„Umweltbewusstsein“ – Versionsunterschied
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Das '''Umweltbewusstsein''' ist |
Das '''Umweltbewusstsein''' ist die Einsicht eines [[Mensch]]en in die Tatsache, dass Menschen die [[natürliche Umwelt]] – und damit die Lebensgrundlage der Menschen – durch ihr Tun und Lassen bzw. durch Eingriffe in die [[Umwelt]] [[Umweltschaden|schädigen]] oder ihr [[Natürlichkeit|natürliches]] [[Ökologisches Gleichgewicht|Gleichgewicht]] gefährden. |
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Das Umweltbewusstsein setzt sich zusammen aus dem [[Umweltwissen]], den [[Umwelteinstellung]]en, den [[Verhaltensintention]]en bezüglich der Umwelt und dem tatsächlichen [[Umweltverhalten]] eines Menschen. |
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Das Umweltbewusstsein entstand vor allem in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, angestoßen unter anderem durch den Bericht ''Die Grenzen des Wachstums'' des [[Club of Rome]] (1972). Aber auch zahlreiche Umweltkatastrophen und sichtbare [[Umweltverschmutzung]] trug zum größer gewordenen Bewusstsein bei, dass die Industrialisierung nicht mehr ohne Rücksicht auf die Umwelt fortgeführt werden konnte. Sicherlich spielte auch die [[68er-Bewegung]] eine Rolle. |
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== Chronologie der Entstehung von Umweltbewusstsein in der Bevölkerung == |
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Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das erstmals [[1983]] so benannte [[Waldsterben]] und die [[Katastrophe von Tschernobyl]] von [[1986]]. Oft wird die erste Hälfte der 1980er Jahre als "Höhepunkt" der Umweltbewegung und eines besonders starken Umweltbewusstseins angesehen. In diese Phase fällt auch die Gründung der Partei ''Die Grünen'' (heute: [[Bündnis 90/Die Grünen]]) 1980 sowie von bekannten Umweltschutzgruppen wie [[Greenpeace]] (deutsche Sektion ab 1980) oder [[ROBIN WOOD]] (1982). |
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Der Beginn der [[Umweltbewegung]] und des Umweltbewusstseins wird in Europa und insbesondere in Deutschland im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit der [[Industrialisierung]] und [[Romantik]] datiert.<ref>{{Literatur |Autor=[[Nils Franke]] |Titel=Naturschutz - Landschaft - Heimat : Romantik als eine Grundlage des Naturschutzes in Deutschland |Verlag=Springer VS |Ort=Wiesbaden |Datum=2017 |ISBN=978-3-658-14834-8 }}</ref> Der biozentrisch ausgerichtete [[Naturschutz]] und damit das [[Naturbewusstsein]] hat in Europa konservative und nationale Wurzeln u. a. mit [[Ernst Rudorff]], dem Gründer des [[Bund Heimat und Umwelt in Deutschland]], [[Hugo Conwentz]], dem ersten Leiter der [[Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen|Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen]] und [[Lina Hähnle]], die den Bund für Vogelschutz gründete, aus dem der heutige [[Naturschutzbund Deutschland]] hervorgegangen ist. |
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In den 1990er Jahren waren die [[UNCED|Konferenz für Umwelt und Entwicklung]] der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] ([[UNCED]]) in [[Rio de Janeiro]] und die darauf aufbauende [[Agenda 21]] häufig in den Medien genannt, was den Umweltschutz erneut breiten Bevölkerungsschichten nahe brachte. |
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Eine zweite Phase Umweltbewusstsein, das – im Unterschied zum [[Naturbewusstsein]] – auch die abiotische Umwelt (Wasser, Luft, Boden) einschließt und den Einfluss des Menschen auf die Biosphäre in den Blick nimmt, beginnt in den 1960er Jahren. Einflussreich waren |
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* [[Willy Brandt]]s Ausspruch: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muß wieder blau werden!“, 1961 |
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* das Buch [[Der stumme Frühling]] von [[Rachel Carson]], Erstveröffentlichung 1962 |
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* der erste [[Tag der Erde]] 1970 |
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* der Bericht ''[[Die Grenzen des Wachstums]]'' des [[Club of Rome]] (1972), |
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* die UN-Weltumweltkonferenz ([[Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen]]) in Stockholm 1972, |
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* die erste [[Ölkrise]] 1973, |
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* zahlreiche [[Umweltkatastrophe]]n und durch immer sichtbarere [[Umweltverschmutzung]], |
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* die [[68er-Bewegung]] sowie |
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* staatliche Stellen und Parteien: zum Beispiel wurde 1973 auf Betreiben der [[Freie Demokratische Partei|FDP]] (siehe „[[Freiburger Thesen]]“) eine 'Bundesstelle für Umweltangelegenheiten' geschaffen (ab 22. Juli 1974 [[Umweltbundesamt (Deutschland)|Umweltbundesamt]]). |
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Die [[Ökologie]], die als Wissenschaft ebenfalls im 19. Jahrhundert wurzelt, wurde seit etwa 1970 zunehmend Grundlage für politische Entscheidungen und prägt seitdem das Umweltwissen und Umweltbewusstsein ([[Geschichte der Ökologie#Politisierung und Popularisierung der Ökologie ab etwa 1970|Geschichte der Ökologie]]). |
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Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das erstmals 1983 so benannte [[Waldsterben]], die [[Atomenergie|Atom]]-[[Katastrophe von Tschernobyl]] von 1986 und weitere Ereignisse, wie den „[[Grossbrand von Schweizerhalle|Rhein-GAU]]“ im selben Jahr, bei dem ca. 30 Tonnen [[Umweltgefährliche Stoffe|schädliche Chemikalien]] aus dem [[Basel|Basler]] Chemiekonzern [[Sandoz]] (heute [[Novartis]]) in den schon vorher stark verödeten [[Rhein]] flossen. Oft wird die erste Hälfte der 1980er Jahre als „Höhepunkt“ der Umweltbewegung und eines besonders starken Umweltbewusstseins angesehen. In diese Phase fällt auch die Gründung der Partei ''Die Grünen'' (heute: [[Bündnis 90/Die Grünen]]) 1980 sowie von bekannten [[Umweltschutzorganisation|Umweltschutzgruppen]] wie [[Greenpeace]] (deutsche Sektion ab 1980) oder [[Robin Wood]] (1982). |
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Bei allem durchaus in allen Bevölkerungsschichten nachweislich vorhandenen Umweltbewusstsein gilt es zu beachten, dass, wie Studien belegen, gerade in diesem Zusammenhang oftmals Bewusstsein nicht mit ''praktischem Verhalten'' gleichzusetzen ist. Lediglich in sogenannten "low-cost-Situationen", in Situationen also, in denen die Realisierung umweltschonender Verhaltensalternativen mit relativ geringen (zusätzlichen) Kosten verbunden ist, führt Umweltbewusstsein auch zu einschlägigem Verhalten. Der Begriff [[Kosten]] (als Gegenstück zum Begriff [[Nutzen]]) sei hierbei im Sinne der ökonomischen Verhaltenstheorie (vgl. [[homo oeconomicus]]) als jeglicher Aufwand, sei es physischer, zeitlicher, geldlicher oder anderer Art, verstanden. |
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In den 1980er Jahren haben die christlichen Kirchen weltweit das Umweltbewusstsein im [[Konziliarer Prozess|Konziliaren Prozess]] mit dem Motiv der [[Bewahrung der Schöpfung]] stimuliert. |
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Vor diesem Hintergrund ist man in der [[Umweltpolitik]] strategisch vom ''individualpolitischen Ansatz'', welcher das Umweltbewusstsein fördern und die Menschen durch Überzeugung zu umweltfreundlicherem Verhalten zu veranlassen versucht, abgerückt, und präferiert stattdessen ''ökonomische Instrumente'' (z. B. [[Ökosteuer]]n oder [[Emissionszertifikat]]e), deren Vorteil darin besteht, dass sie umweltfreundliches Verhalten mit Hilfe ökonomischer Anrzeizstrukturen belohnen. |
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Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] hat 1987 mit dem [[Brundtland-Bericht]] die Motive der [[Generationengerechtigkeit]] und [[Nachhaltigkeit]] in die weltweite [[Umweltpolitik]] eingebracht. Vom 3. bis 14. Juni 1992 fand die auch „Erdgipfel“ genannte [[Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung]] (UNCED) in [[Rio de Janeiro]] statt. Die Unterzeichnerstaaten betonten in der dort verabschiedeten [[Agenda 21]], dass es ohne ein Umweltbewusstsein keine Lösung der global bedeutsamen [[Umweltproblem]]atik geben könne. |
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Mit weltweiten Bewegungen, insbesondere [[Fridays for Future]] und [[Extinction Rebellion]], kamen seit 2019 das Handlungsmotiv der [[Generationengerechtigkeit]] und das Konzept der [[Planetare Grenzen|Planetaren Grenzen]] mit den Schwerpunkten [[Klimaschutz]] und [[Artenschutz]] ins Umweltbewusstsein mit Forderungen für das politische Handeln. |
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Literatur: |
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Die häufige Thematisierung des Umweltproblems bis heute – auch in den Medien – beeinflusste das immer größer werdende Bewusstsein der Menschen zusätzlich. Der Informationsstand der Menschen über Umwelt, Natur, Risiken etc. verbesserte sich (Umweltwissen) und auch die auf Umwelt bezogenen Wertehaltungen und Grundeinstellungen wurden sensibilisiert (Umwelteinstellung). Viele Menschen entwickelten daher eine zunehmende Handlungsbereitschaft und positive Verhaltensintentionen bezüglich des Umweltschutzes und bekundeten, ihr Umweltverhalten zu überdenken. |
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Untersuchungen des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein der Deutschen unter http://www.umweltbewusstsein.de |
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== Umweltbewusstsein und Umweltverhalten == |
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Diekmann, Andreas, und Peter Preisendörfer: Umweltsoziologie. Eine Einführung, Reinbek 2001, ISBN 3-499-55595-6 |
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Obwohl beispielsweise in Deutschland Großteile aller Bevölkerungsschichten nachweislich ein Umweltbewusstsein entwickelt haben, lässt sich das ''Alltagsverhalten'' der Menschen – wie Studien belegen – oftmals nicht mit Informationsstand, Wertehaltungen und Verhaltensintentionen erklären. Es existiert also eine Kluft zwischen den Einstellungen einiger Menschen und ihrem tatsächlichen Verhalten. Aus medizinisch-psychosomatischer Sicht ist eine Ursache für das Ausbleiben eines Verhaltens, das dem Umweltwissen folgt, dass die Umweltveränderungen schleichend verlaufen.<ref name="Nikendei SZ 2021">{{Literatur |Autor=Michaela Haas |Titel=Wir leben nicht mehr im Einklang mit der Natur, sondern funktionalisieren sie. Obwohl sie es besser wissen, fällt es vielen Menschen schwer, aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun. |
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Poferl, Angelika, Karin Schilling und Karl-Werner Brand: Umweltbewusstsein und Alltagshandeln. Eine empirische Untersuchung sozial-kultureller Orientierungen, Opladen 1997, ISBN 3-8100-1904-6 |
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Der Psychosomatiker Christoph Nikendei erklärt, woher dieser Widerspruch kommt – und wie man sich aus dieser Starre lösen kann. | |
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Sammelwerk=[[Süddeutsche Zeitung]] |Datum=2021-07-05 |Online=https://sz-magazin.sueddeutsche.de/wissen/klimawandel-psychologie-handeln-90375}}</ref> |
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Nur in sogenannten „low-cost-Situationen“, in Situationen also, in denen die Realisierung umweltschonender Verhaltensalternativen mit relativ geringen (zusätzlichen) Kosten verbunden ist, führt vorhandenes Umweltbewusstsein regelmäßig zu umweltgerechtem Verhalten. Der Begriff [[Kosten]] (als Gegenstück zum Begriff [[Nutzen (Wirtschaft)|Nutzen]]) sei hierbei (im Sinne der ökonomischen Verhaltenstheorie, vgl. [[Homo oeconomicus]]) als jeglicher Aufwand, sei er physischer, zeitlicher, geldlicher oder anderer Art, verstanden. Dadurch lassen sich allerdings nicht alle Verhaltensweisen erklären. Einige weitere Gründe gegen die Wahl der umweltschonenderen Alternative wider das Umweltbewusstsein können das Passen zum individuellen Lebensstil, Bequemlichkeit, Routinisierung der konventionellen Alternative oder andere persönliche Interessen sein. Der Psychosomatiker Christoph Nikendei weist darauf hin, dass Verzicht nicht nur etwas Asketisches sei, sondern auch neue Möglichkeiten schaffe: „Menschen erleben einen Mehrwert und fühlen sich besser. So ist es vielleicht auch, wenn ich das Leben einvernehmlich führe innerhalb der planetaren Grenzen.“<ref name="Nikendei SZ 2021"/> |
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Kuckartz, Udo: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten, Berlin/Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63658-7 |
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Auf der Grundlage einer Online-Umfrage von [[YouGov]] Deutschland GmbH wurden demografische Unterschiede für die Kluft zwischen Umwelteinstellung und Umweltverhalten (''Attitude Behavior Gap'') für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren analysiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://themen.kleinanzeigen.de/medien/pressemitteilungen/zwischen-anspruch-und-realitat-so-nachhaltig-ist-deutschland/ |titel=Zwischen Anspruch und Realität: So nachhaltig ist Deutschland |hrsg=Kleinanzeigen |datum=2024-10-14 |abruf=2024-10-28}}</ref> Die Umfrage, an der 3.523 Personen zwischen 30. Juli und 7. August 2024 teilnahmen, ist repräsentativ in Bezug auf Geschlecht und Alter. Im Vergleich zu den anderen Generationen fällt es den [[Baby-Boomer]] besonders schwer zu beurteilen, ob Nachhaltigkeitsinformationen vertrauenswürdig sind (53 % versus 45 %). Aber ob ein [[Tempolimite in Deutschland|Tempolimit]] wesentlich zur Reduzierung des CO<sub>2</sub>-Ausstoßes in Deutschland beiträgt, findet bei den Baby-Boomern eher Zustimmung (62 %) als in der Gesamtpopulation (55 %) und besonders im Vergleich zu den Angehörigen der [[Generation Z]] (42 %). Angehörige der [[Millennials]] (40 %) und der Generation Z (46 %) lassen sich stärker von Medien beeinflussen als die Gesamtheit der befragten Personen (33 %). Die nachhaltige, möglichst lange Nutzung von Produkten ist besonders den Baby-Boomern wichtig (92 %), während für Vertretern der Generation Z und der Millennials dies weniger wichtig ist (67 %). |
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de Haan, Gerhard und Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein. Dnken und Handeln in Umweltkrisen, Opladen 1996, ISBN 3-531-12808-6 |
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Vor diesem Hintergrund ist man in der [[Umweltpolitik]] strategisch vom ''individualpolitischen Ansatz'' abgerückt, welcher das Umweltbewusstsein fördern und die Menschen durch Überzeugung zu umweltfreundlicherem Verhalten veranlassen will, und präferiert stattdessen ''ökonomische Instrumente'' (z. B. [[Umweltsteuer|Ökosteuern]] oder [[Emissionsrechtehandel|Emissionszertifikate]]), deren Vorteil darin besteht, dass sie umweltfreundliches Verhalten mit Hilfe ökonomischer [[Anreizsystem|Anreizstrukturen]] belohnen. |
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== Messung des Umweltbewusstseins == |
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[[Kategorie:Umwelt- und Naturschutz]] |
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Es gibt verschiedene Instrumente, Methoden und Plattformen zur Messung des Umweltbewusstseins.<ref>{{Literatur |Autor=Axel Franzen |Titel=Umweltbewusstsein |Hrsg=Marco Sonnberger, Alena Bleicher, Matthias Groß |Sammelwerk=Handbuch Umweltsoziologie |Verlag=Springer VS |Ort=Wiesbaden |Seiten=699–709 |Datum=2024-01-13 |DOI=10.1007/978-3-658-37218-7_65}}</ref> Beispielsweise verwendet das länderübergreifende Umfrageprogramm ISSP9 (''International Social Survey Programme'' 9) [[Item (Test)|Items]] zur Messung des Umweltbewusstseins, in dem unter anderem die Frage „Inwieweit fänden Sie es für sich persönlich akzeptabel, Abstriche von Ihrem Lebensstandard zu machen, um die Umwelt zu schützen?“ auf einer Skala von 1 (sehr akzeptabel) bis 5 (sehr inakzeptabel) zu bewerten ist. |
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[[Kategorie:Umweltschutz]] |
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== Umweltbewusstsein im Zeitverlauf == |
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Seit 1996 führt das Umweltbundesamt (UBA) alle zwei Jahre Umfragen durch, um den Wandel des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung Deutschlands im Alter von über 14 Jahren zu quantifizieren. Ab 2014 wurden jeweils über 2000 Personen mit identischer Erhebungsmethode befragt. |
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[[Datei:Beurteilung Umweltqualität 2018.jpg|mini|250px|Einschätzung der Umweltqualität vor Ort, in Deutschland und weltweit im Zeitvergleich<ref name="UBA2018"/>]] |
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Der Bericht aus dem Jahr 2019 zeigt markante Veränderungen des Umweltbewusstseins im Jahr 2018 |
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gegenüber dem Jahr 2016.<ref name="UBA2018">{{Literatur | Autor=Heike Williams, Rainer Benthin, Angelika Gellrich|Titel=Umweltbewusstsein in Deutschland 2018|TitelErg=Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage|Hrsg=Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Umweltbundesamt|Ort=Berlin | Datum= Mai 2019|Online=https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/umweltbewusstsein_2018_bf.pdf|Format=pdf|KBytes=2300|Abruf=2020-04-26}}</ref> Während 2016 „Krieg/ Terrorismus“ und „Migration/ Zuwanderung“ die wichtigsten Themen waren (von über 60 % der Befragten als „sehr wichtig“ bezeichnet), waren im Jahr 2018 der „Zustand des Bildungssystems“, die „soziale Gerechtigkeit“ und der „Umwelt- und Klimaschutz“ von über 60 % der Befragten als „sehr wichtig“ und damit als die drei wichtigsten Themen benannt. „Umwelt- und Klimaschutz“ war innerhalb dieser zwei Jahre von Rang 6 (mit 53 %) auf Rang 3 (64 %) vorgerückt. Während die Umweltqualität Deutschlands bei den 9 Umfragen in den Jahren 2000 bis 2016 von 64 bis 82 % der Befragten als „sehr gut“ oder „recht gut“ eingeschätzt wurde, sank dieser Anteil im Jahr 2018 auf 60 %. Noch stärker ist der Abfall bei der Bewertung der weltweiten Umweltqualität von vergleichsweise bereits niedrigen Werten 16 bis 21 % (Ausnahme: 9 % im Jahr 2006) auf 7 und 8 % ab dem Jahr 2014 Die Ursachen für den Bewusstseinswandel mögen vielfältig sein. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018 des UBA erklärt die Präsidentin des UBA [[Maria Krautzberger]]: „Dass es der Umwelt in vielen Bereichen nicht gut geht, erkennen also immer mehr Menschen – inzwischen auch in ihrer unmittelbaren Lebenswelt. Der extrem trockene Sommer 2018 hat die Folgen des globalen Klimawandels auch in Deutschland erfahrbar gemacht.“ |
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[[Datei:Beurteilung Akteure Umweltschutz 2018.jpg|mini|250px|Beurteilung des Einsatzes verschiedener Akteure für Umwelt- und Naturschutz im Zeitvergleich<ref name="UBA2018"/>]] |
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Der Industrie wird nur von einer sinkenden Minderheit (2008: 17 %, 2018: 8 %) attestiert, dass sie (eher) genug für den Umwelt- und Klimaschutz tut, während eine große Mehrheit von 70 bis 80 % der Befragten das Engagement der Umweltverbände positiv beurteilt. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung Deutschlands lag bis 2016 auf Werten über 33 % und fiel im Jahr 2018 auf 14 %. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018 heißt es resümierend: „Über alle aufgelisteten Akteure hinweg – abgesehen von den Umweltverbänden – geben jeweils nur ein bis drei Prozent der Befragten eine klar positive Einschätzung des Engagements („tut genug“) ab. Auch ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger (und möglicherweise auch sich selbst) nehmen die Befragten von dieser überaus kritischen Betrachtung nicht aus.“ Diesem positiven Urteil über die Umweltverbände steht gegenüber, dass laut Umweltbewusstseinsstudie 2018 nur 8 % der Befragten die Umweltverbände zu den drei für das Gelingen der Energiewende wichtigsten Akteuren zählen, während die Bundes- und Länderregierungen von über 70 % der Befragten und Industrieunternehmen wie auch jede und jeder Einzelne mit über 40 % zu den drei Akteuren zählen, die für das Gelingen der Energiewende als entscheidend beurteilt werden. |
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Im März 2021 hat das UBA in einer Studie über 25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung den Wandel des Umweltbewusstseins in Deutschland im Zeitverlauf analysiert. Darin wird u. a. festgestellt, dass in den Jahren 2019 bis 2021 der Umwelt- und Klimaschutz für die Menschen in Deutschland wieder wichtiger geworden ist. Als wesentliche Faktoren für diesen Zuwachs werden das starke Engagement der [[Fridays for Future|Fridays-for-Future]]-Bewegung und die [[Dürre und Hitze in Europa 2018|Dürre-Sommer]] seit 2018 benannt. Im Jahr 2019 erreichte das Umweltbewusstsein eine hohe Wertigkeit wie zuletzt in den 1980er-Jahren - damals gefördert durch die [[Nuklearkatastrophe von Tschernobyl]], das [[Waldsterben]] und das [[Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht|Abkommen zum Schutz der Ozonschicht]].<ref>{{Literatur | Autor=Angelika Gellrich |Titel=25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort |TitelErg=Langfristige Entwicklungen und aktuelle Ergebnisse |Hrsg=Umweltbundesamt |Datum=2021-03-03 |Online=https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/25-jahre-umweltbewusstseinsforschung-im}}</ref> |
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Durch die [[COVID-19-Pandemie]] hat das Umweltbewusstsein im Jahr 2020 seinen Spitzenplatz von 2019 verloren, während als wichtigste Themen das Bildungswesen, das Gesundheitssystem und soziale Gerechtigkeit genannt wurden. Laut Umweltbewusstseinsstudie 2020 des UBA haben sich im Zeitverlauf der Jahre 2018, 2019 und 2020 die emotionalen und rationalen Bewertungen (Umweltaffekt bzw. Umweltkognition) kaum verändert, während eine gewachsene Zahl der 2.115 befragten Personen angab, sich umweltfreundlicher zu verhalten, insbesondere Geld für Umwelt- oder Naturschutzgruppen zu spenden (2018: 20 %, 2020: 25 %), Ökostrom zu beziehen (2018: 38 %, 2020: 53 %) oder zu den Hauptmahlzeiten nie (2018: 5 %, 2020: 7 %) oder nur selten (2018: 19 %, 2020: 24 %) Fleisch zu essen.<ref>{{Internetquelle |autor=Angelika Gellrich |url= https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1/dokumente/factsheet_zentrale_ergebnisse_umweltbewusstsein_2020_0.pdf |titel=Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 |hrsg=Umweltbundesamt |datum=2021-04-26 |format=PDF; 4,1 MB |abruf=2022-02-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Janina Belz, Robert Follmer, Jana Hölscher, Immanuel Stieß, Georg Sunderer, Barbara Birzle-Harder |url=https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/ubs_2020.pdf |titel=Umweltbewusstsein in Deutschland 2020. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage |hrsg=Umweltbundesamt |datum=2022-01 |format=PDF; 4,2 MB |abruf=2022-02-11}}</ref> |
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== Umweltbewusstsein in verschiedenen Bevölkerungsgruppen == |
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Die Gesellschaft ist heterogen auch hinsichtlich der Wertvorstellungen. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018<ref name="UBA2018"/> werden 8 verschiedene soziale Milieus hinsichtlich der sozialen Lage der Menschen (Bildung, Einkommen, beruflicher Status) untersucht und mit ihrer Wertorientierung zu Umwelt- und Klimaschutz korreliert. Dabei wird u. a. festgestellt, dass die etablierten Milieus und die jungen Pragmatischen den Einsatz der Städte und Gemeinden, der Bundesregierung und der Industrie signifikant positiver einschätzen als der Durchschnitt der Befragten. Dagegen beurteilen Kritisch-Kreative und junge Idealistische alle Akteure mit Ausnahme der Umweltverbände signifikant kritischer als der Durchschnitt. Menschen, die dem prekären Milieu zugerechnet werden, bewerten das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger bezüglich des Umwelt- und Klimaschutzes überdurchschnittlich positiv. Die Umweltqualität beurteilen Menschen des kritisch-kreativen Milieus und die jungen Idealistischen schlechter. Fast keiner (nur 1 %) dieser beiden Milieus bewertet die globale Umweltqualität als sehr oder recht gut, während Menschen des etablierten Milieus und die jungen Pragmatischen mehrheitlich der Meinung sind, dass diese zumindest recht gut sei. |
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Basierend auf Daten aus der Befragung „Umweltbewusstsein in Deutschland 2018“ von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt wurde eine Typologie von elf unterschiedlichen Mustern sozial-ökologischer Einstellungen in der deutschen Bevölkerung entwickelt. Darauf aufbauend wurden Konfliktpotenziale zwischen diesen |
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sozialen Gruppen bei der Transformation hin zu einer post-fossilen Wirtschaft und Gesellschaft analysiert.<ref>{{Literatur |Autor=Dennis Eversberg |Titel=Bioökonomie als Einsatz polarisierter sozialer Konflikte? Zur Verteilung sozial-ökologischer Mentalitäten in der deutschen Bevölkerung 2018 und möglichen Unterstützungs- und Widerstandspotentialen gegenüber bio-basierten Transformationen |TitelErg=Working Paper Nr. 1 |Sammelwerk=Mentalitäten |
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im Fluss (flumen) |Ort=Jena |Datum=2020-10 |Online=http://www.flumen.uni-jena.de/wp-content/uploads/2020/11/Flumen_ |
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Working_Paper_Nr.1_Eversberg_Bio%C3%B6konomie-als-Einsatz-polarisierter-sozialer-Konflikte-1.pdf |Format=PDF |KBytes=1527 |ISSN=2702-1750 |Abruf=2021-12-10 }}</ref> |
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Spannungsfelder geprägt vom jeweiligen Umweltwissen, Umweltbewusstsein und Umweltverhalten |
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entstehen nicht nur zwischen den soziologisch unterscheidbaren Bevölkerungsgruppen. Sie entstehen auch zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Interessen beispielsweise bei der konkreten |
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Umsetzung der Energiewende: Unternehmen, Politik, Verwaltung sowie protestierende oder nicht aktive, aber ebenfalls betroffene Bevölkerung oder vor Ort im Sinne der Energiewende z. B. in [[Bürgerenergiegenossenschaft]]en engagierte Menschen.<ref>{{Literatur|Autor= Christoph Hoeft, Sören Messinger-Zimmer, Julia Zilles|Titel=Bürgerproteste in Zeiten der Energiewende|TitelErg=Ein Fazit in neun Thesen|Hrsg=Christoph Hoeft, Sören Messinger-Zimmer, Julia Zilles|Sammelwerk=Bürgerproteste in Zeiten der Energiewende|Seiten=235-254|Verlag=transcript|Datum=2017-03-06|ISBN=978-3-8376-3815-8}}</ref> |
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== Mentalitäten in der sozial-ökologischen Transformation == |
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[[Datei:Flumen 2024 Abb1.jpg|mini|250px|Mentalitätstypen und Spektren im sozialen Raum]] |
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[[Datei:Flumen 2024 Abb2.jpg|mini|250px|Mentalitätstypen und Wahlabsichten im sozialen Raum]] |
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In den Jahren 2021 und 2022 wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena|Universität Jena]] 4000 Menschen innerhalb der deutschen Gesellschaft zu ihren Grundhaltungen ([[Einstellung (Psychologie)|Einstellungen]], Sichtweisen und Gefühlslagen) bezüglich des gesellschaftlich-ökologischen Wandels und ihrer Alltagsgewohnheiten befragt sowie zu ihrer sozio-ökonomischer Situation (Beruf und Bildung der Befragten und ihrer Eltern, Einkommen, Wohneigentum und -ort, Wohnflächen, Auto-, Aktien- und Landbesitz, Einschätzung der eigenen Wirtschaftslage, Geschlecht, Migrationserfahrung und Beschäftigung im öffentlichen, privaten oder gemeinnützigen Sektor). Auf der Grundlage dieser Umfragedaten wurden die Befragen in zehn [[Mentalität]]stypen klassifiziert.<ref>{{Literatur |Autor= Dennis Eversberg, Martin Fritz, Linda von Faber, Matthias Schmelzer |Titel=Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. Forschungsbericht der BMBF-Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss (flumen)“ |Hrsg=Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Soziologie |Ort=Jena |Datum=2024 |DOI=10.22032/dbt.59592}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Dennis Eversberg, Martin Fritz, Linda von Faber, Matthias Schmelzer |Titel=Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt. Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation |Verlag=[[Campus-Verlag|campus]] |Ort=[[Frankfurt am Main]] |Datum=2024-07-17 |ISBN=9783593519951}}</ref> |
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Im Ergebnis einer [[Korrespondenzanalyse]] wurden diese Typen mit den Abbildungen 1 und 2 mit der vertikalen Achse als sozialer Status und mit der horizontalen Achse als Verhältnis von Bildung versus Besitz dargestellt. Die Abbildung 1 zeigt die Mentalitätstypen in ihrer Zuordnung zu drei Spektren, während Abbildung 2 sie im Zusammenhang mit Wahlabsichten darstellt. |
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Ein Anteil von 27 % der Befragten wird zum ökosozialen Spektrum gezählt, das zügige und entschlossene Transformation fordert. Hierzu gehören die Mentalitäten der progressiven Selbstverwirklichung (11 %), der ökosozialen Aktivbürgerlichkeit (7 %) und der ökosozialen Reduktion (9 %). |
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Eine Mehrheit von 36 % der Befragten wird dem konservativ-steigerungsorientierte Spektrums zugeordnet, deren Menschen die gewohnte, auf Wachstum fixierte Lebens- und Wirtschaftsweise gegenüber Veränderung verteidigen. Hierzu werden folgende Mentalitäten gezählt: liberaler Wachstumsoptimismus (11 %), Ökokonservatismus (12 %) und harmonistischer Konformismus (eine auf die Vermeidung von Konflikt und Konkurrenz gerichtete Haltung, 13 %). |
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Die mit Akquieszenz (7 %) bezeichnete Mentalität beschreibt Menschen, die zur deutlich überdurchschnittlichen Bejahung sämtlicher Aussagen neigen. Dieser Typus lässt sich nicht klar einem Spektrum zuordnen, ist aber in Abbildung 1 nahe dem defensiv-reaktiven Spektrum, das von Resignation und Rückzug geprägt ist. Hierzu werden die Mentalitäten des instrumentellen Wachstumsindividualismus (7 %), der regressive Veränderungsaversion (7 %) und zurückgezogenen Notwendigkeit (12 %) gezählt. |
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Schließlich wurden sozialstrukturelle Gegensätze untersucht, die die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die sozial-ökologische Transformation kennzeichnen: Entlang der horizontalen Achse wird ein Lebensweisekonflikt, in der diagonalen Richtung zwischen links oben und rechts unten wird ein Veränderungskonflikt und in der dazu senkrechten diagonalen Linie ein Externalisierungskonflikt diskutiert. |
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== Internationale Perspektive == |
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Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Studien zu [[Globale Umweltveränderungen und Zukunftsszenarien|Globalen Umweltveränderungen und Zukunftsszenarien]] veröffentlicht. Diese lösten einzelne, auch globale Initiativen aus und prägten das Umweltbewusstsein weltweit in besonders ökologisch-sozial orientierten Bevölkerungsgruppen und führten auch zu globalen politischen Initiativen. So werden seit 1979 regelmäßig [[UN-Klimakonferenz]]en durchgeführt. Anfang des 21. Jahrhunderts rückten die [[Planetare Grenzen|Planetaren Grenzen]], insbesondere das [[Artensterben]] zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Durch die Zunahme der Häufigkeit extremer Ereignisse, wie anhaltende Hitze-, Trocken- und Hochwasserperioden sowie [[Pandemie]]n (insbesondere die [[COVID-19-Pandemie]]) mit negativen Auswirkungen auf das persönliche Wohlergehen (Gesundheit, Ernährung, Wohlstand), die individuell in nahezu allen Ländern erlebt wurden, entwickelten und entwickeln sich globale Protestbewegungen, wie [[Fridays for Future]] und [[Extinction Rebellion]]. Diese erlangten weltweit größere mediale Aufmerksamkeit. Es ist zu erwarten, dass diese weltweiten Bewegungen Einfluss auf das Umweltbewusstsein weiter Bevölkerungsschichten haben. Hierzu gibt es erste Studien. Umfassende Studien zur internationalen Entwicklung des Umweltbewusstseins sind noch nicht bekannt. Es gibt aber auf spezielle Fragen fokussierte Studien mit internationaler Perspektive. |
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Im Auftrag des [[Weltwirtschaftsforum]]s wurden im Herbst 2019 fast 20.000 Menschen aus 28 Ländern befragt, ob bzw. welche Verhaltensweisen sie im Interesse des Klimaschutzes geändert haben.<ref>{{Internetquelle|autor=[[Ipsos]]|titel=Climate Change and Consumer Behaviour|titelerg=Global changes in consumer behaviour in responsse to climate change| |
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url=https://www.ipsos.com/sites/default/files/ct/news/documents/2020-01/report-global-advisor-climate-change-consumer-behavior-final_2.pdf|format=pfd; 607 kB|datum=2020-01-23|abruf=2020-05-01}}</ref> Zwei Drittel der befragten Personen gaben an, dass sie aus Sorge um den Klimawandel ihr Verhalten geändert haben, während 23 % angaben, dass sie ihr |
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Verhalten wegen des Klimas gar nicht geändert haben. Am häufigsten wurden Verhaltensänderungen in Bezug auf den häuslichen Wasser- und Energieverbrauch, Recycling und die Wahl der Lebensmittel genannt. Am geringsten wurden Verhaltensänderungen in Bezug auf die Art der Mobilität bei Geschäftsreisen und den motorisierten Verkehr genannt. Am höchsten ist der Anteil der Personen mit erklärten Verhaltensänderungen in Indien (88 %), Mexiko (86 %), Chile (86 %), China (85 %), Malaysia (85 %) und Peru (84 %). Am niedrigsten ist der Anteil der Befragten mit angegebenen Verhaltensänderungen für das Klima in Japan (31 %), Russland (52 %), Saudi-Arabien (55 %) und den USA (56 %). In Deutschland gaben 60 % der Befragten an, ihr Verhalten wegen des Klimawandels geändert zu haben, hier am häufigsten in Bezug auf den Lebensmittelkauf und am zweit- und dritthäufigsten bezüglich des Energieverbrauchs bzw. Recyclings. |
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Im April 2020, also während der [[COVID-19-Pandemie]], wurden über 28.000 Menschen aus 14 Ländern gefragt, ob sie der folgenden Aussage zustimmen: „Langfristig gesehen ist der Klimawandel eine ebenso ernste Krise wie die COVID-19-Pandemie“. Weltweit haben 71 % der Befragten dieser Aussage zugestimmt. Interessant ist, dass vor allem in stark vom Coronavirus [[SARS-CoV-2]] betroffenen Ländern dieser Aussage zugestimmt wurde:<ref>{{Internetquelle |autor= Robert Grimm|titel=Klimawandel bereitet Deutschen ebenso große Sorgen wie das Coronavirus| hrsg=[[Ipsos]]|url=https://www.ipsos.com/de-de/klimawandel-bereitet-deutschen-ebenso-grosse-sorgen-wie-das-coronavirus|datum=2020-04-23|format=pdf; 260 kB|abruf=2020-05-04}}</ref> |
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China (87 %), Frankreich (76 %), Spanien (73 %), Italien (72 %), Brasilien (71 %), Deutschland (69 %) und in weiteren Ländern (Australien, Großbritannien, Indien, Kanada, Mexiko, Russland, USA). |
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In einer Studie an den Universitäten in Wien und Amsterdam wurde gezeigt, dass die Betonung des [[Wissenschaftlicher Konsens zum Klimawandel|Wissenschaftlichen Konsens hinsichtlich des menschengemachten Klimawandels]] Menschen dazu bringt, diesen auch als solchen wahrzunehmen. Fehleinschätzungen können so reduziert und wissenschaftlich fundierte Überzeugungen hinsichtlich der Existenz und Ursache des [[Globale Erwärmung|Klimawandels]] gestärkt werden. Befragt wurden dabei über 10.000 Menschen aus 27 Ländern auf 6 Kontinenten.<ref>{{Literatur |Autor=Bojana Većkalov, Sandra J. Geiger, František Bartoš et al. |Titel=A 27-country test of communicating the scientific consensus on climate change | Sammelwerk=Nature Human Behaviour | Band=8 | Datum=2024 | Seiten=1892–1905 |DOI=10.1038/s41562-024-01928-2}}</ref> |
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== Umweltbewusstsein bei Führungskräften in der Wirtschaft == |
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Das internationale Wirtschaftsprüfungs- und -beratungsunternehmen [[Deloitte]] hat in seinem ''CxO Sustainability Report 2022'' das Nachhaltigkeitsbewusstsein von mehr als 2000 [[Führungskraft (Person)|Führungskräften]] ([[Chief Officer (Wirtschaft)|''CxOs'']]) in 21 Ländern untersucht, darunter 105 Teilnehmer aus Deutschland.<ref>{{Internetquelle |autor=Delitte |url=https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/de/Documents/CxO%20Sustainability%20Report_Deloitte.pdf |titel=Deloitte 2022 CxO Sustainability Report |titelerg=The disconnect between ambition and impact |datum=2022-01 |format=PDF; 11,2 MB |abruf=2022-01-23 }}</ref> Es wurde festgestellt, dass das Umweltbewusstsein unter den Führungskräften weltweit gewachsen ist, während die Umsetzung besonders in Deutschland stockt. Allgemein wird eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit konstatiert. Fast alle Befragten (97 %) gaben an, dass ihre Unternehmen bereits negativ vom Klimawandel betroffen |
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sind (z. B. Unterbrechung von globalen Lieferketten). Fast zwei Drittel äußerten sich sehr besorgt über den Klimawandel. Im September und Oktober 2021 gaben fast 79 % der Befragten an, dass sie die Welt an einem Wendepunkt sehen – eine Zahl, die acht Monate zuvor noch bei 59 % lag. Im gleichen Zeitraum ist auch die optimistische Überzeugung gewachsen (von 63 % auf 88 %), dass durch sofortiges Handeln die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels begrenzt werden können. Unter den vorrangigen unternehmerischen Handlungsfeldern werden vor allem die [[Kreislaufwirtschaft]] (67 %) und die [[Energieeffizienz]] (66 %) gesehen. |
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Die [[Deloitte Deutschland]] GmbH hat eine spezielle Auswertung für Deutschland im internationalen Vergleich vorgenommen.<ref>{{Internetquelle |autor=Delitte Deutschland GmbH|url=https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/de/Documents/CxO%20Sustainability%20Report_Deloitte_Germany.pdf |titel= |
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Deloitte 2022 CxO Sustainability Report |titelerg=The disconnect between ambition and impact - Germany|datum=2022-01 |format=PDF; 3,4 MB |abruf=2022-01-23 }}</ref> Während global 89 % der Befragten von der [[Klimakrise]] (''global climate emergency'') überzeugt sind, sind es in Deutschland nur 78 %. Entsprechend gaben global 81 % an, persönlich vom Klimawandel negativ betroffen zu sein (z. B. von extremer Hitze 49 %), während in Deutschland nur 72 % (41 % durch extreme Hitze). Mit diesen Unterschieden wird interpretiert, warum besonders in Deutschland Klimaschutzmaßnahmen weniger umgesetzt werden als international. Als weiterer möglicher Grund für mangelnde Umsetzung wird angegeben, dass in Deutschland die Vergütung der Führungskräfte an die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen weniger gebunden ist als international. Aber auch international wird von 30 % der Befragten als Grund für mangelnde Umsetzung angegeben, dass die Auswirkung unternehmerischen Handelns auf die Umwelt schwierig messbar ist - eine Aussage, die von 40 % der deutschen Teilnehmer geteilt wird. In der Begründung für unzureichendes Handeln werden auch die Kosten genannt; global bestätigten dies 27 %, von den deutschen Teilnehmern 30 %. |
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== Literatur == |
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* [[Andreas Diekmann]], Peter Preisendörfer: ''Umweltsoziologie. Eine Einführung.'' Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-55595-6. |
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* Annett Entzian: ''Denn sie tun nicht, was sie wissen : eine Studie zu ökologischem Bewusstsein und Handeln.'' Oekom, München 2015, ISBN 978-3-86581-485-2 (Dissertation Universität Flensburg 2015, 221 Seiten). |
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* Oliver Geden: [http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/fachpublikationen/Kritik_des_KS__klimabewussten_Kon...nsit___Europ_ische_Revue_.pdf ''Strategischer Konsum statt nachhaltiger Politik? Ohnmacht und Selbstüberschätzung des „klimabewussten“ Verbrauchers''] (PDF; 52 kB), in: Transit - Europäische Revue, Heft 36 (Winter 2008/2009), [http://www.iwm.at/index.php?option=com_content&task=view&id=683&Itemid=670 ''Klimapolitik und Solidarität''] |
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* Angelika Poferl: ''Die Kosmopolitik des Alltags. Zur ökologischen Frage als Handlungsproblem.'' Edition Sigma, Berlin 2004, ISBN 3-89404-517-5 (Dissertation Universität Augsburg 2003, 253 Seiten). |
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* Angelika Poferl, Karin Schilling, [[Karl-Werner Brand]]: ''Umweltbewusstsein und Alltagshandeln. Eine empirische Untersuchung sozial-kultureller Orientierungen.'' Opladen 1997, ISBN 3-8100-1904-6 |
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* [[Udo Kuckartz]], Anke Rheingans-Heinze: ''Trends im Umweltbewusstsein. Umweltgerechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement.'' Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14892-3 |
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* Udo Kuckartz: ''Umweltbewusstsein und Umweltverhalten.'' Berlin / Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63658-7. |
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* [[Gerhard de Haan]], Udo Kuckartz: ''Umweltbewusstsein. Denken und Handeln in Umweltkrisen.'' Opladen 1996, ISBN 3-531-12808-6. |
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* Umweltbundesamt (Hrsg.): [http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2010 ''Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage''] (PDF; 3,8 MB), Berlin 2000 ff. |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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== Siehe auch == |
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* [[Naturbewusstsein]] |
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== Weblinks == |
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* Untersuchungen des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein der Deutschen unter [http://www.umweltbewusstsein.de/ www.umweltbewusstsein.de] |
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* Bewusstsein und Verhalten: Umweltbewusstsein 2005 - Zur Empirie der ´Nachhaltigkeit´. [https://www.online.uni-marburg.de/isem/WS04_05/prots/v12.htm Ergebnisse einer aktuellen Studie (PDF)] |
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* [http://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2012 Studie Umweltbewusstsein 2012] (sowie Links zu den Studien 2000–2010) |
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[[Kategorie:Spezielle Soziologie]] |
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Aktuelle Version vom 8. Juli 2025, 18:47 Uhr
Das Umweltbewusstsein ist die Einsicht eines Menschen in die Tatsache, dass Menschen die natürliche Umwelt – und damit die Lebensgrundlage der Menschen – durch ihr Tun und Lassen bzw. durch Eingriffe in die Umwelt schädigen oder ihr natürliches Gleichgewicht gefährden.
Das Umweltbewusstsein setzt sich zusammen aus dem Umweltwissen, den Umwelteinstellungen, den Verhaltensintentionen bezüglich der Umwelt und dem tatsächlichen Umweltverhalten eines Menschen.
Chronologie der Entstehung von Umweltbewusstsein in der Bevölkerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Beginn der Umweltbewegung und des Umweltbewusstseins wird in Europa und insbesondere in Deutschland im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Industrialisierung und Romantik datiert.[1] Der biozentrisch ausgerichtete Naturschutz und damit das Naturbewusstsein hat in Europa konservative und nationale Wurzeln u. a. mit Ernst Rudorff, dem Gründer des Bund Heimat und Umwelt in Deutschland, Hugo Conwentz, dem ersten Leiter der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen und Lina Hähnle, die den Bund für Vogelschutz gründete, aus dem der heutige Naturschutzbund Deutschland hervorgegangen ist. Eine zweite Phase Umweltbewusstsein, das – im Unterschied zum Naturbewusstsein – auch die abiotische Umwelt (Wasser, Luft, Boden) einschließt und den Einfluss des Menschen auf die Biosphäre in den Blick nimmt, beginnt in den 1960er Jahren. Einflussreich waren
- Willy Brandts Ausspruch: „Der Himmel über dem Ruhrgebiet muß wieder blau werden!“, 1961
- das Buch Der stumme Frühling von Rachel Carson, Erstveröffentlichung 1962
- der erste Tag der Erde 1970
- der Bericht Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome (1972),
- die UN-Weltumweltkonferenz (Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen) in Stockholm 1972,
- die erste Ölkrise 1973,
- zahlreiche Umweltkatastrophen und durch immer sichtbarere Umweltverschmutzung,
- die 68er-Bewegung sowie
- staatliche Stellen und Parteien: zum Beispiel wurde 1973 auf Betreiben der FDP (siehe „Freiburger Thesen“) eine 'Bundesstelle für Umweltangelegenheiten' geschaffen (ab 22. Juli 1974 Umweltbundesamt).
Die Ökologie, die als Wissenschaft ebenfalls im 19. Jahrhundert wurzelt, wurde seit etwa 1970 zunehmend Grundlage für politische Entscheidungen und prägt seitdem das Umweltwissen und Umweltbewusstsein (Geschichte der Ökologie).
Weiter verstärkt wurde das Umweltbewusstsein durch das erstmals 1983 so benannte Waldsterben, die Atom-Katastrophe von Tschernobyl von 1986 und weitere Ereignisse, wie den „Rhein-GAU“ im selben Jahr, bei dem ca. 30 Tonnen schädliche Chemikalien aus dem Basler Chemiekonzern Sandoz (heute Novartis) in den schon vorher stark verödeten Rhein flossen. Oft wird die erste Hälfte der 1980er Jahre als „Höhepunkt“ der Umweltbewegung und eines besonders starken Umweltbewusstseins angesehen. In diese Phase fällt auch die Gründung der Partei Die Grünen (heute: Bündnis 90/Die Grünen) 1980 sowie von bekannten Umweltschutzgruppen wie Greenpeace (deutsche Sektion ab 1980) oder Robin Wood (1982).
In den 1980er Jahren haben die christlichen Kirchen weltweit das Umweltbewusstsein im Konziliaren Prozess mit dem Motiv der Bewahrung der Schöpfung stimuliert.
Die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen hat 1987 mit dem Brundtland-Bericht die Motive der Generationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit in die weltweite Umweltpolitik eingebracht. Vom 3. bis 14. Juni 1992 fand die auch „Erdgipfel“ genannte Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro statt. Die Unterzeichnerstaaten betonten in der dort verabschiedeten Agenda 21, dass es ohne ein Umweltbewusstsein keine Lösung der global bedeutsamen Umweltproblematik geben könne.
Mit weltweiten Bewegungen, insbesondere Fridays for Future und Extinction Rebellion, kamen seit 2019 das Handlungsmotiv der Generationengerechtigkeit und das Konzept der Planetaren Grenzen mit den Schwerpunkten Klimaschutz und Artenschutz ins Umweltbewusstsein mit Forderungen für das politische Handeln.
Die häufige Thematisierung des Umweltproblems bis heute – auch in den Medien – beeinflusste das immer größer werdende Bewusstsein der Menschen zusätzlich. Der Informationsstand der Menschen über Umwelt, Natur, Risiken etc. verbesserte sich (Umweltwissen) und auch die auf Umwelt bezogenen Wertehaltungen und Grundeinstellungen wurden sensibilisiert (Umwelteinstellung). Viele Menschen entwickelten daher eine zunehmende Handlungsbereitschaft und positive Verhaltensintentionen bezüglich des Umweltschutzes und bekundeten, ihr Umweltverhalten zu überdenken.
Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Obwohl beispielsweise in Deutschland Großteile aller Bevölkerungsschichten nachweislich ein Umweltbewusstsein entwickelt haben, lässt sich das Alltagsverhalten der Menschen – wie Studien belegen – oftmals nicht mit Informationsstand, Wertehaltungen und Verhaltensintentionen erklären. Es existiert also eine Kluft zwischen den Einstellungen einiger Menschen und ihrem tatsächlichen Verhalten. Aus medizinisch-psychosomatischer Sicht ist eine Ursache für das Ausbleiben eines Verhaltens, das dem Umweltwissen folgt, dass die Umweltveränderungen schleichend verlaufen.[2]
Nur in sogenannten „low-cost-Situationen“, in Situationen also, in denen die Realisierung umweltschonender Verhaltensalternativen mit relativ geringen (zusätzlichen) Kosten verbunden ist, führt vorhandenes Umweltbewusstsein regelmäßig zu umweltgerechtem Verhalten. Der Begriff Kosten (als Gegenstück zum Begriff Nutzen) sei hierbei (im Sinne der ökonomischen Verhaltenstheorie, vgl. Homo oeconomicus) als jeglicher Aufwand, sei er physischer, zeitlicher, geldlicher oder anderer Art, verstanden. Dadurch lassen sich allerdings nicht alle Verhaltensweisen erklären. Einige weitere Gründe gegen die Wahl der umweltschonenderen Alternative wider das Umweltbewusstsein können das Passen zum individuellen Lebensstil, Bequemlichkeit, Routinisierung der konventionellen Alternative oder andere persönliche Interessen sein. Der Psychosomatiker Christoph Nikendei weist darauf hin, dass Verzicht nicht nur etwas Asketisches sei, sondern auch neue Möglichkeiten schaffe: „Menschen erleben einen Mehrwert und fühlen sich besser. So ist es vielleicht auch, wenn ich das Leben einvernehmlich führe innerhalb der planetaren Grenzen.“[2]
Auf der Grundlage einer Online-Umfrage von YouGov Deutschland GmbH wurden demografische Unterschiede für die Kluft zwischen Umwelteinstellung und Umweltverhalten (Attitude Behavior Gap) für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren analysiert.[3] Die Umfrage, an der 3.523 Personen zwischen 30. Juli und 7. August 2024 teilnahmen, ist repräsentativ in Bezug auf Geschlecht und Alter. Im Vergleich zu den anderen Generationen fällt es den Baby-Boomer besonders schwer zu beurteilen, ob Nachhaltigkeitsinformationen vertrauenswürdig sind (53 % versus 45 %). Aber ob ein Tempolimit wesentlich zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes in Deutschland beiträgt, findet bei den Baby-Boomern eher Zustimmung (62 %) als in der Gesamtpopulation (55 %) und besonders im Vergleich zu den Angehörigen der Generation Z (42 %). Angehörige der Millennials (40 %) und der Generation Z (46 %) lassen sich stärker von Medien beeinflussen als die Gesamtheit der befragten Personen (33 %). Die nachhaltige, möglichst lange Nutzung von Produkten ist besonders den Baby-Boomern wichtig (92 %), während für Vertretern der Generation Z und der Millennials dies weniger wichtig ist (67 %).
Vor diesem Hintergrund ist man in der Umweltpolitik strategisch vom individualpolitischen Ansatz abgerückt, welcher das Umweltbewusstsein fördern und die Menschen durch Überzeugung zu umweltfreundlicherem Verhalten veranlassen will, und präferiert stattdessen ökonomische Instrumente (z. B. Ökosteuern oder Emissionszertifikate), deren Vorteil darin besteht, dass sie umweltfreundliches Verhalten mit Hilfe ökonomischer Anreizstrukturen belohnen.
Messung des Umweltbewusstseins
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt verschiedene Instrumente, Methoden und Plattformen zur Messung des Umweltbewusstseins.[4] Beispielsweise verwendet das länderübergreifende Umfrageprogramm ISSP9 (International Social Survey Programme 9) Items zur Messung des Umweltbewusstseins, in dem unter anderem die Frage „Inwieweit fänden Sie es für sich persönlich akzeptabel, Abstriche von Ihrem Lebensstandard zu machen, um die Umwelt zu schützen?“ auf einer Skala von 1 (sehr akzeptabel) bis 5 (sehr inakzeptabel) zu bewerten ist.
Umweltbewusstsein im Zeitverlauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit 1996 führt das Umweltbundesamt (UBA) alle zwei Jahre Umfragen durch, um den Wandel des Umweltbewusstseins in der Bevölkerung Deutschlands im Alter von über 14 Jahren zu quantifizieren. Ab 2014 wurden jeweils über 2000 Personen mit identischer Erhebungsmethode befragt.

Der Bericht aus dem Jahr 2019 zeigt markante Veränderungen des Umweltbewusstseins im Jahr 2018 gegenüber dem Jahr 2016.[5] Während 2016 „Krieg/ Terrorismus“ und „Migration/ Zuwanderung“ die wichtigsten Themen waren (von über 60 % der Befragten als „sehr wichtig“ bezeichnet), waren im Jahr 2018 der „Zustand des Bildungssystems“, die „soziale Gerechtigkeit“ und der „Umwelt- und Klimaschutz“ von über 60 % der Befragten als „sehr wichtig“ und damit als die drei wichtigsten Themen benannt. „Umwelt- und Klimaschutz“ war innerhalb dieser zwei Jahre von Rang 6 (mit 53 %) auf Rang 3 (64 %) vorgerückt. Während die Umweltqualität Deutschlands bei den 9 Umfragen in den Jahren 2000 bis 2016 von 64 bis 82 % der Befragten als „sehr gut“ oder „recht gut“ eingeschätzt wurde, sank dieser Anteil im Jahr 2018 auf 60 %. Noch stärker ist der Abfall bei der Bewertung der weltweiten Umweltqualität von vergleichsweise bereits niedrigen Werten 16 bis 21 % (Ausnahme: 9 % im Jahr 2006) auf 7 und 8 % ab dem Jahr 2014 Die Ursachen für den Bewusstseinswandel mögen vielfältig sein. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018 des UBA erklärt die Präsidentin des UBA Maria Krautzberger: „Dass es der Umwelt in vielen Bereichen nicht gut geht, erkennen also immer mehr Menschen – inzwischen auch in ihrer unmittelbaren Lebenswelt. Der extrem trockene Sommer 2018 hat die Folgen des globalen Klimawandels auch in Deutschland erfahrbar gemacht.“

Der Industrie wird nur von einer sinkenden Minderheit (2008: 17 %, 2018: 8 %) attestiert, dass sie (eher) genug für den Umwelt- und Klimaschutz tut, während eine große Mehrheit von 70 bis 80 % der Befragten das Engagement der Umweltverbände positiv beurteilt. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung Deutschlands lag bis 2016 auf Werten über 33 % und fiel im Jahr 2018 auf 14 %. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018 heißt es resümierend: „Über alle aufgelisteten Akteure hinweg – abgesehen von den Umweltverbänden – geben jeweils nur ein bis drei Prozent der Befragten eine klar positive Einschätzung des Engagements („tut genug“) ab. Auch ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger (und möglicherweise auch sich selbst) nehmen die Befragten von dieser überaus kritischen Betrachtung nicht aus.“ Diesem positiven Urteil über die Umweltverbände steht gegenüber, dass laut Umweltbewusstseinsstudie 2018 nur 8 % der Befragten die Umweltverbände zu den drei für das Gelingen der Energiewende wichtigsten Akteuren zählen, während die Bundes- und Länderregierungen von über 70 % der Befragten und Industrieunternehmen wie auch jede und jeder Einzelne mit über 40 % zu den drei Akteuren zählen, die für das Gelingen der Energiewende als entscheidend beurteilt werden. Im März 2021 hat das UBA in einer Studie über 25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung den Wandel des Umweltbewusstseins in Deutschland im Zeitverlauf analysiert. Darin wird u. a. festgestellt, dass in den Jahren 2019 bis 2021 der Umwelt- und Klimaschutz für die Menschen in Deutschland wieder wichtiger geworden ist. Als wesentliche Faktoren für diesen Zuwachs werden das starke Engagement der Fridays-for-Future-Bewegung und die Dürre-Sommer seit 2018 benannt. Im Jahr 2019 erreichte das Umweltbewusstsein eine hohe Wertigkeit wie zuletzt in den 1980er-Jahren - damals gefördert durch die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, das Waldsterben und das Abkommen zum Schutz der Ozonschicht.[6]
Durch die COVID-19-Pandemie hat das Umweltbewusstsein im Jahr 2020 seinen Spitzenplatz von 2019 verloren, während als wichtigste Themen das Bildungswesen, das Gesundheitssystem und soziale Gerechtigkeit genannt wurden. Laut Umweltbewusstseinsstudie 2020 des UBA haben sich im Zeitverlauf der Jahre 2018, 2019 und 2020 die emotionalen und rationalen Bewertungen (Umweltaffekt bzw. Umweltkognition) kaum verändert, während eine gewachsene Zahl der 2.115 befragten Personen angab, sich umweltfreundlicher zu verhalten, insbesondere Geld für Umwelt- oder Naturschutzgruppen zu spenden (2018: 20 %, 2020: 25 %), Ökostrom zu beziehen (2018: 38 %, 2020: 53 %) oder zu den Hauptmahlzeiten nie (2018: 5 %, 2020: 7 %) oder nur selten (2018: 19 %, 2020: 24 %) Fleisch zu essen.[7][8]
Umweltbewusstsein in verschiedenen Bevölkerungsgruppen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gesellschaft ist heterogen auch hinsichtlich der Wertvorstellungen. In der Umweltbewusstseinsstudie 2018[5] werden 8 verschiedene soziale Milieus hinsichtlich der sozialen Lage der Menschen (Bildung, Einkommen, beruflicher Status) untersucht und mit ihrer Wertorientierung zu Umwelt- und Klimaschutz korreliert. Dabei wird u. a. festgestellt, dass die etablierten Milieus und die jungen Pragmatischen den Einsatz der Städte und Gemeinden, der Bundesregierung und der Industrie signifikant positiver einschätzen als der Durchschnitt der Befragten. Dagegen beurteilen Kritisch-Kreative und junge Idealistische alle Akteure mit Ausnahme der Umweltverbände signifikant kritischer als der Durchschnitt. Menschen, die dem prekären Milieu zugerechnet werden, bewerten das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger bezüglich des Umwelt- und Klimaschutzes überdurchschnittlich positiv. Die Umweltqualität beurteilen Menschen des kritisch-kreativen Milieus und die jungen Idealistischen schlechter. Fast keiner (nur 1 %) dieser beiden Milieus bewertet die globale Umweltqualität als sehr oder recht gut, während Menschen des etablierten Milieus und die jungen Pragmatischen mehrheitlich der Meinung sind, dass diese zumindest recht gut sei.
Basierend auf Daten aus der Befragung „Umweltbewusstsein in Deutschland 2018“ von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt wurde eine Typologie von elf unterschiedlichen Mustern sozial-ökologischer Einstellungen in der deutschen Bevölkerung entwickelt. Darauf aufbauend wurden Konfliktpotenziale zwischen diesen sozialen Gruppen bei der Transformation hin zu einer post-fossilen Wirtschaft und Gesellschaft analysiert.[9]
Spannungsfelder geprägt vom jeweiligen Umweltwissen, Umweltbewusstsein und Umweltverhalten entstehen nicht nur zwischen den soziologisch unterscheidbaren Bevölkerungsgruppen. Sie entstehen auch zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Interessen beispielsweise bei der konkreten Umsetzung der Energiewende: Unternehmen, Politik, Verwaltung sowie protestierende oder nicht aktive, aber ebenfalls betroffene Bevölkerung oder vor Ort im Sinne der Energiewende z. B. in Bürgerenergiegenossenschaften engagierte Menschen.[10]
Mentalitäten in der sozial-ökologischen Transformation
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In den Jahren 2021 und 2022 wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Universität Jena 4000 Menschen innerhalb der deutschen Gesellschaft zu ihren Grundhaltungen (Einstellungen, Sichtweisen und Gefühlslagen) bezüglich des gesellschaftlich-ökologischen Wandels und ihrer Alltagsgewohnheiten befragt sowie zu ihrer sozio-ökonomischer Situation (Beruf und Bildung der Befragten und ihrer Eltern, Einkommen, Wohneigentum und -ort, Wohnflächen, Auto-, Aktien- und Landbesitz, Einschätzung der eigenen Wirtschaftslage, Geschlecht, Migrationserfahrung und Beschäftigung im öffentlichen, privaten oder gemeinnützigen Sektor). Auf der Grundlage dieser Umfragedaten wurden die Befragen in zehn Mentalitätstypen klassifiziert.[11][12]
Im Ergebnis einer Korrespondenzanalyse wurden diese Typen mit den Abbildungen 1 und 2 mit der vertikalen Achse als sozialer Status und mit der horizontalen Achse als Verhältnis von Bildung versus Besitz dargestellt. Die Abbildung 1 zeigt die Mentalitätstypen in ihrer Zuordnung zu drei Spektren, während Abbildung 2 sie im Zusammenhang mit Wahlabsichten darstellt. Ein Anteil von 27 % der Befragten wird zum ökosozialen Spektrum gezählt, das zügige und entschlossene Transformation fordert. Hierzu gehören die Mentalitäten der progressiven Selbstverwirklichung (11 %), der ökosozialen Aktivbürgerlichkeit (7 %) und der ökosozialen Reduktion (9 %). Eine Mehrheit von 36 % der Befragten wird dem konservativ-steigerungsorientierte Spektrums zugeordnet, deren Menschen die gewohnte, auf Wachstum fixierte Lebens- und Wirtschaftsweise gegenüber Veränderung verteidigen. Hierzu werden folgende Mentalitäten gezählt: liberaler Wachstumsoptimismus (11 %), Ökokonservatismus (12 %) und harmonistischer Konformismus (eine auf die Vermeidung von Konflikt und Konkurrenz gerichtete Haltung, 13 %). Die mit Akquieszenz (7 %) bezeichnete Mentalität beschreibt Menschen, die zur deutlich überdurchschnittlichen Bejahung sämtlicher Aussagen neigen. Dieser Typus lässt sich nicht klar einem Spektrum zuordnen, ist aber in Abbildung 1 nahe dem defensiv-reaktiven Spektrum, das von Resignation und Rückzug geprägt ist. Hierzu werden die Mentalitäten des instrumentellen Wachstumsindividualismus (7 %), der regressive Veränderungsaversion (7 %) und zurückgezogenen Notwendigkeit (12 %) gezählt.
Schließlich wurden sozialstrukturelle Gegensätze untersucht, die die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die sozial-ökologische Transformation kennzeichnen: Entlang der horizontalen Achse wird ein Lebensweisekonflikt, in der diagonalen Richtung zwischen links oben und rechts unten wird ein Veränderungskonflikt und in der dazu senkrechten diagonalen Linie ein Externalisierungskonflikt diskutiert.
Internationale Perspektive
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Studien zu Globalen Umweltveränderungen und Zukunftsszenarien veröffentlicht. Diese lösten einzelne, auch globale Initiativen aus und prägten das Umweltbewusstsein weltweit in besonders ökologisch-sozial orientierten Bevölkerungsgruppen und führten auch zu globalen politischen Initiativen. So werden seit 1979 regelmäßig UN-Klimakonferenzen durchgeführt. Anfang des 21. Jahrhunderts rückten die Planetaren Grenzen, insbesondere das Artensterben zunehmend ins öffentliche Bewusstsein. Durch die Zunahme der Häufigkeit extremer Ereignisse, wie anhaltende Hitze-, Trocken- und Hochwasserperioden sowie Pandemien (insbesondere die COVID-19-Pandemie) mit negativen Auswirkungen auf das persönliche Wohlergehen (Gesundheit, Ernährung, Wohlstand), die individuell in nahezu allen Ländern erlebt wurden, entwickelten und entwickeln sich globale Protestbewegungen, wie Fridays for Future und Extinction Rebellion. Diese erlangten weltweit größere mediale Aufmerksamkeit. Es ist zu erwarten, dass diese weltweiten Bewegungen Einfluss auf das Umweltbewusstsein weiter Bevölkerungsschichten haben. Hierzu gibt es erste Studien. Umfassende Studien zur internationalen Entwicklung des Umweltbewusstseins sind noch nicht bekannt. Es gibt aber auf spezielle Fragen fokussierte Studien mit internationaler Perspektive.
Im Auftrag des Weltwirtschaftsforums wurden im Herbst 2019 fast 20.000 Menschen aus 28 Ländern befragt, ob bzw. welche Verhaltensweisen sie im Interesse des Klimaschutzes geändert haben.[13] Zwei Drittel der befragten Personen gaben an, dass sie aus Sorge um den Klimawandel ihr Verhalten geändert haben, während 23 % angaben, dass sie ihr Verhalten wegen des Klimas gar nicht geändert haben. Am häufigsten wurden Verhaltensänderungen in Bezug auf den häuslichen Wasser- und Energieverbrauch, Recycling und die Wahl der Lebensmittel genannt. Am geringsten wurden Verhaltensänderungen in Bezug auf die Art der Mobilität bei Geschäftsreisen und den motorisierten Verkehr genannt. Am höchsten ist der Anteil der Personen mit erklärten Verhaltensänderungen in Indien (88 %), Mexiko (86 %), Chile (86 %), China (85 %), Malaysia (85 %) und Peru (84 %). Am niedrigsten ist der Anteil der Befragten mit angegebenen Verhaltensänderungen für das Klima in Japan (31 %), Russland (52 %), Saudi-Arabien (55 %) und den USA (56 %). In Deutschland gaben 60 % der Befragten an, ihr Verhalten wegen des Klimawandels geändert zu haben, hier am häufigsten in Bezug auf den Lebensmittelkauf und am zweit- und dritthäufigsten bezüglich des Energieverbrauchs bzw. Recyclings.
Im April 2020, also während der COVID-19-Pandemie, wurden über 28.000 Menschen aus 14 Ländern gefragt, ob sie der folgenden Aussage zustimmen: „Langfristig gesehen ist der Klimawandel eine ebenso ernste Krise wie die COVID-19-Pandemie“. Weltweit haben 71 % der Befragten dieser Aussage zugestimmt. Interessant ist, dass vor allem in stark vom Coronavirus SARS-CoV-2 betroffenen Ländern dieser Aussage zugestimmt wurde:[14] China (87 %), Frankreich (76 %), Spanien (73 %), Italien (72 %), Brasilien (71 %), Deutschland (69 %) und in weiteren Ländern (Australien, Großbritannien, Indien, Kanada, Mexiko, Russland, USA).
In einer Studie an den Universitäten in Wien und Amsterdam wurde gezeigt, dass die Betonung des Wissenschaftlichen Konsens hinsichtlich des menschengemachten Klimawandels Menschen dazu bringt, diesen auch als solchen wahrzunehmen. Fehleinschätzungen können so reduziert und wissenschaftlich fundierte Überzeugungen hinsichtlich der Existenz und Ursache des Klimawandels gestärkt werden. Befragt wurden dabei über 10.000 Menschen aus 27 Ländern auf 6 Kontinenten.[15]
Umweltbewusstsein bei Führungskräften in der Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das internationale Wirtschaftsprüfungs- und -beratungsunternehmen Deloitte hat in seinem CxO Sustainability Report 2022 das Nachhaltigkeitsbewusstsein von mehr als 2000 Führungskräften (CxOs) in 21 Ländern untersucht, darunter 105 Teilnehmer aus Deutschland.[16] Es wurde festgestellt, dass das Umweltbewusstsein unter den Führungskräften weltweit gewachsen ist, während die Umsetzung besonders in Deutschland stockt. Allgemein wird eine Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit konstatiert. Fast alle Befragten (97 %) gaben an, dass ihre Unternehmen bereits negativ vom Klimawandel betroffen sind (z. B. Unterbrechung von globalen Lieferketten). Fast zwei Drittel äußerten sich sehr besorgt über den Klimawandel. Im September und Oktober 2021 gaben fast 79 % der Befragten an, dass sie die Welt an einem Wendepunkt sehen – eine Zahl, die acht Monate zuvor noch bei 59 % lag. Im gleichen Zeitraum ist auch die optimistische Überzeugung gewachsen (von 63 % auf 88 %), dass durch sofortiges Handeln die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels begrenzt werden können. Unter den vorrangigen unternehmerischen Handlungsfeldern werden vor allem die Kreislaufwirtschaft (67 %) und die Energieeffizienz (66 %) gesehen.
Die Deloitte Deutschland GmbH hat eine spezielle Auswertung für Deutschland im internationalen Vergleich vorgenommen.[17] Während global 89 % der Befragten von der Klimakrise (global climate emergency) überzeugt sind, sind es in Deutschland nur 78 %. Entsprechend gaben global 81 % an, persönlich vom Klimawandel negativ betroffen zu sein (z. B. von extremer Hitze 49 %), während in Deutschland nur 72 % (41 % durch extreme Hitze). Mit diesen Unterschieden wird interpretiert, warum besonders in Deutschland Klimaschutzmaßnahmen weniger umgesetzt werden als international. Als weiterer möglicher Grund für mangelnde Umsetzung wird angegeben, dass in Deutschland die Vergütung der Führungskräfte an die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen weniger gebunden ist als international. Aber auch international wird von 30 % der Befragten als Grund für mangelnde Umsetzung angegeben, dass die Auswirkung unternehmerischen Handelns auf die Umwelt schwierig messbar ist - eine Aussage, die von 40 % der deutschen Teilnehmer geteilt wird. In der Begründung für unzureichendes Handeln werden auch die Kosten genannt; global bestätigten dies 27 %, von den deutschen Teilnehmern 30 %.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Andreas Diekmann, Peter Preisendörfer: Umweltsoziologie. Eine Einführung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-55595-6.
- Annett Entzian: Denn sie tun nicht, was sie wissen : eine Studie zu ökologischem Bewusstsein und Handeln. Oekom, München 2015, ISBN 978-3-86581-485-2 (Dissertation Universität Flensburg 2015, 221 Seiten).
- Oliver Geden: Strategischer Konsum statt nachhaltiger Politik? Ohnmacht und Selbstüberschätzung des „klimabewussten“ Verbrauchers (PDF; 52 kB), in: Transit - Europäische Revue, Heft 36 (Winter 2008/2009), Klimapolitik und Solidarität
- Angelika Poferl: Die Kosmopolitik des Alltags. Zur ökologischen Frage als Handlungsproblem. Edition Sigma, Berlin 2004, ISBN 3-89404-517-5 (Dissertation Universität Augsburg 2003, 253 Seiten).
- Angelika Poferl, Karin Schilling, Karl-Werner Brand: Umweltbewusstsein und Alltagshandeln. Eine empirische Untersuchung sozial-kultureller Orientierungen. Opladen 1997, ISBN 3-8100-1904-6
- Udo Kuckartz, Anke Rheingans-Heinze: Trends im Umweltbewusstsein. Umweltgerechtigkeit, Lebensqualität und persönliches Engagement. Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-14892-3
- Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten. Berlin / Heidelberg 1998, ISBN 3-540-63658-7.
- Gerhard de Haan, Udo Kuckartz: Umweltbewusstsein. Denken und Handeln in Umweltkrisen. Opladen 1996, ISBN 3-531-12808-6.
- Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltbewusstsein in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage (PDF; 3,8 MB), Berlin 2000 ff.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Nils Franke: Naturschutz - Landschaft - Heimat : Romantik als eine Grundlage des Naturschutzes in Deutschland. Springer VS, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-658-14834-8.
- ↑ a b Michaela Haas: Wir leben nicht mehr im Einklang mit der Natur, sondern funktionalisieren sie. Obwohl sie es besser wissen, fällt es vielen Menschen schwer, aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun. Der Psychosomatiker Christoph Nikendei erklärt, woher dieser Widerspruch kommt – und wie man sich aus dieser Starre lösen kann. In: Süddeutsche Zeitung. 5. Juli 2021 (sueddeutsche.de).
- ↑ Zwischen Anspruch und Realität: So nachhaltig ist Deutschland. Kleinanzeigen, 14. Oktober 2024, abgerufen am 28. Oktober 2024.
- ↑ Axel Franzen: Umweltbewusstsein. In: Marco Sonnberger, Alena Bleicher, Matthias Groß (Hrsg.): Handbuch Umweltsoziologie. Springer VS, Wiesbaden 13. Januar 2024, S. 699–709, doi:10.1007/978-3-658-37218-7_65.
- ↑ a b c d Heike Williams, Rainer Benthin, Angelika Gellrich: Umweltbewusstsein in Deutschland 2018. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Hrsg.: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Umweltbundesamt. Berlin Mai 2019 (bmu.de [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 26. April 2020]).
- ↑ Angelika Gellrich: 25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort. Langfristige Entwicklungen und aktuelle Ergebnisse. Hrsg.: Umweltbundesamt. 3. März 2021 (umweltbundesamt.de).
- ↑ Angelika Gellrich: Umweltbewusstsein in Deutschland 2020. (PDF; 4,1 MB) Umweltbundesamt, 26. April 2021, abgerufen am 11. Februar 2022.
- ↑ Janina Belz, Robert Follmer, Jana Hölscher, Immanuel Stieß, Georg Sunderer, Barbara Birzle-Harder: Umweltbewusstsein in Deutschland 2020. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. (PDF; 4,2 MB) Umweltbundesamt, Januar 2022, abgerufen am 11. Februar 2022.
- ↑ Dennis Eversberg: Bioökonomie als Einsatz polarisierter sozialer Konflikte? Zur Verteilung sozial-ökologischer Mentalitäten in der deutschen Bevölkerung 2018 und möglichen Unterstützungs- und Widerstandspotentialen gegenüber bio-basierten Transformationen. Working Paper Nr. 1. In: Mentalitäten im Fluss (flumen). Oktober 2020, ISSN 2702-1750 (http://www.flumen.uni-jena.de/wp-content/uploads/2020/11/Flumen_ Working_Paper_Nr.1_Eversberg_Bio%C3%B6konomie-als-Einsatz-polarisierter-sozialer-Konflikte-1.pdf [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 10. Dezember 2021]).
- ↑ Christoph Hoeft, Sören Messinger-Zimmer, Julia Zilles: Bürgerproteste in Zeiten der Energiewende. Ein Fazit in neun Thesen. In: Christoph Hoeft, Sören Messinger-Zimmer, Julia Zilles (Hrsg.): Bürgerproteste in Zeiten der Energiewende. transcript, 2017, ISBN 978-3-8376-3815-8, S. 235–254.
- ↑ Dennis Eversberg, Martin Fritz, Linda von Faber, Matthias Schmelzer: Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. Forschungsbericht der BMBF-Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss (flumen)“. Hrsg.: Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Soziologie. Jena 2024, doi:10.22032/dbt.59592.
- ↑ Dennis Eversberg, Martin Fritz, Linda von Faber, Matthias Schmelzer: Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt. Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. campus, Frankfurt am Main 2024, ISBN 978-3-593-51995-1.
- ↑ Ipsos: Climate Change and Consumer Behaviour. (pfd; 607 kB) Global changes in consumer behaviour in responsse to climate change. 23. Januar 2020, abgerufen am 1. Mai 2020.
- ↑ Robert Grimm: Klimawandel bereitet Deutschen ebenso große Sorgen wie das Coronavirus. (pdf; 260 kB) Ipsos, 23. April 2020, abgerufen am 4. Mai 2020.
- ↑ Bojana Većkalov, Sandra J. Geiger, František Bartoš et al.: A 27-country test of communicating the scientific consensus on climate change. In: Nature Human Behaviour. Band 8, 2024, S. 1892–1905, doi:10.1038/s41562-024-01928-2.
- ↑ Delitte: Deloitte 2022 CxO Sustainability Report. (PDF; 11,2 MB) The disconnect between ambition and impact. Januar 2022, abgerufen am 23. Januar 2022.
- ↑ Delitte Deutschland GmbH: Deloitte 2022 CxO Sustainability Report. (PDF; 3,4 MB) The disconnect between ambition and impact - Germany. Januar 2022, abgerufen am 23. Januar 2022.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Untersuchungen des Umweltbundesamtes zum Umweltbewusstsein der Deutschen unter www.umweltbewusstsein.de
- Bewusstsein und Verhalten: Umweltbewusstsein 2005 - Zur Empirie der ´Nachhaltigkeit´. Ergebnisse einer aktuellen Studie (PDF)
- Studie Umweltbewusstsein 2012 (sowie Links zu den Studien 2000–2010)