„Raufußkauz“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
K →Stimme: wechselnde Schreibung korrigiert |
Earwig (Diskussion | Beiträge) |
||
(271 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --> |
|||
{| border="1" cellspacing="0" style="float:right;margin-left:0.5em" |
|||
{{Taxobox |
|||
! align="center" bgcolor="#ffc0c0" | '''Raufußkauz''' |
|||
| Taxon_Name = Raufußkauz |
|||
|- |
|||
| Taxon_WissName = Aegolius funereus |
|||
| align="center" | [[Bild:Raufusskauz.jpg|none|250px|Raufußkauz]]<small>Raufußkauz (''Aegolius funereus'')<small> |
|||
| Taxon_Rang = Art |
|||
|- |
|||
| Taxon_Autor = ([[Carl von Linné|Linnaeus]], 1758) |
|||
! align="center" bgcolor="#ffc0c0" | '''{{taxonomy}}''' |
|||
| Taxon2_Name = |
|||
|- |
|||
| Taxon2_WissName = Aegolius |
|||
| |
|||
| Taxon2_Rang = Gattung |
|||
{| border="0" |
|||
| Taxon3_Name = Eigentliche Eulen |
|||
|- |
|||
| Taxon3_WissName = Strigidae |
|||
| ''{{classis}}:'' || [[Vögel]] (Aves) |
|||
| Taxon3_Rang = Familie |
|||
|- |
|||
| |
| Taxon4_Name = Eulen |
||
| Taxon4_WissName = Strigiformes |
|||
|- |
|||
| Taxon4_Rang = Ordnung |
|||
| ''{{familia}}:'' || [[Eigentliche Eulen]] (Strigidae) |
|||
| Taxon5_Name = Vögel |
|||
|- |
|||
| Taxon5_WissName = Aves |
|||
| ''{{genus}}:'' || [[Raufußkäuze]] (''Aegolius'') |
|||
| Taxon5_Rang = Klasse |
|||
|- |
|||
| Bild = Aegolius-funereus-001.jpg |
|||
| ''{{species}}:'' || Raufußkauz (''A. funereus'') |
|||
| Bildbeschreibung = Raufußkauz |
|||
|} |
|||
}} |
|||
[[Datei:Aegolius funereus - Boreal Owl XC103673.mp3|mini]] |
|||
Der '''Raufußkauz''' ist eine kleine Eule aus der artenarmen Gattung ''Aegolius'', der darüberhinaus noch drei weitere in Nord-, Mittel- und Südamerika beheimatete Arten angehören. |
|||
[[Datei:Aegolius funereus NRM.jpg|mini|Gut sind die befiederten Zehen erkennbar]] |
|||
[[Datei:Raufusskauz.jpg|mini|Ein Raufußkauz]] |
|||
Der '''Raufußkauz''' (''Aegolius funereus''), in älteren Publikationen ''Rauhfußkauz'', ist eine kleine [[Eulen|Eule]] aus der artenarmen [[Gattung (Biologie)|Gattung]] ''[[Aegolius]]'', der darüber hinaus drei weitere in Nord-, Mittel- und Südamerika beheimatete [[Art (Biologie)|Arten]] angehören. Die streng nachtaktive Art bewohnt den [[holarktis]]chen [[Borealer Nadelwaldgürtel|borealen Nadelwaldgürtel]] sowie inselartig aufgesplittert Mittelgebirgs- und Gebirgslagen in Europa, Asien und Nordamerika. In letzter Zeit wurde in Mitteleuropa eine starke Ausbreitungstendenz in Niederungslagen festgestellt. |
|||
Der Raufußkauz bewohnt alte Nadelwälder oder nadelholzdominierte Mischwälder. Selten kommt er auch in reinen Laubwäldern vor. Er ist wie die meisten Eulen Höhlenbrüter und somit auf natürliche Baumhöhlen oder Höhlen größerer Spechtarten wie [[Schwarzspecht]] oder [[Helmspecht]] angewiesen. Seine Nahrung besteht überwiegend aus [[Nagetiere]]n, zu einem kleineren Teil aus Vögeln. |
|||
Derzeit werden meist fünf Unterarten beschrieben, von denen keine in einer Gefährdungsstufe der [[IUCN]] aufscheint. |
|||
== Aussehen == |
== Aussehen == |
||
Die mit einer Körperlänge von 24 bis 26 Zentimetern etwa [[Steinkauz (Art)|steinkauzgroße]] Eule ist gut bestimmbar. Die Spannweite beträgt 53 bis 60 Zentimeter. Die Geschlechter unterscheiden sich zwar im Gewicht deutlich (♂ um die 115 Gramm, ♀ bis 200 Gramm), nicht aber im Aussehen; allerdings sind die Weibchen etwas größer. |
|||
Auffallend ist der große Kopf mit dem hellen Gesichtsfeld und dem schwarz gerandeten Gesichtsschleier. Es entsteht dadurch der Eindruck „eines erstaunten Gesichtsausdrucks“.<ref name="svensson">{{Literatur |Autor=Lars Svensson (Text, Karten), Killian Mullarney, Dan Zetterström (Illustrationen und Bildlegenden) |Titel=[[Der Kosmos Vogelführer]]: alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens |Auflage=2. |Seiten=226 |Verlag=Kosmos |Ort=Stuttgart |Datum=2011 |ISBN=978-3-440-12384-3 |Originaltitel=Fågelguiden |Originalsprache=sv |Übersetzer=Peter H. Barthel}}</ref> [[Federohren]] sind nicht vorhanden. Die [[Iris (Auge)|Iris]] der Augen ist leuchtend gelb, unter den Augen befindet sich beiderseits des Schnabels eine dunkle, strichartige Federzeichnung. Das braune Gefieder der Oberseite ist mit deutlichen, perlartigen weißen Punkten übersät. Die Unterseite ist hellgrau und weist eine graubraune Fleckung und verwaschene Längsstreifung auf. Die kurzen Füße sind bis zu den Krallen weiß befiedert, wodurch die Eule ihren deutschen Namen erhielt. |
|||
Die mit einer Größe von 24 bis 26 Zentimetern Rumpflänge etwa [[Steinkauz (Art)|steinkauzgroße]] Eule ist gut bestimmbar. Die Spannweite beträgt 53-60 Zentimeter. Die Geschlechter unterscheiden sich zwar im Gewicht deutlich (♂ um die 100 Gramm, ♀ bis 160 Gramm), nicht aber im Aussehen. |
|||
Jungvögel sind einheitlicher dunkelbraun gefärbt, die weißen Pünktchen [[kontrast]]ieren noch weniger mit dem dunklen Gefieder. Die Augenbrauen sowie der „Bartstreifen“ sind dabei auffällig weiß gefärbt. |
|||
Auffallend ist der große Kopf mit dem hellen, schwarz umrandeten Gesichtsschleier. [[Federohren]] sind nicht vorhanden. Die [[Iris (Auge)|Iris]] der Augen ist leuchtend gelb, unter den Augen befindet sich beiderseits des Schnabels eine dunkle, strichartige Federzeichnung. Das graubraune Gefieder der Oberseite ist mit deutlichen, perlartigen weißen Punkten übersät. Die Unterseite ist hell und weist eine graubraune Fleckung und verwaschene Längsstreifung auf. Die kurzen Füße sind bis zu den Krallen weiß befiedert, wodurch die Eule ihren deutschen Namen erhielt. |
|||
Jungvögel sind einheitlicher dunkelbraun gefärbt, die weißen Pünktchen [[kontrast]]ieren noch weniger mit dem dunklen Gefieder. Die Augenbrauen sowie der "Bartstreifen" sind dabei auffällig weiß gefärbt. |
|||
== Stimme == |
== Stimme == |
||
Der Gesang des Raufußkauzes ist unverkennbar: Er besteht aus vier bis zehn sehr schnell gereihten Flötenelementen auf „u(ü)“, die in der Höhe ansteigen, zaghaft beginnen und deutlich lauter werden und am Ende rein und tönend „uuü“ klingen. Der Gesang ist bei guten Bedingungen bis zu 2000 Meter weit hörbar und erinnert in der Tonfärbung stark an den Klang einer [[Okarina]]. Daneben gibt es noch verschiedene weitere Rufe, vor allem ein waldkauzähnliches „Kjuwitt“. Seltener sind [[Instrumentallaut]]e wie [[Schnabelknappen]] und Flügelklatschen zu hören. |
|||
Die Gesangsaktivität beginnt erst mit der völligen Dunkelheit und kann mit einer Unterbrechung in der Nachtmitte bis in die Morgendämmerung anhalten. Der erste Gesangsgipfel liegt in Mitteleuropa im Monat Januar; während der Herbstbalz ist diese Art stimmlich nicht sehr auffällig. Am häufigsten ist der Raufußkauz während der Hauptbrutzeiten im April und Mai zu hören. Die stimmliche Aktivität der Art ist aber insgesamt nicht sehr hoch und kann bei Anwesenheit von Fressfeinden, insbesondere des [[Waldkauz]]es (''Strix aluco''), fast völlig eingestellt werden. Ruf eines Raufußkauz-Männchens: |
|||
<gallery> |
|||
Raufußkauz Männchen.OGG |
|||
</gallery> |
|||
== Verbreitung == |
|||
Der Gesang des Raufußkauzes ist unverkennbar: Er besteht aus vier bis zehn sehr schnell gereihten Flötenelementen auf "u(ü)", die in der Höhe ansteigen, zaghaft beginnen und deutlich lauter werden und am Ende rein und tönend "uuü" klingen. Der Gesang ist etwa 500 Meter weit hörbar und erinnert stark an den Klang einer [[Okarina]]. Die Gesangsaktivität ist insgesamt nicht sehr hoch und kann bei Anwesenheit von Fressfeinden, insbesondere des [[Waldkauz]]es (''Strix aluco''), fast völlig eingestellt werden. Daneben gibt es noch verschiedene weitere Rufe, vor allem ein waldkauzähnliches "Kjuwitt". Seltener [[Instrumentallaute]] wie [[Schnabelknappen]] und Flügelklatschen. |
|||
[[Datei:AegoliusFunereusIUCN.svg|mini|links|350px|Verbreitung des Raufußkauzes:<br />{{Farblegende|#008000|Ganzjähriges Vorkommen}}{{Farblegende|#007FFF|Überwinterungsgebiete}}]] |
|||
Die Art ist in weiten Teilen der [[Holarktis]] verbreitet, wobei sich das Verbreitungsgebiet durch den holarktischen Nadelwaldgürtel von Europa, Asien und Nordamerika zieht. Einige südlich davon vorkommende [[Population (Biologie)|Populationen]] werden als Reliktvorkommen aus der letzten [[Eiszeitalter|Eiszeit]] betrachtet. Insgesamt werden sieben Unterarten beschrieben, sechs davon leben in Eurasien, eine im nördlichen Nordamerika. Die [[Unterart]]en sind im Aussehen wenig differenziert; nach Osten hin werden die Weißzeichnungen der Individuen deutlicher und deren Gefieder dadurch heller, auch die Größe der Unterarten nimmt nach Nordosten etwas zu. Die amerikanische Unterart ''Ae. f. richardsoni'' ist dagegen wieder dunkler und ähnelt stärker der Nominatform. |
|||
===Stimmbeispiel=== |
|||
*[http://owlpages.com/species/aegolius/funereus/sounds/Aegolius_funereus_Male.mp3 Typischer Reviergesang eines Raufußkauzes] |
|||
Sechs dieser Unterarten brüten in einem breiten Gürtel von [[Skandinavien]], dem [[Baltikum]], weiten Teilen [[Russland]]s, [[Sibirien]]s, der [[Mongolei]] und Nordostchinas bis zum [[Pazifischer Ozean|Pazifik]] ([[Kamtschatka]] und [[Sachalin]]). |
|||
== Verbreitung == |
|||
Dabei lebt die [[Nominatform]] ''Ae. f. funereus'' in Europa ostwärts bis an den [[Ural]], daran schließen sich in Nordasien die Verbreitungsgebiete von ''Ae. f. pallens'' und ''Ae. f. magnus'' an. In Zentralasien ist vor allem ''Ae. f. sibiricus'' vertreten. Geografisch isoliert gibt es einige Gebirgspopulationen im [[Kaukasus]] (''Ae. f. caucasicus'') sowie im [[Tianshan]] (''Ae. f. beikianus''). Das Brutgebiet der nordamerikanischen Unterart ''Ae. f. richardsoni'' erstreckt sich vom Atlantik bis zum Pazifik und umfasst in einem unterschiedlich breiten Gürtel im Wesentlichen das mittlere und südliche Kanada. An einigen Stellen reicht die Verbreitung bis tief in die Vereinigten Staaten, im Nordwesten erreicht die Unterart Alaska. |
|||
[[Image:Aegolius funereus dis.png|thumb|350px|Verbreitung]] |
|||
Die Art ist in weiten Teilen der [[Holarktis]] verbreitet, wobei sich das Verbreitungsgebiet entlang des holarktischen Nadelwaldgürtels durch Europa, Asien und Nordamerika zieht. Einige südlich davon vorkommende [[Population (Biologie)|Populationen]] werden als Reliktvorkommen aus der letzten [[Eiszeit]] betrachtet. Weltweit wurden bislang acht Unterarten beschrieben, von denen fünf anerkannt sind. Die [[Unterart (Biologie)|Unterarten]] sind im Aussehen wenig differenziert; zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach Osten hin die Weißzeichnungen der Individuen deutlicher werden und deren Gefieder dadurch heller wirkt, auch die Größe der Unterarten nimmt nach Nordosten etwas zu. |
|||
Vier dieser Unterarten brüten in [[Eurasien]] in einem breiten Gürtel von [[Skandinavien]], dem [[Baltikum]], weiten Teilen [[Russland]]s, [[Sibirien]]s, der [[Mongolei]] und Nordostchinas bis zum [[Pazifischer Ozean|Pazifik]] ([[Kamtschatka]] und [[Sachalin]]). Dabei lebt die [[Nominatform]] ''Ae. f. funereus'' in Europa bis ostwärts an den [[Ural]], daran schließen sich in Nordasien die Verbreitungsgebiete vo ''Ae. f. pallens'' und ''Ae. f. magnus'' an. Geografisch isoliert gibt es einige Gebirgspopulationen im [[Kaukasus]] (''Ae. f. caucasicus'') sowie im West[[himalaja]]. Das Brutgebiet der nordamerikanischen Unterart ''Ae. f. richardsoni'' erstreckt sich vom Atlantik bis zum Pazifik und umfasst in einem unterschiedlich breiten Gürtel im Wesentlichen das mittlere und südliche Kanada. An einigen Stellen reicht die Verbreitung bis tief in die Vereinigten Staaten, im Nordwesten erreicht die Unterart Alaska. |
|||
Das Brutgebiet von ''Ae. f. funereus'' ist in Mitteleuropa inselartig aufgegliedert und im Wesentlichen auf |
Das Brutgebiet von ''Ae. f. funereus'' ist in Mitteleuropa inselartig aufgegliedert und im Wesentlichen auf Mittelgebirgs- und [[Höhenstufe (Ökologie)|alpine]] Lagen bis zur [[Baumgrenze]] beschränkt. Die Art ist auch in den [[Karpaten]] sowie in einigen Waldinseln des [[Dinarisches Gebirge|Dinarischen Gebirges]], in Nordgriechenland sowie als westlichstes Vorkommen in den [[Pyrenäen]] nachgewiesen. In Nordostfrankreich, Ostbelgien, den Niederlanden sowie manchen Teilen Norddeutschlands und Polens werden in zunehmendem Maße Tieflandgebiete besiedelt. Das geschlossene Brutgebiet beginnt in Südschweden und erstreckt sich in einem breiten Gürtel bis zum Ural. In Finnland erreicht die Verbreitung 70°N und zieht sich in weiterer Folge in einem breiten Streifen zwischen ~ 50°N und dem [[Polarkreis]] nach Osten, südlich davon liegen noch einige Verbreitungsinseln in den [[Mittelrussische Platte|Mittelrussischen Höhenzügen]], dem [[Krim]]gebirge sowie an der Schwarzmeerküste der Türkei ([[Pontisches Gebirge]]). |
||
== Lebensraum == |
== Lebensraum == |
||
Als Lebensraum werden große, alte und zusammenhängende Wälder vor allem mit [[Tannen]], [[Fichten]] und [[Buchen]], zuweilen auch [[Kiefern]] bevorzugt. Seltener brütet die Art in reinen [[Buchenwald (Landschaft)|Buchenwäldern]]; sie kommt aber auch in lichten Lärchenwäldern und aufgelockerten Birkengehölzen vor. In Nordamerika bevorzugt die Art Bestände mit [[Schwarzfichte]] und [[Weißfichte]], durchsetzt mit [[Pappeln]], [[Birken]] und [[Balsam-Tanne]]n. In höheren Lagen ist er bevorzugt in Wäldern mit [[Felsengebirgs-Tanne]]n und [[Engelmann-Fichte]]n anzutreffen.<ref>W. Holt, R. Berkley, C. Deppe, P. Enríquez Rocha, J. L. Petersen, J. L. Rangel Salazar, K. P. Segars, K. L. Wood: ''Boreal Owl (Aegolius funereus).'' (1999). In: J. del Hoyo, A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie, E. de Juana (Hrsg.): ''Handbook of the Birds of the World Alive.'' Lynx Edicions, Barcelona 2013. (abgerufen auf http://www.hbw.com/node/55095 am 31. Juli 2014).</ref> Die oft behauptete exklusive Bindung der Art an die Fichte besteht nicht. Das Brutrevier muss neben einem ausreichenden Nahrungsangebot auch genügend Bruthöhlen, insbesondere [[Schwarzspecht]]höhlen, in Nordamerika Höhlen des [[Goldspecht]]es und des [[Helmspecht]]es aufweisen. Deckungsreiche Tagesunterstände müssen leicht erreichbar sein und freie Jagdflächen, wie beispielsweise Waldlichtungen oder Aufforstungen zur Verfügung stehen. |
|||
Eine starke Präsenz von Fressfeinden ([[Baummarder]], [[Waldkauz]], [[Uhu]], in Nordamerika vor allem [[Streifenkauz]] und [[Fleckenkauz]] sowie verschiedene [[Mustelidae]], vor allem der [[Fichtenmarder]]) verhindert die Neuansiedlungen und kann zur Aufgabe von Brutplätzen führen. |
|||
Als Lebensraum werden große, alte und zusammenhängende Waldgesellschaften vor allem mit [[Tannen]], [[Fichten]] und [[Buchen]], zuweilen auch [[Kiefern]] bevorzugt. Seltener brütet er in reinen [[Buchenwald (Landschaft)|Buchenwäldern]]. Die oft behauptete Bindung der Art an die Fichte besteht nicht. Das Brut[[habitat]] muss neben einem ausreichenden Nahrungsangebot auch genügend Bruthöhlen, insbesondere [[Schwarzspecht]]höhlen, aufweisen. Deckungsreiche Tagesunterstände müssen leicht erreichbar sein und freie Jagdflächen, wie beispielsweise Waldlichtungen oder Aufforstungen zur Verfügung stehen. |
|||
Als [[Borealer Wald|boreale]] Art liegen in Mitteleuropa die Schwerpunkte der [[Lotrichtung|vertikalen]] Verbreitung zwischen 800 und 2000 Metern, doch werden auch in Mitteleuropa Tieflagenbruten häufiger, zum Beispiel in der Lüneburger Heide, im südlichen Brandenburg, im Wienerwald (330 m), oder in der Nähe Münchens (520 m). Besonders deutlich wird die Besiedelung von Tieflandgebieten im Osten Deutschlands, wo bereits an die 15 % des gesamten Brutbestandes der Art auf Populationen entfallen, die in Habitaten unter {{Höhe|250|DE-NN|link=true}} brüten. In den [[Rocky Mountains]] kommt der Raufußkauz bis in Höhen von 3000 Metern vor.<ref>Claus König, Friedhelm Weick: ''Owls of the World.'' Christopher Helm, London 2008, ISBN 978-0-7136-6548-2, S. 442.</ref> |
|||
Eine starke Präsenz von Fressfeinden ([[Baummarder]], [[Waldkauz]], [[Uhu]]) verhindert die Neuansiedelungen und kann zur Aufgabe von Brutplätzen führen. |
|||
Als [[Borealer Wald|boreale]] Art liegen in Mitteleuropa die Schwerpunkte der [[vertikale]]n Verbreitung zwischen 800 und 1900 Metern, doch werden auch in Mitteleuropa Tieflagenbruten häufiger, zum Beispiel in der Lüneburger Heide, im südlichen Brandenburg, im Wienerwald (330 m), oder Nistkastenbruten in der Nähe Münchens (520 m). |
|||
== Verhalten == |
== Verhalten == |
||
=== Nahrung und Nahrungserwerb === |
=== Nahrung und Nahrungserwerb === |
||
[[Datei:Raufußkauz im Flug.jpg|mini|Raufußkauz mit erbeuteter Gelbhalsmaus]]Der Raufußkauz ernährt sich ausschließlich animalisch. Seine Beute besteht aus kleinen Säugetieren, vor allem [[Nagetiere]]n sowie in geringerem Maße aus Vögeln bis etwa [[Drosseln|Drosselgröße]]. |
|||
[[Wühlmäuse]] ([[Erdmaus]]- und [[Rötelmaus]]) sowie [[Mäuse|Echte Mäuse]] ([[Waldmaus]]- und [[Gelbhalsmaus]]) bilden in Mitteleuropa den Hauptanteil der Nahrung. Daneben werden auch [[Spitzmäuse|Spitzmausarten]] sowie [[Bilche]] erbeutet. Im Säugetieranteil überwiegen die Wühlmäuse mit über 50 % am Gesamtanteil. Vogelknochen finden sich immer in den [[Gewölle]]n, doch ist ihr Anteil mit meist unter 9 % eher gering. |
|||
Die Art jagt vor allem während der Nachtstunden, nur in den nördlichsten Verbreitungsgebieten wurden (insbesondere an sehr trüben Tagen und während der Jungenaufzucht) auch Tagesjagden festgestellt. Der Raufußkauz ist ein Wartenjäger; Such- oder Verfolgungsjagden wurden nur selten beobachtet. Seine Beute ortet der Raufußkauz offenbar fast ausschließlich [[Akustik|akustisch]] und schlägt sie nach einem Stoßflug am Boden. Diese extrem nächtliche Jagdweise wird vor allem durch die stark asymmetrische Anordnung der äußeren Gehörgänge ermöglicht, die bei vielen Eulenarten feststellbar, bei dieser Art jedoch besonders eindrucksvoll ausgeprägt ist. Die Beutetiere werden meist zerteilt, nur selten im Ganzen verschlugen, Vögel werden zumindest teilweise gerupft. |
|||
Der Raufußkauz ernährt sich ausschließlich animalisch. Seine Beute besteht aus einer großen Artenvielfalt kleiner Säugetiere sowie in geringerem Maße aus Vögel bis etwa [[Drosseln|Drossel]]größe. |
|||
Während der Brutzeit legen Raufußkäuze Nahrungsdepots – vor allem in Schwarzspechthöhlen – an, die beträchtliche Mengen an Beutetieren umfassen können. |
|||
[[Wühlmaus|Wühlmäuse]] ([[Erdmaus]]– und [[Rötelmaus]]) sowie [[Mäuse|Echte Mäuse]] ([[Waldmaus]]- und [[Gelbhalsmaus]]) bilden den Hauptanteil seines sehr artenreichen Nahrungsrepertoires. Daneben werden auch [[Spitzmäuse|Spitzmausarten]] sowie [[Bilche]] erbeutet. Im Säugetieranteil überwiegen die Wühlmäuse mit über 50% am Gesamtanteil beträchtlich. Vogelknochen finden sich immer in den [[Gewölle|Gewöllen]], doch ist ihr Anteil mit meist unter 9 % eher gering. |
|||
Die Art jagt vor allem während der Nachtstunden, nur in den nördlichsten Verbreitungsgebieten wurden (insbesondere an sehr trüben Tagen und während der Jungenaufzucht) auch Tagesjagden festgestellt. Der Raufußkauz ist ein Wartenjäger; Such-oder Verfolgungsjagden wurden nur selten beobachtet. Seine Beute ortet der Raufußkauz offenbar fast ausschließlich [[Akustik|akustisch]] und schlägt sie nach einem Stoßflug am Boden. Diese extrem nächtliche Jagdweise wird vor allem durch die stark asymmetrische Anordnung der äußeren Gehörgänge ermöglicht, die bei vielen Eulenarten feststellbar, bei dieser Art jedoch besonders eindrucksvoll ausgeprägt ist. Die Beutetiere werden meist zerteilt, nur selten im Ganzen verschlugen, Vögel werden zumindest teilweise gerupft. |
|||
Während der Brutzeit, aber auch im Winter legen Raufußkäuze Nahrungsdepots -vor allem in Schwarzspechthöhlen- an, die beträchtliche Mengen an Beutetieren umfassen können. |
|||
=== Ruhe- und Komfortverhalten === |
=== Ruhe- und Komfortverhalten === |
||
Die Aktivitätsphase beginnt mit Einbruch der Dunkelheit und endet noch vor der Dämmerung. In Mitteleuropa unterbricht eine Pause um die Mitternacht diese Aktivität, in den kurzen nordeuropäischen Sommernächten fehlt diese Pause. Der fast lautlose Flug ist im Gegensatz zum [[Sperlingskauz]] oder [[Steinkauz]] geradlinig. Den Tag verbringt der Kauz auch während der Brutzeit meist in einem Unterstand, vor allem in dichten Nadelbäumen, in Körperkontakt zum Baumstamm. Nischen oder Baumhöhlen werden selten genutzt. Der Raufußkauz ruht im Stehen, indem er das Gefieder leicht aufplustert und den Kopf an den Körper zieht, in dieser Haltung lässt er sich im Winter teilweise auch vollständig einschneien. |
|||
Gelegentlich wird der Ruheplatz jedoch zur Gefiederpflege und zum Sonnenbaden verlassen ([[Komfortverhalten]]). Sehr häufig wird in Wasser oder in Schnee gebadet und Regenduschen kommen ebenfalls vor. Zum Sonnenbad setzt sich das Tier auf exponierte Äste und sträubt das Gefieder, manchmal spreizt es dabei die Flügel nach unten ab. |
|||
Die Aktivitätsphase beginnt mit Einbruch der Dunkelheit und endet noch vor der Dämmerung. In Mitteleuropa unterbricht eine Pause um die Mitternacht diese Aktivität, in den kurzen nordeuropäischen Sommernächten fehlt diese Pause. Der fast lautlose Flug ist im Gegensatz zum [[Sperlingskauz]] oder [[Steinkauz (Art)|Steinkauz]] geradlinig. Den Tag verbringt der Kauz auch während der Brutzeit meist ruhig in seinem Unterstand in, vor allem in dichten Nadelbäumen in Körperkontakt zum Baumstamm, Nischen oder Baumhöhlen werden selten genutzt. Der Raufußkauz ruht im Stehen, indem er das Gefieder leicht aufplustert und den an den Körper zieht, in dieser Haltung läßt er sich im Winter teilweise auch vollständig einschneien. |
|||
Gelegentlich wird der Ruheplatz jedoch zur Gefiederpflege und zum Sonnenbaden verlassen. Sehr häufig wird in Wasser oder in Schnee gebadet und Regenduschen kommen ebenfalls vor. Zum Sonnenbad setzt sich das Tier auf exponierte Äste und sträubt das Gefieder, manchmal spreizt er dabei die Flügel nach unten ab. |
|||
=== Sozial- und Feindverhalten === |
=== Sozial- und Feindverhalten === |
||
Die Männchen sind in Mitteleuropa und besonders bei gutem Nahrungsangebot oft über die Brutzeit hinaus territorial, sonst sind sie umherstreifende Einzelgänger, die Weibchen neigen stärker zum Umherwandern. Selbst zur Brutzeit befinden sich die Tiere an unterschiedlichen Sitzplätzen, ohne Kontakt zum Partner zu halten. Die Territorien werden über Reviergesang markiert, die Verteidigung erfolgt durch Alarmrufe und Scheinattacken. Dabei sind die Grenzen allerdings relativ lose abgesteckt und die Aggressivität gegenüber Artgenossen ist eher gering. Soziale Interaktionen wie gegenseitiges Beknabbern oder gegenseitige Gefiederpflege wurden bisher nicht beobachtet. |
|||
Das Feindverhalten des Raufußkauzes besteht in erster Linie aus einer ausgeprägten Feindvermeidung. Auf ihrem Ansitzplatz sind die Käuze meistens gut versteckt und durch ihre Färbung getarnt, noch verstärkt durch ihre aufrechte Ruhestellung. Gebiete mit hohem [[Feinddruck]], etwa durch Waldkäuze, werden allgemein gemieden. Nähert sich ein Feind, nimmt der Kauz zuerst eine Tarnstellung ein, bei der er sein Gefieder eng an den aufgereckten Körper presst und den Kopfschleier zu zwei Ohrenzipfeln aufstellt. Bei anhaltender Bedrohung kann diese Haltung in eine Drohstellung übergehen, bei der das Tier das Gefieder sträubt und die Augen weit aufreißt. Danach werden der Schwanzfächer und im Extremfall auch die Flügel breit gefächert. |
|||
Die Männchen sind in Mitteleuropa und besonders bei gutem Nahrungsangebot oft über die Brutzeit hinaus territorial, sonst sind sie umherschweifende Einzelgänger, die Weibchen neigen stärker zum Umherwandern. Selbst zur Brutzeit befinden sich die Tiere an unterschiedlichen Sitzplätzen ohne Kontakt zum Partner zu halten. Die Territorien werden über Reviergesang markiert, die Verteidigung erfolgt durch Alarmrufe und Scheinattacken. Dabei sind die Grenzen allerdings relativ lose abgesteckt und die Aggressivität gegenüber Artgenossen ist eher gering. Soziale Interaktionen wie gegenseitiges Beknabbern oder gegenseitige Gefiederpflege wurden bisher nicht beobachtet. Auch Truppbildungen scheinen selbst in den strengsten Wintern nicht stattzufinden. |
|||
Das Feindverhalten des Raufußkauz besteht in erster Linie aus einer ausgeprägten Feinvermeidung. Auf ihrem Ansitzplatz sind die Käuze meistens gut versteckt und durch ihre Färbung getarnt, noch verstärkt durch ihre aufrechte Ruhestellung. Gebiete mit hohem [[Feinddruck]], etwa durch Waldkäuze und Marder, werden allgemein gemieden. Nähert sich ein Feind, nimmt der Kauz zuerst eine Tarnstellung ein, bei der er sein Gefieder eng an den aufgereckten Körper presst und den Kopfschleier zu zwei Ohrenzipfeln aufstellt. Bei anhaltender Bedrohung kann diese Haltung in eine Drohstellung übergehen, bei der das Tier das Gefieder sträubt und die Augen weit aufreißt. Danach werden der Schwanzfächer und im Extremfall auch die Flügel breit gefächert. |
|||
== Fortpflanzung == |
== Fortpflanzung == |
||
[[Datei:Aegolius funereus-nest.jpg|mini|200px|Gelege und Nahrungsdepot im Nistkasten]] |
|||
[[Datei:Aegolius funereus MWNH 0657.JPG|mini|Ei, Sammlung [[Museum Wiesbaden]]]] |
|||
[[Datei:Aegolius funereus -Innsbruck Zoo, Austria -juvenile-8a.jpg|mini|links|Flügger Jungvogel]] |
|||
Nach Eulenart wird die Nisthöhle für die Brut weder gesäubert, noch wird Nistmaterial eingetragen. Meist werden [[Schwarzspecht]]<nowiki/>höhlen genutzt, doch nimmt der Raufußkauz auch geeignete Nistkästen an. Brutbeginn ist in Mitteleuropa meist Mitte März. Die Gelegegröße ist stark von der Nahrungsverfügbarkeit abhängig und liegt zwischen zwei und sieben Eiern. Es wurden aber auch Gelege mit 9 und mehr Eiern beobachtet. Nach etwa 33 Tagen verlassen die Jungen die Bruthöhle und werden als [[Ästling]]e noch mindestens drei Wochen, meist aber bedeutend länger geführt. Spätestens mit der Herbstbalz löst sich der Familienverband auf und die Jungvögel [[Dispersionszug|dismigrieren]]. |
|||
Meist brüten Raufußkäuze nur ein Mal im Jahr, doch bei Gelegeverlust oder bei sehr günstigem Nahrungsangebot kommt es zu Zweitbruten, die auch [[Schachtelbrut|verschachtelt]] sein können. Nicht selten verlässt das Weibchen die Jungen, wenn sie nicht mehr [[Hudern|gehudert]] werden müssen, und brütet mit einem anderen Partner ein zweites Mal, manchmal recht weit vom ersten Brutstandort entfernt. In so einem Fall übernimmt dann das Männchen die weitere Aufzucht und Führung der Jungen ([[Polyandrie]]). Ebenso wurde aber auch [[Polygynie]] festgestellt. Die Paarbindung der Raufußkäuze geht über die Brutsaison, oft sogar über Teile der Brutdauer nicht hinaus. Zuweilen wurde aber auch die Wiederverpaarung zweier Brutpartner über Jahre hinweg beobachtet. |
|||
Nach Eulenart wird die Nisthöhle für die Brut weder gesäubert, noch wird Nistmaterial eingetragen. Meist werden Schwarzspechthöhlen genutzt, doch nimmt der Raufußkauz auch geeignete Nistkästen an. Brutbeginn ist in Mitteleuropa meist Mitte März. Die zwei bis sieben [[Ei (Biologie)|Eier]] werden vom Weibchen etwa 27 Tage bebrütet. Nach etwa 33 Tagen verlassen die Jungen die Bruthöhle und werden als [[Ästling]]e noch mindestens drei Wochen, meist aber bedeutend länger geführt. Spätestens mit der Herbstbalz löst sich der Familienverband auf und die Jungvögel [[Dispersionszug|dismigrieren]]. |
|||
Meist brüten Raufußkäuze nur ein Mal im Jahr, doch bei Gelegeverlust oder bei sehr günstigem Nahrungsangebot kommt es zu Zweitbruten, die auch [[Schachtelbrut|verschachtelt]] sein können. Nicht selten verlässt das Weibchen die Jungen, wenn sie nicht mehr [[Hudern|gehudert]] werden müssen, und brütet mit einem anderen Partner ein zweites Mal, manchmal recht weit vom ersten Brutstandort entfernt. In so einem Fall übernimmt dann das Männchen die weitere Aufzucht und Führung der Jungen. Die Paarbindung der Raufußkäuze geht über die Brutsaison, oft sogar über Teile der Brutdauer nicht hinaus. Zuweilen wurde aber auch die Wiederverpaarung zweier Brutpartner über Jahre hinweg beobachtet. |
|||
== Zugverhalten == |
== Zugverhalten == |
||
Die mitteleuropäischen Vögel sind überwiegend [[Standvogel|Standvögel]], wobei die Brutortstreue der Männchen wesentlich größer ist als die der Weibchen. Weibchen verstreichen auch während der Brutsaison über beträchtliche Entfernungen. Jungvögel dismigrieren in die nähere Umgebung. Nordeuropäische Populationen zeigen deutlich ausgeprägtere Wanderbereitschaft, die Mäuse[[Gradation (Zoologie)|gradationen]] folgend auch [[Invasionsvögel|Invasionscharakter]] annehmen kann. Brutvögel höherer Lagen suchen in besonders schneereichen Wintern tiefer gelegene Gebiete auf. |
|||
Die mitteleuropäischen Vögel sind überwiegend [[Standvogel|Standvögel]], wobei die Brutortstreue der Männchen wesentlich größer ist als die der Weibchen. Jungvögel dismigrieren in die nähere Umgebung. Nordeuropäische Populationen zeigen deutlich ausgeprägtere Wanderbereitschaft, die Mäuse[[gradation]]en folgend auch [[Invasionsvögel|Invasionscharakter]] annehmen kann. |
|||
== Bestand und Bestandtrends == |
== Bestand und Bestandtrends == |
||
Der weltweite Bestand der Art wird auf 1,7 Mio. Individuen geschätzt. Trotz lokaler Schwankungen ist die Bestandsentwicklung weitgehend stabil. Der Bestand des Raufußkauzes wird von der [[IUCN]] mit LC (= least concern) bewertet.<ref>[{{IUCN|ID=22689362|ScientificName=Aegolius funereus|PureURL=yes}} Datenblatt IUCN]</ref> |
|||
Die Art hat in den letzten Jahrzehnten ihr Brutareal in Mitteleuropa bedeutend ausweiten können. Dies betrifft zum Beispiel Belgien, die Niederlande und Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg. Insbesondere hat sie von umfangreichen Schutzmaßnahmen, vor allem von der Anbringung von Nisthilfen, sowie der Ausweitung der Nadelholzanpflanzungen profitiert. Auch die milder werdenden Winter könnten zu einer Bestandvermehrung beigetragen haben. Heute schätzt man den mitteleuropäischen Gesamtbestand auf etwa 7.000 Brutpaare. In Polen und Tschechien wird der Raufußkauz auf den [[Rote Liste gefährdeter Arten|Roten Listen]] geführt, europaweit werden die Bestände jedoch mit „S“ (''secure'') eingestuft. Auf Grund der zuweilen recht niedrigen Gesangsaktivität sowie der oft sehr unzugänglichen Brutreviere wird der Raufußkauz eher zu den untererfassten Arten zu zählen sein, das heißt, die tatsächlichen Bestandszahlen könnten über den bei Birdlife angegebenen Zahlen liegen.<ref>[{{BirdsInEurope|ID=2291|ScientificName=Aegolius funereus|Linktext=nein}} Datenblatt Birdlife]</ref> |
|||
== Namensherleitung == |
|||
Der Wortteil „Rau“ im Artnamen ist etwas unverständlich geworden, er hat nichts mehr mit der heutigen Bedeutung des Adjektivs „rau“ zu tun, das ursprünglich „haarig“, „befiedert“, pelzig bedeutete. Im Märchen [[Allerleirauh]] trägt das Mädchen ein Gewand aus verschiedenartigen Pelzen. |
|||
Nur im Ausdruck „Rauchwerk“ für Pelzwaren und in der [[Jägersprache|jagdlichen Wendung]] „rauen“ für „mausern“ haben sich Reste erhalten. In der Vogelkunde wird diese Bezeichnung noch immer für Arten verwendet, deren Läufe bis zu den Zehen befiedert sind: [[Raufußhühner]], [[Raufußbussard]]. |
|||
Die Art hat in den letzten Jahrzehnten ihr Brutareal in Mitteleuropa bedeutend ausweiten können. Dies betrifft zum Beispiel Belgien, die Niederlande und Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg. Insbesondere hat sie von umfangreichen Schutzmaßnahmen, vor allem von der Anbringung von Nisthilfen, sowie der Ausweitung der Nadelholzanpflanzungen profitiert. Auch die milder werdenden Winter könnten zu einer Bestandvermehrung beigetragen haben. Heute schätzt man den mitteleuropäischen Gesamtbestand auf etwa 7.000 Brutpaare. In Polen und Tschechien wird der Raufußkauz auf den [[Rote Liste gefährdeter Arten|Roten Listen]] geführt, europaweit werden die Bestände jedoch mit "S" (''secure'') eingestuft. Auf Grund der zuweilen recht niedrigen Gesangsaktivität sowie der oft sehr unzugänglichen Brutreviere wird der Raufußkauz eher zu den [[Kartierung|unterkartierten]] Arten zu zählen sein, das heißt, die tatsächlichen Bestandszahlen könnten über den hier angegebenen liegen. Über Bestandszahlen der außereuropäischen Unterarten liegen keine genauen Angaben vor. |
|||
Aus dem antiken Griechenland sind einige Namen von Eulen überliefert. Es ist jedoch heute sehr schwierig und oft spekulativ, sie einer Art zuzuweisen; ''aigōliós'' ist eine dieser Bezeichnungen. |
|||
== Sonstiges == |
|||
Als [[Griechische Sprache|griechisches]] [[Fremdwort]] in der latinisierten Form ''aegolius'' wird der Name bereits in der ''[[Naturalis historia]]'' des [[Plinius der Ältere|Plinius]] (10,165) verwendet. |
|||
Der wissenschaftliche Artname ''funereus'' kann mit ''zur Bestattung gehörend'', im weiteren Sinne auch ''unheilvoll'' übersetzt werden, und spiegelt den weit verbreiteten Volksaberglauben wider, Eulen seien Ankünder eines nahen Todes. |
|||
== Literatur == |
|||
Der Wortteil "Rau" im Artnamen ist etwas unverständlich geworden, er hat nichts mehr mit der heutigen Bedeutung des Adjektivs "rau" zu tun, das ursprünglich "haarig", "befiedert", pelzig bedeutete. |
|||
Nur im Ausdruck "Rauchwerk" für Pelzwaren und in der [[Jägersprache|jagdlichen Wendung]] "rauhen" für "mausern" haben sich Reste erhalten. In der Vogelkunde wird diese Bezeichnung noch immer für Arten verwendet, deren Läufe bis zu den Zehen befiedert sind: [[Raufußhühner]], [[Raufußbussard]]. |
|||
* Hans Günther Bauer, [[Peter Berthold]]: ''Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung.'' AULA, Wiesbaden 1997, ISBN 3-89104-613-8, S. 266f. |
|||
==Literatur== |
|||
* [[Urs N. Glutz von Blotzheim]] (Hrsg.): ''[[Handbuch der Vögel Mitteleuropas]].'' Bd. 9: ''Columbiformes - Piciformes.'' 2. Auflage. Aula-Verlag, Wiesbaden 1994, ISBN 3-89104-562-X, S. 533–577. |
|||
* W. Holt, R. Berkley, C. Deppe, P. Enríquez Rocha, J. L. Petersen, J. L. Rangel Salazar, K. P. Segars, K. L. Wood: ''Boreal Owl (Aegolius funereus).'' (1999). In: [[Josep del Hoyo]], A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie, E. de Juana (Hrsg.): ''Handbook of the Birds of the World Alive.'' Lynx Edicions, Barcelona 2013. (abgerufen auf http://www.hbw.com/node/55095 am 31. Juli 2014). |
|||
* [[Jochen Hölzinger]], Ulrich Mahler: ''Die Vögel Baden-Württembergs. Nicht Singvögel''. Bd. 3, Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3908-1, S. 251–261. |
|||
* [[Claus König]], Friedhelm Weick: ''Owls of the World.'' Christopher Helm, London 2008, ISBN 978-0-7136-6548-2. |
|||
* Robert März: ''Der Rauhfußkauz<!-- sic! -->''. Westarp-Wissenschaften, Magdeburg 1995, ISBN 3-89432-472-4. |
|||
* [[Theodor Mebs]]: ''Eulen und Käuze. Alle europäischen Eulen und Käuze''. Franckh, Stuttgart 1987, ISBN 3-440-05708-9, S. 60–67. |
|||
* Theodor Mebs, [[Wolfgang Scherzinger]]: ''Die Eulen Europas''. Franckh, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-07069-7. |
|||
* Viktor Wember: ''Die Namen der Vögel Europas''. Aula, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-678-2. |
|||
* Reinhard Möckel: ''Arealveränderungen des Rauhfußkauzes Aegolius funereus im Osten Deutschlands.'' In: ''Vogelwelt.'' Band 117, Nr. 2, 1996, S. 57–66. |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
*[[Handbuch der Vögel Mitteleuropas]]. Bd. 9. S. 533-577 |
|||
<references responsive /> |
|||
* Hölzinger/ Mahler: ''Die Vögel Baden-Württembergs. Nicht Singvögel''. Bd. 3. Ulmer – Stuttgart 2001. S 251 – 261. ISBN 3-8001-3908-1 |
|||
*Bauer/Berthold: ''Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung''. AULA – Wiesbaden 1997. S. 266f. ISBN 3-89104-613-8 |
|||
*Mebs: ''Eulen und Käuze. Alle europäischen Eulen und Käuze''. Franckh-Stuttgart 1987. S. 60-67. ISBN 3-440-05708-9 |
|||
*Mebs/Scherzinger: ''Die Eulen Europas''. Franckh-Stuttgart 2000. ISBN 3-440-07069-7 |
|||
== Weblinks == |
== Weblinks == |
||
{{Commons|Aegolius funereus|Raufußkauz}} |
|||
{{Wiktionary|Raufußkauz}} |
|||
* [http://www.ageulen.de/doku.php?id=euleninfos:eulenarten:rauhfusskauz Raufußkauz bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen] |
|||
* {{BirdsInEurope|ID=2291|ScientificName=Aegolius funereus}} |
|||
* [http://www.uwyo.edu/dbmcd/abstracts/koopmanjab2005.pdf Neue Studie über die systematische Stellung von ''A. funereus''. 2005] (englisch, PDF; 135 kB) |
|||
* [http://owlpages.com/species/aegolius/funereus/Default.htm Raufußkauz auf owlpages.com] |
|||
* [http://www.vogelwarte.ch/de/voegel/voegel-der-schweiz/raufusskauz.html Information zur Bestandssituation in der Schweiz, mit Stimmbeispiel] |
|||
* {{IUCN|Year=2024.1|ID=22689362|ScientificName=Aegolius funereus|YearAssessed=2021|Assessor=BirdLife International|Download=2024-09-16}} |
|||
* {{Avibase|ID=8AB4EAF6DBFA02CE|ScientificName=Aegolius funereus|CommonName=Raufußkauz}} |
|||
* {{eBird.org |ID= borowl |Name= Raufußkauz (''Aegolius funereus'')}} |
|||
* {{xeno-canto|ID=Aegolius-funereus|ScientificName=Aegolius funereus|Name=Raufußkauz}} |
|||
* {{Encyclopedia of Life|ID=45510747|Name=Boreal Owl|Wissenschaftlich=Aegolius funereus}} |
|||
* [https://naturlichter.de/bildersuche/?q=Rauhfußkauz Fotos auf www.naturlichter.de] |
|||
* [http://www.vogelfedern.de/rkz.htm Federn des Raufußkauzes] |
|||
{{Exzellent|13. Februar 2005|4508802}} |
|||
*http://europa.eu.int/comm/environment/nature/directive/aegolius_funereus_en.htm - Verbreitung in Europa, Europäische Namen |
|||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4177039-0}} |
|||
* [http://owlpages.com/species/aegolius/funereus/Default.htm Rauhfußkauz auf owlpages.com] |
|||
{{Kandidat}} |
|||
[[Kategorie:Eulen]] |
|||
{{SORTIERUNG:Rausfusskauz}} |
|||
[[bg:Пернатонога кукумявка]] |
|||
[[Kategorie:Eigentliche Eulen]] |
|||
[[da:Perleugle]] |
|||
[[en:Tengmalm's Owl]] |
|||
[[fi:Helmipöllö]] |
|||
[[fr:Chouette de Tengmalm]] |
|||
[[pl:Sowa włochata]] |
Aktuelle Version vom 16. September 2024, 15:52 Uhr
Raufußkauz | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() Raufußkauz | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
| ||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Aegolius funereus | ||||||||||
(Linnaeus, 1758) |


Der Raufußkauz (Aegolius funereus), in älteren Publikationen Rauhfußkauz, ist eine kleine Eule aus der artenarmen Gattung Aegolius, der darüber hinaus drei weitere in Nord-, Mittel- und Südamerika beheimatete Arten angehören. Die streng nachtaktive Art bewohnt den holarktischen borealen Nadelwaldgürtel sowie inselartig aufgesplittert Mittelgebirgs- und Gebirgslagen in Europa, Asien und Nordamerika. In letzter Zeit wurde in Mitteleuropa eine starke Ausbreitungstendenz in Niederungslagen festgestellt.
Der Raufußkauz bewohnt alte Nadelwälder oder nadelholzdominierte Mischwälder. Selten kommt er auch in reinen Laubwäldern vor. Er ist wie die meisten Eulen Höhlenbrüter und somit auf natürliche Baumhöhlen oder Höhlen größerer Spechtarten wie Schwarzspecht oder Helmspecht angewiesen. Seine Nahrung besteht überwiegend aus Nagetieren, zu einem kleineren Teil aus Vögeln.
Derzeit werden meist fünf Unterarten beschrieben, von denen keine in einer Gefährdungsstufe der IUCN aufscheint.
Aussehen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die mit einer Körperlänge von 24 bis 26 Zentimetern etwa steinkauzgroße Eule ist gut bestimmbar. Die Spannweite beträgt 53 bis 60 Zentimeter. Die Geschlechter unterscheiden sich zwar im Gewicht deutlich (♂ um die 115 Gramm, ♀ bis 200 Gramm), nicht aber im Aussehen; allerdings sind die Weibchen etwas größer.
Auffallend ist der große Kopf mit dem hellen Gesichtsfeld und dem schwarz gerandeten Gesichtsschleier. Es entsteht dadurch der Eindruck „eines erstaunten Gesichtsausdrucks“.[1] Federohren sind nicht vorhanden. Die Iris der Augen ist leuchtend gelb, unter den Augen befindet sich beiderseits des Schnabels eine dunkle, strichartige Federzeichnung. Das braune Gefieder der Oberseite ist mit deutlichen, perlartigen weißen Punkten übersät. Die Unterseite ist hellgrau und weist eine graubraune Fleckung und verwaschene Längsstreifung auf. Die kurzen Füße sind bis zu den Krallen weiß befiedert, wodurch die Eule ihren deutschen Namen erhielt. Jungvögel sind einheitlicher dunkelbraun gefärbt, die weißen Pünktchen kontrastieren noch weniger mit dem dunklen Gefieder. Die Augenbrauen sowie der „Bartstreifen“ sind dabei auffällig weiß gefärbt.
Stimme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Gesang des Raufußkauzes ist unverkennbar: Er besteht aus vier bis zehn sehr schnell gereihten Flötenelementen auf „u(ü)“, die in der Höhe ansteigen, zaghaft beginnen und deutlich lauter werden und am Ende rein und tönend „uuü“ klingen. Der Gesang ist bei guten Bedingungen bis zu 2000 Meter weit hörbar und erinnert in der Tonfärbung stark an den Klang einer Okarina. Daneben gibt es noch verschiedene weitere Rufe, vor allem ein waldkauzähnliches „Kjuwitt“. Seltener sind Instrumentallaute wie Schnabelknappen und Flügelklatschen zu hören. Die Gesangsaktivität beginnt erst mit der völligen Dunkelheit und kann mit einer Unterbrechung in der Nachtmitte bis in die Morgendämmerung anhalten. Der erste Gesangsgipfel liegt in Mitteleuropa im Monat Januar; während der Herbstbalz ist diese Art stimmlich nicht sehr auffällig. Am häufigsten ist der Raufußkauz während der Hauptbrutzeiten im April und Mai zu hören. Die stimmliche Aktivität der Art ist aber insgesamt nicht sehr hoch und kann bei Anwesenheit von Fressfeinden, insbesondere des Waldkauzes (Strix aluco), fast völlig eingestellt werden. Ruf eines Raufußkauz-Männchens:
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Art ist in weiten Teilen der Holarktis verbreitet, wobei sich das Verbreitungsgebiet durch den holarktischen Nadelwaldgürtel von Europa, Asien und Nordamerika zieht. Einige südlich davon vorkommende Populationen werden als Reliktvorkommen aus der letzten Eiszeit betrachtet. Insgesamt werden sieben Unterarten beschrieben, sechs davon leben in Eurasien, eine im nördlichen Nordamerika. Die Unterarten sind im Aussehen wenig differenziert; nach Osten hin werden die Weißzeichnungen der Individuen deutlicher und deren Gefieder dadurch heller, auch die Größe der Unterarten nimmt nach Nordosten etwas zu. Die amerikanische Unterart Ae. f. richardsoni ist dagegen wieder dunkler und ähnelt stärker der Nominatform.
Sechs dieser Unterarten brüten in einem breiten Gürtel von Skandinavien, dem Baltikum, weiten Teilen Russlands, Sibiriens, der Mongolei und Nordostchinas bis zum Pazifik (Kamtschatka und Sachalin). Dabei lebt die Nominatform Ae. f. funereus in Europa ostwärts bis an den Ural, daran schließen sich in Nordasien die Verbreitungsgebiete von Ae. f. pallens und Ae. f. magnus an. In Zentralasien ist vor allem Ae. f. sibiricus vertreten. Geografisch isoliert gibt es einige Gebirgspopulationen im Kaukasus (Ae. f. caucasicus) sowie im Tianshan (Ae. f. beikianus). Das Brutgebiet der nordamerikanischen Unterart Ae. f. richardsoni erstreckt sich vom Atlantik bis zum Pazifik und umfasst in einem unterschiedlich breiten Gürtel im Wesentlichen das mittlere und südliche Kanada. An einigen Stellen reicht die Verbreitung bis tief in die Vereinigten Staaten, im Nordwesten erreicht die Unterart Alaska.
Das Brutgebiet von Ae. f. funereus ist in Mitteleuropa inselartig aufgegliedert und im Wesentlichen auf Mittelgebirgs- und alpine Lagen bis zur Baumgrenze beschränkt. Die Art ist auch in den Karpaten sowie in einigen Waldinseln des Dinarischen Gebirges, in Nordgriechenland sowie als westlichstes Vorkommen in den Pyrenäen nachgewiesen. In Nordostfrankreich, Ostbelgien, den Niederlanden sowie manchen Teilen Norddeutschlands und Polens werden in zunehmendem Maße Tieflandgebiete besiedelt. Das geschlossene Brutgebiet beginnt in Südschweden und erstreckt sich in einem breiten Gürtel bis zum Ural. In Finnland erreicht die Verbreitung 70°N und zieht sich in weiterer Folge in einem breiten Streifen zwischen ~ 50°N und dem Polarkreis nach Osten, südlich davon liegen noch einige Verbreitungsinseln in den Mittelrussischen Höhenzügen, dem Krimgebirge sowie an der Schwarzmeerküste der Türkei (Pontisches Gebirge).
Lebensraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Lebensraum werden große, alte und zusammenhängende Wälder vor allem mit Tannen, Fichten und Buchen, zuweilen auch Kiefern bevorzugt. Seltener brütet die Art in reinen Buchenwäldern; sie kommt aber auch in lichten Lärchenwäldern und aufgelockerten Birkengehölzen vor. In Nordamerika bevorzugt die Art Bestände mit Schwarzfichte und Weißfichte, durchsetzt mit Pappeln, Birken und Balsam-Tannen. In höheren Lagen ist er bevorzugt in Wäldern mit Felsengebirgs-Tannen und Engelmann-Fichten anzutreffen.[2] Die oft behauptete exklusive Bindung der Art an die Fichte besteht nicht. Das Brutrevier muss neben einem ausreichenden Nahrungsangebot auch genügend Bruthöhlen, insbesondere Schwarzspechthöhlen, in Nordamerika Höhlen des Goldspechtes und des Helmspechtes aufweisen. Deckungsreiche Tagesunterstände müssen leicht erreichbar sein und freie Jagdflächen, wie beispielsweise Waldlichtungen oder Aufforstungen zur Verfügung stehen.
Eine starke Präsenz von Fressfeinden (Baummarder, Waldkauz, Uhu, in Nordamerika vor allem Streifenkauz und Fleckenkauz sowie verschiedene Mustelidae, vor allem der Fichtenmarder) verhindert die Neuansiedlungen und kann zur Aufgabe von Brutplätzen führen.
Als boreale Art liegen in Mitteleuropa die Schwerpunkte der vertikalen Verbreitung zwischen 800 und 2000 Metern, doch werden auch in Mitteleuropa Tieflagenbruten häufiger, zum Beispiel in der Lüneburger Heide, im südlichen Brandenburg, im Wienerwald (330 m), oder in der Nähe Münchens (520 m). Besonders deutlich wird die Besiedelung von Tieflandgebieten im Osten Deutschlands, wo bereits an die 15 % des gesamten Brutbestandes der Art auf Populationen entfallen, die in Habitaten unter 250 m ü. NN brüten. In den Rocky Mountains kommt der Raufußkauz bis in Höhen von 3000 Metern vor.[3]
Verhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nahrung und Nahrungserwerb
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Raufußkauz ernährt sich ausschließlich animalisch. Seine Beute besteht aus kleinen Säugetieren, vor allem Nagetieren sowie in geringerem Maße aus Vögeln bis etwa Drosselgröße.
Wühlmäuse (Erdmaus- und Rötelmaus) sowie Echte Mäuse (Waldmaus- und Gelbhalsmaus) bilden in Mitteleuropa den Hauptanteil der Nahrung. Daneben werden auch Spitzmausarten sowie Bilche erbeutet. Im Säugetieranteil überwiegen die Wühlmäuse mit über 50 % am Gesamtanteil. Vogelknochen finden sich immer in den Gewöllen, doch ist ihr Anteil mit meist unter 9 % eher gering.
Die Art jagt vor allem während der Nachtstunden, nur in den nördlichsten Verbreitungsgebieten wurden (insbesondere an sehr trüben Tagen und während der Jungenaufzucht) auch Tagesjagden festgestellt. Der Raufußkauz ist ein Wartenjäger; Such- oder Verfolgungsjagden wurden nur selten beobachtet. Seine Beute ortet der Raufußkauz offenbar fast ausschließlich akustisch und schlägt sie nach einem Stoßflug am Boden. Diese extrem nächtliche Jagdweise wird vor allem durch die stark asymmetrische Anordnung der äußeren Gehörgänge ermöglicht, die bei vielen Eulenarten feststellbar, bei dieser Art jedoch besonders eindrucksvoll ausgeprägt ist. Die Beutetiere werden meist zerteilt, nur selten im Ganzen verschlugen, Vögel werden zumindest teilweise gerupft. Während der Brutzeit legen Raufußkäuze Nahrungsdepots – vor allem in Schwarzspechthöhlen – an, die beträchtliche Mengen an Beutetieren umfassen können.
Ruhe- und Komfortverhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Aktivitätsphase beginnt mit Einbruch der Dunkelheit und endet noch vor der Dämmerung. In Mitteleuropa unterbricht eine Pause um die Mitternacht diese Aktivität, in den kurzen nordeuropäischen Sommernächten fehlt diese Pause. Der fast lautlose Flug ist im Gegensatz zum Sperlingskauz oder Steinkauz geradlinig. Den Tag verbringt der Kauz auch während der Brutzeit meist in einem Unterstand, vor allem in dichten Nadelbäumen, in Körperkontakt zum Baumstamm. Nischen oder Baumhöhlen werden selten genutzt. Der Raufußkauz ruht im Stehen, indem er das Gefieder leicht aufplustert und den Kopf an den Körper zieht, in dieser Haltung lässt er sich im Winter teilweise auch vollständig einschneien.
Gelegentlich wird der Ruheplatz jedoch zur Gefiederpflege und zum Sonnenbaden verlassen (Komfortverhalten). Sehr häufig wird in Wasser oder in Schnee gebadet und Regenduschen kommen ebenfalls vor. Zum Sonnenbad setzt sich das Tier auf exponierte Äste und sträubt das Gefieder, manchmal spreizt es dabei die Flügel nach unten ab.
Sozial- und Feindverhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Männchen sind in Mitteleuropa und besonders bei gutem Nahrungsangebot oft über die Brutzeit hinaus territorial, sonst sind sie umherstreifende Einzelgänger, die Weibchen neigen stärker zum Umherwandern. Selbst zur Brutzeit befinden sich die Tiere an unterschiedlichen Sitzplätzen, ohne Kontakt zum Partner zu halten. Die Territorien werden über Reviergesang markiert, die Verteidigung erfolgt durch Alarmrufe und Scheinattacken. Dabei sind die Grenzen allerdings relativ lose abgesteckt und die Aggressivität gegenüber Artgenossen ist eher gering. Soziale Interaktionen wie gegenseitiges Beknabbern oder gegenseitige Gefiederpflege wurden bisher nicht beobachtet.
Das Feindverhalten des Raufußkauzes besteht in erster Linie aus einer ausgeprägten Feindvermeidung. Auf ihrem Ansitzplatz sind die Käuze meistens gut versteckt und durch ihre Färbung getarnt, noch verstärkt durch ihre aufrechte Ruhestellung. Gebiete mit hohem Feinddruck, etwa durch Waldkäuze, werden allgemein gemieden. Nähert sich ein Feind, nimmt der Kauz zuerst eine Tarnstellung ein, bei der er sein Gefieder eng an den aufgereckten Körper presst und den Kopfschleier zu zwei Ohrenzipfeln aufstellt. Bei anhaltender Bedrohung kann diese Haltung in eine Drohstellung übergehen, bei der das Tier das Gefieder sträubt und die Augen weit aufreißt. Danach werden der Schwanzfächer und im Extremfall auch die Flügel breit gefächert.
Fortpflanzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Eulenart wird die Nisthöhle für die Brut weder gesäubert, noch wird Nistmaterial eingetragen. Meist werden Schwarzspechthöhlen genutzt, doch nimmt der Raufußkauz auch geeignete Nistkästen an. Brutbeginn ist in Mitteleuropa meist Mitte März. Die Gelegegröße ist stark von der Nahrungsverfügbarkeit abhängig und liegt zwischen zwei und sieben Eiern. Es wurden aber auch Gelege mit 9 und mehr Eiern beobachtet. Nach etwa 33 Tagen verlassen die Jungen die Bruthöhle und werden als Ästlinge noch mindestens drei Wochen, meist aber bedeutend länger geführt. Spätestens mit der Herbstbalz löst sich der Familienverband auf und die Jungvögel dismigrieren.
Meist brüten Raufußkäuze nur ein Mal im Jahr, doch bei Gelegeverlust oder bei sehr günstigem Nahrungsangebot kommt es zu Zweitbruten, die auch verschachtelt sein können. Nicht selten verlässt das Weibchen die Jungen, wenn sie nicht mehr gehudert werden müssen, und brütet mit einem anderen Partner ein zweites Mal, manchmal recht weit vom ersten Brutstandort entfernt. In so einem Fall übernimmt dann das Männchen die weitere Aufzucht und Führung der Jungen (Polyandrie). Ebenso wurde aber auch Polygynie festgestellt. Die Paarbindung der Raufußkäuze geht über die Brutsaison, oft sogar über Teile der Brutdauer nicht hinaus. Zuweilen wurde aber auch die Wiederverpaarung zweier Brutpartner über Jahre hinweg beobachtet.
Zugverhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die mitteleuropäischen Vögel sind überwiegend Standvögel, wobei die Brutortstreue der Männchen wesentlich größer ist als die der Weibchen. Weibchen verstreichen auch während der Brutsaison über beträchtliche Entfernungen. Jungvögel dismigrieren in die nähere Umgebung. Nordeuropäische Populationen zeigen deutlich ausgeprägtere Wanderbereitschaft, die Mäusegradationen folgend auch Invasionscharakter annehmen kann. Brutvögel höherer Lagen suchen in besonders schneereichen Wintern tiefer gelegene Gebiete auf.
Bestand und Bestandtrends
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der weltweite Bestand der Art wird auf 1,7 Mio. Individuen geschätzt. Trotz lokaler Schwankungen ist die Bestandsentwicklung weitgehend stabil. Der Bestand des Raufußkauzes wird von der IUCN mit LC (= least concern) bewertet.[4] Die Art hat in den letzten Jahrzehnten ihr Brutareal in Mitteleuropa bedeutend ausweiten können. Dies betrifft zum Beispiel Belgien, die Niederlande und Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg. Insbesondere hat sie von umfangreichen Schutzmaßnahmen, vor allem von der Anbringung von Nisthilfen, sowie der Ausweitung der Nadelholzanpflanzungen profitiert. Auch die milder werdenden Winter könnten zu einer Bestandvermehrung beigetragen haben. Heute schätzt man den mitteleuropäischen Gesamtbestand auf etwa 7.000 Brutpaare. In Polen und Tschechien wird der Raufußkauz auf den Roten Listen geführt, europaweit werden die Bestände jedoch mit „S“ (secure) eingestuft. Auf Grund der zuweilen recht niedrigen Gesangsaktivität sowie der oft sehr unzugänglichen Brutreviere wird der Raufußkauz eher zu den untererfassten Arten zu zählen sein, das heißt, die tatsächlichen Bestandszahlen könnten über den bei Birdlife angegebenen Zahlen liegen.[5]
Namensherleitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Wortteil „Rau“ im Artnamen ist etwas unverständlich geworden, er hat nichts mehr mit der heutigen Bedeutung des Adjektivs „rau“ zu tun, das ursprünglich „haarig“, „befiedert“, pelzig bedeutete. Im Märchen Allerleirauh trägt das Mädchen ein Gewand aus verschiedenartigen Pelzen.
Nur im Ausdruck „Rauchwerk“ für Pelzwaren und in der jagdlichen Wendung „rauen“ für „mausern“ haben sich Reste erhalten. In der Vogelkunde wird diese Bezeichnung noch immer für Arten verwendet, deren Läufe bis zu den Zehen befiedert sind: Raufußhühner, Raufußbussard.
Aus dem antiken Griechenland sind einige Namen von Eulen überliefert. Es ist jedoch heute sehr schwierig und oft spekulativ, sie einer Art zuzuweisen; aigōliós ist eine dieser Bezeichnungen. Als griechisches Fremdwort in der latinisierten Form aegolius wird der Name bereits in der Naturalis historia des Plinius (10,165) verwendet. Der wissenschaftliche Artname funereus kann mit zur Bestattung gehörend, im weiteren Sinne auch unheilvoll übersetzt werden, und spiegelt den weit verbreiteten Volksaberglauben wider, Eulen seien Ankünder eines nahen Todes.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Günther Bauer, Peter Berthold: Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. AULA, Wiesbaden 1997, ISBN 3-89104-613-8, S. 266f.
- Urs N. Glutz von Blotzheim (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 9: Columbiformes - Piciformes. 2. Auflage. Aula-Verlag, Wiesbaden 1994, ISBN 3-89104-562-X, S. 533–577.
- W. Holt, R. Berkley, C. Deppe, P. Enríquez Rocha, J. L. Petersen, J. L. Rangel Salazar, K. P. Segars, K. L. Wood: Boreal Owl (Aegolius funereus). (1999). In: Josep del Hoyo, A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie, E. de Juana (Hrsg.): Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona 2013. (abgerufen auf http://www.hbw.com/node/55095 am 31. Juli 2014).
- Jochen Hölzinger, Ulrich Mahler: Die Vögel Baden-Württembergs. Nicht Singvögel. Bd. 3, Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3908-1, S. 251–261.
- Claus König, Friedhelm Weick: Owls of the World. Christopher Helm, London 2008, ISBN 978-0-7136-6548-2.
- Robert März: Der Rauhfußkauz. Westarp-Wissenschaften, Magdeburg 1995, ISBN 3-89432-472-4.
- Theodor Mebs: Eulen und Käuze. Alle europäischen Eulen und Käuze. Franckh, Stuttgart 1987, ISBN 3-440-05708-9, S. 60–67.
- Theodor Mebs, Wolfgang Scherzinger: Die Eulen Europas. Franckh, Stuttgart 2000, ISBN 3-440-07069-7.
- Viktor Wember: Die Namen der Vögel Europas. Aula, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-678-2.
- Reinhard Möckel: Arealveränderungen des Rauhfußkauzes Aegolius funereus im Osten Deutschlands. In: Vogelwelt. Band 117, Nr. 2, 1996, S. 57–66.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Lars Svensson (Text, Karten), Killian Mullarney, Dan Zetterström (Illustrationen und Bildlegenden): Der Kosmos Vogelführer: alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. 2. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-440-12384-3, S. 226 (schwedisch: Fågelguiden. Übersetzt von Peter H. Barthel).
- ↑ W. Holt, R. Berkley, C. Deppe, P. Enríquez Rocha, J. L. Petersen, J. L. Rangel Salazar, K. P. Segars, K. L. Wood: Boreal Owl (Aegolius funereus). (1999). In: J. del Hoyo, A. Elliott, J. Sargatal, D. A. Christie, E. de Juana (Hrsg.): Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona 2013. (abgerufen auf http://www.hbw.com/node/55095 am 31. Juli 2014).
- ↑ Claus König, Friedhelm Weick: Owls of the World. Christopher Helm, London 2008, ISBN 978-0-7136-6548-2, S. 442.
- ↑ Datenblatt IUCN
- ↑ Datenblatt Birdlife
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Raufußkauz bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Eulen
- BirdLife International: Birds in Europe (2004) – Bestandsentwicklung und Status – Aegolius funereus (PDF)
- Neue Studie über die systematische Stellung von A. funereus. 2005 (englisch, PDF; 135 kB)
- Raufußkauz auf owlpages.com
- Information zur Bestandssituation in der Schweiz, mit Stimmbeispiel
- Aegolius funereus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2024.1. Eingestellt von: BirdLife International, 2021. Abgerufen am 16. September 2024.
- Raufußkauz (Aegolius funereus) bei Avibase
- Raufußkauz (Aegolius funereus) auf eBird.org
- xeno-canto: Tonaufnahmen – Raufußkauz (Aegolius funereus)
- Boreal Owl (Aegolius funereus) in der Encyclopedia of Life. (englisch).
- Fotos auf www.naturlichter.de
- Federn des Raufußkauzes