„Weiße Armee“ – Versionsunterschied
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Als '''Weiße Armee''' ({{ruS|Белая армия|Belaja armija}}; [[Russische Rechtschreibreform von 1918|Originalschreibweise]]: {{lang|ru|Бѣлая армія}}), auch '''Weiße Garde''' ({{ruS|Белая гвардия|Belaja gwardija}}), bezeichnet man die Truppen der russischen [[Weiße Bewegung|Weißen Bewegung]], die im [[Russischer Bürgerkrieg|Russischen Bürgerkrieg]] (1918–1922) gegen die [[Bolschewiki]] kämpften und deren Haupt[[kontrahent]]en waren. Keimzelle der ''Weißen Armee'' war die [[Freiwilligenarmee (Weiße Armee)|Freiwilligenarmee]]. |
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Als '''Weiße Armee''' bzw. auch '''Weiße Truppen''' verstand man im Verlauf und in Folge sozialistisch oder kommunistisch motivierter Aufstände und Revolutionen in der Endphase des [[1. Weltkrieg]]s und danach, vor allem ab [[1917]] bis in die [[1920er]] Jahre, [[konterrevolution]]äre reguläre als auch irreguläre [[Militär]]einheiten, die auf der Seite der herrschenden bzw. vormals herrschenden Gesellschaftsschicht, vor allem der [[Aristokratie]] oder des [[Großbürgertum]]s, gegen die Revolution kämpften. Die Bezeichnung "weiß" wurde als Gegenpol zu den revolutionären "Roten" bzw. auch der [[Rote Armee|Roten Armee]] verstanden. |
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Die ''Weißen'', deren bewaffneter Arm die ''Weiße Armee'' war, vereinten politisch sehr unterschiedliche Kräfte der russischen Gesellschaft, deren Vorstellungen über die Methoden, die Richtung und die Ziele des Kampfes gegen [[Sowjetrussland]] stark differierten. Dementsprechend waren weder die ''Weiße Bewegung'' noch die ''Weiße Armee'' jemals eine einheitliche politische bzw. militärische Kraft, sondern blieben stets nur eine eher lose Vereinigung verschiedener Gruppierungen, deren einziges einigendes Band die Gegnerschaft zu den Bolschewiki war. Ihre einzelnen Glieder versuchten in wechselnden internen Allianzen und mit Unterstützung der [[Entente cordiale|Ententemächte]] und anderer Siegerstaaten des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]], nicht selten aber auch im Alleingang den Sieg über die Bolschewiki zu erringen und auf diese Weise ihre spezifischen Vorstellungen über eine Nachkriegsordnung umzusetzen. Die fehlende innere Geschlossenheit, vor allem aber das Fehlen eines Programms, das politische und soziale Reformen vorgesehen hätte, die von einem Großteil der russischen Bevölkerung gewünscht wurden, hatten entscheidenden Anteil daran, dass die ''Weißen'' und ihre Streitkräfte nie die Masse der Bevölkerung auf ihre Seite ziehen konnten und letztlich im Bürgerkrieg unterlagen. |
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Mitglieder der roten Kräfte nannte man [[Rotgardist]]en, ihr Gegenstück waren die [[Weißgardist]]en. |
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== Russland, Russischer Bürgerkrieg == |
== Russland, Russischer Bürgerkrieg == |
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[[Datei:Coat of arms Kolchak 1919.jpg|mini|Wappen der [[Alexander Wassiljewitsch Koltschak|Koltschak-Regierung]]]] |
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=== Bewaffnete Formationen === |
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Während dem russischen [[Bürgerkrieg]] zwischen 1917 und 1922; - nach der [[Oktoberrevolution]] von [[1917]], bei der die [[Bolschewiki]] unter [[Lenin]] und [[Trotzki]] an die Macht gekommen waren, bekämpfte die von Trotzki aufgebaute [[Rote Armee]] die so genannte "'''Weisse Armee'''", die aus Teilen des alten zaristischen [[Militär]]s bestand und vereinzelt auch von moderaten Demokraten, Sozialdemokraten, Monarchisten sowie aus dem Ausland unterstützt wurde. |
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Zu unterschiedlichen Zeiten verfügte die ''Weiße Armee'' über folgende bewaffnete Formationen oder Kampfverbände: |
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'''Im Norden''' |
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Als [[Armee]] im eigentlichen Wortsinn können die "Weissen" jedoch nicht wirklich bezeichnet werden. Es fehlte den an verschiedenen Orten operierenden Militäreinheiten eine koordinierende Kraft im Sinne eines [[Oberbefehl]]s. |
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| • [[Nördliche Armee]] oder auch ''Streitkräfte Nördliche Region'' (August 1918) |
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'''Im Nord-Westen''' |
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Die "Weissen" vertraten die Interessen des russischen [[Adel]]s, dessen Vorrechte durch die [[Revolution]] der kommunistischen [[Sowjet]]s abgeschafft worden waren. Ihr Hauptziel war es, die Sowjetmacht zu vernichten und wieder vorrevolutionäre Zustände herzustellen. Über ihren gemeinsamen Nenner hinaus hatten die einzelnen Einheiten oft jeweilige, auch gegeneinander konkurrierende Sonderinteressen, die zusätzlich eine gemeinsame [[Organisation]] und [[Koordination]] erschwerten bzw. auch verhinderten. |
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| • [[Nördliches Korps]] (Oktober 1918)<br /><big>↓</big> |
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|colspan="5" | • [[Nord-Westliche Armee]] (Juli 1919) |
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Der nach [[Jekaterinburg]] im [[Ural]] [[Verbannung|verbannte]] gefangene ehemalige russische [[Zar]] [[Nikolaus II. (Russland)|Nikolaus II.]] und seine Familie wurden [[1918]] im Auftrag Lenins von den Bolschewiki ermordet. Damit war auch symbolisch die gemeinsame Leitfigur der "Weissen" weggefallen. |
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| • [[Westrussische Befreiungsarmee]] (Herbst 1919) |
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'''Im Süden''' |
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| • [[Freiwilligenarmee (Weiße Armee)|Freiwilligenarmee]] (Januar 1918)<br /><big>↘</big>|||||| • [[Don-Armee]] (April 1918)<br /><big>↙</big> |
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|colspan="5" | • [[Streitkräfte Südrusslands]] (Januar 1919)<br /><big>↓</big> |
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|colspan="5" | • [[Russische Wrangel-Armee]] auf der Krim (Mai 1920) |
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'''Im Osten''' |
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Sie unterlagen schlussendlich bis 1922 gegen die besser organisierte Rote Armee, die unter dem Oberbefehl Trotzkis stand. |
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| • ''Volksarmee [[Komutsch]]'' (Juni 1918)<br /><big>↘</big>|||||| • [[Sibirische Armee]] (Juni 1918)<br /><big>↙</big> |
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|colspan="5" | • [[Ostfront der Russischen Armee]] (September 1918)<br /><big>↓</big> |
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|colspan="5" | • [[Fernöstliche Armee]] (April 1920)<br /><big>↓</big> |
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|colspan="5" | • ''Weiße Rebellenarmee'' (1921)<br /><big>↓</big> |
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|colspan="5" | • ''Stände Heer'' (Semstwo рать) (1922) |
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'''In Nord-Asien''' |
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Nach dem Sieg der Kommunisten wurde nach dem Anschluss anderer Sowjetrepubliken wie derjenigen [[Weißrussland]]s, der [[Ukraine]], [[Georgien]]s an die [[RSFSR]] ([[Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik]]) die [[UdSSR]] (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) gegründet. |
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* [[Turkestanische Militärorganisation]] (Februar 1918) |
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** [[Turkestanische Armee]] (April 1919) |
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** [[Bauernarmee Ferghana]] (Juni 1919) |
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=== Entstehung === |
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== Deutschland, Novemberrevolution == |
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Erste Truppen der weißen Armee wurden bald nach der [[Oktoberrevolution]] von 1917 als eine Antwort von Teilen der mit der bolschewistischen Machtergreifung nicht einverstandenen russischen Gesellschaft in [[Nowotscherkassk]] von General [[Michail Wassiljewitsch Alexejew]] am {{JULGREGDATUM|7|1|1918}} gebildet und unter dem Namen „die [[Freiwilligenarmee (Weiße Armee)|Freiwilligenarmee]]“ bekannt. Erster Kommandeur wurde General [[Lawr Georgijewitsch Kornilow|Kornilow]], während Alexejew zum obersten Leiter aller Truppenteile aufstieg. Zu dieser Zeit zählte die Freiwilligenarmee nur 2.000 Mitglieder. Im Sommer 1918 entstanden ähnliche militärische Einheiten im Osten von [[Russland]] und ein Jahr später im Norden und Nordwesten. Die größten von ihnen waren: |
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* [[Streitkräfte Südrusslands|Bewaffnete Kräfte des Süden Russlands]] unter dem Kommando von General [[Anton Iwanowitsch Denikin|Denikin]], |
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* Armee unter dem Kommando des Admirals [[Alexander Wassiljewitsch Koltschak|Koltschak]] und die |
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* [[Russische Armee auf der Krim]]. |
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Weiß sollte dabei als traditionelles Symbol aus der [[Russisch-Orthodoxe Kirche|orthodoxen Kirche]] die Reinheit der Idee und die Gerechtigkeit signalisieren. Die Mitglieder der weißen Kräfte nannte man ''Weißgardisten'', ihr Widerpart waren die ''[[Rote Garden (Russland)|Rotgardisten]]''. |
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In [[Deutschland]] wurden die oft noch im Grunde [[kaiser]]treuen [[Militär]]s und rechtsnationalistischen [[Freikorps]]einheiten, die im weiteren Verlauf der [[Novemberrevolution]] von [[1918]] / [[1919]] die durch die [[Revolution]] entstandenen [[Räterepublik]]en gewaltsam niederschlugen, teilweise auch als '''weiße Truppen''' bezeichnet. Formal standen diese Truppen im Dienst der [[SPD]]-Führung um [[Friedrich Ebert]], [[Philipp Scheidemann]] und [[Gustav Noske]], die im zu Ende gehenden [[1. Weltkrieg]] im Zuge der Novemberrevolution an die [[Regierung]] gekommen waren. |
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=== Personelle Zusammensetzung === |
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Zunächst bestrebt, die alten Staatsstrukturen mit einigen demokratischen [[Verfassungsänderung]]en zu erhalten, und dann, als dies nicht mehr möglich war, bestrebt, eine bürgerliche [[Demokratie]] in Deutschland zu etablieren, zielten sie auf ein Auffangen der Revolution und schließlich auf deren Zerschlagung. Dazu ging die SPD-Führung ein geheimes [[Bündnis]] mit den alten Militärs unter Führung [[General]] [[Wilhelm Groener]]s ein, und Gustav Noske rekrutierte zu deren Verstärkung rechtsextreme Freikorps, die verstärkt in der ersten Hälfte des Jahres 1919 verschiedene Räterepubliken und sozialistische Räteaufstände, beispielsweise im [[Ruhrgebiet]], in [[Bremen]] und anderen [[Region]]en Deutschlands mit rücksichtsloser Härte und Gewalt niederschlugen. Zuletzt wurde im Mai 1919 die [[Münchner Räterepublik]] durch diese "Weißen Truppen" gewaltsam beendet. Die notwendige und in diesen schweren Tagen Deutschlands notwendige Bekämpfung von revolutionären Wildwuchs und Utopismus, sowie der Gewalt auf beiden Seiten der, man kann sagen Bürgerkriegsparteien, wird in den Geschichtsbüchern recht wenig und unausgewogen gedacht. Einzig dem bekanntesten politischen Mord, den die Freikorps begingen, am 15. Januar 1919 wurden [[Rosa Luxemburg]] und [[Karl Liebknecht]],führenden Gestalten des [[Spartakusbund]]es und der Ende 1918 / Anfang 1919 neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands [[KPD]], von einer berliner Landwehrkanalbrücke gestoßen, wird regelmäßig gedacht. |
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Die Komplettierung weißer Armeen wurde unterschiedlich durchgeführt. Neben den Freiwilligen bestanden sie größtenteils aus [[Wehrpflicht]]igen, die durch Mobilisierungen einberufen wurden, wobei Nötigung und Gewaltanwendung nicht ausgeschlossen wurden. Ab Mitte 1919 zwang man auch die gefangen genommenen [[Rote Armee|Rotarmisten]] zum „freiwilligen Eintritt“ in weiße Truppen; im Herbst des gleichen Jahres stellten sie in etlichen Einheiten fast 60 % der Gesamtstärke. Ihre zahlenmäßige Zunahme führte zu negativen Erscheinungen, da die Freiwilligen, die besonders ideologisch motiviert waren, sich zunehmend in der Masse derer auflösten, die den Idealen der weißen Bewegung gleichgültig bis feindlich gegenüberstanden. Dies führte zu gravierendem Verlust von Kampfmoral und -kraft. |
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Wenig wird auf die Leistungen von Reichwehr und auch der vielen ehrenhaften Freikorpskämpfer geschaut, die die junge Reichrepublik bewahren halfen. |
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Nach Gründung der [[Weimarer Republik]] wurde auch die Feindseligkeit der schließlich aufgelösten Freikorps gegenüber ihrer ehemaligen politischen [[Führung]], der noch bis [[1920]] regierenden SPD, die sie gerufen hatte, immer deutlicher offenbar. Im Zuge der von den rechtsnationalistischen und einigen konservativen Parteien erfundenen so genannten [[Dolchstoßlegende]] und der Annahme der Bedingungen des [[Versailler Vertrag]]s wandten sich von Anfang an viele von der Demokratie ab, vor allem die Spitzen der Verwaltung und des Militärs, die ihre alten [[Struktur]]en beibehielten. Viele ehemalige Angehörige der "Weißen Truppen" (Freikorps) schlossen sich im Lauf der 1920er Jahre rechtsextremen militanten Organisationen an, wie zum Beispiel der [[SA]] ([[Sturmabteilung]]) unter dem Kommando von [[Ernst Röhm]], der in der Weimarer Republik mit dieser SA als paramilitärische Organisation der [[NSDAP]] den [[Straßenkampf]] und den [[Saalschutz]] für [[Adolf Hitler]] organisierte, und die [[Republik]] auch gewaltsam bekämpfte. |
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Die bolschewistische Propaganda versprach zudem die sofortige Lösung aller kardinaler Fragen, während die Führer der weißen Bewegung zögerten, die großen Probleme entschieden anzupacken. Ihr Ziel blieb die Neueinberufung der von den [[Bolschewiki]] aufgelösten [[Russische konstituierende Versammlung|verfassunggebenden Versammlung von 1918]], die dann in einem demokratischen Prozess das politische System des Landes regeln und erst nachher die lebenswichtigen Probleme der russischen Gesellschaft lösen sollte. Dies führte mit der Zeit zum moralischen Verfall und [[Defätismus]]. |
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== Siehe auch: == |
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Einen großen Prozentsatz weißer Kämpfer stellten niedere [[Offizierskorps|Offiziersränge]], vor allem [[Unteroffizier]]e dar, die üblicherweise über eine gute militärische Ausbildung und reichliche militärische Erfahrung verfügten. Den Kern bildeten [[Offizier]]e der alten [[Kaiserlich Russische Armee|zaristischen Armee]]. Die Kommandostruktur kann man grob in drei Gruppen teilen: Oben standen [[Generale|Generäle]], die bereits vor der Oktoberrevolution höchste Posten innehatten. Darauf folgten die Offiziere, die sich erst während des Bürgerkrieges profiliert hatten, aber bereits vorher als Offiziere dienten. Die dritte Gruppe bildeten Unteroffiziere der alten russischen Armee, die sich erst durch ihre Verdienste zu den Offiziersrängen hochgedient hatten. |
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[[Russischer Bürgerkrieg]], [[Rote Armee]], [[Novemberrevolution]], [[Freikorps]] |
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=== Organisation und Strategie === |
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[[en:White movement]] |
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Bei der Bildung von weißen Armeen wurde zum größten Teil die Organisationsstruktur der [[Kaiserlich Russische Armee|alten russischen Armee]] übernommen. Üblicherweise bildete bei der [[Infanterie]] ein [[Bataillon]] den Grundstein einer Einheit, während es sich bei der [[Kavallerie]] um eine [[Schwadron]] handelte. Eine Ausnahme bildeten nur die [[Kosaken]], bei denen an die Stelle der Schwadron eine [[Hundertschaft]] trat. Alle Truppenteile bildeten [[Regiment]]er, die dann zu [[Division (Militär)|Divisionen]] verbunden waren. Ein [[Korps]] bestand aus zwei bis drei Divisionen. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht zählten die Armeen von Koltschak und Wrangel durchschnittlich zwei bis drei Korps. Bewaffnet waren die Weißgardisten mit Gewehren, Maschinengewehren und Artillerie und besaßen etliche [[Panzerzug|Panzerzüge]]. Ein großer Teil der Munition und Waffen stammte aus den Lagern der Westmächte, die insbesondere in den ersten Jahren mit nicht unerheblichen Mitteln versucht hatten, den Weißen unter die Arme zu greifen. Die [[Kriegskunst]] basierte auf den Erfahrungen, die während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] gewonnen worden waren. Allerdings schwächte die Weiße Bewegung sich selbst durch Zerstrittenheit innerhalb der militärischen Führung und das Fehlen einer starken aufeinander abgestimmten Organisierung von Militäroperationen, was der Roten Armee später einen Sieg ermöglichte. Die weißen Kommandeure waren gute, jedoch keine überragenden Feldherren und Strategen. Geschwächt hat sie auch, dass mehrere berühmte zaristische Generale wie z. B. [[Alexei Alexejewitsch Brussilow]] sich den antibolschewistischen Truppen nicht anschlossen und mehr noch, die neu gebildete [[Rote Armee]] mit Rat und Tat unterstützten. Hinsichtlich der Strategie zogen die Weißen, da sie überproportional viel Kavallerie besaßen, die konzentrierten schnellen Vorstöße in bestimmten Hauptrichtungen den groß angelegten [[Frontalangriff|frontalen Infanterieangriffen]] vor. Außerdem hatten sich bestimmte Einheiten, wie das Korps des General Mamontow, auf überfallartige Angriffe „spezialisiert“, deren Ziel Desorganisierung und Verbreitung von Panik in den Reihen der Roten Armee war. Um die Front zu stabilisieren, setzte man auf tief gestaffelte Regimenter, eine robuste Reserve und verstärkte Manöver, die zu einem Gegenangriff auf bestimmte, als schwach identifizierte Stellen führten. Überhaupt wurde einem Gegenangriff großes Gewicht beigemessen, der bei einer guten Organisation eine entscheidende Rolle spielen konnte. Dass die große kämpferische, strategische und taktische Erfahrung der Weißen Bewegung trotzdem nicht zu ihrem Sieg führte, lag unter anderem an der Tatsache, dass ein Gros der Roten Kommandeure auch zaristische Militärschulen und -akademien absolviert hatten und folglich über den gleichen Kenntnisstand verfügten wie ihre Gegner. In dieser Situation saßen die Bolschewiki in dem Moment am längeren Hebel, wo es ihnen gelang, ihre Truppen zu organisieren und zu disziplinieren. |
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[[it:Armata Bianca]] |
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[[zh:白军]] |
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=== Ziele und Ursachen des Scheiterns === |
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[[Kategorie:Militärgeschichte]] |
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Die Weißen Armeen vertraten eine konservative Einstellung bezüglich der künftigen Strukturierung und Entwicklung Russlands. Sie kämpften für die Erhaltung der territorialen Integrität des Landes, den Schutz der russischen Staatlichkeit, Neuwahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung und die sukzessive Demokratisierung des Landes. Als besonders wichtig galt die Wiedereinführung von [[Privateigentum]] und sein Schutz, die Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Grundschüler, Lösung der Bodenfrage, Anerkennung von Autonomiebestrebungen mehrerer Völker und Schutz von Handelsfreiheit. Unter dem Motto „Für ein großes, geeintes und unteilbares Russland“ versuchten die führenden Ideologen wie [[Pjotr Struwe]] oder [[Wassili Witaljewitsch Schulgin|Wassili Schulgin]] die unterschiedlichen Interessen der Kommandeure der Bewegung miteinander in Einklang zu bringen, was aber letztlich misslang. Diese Zerstrittenheit und Missgunst gepaart mit dem Versuch, alle Fragen bis zur Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung aufzuschieben, waren für das Scheitern maßgeblich. Dieses Zögern rief Misstrauen und abwartende Haltung in der Bevölkerung hervor. Die Ideologen der weißen Bewegung konzentrierten sich viel zu stark auf militärische Seiten des Kampfes, während die für einfache Bauern und Arbeiter lebenswichtigsten und drängendsten Probleme als zweit-, wenn nicht drittrangig erschienen. Verstärkter [[Sezession|Separatismus]] in von nichtrussischer Bevölkerung besiedelten Gebieten des riesigen Reiches und unter den [[Kosaken]] führte mitunter zu absurden Situationen des Kampfes jeder gegen jeden, zu kurzfristigen Allianzen zwischen sich eigentlich feindselig gegenüberstehenden Widersachern und zu rasanter Verschiebung der Fronten. |
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=== Beteiligung an Pogromen === |
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Im russischen Bürgerkrieg kam es besonders in der [[Ukraine]] an der jüdischen Bevölkerung zu zahllosen [[Pogrom]]en und wilden Massakern, an denen unter anderem auch Soldaten der Weißen Armee beteiligt waren. Im Sommer 1919 steigerte sich die Weiße Armee bei ihrem Vormarsch aus der [[Don (Asowsches Meer)|Don-Region]] Richtung Moskau in einen Blutrausch, der beim Pogrom in [[Fastiw|Fastow]] mit 1.500 Toten den Höhepunkt erreichte. Auch unter Kommando der Roten Armee kam es zu vereinzelten Pogromen, aber die Bolschewiki waren die einzigen, die die Pogrome durch die Truppen scharf verurteilten und bekämpften.<ref>[[Wolfgang Benz]] (Hrsg.), Handbuch des Antisemitismus, Band 4: [http://books.google.de/books?id=00Lo_DFQnHEC&pg=PA297&dq=Ereignisse,+Dekrete,+Kontroversen,+Pogrome+297&hl=de&sa=X&ei=sbKLUOvwPMTTtAaBlIHwCg&ved=0CDQQuwUwAA#v=onepage&q=Ereignisse%2C%20Dekrete%2C%20Kontroversen%2C%20Pogrome%20297&f=false ''Ereignisse, Dekrete, Kontroversen''], S. 297, K. G. Saur Verlag GmbH & Company, 2011</ref> |
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=== Erste Etappe der weißen Bewegung === |
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Nach der [[Abdikation|Abdankung]] des Kaisers [[Nikolaus II. (Russland)|Nikolaus II.]] im März 1917 versuchten die [[Monarchisten]] und Vertreter der [[Konstitutionell-Demokratische Partei|Partei der konstitutionellen Demokraten]], sich zu einem Block zu vereinigen, um die Entwicklung der revolutionären Bewegung im Land zu stoppen. Als die von vielen ersehnte „harte Hand“ schlugen sie den General Kornilow vor, der als Oberbefehlshaber der russischen Armee großes Ansehen genoss. Am {{JULGREGDATUM|3|9|1917}} setzte er einige Truppen in Richtung [[Sankt Petersburg]] in Marsch, jedoch scheiterte sein Versuch an der Unwilligkeit der Soldaten. Genauso vom Misserfolg heimgesucht war der Versuch des gestürzten Regierungschefs [[Alexander Fjodorowitsch Kerenski|Kerenski]], mit Hilfe des 3. Kavalleriekorps unter dem Befehl des Generals [[Pjotr Krasnow]] sofort nach der erfolgreichen [[Oktoberrevolution]] die Bolschewiki von der Macht zu verdrängen ([[Aufstand von Kerenskij-Krasnow]]). |
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Im November erklärten mehrere Kosakenführer im Süden Russlands ihre Nichtanerkennung der [[Sowjetmacht]], und gleichzeitig setzte General Alexejew die Bildung einer neuen Armee, sog. Freiwilligenarmee, im Gebiet des Don fort. Im Dezember wurde in Nowotscherkassk das [[Triumvirat]] der drei zaristischen Generäle Alexejew, [[Alexei Maximowitsch Kaledin|Kaledin]] und [[Lawr Georgijewitsch Kornilow|Kornilow]] gebildet, das zu einem Prototyp der künftigen russischen Regierung erklärt wurde. Im [[Kuban-Gebiet]] wurde im November 1917 eine Regierung des Kubaner Kreises unter der Führung von [[Bytsch]] gebildet, die sich im März 1918 mit der Freiwilligenarmee verbündete. Nicht nur im Süden und Osten Russlands, sondern auch in den zentralen Kerngebieten des Landes setzte ein immer stärker werdender Widerstand gegen die Bolschewiki ein. Im Frühling 1918 gründeten Vertreter verschiedener politischer Gruppierungen in Moskau die „Union der Wiedergeburt Russlands“, die offen extrem antisowjetische und antikommunistische Positionen vertrat. Die führenden Vertreter waren die Konstitutionellen Demokraten [[Nikolai Iwanowitsch Astrow|Astrow]] und [[Nikolai Michailowitsch Kischkin|Kischkin]], die [[Sozialrevolutionäre]] [[Nikolai Dmitrijewitsch Awksentjew|Awksentjew]] und [[Andrei Alexandrowitsch Argunow|Argunow]] und andere. |
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=== Zweite Etappe === |
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In dieser Zeit (vom April 1918 bis Februar 1919) erweiterte sich der Widerstand gegen die bolschewistische Bewegung fast auf das ganze Territorium [[Sowjetrussland]]s. Hauptursachen dafür waren die äußerst unpopuläre Politik der sowjetischen Regierung hinsichtlich der Bauern, bekannter als [[Kriegskommunismus]], und die Zunahme der nationalistischen Stimmungen unter dem Eindruck des für Russland schmachvollen [[Friedensvertrag von Brest-Litowsk|Friedensvertrags von Brest-Litowsk]]. Die weißen Kommandeure versuchten, diese Ressentiments in der Bevölkerung auszunutzen. General [[Anton Iwanowitsch Denikin|Denikin]], der neue Oberbefehlshaber im Süden Russlands, bildete mehrere Allianzen mit verschiedenen politischen Strömungen und trat in direkte Verbindung mit der [[Triple Entente|Entente]]. In ganz Russland bildeten sich Zentren des Widerstandes und illegale Komitees und Verbände im Kampf gegen den „[[Bolschewismus]]“. Anfang Februar 1919 erstreckte Denikin sein Einflussgebiet auf den [[Nordkaukasus]]. Juni–Juli 1918 besetzten [[Tschechoslowakische Legionen|tschechische Legionäre]] innerhalb einiger Wochen ganz Westsibirien und das Wolga-Gebiet. Durch solche Entwicklungen ermuntert, bildeten die Vertreter mehrerer antikommunistischer und demokratischer Organisationen eine provisorische Regierung in der Stadt [[Ufa (Stadt)|Ufa]], das sogenannte [[Ufimer Direktorium]], das am Ende des Jahres von Admiral [[Alexander Wassiljewitsch Koltschak|Koltschak]] abgesetzt und auseinandergetrieben wurde. Er erklärte sich selber, unterstützt von großen Teilen der Entente und des Offizierskorps, zum Obersten Führer Russlands und zum Oberbefehlshaber aller russischen Streitkräfte. Vor allem Großbritannien, USA und Frankreich unterstützten ihn finanziell und materiell. Anfang August 1918 bildeten in der Stadt [[Archangelsk]] die Vertreter von Konstitutionellen Demokraten, Sozialrevolutionären und Volkssozialisten die Oberverwaltung des Nordens, mit dem Politiker [[Nikolai Wassiljewitsch Tschaikowski|Nikolai Tschaikowski]] als Vorsitzenden. Gleichzeitig landeten dort amerikanische und britische Truppen, die später, nach dem misslungenen Angriff auf [[Wologda]], abgezogen wurden. Im Nordwesten Russlands bildete General [[Nikolai Nikolajewitsch Judenitsch|Judenitsch]] eine eigene Armee, die direkt gegen St. Petersburg vorging und die Stadt mehrere Wochen belagerte. Mit Hilfe der Regierung von [[Estland]] wurde das Nordische Korps zu einer der schlagkräftigsten weißen Einheiten im Norden Russlands. |
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=== Dritte Etappe === |
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Sie dauerte vom März 1919 bis zum März 1920 und war sowohl durch schwere Niederlagen als auch große Siege der Weißen gekennzeichnet. Im Frühling 1919 wurden in Moskau einige Untergrundorganisationen gebildet. Ende Mai 1919 gründete das „Russische Komitee“ in [[Helsinki]] eine sogenannte „Politische Versammlung“ zum Aufbau einer einheitlichen Front aus [[Finnland]] und unabhängig gewordenen baltischen Ländern gegen Sowjetrussland. In der Deklaration „Zur Bevölkerung russischer Gebiete der Nord-West-Front“ forderte sie die Wiedererrichtung des „einheitlichen, großen und unteilbaren Russlands“, eine einheitliche Bodenreform und Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung. Im August 1919 bildete General Judenitsch eine „Regierung der nordwestlichen Gebiete“, die fast wortwörtlich das Programm der „Politischen Versammlung“ übernahm. Am 19. Juni wurden durch ein [[Dekret]] des Oberbefehlshabers Koltschak die Truppen Judenitschs zur [[Nord-West Armee]] umgebildet, deren Versuche St. Petersburg einzunehmen alle scheiterten. Ende 1919 zerfiel die Nord-West Armee in mehrere Teile, die sich alle ins Baltikum absetzten. Gleichzeitig hörte die „Regierung der nordwestlichen Gebiete“ auf zu existieren. |
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Koltschak begann im März 1919 einen groß angelegten Angriff auf die zentralrussischen Gebiete, und bereits Ende April hatten seine Truppen die [[Wolga]] erreicht. Jedoch gelang es der [[Rote Armee|Roten Armee]] in mehreren spektakulären Operationen die Weißen zu schlagen. Die Versuche Koltschaks, durch Versprechungen und eine äußerst moderate Politik die Arbeiter und Bauern auf seine Seite zu ziehen, wurden ein Fehlschlag. Kurz bevor er Anfang 1920 von den Bolschewiki verhaftet wurde, übertrug Koltschak seine Macht als Oberbefehlshaber aller russischen Streitkräfte und Oberster Führer Russlands auf General Denikin. Koltschaks Macht war längst auf wenige Gebiete im Osten Russlands zusammengeschrumpft, und auch die Machtbasis Denikins schwand zusehends. Im Frühjahr 1920 wurde Koltschak dann nach kurzem Prozess standrechtlich erschossen. Denikins Truppen hatten ihre große Zeit im Sommer 1919, als sie sich bis auf wenige hundert Kilometer Moskau vom Süden her näherten, jedoch einige schwere Niederlagen hinnehmen mussten, was ihre Moral untergrub und sie zum Rückzug zwang. Nach der Zerschlagung der schlagkräftigsten Armee der Weißen Anfang Oktober 1919 wurde allmählich klar, dass die Bolschewiki aus dem Bürgerkrieg als Sieger hervorgehen würden. Anfang 1920 brach auch die Macht der Weißen im Norden Russlands, nachdem die Alliierten ihre Truppen abzogen und die Streitkräfte des zaristischen Generals [[Jewgeni Karlowitsch Miller|Jewgeni Miller]] allein der Roten Armee nicht standhalten konnten. |
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=== Vierte Etappe === |
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Diese Zeitspanne, die vom April 1920 bis Oktober 1922 dauerte, besiegelte die endgültige und vollständige Niederlage der antibolschewistischen Kräfte. Im April 1920, nach seinem eindeutigen Fiasko, gab General Denikin seine Befehlsgewalt an General [[Pjotr Wrangel]] ab und emigrierte in den Westen. Wrangel versuchte in den wenigen unter seiner Macht verbliebenen Gebieten im Süden Russlands und auf der Krim eine demokratisch legitimierte Staatsmacht zu gründen, deren wirtschaftliche Erfolge nach seinem Plan als Musterbeispiel dienen und den Bauern im übrigen Sowjetrussland einen Beweggrund zum antisowjetischen Aufstand geben sollten. Jedoch scheiterten alle seine Bemühungen am Mangel verfügbarer Ressourcen und am Unwillen der ortsansässigen Bevölkerung. Im November 1920 wurden die letzten Truppen der Weißen von der Halbinsel Krim vertrieben, wobei es zu bestialischen Racheakten der Rotarmisten an den gefangengenommenen und verwundeten weißen Soldaten kam. Wrangel flüchtete nach [[Konstantinopel]]. Fast ein Jahr länger hielten die weißen Truppen unter der Führung von [[Grigori Michailowitsch Semjonow|Grigorij Semjonow]] und [[Michail Diterichs]] im Fernen Osten durch. Mit Unterstützung [[Kaiserlich Japanische Armee|japanischer Truppen]] versuchten sie vergeblich, einen eigenständigen Fernost-Staat zu bilden. Mit der Einnahme von [[Wladiwostok]] Ende Oktober 1922 und der Flucht von Semjonow in die [[Mandschurei]] endete offiziell der Russische Bürgerkrieg.<ref>{{Internetquelle |url=http://knowledge.su/k/kolchaka-armii |titel=Колчака армии - «Энциклопедия» |abruf=2021-10-21 |sprache=ru}}</ref> |
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Überbleibsel der Weißen Armee ließen sich in [[Harbin]] und [[Shanghai]] nieder und bildeten dort ein der Internationalen Polizei unterstelltes Regiment, und nach der japanischen Invasion eine weißrussische Brigade in japanischen Diensten. Diese Verbände gingen mit der Invasion der UdSSR in [[Mandschuko]] unter.<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=JvgBicIU9mo WW2 Japan’s White Soldiers]</ref> |
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=== Bekannte Kommandeure === |
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{{Mehrspaltige Liste |liste= |
|||
* [[Michail Wassiljewitsch Alexejew]] |
|||
* [[Boris Wladimirowitsch Annenkow]] |
|||
* [[Alexander Iwanowitsch Beresowski]] |
|||
* [[Pawel Michailowitsch Bermondt-Awaloff]] |
|||
* [[Stanislaw Nikodimowitsch Bulak-Balachowitsch]] |
|||
* [[Anton Iwanowitsch Denikin]] |
|||
* [[Michail Gordejewitsch Drosdowski]] |
|||
* [[Michail Konstantinowitsch Diterichs]] |
|||
* [[Alexander Iljitsch Dutow]] |
|||
* [[Radola Gajda]] |
|||
* [[Peter Wladimir von Glasenapp]] |
|||
* [[Alexei Nikolajewitsch Grischin-Almasow]] |
|||
* [[Nikolai Iudowitsch Iwanow]] |
|||
* [[Nikolai Nikolajewitsch Judenitsch]] |
|||
* [[Alexei Maximowitsch Kaledin]] |
|||
* [[Wladimir Oskarowitsch Kappel]] |
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* [[Alexander Wassiljewitsch Koltschak]] |
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== Weitere, inhaltlich verwandte Begriffsverwendungen == |
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Die Begriffe ''Weiße Truppen'' und ''Weißgardisten'' verwendeten kommunistische Medien und Organisation noch bei späteren Auseinandersetzungen mit [[Suojeluskunta|konservativen Kräften]], beispielsweise während des [[Finnischer Bürgerkrieg|Finnischen Bürgerkriegs]] oder 1929 während des [[Sowjetisch-chinesischer Grenzkrieg (1929)|Sowjetisch-chinesischen Grenzkriegs]].<ref>[http://zefys.staatsbibliothek-berlin.de/dfg-viewer/?no_cache=1&set%5Bmets%5D=http%3A%2F%2Fzefys.staatsbibliothek-berlin.de%2Foai%2F%3Ftx_zefysoai_pi1%255Bidentifier%255D%3D170796ea-ed41-4947-8c27-32607e0dd3f3 ''Die Rote Fahne'', 18. August 1929.] Zeitungsinformationssystem ZEFYS der Staatsbibliothek zu Berlin, abgerufen am 17. September 2017</ref> Seltener findet sich eine Zusammenfassung der Nationalisten der Baltischen Staaten unter diesen Bezeichnungen. Für die zumeist paramilitärischen, gegen die linksrevolutionären Aufstände im Gefolge der [[Novemberrevolution]] eingesetzten völkisch-nationalistischen [[Freikorps]] in der Anfangsphase der [[Weimarer Republik]] in Deutschland fanden die Begriffe ebenfalls teilweise Anwendung, sie haben sich jedoch weder im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt, noch werden sie von der Geschichtswissenschaft verwendet. |
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== Siehe auch == |
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* [[Blaue Armee]] |
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* [[Freikorps]] |
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* [[Grüne Armee]] |
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* [[Liste von Panzerzügen der Weißen Armee]] |
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* [[Novemberrevolution]] |
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* [[Rote Armee]] |
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* [[Russischer Bürgerkrieg]] |
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* [[Slovensko domobranstvo|Slowenische Dorfwachen]] |
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* [[Weiße Armee (Finnland)]] |
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* [[Weiße Bewegung]] |
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* [[Weißer Terror#Russische Revolution|Weißer Terror]] |
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== Literatur == |
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* Владимир Черкасов-Георгиевский: ''Вожди белых армий.'' Русич, Смоленск 2003, ISBN 5-8138-0131-6.<!--, Vladimir Georgievič Čerkasov-Georgievskij: ''Vozdi belych armij.'' Rusič, Smolensk 2003.--> |
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* Семен Спиридонович Хромов: ''Гражданская война и военная интервенция в СССР.'' Сов. энцикл., Москва 1987.<!--, * S.Chromow (Hrsg.): ''Grazdanskaja vojna i voennaja intervencija v SSSR.'' Moskau 1987.--> |
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* ''[[Encyclopedia Judaica]].'' Bd. 14, S. 433–506. |
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* Karmann, Rudolf: Der Freiheitskampf der Kosaken. Die weiße Armee in der russischen Revolution 1917–1920. Puchheim 1985, Idea |
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* Nikolaus Katzer: ''Die Weiße Bewegung in Russland. Herrschaftsbildung, praktische Politik und politische Programmatik im Bürgerkrieg'' (= ''Beiträge zur Geschichte Osteuropas.'' Bd. 28). Böhlau, Köln u. a. 1999, ISBN 3-412-11698-X (zugleich: Bonn, Universität, Habilitationsschrift, 1996). |
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* Валерий Васильевич Клавинг: ''Гражданская война в России: белые армии.'' АСТ, Москва 2003, ISBN 5-17-019260-6.<!--, Valerij Klaving: ''Grazdanskaja vojna v Rossii: Belye armii.'' Moskau-St.Petersburg 2003.--> |
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* ''Военная энциклопедия.'' Bd. 1.<!--, Voennaja enciklopedija, Bd. 1. .--> |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 20. März 2025, 09:24 Uhr
Als Weiße Armee (russisch Белая армия Belaja armija; Originalschreibweise: Бѣлая армія), auch Weiße Garde (russisch Белая гвардия Belaja gwardija), bezeichnet man die Truppen der russischen Weißen Bewegung, die im Russischen Bürgerkrieg (1918–1922) gegen die Bolschewiki kämpften und deren Hauptkontrahenten waren. Keimzelle der Weißen Armee war die Freiwilligenarmee.
Die Weißen, deren bewaffneter Arm die Weiße Armee war, vereinten politisch sehr unterschiedliche Kräfte der russischen Gesellschaft, deren Vorstellungen über die Methoden, die Richtung und die Ziele des Kampfes gegen Sowjetrussland stark differierten. Dementsprechend waren weder die Weiße Bewegung noch die Weiße Armee jemals eine einheitliche politische bzw. militärische Kraft, sondern blieben stets nur eine eher lose Vereinigung verschiedener Gruppierungen, deren einziges einigendes Band die Gegnerschaft zu den Bolschewiki war. Ihre einzelnen Glieder versuchten in wechselnden internen Allianzen und mit Unterstützung der Ententemächte und anderer Siegerstaaten des Ersten Weltkrieges, nicht selten aber auch im Alleingang den Sieg über die Bolschewiki zu erringen und auf diese Weise ihre spezifischen Vorstellungen über eine Nachkriegsordnung umzusetzen. Die fehlende innere Geschlossenheit, vor allem aber das Fehlen eines Programms, das politische und soziale Reformen vorgesehen hätte, die von einem Großteil der russischen Bevölkerung gewünscht wurden, hatten entscheidenden Anteil daran, dass die Weißen und ihre Streitkräfte nie die Masse der Bevölkerung auf ihre Seite ziehen konnten und letztlich im Bürgerkrieg unterlagen.
Russland, Russischer Bürgerkrieg
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Bewaffnete Formationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu unterschiedlichen Zeiten verfügte die Weiße Armee über folgende bewaffnete Formationen oder Kampfverbände:
Im Norden
• Nördliche Armee oder auch Streitkräfte Nördliche Region (August 1918) |
Im Nord-Westen
• Nördliches Korps (Oktober 1918) ↓ | ||||
• Nord-Westliche Armee (Juli 1919) |
• Westrussische Befreiungsarmee (Herbst 1919) |
Im Süden
• Freiwilligenarmee (Januar 1918) ↘ |
• Don-Armee (April 1918) ↙ | |||
• Streitkräfte Südrusslands (Januar 1919) ↓ | ||||
• Russische Wrangel-Armee auf der Krim (Mai 1920) |
Im Osten
• Volksarmee Komutsch (Juni 1918) ↘ |
• Sibirische Armee (Juni 1918) ↙ | |||
• Ostfront der Russischen Armee (September 1918) ↓ | ||||
• Fernöstliche Armee (April 1920) ↓ | ||||
• Weiße Rebellenarmee (1921) ↓ | ||||
• Stände Heer (Semstwo рать) (1922) |
In Nord-Asien
- Turkestanische Militärorganisation (Februar 1918)
- Turkestanische Armee (April 1919)
- Bauernarmee Ferghana (Juni 1919)
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erste Truppen der weißen Armee wurden bald nach der Oktoberrevolution von 1917 als eine Antwort von Teilen der mit der bolschewistischen Machtergreifung nicht einverstandenen russischen Gesellschaft in Nowotscherkassk von General Michail Wassiljewitsch Alexejew am 25. Dezember 1917jul. / 7. Januar 1918greg. gebildet und unter dem Namen „die Freiwilligenarmee“ bekannt. Erster Kommandeur wurde General Kornilow, während Alexejew zum obersten Leiter aller Truppenteile aufstieg. Zu dieser Zeit zählte die Freiwilligenarmee nur 2.000 Mitglieder. Im Sommer 1918 entstanden ähnliche militärische Einheiten im Osten von Russland und ein Jahr später im Norden und Nordwesten. Die größten von ihnen waren:
- Bewaffnete Kräfte des Süden Russlands unter dem Kommando von General Denikin,
- Armee unter dem Kommando des Admirals Koltschak und die
- Russische Armee auf der Krim.
Weiß sollte dabei als traditionelles Symbol aus der orthodoxen Kirche die Reinheit der Idee und die Gerechtigkeit signalisieren. Die Mitglieder der weißen Kräfte nannte man Weißgardisten, ihr Widerpart waren die Rotgardisten.
Personelle Zusammensetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Komplettierung weißer Armeen wurde unterschiedlich durchgeführt. Neben den Freiwilligen bestanden sie größtenteils aus Wehrpflichtigen, die durch Mobilisierungen einberufen wurden, wobei Nötigung und Gewaltanwendung nicht ausgeschlossen wurden. Ab Mitte 1919 zwang man auch die gefangen genommenen Rotarmisten zum „freiwilligen Eintritt“ in weiße Truppen; im Herbst des gleichen Jahres stellten sie in etlichen Einheiten fast 60 % der Gesamtstärke. Ihre zahlenmäßige Zunahme führte zu negativen Erscheinungen, da die Freiwilligen, die besonders ideologisch motiviert waren, sich zunehmend in der Masse derer auflösten, die den Idealen der weißen Bewegung gleichgültig bis feindlich gegenüberstanden. Dies führte zu gravierendem Verlust von Kampfmoral und -kraft.
Die bolschewistische Propaganda versprach zudem die sofortige Lösung aller kardinaler Fragen, während die Führer der weißen Bewegung zögerten, die großen Probleme entschieden anzupacken. Ihr Ziel blieb die Neueinberufung der von den Bolschewiki aufgelösten verfassunggebenden Versammlung von 1918, die dann in einem demokratischen Prozess das politische System des Landes regeln und erst nachher die lebenswichtigen Probleme der russischen Gesellschaft lösen sollte. Dies führte mit der Zeit zum moralischen Verfall und Defätismus. Einen großen Prozentsatz weißer Kämpfer stellten niedere Offiziersränge, vor allem Unteroffiziere dar, die üblicherweise über eine gute militärische Ausbildung und reichliche militärische Erfahrung verfügten. Den Kern bildeten Offiziere der alten zaristischen Armee. Die Kommandostruktur kann man grob in drei Gruppen teilen: Oben standen Generäle, die bereits vor der Oktoberrevolution höchste Posten innehatten. Darauf folgten die Offiziere, die sich erst während des Bürgerkrieges profiliert hatten, aber bereits vorher als Offiziere dienten. Die dritte Gruppe bildeten Unteroffiziere der alten russischen Armee, die sich erst durch ihre Verdienste zu den Offiziersrängen hochgedient hatten.
Organisation und Strategie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Bildung von weißen Armeen wurde zum größten Teil die Organisationsstruktur der alten russischen Armee übernommen. Üblicherweise bildete bei der Infanterie ein Bataillon den Grundstein einer Einheit, während es sich bei der Kavallerie um eine Schwadron handelte. Eine Ausnahme bildeten nur die Kosaken, bei denen an die Stelle der Schwadron eine Hundertschaft trat. Alle Truppenteile bildeten Regimenter, die dann zu Divisionen verbunden waren. Ein Korps bestand aus zwei bis drei Divisionen. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht zählten die Armeen von Koltschak und Wrangel durchschnittlich zwei bis drei Korps. Bewaffnet waren die Weißgardisten mit Gewehren, Maschinengewehren und Artillerie und besaßen etliche Panzerzüge. Ein großer Teil der Munition und Waffen stammte aus den Lagern der Westmächte, die insbesondere in den ersten Jahren mit nicht unerheblichen Mitteln versucht hatten, den Weißen unter die Arme zu greifen. Die Kriegskunst basierte auf den Erfahrungen, die während des Ersten Weltkriegs gewonnen worden waren. Allerdings schwächte die Weiße Bewegung sich selbst durch Zerstrittenheit innerhalb der militärischen Führung und das Fehlen einer starken aufeinander abgestimmten Organisierung von Militäroperationen, was der Roten Armee später einen Sieg ermöglichte. Die weißen Kommandeure waren gute, jedoch keine überragenden Feldherren und Strategen. Geschwächt hat sie auch, dass mehrere berühmte zaristische Generale wie z. B. Alexei Alexejewitsch Brussilow sich den antibolschewistischen Truppen nicht anschlossen und mehr noch, die neu gebildete Rote Armee mit Rat und Tat unterstützten. Hinsichtlich der Strategie zogen die Weißen, da sie überproportional viel Kavallerie besaßen, die konzentrierten schnellen Vorstöße in bestimmten Hauptrichtungen den groß angelegten frontalen Infanterieangriffen vor. Außerdem hatten sich bestimmte Einheiten, wie das Korps des General Mamontow, auf überfallartige Angriffe „spezialisiert“, deren Ziel Desorganisierung und Verbreitung von Panik in den Reihen der Roten Armee war. Um die Front zu stabilisieren, setzte man auf tief gestaffelte Regimenter, eine robuste Reserve und verstärkte Manöver, die zu einem Gegenangriff auf bestimmte, als schwach identifizierte Stellen führten. Überhaupt wurde einem Gegenangriff großes Gewicht beigemessen, der bei einer guten Organisation eine entscheidende Rolle spielen konnte. Dass die große kämpferische, strategische und taktische Erfahrung der Weißen Bewegung trotzdem nicht zu ihrem Sieg führte, lag unter anderem an der Tatsache, dass ein Gros der Roten Kommandeure auch zaristische Militärschulen und -akademien absolviert hatten und folglich über den gleichen Kenntnisstand verfügten wie ihre Gegner. In dieser Situation saßen die Bolschewiki in dem Moment am längeren Hebel, wo es ihnen gelang, ihre Truppen zu organisieren und zu disziplinieren.
Ziele und Ursachen des Scheiterns
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Weißen Armeen vertraten eine konservative Einstellung bezüglich der künftigen Strukturierung und Entwicklung Russlands. Sie kämpften für die Erhaltung der territorialen Integrität des Landes, den Schutz der russischen Staatlichkeit, Neuwahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung und die sukzessive Demokratisierung des Landes. Als besonders wichtig galt die Wiedereinführung von Privateigentum und sein Schutz, die Einführung der allgemeinen Schulpflicht für Grundschüler, Lösung der Bodenfrage, Anerkennung von Autonomiebestrebungen mehrerer Völker und Schutz von Handelsfreiheit. Unter dem Motto „Für ein großes, geeintes und unteilbares Russland“ versuchten die führenden Ideologen wie Pjotr Struwe oder Wassili Schulgin die unterschiedlichen Interessen der Kommandeure der Bewegung miteinander in Einklang zu bringen, was aber letztlich misslang. Diese Zerstrittenheit und Missgunst gepaart mit dem Versuch, alle Fragen bis zur Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung aufzuschieben, waren für das Scheitern maßgeblich. Dieses Zögern rief Misstrauen und abwartende Haltung in der Bevölkerung hervor. Die Ideologen der weißen Bewegung konzentrierten sich viel zu stark auf militärische Seiten des Kampfes, während die für einfache Bauern und Arbeiter lebenswichtigsten und drängendsten Probleme als zweit-, wenn nicht drittrangig erschienen. Verstärkter Separatismus in von nichtrussischer Bevölkerung besiedelten Gebieten des riesigen Reiches und unter den Kosaken führte mitunter zu absurden Situationen des Kampfes jeder gegen jeden, zu kurzfristigen Allianzen zwischen sich eigentlich feindselig gegenüberstehenden Widersachern und zu rasanter Verschiebung der Fronten.
Beteiligung an Pogromen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im russischen Bürgerkrieg kam es besonders in der Ukraine an der jüdischen Bevölkerung zu zahllosen Pogromen und wilden Massakern, an denen unter anderem auch Soldaten der Weißen Armee beteiligt waren. Im Sommer 1919 steigerte sich die Weiße Armee bei ihrem Vormarsch aus der Don-Region Richtung Moskau in einen Blutrausch, der beim Pogrom in Fastow mit 1.500 Toten den Höhepunkt erreichte. Auch unter Kommando der Roten Armee kam es zu vereinzelten Pogromen, aber die Bolschewiki waren die einzigen, die die Pogrome durch die Truppen scharf verurteilten und bekämpften.[1]
Erste Etappe der weißen Bewegung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach der Abdankung des Kaisers Nikolaus II. im März 1917 versuchten die Monarchisten und Vertreter der Partei der konstitutionellen Demokraten, sich zu einem Block zu vereinigen, um die Entwicklung der revolutionären Bewegung im Land zu stoppen. Als die von vielen ersehnte „harte Hand“ schlugen sie den General Kornilow vor, der als Oberbefehlshaber der russischen Armee großes Ansehen genoss. Am 21. Augustjul. / 3. September 1917greg. setzte er einige Truppen in Richtung Sankt Petersburg in Marsch, jedoch scheiterte sein Versuch an der Unwilligkeit der Soldaten. Genauso vom Misserfolg heimgesucht war der Versuch des gestürzten Regierungschefs Kerenski, mit Hilfe des 3. Kavalleriekorps unter dem Befehl des Generals Pjotr Krasnow sofort nach der erfolgreichen Oktoberrevolution die Bolschewiki von der Macht zu verdrängen (Aufstand von Kerenskij-Krasnow).
Im November erklärten mehrere Kosakenführer im Süden Russlands ihre Nichtanerkennung der Sowjetmacht, und gleichzeitig setzte General Alexejew die Bildung einer neuen Armee, sog. Freiwilligenarmee, im Gebiet des Don fort. Im Dezember wurde in Nowotscherkassk das Triumvirat der drei zaristischen Generäle Alexejew, Kaledin und Kornilow gebildet, das zu einem Prototyp der künftigen russischen Regierung erklärt wurde. Im Kuban-Gebiet wurde im November 1917 eine Regierung des Kubaner Kreises unter der Führung von Bytsch gebildet, die sich im März 1918 mit der Freiwilligenarmee verbündete. Nicht nur im Süden und Osten Russlands, sondern auch in den zentralen Kerngebieten des Landes setzte ein immer stärker werdender Widerstand gegen die Bolschewiki ein. Im Frühling 1918 gründeten Vertreter verschiedener politischer Gruppierungen in Moskau die „Union der Wiedergeburt Russlands“, die offen extrem antisowjetische und antikommunistische Positionen vertrat. Die führenden Vertreter waren die Konstitutionellen Demokraten Astrow und Kischkin, die Sozialrevolutionäre Awksentjew und Argunow und andere.
Zweite Etappe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In dieser Zeit (vom April 1918 bis Februar 1919) erweiterte sich der Widerstand gegen die bolschewistische Bewegung fast auf das ganze Territorium Sowjetrusslands. Hauptursachen dafür waren die äußerst unpopuläre Politik der sowjetischen Regierung hinsichtlich der Bauern, bekannter als Kriegskommunismus, und die Zunahme der nationalistischen Stimmungen unter dem Eindruck des für Russland schmachvollen Friedensvertrags von Brest-Litowsk. Die weißen Kommandeure versuchten, diese Ressentiments in der Bevölkerung auszunutzen. General Denikin, der neue Oberbefehlshaber im Süden Russlands, bildete mehrere Allianzen mit verschiedenen politischen Strömungen und trat in direkte Verbindung mit der Entente. In ganz Russland bildeten sich Zentren des Widerstandes und illegale Komitees und Verbände im Kampf gegen den „Bolschewismus“. Anfang Februar 1919 erstreckte Denikin sein Einflussgebiet auf den Nordkaukasus. Juni–Juli 1918 besetzten tschechische Legionäre innerhalb einiger Wochen ganz Westsibirien und das Wolga-Gebiet. Durch solche Entwicklungen ermuntert, bildeten die Vertreter mehrerer antikommunistischer und demokratischer Organisationen eine provisorische Regierung in der Stadt Ufa, das sogenannte Ufimer Direktorium, das am Ende des Jahres von Admiral Koltschak abgesetzt und auseinandergetrieben wurde. Er erklärte sich selber, unterstützt von großen Teilen der Entente und des Offizierskorps, zum Obersten Führer Russlands und zum Oberbefehlshaber aller russischen Streitkräfte. Vor allem Großbritannien, USA und Frankreich unterstützten ihn finanziell und materiell. Anfang August 1918 bildeten in der Stadt Archangelsk die Vertreter von Konstitutionellen Demokraten, Sozialrevolutionären und Volkssozialisten die Oberverwaltung des Nordens, mit dem Politiker Nikolai Tschaikowski als Vorsitzenden. Gleichzeitig landeten dort amerikanische und britische Truppen, die später, nach dem misslungenen Angriff auf Wologda, abgezogen wurden. Im Nordwesten Russlands bildete General Judenitsch eine eigene Armee, die direkt gegen St. Petersburg vorging und die Stadt mehrere Wochen belagerte. Mit Hilfe der Regierung von Estland wurde das Nordische Korps zu einer der schlagkräftigsten weißen Einheiten im Norden Russlands.
Dritte Etappe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sie dauerte vom März 1919 bis zum März 1920 und war sowohl durch schwere Niederlagen als auch große Siege der Weißen gekennzeichnet. Im Frühling 1919 wurden in Moskau einige Untergrundorganisationen gebildet. Ende Mai 1919 gründete das „Russische Komitee“ in Helsinki eine sogenannte „Politische Versammlung“ zum Aufbau einer einheitlichen Front aus Finnland und unabhängig gewordenen baltischen Ländern gegen Sowjetrussland. In der Deklaration „Zur Bevölkerung russischer Gebiete der Nord-West-Front“ forderte sie die Wiedererrichtung des „einheitlichen, großen und unteilbaren Russlands“, eine einheitliche Bodenreform und Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung. Im August 1919 bildete General Judenitsch eine „Regierung der nordwestlichen Gebiete“, die fast wortwörtlich das Programm der „Politischen Versammlung“ übernahm. Am 19. Juni wurden durch ein Dekret des Oberbefehlshabers Koltschak die Truppen Judenitschs zur Nord-West Armee umgebildet, deren Versuche St. Petersburg einzunehmen alle scheiterten. Ende 1919 zerfiel die Nord-West Armee in mehrere Teile, die sich alle ins Baltikum absetzten. Gleichzeitig hörte die „Regierung der nordwestlichen Gebiete“ auf zu existieren.
Koltschak begann im März 1919 einen groß angelegten Angriff auf die zentralrussischen Gebiete, und bereits Ende April hatten seine Truppen die Wolga erreicht. Jedoch gelang es der Roten Armee in mehreren spektakulären Operationen die Weißen zu schlagen. Die Versuche Koltschaks, durch Versprechungen und eine äußerst moderate Politik die Arbeiter und Bauern auf seine Seite zu ziehen, wurden ein Fehlschlag. Kurz bevor er Anfang 1920 von den Bolschewiki verhaftet wurde, übertrug Koltschak seine Macht als Oberbefehlshaber aller russischen Streitkräfte und Oberster Führer Russlands auf General Denikin. Koltschaks Macht war längst auf wenige Gebiete im Osten Russlands zusammengeschrumpft, und auch die Machtbasis Denikins schwand zusehends. Im Frühjahr 1920 wurde Koltschak dann nach kurzem Prozess standrechtlich erschossen. Denikins Truppen hatten ihre große Zeit im Sommer 1919, als sie sich bis auf wenige hundert Kilometer Moskau vom Süden her näherten, jedoch einige schwere Niederlagen hinnehmen mussten, was ihre Moral untergrub und sie zum Rückzug zwang. Nach der Zerschlagung der schlagkräftigsten Armee der Weißen Anfang Oktober 1919 wurde allmählich klar, dass die Bolschewiki aus dem Bürgerkrieg als Sieger hervorgehen würden. Anfang 1920 brach auch die Macht der Weißen im Norden Russlands, nachdem die Alliierten ihre Truppen abzogen und die Streitkräfte des zaristischen Generals Jewgeni Miller allein der Roten Armee nicht standhalten konnten.
Vierte Etappe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Diese Zeitspanne, die vom April 1920 bis Oktober 1922 dauerte, besiegelte die endgültige und vollständige Niederlage der antibolschewistischen Kräfte. Im April 1920, nach seinem eindeutigen Fiasko, gab General Denikin seine Befehlsgewalt an General Pjotr Wrangel ab und emigrierte in den Westen. Wrangel versuchte in den wenigen unter seiner Macht verbliebenen Gebieten im Süden Russlands und auf der Krim eine demokratisch legitimierte Staatsmacht zu gründen, deren wirtschaftliche Erfolge nach seinem Plan als Musterbeispiel dienen und den Bauern im übrigen Sowjetrussland einen Beweggrund zum antisowjetischen Aufstand geben sollten. Jedoch scheiterten alle seine Bemühungen am Mangel verfügbarer Ressourcen und am Unwillen der ortsansässigen Bevölkerung. Im November 1920 wurden die letzten Truppen der Weißen von der Halbinsel Krim vertrieben, wobei es zu bestialischen Racheakten der Rotarmisten an den gefangengenommenen und verwundeten weißen Soldaten kam. Wrangel flüchtete nach Konstantinopel. Fast ein Jahr länger hielten die weißen Truppen unter der Führung von Grigorij Semjonow und Michail Diterichs im Fernen Osten durch. Mit Unterstützung japanischer Truppen versuchten sie vergeblich, einen eigenständigen Fernost-Staat zu bilden. Mit der Einnahme von Wladiwostok Ende Oktober 1922 und der Flucht von Semjonow in die Mandschurei endete offiziell der Russische Bürgerkrieg.[2]
Überbleibsel der Weißen Armee ließen sich in Harbin und Shanghai nieder und bildeten dort ein der Internationalen Polizei unterstelltes Regiment, und nach der japanischen Invasion eine weißrussische Brigade in japanischen Diensten. Diese Verbände gingen mit der Invasion der UdSSR in Mandschuko unter.[3]
Bekannte Kommandeure
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Michail Wassiljewitsch Alexejew
- Boris Wladimirowitsch Annenkow
- Alexander Iwanowitsch Beresowski
- Pawel Michailowitsch Bermondt-Awaloff
- Stanislaw Nikodimowitsch Bulak-Balachowitsch
- Anton Iwanowitsch Denikin
- Michail Gordejewitsch Drosdowski
- Michail Konstantinowitsch Diterichs
- Alexander Iljitsch Dutow
- Radola Gajda
- Peter Wladimir von Glasenapp
- Alexei Nikolajewitsch Grischin-Almasow
- Nikolai Iudowitsch Iwanow
- Nikolai Nikolajewitsch Judenitsch
- Alexei Maximowitsch Kaledin
- Wladimir Oskarowitsch Kappel
- Alexander Wassiljewitsch Koltschak
- Lawr Georgijewitsch Kornilow
- Pjotr Nikolajewitsch Krasnow
- Alexander Pawlowitsch Kutepow
- Konstantin Konstantinowitsch Mamontow
- Jewgeni Karlowitsch Miller
- Anatoli Nikolajewitsch Pepeljajew
- Wiktor Leonidowitsch Pokrowski
- Andrei Grigorjewitsch Schkuro
- Grigori Michailowitsch Semjonow
- Wladimir Sergejewitsch Tolstow
- Sergei Georgijewitsch Ulagai
- Roman von Ungern-Sternberg
- Pjotr Nikolajewitsch Wrangel
Weitere, inhaltlich verwandte Begriffsverwendungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Begriffe Weiße Truppen und Weißgardisten verwendeten kommunistische Medien und Organisation noch bei späteren Auseinandersetzungen mit konservativen Kräften, beispielsweise während des Finnischen Bürgerkriegs oder 1929 während des Sowjetisch-chinesischen Grenzkriegs.[4] Seltener findet sich eine Zusammenfassung der Nationalisten der Baltischen Staaten unter diesen Bezeichnungen. Für die zumeist paramilitärischen, gegen die linksrevolutionären Aufstände im Gefolge der Novemberrevolution eingesetzten völkisch-nationalistischen Freikorps in der Anfangsphase der Weimarer Republik in Deutschland fanden die Begriffe ebenfalls teilweise Anwendung, sie haben sich jedoch weder im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt, noch werden sie von der Geschichtswissenschaft verwendet.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Blaue Armee
- Freikorps
- Grüne Armee
- Liste von Panzerzügen der Weißen Armee
- Novemberrevolution
- Rote Armee
- Russischer Bürgerkrieg
- Slowenische Dorfwachen
- Weiße Armee (Finnland)
- Weiße Bewegung
- Weißer Terror
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Владимир Черкасов-Георгиевский: Вожди белых армий. Русич, Смоленск 2003, ISBN 5-8138-0131-6.
- Семен Спиридонович Хромов: Гражданская война и военная интервенция в СССР. Сов. энцикл., Москва 1987.
- Encyclopedia Judaica. Bd. 14, S. 433–506.
- Karmann, Rudolf: Der Freiheitskampf der Kosaken. Die weiße Armee in der russischen Revolution 1917–1920. Puchheim 1985, Idea
- Nikolaus Katzer: Die Weiße Bewegung in Russland. Herrschaftsbildung, praktische Politik und politische Programmatik im Bürgerkrieg (= Beiträge zur Geschichte Osteuropas. Bd. 28). Böhlau, Köln u. a. 1999, ISBN 3-412-11698-X (zugleich: Bonn, Universität, Habilitationsschrift, 1996).
- Валерий Васильевич Клавинг: Гражданская война в России: белые армии. АСТ, Москва 2003, ISBN 5-17-019260-6.
- Военная энциклопедия. Bd. 1.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wolfgang Benz (Hrsg.), Handbuch des Antisemitismus, Band 4: Ereignisse, Dekrete, Kontroversen, S. 297, K. G. Saur Verlag GmbH & Company, 2011
- ↑ Колчака армии - «Энциклопедия». Abgerufen am 21. Oktober 2021 (russisch).
- ↑ WW2 Japan’s White Soldiers
- ↑ Die Rote Fahne, 18. August 1929. Zeitungsinformationssystem ZEFYS der Staatsbibliothek zu Berlin, abgerufen am 17. September 2017