtfilm]], Darstellung einer Person, Institution, oder ähnlichem |
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* Reportage, Darstellung einer Gegend, Situation, eines Ereignisses, oder ähnlichem |
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* Dokumentation, Darstellung von historischen Inhalten, mit ausführlicheren Hintergründen |
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* [[Lehrfilm]], Darstellung von Sachverhalten aus Naturwissenschaft, Geschichte, Technik oder ähnlichem zur direkten Wissensvermittlung, für Lehranstalten, aber auch für die private Fortbildung oder zur gezielten Information der Bevölkerung durch offizielle Behörden |
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* [[Essayfilm]], zurückhaltene, reflektierende, eher philosophische Gestaltung des Films <!-- Offstimme verliert ihren offiziösen, pseudoobjektiven Charakter |
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Guy Debord, Chris Marker, Raoul Peck, Harun Farocki, Dominik Graf 2000 München – Geheimnisse einer Stadt --> |
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* [[Naturfilm]], der überwiegend Tiere, Pflanzen, Landschaften zeigt |
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Es können auch investigative Dokumentarfilme, Propagandafilme und weitere formale Kriterien wie Kinofilme, Fernsehfilme, Filme auf Streamingplattformen, und weiteres unterschieden werden. |
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=== Verwandte Formen === |
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Einige Filme ahmen zwar Dokumentarfilme nach, sind aber reine Spielfilme |
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* [[Doku-Drama]], tatsächliche Geschehnisse werden von Schauspielern nachgespielt, meist sehr stark abweichend von den tatsächlichen Einzelheiten |
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* [[Mockumentary]] ein meist satirisch initiierter vorgetäuschter Dokumentarfilm, der vollständig inszeniert ist |
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* [[Scripted Reality]] eine vorgetäuschte Dokumentation, die aber nicht parodiert, sondern imitiert<ref>{{Webarchiv |url=http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/content/3517136?documentId=4665608 |wayback=20100618113743 |text=''Zapp''}}, ARD-Sendung vom 9. Juni 2010.</ref> |
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== Geschichte == |
== Geschichte == |
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=== 1895–1918 === |
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Die ersten "bewegten Bilder" waren per [[Definition]] Dokumentarfilme. Es waren einzelne Einstellungen, die [[Moment]]e aus dem Leben auf Film bannten (Der Zug, der in den Bahnhof einfährt, das andockende Boot, die Arbeiter, die die Fabrik verlassen, siehe [[Brüder Lumière]]). Im frühen Film, Ende [[19. Jahrhundert]] dominierte immer noch die Darstellung von Ereignissen. Es wurden kaum Geschichten erzählt, dies vor allem auf Grund technischer Grenzen: Die Kameras waren groß und hatten nur Platz für wenig Filmmaterial. |
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[[Datei:L'Arrivée d'un train en gare de La Ciotat (1897) par les frères Lumière.webm| miniatur|150px|''[[Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat]]'' (1895), einer der ersten Filme der Brüder Lumière]] |
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[[Image:Poech.jpg|right|frame|Rudolf Pöch]] |
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[[Datei:Boxing Kangaroo (1895).webm|miniatur|150px|''[[Das boxende Känguruh]]'' (1895), von Max Skladanowsky]] |
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Als Pionier des Dokumentarfilms gilt unter anderem der [[österreich]]ische [[Ethnograph]] [[Rudolf Pöch]], dem [[1901]]-[[1906]] sensationelle Aufnahmen der [[indigen]]en Völker [[Neuguinea]]s in Bild und Ton gelangen. |
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Die ersten bewegten Bilder waren Dokumentarfilme: einzelne Einstellungen, die Momente aus dem Leben auf Film bannten, zuerst ''[[Arbeiter verlassen die Lumière-Werke]]'' (1895) der französischen [[Brüder Lumière]], kurz danach das ''[[Wintergartenprogramm]]'' der [[Max Skladanowsky|Brüder Skladanowsky]] in Berlin.<ref>Uli Jung, Martin Loiperdinger (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 1. Kaiserreich (1895–1918)''. Reclam, Stuttgart 2005 ([https://mediarep.org/server/api/core/bitstreams/ab44eb55-e53c-4eb6-9248-02ed6a799a8d/content PDF]); detaillierte historische Darstellung, mit wissenschaftlichen Aufsätzen.</ref> Im frühen Film dominierte die Darstellung von Ereignissen. Vor allem auf Grund technischer Grenzen wurden kaum Geschichten erzählt: Die großen Kameras hatten nur Platz für wenig Filmmaterial. |
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Der österreichische Ethnograph [[Rudolf Pöch]] konnte zwischen 1901 und 1906 wertvolle Aufnahmen der indigenen Völker Neuguineas in Bild und Ton bannen. |
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Seit 1907 gab es [[Wochenschau]]en, zuerst in Frankreich, dann in anderen Ländern, die über wichtige oder interessante Ereignisse aus Gesellschaft und Politik berichteten (''[[Besuch des englischen Königspaares in Berlin am 9.2.1909]]''). |
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Zwischen 1914 und 1918 wurden diese im Ersten Weltkrieg in den verschiedenen Ländern vor allem mit Propagandainhalten gezeigt, einige davon gezielt für das Ausland.<ref>Thomas Bräutigam, ''Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms'', Marburg 2019, S. 11; mit kurzer Einführung in die Geschichte des Dokumentarfilms.</ref> |
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In [[Sowjetrussland]] wurden nach der Oktoberrevolution von 1917 Wochenschauen vor allem genutzt, die neue gesellschaftliche Entwicklung im Lande zu unterstützen. <!-- Als wichtigster Regisseur entwickelte sich bald [[Dsiga Wertow]], der später zu einem der wichtigsten experimentellen Dokumentarfilmer dieser Zeit wurde. 1921 Dokumentarfilmergruppe ''Kinoki'' gegründet , ab Februar 1922 die monatlich Ereignisschau ''Kino-Prawda'' --> |
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=== 1918–1933 === |
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[[Datei:Leni Riefenstahl, 1925.jpg|miniatur|150px|''[[Wege zu Kraft und Schönheit]]'' (1926), mit Leni Riefenstahl]] |
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Im Deutschen Reich entwickelte die [[UFA]] um 1919 eine besondere Abteilung, die ''[[Kulturfilm]]e'' produzierte, populärwissenschaftliche Lehrfilme aus Wissenschaft, Natur, Medizin, Literatur und weiteren Themenbereichen, die als Vorfilme zu Spielfilmen im Kino gezeigt wurden.<ref>Klaus Kreimeier, Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2. Weimarer Republik''. Reclam, Stuttgart 2005 ([https://mediarep.org/server/api/core/bitstreams/7391d7c9-ceee-4b37-a3fe-51720ca84f2a/content PDF]).</ref> Dabei entstanden auch die ersten längeren deutschen Dokumentarfilme wie ''[[Das Wunder des Schneeschuhs]]'' (1921) von Arnold Fanck, als weltweit erster Dokumentarfilm in Spielfilmlänge<ref>{{Literatur |Autor=Ingo Kammerer, Matthis Kepser |Titel=Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Eine Einführung. |Hrsg=Ingo Kammerer, Matthis Kepser |Sammelwerk=Dokumentarfilm im Deutschunterricht |Verlag=Schneider Verlag |Ort=Hohengehren |Datum=2014 |ISBN=978-3-8340-1415-3 |Seiten=11-72, hier S. 27, Anm. 19.}}</ref>, der sehr freizügige ''[[Wege zu Kraft und Schönheit]]'' (1926) von Wilhelm Prager und der Evolutionsfilm ''[[Natur und Liebe]]'' (1927). |
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In den USA produzierte [[Robert J. Flaherty]] den abendfüllenden ethnographischen Film ''[[Nanuk, der Eskimo]]'' (1922), der allerdings viele inszenierte Szenen enthält, einige sogar bewusst vom Regisseur ''naturalisiert'', so musste der Hauptdarsteller traditionelle Jagdgeräte verwenden, obwohl er ein Gewehr besaß. <!-- Er ließ ein halbes Iglu errichten, damit die Kamera das Leben innerhalb des Iglus filmen konnte. Flaherty wurde damals für seine Arbeitsweise kritisiert. --><ref>{{Internetquelle |url=http://cinema.arte.tv/de/artikel/nanuk-der-eskimo-dienstag-02-dezember-um-030-uhr |titel=Nanuk, der Eskimo |werk=cinema.arte.tv |hrsg=Arte |datum=2018-12-02 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180612143302/http://cinema.arte.tv/de/artikel/nanuk-der-eskimo-dienstag-02-dezember-um-030-uhr |archiv-datum=2018-06-12 |abruf=2023-12-02}}</ref> <!-- Flahertys Film gilt als Anstoß der Diskussion um die Authentizität des Dokumentarfilms im Sinne einer unverfälschten Wiedergabe der Realität. --> |
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Seit Mitte der 1920er Jahre entstanden in mehreren europäischen Ländern einige innovative künstlerisch sehr hochwertige Dokumentarfilme, die das Leben in Großstädten möglichst authentisch darstellen wollten. So zeigte ''[[Rien que les heures]]'' (1926) von [[Alberto Cavalcanti]] einen Tag in Paris, ''[[Berlin: Die Sinfonie der Großstadt]]'' (1927) von [[Walter Ruttmann]] und ''[[Markt in Berlin]]'' (1929) eindrucksvolle Bilder aus der deutschen Reichshauptstadt. |
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[[Datei:Man with a Movie Camera by Dziga Vertov.jpg|miniatur|150px|Szene aus ''Der Mann mit der Kamera'' (1929) von Dziga Vertov]] |
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Einer Höhepunkt des Dokumentarfilms in dieser Zeit war ''[[Der Mann mit der Kamera (1929)|Der Mann mit der Kamera]]'' (1929) von [[Dsiga Wertow]], der mit experimentellen Mitteln verblüffende Bilder schuf und als einer der wichtigsten Dokumentarfilme seiner Art gilt.<!-- Mit ihrem hochartifiziellen, teilweise expressionistischen oder verfremdenden Ansatz überschreiten diese Frühformen --> |
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In Großbritannien verwendete [[John Grierson]] in seinem Film ''[[Drifters (Film)|Drifters]]'' (1929) über die Heringsfischrrei in der Nordsee vor allem spontane, nicht inszenierte Aufnahmen, da diese das Leben unmittelbarer spiegelten. 1932 beschrieb er seine ''First Principles of Documentary'' und verwendete damit erstmals den Begriff ''documentary'' für eine bestimmte Art von Filmen. Er begründete die neue Dokumentarfilmbewegung in |
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Großbritannien und Kanada. <!-- Robert Flahertys Film ''[[Moana (Film)|Moana]]'' (1926) habe „dokumentarischen Wert“. Er beschrieb einige Orientierungslinien für den Dokumentarfilm, das Leben zu beobachten, konnte so zu einer neuen Kunstform geführt werden; der ‘ursprüngliche’ Darsteller und die ‘echte’ Szene seien besser geeignet die moderne Welt zu interpretieren als die Fiktion und das roh gewonnene Material sei realer als das Gespielte. ähnlich zu Wertows Verachtung für den ‘bürgerlichen’ Spielfilm. Essays hatte [[Dsiga Wertow]] dafür plädiert, das Leben zu zeigen „wie es ist“, das unbeobachtete oder überraschte Leben. --> |
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Die Einführung von [[Tonfilm]]en seit etwa 1930 bot zwar für den Dokumentarfilm neue Möglichkeiten, sie war aber anfangs schwer zu handhaben, da die technische Entwicklung noch nicht besonders weit fortgeschritten war.<!-- Zimmermann, Geschichte des Dokumentarfilms in Deutschland,'' 2022, S. 300 (ca.) --> |
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=== 1933–1945 === |
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{{Siehe auch| Liste deutscher Dokumentarfilme aus der Zeit des Nationalsozialismus}} |
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Seit 1933 wurden im Deutschen Reich die Kulturfilme zu den verschiedensten Themen weitergeführt.<ref>Kay Hoffmann, Peter Zimmermann (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 3. Drittes Reich (1933–1945)''. Reclam, Stuttgart 2005 [https://mediarep.org/server/api/core/bitstreams/9f1e0592-c5ca-4413-9730-6fabd4b50ae8/content PDF].</ref> Ihre Anzahl übertraf die der Spielfilme bei weitem. |
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[[Leni Riefenstahl]] entwickelte besonders in ihren Dokumentationen ''[[Triumph des Willens]]'' und ''[[Olympia (Film)|Olympia]]'' (1936/38) ungwöhnliche Blickperspektiven, die trotz ihrer ideologischen Ausrichtung bis in die Gegenwart als künstlerisch hochwertig eingestuft werden. |
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Die ''Wochenschauen'' wurden in den folgenden Jahren zunehmend ideologischer, während die meisten Kulturfilme durch die Verantwortlichen bewusst unpolitisch gehalten wurden, was von der Bevölkerung sehr geschätzt wurde. |
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Die meisten dieser Filme waren aber aus heutiger Perspektive künstlerisch nicht bedeutend. |
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<!-- Die Dokumentarfilmproduktion wurde nach 1933 stärker gefördert als zuvor und gezielt ausgebaut. Die Produktion nichtfiktionaler, v. a. pädagogischer Filme überstieg die Spielfilmproduktion zahlenmäßig bei weitem. Abgesehen von den Filmen von Leni Riefenstahl und [[Walter Ruttmann]] sind die meisten dieser Kulturfilme ''filmgeschichtlich'' heute jedoch kaum noch interessant. --> |
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Auch in anderen Ländern wurden Dokumentarfilme vermehrt für die Propaganda im Zweiten Weltkrieg genutzt. |
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In den USA schuf [[Frank Capra]] mit ''[[Why We Fight]]'' (1942–1945) eine siebenteilige Filmreihe, die im Auftrag der Regierung das heimische Publikum von der Notwendigkeit überzeugen sollte, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten |
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=== 1945–1960 === |
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<!-- Nach der Befreiung der Konzentrationslager in Deutschland 1945 fertigten besonders die US-amerikanische Besatzungsbehörden Dokumentarfilmaufnahmen davon an, was sie dort vorgefunden hatten und nötigten die deutsche Bevölkerung in einigen Gebieten, diese anzusehen. --> |
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1953 schuf der US-Amerikaner [[James Algar]] mit ''[[Die Wüste lebt]]'' einen der erfolgreichsten Tierfilme. Durch seine hohe ästhetische Qualität (Schnitt, Musik) wurde dieser Film zum Ausgangspunkt eines neuen Genres von Tierfilmen, die besonders ein Familienpublikum ansprachen. |
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Auch in der Bundesrepublik Deutschland waren Tier- und Naturfilme in dieser Zeit die erfolgreichsten und qualitativ hochwertigsten, darunter ''Kein Platz für wilde Tiere'' (1956) und ''Serengeti darf nicht sterben'' (1959) von Bernhard und Michael Grzimek, der als erster deutscher Dokumentarfilm einen Oscar erhielt. Weitere bekanntere Naturfilmer waren in dieser Zeit die Deutschen Hans Hass und Heinz Sielmann sowie der Franzose Jacques-Yves Cousteau, der mit ''Lichter unter Wasser'' (1952) als einer der ersten einen Film mit Unterwasseraufnahmen machte. |
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Die Filme in den westdeutschen Wochenschauen wurden von der Regierung Adenauer kontrolliert und beeinflusst. In vielen Ländern entstanden in dieser Zeit mit der Gründung vion Fernsehanstalten (in der BRD 1952) eine Konkurrenz zum Kinofilm, deren Bedeutung in den folgenden Jahrzehnten weiter zunahm. |
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=== 1960–2000 === |
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1960 entwickelte sich in Frankreich die Richtung des ''[[cinéma vérité]]'', vor allem mit dem Film <!-- Direct? |
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''[[Harlan County, U.S.A.]]'' 1976 ([[Barbara Kopple]]), ''[[Dont Look Back]]'' 1967 ([[D. A. Pennebaker]]), ''[[Lonely Boy]]'' 1962? ([[Wolf Koenig]] und [[Roman Kroitor]]) --> ''[[Chronique d’un été]] '' von [[Jean Rouch]]. Bei dieser ist das Filmteam Teil des Geschehens, das aufgenommen wird, und beeinflusst dieses gegebenenfalls auch durch sein Verhalten. |
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Im gleichen Jahr entwickelte sich in den USA die Richtung des ''[[Direct Cinema]]'', die sich dagegen darum bemüht, im Hintergrund zu bleiben, und das Geschehen möglichst unbeeinflusst aufnehmen zu können. <!-- Diese bemühte sich, die Kamera und den Regisseur möglichst weit in den Hintergrund zu setzen, dass diese schrinbar kaum kaum Einfluss auf das gefilmte Geschehen haben. --> |
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<!-- Direct Cinema, Pionieren [[Richard Leacock]], [[Frederick Wiseman]], [[D. A. Pennebaker|Donn Alan Pennebaker]] Brüder [[Albert Maysles|Albert]] und [[David Maysles]]<ref>{{Internetquelle |autor=Knut Elstermann |url=https://www.berliner-zeitung.de/der-dokumentarist-albert-maysles-wird-80-jahre-alt-handkamera-direkter-blick-und-anteilnahme-li.6436 |titel=Der Dokumentarist Albert Maysles wird 80 Jahre alt: Handkamera, direkter Blick und Anteilnahme |werk=[[Berliner Zeitung]] |datum=2006-11-25 |sprache=de |abruf=2020-08-30}}</ref> Kopple und Pennebaker Minimum an Einmischung , während Rouch, Koenig und Kroitor bewusst intervenieren und Reaktionen provozieren. |
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Im Cinéma vérité wird Filmen als Forschungsprozess über das Zusammenspiel von Filmemacher, Kamera und Objekt verstanden, wobei die Kamera alle Handlungen selbst provoziert, die sie aufzeichnet. --> |
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Beide Richtungen prägten in den folgenden Jahrzehnten die Gestaltung von Dokumentarfilmen, wobei das aktiv eingrreufende ''Cinéma verité'' sich mehr durchsetzte. |
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In dieser Zeit entstanden in vielen westlichen Ländern gesellschaftskritische Filme mit verschiedenen Schwerpunkten. |
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In der Bundesrepublik Deutschland gehörten [[Peter Nestler (Regisseur)|Peter Nestler]], [[Eberhard Fechner]] und [[Klaus Wildenhahn]] <!-- sowie in 1960er Jahren die Stuttgarter Schule in der Dokuabteilung des süddeutschen Rundfunks --> zu den aktivsten kritischen Dokumentarfilmern. Zu deren Themen gehörten vor allem kritische Alltagsbeschreibungen von ''einfachen Leuten'', sowie das Aufzeigen von gesellschaftlichen Missständen. Einer der bekanntesten Filme aus dieser Zeit war ''[[Der Polizeistaatsbesuch]]'' (1967) von [[Roman Brodmann]], der den Besuch des persischen Schahs in West-Berlin, die Studentenproteste dagegen sowie die Erschießung von Benno Ohnesorg zum Inhalt hatte. Seit ''[[Septemberweizen]]'' (1980) von von Peter Krieg wurden auch Globalisierungsthemen kritisch beschrieben. |
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<!-- In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde der Dokumentarfilm oft als politische Waffe im Kampf gegen den [[Neokolonialismus]] beziehungsweise den Kapitalismus im Allgemeinen verstanden, besonders in Lateinamerika. --> |
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Der argentinische Film ''La Hora de los hornos'' (''[[Die Stunde der Hochöfen ]]'', 1968) von [[Octavio Getino]] und [[Pino Solanas|Fernando E. Solanas]] begründete eine neue Richtung von kapitalismus- und neokolonialismuskritischen Filmen in Lateinamerika und beeinflusste eine ganze Generation von Filmemachern. |
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Seit 1990 entstanden einige Filme ostdeutscher Filmemacher, die die neuen Möglichkeiten nutzten, über die Gegenwart, die Ereignisse der Jahre 1989/1990 und Aspekte der schwierigen Vergangenheit unbehindert darzustellen. |
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=== Seit 2000 === |
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Mit dem Film ''[[Bowling for Columbine]]'' (2002) von [[Michael Moore]], der sehr aktiv die Politik der damaligen US-amerikanischen Regierung krisierte, und der sehr erfolgreich war, stieg das Interesse US-amerikanischer Filmgesellschaften an Dokumentarfilmen. So wurden in den folgenden Jahren einige mit einem großen finanziellen und technischen Aufwand produziert, von denen ''[[Fahrenheit 9/11]]'' (2004) ebenfalls von Michael Moore, die Rekordeinnahmen von 227 Millionen Dollar einspielte. |
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Die Themen dieser teuer produzierten Dokumentarfilme sind zumeist Politskandale, gesellschaftliche Katastrophen der jüngeren Vergangenheit und aufwändig gestaltete Naturfilme. |
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In der Zeit der geschlossenen Kinos 2020/2021 wurden auch einige Dokumentarfilme nur auf der Streamingplattform Netflix sehr erfolgreich gezeigt (''Ich bin Celine Dion''). |
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<!-- Filmproduzentin Kathrin Lemme ''Eisenfresser'' [[Shaheen Dill-Riaz]] den [[Grimme-Preis]] 2010 |
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Siehe auch: [[Liste politischer Dokumentarfilme]] |
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semidokumentarische Film ''[[Die Hellstrom-Chronik]]'' 1972 bester Dokumentarfilm Oscar // |
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Produzent Hans Domnick Dokumentarfilm ''Panamericana – Traumstraße der Welt'' (1958–1961), Berlinale 1961 Silbernen Bären. |
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Einige Tierdokumentationen arbeiten mit dressierten Tieren. |
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Hier bleibt der Charakter einer Dokumentation nur gewahrt, wenn das dem Zuschauer transparent gemacht wird oder zweifellos einem typischen Ereignis (Auftauchen eines Beutetiers) entspricht. In einem berüchtigten Negativbeispiel ''[[Weiße Wildnis]]'', der 1958 einen [[Oscar|Academy Award]] erhielt, konstruierten Techniker der [[The Walt Disney Company|Walt Disney Company]] einen schneebedeckten sich drehenden Tisch, um den Eindruck von wild umherirrenden [[Echte Lemminge|Lemmingen]] zu erzeugen, die sich dann über eine Klippe in das Meer stürzten. Die Täuschung prägt bis heute das Verständnis von Lemmingen. Tatsächlich bewegen sie sich zwar zeitweise in Schwärmen, unterlassen aber Massenselbstmord. |
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Walbur Wright und seine Flugmaschine, 1909, erste bewegte Luftaufnahmen aus einem Flugzeug, GB? https://kmkb.de/glossar/dokumentarfilm/ --> |
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== Besondere Dokumentarfilme == |
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=== Nicht deutschsprachigee Dokumentarfilme === |
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Zu den wichtigsten nichtdeutschsprachigen Dokumentarfilmen gehörten (sehr hohe Zuschauerzahlen oder mindestens zehn Preise oder besondere filmgeschichtliche Bedeutung)<ref>[https://academy.wedio.com/de/beruhmte-dokumentarfilmemacher/ ''Die 50 wichtigsten Dokumentarfilme Die besten 50 Dokumentarfilme.''] In: [[Moviepilot]], einige dieser Filme waren tatsächlich bedeutend.</ref> |
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'''Flaherty''' Im [[Jahr]] [[1922]] produzierte [[Robert J. Flaherty]] den ersten abendfüllenden Dokumentarfilm, "[[Nanook of the North]]". Schon in diesem Film verabschiedete sich der Dokumentarfilm von der "Wahrheit": Zahlreiche Inszenierungen und Anweisungen des [[Regisseur]]s wurden zur besseren [[Unterhaltung]] und zum Darstellen eines vermeintlich "stimmigeren" Bildes eingesetzt. So bestand Flaherty darauf, dass kein Gewehr im Film vorkommt, obwohl sich die [[Inuit]] schon lange an dessen Gebrauch gewöhnt hatten. An einer anderen Stelle wurde ein halber Iglu errichtet, so dass die Kamera das Leben innerhalb des Iglus filmen konnte. Die Darsteller, obwohl nicht [[Schauspieler]], "spielten" die Handlung für die [[Kamera]]. Der Bau des Iglus ohne Dach für Innenaufnahmen war dazu bestimmt, sich dem damaligen Stand der Technik anzupassen. |
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| 1895 || [[Arbeiter verlassen die Lumière-Werke]] || Brüder Lumière || Frankreich || erster öffentlich gezeigter Film weltweit |
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| 1922 || [[Nanuk, der Eskimo]] || Robert J. Flaherty ||USA || erster abendfüllender Dokumentarfilm außerhalb Deutschlands, mit nachgespielten Szenen |
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| 1926 || [[Nichts als die Zeit]] || Alberto Cavalcanti || Frankreich || Aufnahmen über einen Tag lang in Paris |
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| 1927 ||[[Der Mann mit der Kamera (1929)|Der Mann mit der Kamera]] || Dsiga Wertow ||UdSSR || einer der innovativsten Dokumentarfilme der Filmgeschichte |
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| 1929 || [[Drifters (Film)|Drifters]] || John Grierson || Großbritannien || über Fischfang in der Nordsee, Beginn der Dokumentarfilmbewegung in Großbritannien |
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| 1942–1945 || [[Why We Fight]] || Frank Capra || USA || siebenteilige Propagandareihe durch die US-Regierung für die Unterstützung des Kampfes im Zweiten Weltkrieg, etwa 54 Millionen Zuschauer |
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| 1953 ||[[Die Wüste lebt]], || James Algar|| USA || erfolgreichster Tierfilm dieser Zeit |
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| 1958 || [[Nacht und Nebel (Film)|Nacht und Nebel]] || Anatole Dauman || Frankreich || erster umfassender Dokumentarfilm über Vernichtungslager in Europa |
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| 1966 || [[Die schweigende Welt]] || Jacques-Yves Cousteau, Louis Malle || Frankreich || erster Unterwasserfilm |
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| 1968 ||[[Die Stunde der Feuer]] || Claudio Getino, Fernando Solanas|| Argentinien || wichtigster Dokumentarfilm in Lateinamerika |
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| 1982 || [[Koyaanisqatsi]] || Godfrey Reggio || USA || nur Landschaften und Städte, ohne gesprochene Texte |
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| 1985 || [[Shoah (Film)|Shoah]]|| Claude Lanzman || Frankreich || über Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg |
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| 2002 ||[[Bowling for Columbine]] || Michael Moore || USA || gegen Politik der US-Regierung, erfolgreichster Dokumentarfilm zu dieser Zeit |
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| 2004 || [[Fahrenheit 9/11]]|| Michael Moore|| USA || über den Anschlag vom 11. September 2001 und dessen Folgen, erfolgreichster Dokumentarfilme zu dieser Zeit |
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| 2005 ||[[Die Reise der Pinguine]]|| Luc Jacquet,|| Frankreich || Naturfilm, vierterfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten |
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|- <!-- | 2006 ||[[Eine unbequeme Wahrheit]] || ||USA ||| mit Al Gore |
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| 2007 ||[[Unsere Erde – Der Film|Unsere Erde]] || Alastair Fothergill, Mark Linfield || USA || an über 200 Orten weltweit, einer der erfolgreichsten Naturfilme |
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| 2009 || [[Michael Jackson’s This Is It]] || Kenny Ortega || USA || erfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten, mit 267 Millionen US-Dollar Einnahmen<ref>''List of the highest-grossing documentary films'', auf en Wikipedia, mit den einnahmestärksten Dokumentarfilmen aller Zeiten.</ref> |
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| 2012 || [[Searching for Sugar Man]] || Malik Bendjelloul || Schweden, Großbritannien || über zwei südafrikanische Fans, die nach einem US-Sänger suchen, etwa 25 Preise |
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| 2014 ||[[Citizenfour]] || Laura Poitras || USA ||über den Whistleblower Edward Snowden, Oscar und zahlreiche weitere Preise |
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| 2014 || [[The Look of Silence]] || Joshua Oppenheimer || Dänemark || über Massaker in Indonesien 1966/1967, über 40 Preise |
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| 2016 || [[Der 13.]] || Ava DuVernay || USA || über Rassismus und Gefängnisinsassen in den USA, über 20 Preise |
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| 2020 || [[Mein Lehrer, der Krake]] || Pippa Ehrlich, James Reed || Südafrika || über Begegnungen mit einem Oktopus, 20 Preise, darunter Oscar |
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| 2023 || [[20 Tage in Mariupol]] || Mstyslaw Tschernow || Ukraine || unmittelbare Darstellung des Beginns des Krieges in der Stadt mit vielen Zerstörungen; etwa 30 Preise |
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| 2024 || [[All That Breathes]] || Shaunak Sen || Indien || über zwei junge Menschen in Neu Delhi, die verletzte Vögel einsammeln, etwa 20 Preise |
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| 2024 ||[[No Other Land]] || || Palästina, Norwegen ||über den Alltag in Palästina, Oscar und über 20 Preise |
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=== Deutschsprachigee Dokumentarfilme === |
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Später wurden Inszenierungen, die dem Zuschauer verheimlicht werden, als unethisch und dem Wesen des Dokumentarfilms widersprechend erachtet. |
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{{Siehe auch|Liste deutscher Dokumentarfilme}} |
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Zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dokumentarfilmen gehören<ref>[https://www.goethe.de/ins/ru/de/kul/mag/21278951.html ''Die zehn wichtigsten deutschen Dokumentarfilme.''] In: [[Goethe-Institut]], von Uli Gaulke, Dokumentarfilmer und Juryvorsitzender.</ref><ref>Thpmas Bräutigam, ''Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms'', Marburg 2019 [https://books.google.no/books?id=DmrWDwAAQBAJ&pg=PA Auszüge]; mit etwa 100 Filmen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg.</ref><!-- BITTE bei neuen Eintragungen nur nachgewiesen besonders bedeutende Filme --> |
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'''Wochenschau und Propaganda''' |
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Die [[Wochenschau]]-Tradition ist eine wichtige Tradition des Dokumentarfilms. Auch die für die Wochenschau gefilmten Ereignisse wurden oft nachgestellt, aber selten frei erfunden. Zum Beispiel wurden viele Kampfszenen nachgestellt, da der Kameramann gewöhnlich erst nach der Schlacht erschien. [[Dsiga Wertow]] arbeitete nach der Oktoberrevolution an der Kino-Pravda mit. |
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[[Frank Capra]]'s ''[[Why We Fight]]'' Serie war eine Wochenschau-Serie, die von der Regierung der USA in Auftrag gegeben wurde, um das heimische Publikum von der Notwendigkeit Krieg zu führen, zu überzeugen. Einer der berüchtigsten [[Propaganda]]-Filme ist [[Leni Riefenstahl]]'s Film ''[[Triumph des Willens]]''. |
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'''Thema Stadt''' |
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! Jahr |
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Die europäische realistische Tradition konzentrierte sich auf städtische Umgebungen in Filmen wie Berlin - Symphonie einer Großstadt von [[Walter Ruttmann]], ''[[Rien Que Les Heurs]]'' von [[Alberto Cavalcanti]] (1926) und ''[[Der Mann mit der Kamera]]'' von [[Dsiga Wertow]]. |
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! Titel |
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! Regisseur |
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! Land |
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! Bemerkungen |
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| 1895 || [[Wintergartenprogramm]] || Max Skladanowsky || Deutsches Reich || erste öffentlich aufgeführte Filme im Deutschland |
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| 1926 || [[Wege zu Kraft und Schönheit]] || Wilhelm Prager || Deutsches Reich || Plädoyer für gesunde körperliche Bewegung, zweitwichtigster Dokumentarfilm der Weimarer Republik |
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| 1927 || [[Berlin – Die Sinfonie der Großstadt]] || Walter Ruttmann || Deutsches Reich || Aufnahmen aus Berlin, mit rhythmischer Gestaltung der Bilder, einer der künstlerisch bedeutendsten deutschen Dokumentarfilme überhaupt |
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| 1936/38 || [[Olympia (Film)|Olympia]] || Leni Riefenstahl || Deutsches Reich || mit ungewöhnlicher Blickwinkel und formalen Gestaltungen |
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| 1956 || [[Serengeti darf nicht sterben]] || Bernhard und Michael Grzimek || BR Deutschland || Naturfilm, erster deutscher Dokumentarfilm mit einem Oscar |
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| 1961–2007 || [[Die Kinder von Golzow]] || Winfried und Barbara Junge || DDR, dann Deutschland || Langzeitdokumentation über Bewohner eines Dorfes in der Uckermark |
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| 1967 || [[Der Polizeistaatsbesuch]] || Roman Brodmann || BR Deutschland ||über umstrittenen Shahbesuch in West-Berlin, wichtiger gesellschaftskritischer Film in dieser Zeit |
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| 1978 || [[Deutschland im Herbst]] || Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge, und acht weitere || BR Deutschland || über Gesellschaft zur Zeit der RAF |
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| 1988 || [[Winter adé]] || Helke Misselwitz || DDR || ungewöhnlich kritischer Film über Frauen in der DDR |
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| 1988 || [[Flüstern und Schreien]] || Dieter Schumann || DDR || |
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| 1999 || [[Buena Vista Social Club (Film)|Buena Vista Social Club]] || Wim Wenders || Deutschland || über kubanische Band mit über 80-jährigen Musikern, mehrere Preise |
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| 2001 || [[Black Box BRD]] || Andreas Veiel || Deutschland || über RAF, mehrere Preise |
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| 2004 || [[Darwin's Alptraum]] || Hubert Sauper || Österreich, Frankreich, Belgien || über ökologische Katastrophe am Victoria-See in Tansania, über 500.000 Zuschauer, viele Preise |
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| 2005 || [[We Feed the World]] || Erwin Wagenhöfer || Österreich|| über Massenproduktion von Nahrungsmitteln, erfolgreichster österreichischer Dokumentarfilm, mit über 800.000 Zuschauern |
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| 2008 || [[Let’s Make Money]] || Erwin Wagenhöfer || Österreich || über internationale Finanzverflechtungen, über 330.000 Zuschauer |
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| 2011 || [[Taste the Waste]] || Valentin Thun || Deutschland || über Lebensmittelverschwendung, zehn Preise |
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| 2012 || [[More than Honey]] || Markus Imhof || Schweiz || über Bienensterben , erfolgreichster Schweizer Dokumentarfilm |
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| 2024 || [[Die Unbeugsamen]] || Torsten Körner || Deutschland || über westdeutsche Politikerinnen bis 1990, über 150.000 Zuschauer, 37 Wochen im Kino |
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<!-- (Eine unbequeme Wahrheit 2006, mit Al Gore) |
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(The Invisible War, Kirby Dick, 2012, über Vergewaltigungen in US Armee, über 12 Preise ) --> |
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== Dokumentarfilmfestivals und Dokumentarfilmpreise == |
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'''Grierson''' |
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=== Festivals === |
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In den [[1930]]ern argumentierte der Dokumentarfilmer und Filmtheoretiker [[John Grierson]] in seinem Essay ''First Principles of Documentary'' Robert Flaherty's Film ''[[Moana]]'' habe "dokumentarischen Wert" und etablierte eine Reihe von Prinzipien für den Dokumentarfilm. |
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; Deutschsprachige |
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Grierson zufolge konnte das Potential des Kinos, das Leben zu beobachten, zu einer neuen Kunstform führen; der 'ursprüngliche' Darsteller und die 'echte' Szene seien besser geeignet die moderne Welt zu interpretieren als die Fiktion und das roh gewonnen Material sei realer als das Gespielte. Insofern stimmt Grieserson teilweise mit Wertovs Verachtung für den 'bürgerlichen' Spielfilm überein. In seinen Essays hatte [[Dsiga Wertow]] dafür plädiert, das Leben zu zeigen "wie es ist", d.h. das unbeobachtete oder überraschte Leben. |
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{{Anker|Deutschsprachige Filmfestivals}} |
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* [[Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm]] – seit 1955 |
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* [[Duisburger Filmwoche]] – seit 1978 |
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* [[Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest]] – seit 1982, mit Schwerpunkt [[Neue Medien]] |
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* [[Internationales Dokumentarfilmfestival München]] – seit 1985 |
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* [[Festival des Dokumentarfilms|DokumentART]] in [[Neubrandenburg]] – seit 1992 |
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; Internationale (Auswahl) |
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* [[International Documentary Film Festival Amsterdam]], Niederlande – seit 1988 |
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* [[Internationales Dokumentarfilmfestival von Yamagata]], Japan – seit 1989 |
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* [[Visions du Réel]], Nyon, Schweiz – seit 1969 |
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Eine umfassende Liste ist hier abrufbar:<ref>{{Internetquelle |url=http://www.documentaryfilms.net/festivals.htm |titel=Film Festivals – Documentary Film Festival Listings, Announcements, Documentary Film Festival Directories, Films |abruf=2019-02-20}}</ref> |
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'''Direct Cinema und cinema verité''' |
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Die Filme ''[[Harlan County, U.S.A.]]'' (Regie: [[Barbara Kopple]]), ''[[Don't Look Back]]'' ([[D. A. Pennebaker]]), ''[[Lonely Boy]]'' ([[Wolf Koenig]] und [[Roman Kroitor]]) und ''[[Chronique d'un été ]]'' (1960)([[Jean Rouch]]) werden zum Cinema vérité bzw. Direct Cinema gezählt. Obwohl die Ausdrücke manchmal synonym gebraucht werden, gibt es wichtige Unterschiede zwischen [[Cinema vérité]] ([[Jean Rouch]]) und dem amerikanischen [[Direct Cinema]], zu dessen Pionieren [[Richard Leacock]], [[Frederick Wiseman]] und die Maysle Brüder zählen. Die Regisseure nehmen unterschiedliche Haltungen an, was den Grad der Intervention angeht. Kopple und Pennebaker, zum Beispiel bevorzugen ein Minmum an Einmischung - der Idealfall wäre die reine Beobachtung - während Rouch , Koenig und Kroitor bewußt intervenieren und Reaktionen provozieren. |
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=== Preise === |
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In Deutschland wurde besonders [[Klaus Wildenhahn]] vom Direct Cinema beeinflußt. |
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; International |
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Die wichtigsten internationalen Dokumentarfilmpreise sind der [[Oscar/Bester Dokumentarfilm]], sowie gegebenenfalls bei wichtigen allgemeinen Filmfestivals wie in Cannes oder Venedig. Weitere spezielle Dokumentarfilmpreise sind |
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* [[Critics’ Choice Movie Award/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[Chicago Film Critics Association Award/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[London Critics’ Circle Film Award/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[National Board of Review Award/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[British Academy Film Award/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[Satellite Awards/Film/Bester Dokumentarfilm]] |
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* [[Sundance Film Festival/Großer Preis der Jury – Bester Dokumentarfilm]] und [[Sundance Film Festival/Preis der Jury – Bester ausländischer Dokumentarfilm|Bester ausländischer Dokumentarfilm]] |
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; Deutschsprachig |
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'''Dokumentarfilm und Spielfilm''' |
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Dem Cinema verité ist mit dem italienischen Neorealismus die Neigung gemein, Laien an Originalschauplätzen zu filmen, und die französische [[Nouvelle Vague]] machte häufig von nicht im Drehbuch stehenden Dialogen und in der Hand gehaltenen Kameras und synchronisertem Ton Gebrauch. |
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Die wichtigsten deutschen Preise für Dokumentarfilme sind der [[Deutscher Filmpreis/Bester Dokumentarfilm|Deutsche Filmpreis/Bester Dokumentarfilm]] und der [[Grimme-Preis]] für Fernsehdokumentationen, in einigen seltenen Fällen auch bei der [[Berlinale]]. Daneben vergeben die [[#Deutschsprachige Filmfestivals|deutschsprachigen Dokumentarfilmfestivals]] Preise. Weitere sind |
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'''Dokumentarfilm und Politik''' |
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* [[Phoenix-Dokumentarfilmpreis]] |
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In den 60er und 70er Jahren wurde der Dokumentarfilm oft als politische Waffe im Kampf gegen den [[Neokolonialismus]] bzw. den Kapitalismus im allgemeinen verstanden, besonders in Lateinamerika. ''La Hora de los hornos'' (1968) [Die Stunde der Feuer] von [[Octavio Getino]] und [[Fernando E. Solanas]] beeinflußte eine ganze Generation von Filmemachern. |
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* [[Bayerischer Filmpreis#Dokumentarfilm|Bayerischer Filmpreis – Dokumentarfilm]] |
|||
* [[Dokumentarfilm Förderpreis#Förderpreise|Filmbüro Bremen – Dokumentarfilm Förderpreis]] |
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* [[Dokumentarfilmpreis der Stadt Freistadt#Dokumentarfilmpreis der Stadt Freistadt|Heimatfilmfestival – Dokumentarfilmpreis der Stadt Freistadt]] |
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* [[Diagonale (Filmfestival)#Großer Diagonale-Preis|Diagonale – Bester österreichischer Dokumentarfilm]] |
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== Urheberrecht und Zugangsmöglichkeiten == |
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'''Kompilationsfilm''' |
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Dokumentarfilme sind nach {{§|94|urhg|juris}} [[Urhebergesetz|UrhG]] urheberrechtlich geschützt, bis 50 Jahre nach der ersten Ausstrahlung. Dennoch gab es wiederholt Schwierigkeiten bei der vollen Anerkennung der Schöpfungshöhe.<ref>Thomas Hoeren, ''Urheberrechtliche Probleme des Dokumentarfilms'', in ''GRUR (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht''), 1992, Heft 3, S. 45–50 ([https://www.itm.nrw/wp-content/uploads/043.pdf PDF]).</ref><ref>{{Toter Link |url=http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE211202012&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10}} KG Berlin, Urteil vom 28. März 2012, Az. 24 U 81/11, Volltext; einige Bildberichte über aktuelle Ereignisse wurden nur als Laufbilder nach {{§|95|urhg|juris}} eingestuft.</ref> |
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Kompilationsfilme sind nichts neues in der Geschichte des Kinos. Die Pionierin war [[Esther Schub]] mit ''Der Fall des Hauses Romanov'' (1927). Neuere Beispiele sind ''Point of Order'' (1964) von [[Emile de Antonio]] über die [[McCarthy]]- Anhörungen und ''[[The Atomic Cafe]]'', der vollständig aus Material erstellt wurde, das die US-Regierung erstellen ließ, um die Bevölkerung über atomare Strahlung 'aufzuklären'. Den Soldaten wurde z.B. erklärt, ihnen könne nichts passieren, selbst wenn sie verstrahlt würden, solange sie die Augen und den Mund geschlossen hielten. |
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Kopien von Dokumentarfilmen können käuflich erworben oder ausgeliehen werden, einige sind auch für eine begrenzte oder längere Zeit online abrufbar, zum Beispiel in [[Mediathek]]en. |
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''[[The Last Cigarette]]'' (1999) kombiniert Zeugenaussagen von Managern der amerikanischen Tabakindustrie mit Archivmaterial, das die Vorzüge des Rauchens anpreist. |
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Daneben gibt es [[Video-on-Demand]]-Angebote, bei denen sie gegen eine geringe Gebühr (wie bei der <!-- aus einer Zusammenarbeit europäischer Festivals hervorgegangenen --> [[Site DocAlliance]]) oder völlig kostenlos (wie etwa bei [[UBUweb]]) abgerufen werden können. |
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== Literatur == |
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'''Essayfilm''' |
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<!-- (chronologisch geordnet) --> |
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Eine Grenzform des nichtfiktionalen Films ist der Essayfilm. Die im Direct Cinema verbannte Off-Stimme kehrt zurückt, verliert aber ihren offiziösen, autöritären, pseudoobjektiven Charakter. Zu den wichtigen Essayfilmachern zählen [[Guy Debord]], [[Raoul Peck]] und [[Harun Farocki]]. |
|||
* [[Rüdiger Steinmetz]], Helfried Spitra (Hrsg.): ''Dokumentarfilm als „Zeichen der Zeit“. Vom Ansehen der Wirklichkeit im Fernsehen.'' 2. Auflage. Ölschläger, München 1992, ISBN 3-88295-154-0. |
|||
* [[Erik Barnouw]]: ''Documentary. A History of the Non-Fiction Film.'' 2. revised edition. Oxford University Press, New York NY u. a. 1993, ISBN 0-19-507898-5 (englisch). |
|||
* John Barnes u. a.: ''Anfänge des dokumentarischen Films.'' Stroemfeld, Basel/Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-87877-784-1. |
|||
* Europäisches Dokumentarfilm-Institut (Hrsg.): ''Texte zum Dokumentarfilm.'' Vorwerk 8, Berlin seit 1996, {{ZDB|2240279-2}}. |
|||
* Eva Hohenberger (Hrsg.): ''Bilder des Wirklichen. Texte zur Theorie des Dokumentarfilms.'' (= ''Texte zum Dokumentarfilm.'' Band 3). Vorwerk 8, Berlin 1998, ISBN 3-930916-13-4. |
|||
* Peter Zimmermann (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland.'' 3 Bände. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-030031-2. |
|||
* Monika Grassl: ''Das Wesen des Dokumentarfilms. Möglichkeiten der Dramaturgie und Gestaltung.'' VDM, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-0104-3. |
|||
* François Niney: ''Die Wirklichkeit des Dokumentarfilms. 50 Fragen zur Theorie und Praxis des Dokumentarischen''. Hrsg. und Übersetzung aus dem Französischen [[Heinz-B. Heller]]. Schüren, Marburg 2012, ISBN 978-3-89472-728-4. |
|||
* Matthias Leitner, [[Daniel Sponsel]], Sebastian Sorg (Hrsg.): ''Der Dokumentarfilm ist tot, es lebe der Dokumentarfilm. Über die Zukunft des dokumentarischen Arbeitens.'' Schüren, Marburg 2014, ISBN 978-3-89472-822-9. |
|||
* Daniel Sponsel (Hrsg.): ''Der schöne Schein des Wirklichen: Zur Authentizität im Film.'' UVK Verlag, Konstanz 2011, ISBN 978-3-86764-019-0. |
|||
* Ingo Kammerer, [[Matthis Kepser]] (Hrsg.): ''Dokumentarfilm im Deutschunterricht''. Schneiderverlag, Hohengehren, ISBN 978-3-8340-1415-3. |
|||
* [[Olaf Jacobs]], Theresa Lorenz: ''Wissenschaft fürs Fernsehen, Dramaturgie, Gestaltung, Darstellungsformen.'' Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-02422-2, S. 49–109. |
|||
* [[Thorolf Lipp]]: ''Spielarten des Dokumentarischen. Einführung in Geschichte und Theorie des nonfiktionalen Films.'' 2., überarbeitete Auflage. Schüren, Marburg 2016, ISBN 978-3-89472-928-8. |
|||
* [[Bill Nichols (Filmkritiker)|Bill Nichols]]: ''Introduction to Documentary'', Bloomington, Ind.: Indiana University Press, 3. Auflage 2017. ISBN 978-0-253-02685-9 |
|||
* Ian Aitken (Hrsg.): ''The Concise Routledge Encyclopedia of the Documentary Film'' (Paperback), London und New York 2017, ISBN 978-1-138-10784-7, 1096 S. |
|||
* [[Elisabeth Büttner (Filmwissenschaftlerin)|Elisabeth Büttner]], Vrääth Öhner und Lena Stölzl: ''Sichtbar machen. Politiken des Dokumentarfims (Texte zum Dokumentarfilm, hrsg. von der dfi-Dokumentarfilminitiative Band 20).'' Vorwerk 8, Berlin 2017, ISBN 978-3-940384-96-6. |
|||
* [[Thomas Bräutigam]]: ''Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms.'' Schüren, Marburg 2019, ISBN 978-3-7410-0322-6. |
|||
* Fahle, Oliver: ''Theorien des Dokumentarfilms. Zur Einführung''. Hamburg, Junius 2020., ISBN 978-3-96060-313-9. |
|||
* Peter Zimmermann: ''Dokumentarfilm in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart'', Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung 2022, 398 S., ISBN 978-3-8389-7206-0 [https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/6006_zb_dokumentarfilm_leseprobe.pdf PDF] |
|||
* Erika Balsom, Hila Peleg und Haus der Kulturen der Welt (Hrsg.): ''Feminist Worldmaking and the Moving Image'', MIT Press, Cambridge, Mass. 2022 |
|||
* [[Jill Godmilow]]: ''Kill the Documentary. A Letter to Filmmakers, Students and Scholars'', Vorwort von Bill Nichols, Columbia UP, New York 2022, ISBN 978-0-231-20277-0 |
|||
* Zeitschriften: [[Documentary box]] – (1992–2007), [[Images documentaires]] – seit 1990 |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|Documentary films|Dokumentarfilm}} |
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[[Michael Moore]]s [[politischer Dokumentarfilm]] "[[Fahrenheit 9/11]]" schrieb im Juni [[2004]] Filmgeschichte, da es zuvor noch niemals vorkam, dass ein Dokumentarfilm an der Spitze der US-Kinocharts stand. Bereits der letzte Film Moores "[[Bowling for Columbine]]" [[2002]] war ein US-Einspielrekord gewesen, hatte aber nicht an einem einzigen [[Wochenende]] 21,8 Millionen Dollar eingespielt. Weltweit hat der Film Fahrenheit 9/11 bis zum [[11. Dezember]] [[2004]] ganze 220,194,771 [[Dollar]] eingespielt. Somit ist er mit Abstand der erfolgreichste Dokumentarfilm aller Zeiten. Der zweit erfolgreichste Dokumentarfilm ist [[Michael Moore]]s "[[Bowling for Columbine]]" mit Einnahmen von 58.008.423 Dollar. |
|||
{{Wiktionary}} |
|||
* {{DNB-Portal|4012653-5}} |
|||
* [https://www.film-lexikon.de/Dokumentarfilm ''Dokumentarfilm'']. In: Film-Lexikon.de |
|||
* [https://www.dokumentarfilm.info/ ''Webportal Dokumentarfilm.info''] – [[Haus des Dokumentarfilms]] |
|||
* [http://afk-filmkreis.de/index.php/site/page?view=docs.dokumentarfilm.ueberblick ''Ein Überblick über die Geschichte des Dokumentarfilms'']. In: AFK-Filmkreis.de |
|||
* [http://www.dokumentarfilmgeschichte.de/ Forschungsprojekt ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945–2005'']. In: Dokumentarfilmgeschichte.de |
|||
* Herbert Heinzelmann: [https://www.kinofenster.de/filme/archiv-film-des-monats/kf0711/wie_wirklich_ist_die_wirklichkeit/ ''Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Eine kurze Geschichte des Dokumentarfilms'']. In: Kinofenster.de, 28. Oktober 2007 |
|||
* Michael Marek: [https://www.dw.com/de/deutsche-filmgeschichte-4-die-dokumentarfilme/a-6679836 ''Deutsche Filmgeschichte (4): Die Dokumentarfilme'']. In: DW.com, 10. Januar 2012 |
|||
* {{DNB-Portal|4012653-5|Dokumentarfilme}} |
|||
* Uli Jung, [[Martin Loiperdinger]] (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 1: Kaiserreich (1895–1918)''. Reclam, Stuttgart 2005, {{DOI|10.25969/mediarep/14035}} |
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* [[Klaus Kreimeier]], Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2: Weimarer Republik (1918–1933)''. Reclam, Stuttgart 2005, {{DOI|10.25969/mediarep/14036}} |
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* Peter Zimmermann, Kay Hoffmann (Hrsg.): ''Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 3: ›Drittes Reich‹ (1933–1945)''. Reclam, Stuttgart 2005, {{DOI|10.25969/mediarep/14037}} |
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== Einzelnachweise == |
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==Literatur== |
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<references /> |
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*[[Erik Barnouw]],'' Documentary. A History of the Non-Fiction Film,'' Oxford University Press 1993 - immer noch lesenwerte Einführung |
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* Mo Beyerle, Christine N. Brinckmann (Hrg.), Der amerikanische Dokumentarfilm der 60er Jahre. Direct Cinema und Radical Cinema, Frankfurt am Main, New York: Campus, 1991, 527p.- Der Band enthält außer den Analysen der WissenschaftlerInnen auch Interviews mit |
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[[Richard Leacock]], [[Ed Pincus]], |
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[[Emile de Antonio]] und [[David Loeb Weiss]] sowie ausführliche Bibliographien |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4012653-5|LCCN=sh85088115|NDL=00565976}} |
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== Weblinks == |
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*http://www.documentaryfilms.net/ |
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* [http://www.weberberg.de/biff.html Biberach Independent Film Festival (für Kurz- und Dokumentarfilme)] |
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* [http://www.agdok.de/ AG DOK, arbeitsgemeischaft dokumentarfilm (der mitgliederstärkste deutsche Filmverband)] |
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* [http://www.sensivision.com/ Dokumentarfilme zum herunterladen] |
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*[http://www.lib.berkeley.edu/MRC/documentarybib.html Documentary and Ethnographic Film: A Short Bibliography] |
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[[en:Documentary film]] |
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[[pl:Film dokumentalny]] |
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[[sv:Dokumentärfilm]] |
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Aktuelle Version vom 18. Juli 2025, 16:47 Uhr

Dokumentarfilm ist eine Bezeichnung für nichtfiktionale Filme.[1] Es gibt verschiedene Unterformen und verwandte Filmgenres.
Begriffsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gattung des Dokumentarfilms wird wissenschaftlich als filmische Beobachtung und Bearbeitung der Wirklichkeit definiert. Der Begriff sollte eine besondere Qualität des Authentischen unterstreichen. Diese stand nicht im Widerspruch zu erkennbar narrativen Überformungen der Wirklichkeit und zu inszenatorischen Eingriffen ins vorhandene „Tatsachenmaterial“. Dokumentarfilmische Authentizität ist vor allem als Rezeptionseffekt und nicht als spezifischer Wirklichkeitseindruck zu begreifen.[1]
An einen Dokumentarfilm wird der Anspruch erhoben, authentisch zu sein. Die Erwartungshaltung des Zuschauers an einen Dokumentarfilm ist anders als die Erwartung an einen Spielfilm. Bei fiktionalen Filmen erwartet der Zuschauer eine ausgedachte Erzählung – bei Dokumentarfilm erwartet der Zuschauer eine Erzählung, die auf der Wirklichkeit basiert.
Bei der Darstellung (Filmprozess) empfangen Filmemacher Zeichen der Wirklichkeit, bei der Vorstellung des Films werden Symbole ausgesendet, die die Wirklichkeit vertreten. Es geht um das filmische Einfangen von realen Menschen, realen Orten und realen Geschichten: Dokumentarfilmer brauchen das Gespür, den Blick für das wahrhaftige und unverwechselbare reale Leben.[2]
Der Filmtheoretiker Thomas Schadt meinte
„Für mich unterliegt ein Dokumentarfilm dramaturgisch ähnlichen Auflagen wie ein Spielfilm. Um den Zuschauer zu erreichen, zu fesseln, um Nähe und Identifikation herzustellen, um bewusst zu machen und nachdrücklich zu wirken, benötigt er ein Thema, einen Plot, eine Geschichte, sowie im dramaturgischen Aufbau eine rationale und/oder emotionale Logik und Motivation.“
Und der bedeutende Spielfilmregisseur Sergej Eisenstein schrieb 1925
„Für mich ist es ziemlich egal, mit welchen Mitteln ein Film arbeitet, ob er ein Schauspielerfilm ist mit inszenierten Bildern oder ein Dokumentarfilm. In einem guten Film geht es um die Wahrheit, nicht um die Wirklichkeit.“
Der künstlerische Dokumentarfilm unterscheidet sich formal oft von vielen eher journalistischen dokumentarischen Formaten durch das Fehlen einer allwissenden Kommentarstimme.
Arten des Dokumentarfilms
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt verschiedene Formen von Dokumentarfilmen, die nach der Gestaltung, der Absicht oder dem hauptsächlichen Inhalt unterschieden werden können.
Nach der formalen strukturellen Gestaltung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt recht unterschiedliche Formen der strukturellen Gestaltung eines Dokumentarfilms
- Direct Cinema, in den 1960er Jahren in den USA entstanden, der Filmemacher und sein Kamerateam machen sich so wenig präsent wie möglich, es wird nur das Geschehen gefilmt, ohne Eingriffe des Filmteams, die konsequenteste Form wäre die versteckte Kamera oder eine installierte Kamera ohne anwesende Person
- Cinéma vérité, in den 1960er Jahren entstanden, hier ist der Filmemacher Teil des Geschehens, er lenkt dieses auch bei Bedarf und provoziert sogar mitunter Reaktionen der Beobachteten, die diese eigentlich gar nicht beabsichtigt hatten zu zeigen; wird bei Porträtfilmen oft verwendet
- Interviewfilm, der überwiegend oder vollständig aus einem Interview mit einer oder mehrerer Personen, häufig nur in einem Raum
- Inszenierte Dokumentarfilmszenen, bei denen die dargestellten Personen ihre eigenen Alltagshandlungen nachspielen, also zum Beispiel laufen sie auf der Straße, nachdem der Regisseur sie dazu aufgefordert hat; wird in der Gegenwart sehr häufig in Reportagen verwendet
- Mischformen aus diesen, dazu gehören auch semidokumentarische Filme mit Spielfilmszenen, die keine reinen Dokumentarfilme mehr sind
- Kompilationsfilm, zusammengestellt aus vorhandenem Archivmaterial, selten in reiner Form vorhanden
- Experimenteller Dokumentarfilm, als Untergattung des Experimentalfilms, mit ungewöhnlichen Gestaltungselementen
Der Filmkritiker Bill Nichols unterschied diese Formen (mode) des Dokumentarfilms[3]
- Poetic mode: impressionistische, experimentelle, an der Avantgarde orientierte Form des Dokumentarfilms (Beispielsweise Dsiga Vertov: Der Mann mit der Kamera, 1929)
- Expository mode: illustrierende, logischen und narrativen Ordnungen folgende Darstellung von sozialen Themen, Aufklärung (Beispielsweise John Grierson: Drifters, 1929)
- Observational mode: Tradition des direct cinema, reine Beobachtung
- Reflexive mode: Tradition des cinéma vérité, selbstreflexiver Stil (das Medium reflektiert sich selbst)
- Performative mode: subjektiv aus der Perspektive des Filmemachers erzählte Filme über die eigene Realität, Selbstversuche (Beispielsweise David wants to fly, 2010, oder Vergiss mein nicht, 2012)
Nach inhaltlichen Kriterien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dokumentarfilme können verschiedene Inhalte und Absichten haben, die Zuordnungsgrenzen sind dabei fließend
- Porträtfilm, Darstellung einer Person, Institution, oder ähnlichem
- Reportage, Darstellung einer Gegend, Situation, eines Ereignisses, oder ähnlichem
- Dokumentation, Darstellung von historischen Inhalten, mit ausführlicheren Hintergründen
- Lehrfilm, Darstellung von Sachverhalten aus Naturwissenschaft, Geschichte, Technik oder ähnlichem zur direkten Wissensvermittlung, für Lehranstalten, aber auch für die private Fortbildung oder zur gezielten Information der Bevölkerung durch offizielle Behörden
- Essayfilm, zurückhaltene, reflektierende, eher philosophische Gestaltung des Films
- Naturfilm, der überwiegend Tiere, Pflanzen, Landschaften zeigt
Es können auch investigative Dokumentarfilme, Propagandafilme und weitere formale Kriterien wie Kinofilme, Fernsehfilme, Filme auf Streamingplattformen, und weiteres unterschieden werden.
Verwandte Formen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einige Filme ahmen zwar Dokumentarfilme nach, sind aber reine Spielfilme
- Doku-Drama, tatsächliche Geschehnisse werden von Schauspielern nachgespielt, meist sehr stark abweichend von den tatsächlichen Einzelheiten
- Mockumentary ein meist satirisch initiierter vorgetäuschter Dokumentarfilm, der vollständig inszeniert ist
- Scripted Reality eine vorgetäuschte Dokumentation, die aber nicht parodiert, sondern imitiert[4]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1895–1918
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ersten bewegten Bilder waren Dokumentarfilme: einzelne Einstellungen, die Momente aus dem Leben auf Film bannten, zuerst Arbeiter verlassen die Lumière-Werke (1895) der französischen Brüder Lumière, kurz danach das Wintergartenprogramm der Brüder Skladanowsky in Berlin.[5] Im frühen Film dominierte die Darstellung von Ereignissen. Vor allem auf Grund technischer Grenzen wurden kaum Geschichten erzählt: Die großen Kameras hatten nur Platz für wenig Filmmaterial.
Der österreichische Ethnograph Rudolf Pöch konnte zwischen 1901 und 1906 wertvolle Aufnahmen der indigenen Völker Neuguineas in Bild und Ton bannen.
Seit 1907 gab es Wochenschauen, zuerst in Frankreich, dann in anderen Ländern, die über wichtige oder interessante Ereignisse aus Gesellschaft und Politik berichteten (Besuch des englischen Königspaares in Berlin am 9.2.1909). Zwischen 1914 und 1918 wurden diese im Ersten Weltkrieg in den verschiedenen Ländern vor allem mit Propagandainhalten gezeigt, einige davon gezielt für das Ausland.[6] In Sowjetrussland wurden nach der Oktoberrevolution von 1917 Wochenschauen vor allem genutzt, die neue gesellschaftliche Entwicklung im Lande zu unterstützen.
1918–1933
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Deutschen Reich entwickelte die UFA um 1919 eine besondere Abteilung, die Kulturfilme produzierte, populärwissenschaftliche Lehrfilme aus Wissenschaft, Natur, Medizin, Literatur und weiteren Themenbereichen, die als Vorfilme zu Spielfilmen im Kino gezeigt wurden.[7] Dabei entstanden auch die ersten längeren deutschen Dokumentarfilme wie Das Wunder des Schneeschuhs (1921) von Arnold Fanck, als weltweit erster Dokumentarfilm in Spielfilmlänge[8], der sehr freizügige Wege zu Kraft und Schönheit (1926) von Wilhelm Prager und der Evolutionsfilm Natur und Liebe (1927).
In den USA produzierte Robert J. Flaherty den abendfüllenden ethnographischen Film Nanuk, der Eskimo (1922), der allerdings viele inszenierte Szenen enthält, einige sogar bewusst vom Regisseur naturalisiert, so musste der Hauptdarsteller traditionelle Jagdgeräte verwenden, obwohl er ein Gewehr besaß. [9]
Seit Mitte der 1920er Jahre entstanden in mehreren europäischen Ländern einige innovative künstlerisch sehr hochwertige Dokumentarfilme, die das Leben in Großstädten möglichst authentisch darstellen wollten. So zeigte Rien que les heures (1926) von Alberto Cavalcanti einen Tag in Paris, Berlin: Die Sinfonie der Großstadt (1927) von Walter Ruttmann und Markt in Berlin (1929) eindrucksvolle Bilder aus der deutschen Reichshauptstadt.

Einer Höhepunkt des Dokumentarfilms in dieser Zeit war Der Mann mit der Kamera (1929) von Dsiga Wertow, der mit experimentellen Mitteln verblüffende Bilder schuf und als einer der wichtigsten Dokumentarfilme seiner Art gilt.
In Großbritannien verwendete John Grierson in seinem Film Drifters (1929) über die Heringsfischrrei in der Nordsee vor allem spontane, nicht inszenierte Aufnahmen, da diese das Leben unmittelbarer spiegelten. 1932 beschrieb er seine First Principles of Documentary und verwendete damit erstmals den Begriff documentary für eine bestimmte Art von Filmen. Er begründete die neue Dokumentarfilmbewegung in Großbritannien und Kanada.
Die Einführung von Tonfilmen seit etwa 1930 bot zwar für den Dokumentarfilm neue Möglichkeiten, sie war aber anfangs schwer zu handhaben, da die technische Entwicklung noch nicht besonders weit fortgeschritten war.
1933–1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1933 wurden im Deutschen Reich die Kulturfilme zu den verschiedensten Themen weitergeführt.[10] Ihre Anzahl übertraf die der Spielfilme bei weitem. Leni Riefenstahl entwickelte besonders in ihren Dokumentationen Triumph des Willens und Olympia (1936/38) ungwöhnliche Blickperspektiven, die trotz ihrer ideologischen Ausrichtung bis in die Gegenwart als künstlerisch hochwertig eingestuft werden.
Die Wochenschauen wurden in den folgenden Jahren zunehmend ideologischer, während die meisten Kulturfilme durch die Verantwortlichen bewusst unpolitisch gehalten wurden, was von der Bevölkerung sehr geschätzt wurde. Die meisten dieser Filme waren aber aus heutiger Perspektive künstlerisch nicht bedeutend.
Auch in anderen Ländern wurden Dokumentarfilme vermehrt für die Propaganda im Zweiten Weltkrieg genutzt. In den USA schuf Frank Capra mit Why We Fight (1942–1945) eine siebenteilige Filmreihe, die im Auftrag der Regierung das heimische Publikum von der Notwendigkeit überzeugen sollte, in den Zweiten Weltkrieg einzutreten
1945–1960
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1953 schuf der US-Amerikaner James Algar mit Die Wüste lebt einen der erfolgreichsten Tierfilme. Durch seine hohe ästhetische Qualität (Schnitt, Musik) wurde dieser Film zum Ausgangspunkt eines neuen Genres von Tierfilmen, die besonders ein Familienpublikum ansprachen. Auch in der Bundesrepublik Deutschland waren Tier- und Naturfilme in dieser Zeit die erfolgreichsten und qualitativ hochwertigsten, darunter Kein Platz für wilde Tiere (1956) und Serengeti darf nicht sterben (1959) von Bernhard und Michael Grzimek, der als erster deutscher Dokumentarfilm einen Oscar erhielt. Weitere bekanntere Naturfilmer waren in dieser Zeit die Deutschen Hans Hass und Heinz Sielmann sowie der Franzose Jacques-Yves Cousteau, der mit Lichter unter Wasser (1952) als einer der ersten einen Film mit Unterwasseraufnahmen machte.
Die Filme in den westdeutschen Wochenschauen wurden von der Regierung Adenauer kontrolliert und beeinflusst. In vielen Ländern entstanden in dieser Zeit mit der Gründung vion Fernsehanstalten (in der BRD 1952) eine Konkurrenz zum Kinofilm, deren Bedeutung in den folgenden Jahrzehnten weiter zunahm.
1960–2000
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1960 entwickelte sich in Frankreich die Richtung des cinéma vérité, vor allem mit dem Film Chronique d’un été von Jean Rouch. Bei dieser ist das Filmteam Teil des Geschehens, das aufgenommen wird, und beeinflusst dieses gegebenenfalls auch durch sein Verhalten.
Im gleichen Jahr entwickelte sich in den USA die Richtung des Direct Cinema, die sich dagegen darum bemüht, im Hintergrund zu bleiben, und das Geschehen möglichst unbeeinflusst aufnehmen zu können. Beide Richtungen prägten in den folgenden Jahrzehnten die Gestaltung von Dokumentarfilmen, wobei das aktiv eingrreufende Cinéma verité sich mehr durchsetzte. In dieser Zeit entstanden in vielen westlichen Ländern gesellschaftskritische Filme mit verschiedenen Schwerpunkten.
In der Bundesrepublik Deutschland gehörten Peter Nestler, Eberhard Fechner und Klaus Wildenhahn zu den aktivsten kritischen Dokumentarfilmern. Zu deren Themen gehörten vor allem kritische Alltagsbeschreibungen von einfachen Leuten, sowie das Aufzeigen von gesellschaftlichen Missständen. Einer der bekanntesten Filme aus dieser Zeit war Der Polizeistaatsbesuch (1967) von Roman Brodmann, der den Besuch des persischen Schahs in West-Berlin, die Studentenproteste dagegen sowie die Erschießung von Benno Ohnesorg zum Inhalt hatte. Seit Septemberweizen (1980) von von Peter Krieg wurden auch Globalisierungsthemen kritisch beschrieben.
Der argentinische Film La Hora de los hornos (Die Stunde der Hochöfen , 1968) von Octavio Getino und Fernando E. Solanas begründete eine neue Richtung von kapitalismus- und neokolonialismuskritischen Filmen in Lateinamerika und beeinflusste eine ganze Generation von Filmemachern.
Seit 1990 entstanden einige Filme ostdeutscher Filmemacher, die die neuen Möglichkeiten nutzten, über die Gegenwart, die Ereignisse der Jahre 1989/1990 und Aspekte der schwierigen Vergangenheit unbehindert darzustellen.
Seit 2000
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Film Bowling for Columbine (2002) von Michael Moore, der sehr aktiv die Politik der damaligen US-amerikanischen Regierung krisierte, und der sehr erfolgreich war, stieg das Interesse US-amerikanischer Filmgesellschaften an Dokumentarfilmen. So wurden in den folgenden Jahren einige mit einem großen finanziellen und technischen Aufwand produziert, von denen Fahrenheit 9/11 (2004) ebenfalls von Michael Moore, die Rekordeinnahmen von 227 Millionen Dollar einspielte. Die Themen dieser teuer produzierten Dokumentarfilme sind zumeist Politskandale, gesellschaftliche Katastrophen der jüngeren Vergangenheit und aufwändig gestaltete Naturfilme.
In der Zeit der geschlossenen Kinos 2020/2021 wurden auch einige Dokumentarfilme nur auf der Streamingplattform Netflix sehr erfolgreich gezeigt (Ich bin Celine Dion).
Besondere Dokumentarfilme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nicht deutschsprachigee Dokumentarfilme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den wichtigsten nichtdeutschsprachigen Dokumentarfilmen gehörten (sehr hohe Zuschauerzahlen oder mindestens zehn Preise oder besondere filmgeschichtliche Bedeutung)[11]
Jahr | Titel | Regisseur | Land | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
1895 | Arbeiter verlassen die Lumière-Werke | Brüder Lumière | Frankreich | erster öffentlich gezeigter Film weltweit |
1922 | Nanuk, der Eskimo | Robert J. Flaherty | USA | erster abendfüllender Dokumentarfilm außerhalb Deutschlands, mit nachgespielten Szenen |
1926 | Nichts als die Zeit | Alberto Cavalcanti | Frankreich | Aufnahmen über einen Tag lang in Paris |
1927 | Der Mann mit der Kamera | Dsiga Wertow | UdSSR | einer der innovativsten Dokumentarfilme der Filmgeschichte |
1929 | Drifters | John Grierson | Großbritannien | über Fischfang in der Nordsee, Beginn der Dokumentarfilmbewegung in Großbritannien |
1942–1945 | Why We Fight | Frank Capra | USA | siebenteilige Propagandareihe durch die US-Regierung für die Unterstützung des Kampfes im Zweiten Weltkrieg, etwa 54 Millionen Zuschauer |
1953 | Die Wüste lebt, | James Algar | USA | erfolgreichster Tierfilm dieser Zeit |
1958 | Nacht und Nebel | Anatole Dauman | Frankreich | erster umfassender Dokumentarfilm über Vernichtungslager in Europa |
1966 | Die schweigende Welt | Jacques-Yves Cousteau, Louis Malle | Frankreich | erster Unterwasserfilm |
1968 | Die Stunde der Feuer | Claudio Getino, Fernando Solanas | Argentinien | wichtigster Dokumentarfilm in Lateinamerika |
1982 | Koyaanisqatsi | Godfrey Reggio | USA | nur Landschaften und Städte, ohne gesprochene Texte |
1985 | Shoah | Claude Lanzman | Frankreich | über Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg |
2002 | Bowling for Columbine | Michael Moore | USA | gegen Politik der US-Regierung, erfolgreichster Dokumentarfilm zu dieser Zeit |
2004 | Fahrenheit 9/11 | Michael Moore | USA | über den Anschlag vom 11. September 2001 und dessen Folgen, erfolgreichster Dokumentarfilme zu dieser Zeit |
2005 | Die Reise der Pinguine | Luc Jacquet, | Frankreich | Naturfilm, vierterfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten |
2007 | Unsere Erde | Alastair Fothergill, Mark Linfield | USA | an über 200 Orten weltweit, einer der erfolgreichsten Naturfilme |
2009 | Michael Jackson’s This Is It | Kenny Ortega | USA | erfolgreichster Dokumentarfilm aller Zeiten, mit 267 Millionen US-Dollar Einnahmen[12] |
2012 | Searching for Sugar Man | Malik Bendjelloul | Schweden, Großbritannien | über zwei südafrikanische Fans, die nach einem US-Sänger suchen, etwa 25 Preise |
2014 | Citizenfour | Laura Poitras | USA | über den Whistleblower Edward Snowden, Oscar und zahlreiche weitere Preise |
2014 | The Look of Silence | Joshua Oppenheimer | Dänemark | über Massaker in Indonesien 1966/1967, über 40 Preise |
2016 | Der 13. | Ava DuVernay | USA | über Rassismus und Gefängnisinsassen in den USA, über 20 Preise |
2020 | Mein Lehrer, der Krake | Pippa Ehrlich, James Reed | Südafrika | über Begegnungen mit einem Oktopus, 20 Preise, darunter Oscar |
2023 | 20 Tage in Mariupol | Mstyslaw Tschernow | Ukraine | unmittelbare Darstellung des Beginns des Krieges in der Stadt mit vielen Zerstörungen; etwa 30 Preise |
2024 | All That Breathes | Shaunak Sen | Indien | über zwei junge Menschen in Neu Delhi, die verletzte Vögel einsammeln, etwa 20 Preise |
2024 | No Other Land | Palästina, Norwegen | über den Alltag in Palästina, Oscar und über 20 Preise |
Deutschsprachigee Dokumentarfilme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den bedeutendsten deutschsprachigen Dokumentarfilmen gehören[13][14]
Jahr | Titel | Regisseur | Land | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
1895 | Wintergartenprogramm | Max Skladanowsky | Deutsches Reich | erste öffentlich aufgeführte Filme im Deutschland |
1926 | Wege zu Kraft und Schönheit | Wilhelm Prager | Deutsches Reich | Plädoyer für gesunde körperliche Bewegung, zweitwichtigster Dokumentarfilm der Weimarer Republik |
1927 | Berlin – Die Sinfonie der Großstadt | Walter Ruttmann | Deutsches Reich | Aufnahmen aus Berlin, mit rhythmischer Gestaltung der Bilder, einer der künstlerisch bedeutendsten deutschen Dokumentarfilme überhaupt |
1936/38 | Olympia | Leni Riefenstahl | Deutsches Reich | mit ungewöhnlicher Blickwinkel und formalen Gestaltungen |
1956 | Serengeti darf nicht sterben | Bernhard und Michael Grzimek | BR Deutschland | Naturfilm, erster deutscher Dokumentarfilm mit einem Oscar |
1961–2007 | Die Kinder von Golzow | Winfried und Barbara Junge | DDR, dann Deutschland | Langzeitdokumentation über Bewohner eines Dorfes in der Uckermark |
1967 | Der Polizeistaatsbesuch | Roman Brodmann | BR Deutschland | über umstrittenen Shahbesuch in West-Berlin, wichtiger gesellschaftskritischer Film in dieser Zeit |
1978 | Deutschland im Herbst | Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge, und acht weitere | BR Deutschland | über Gesellschaft zur Zeit der RAF |
1988 | Winter adé | Helke Misselwitz | DDR | ungewöhnlich kritischer Film über Frauen in der DDR |
1988 | Flüstern und Schreien | Dieter Schumann | DDR | |
1999 | Buena Vista Social Club | Wim Wenders | Deutschland | über kubanische Band mit über 80-jährigen Musikern, mehrere Preise |
2001 | Black Box BRD | Andreas Veiel | Deutschland | über RAF, mehrere Preise |
2004 | Darwin's Alptraum | Hubert Sauper | Österreich, Frankreich, Belgien | über ökologische Katastrophe am Victoria-See in Tansania, über 500.000 Zuschauer, viele Preise |
2005 | We Feed the World | Erwin Wagenhöfer | Österreich | über Massenproduktion von Nahrungsmitteln, erfolgreichster österreichischer Dokumentarfilm, mit über 800.000 Zuschauern |
2008 | Let’s Make Money | Erwin Wagenhöfer | Österreich | über internationale Finanzverflechtungen, über 330.000 Zuschauer |
2011 | Taste the Waste | Valentin Thun | Deutschland | über Lebensmittelverschwendung, zehn Preise |
2012 | More than Honey | Markus Imhof | Schweiz | über Bienensterben , erfolgreichster Schweizer Dokumentarfilm |
2024 | Die Unbeugsamen | Torsten Körner | Deutschland | über westdeutsche Politikerinnen bis 1990, über 150.000 Zuschauer, 37 Wochen im Kino |
Dokumentarfilmfestivals und Dokumentarfilmpreise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Festivals
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutschsprachige
- Internationales Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm – seit 1955
- Duisburger Filmwoche – seit 1978
- Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest – seit 1982, mit Schwerpunkt Neue Medien
- Internationales Dokumentarfilmfestival München – seit 1985
- DokumentART in Neubrandenburg – seit 1992
- Internationale (Auswahl)
- International Documentary Film Festival Amsterdam, Niederlande – seit 1988
- Internationales Dokumentarfilmfestival von Yamagata, Japan – seit 1989
- Visions du Réel, Nyon, Schweiz – seit 1969
Eine umfassende Liste ist hier abrufbar:[15]
Preise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- International
Die wichtigsten internationalen Dokumentarfilmpreise sind der Oscar/Bester Dokumentarfilm, sowie gegebenenfalls bei wichtigen allgemeinen Filmfestivals wie in Cannes oder Venedig. Weitere spezielle Dokumentarfilmpreise sind
- Critics’ Choice Movie Award/Bester Dokumentarfilm
- Chicago Film Critics Association Award/Bester Dokumentarfilm
- London Critics’ Circle Film Award/Bester Dokumentarfilm
- National Board of Review Award/Bester Dokumentarfilm
- British Academy Film Award/Bester Dokumentarfilm
- Satellite Awards/Film/Bester Dokumentarfilm
- Sundance Film Festival/Großer Preis der Jury – Bester Dokumentarfilm und Bester ausländischer Dokumentarfilm
- Deutschsprachig
Die wichtigsten deutschen Preise für Dokumentarfilme sind der Deutsche Filmpreis/Bester Dokumentarfilm und der Grimme-Preis für Fernsehdokumentationen, in einigen seltenen Fällen auch bei der Berlinale. Daneben vergeben die deutschsprachigen Dokumentarfilmfestivals Preise. Weitere sind
- Phoenix-Dokumentarfilmpreis
- Bayerischer Filmpreis – Dokumentarfilm
- Filmbüro Bremen – Dokumentarfilm Förderpreis
- Heimatfilmfestival – Dokumentarfilmpreis der Stadt Freistadt
- Diagonale – Bester österreichischer Dokumentarfilm
Urheberrecht und Zugangsmöglichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dokumentarfilme sind nach § 94 UrhG urheberrechtlich geschützt, bis 50 Jahre nach der ersten Ausstrahlung. Dennoch gab es wiederholt Schwierigkeiten bei der vollen Anerkennung der Schöpfungshöhe.[16][17]
Kopien von Dokumentarfilmen können käuflich erworben oder ausgeliehen werden, einige sind auch für eine begrenzte oder längere Zeit online abrufbar, zum Beispiel in Mediatheken. Daneben gibt es Video-on-Demand-Angebote, bei denen sie gegen eine geringe Gebühr (wie bei der Site DocAlliance) oder völlig kostenlos (wie etwa bei UBUweb) abgerufen werden können.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rüdiger Steinmetz, Helfried Spitra (Hrsg.): Dokumentarfilm als „Zeichen der Zeit“. Vom Ansehen der Wirklichkeit im Fernsehen. 2. Auflage. Ölschläger, München 1992, ISBN 3-88295-154-0.
- Erik Barnouw: Documentary. A History of the Non-Fiction Film. 2. revised edition. Oxford University Press, New York NY u. a. 1993, ISBN 0-19-507898-5 (englisch).
- John Barnes u. a.: Anfänge des dokumentarischen Films. Stroemfeld, Basel/Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-87877-784-1.
- Europäisches Dokumentarfilm-Institut (Hrsg.): Texte zum Dokumentarfilm. Vorwerk 8, Berlin seit 1996, ZDB-ID 2240279-2.
- Eva Hohenberger (Hrsg.): Bilder des Wirklichen. Texte zur Theorie des Dokumentarfilms. (= Texte zum Dokumentarfilm. Band 3). Vorwerk 8, Berlin 1998, ISBN 3-930916-13-4.
- Peter Zimmermann (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. 3 Bände. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-030031-2.
- Monika Grassl: Das Wesen des Dokumentarfilms. Möglichkeiten der Dramaturgie und Gestaltung. VDM, Saarbrücken 2007, ISBN 978-3-8364-0104-3.
- François Niney: Die Wirklichkeit des Dokumentarfilms. 50 Fragen zur Theorie und Praxis des Dokumentarischen. Hrsg. und Übersetzung aus dem Französischen Heinz-B. Heller. Schüren, Marburg 2012, ISBN 978-3-89472-728-4.
- Matthias Leitner, Daniel Sponsel, Sebastian Sorg (Hrsg.): Der Dokumentarfilm ist tot, es lebe der Dokumentarfilm. Über die Zukunft des dokumentarischen Arbeitens. Schüren, Marburg 2014, ISBN 978-3-89472-822-9.
- Daniel Sponsel (Hrsg.): Der schöne Schein des Wirklichen: Zur Authentizität im Film. UVK Verlag, Konstanz 2011, ISBN 978-3-86764-019-0.
- Ingo Kammerer, Matthis Kepser (Hrsg.): Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Schneiderverlag, Hohengehren, ISBN 978-3-8340-1415-3.
- Olaf Jacobs, Theresa Lorenz: Wissenschaft fürs Fernsehen, Dramaturgie, Gestaltung, Darstellungsformen. Springer VS, Wiesbaden 2014, ISBN 978-3-658-02422-2, S. 49–109.
- Thorolf Lipp: Spielarten des Dokumentarischen. Einführung in Geschichte und Theorie des nonfiktionalen Films. 2., überarbeitete Auflage. Schüren, Marburg 2016, ISBN 978-3-89472-928-8.
- Bill Nichols: Introduction to Documentary, Bloomington, Ind.: Indiana University Press, 3. Auflage 2017. ISBN 978-0-253-02685-9
- Ian Aitken (Hrsg.): The Concise Routledge Encyclopedia of the Documentary Film (Paperback), London und New York 2017, ISBN 978-1-138-10784-7, 1096 S.
- Elisabeth Büttner, Vrääth Öhner und Lena Stölzl: Sichtbar machen. Politiken des Dokumentarfims (Texte zum Dokumentarfilm, hrsg. von der dfi-Dokumentarfilminitiative Band 20). Vorwerk 8, Berlin 2017, ISBN 978-3-940384-96-6.
- Thomas Bräutigam: Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms. Schüren, Marburg 2019, ISBN 978-3-7410-0322-6.
- Fahle, Oliver: Theorien des Dokumentarfilms. Zur Einführung. Hamburg, Junius 2020., ISBN 978-3-96060-313-9.
- Peter Zimmermann: Dokumentarfilm in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Bonn, Bundeszentrale für politische Bildung 2022, 398 S., ISBN 978-3-8389-7206-0 PDF
- Erika Balsom, Hila Peleg und Haus der Kulturen der Welt (Hrsg.): Feminist Worldmaking and the Moving Image, MIT Press, Cambridge, Mass. 2022
- Jill Godmilow: Kill the Documentary. A Letter to Filmmakers, Students and Scholars, Vorwort von Bill Nichols, Columbia UP, New York 2022, ISBN 978-0-231-20277-0
- Zeitschriften: Documentary box – (1992–2007), Images documentaires – seit 1990
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Dokumentarfilm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dokumentarfilm. In: Film-Lexikon.de
- Webportal Dokumentarfilm.info – Haus des Dokumentarfilms
- Ein Überblick über die Geschichte des Dokumentarfilms. In: AFK-Filmkreis.de
- Forschungsprojekt Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland 1945–2005. In: Dokumentarfilmgeschichte.de
- Herbert Heinzelmann: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Eine kurze Geschichte des Dokumentarfilms. In: Kinofenster.de, 28. Oktober 2007
- Michael Marek: Deutsche Filmgeschichte (4): Die Dokumentarfilme. In: DW.com, 10. Januar 2012
- Literatur von und über Dokumentarfilme im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Uli Jung, Martin Loiperdinger (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 1: Kaiserreich (1895–1918). Reclam, Stuttgart 2005, doi:10.25969/mediarep/14035
- Klaus Kreimeier, Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2: Weimarer Republik (1918–1933). Reclam, Stuttgart 2005, doi:10.25969/mediarep/14036
- Peter Zimmermann, Kay Hoffmann (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 3: ›Drittes Reich‹ (1933–1945). Reclam, Stuttgart 2005, doi:10.25969/mediarep/14037
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Heinz-B. Heller: Reclams Sachlexikon des Films. Hrsg.: Thomas Koebner. 2. Auflage. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010625-9.
- ↑ Thomas Schadt: Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie im Dokumentarfilm. Dortmund 2002, S. 21 ff.
- ↑ Bill Nichols: Introduction to Documentary. Indiana 2001.
- ↑ Zapp ( vom 18. Juni 2010 im Internet Archive), ARD-Sendung vom 9. Juni 2010.
- ↑ Uli Jung, Martin Loiperdinger (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 1. Kaiserreich (1895–1918). Reclam, Stuttgart 2005 (PDF); detaillierte historische Darstellung, mit wissenschaftlichen Aufsätzen.
- ↑ Thomas Bräutigam, Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms, Marburg 2019, S. 11; mit kurzer Einführung in die Geschichte des Dokumentarfilms.
- ↑ Klaus Kreimeier, Antje Ehmann, Jeanpaul Goergen (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 2. Weimarer Republik. Reclam, Stuttgart 2005 (PDF).
- ↑ Ingo Kammerer, Matthis Kepser: Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Eine Einführung. In: Ingo Kammerer, Matthis Kepser (Hrsg.): Dokumentarfilm im Deutschunterricht. Schneider Verlag, Hohengehren 2014, ISBN 978-3-8340-1415-3, S. 11–72, hier S. 27, Anm. 19.
- ↑ Nanuk, der Eskimo. In: cinema.arte.tv. Arte, 2. Dezember 2018, archiviert vom am 12. Juni 2018; abgerufen am 2. Dezember 2023.
- ↑ Kay Hoffmann, Peter Zimmermann (Hrsg.): Geschichte des dokumentarischen Films in Deutschland. Band 3. Drittes Reich (1933–1945). Reclam, Stuttgart 2005 PDF.
- ↑ Die 50 wichtigsten Dokumentarfilme Die besten 50 Dokumentarfilme. In: Moviepilot, einige dieser Filme waren tatsächlich bedeutend.
- ↑ List of the highest-grossing documentary films, auf en Wikipedia, mit den einnahmestärksten Dokumentarfilmen aller Zeiten.
- ↑ Die zehn wichtigsten deutschen Dokumentarfilme. In: Goethe-Institut, von Uli Gaulke, Dokumentarfilmer und Juryvorsitzender.
- ↑ Thpmas Bräutigam, Klassiker des deutschsprachigen Dokumentarfilms, Marburg 2019 Auszüge; mit etwa 100 Filmen aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg.
- ↑ Film Festivals – Documentary Film Festival Listings, Announcements, Documentary Film Festival Directories, Films. Abgerufen am 20. Februar 2019.
- ↑ Thomas Hoeren, Urheberrechtliche Probleme des Dokumentarfilms, in GRUR (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht), 1992, Heft 3, S. 45–50 (PDF).
- ↑ Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) KG Berlin, Urteil vom 28. März 2012, Az. 24 U 81/11, Volltext; einige Bildberichte über aktuelle Ereignisse wurden nur als Laufbilder nach § 95 eingestuft. (
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