„Abhängigkeit (Medizin)“ – Versionsunterschied
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{{Weiterleitungshinweis|''Sucht'' und ''Süchtig''|Zu weiteren Bedeutungen siehe [[Süchtig (Begriffsklärung)]]. Zur Zeitschrift siehe [[Sucht (Zeitschrift)]].|mehrzahl=1}} |
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'''Sucht''' bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand, als Folge eines gescheiterten Selbstheilungsversuches. Diesem Verlangen werden nach Verständnis der [[Weltgesundheitsorganisation]] die Kräfte des [[Verstand]]es untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen eines [[Individuum]]s. Den sogenannten stoffgebundenen Süchten (z. B. Alkohol-, Nikotin-, Heroinsucht) kommt dabei nur eine repräsentative Bedeutung zu. Sie veranschaulichen in zwar drastischer, aber zugleich auch einschränkender Weise eine Erscheinung, der man auf allen Gebieten des menschlichen Erlebens und Verhaltens begegnen kann. Ob Arbeiten, Sammeln, Machtstreben, Kaufen, Spielen oder [[Sexualität]] - jede Form menschlichen Interesses kann in süchtiger Weise erkranken. |
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'''Abhängigkeit''', auch '''Sucht''', bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. In der Folge können die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und die sozialen Chancen eines Individuums beeinträchtigt werden.<ref name="LexikonOnline">[http://lexikon.stangl.eu/632/sucht/ ''Sucht''.] In: Lexikon online für Psychologie und Pädagogik</ref> In zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Einrichtungen wird der Begriff „Sucht“ in einer bestimmten Bedeutung verwendet.<ref>Zum Beispiel das {{Webarchiv |url=http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/137.php |text=„Projekt Suchtforschung“ des Bundesbildungsministeriums |wayback=20090131235241}}, die [http://www.dgsuchtmedizin.de/ Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin] und die [http://www.suchtpsychologie.de/ Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie]</ref> |
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Im offiziellen Sprachgebrauch der [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) existierte der Begriff "Sucht" von 1957 - 1964. Danach wurde er durch "[[Missbrauch]]" und "[[Abhängigkeit]]" ersetzt. In wissenschaftlichen Arbeiten wird der Begriff "Sucht" daher nicht mehr verwendet, [[Umgangssprache|umgangssprachlich]] erfreut er sich aber weiterhin großer Beliebtheit. |
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== Formen == |
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'''Wesensmerkmale süchtigen Verhaltens''' |
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In den Fachgebieten [[Psychologie]] und [[Psychiatrie]] werden verschiedene Formen von Abhängigkeit beschrieben: |
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* [[Abhängigkeit von psychoaktiven Substanzen|Substanzgebundene Abhängigkeit]] (stoffliche Abhängigkeit), z. B.:<ref name=":3" /> |
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** [[Schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen]], |
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** Schädlicher Gebrauch von [[Analgetikum|Schmerzmitteln]], |
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** Schädlicher Gebrauch von [[Stimulans|Psychostimulanzien]], |
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** Schädlicher Gebrauch sonstiger [[Droge|Rauschmittel]] (Alkohol, illegale Drogen) mit starker körperlicher [[Toleranzentwicklung]], |
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* [[Substanzungebundene Abhängigkeit|Substanz''un''gebundene Abhängigkeit]] (nichtstoffliche Abhängigkeit), z. B.: |
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** [[Pathologisches Spielen|Glücksspielsucht]] |
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** [[Internetabhängigkeit]]<ref>{{Internetquelle |autor=WHO |url=https://icd.who.int/browse/11/2022-02/mms/en#499894965 |titel=Disorders due to addictive behaviours |werk=ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics 2022-2 |hrsg=WHO |abruf=2022-07-07}}</ref> |
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** [[Kaufzwang|Kaufsucht]] |
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** [[Internetsexsucht|Pornographiesucht]] |
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** Abhängigkeit von [[Online-Community|sozialen Netzwerken]]<ref>{{Literatur |Autor=MATTHIAS BRAND, HANS-JÜRGEN RUMPF, ZSOLT DEMETROVICS, ASTRID MÜLLER, RUDOLF STARK, DANIEL L. KING, ANNA E. GOUDRIAAN, KARL MANN, PATRICK TROTZKE, NAOMI A. FINEBERG, SAMUEL R. CHAMBERLAIN, SHANE W. KRAUS, ELISA WEGMANN, JOEL BILLIEUX, MARC N. POTENZA |Titel=Review: Which conditions should be considered as disorders in the International Classification of Diseases (ICD-11) designation of “other specified disorders due to addictive behaviors”? |Sammelwerk=Journal of Behavioral Addictions |Datum=2020 |DOI=10.1556/2006.2020.00035}}</ref> |
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* [[Co-Abhängigkeit]], wenn Tun oder Unterlassen von Bezugspersonen die substanzgebundene Abhängigkeit einer Person stärkt. |
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{{Siehe auch|Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen}} |
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Die Suchthandlung zielt auf Verbesserung des gegenwärtigen Erlebniszustands an. Die Einnahme eines Stoffs ist hierfür nur eine Möglichkeit von vielen. |
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Der Süchtige nimmt gezielt Einfluss auf sein seelisches Erleben. Er tut dies aber nicht durch vom Standpunkt der Gesellschaft betrachtet adäquates und realitätsgerechtes Handeln, sondern durch den Vollzug der süchtigen Handlung. Das daraus resultierende Positiverleben soll das unmittelbare Ergebnis dieser Manipulation sein. |
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Freiheitsverlust und Freiheitsverzicht, vom naiven [[Freiheit]]sbegriff ausgehend, sind weitere Merkmale süchtiger Entwicklungen. Der Verlust an Freiheit beginnt zunächst als ein Verlust der Freiheit des Denkens. Ist die Durchführung der süchtigen Handlung durch materielle, geistige oder ander Umstände unmöglich gemacht, wird das Denken des Süchtigen eingeengt auf die Befriedigung der Sucht. |
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== Suchtmedizin == |
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Süchtige leben ganz im Hier und Jetzt, denn die Befriedigung der Sucht hat möglichst sofort zu erfolgen. Vergangenheit und Zukunft verlieren ihren bedeutungsgebenden Einfluss auf die Gegenwart. Zukunftsplanung reduziert sich zunehmend auf die Organisation der Sucht. Die Lebenseinstellung des Süchtigen wird in übermächtiger Weise augenblickszentriert. Eine unangemessene Dominanz der Gegenwart ist daher ein weiteres Wesensmerkmal süchtigen Verhaltens. |
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Die '''Suchtmedizin''' ist ein Fachbereich der [[Psychiatrie]]. Sie befasst sich mit der [[Suchtprävention|Vorbeugung]], [[Diagnose|Erkennung]], [[Therapie|Behandlung]] und [[Medizinische Rehabilitation|Rehabilitation]] von Krankheitsbildern im Zusammenhang mit dem [[Abhängigkeitssyndrom durch psychotrope Substanzen|schädlichen Gebrauch psychotroper Substanzen]] und [[Substanzungebundene Abhängigkeit|substanzungebundener Abhängigkeit]]. |
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Forschungsschwerpunkte der Suchtmedizin sind |
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* die Identifizierung [[Neurowissenschaften|neurobiologischer]] und [[Sozialpsychologie|psychosozialer]] Faktoren, die für die Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen und für deren Bewältigung beeinflussen |
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* die Suche nach Möglichkeiten, wie man [[Rezidiv|Rückfällen]] vorbeugen kann (medikamentös und/oder [[Psychotherapie|psychotherapeutisch]]) |
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* [[Epidemiologie|epidemiologische]] Fragestellungen zur Verbreitung und Häufigkeit von Abhängigkeiten. |
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=== Deutschland === |
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Seit dem Grundsatzurteil des [[Bundessozialgericht]]s vom 18. Juni 1968<ref>Aktenzeichen [http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BSG&Datum=18.06.1968&Aktenzeichen=3%20RK%2063/66 3 RK 63/66]</ref> ist mit der [[Alkoholkrankheit|Alkoholabhängigkeit]] erstmals ein Abhängigkeitssyndrom als [[Krankheit]] im Sinne der [[Gesetzliche Krankenversicherung|gesetzlichen Krankenversicherung]] anerkannt. Sie und andere Kostenträger übernehmen seither die Kosten für die Behandlung von [[Komorbidität|Begleiterkrankungen]] der Abhängigen sowie für Leistungen zur Rehabilitation, Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. |
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Der erste [[Lehrstuhl]] für Abhängigkeitserkrankungen in Deutschland wurde 1999 am [[Zentralinstitut für Seelische Gesundheit]] in Mannheim eingerichtet. |
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== Kriterien == |
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== Begriffe == |
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Die wichtigsten Kriterien einer stoffgebundenen Sucht sind: |
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=== Entwicklung des Fachbegriffs === |
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# Dosissteigerung (es wird langsam aber sicher immer mehr) |
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Im offiziellen Sprachgebrauch der [[Weltgesundheitsorganisation]] (WHO) existierte der Begriff ''Sucht'' von 1957 bis 1963. Danach wurde er zunächst durch die beiden Begriffe ''Missbrauch'' und ''Abhängigkeit'' ersetzt.<ref name="LexikonOnline" /> Schließlich wurde nach 1969 das Missbrauchskonzept zugunsten vier definierter Klassen des ''Gebrauchs'' verworfen:<ref name="Stieglitz">Stieglitz u. a.(Hrsg.): ''Kompendium. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin.'' Karger, Basel 2002.</ref> |
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# Kontrollverlust (es gelingt nicht mehr, willentlich die Menge des Suchtmittels zu begrenzen) |
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# ''Unerlaubter Gebrauch'' ist ein von der Gesellschaft nicht tolerierter Gebrauch. |
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# [[Entzugserscheinung|Entzug]]serscheinungen (es treten körperliche Symptome, z.B. Zittern, auf, wenn der Zugang zum Suchtmittel unterbrochen ist) |
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# ''Gefährlicher Gebrauch'' ist ein Gebrauch mit wahrscheinlich schädlichen Folgen für den Konsumenten. |
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# Wirkungsverlust (man wird nicht mehr betrunken) |
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# ''Dysfunktionaler Gebrauch'' liegt vor, wenn psychische oder soziale Anforderungen beeinträchtigt sind. |
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# Aufgabe der persönlichen Entwicklung durch z.B. chemische Substanzen, welche die Wahrnehmung der eigenen Person so verändern, dass die notwendige Unzufriedenheit (natürliches Streben nach Höherem), welche unabdingbare Voraussetzung für menschliche Entwicklung ist, nicht vorhanden ist |
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# ''Schädlicher Gebrauch'' hat bereits schädliche Folgen (Zellschäden, psychische Störung) hervorgerufen. |
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# Der Suchtmittelkonsum oder das süchtige Verhalten wird trotz sichtbarer negativen Folgen gesundheitlicher, sozialer oder finanzieller Art aufrechterhalten. |
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Diese Bezeichnungen haben in die von der [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] herausgegebene [[ICD-10]] Eingang gefunden, allerdings findet sich im US-amerikanischen [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders]]-IV (DSM-IV) nach wie vor die Bezeichnung „Missbrauch“. Aufgrund dieser WHO-Klassifikation sind missbräuchliche und abhängige Konsummuster im sozial-rechtlichen Sinne Krankheiten mit Rechtsstatus.<ref>{{Internetquelle |autor=Ruthard Stachowske |url=http://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/Kliniken/Kinder_Jugendpsychiatrie/Praesentationen/Stachowske_TagungGz_4_5_2007.pdf |titel=Eltern mit Abhängigkeitserkrankungen |hrsg=Jugendhilfe Lüneburg gGmbH / Universitätsklinik Ulm |format=PDF |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20140427221947/http://www.uniklinik-ulm.de/fileadmin/Kliniken/Kinder_Jugendpsychiatrie/Praesentationen/Stachowske_TagungGz_4_5_2007.pdf |archiv-datum=2014-04-27 |abruf=2019-05-16 |kommentar=1,42 MB}}</ref> |
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Da die Wirkung des Suchtmittels vorübergehend ist, sich im Laufe der Erkrankung durch Gewöhnungseffekte wie Rezeptoradaption abschwächt, aber der Wunsch nach Änderung des Befindens bleibt oder gar wächst, wird immer mehr vom Suchtmittel konsumiert, um den Grad der '''Realitätsveränderung '''(-verdrängung) beizubehalten (Dosissteigerung). |
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Der professionelle und wissenschaftliche Sprachgebrauch in den Bereichen [[Medizin]], [[Psychiatrie]], [[Psychologie]] und [[Soziale Arbeit]] bevorzugt mittlerweile die Formulierungen des ICD-10 und spricht von Abhängigkeit und speziell vom Abhängigkeitssyndrom für substanzgebundene Abhängigkeiten. Die Vermeidung des Terminus ''Sucht'' sollte die Stigmatisierung Erkrankter vermeiden und deutlich machen, dass es sich bei Abhängigkeiten um Krankheiten handelt. Die Begrenzung des Abhängigkeitssyndroms auf stoffliche Abhängigkeiten macht zudem auf Unterschiede zu nichtstofflichen Abhängigkeiten aufmerksam; dieser Begriff ist damit differenzierter als Sucht, welche sowohl stoffliche als auch nichtstoffliche Abhängigkeiten umfasst. |
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Die oben gegebene Erklärung des Kontrollverlustes ist für die Suchtkranken in aller Regel beschämend, da sie scheinbar nicht (mehr) im Besitz ihrer vollen geistigen Kräfte sind, so dass es zu massiven Verleugnungen und Vertuschungen vor sich selbst (z.B. jedes Bier sofort bezahlen, damit man nicht wirklich weiß, wieviel man getrunken hat) und der Umwelt kommt. Deshalb wird [[Kritik]] von außen als unangenehm wahrgenommen. Dies alles führt meistens zur gesellschaftlichen Isolation oder in entsprechende gesellschaftliche Randgruppen. |
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In der American Psychiatric Association war die Ersetzung durch „Abhängigkeitssyndrom“ umstritten. Gegen die Verwendung des Suchtbegriffs wurde die damit einhergehende Stigmatisierung jener Betroffenen vorgebracht, die Medikamente, welche das Zentralnervensystem beeinflussen, einnehmen und damit nach der damals geltenden Definition als „süchtig“ galten.<ref name="Fainsinger" /> Der Begriff Sucht wurde von der [[American Psychiatric Association]] bis 1987 im DSM-III<ref name="Fainsinger">Robin L. Fainsinger, Vincent Thai, Gary Frank, Jean Fergusson: {{Webarchiv |url=http://ajp.psychiatryonline.org/article.aspx?articleID=96549 |text=''What’s in a Word? Addiction Versus Dependence in DSM-V''. |wayback=20120205003751}}</ref> für das Abhängigkeitssyndrom verwendet. |
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Zu den Entzugserscheinungen gehören Nervosität, Zittern, Schweißausbüche oder gar Kreislaufzusammenbruch und [[Halluzinationen]]. Besonders wenn die Sucht auf der Einnahme von Substanzen beruht, kann es zu erheblichen Umstellungen der Biochemie des Körpes kommen, die beim Entzug zu den genannten Problemen führen. (So führt z.B. der Entzug von einem Kasten Bier täglich (= 10 Liter!) zu massiven Volumenproblemen im Kreislauf, besonders da der Volumenmangel in aller Regel nicht mit einem Kasten Wasser kompensiert wird.) |
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=== Psychische und physische Abhängigkeit === |
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Das Bedürfnis, sein Befinden zu ändern, basiert in aller Regel auf dem Gefühl, Mängel, z.B. in der Kommunikation oder beim Selbstwertgefühl, zu haben. Da diese Mängel sich z.T mit Hilfe des Suchtmittels kompensieren lassen, kann man Sucht auch als gescheiterten Selbstheilungsversuch ansehen. |
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Nach der Definition der WHO ist die '''psychische Abhängigkeit''' ein Bedürfnis bis hin zu einem zwanghaften Drang nach periodischem oder dauerndem Konsum der Droge (bzw. nach Ausführung eines Suchtverhaltens bei stoffungebundenen Suchten), um ein Lustgefühl zu erlangen und/oder ein Unlustgefühl zu vermeiden. Dieser innere Zwang gilt als das wesentliche Kriterium einer Abhängigkeitserkrankung.<ref name=":2" /> Die '''physische Abhängigkeit''' ist eine körperliche Reaktion des Dauerkonsumenten, die zu einer körperlichen Toleranz gegenüber der Drogen-Wirkung führt und beim Absetzen der Substanz Entzugssymptome hervorruft.<ref>{{Literatur |Autor=E. Hackenthal, E. Oberdisse, K. Kuschinsky |Titel=Pharmakologie und Toxikologie |Verlag=Springer |Datum=2013 |ISBN=978-3-642-98030-5 |Seiten=66}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=Mathias Berger |Titel=Kapitel 9: Suchterkrankungen, Abschnitt:„Biologische und verhaltenspharmakologische Grundlagen“ |Sammelwerk=Lehrbuch: Psychische Erkrankungen, Klinik und Therapie |Verlag=Elsevier Health Sciences |Datum=2018 |ISBN=978-3-437-09653-2 |Seiten=248–250}}</ref><ref name=":1">{{Literatur |Autor=Thomas Poehlke |Titel=GK3 Psychiatrie – Original-Prüfungsfragen mit Kommentar |Verlag=Thieme |Datum=2009 |ISBN=978-3-13-112977-2 |Seiten=37}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Brigitte Vetter |Titel=Psychiatrie – Ein systematisches Lehrbuch |Verlag=Schattauer |Datum=2018 |ISBN=978-3-608-26427-2 |Seiten=155}}</ref> |
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Die WHO-Kriterien für Abhängigkeit im [[ICD-10]] sind<ref name=":3">{{Internetquelle |autor=WHO |url=https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2018/block-f10-f19.htm |titel=Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen |hrsg=DIMDI |abruf=2022-06-30}}</ref> |
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== Drogensucht == |
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{{" |# ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, Substanzen oder Alkohol zu konsumieren. |
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# Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Substanz- oder Alkoholkonsums. |
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# Substanzgebrauch mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern. |
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# Ein körperliches Entzugssyndrom. |
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# Nachweis einer Toleranz: Um die ursprünglich durch niedrige Dosen erreichten Wirkungen der Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich. |
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# Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit Alkohol oder der Substanz, wie zum Beispiel die Tendenz, Alkohol an Werktagen wie an Wochenenden zu trinken und die Regeln eines gesellschaftlich üblichen Trinkens außer Acht zu lassen. |
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# Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums. |
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# Anhaltender Substanz- oder Alkoholkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen. Diese können körperlicher, sozialer oder psychischer Art sein. |
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Die '''psychische Abhängigkeit''' wird durch die unter Punkt 1 und 2 genannten Kriterien beschrieben. Die '''körperliche Abhängigkeit''' ist durch die unter 3, 4, und 5 genannten Kriterien gekennzeichnet. |ref=<ref name=":2">{{Literatur |Autor=Marianne Bosshard, Ursula Ebert, Horst Lazarus |Titel=Soziale Arbeit in der Psychiatrie, Lehrbuch |Verlag=Psychiatrie Verlag |Datum=2013 |ISBN=978-3-88414-799-3 |Seiten=280–281}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/abhaengigkeit-physische-und-psychische/37 |titel=Psychische und physische Abhängigkeit |werk=Lexikon der Psychologie |hrsg=Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH |sprache=de |abruf=2022-06-30}}</ref>}} |
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Im Speziellen wird unter Sucht die Abhängigkeit von [[Droge]]n und damit der [[Zwang]] zur ständigen Zufuhr eines chemischen Stoffes verstanden, der kein [[Nahrungsmittel]] sowie nicht lebensnotwendig ist. Die dabei auftretenden Symptome werden als ''[[Abhängigkeitssyndrom]]'' bzw. das Phänomen als ''pharmakologische Abhängigkeit'' bezeichnet. |
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{| class="wikitable" style="text-align:center" |
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|+ Vergleich von Toleranzentwicklung, psychischer und körperlicher Abhängigkeit bei verschiedenen Suchtstoffen<ref name=":1" /><ref name=":0" /> |
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! Substanztyp |
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! Toleranzentwicklung |
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! psychische Abhängigkeit |
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! körperliche Abhängigkeit |
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|style="text-align:left"| Cannabis |
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| (+) |
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| ++ |
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| (+) |
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|- |
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|style="text-align:left"| Mescalin |
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| + |
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| ++ |
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| − |
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|- |
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|style="text-align:left"| Weckamine |
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| + |
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| ++ |
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| − |
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|- |
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|style="text-align:left"| Kokain |
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| − (?) |
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| +++ |
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| (+) |
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|style="text-align:left"| Alkohol/Barbiturate |
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| + |
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| ++ |
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| ++ |
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|- |
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|style="text-align:left"| Morphin |
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| ++ |
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| +++ |
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| +++ |
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|- |
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|style="text-align:left"| Nikotin |
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| ++ |
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| +++ |
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| ++ |
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|} |
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=== Substanzverlangen === |
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Dieser chemische Stoff kann auch ein körpereigener Stoff sein, der beispielsweise bei sportlicher oder sexueller Betätigung ausgeschüttet wird, die Übergänge zu nichtstofflichen Abhängigkeiten sind dabei möglicherweise fließend. Bei einer physisch bedingten Sucht treten in jedem Fall beim Absetzen des süchtig machenden Vorganges (meist der Stoffaufnahme) echte Entzugserscheinungen auf, weil die Droge offensichtlich Teil des [[Stoffwechsel]]s geworden ist. |
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''Substanzverlangen'' oder ''Craving'' ([[Englische Sprache|engl.]] ''Begierde, Verlangen'') ist ein Fachbegriff aus der Suchtmedizin. Craving oder ''constant craving'' umschreibt das kontinuierliche und nahezu unbezwingbare Verlangen eines Suchtkranken, sein Suchtmittel ([[Ethanol|Alkohol]], [[Tabak]], sonstige [[Droge]]n) zu konsumieren.<ref name="pmid18855806">{{Literatur |Autor=M. Haney |Titel=Self-administration of cocaine, cannabis and heroin in the human laboratory: benefits and pitfalls |Sammelwerk=Addiction Biology |Band=14 |Nummer=1 |Datum=2009-01 |Seiten=9–21 |DOI=10.1111/j.1369-1600.2008.00121.x |PMC=2743289 |PMID=18855806}}</ref> |
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Craving ist das zentrale Moment des [[Abhängigkeitssyndrom durch psychotrope Substanzen|Abhängigkeits]]- und [[Entzugssyndrom]]s. Es hat seine neurobiologische Grundlage in der [[Sensitivierung]] des Belohnungssystems im Gehirn, des [[Mesolimbisches System|mesolimbischen Systems]].<ref name="PMID21490129">J. D. Steketee, P. W. Kalivas: ''Drug wanting: behavioral sensitization and relapse to drug-seeking behavior.'' In: ''Pharmacological reviews.'' Band 63, Nummer 2, Juni 2011, S. 348–365, [[doi:10.1124/pr.109.001933]], PMID 21490129, {{PMC|3082449}} (Review).</ref> |
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'''Siehe auch:''' [[Drogensucht]], [[Narcotics Anonymous]] |
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Auch die Gier nach fetten und süßen Speisen bei [[Adipositas]] wird als „Craving“ bezeichnet.<ref name="PMID26449524">K. J. Steffen, S. G. Engel, J. A. Wonderlich, G. A. Pollert, C. Sondag: ''Alcohol and Other Addictive Disorders Following Bariatric Surgery: Prevalence, Risk Factors and Possible Etiologies.'' In: ''European eating disorders review: the journal of the Eating Disorders Association.'' Band 23, Nummer 6, November 2015, S. 442–450, [[doi:10.1002/erv.2399]], PMID 26449524 (Review), [https://www.researchgate.net/profile/Joseph_Wonderlich/publication/282671411_Alcohol_and_Other_Addictive_Disorders_Following_Bariatric_Surgery_Prevalence_Risk_Factors_and_Possible_Etiologies/links/5a074e984585157013a5c2e0/Alcohol-and-Other-Addictive-Disorders-Following-Bariatric-Surgery-Prevalence-Risk-Factors-and-Possible-Etiologies.pdf researchgate.net] (PDF; 177 kB)</ref><ref name="PMID17617461">N. M. Avena, P. Rada, B. G. Hoebel: ''Evidence for sugar addiction: behavioral and neurochemical effects of intermittent, excessive sugar intake.'' In: ''Neuroscience and biobehavioral reviews.'' Band 32, Nummer 1, 2008, S. 20–39, [[doi:10.1016/j.neubiorev.2007.04.019]], PMID 17617461, {{PMC|2235907}} (Review).</ref> |
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== Ursachen/Auslöser der Sucht == |
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=== Sucht === |
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Alan Leshner hat 1997 als Direktor des amerikanischen National Institute of Drug Abuse ([[Nida]]) eine Bilanz der jahrzehntelang betriebenen [[Neurowissenschaften|neurowissenschaftlichen]] Forschungstätigkeit gezogen : '''"Sucht ist eine Hirnkrankheit"''' |
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==== Etymologie ==== |
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Das Wort „Sucht“ ([[Germanische Sprachen|germanisch]] ''suhti-'', [[althochdeutsch]] ''suht'', ''suft'', [[mittelhochdeutsch]] ''suht'') geht auf „[[Siechtum|siechen]]“ (ahd. ''siuchan'', mhd. ''siechen'') zurück, das Leiden an einer Krankheit bzw. Funktionsstörung. Im heutigen Sprachgebrauch ist das Adjektiv „siech“ (vergleiche auch [[Englische Sprache|engl.]] ''sick'', [[Niederländische Sprache|ndl.]] ''ziek'') nur noch regional gebräuchlich. |
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Bereits 1888 definierte [[Meyers Konversationslexikon]] „Sucht“ als ein in der Medizin veraltetes Wort, das früher ganz allgemein [[Krankheit]] (lateinisch ''Morbus'') oder Leiden bedeutete, z. B. in [[Auszehrung|Schwindsucht]], Wassersucht, [[Fettsucht]], [[Fallsucht]], [[Gelbsucht]] und [[Anorexia nervosa|Magersucht]]. So war etwa ein „Wassersüchtiger“ nicht süchtig nach Wasser, sondern litt an Wassereinlagerungen ([[Ödem]]en). |
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In [[Tierversuch|Tierversuchen]] wurde festgestellt, dass unser Verhalten durch ein hochkomplexes Belohnungssystem gesteuert wird. Dieses beruht auf dem Botenstoff [[Neurotransmitter|Dopamin]], der auch bei Stimulationen wie Nahrungsaufnahme, romantischer Liebe oder bei Erfolgserlebnissen aller Art eine wichtige Rolle spielt. Es entwickelt sich ein Wiederholungseffekt, das Individuum verspürt die "Lust auf mehr". (unwiderstehliches Verlangen, engl. [[craving]]) |
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Diese [[Liste historischer Krankheitsbezeichnungen|historischen Krankheitsbezeichnungen]] beschrieben meist nur das auffälligste Symptom. Der Schwindsüchtige „schwindet dahin“, im Wassersüchtigen sammelt sich Wasser, der Fettsüchtige ist zu fett, der Gelbsüchtige verfärbt sich gelb, der Trunksüchtige trinkt zu viel, der Magersüchtige ist abgemagert. Durch Verwendungen wie ''[[Tobsucht]]'' und ''[[Somnambulismus|Mondsucht]]'' wurde Sucht auch als krankhaftes Verlangen verstanden.<ref>Duden, Etymologie: Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache.</ref> Daraus entstand im 20. Jahrhundert der moderne Suchtbegriff im Sinne von Abhängigkeit. Anfänglich bezog er sich, bei C. v. Brühl-Cramer 1819, nur auf die Trunksucht ([[Alkoholkrankheit]]).<ref>Claudia Wiesemann: ''Sucht.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1365 f.; hier: S. 1365.</ref> Später wurden auch andere Abhängigkeiten als Sucht bezeichnet. So ist seit 1829 bei [[Christoph Wilhelm Hufeland]] die „Opiumsucht“ – im 18. Jahrhundert noch „Knechtschaft“ ''(servitus)'' genannt – belegt.<ref>Andreas-Holger Maehle: ''Selbstversuche und subjektive Erfahrung in der Opiumforschung des 18. Jahrhunderts.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen'', Band 13, 1995, S. 287–297, hier: S. 292.</ref> |
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Das cAMP-System (cAMP = zyklisches [[Adenosinmonophosphat]]) ist verantwortlich für die [[Toleranzbildung]] von psychoaktiven Stoffen ([[Kokain]], [[Alkohol]], [[Nikotin]] etc.) Doch spielt es ebenfalls für die Entzugssymptomatik eine wichtige Rolle. |
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Außerdem kann ein Protein (DFosB) die Verbindungswege neuronaler Impulse verändern. |
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Das mittelhochdeutsche Kollektivum ''Gesücht'' bzw. ''gesühte'' (auch ''gesucht'') bezeichnete anfallsweise wiederkehrende Leiden wie die Fallsucht bzw. Epilepsie, Gicht bzw. Arthritis usw.<ref>Max Höfler: ''Deutsches Krankheitsnamen-Buch.'' Piloty & Loehle, München 1899 (Reprografischer Nachdruck: Olms, Hildesheim / New York 1970 und 1979, ISBN 1-174-35859-9), S. 706.</ref><ref>Vgl. auch Jürgen Martin: ''Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts.'' Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= ''Würzburger medizinhistorische Forschungen.'' Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 132.</ref> |
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Auf den Oberflächen und im Innern der [[Nervenzellen]] hinterlassen psychoaktive Substanzen Veränderungen, die sich einerseits auf die Wahrnehmung des nächsten Konsums, wie aber auch auf das Empfinden des Nichtkonsums auswirken. |
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Zudem werden mit der Zeit auch neue Zellverbindungen (Verknüpfungen der [[Axon|Axonen]]) gebildet, während andere verkümmern. Das heißt, unser [[Gehirn]] passt sich dem Konsumverhalten biologisch an. |
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Veranschaulichen lässt sich dieser Vorgang mit dem [[Erosion|Lauf eines wilden Flusses]]. Es bilden sich je nach Wasserstärke und chemischer Zusammensetzung verschiedene Formen in der Landschaft und im Gestein. |
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==== Umgangssprachliche Verwendung ==== |
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In der Modellvorstellung von [[Nora Volkow]] werden vier zerebrale Schaltkreise betrachtet: das mesolimbische Belohnungssystem, die in der orbitofrontalen [[Hirnrinde]] vorhandenen Strukturen von [[Antrieb]] und [[Motivation]], die für das [[Lernen]] und das [[Gedächtnis]] relevanten Strukturen wie [[Amygdala]], Caudatum, Putamen und [[Hippocampus]] sowie die präfrontalen Strukturen, die an Entscheidungsfindung und Verhaltenskontrolle beteiligt sind. |
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In der Umgangssprache wird von dem Beobachter ein, seiner Meinung nach, krankhaftes, übermäßiges oder zwanghaftes Verhalten oder Gebrauch von Substanzen als Sucht bezeichnet.<ref>[https://www.duden.de/rechtschreibung/Sucht ''Sucht''.] In: Duden, Begriffsdefinition.</ref> „Süchtig nach Ruhm“, „Süchtig nach Schokolade“ oder ähnliche Redewendungen sind von Definitionen der Abhängigkeit im medizinischen Sinne z. B. nach den Kriterien der WHO zu unterscheiden. |
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Nach den Erkenntnissen des Nida, dem Nora Volkow heute vorsteht, ist Sucht eine Folge von wiederholt gestörten Regulationsvorgängen im Belohnungssystem mit Auswirkungen auf [[Motivation]], [[Gedächtnis]] und Impulskontrolle. |
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=== Sichtweise der Physiologie === |
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Suchtbildung ist neurobiologisch eine Art Negativvariante des Lernvorgangs. Das zeitliche Geschehen findet in umgekehrter Reihenfolge statt. [[Pathologisch]] sind dabei die exzessive Ingangsetzung von [[zerebralen]] (an sich nicht krankhaften) Prozessen durch abhängigkeitserzeugende Stoffe (aber auch durch krankhaftes [[Spielen]]). |
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==== Neurowissenschaften ==== |
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In den [[Neurowissenschaften]] wird eine Unterscheidung zwischen psychischer und physischer Abhängigkeit nicht vorgenommen. Hier wird jede Art der Abhängigkeit auf Veränderungen im Gehirn zurückgeführt, und zwar sowohl auf mikroanatomischer ([[Zelle (Biologie)|zellulärer]]) als auch auf funktioneller Ebene. Diese Veränderungen werden [[Sensitivierung#Sucht und Rückfallrisiko|Sensitivierung]] genannt.<ref>Stefan Gutwinski, [[Andreas Heinz (Mediziner)|Andreas Heinz]], ''Psyche und Psychische Erkrankung – Sucht'', in: [[Gerhard Roth (Biologe)|Gerhard Roth]], Andreas Heinz, [[Henrik Walter]] (Hrsg.): ''Psychoneurowissenschaften'', Springer, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-59038-6, S. 255–274, Zitat: ''Das neurobiologische Modell der Sensitivierung als Grundlage für abhängiges Verhalten ersetzt die Begriffe der "psychischen Abhängigkeit" …'', S. 269.</ref><ref>S.M. Warlow, u. a.: ''Sensitization of Incentive Salience and the Transition to Addiction'', in: Steve Sussman (Hrsg.): ''The Cambridge Handbook of Substance and Behavioral Addictions'', Cambridge University Press 2020, ISBN 978-1-108-63224-9, S. 23–37.</ref><ref name="PMID26407959">M. J. Robinson, A. M. Fischer, A. Ahuja, E. N. Lesser, H. Maniates: ''Roles of "Wanting" and "Liking" in Motivating Behavior: Gambling, Food, and Drug Addictions.'' In: ''Current topics in behavioral neurosciences.'' Band 27, 2016, S. 105–136, {{DOI|10.1007/7854_2015_387}}, PMID 26407959 (Review).</ref> |
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==== Weltgesundheitsorganisation (WHO) ==== |
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Auf die Frage, wer suchtgefährdet ist, lässt sich jedoch auch aus detaillierten Kenntnissen über die relevanten Vorgänge im [[Gehirn]] keine Antwort schließen. Die Praxis zeigt, dass beim Menschen individuelle Unterschiede in der Reaktion auf bestimmte Stoffe vorhanden sind. |
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Die [[WHO]]-Fachgruppe ''Drogen mit Suchtpotential'' hat in ihrem Bericht über ihre zweite Konferenz, 1950 in [[Genf]], erstmals die Begriffe ''psychische'' und ''körperliche Abhängigkeit'' aufgenommen.<ref>World Health Organization – Technical Report Series No. 21: ''Expert Committee on Drugs Liable to Produce Addiction – Report of the Second Session'', Geneva, 9–14 January 1950, S. 7, [https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/38943/WHO_TRS_21.pdf?sequence=1&isAllowed=y PDF].</ref> Dieselbe Fachgruppe – nunmehr unter dem Namen ''Drogenabhängigkeit'' – hat dann in ihrem Bericht über ihre 28. Konferenz, 1992 in Genf, empfohlen, nicht länger einen Unterschied zu machen zwischen ''psychischer'' und ''körperlicher Abhängigkeit''. Als Gründe hierfür wurden genannt: die Unterscheidung sei in der medizinischen Praxis schwierig umzusetzen oder sogar verwirrend („confusing“); die Unterscheidung stimme nicht überein mit der gegenwärtigen Sichtweise, dass alle Drogeneffekte auf ein Individuum potentiell biologisch zu verstehen seien.<ref>World Health Organization – Technical Report Series No. 836: ''WHO Expert Committee on Drug Dependence – Report of the 28th Session'', Geneva, 28 September – 2 October 1992, S. 5, [http://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/37029/WHO_TRS_836.pdf?sequence=1 PDF].</ref> |
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Mit Versuchen am Medikament [[Ritalin]] wurden diese Unterschiede damit erklärt, dass in den einzelnen Gehirnen eine unterschiedliche Anzahl an Dopamin-D2-Rezeptoren vorhanden sind. Ist diese Anzahl bei einer Testperson gering, empfindet sie die Wirkung der Substanz als angenehm. Die erwähnten Unterschiede in den neurobiologischen Voraussetzungen könnten [[genetisch]] bedingt sein. |
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In einer sozialwissenschaftlichen Übersicht von 2014 zur Geschichte des Verständnisses von Sucht und Abhängigkeit wurde das Umschwenken der WHO 1992 zur Frage der Unterscheidung zwischen psychischer und körperlicher Abhängigkeit auf den zunehmenden Einfluss der Neurowissenschaften zurückgeführt: „However, by the 1990s the growing influence of neuroscience made the physiological/psychological distinction seem a form of outmoded dualism.“<ref>Fraser, S., Moore, D., Keane, H.: ''Models of Addiction'', in: S. Fraser, D. Moore, H. Keane: ''Habits: Remaking Addiction'', Springer, 2014, ISBN 978-1-137-31677-6, S. 26–59.</ref> |
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Wichtig sind aber nicht nur die biologischen Umstände, sondern ebenso die [[Verhaltenstheoretische Soziologie|psychosozialen Lebensbedingungen]]. ("Einer der trinkt und mindestens einer der es zulässt"). Nicht selten unterstützen Angehörige (Eltern oder Lebenspartner) potentiell suchtkranke Menschen in der Bewältigung ihrer Lebensaufgaben. Allerdings ohne dem Suchtkranken zu helfen, denn dadurch wird die Krankheit letztlich verstärkt. (Bei der Alkoholkrankheit nennt man diese Angehörigen [[Co-Alkoholiker]] - siehe auch Weblink für Angehörigengruppen am Ende der Seite und Artikel [[Co-Abhängigkeit]]). |
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=== Kritik === |
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Sicher ist, dass unter [[Stress]] schon kleine Mengen an psychoaktiven Stoffen zu einer Sensibilisierung führen können. |
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Kritik am Begriff der Abhängigkeit umfasst die sprachliche Gleichsetzung von medizinisch betreuten Patienten, mit vorrangig körperlicher Abhängigkeit (z. B. Schmerzpatienten unter Morphiumbehandlung) und auch stark psychisch Abhängigen, wie Heroinabhängigen oder Alkoholikern. Diese sei irreführend und hinderlich: Sie rufe bei Schmerzpatienten Angst vor dem Vollbild der körperlichen und psychischen Abhängigkeit hervor. Im Zuge der Ausarbeitung der aktuellen Version des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) von der American Psychiatric Association wurde über die Wiederaufnahme des Suchtbegriffs nachgedacht.<ref>C. O’Brien, [[Nora Volkow|N. Volkow]], T. Li: ''What’s in a word? addiction versus dependence in DSM-V.'' In: ''American Journal of Psychiatry.'' 2006; 163, S. 764–765 {{Webarchiv |url=http://ajp.psychiatryonline.org/cgi/content/full/163/5/764?ijkey=cd6f229ede94a42d32704d6c5988d4229434beee&keytype2=tf_ipsecsha |text=Volltext |wayback=20090831203904}} mit zahlreichen Hinweisen auf offizielle Stellen, die den Begriff ''Sucht'' verwenden.</ref> |
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== Siehe auch == |
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Heute steht ebenfalls fest, dass nicht der Stoffkonsum als solcher zu negativen [[gesundheitlichen und sozialen Schäden]] führt, sondern der Kontrollverlust desselben. Wenn man bedenkt, dass bei Vorgängen wie der Nahrungsaufnahme oder dem Geschlechtsverkehr eine [[Neurotransmitter|Dopaminzunahme]] um ca 50% im [[Vorderhirn]] (genauer: im [[Nucleus accumbens]]) festgestellt wurde, während Kokain eine Zunahme von 500% auslöst, ist es jedoch naheliegend, dass nur sehr wenige Menschen derartige Eingriffe in ihr Gefühlsempfinden rational über längere Zeit kontrollieren können. |
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{{Portal|Drogen}} |
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{{Portal|Psychologie}} |
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{{Portal|Geist und Gehirn}} |
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* [[Substanzungebundene Sucht]] |
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* [[Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen]] |
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* [[Impulskontrollstörung]] |
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* [[Zwangsstörung]] |
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* [[Selbstmedikation]] |
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* [[Co-Abhängigkeit]] |
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* [[Abhängige Persönlichkeitsstörung]] |
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* [[Drogentherapie]] |
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* [[Drogenpolitik]] |
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* [[Entzugssyndrom]] |
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* [[Abhängigkeitspotenzial]] |
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{{Wiktionary}} |
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Die [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] fordert, dass man suchtkranken Menschen weder eine Willens- noch eine Charakterschwäche unterstellt. |
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{{Wiktionary|Sucht}} |
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Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen kann. Eine oftmals chronische Krankheit, die aus dem Zusammenspiel biologischer und Umweltfaktoren verstanden werden kann. Sie erscheint meistens gleichzeitig und verknüpft mit anderen somatischen oder psychischen Störungen. "Ein Unheil kommt selten allein." |
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== Literatur == |
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'''Die Stigmatisierung und Diskriminierung des Suchtverhaltens ist durch effiziente Vorbeugung und Behandlung zu ersetzen.''' |
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* {{Literatur |
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|Titel=Physiologie des Menschen: mit Pathophysiologie |
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== Komorbidität, Begleitkrankheiten== |
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|Verlag=Springer |
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|Ort=Berlin Heidelberg |
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Neben dem Abhängigkeitssyndrom (bei Alkohol [[ICD-10-Code]] F10.2) gibt es eine Reihe von körperlichen und psychischen Begleitkrankheiten. Häufige psychische Begleitkrankheiten sind Angststörungen, Depressionen, Anpassungsstörungen sowie Persönlichkeitsstörungen, zu denen unter Anderem auch die oben erwähnte Borderline Persönlichkeitsstörung gehört, aber auch Psychosen. Das Vorhandensein von psychischen Begleitstörungen ist nicht obligat, sie können aber unter Umständen den Verlauf und die Prognose der Suchterkrankung stark beeinflussen. |
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|Datum=2019 |
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|ISBN=978-3-662-56468-4 |
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== Suchtbehandlung == |
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|Seiten=855–861 |
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|Online={{Google Buch |BuchID=gMCYDwAAQBAJ |Seite=559 |Hervorhebung=mesolimbisch}}}} |
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# körperlicher [[Entzug]] des Suchtmittels (''Entgiftung'') |
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* [[Michael Klein (Suchtforscher)|Michael Klein]]: ''Kinder und Suchtgefahren. Risiken – Prävention – Hilfen''. Verlag Schattauer, 2007, ISBN 978-3-7945-2318-4. |
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# [[Psychotherapie|psychotherapeutische]] Behandlung (''[[Langzeitentwöhnung]]'') |
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* R. C. Malenka, E. J. Nestler, S. E. Hyman: ''Reinforcement and Addictive Disorders.'' In: A. Sydor, R. Y. Brown (Hrsg.): ''Molecular Neuropharmacology: A Foundation for Clinical Neuroscience.'' 2. Auflage, McGraw-Hill Medical, New York 2009, ISBN 978-0-07-148127-4, S. 364–388. |
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# Mitarbeit/"Mitbehandlung" der Angehörigen/Bezugspersonen |
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* Christoph Möller: ''Drogenmissbrauch im Jugendalter. Ursachen und Auswirkungen.'' 3. Auflage. [[Vandenhoeck & Ruprecht]], 2009, ISBN 978-3-525-46228-7. |
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# Mitarbeit in [[Selbsthilfegruppe]] (zumindest für einige Jahre unabdingbar) z.B. [[Synanon]] |
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* Rainer Thomasius, [[Michael Schulte-Markwort]], Udo J. Küstner, Peter Riedesser: ''Suchtstörungen im Kindes- und Jugendalter: Das Handbuch: Grundlagen und Praxis''. Verlag Schattauer, 2008, ISBN 978-3-7945-2359-7. |
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* [[Claudia Wiesemann]]: ''Die heimliche Krankheit. Zur Geschichte des Suchtbegriffs.'' frommann-holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 2000. ISBN 3-7728-2000-X. |
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Das oberste Behandlungsziel ist der dauerhafte Verzicht auf das Suchtmittel. Dazu sollten in der psychotherapeutischen Behandlung die Persönlichkeitsdefizite entweder durch "Nachreifung" verringert oder ein anderer Umgang damit erlernt werden. Nur dann ist der Patient in der Lage, auf das Suchtmittel zu verzichten, da er z.B. zu seinen Defiziten stehen kann. |
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Es kann zu einer [[Suchtverlagerung]] kommen. |
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=== Kennzeichen einer erfolgreichen Therapie === |
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*Eine erfolgreiche [[Therapie]] bietet einen neuen, überlagernden Lernprozess. |
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*Eine erfolgreiche Therapie überwindet die Entzugserscheinungen. |
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*Eine erfolgreiche Therapie hilft den Rückfall zu vermeiden und bietet dem Süchtigen eine Kontrolle seines Verhaltens an. |
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''siehe auch:'' [[Cenacolo]] |
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== Auflistung diverser Süchte und süchtig machender Stoffe == |
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*[[Alkoholkrankheit|Alkoholsucht]] - [[Alkohol]] |
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*[[Amphetaminsucht]] |
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*''[[Arbeitssucht]]/[[Workaholic]]'' |
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*[[Barbituratsucht]] |
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*[[Benzodiazepinsucht]] |
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*[[Codeinsucht]] |
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*''[[Fernsehsucht]]'' |
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*''[[Handy-Sucht]]'' |
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*[[Heroinsucht]] - [[Heroin]] |
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*''[[Internetsucht]]'' (Wikipedia-Sucht) |
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*''[[Kaufsucht]]'' |
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*''[[Koffeinsucht]]'' - [[Koffein]] |
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*[[Kokainsucht]] - [[Kokain]] |
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*[[Morphinsucht]] - [[Morphium]] |
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*[[Nikotinsucht]] - [[Nikotin]] |
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*''[[Pornografiesucht]]'' |
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*''[[Politoxikomanie(mehrfache Abhänigkeit von Suchtmitteln-Drogen-)]]'' |
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*''[[Sexsucht]]'' |
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*''[[SMS-Sucht]]'' |
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*[[Spielsucht]] |
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Die kursiv gekennzeichneten Begriffe tauchen in den gängigen Diagnoseschemata nicht als eigenständige Süchte auf. |
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Keine Süchte im engeren Sinne, sondern verwandte Themenkomplexe bzw. eigene Erkrankungen sind: |
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*[[Co-Abhängigkeit|Beziehungssucht/Co-Abhängigkeit]] |
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*[[Bibliomanie]] |
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*[[Essstörung]]en (z. B. [[Anorexie]], [[Bulimie]], [[Adipositas]], [[Orthorexie]]) |
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*[[Sammeln|Sammelsucht]] („Messie-Syndrom“) |
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== Etymologie == |
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Das Wort "Sucht" (germanisch ''suhti-'', althochdeutsch ''suht'', ''suft'', mittelhochdeutsch ''suht'') ist nicht verwandt mit "suchen", sondern mit "siechen" (althochdeutsch ''siuchen'', mittelhochdeutsch ''siuchan''; vgl. zum Adjektiv "siech" auch das englische ''sick'') in der Bedeutung von Krankheit. Andere, vor allem veraltete Krankheitsbezeichnungen wie [[Epilepsie|Fallsucht]], [[Magersucht]], [[Somnambulismus|Mondsucht]], [[Schwindsucht]], [[Wassersucht]], aber auch zum Beispiel das Wort [[Eifersucht]], enthalten ebenfalls den Wortstamm "Sucht" in dieser Bedeutung. |
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Die Wendung "Sucht nach etwas" beruht allerdings auf der volkstümlichen Verbindung mit "suchen": Sucht nach Liebe, Abwechslung, Zerstreuung, u. dgl. |
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==Literatur == |
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*van Treeck, Bernhard: ''Drogen- und Suchtlexikon'', Schwarzkopf & Schwarzkopf ISBN 3-89602-221-0 ''(neue Auflage Oktober 2004 ISBN 3896025422)'' |
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*van Treeck, Bernhard: Das große Cannabis-Lexikon - Alles über die Nutzpflanze Hanf, Lexikon-Imprint-Verlag, Berlin, 2000, ISBN 3-89602-268-7 |
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*van Treeck, Bernhard: Drogen, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin, 2003, ISBN 3-89602-420-5 |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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* [http://www.dg-sucht.de/ Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V] |
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* [http://www.dhs.de/ Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.] |
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* [http://www.dgsuchtmedizin.de/ Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V.] |
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* [http://www.clinicaltrials.gov/ct2/results?term=Craving+and+Withdrawal+ Einträge im NIH-Studienregister] |
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== Einzelnachweise == |
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*[http://www.dhs.de Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.] Eine sehr kompetente, neutrale und offene Institution für (fast) alle Suchtfragen |
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<references /> |
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*http://www.medicine-worldwide.de/pharmakologie/drogen/sucht.html |
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*[http://www.web4health.info/de/answers/add-menu.htm 100 Fragen und Antworten zu Sucht und Abhängigkeit] |
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*[http://www.sucht-undjugendberatung.de Sucht- und Jugendberatung mit Informationen und Lexikon] |
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*[http://derstandard.at/?id=1723248 Bis zu 380.000 SMS-Süchtige in Deutschland] (derStandard.at, 9.7.2004) |
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*[http://www.praevention.at Institut Suchtprävention] |
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{{Gesundheitshinweis}} |
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[[nl:Verslaving]] |
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[[Kategorie:Gesundheit]] |
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[[Kategorie:Abhängigkeit (Medizin)| ]] |
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[[Kategorie:Begriff]] |
Aktuelle Version vom 22. April 2025, 19:23 Uhr
Abhängigkeit, auch Sucht, bezeichnet das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. In der Folge können die freie Entfaltung einer Persönlichkeit und die sozialen Chancen eines Individuums beeinträchtigt werden.[1] In zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Einrichtungen wird der Begriff „Sucht“ in einer bestimmten Bedeutung verwendet.[2]
Formen
In den Fachgebieten Psychologie und Psychiatrie werden verschiedene Formen von Abhängigkeit beschrieben:
- Substanzgebundene Abhängigkeit (stoffliche Abhängigkeit), z. B.:[3]
- Schädlicher Gebrauch von Benzodiazepinen,
- Schädlicher Gebrauch von Schmerzmitteln,
- Schädlicher Gebrauch von Psychostimulanzien,
- Schädlicher Gebrauch sonstiger Rauschmittel (Alkohol, illegale Drogen) mit starker körperlicher Toleranzentwicklung,
- Substanzungebundene Abhängigkeit (nichtstoffliche Abhängigkeit), z. B.:
- Co-Abhängigkeit, wenn Tun oder Unterlassen von Bezugspersonen die substanzgebundene Abhängigkeit einer Person stärkt.
Suchtmedizin
Die Suchtmedizin ist ein Fachbereich der Psychiatrie. Sie befasst sich mit der Vorbeugung, Erkennung, Behandlung und Rehabilitation von Krankheitsbildern im Zusammenhang mit dem schädlichen Gebrauch psychotroper Substanzen und substanzungebundener Abhängigkeit.
Forschungsschwerpunkte der Suchtmedizin sind
- die Identifizierung neurobiologischer und psychosozialer Faktoren, die für die Entwicklung von Abhängigkeitserkrankungen und für deren Bewältigung beeinflussen
- die Suche nach Möglichkeiten, wie man Rückfällen vorbeugen kann (medikamentös und/oder psychotherapeutisch)
- epidemiologische Fragestellungen zur Verbreitung und Häufigkeit von Abhängigkeiten.
Deutschland
Seit dem Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts vom 18. Juni 1968[6] ist mit der Alkoholabhängigkeit erstmals ein Abhängigkeitssyndrom als Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung anerkannt. Sie und andere Kostenträger übernehmen seither die Kosten für die Behandlung von Begleiterkrankungen der Abhängigen sowie für Leistungen zur Rehabilitation, Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit.
Der erste Lehrstuhl für Abhängigkeitserkrankungen in Deutschland wurde 1999 am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim eingerichtet.
Begriffe
Entwicklung des Fachbegriffs
Im offiziellen Sprachgebrauch der Weltgesundheitsorganisation (WHO) existierte der Begriff Sucht von 1957 bis 1963. Danach wurde er zunächst durch die beiden Begriffe Missbrauch und Abhängigkeit ersetzt.[1] Schließlich wurde nach 1969 das Missbrauchskonzept zugunsten vier definierter Klassen des Gebrauchs verworfen:[7]
- Unerlaubter Gebrauch ist ein von der Gesellschaft nicht tolerierter Gebrauch.
- Gefährlicher Gebrauch ist ein Gebrauch mit wahrscheinlich schädlichen Folgen für den Konsumenten.
- Dysfunktionaler Gebrauch liegt vor, wenn psychische oder soziale Anforderungen beeinträchtigt sind.
- Schädlicher Gebrauch hat bereits schädliche Folgen (Zellschäden, psychische Störung) hervorgerufen.
Diese Bezeichnungen haben in die von der WHO herausgegebene ICD-10 Eingang gefunden, allerdings findet sich im US-amerikanischen Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders-IV (DSM-IV) nach wie vor die Bezeichnung „Missbrauch“. Aufgrund dieser WHO-Klassifikation sind missbräuchliche und abhängige Konsummuster im sozial-rechtlichen Sinne Krankheiten mit Rechtsstatus.[8]
Der professionelle und wissenschaftliche Sprachgebrauch in den Bereichen Medizin, Psychiatrie, Psychologie und Soziale Arbeit bevorzugt mittlerweile die Formulierungen des ICD-10 und spricht von Abhängigkeit und speziell vom Abhängigkeitssyndrom für substanzgebundene Abhängigkeiten. Die Vermeidung des Terminus Sucht sollte die Stigmatisierung Erkrankter vermeiden und deutlich machen, dass es sich bei Abhängigkeiten um Krankheiten handelt. Die Begrenzung des Abhängigkeitssyndroms auf stoffliche Abhängigkeiten macht zudem auf Unterschiede zu nichtstofflichen Abhängigkeiten aufmerksam; dieser Begriff ist damit differenzierter als Sucht, welche sowohl stoffliche als auch nichtstoffliche Abhängigkeiten umfasst.
In der American Psychiatric Association war die Ersetzung durch „Abhängigkeitssyndrom“ umstritten. Gegen die Verwendung des Suchtbegriffs wurde die damit einhergehende Stigmatisierung jener Betroffenen vorgebracht, die Medikamente, welche das Zentralnervensystem beeinflussen, einnehmen und damit nach der damals geltenden Definition als „süchtig“ galten.[9] Der Begriff Sucht wurde von der American Psychiatric Association bis 1987 im DSM-III[9] für das Abhängigkeitssyndrom verwendet.
Psychische und physische Abhängigkeit
Nach der Definition der WHO ist die psychische Abhängigkeit ein Bedürfnis bis hin zu einem zwanghaften Drang nach periodischem oder dauerndem Konsum der Droge (bzw. nach Ausführung eines Suchtverhaltens bei stoffungebundenen Suchten), um ein Lustgefühl zu erlangen und/oder ein Unlustgefühl zu vermeiden. Dieser innere Zwang gilt als das wesentliche Kriterium einer Abhängigkeitserkrankung.[10] Die physische Abhängigkeit ist eine körperliche Reaktion des Dauerkonsumenten, die zu einer körperlichen Toleranz gegenüber der Drogen-Wirkung führt und beim Absetzen der Substanz Entzugssymptome hervorruft.[11][12][13][14]
Die WHO-Kriterien für Abhängigkeit im ICD-10 sind[3] „
- ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, Substanzen oder Alkohol zu konsumieren.
- Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Substanz- oder Alkoholkonsums.
- Substanzgebrauch mit dem Ziel, Entzugssymptome zu mildern.
- Ein körperliches Entzugssyndrom.
- Nachweis einer Toleranz: Um die ursprünglich durch niedrige Dosen erreichten Wirkungen der Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich.
- Ein eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit Alkohol oder der Substanz, wie zum Beispiel die Tendenz, Alkohol an Werktagen wie an Wochenenden zu trinken und die Regeln eines gesellschaftlich üblichen Trinkens außer Acht zu lassen.
- Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums.
- Anhaltender Substanz- oder Alkoholkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen. Diese können körperlicher, sozialer oder psychischer Art sein.
Die psychische Abhängigkeit wird durch die unter Punkt 1 und 2 genannten Kriterien beschrieben. Die körperliche Abhängigkeit ist durch die unter 3, 4, und 5 genannten Kriterien gekennzeichnet.“[10][15]
Substanztyp | Toleranzentwicklung | psychische Abhängigkeit | körperliche Abhängigkeit |
---|---|---|---|
Cannabis | (+) | ++ | (+) |
Mescalin | + | ++ | − |
Weckamine | + | ++ | − |
Kokain | − (?) | +++ | (+) |
Alkohol/Barbiturate | + | ++ | ++ |
Morphin | ++ | +++ | +++ |
Nikotin | ++ | +++ | ++ |
Substanzverlangen
Substanzverlangen oder Craving (engl. Begierde, Verlangen) ist ein Fachbegriff aus der Suchtmedizin. Craving oder constant craving umschreibt das kontinuierliche und nahezu unbezwingbare Verlangen eines Suchtkranken, sein Suchtmittel (Alkohol, Tabak, sonstige Drogen) zu konsumieren.[16]
Craving ist das zentrale Moment des Abhängigkeits- und Entzugssyndroms. Es hat seine neurobiologische Grundlage in der Sensitivierung des Belohnungssystems im Gehirn, des mesolimbischen Systems.[17]
Auch die Gier nach fetten und süßen Speisen bei Adipositas wird als „Craving“ bezeichnet.[18][19]
Sucht
Etymologie
Das Wort „Sucht“ (germanisch suhti-, althochdeutsch suht, suft, mittelhochdeutsch suht) geht auf „siechen“ (ahd. siuchan, mhd. siechen) zurück, das Leiden an einer Krankheit bzw. Funktionsstörung. Im heutigen Sprachgebrauch ist das Adjektiv „siech“ (vergleiche auch engl. sick, ndl. ziek) nur noch regional gebräuchlich.
Bereits 1888 definierte Meyers Konversationslexikon „Sucht“ als ein in der Medizin veraltetes Wort, das früher ganz allgemein Krankheit (lateinisch Morbus) oder Leiden bedeutete, z. B. in Schwindsucht, Wassersucht, Fettsucht, Fallsucht, Gelbsucht und Magersucht. So war etwa ein „Wassersüchtiger“ nicht süchtig nach Wasser, sondern litt an Wassereinlagerungen (Ödemen).
Diese historischen Krankheitsbezeichnungen beschrieben meist nur das auffälligste Symptom. Der Schwindsüchtige „schwindet dahin“, im Wassersüchtigen sammelt sich Wasser, der Fettsüchtige ist zu fett, der Gelbsüchtige verfärbt sich gelb, der Trunksüchtige trinkt zu viel, der Magersüchtige ist abgemagert. Durch Verwendungen wie Tobsucht und Mondsucht wurde Sucht auch als krankhaftes Verlangen verstanden.[20] Daraus entstand im 20. Jahrhundert der moderne Suchtbegriff im Sinne von Abhängigkeit. Anfänglich bezog er sich, bei C. v. Brühl-Cramer 1819, nur auf die Trunksucht (Alkoholkrankheit).[21] Später wurden auch andere Abhängigkeiten als Sucht bezeichnet. So ist seit 1829 bei Christoph Wilhelm Hufeland die „Opiumsucht“ – im 18. Jahrhundert noch „Knechtschaft“ (servitus) genannt – belegt.[22]
Das mittelhochdeutsche Kollektivum Gesücht bzw. gesühte (auch gesucht) bezeichnete anfallsweise wiederkehrende Leiden wie die Fallsucht bzw. Epilepsie, Gicht bzw. Arthritis usw.[23][24]
Umgangssprachliche Verwendung
In der Umgangssprache wird von dem Beobachter ein, seiner Meinung nach, krankhaftes, übermäßiges oder zwanghaftes Verhalten oder Gebrauch von Substanzen als Sucht bezeichnet.[25] „Süchtig nach Ruhm“, „Süchtig nach Schokolade“ oder ähnliche Redewendungen sind von Definitionen der Abhängigkeit im medizinischen Sinne z. B. nach den Kriterien der WHO zu unterscheiden.
Sichtweise der Physiologie
Neurowissenschaften
In den Neurowissenschaften wird eine Unterscheidung zwischen psychischer und physischer Abhängigkeit nicht vorgenommen. Hier wird jede Art der Abhängigkeit auf Veränderungen im Gehirn zurückgeführt, und zwar sowohl auf mikroanatomischer (zellulärer) als auch auf funktioneller Ebene. Diese Veränderungen werden Sensitivierung genannt.[26][27][28]
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Die WHO-Fachgruppe Drogen mit Suchtpotential hat in ihrem Bericht über ihre zweite Konferenz, 1950 in Genf, erstmals die Begriffe psychische und körperliche Abhängigkeit aufgenommen.[29] Dieselbe Fachgruppe – nunmehr unter dem Namen Drogenabhängigkeit – hat dann in ihrem Bericht über ihre 28. Konferenz, 1992 in Genf, empfohlen, nicht länger einen Unterschied zu machen zwischen psychischer und körperlicher Abhängigkeit. Als Gründe hierfür wurden genannt: die Unterscheidung sei in der medizinischen Praxis schwierig umzusetzen oder sogar verwirrend („confusing“); die Unterscheidung stimme nicht überein mit der gegenwärtigen Sichtweise, dass alle Drogeneffekte auf ein Individuum potentiell biologisch zu verstehen seien.[30]
In einer sozialwissenschaftlichen Übersicht von 2014 zur Geschichte des Verständnisses von Sucht und Abhängigkeit wurde das Umschwenken der WHO 1992 zur Frage der Unterscheidung zwischen psychischer und körperlicher Abhängigkeit auf den zunehmenden Einfluss der Neurowissenschaften zurückgeführt: „However, by the 1990s the growing influence of neuroscience made the physiological/psychological distinction seem a form of outmoded dualism.“[31]
Kritik
Kritik am Begriff der Abhängigkeit umfasst die sprachliche Gleichsetzung von medizinisch betreuten Patienten, mit vorrangig körperlicher Abhängigkeit (z. B. Schmerzpatienten unter Morphiumbehandlung) und auch stark psychisch Abhängigen, wie Heroinabhängigen oder Alkoholikern. Diese sei irreführend und hinderlich: Sie rufe bei Schmerzpatienten Angst vor dem Vollbild der körperlichen und psychischen Abhängigkeit hervor. Im Zuge der Ausarbeitung der aktuellen Version des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ (DSM) von der American Psychiatric Association wurde über die Wiederaufnahme des Suchtbegriffs nachgedacht.[32]
Siehe auch
- Substanzungebundene Sucht
- Schädlicher Gebrauch von nichtabhängigkeitserzeugenden Substanzen
- Impulskontrollstörung
- Zwangsstörung
- Selbstmedikation
- Co-Abhängigkeit
- Abhängige Persönlichkeitsstörung
- Drogentherapie
- Drogenpolitik
- Entzugssyndrom
- Abhängigkeitspotenzial
Literatur
- Physiologie des Menschen: mit Pathophysiologie. Springer, Berlin Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-56468-4, S. 855–861 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Michael Klein: Kinder und Suchtgefahren. Risiken – Prävention – Hilfen. Verlag Schattauer, 2007, ISBN 978-3-7945-2318-4.
- R. C. Malenka, E. J. Nestler, S. E. Hyman: Reinforcement and Addictive Disorders. In: A. Sydor, R. Y. Brown (Hrsg.): Molecular Neuropharmacology: A Foundation for Clinical Neuroscience. 2. Auflage, McGraw-Hill Medical, New York 2009, ISBN 978-0-07-148127-4, S. 364–388.
- Christoph Möller: Drogenmissbrauch im Jugendalter. Ursachen und Auswirkungen. 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, 2009, ISBN 978-3-525-46228-7.
- Rainer Thomasius, Michael Schulte-Markwort, Udo J. Küstner, Peter Riedesser: Suchtstörungen im Kindes- und Jugendalter: Das Handbuch: Grundlagen und Praxis. Verlag Schattauer, 2008, ISBN 978-3-7945-2359-7.
- Claudia Wiesemann: Die heimliche Krankheit. Zur Geschichte des Suchtbegriffs. frommann-holzboog, Stuttgart-Bad Cannstatt 2000. ISBN 3-7728-2000-X.
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie e.V
- Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.
- Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V.
- Einträge im NIH-Studienregister
Einzelnachweise
- ↑ a b Sucht. In: Lexikon online für Psychologie und Pädagogik
- ↑ Zum Beispiel das „Projekt Suchtforschung“ des Bundesbildungsministeriums ( vom 31. Januar 2009 im Internet Archive), die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin und die Deutsche Gesellschaft für Suchtpsychologie
- ↑ a b WHO: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen. DIMDI, abgerufen am 30. Juni 2022.
- ↑ WHO: Disorders due to addictive behaviours. In: ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics 2022-2. WHO, abgerufen am 7. Juli 2022.
- ↑ MATTHIAS BRAND, HANS-JÜRGEN RUMPF, ZSOLT DEMETROVICS, ASTRID MÜLLER, RUDOLF STARK, DANIEL L. KING, ANNA E. GOUDRIAAN, KARL MANN, PATRICK TROTZKE, NAOMI A. FINEBERG, SAMUEL R. CHAMBERLAIN, SHANE W. KRAUS, ELISA WEGMANN, JOEL BILLIEUX, MARC N. POTENZA: Review: Which conditions should be considered as disorders in the International Classification of Diseases (ICD-11) designation of “other specified disorders due to addictive behaviors”? In: Journal of Behavioral Addictions. 2020, doi:10.1556/2006.2020.00035.
- ↑ Aktenzeichen 3 RK 63/66
- ↑ Stieglitz u. a.(Hrsg.): Kompendium. Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin. Karger, Basel 2002.
- ↑ Ruthard Stachowske: Eltern mit Abhängigkeitserkrankungen. (PDF) Jugendhilfe Lüneburg gGmbH / Universitätsklinik Ulm, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. April 2014; abgerufen am 16. Mai 2019 (1,42 MB).
- ↑ a b Robin L. Fainsinger, Vincent Thai, Gary Frank, Jean Fergusson: What’s in a Word? Addiction Versus Dependence in DSM-V. ( vom 5. Februar 2012 im Internet Archive)
- ↑ a b Marianne Bosshard, Ursula Ebert, Horst Lazarus: Soziale Arbeit in der Psychiatrie, Lehrbuch. Psychiatrie Verlag, 2013, ISBN 978-3-88414-799-3, S. 280–281.
- ↑ E. Hackenthal, E. Oberdisse, K. Kuschinsky: Pharmakologie und Toxikologie. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-98030-5, S. 66.
- ↑ a b Mathias Berger: Kapitel 9: Suchterkrankungen, Abschnitt:„Biologische und verhaltenspharmakologische Grundlagen“. In: Lehrbuch: Psychische Erkrankungen, Klinik und Therapie. Elsevier Health Sciences, 2018, ISBN 978-3-437-09653-2, S. 248–250.
- ↑ a b Thomas Poehlke: GK3 Psychiatrie – Original-Prüfungsfragen mit Kommentar. Thieme, 2009, ISBN 978-3-13-112977-2, S. 37.
- ↑ Brigitte Vetter: Psychiatrie – Ein systematisches Lehrbuch. Schattauer, 2018, ISBN 978-3-608-26427-2, S. 155.
- ↑ Psychische und physische Abhängigkeit. In: Lexikon der Psychologie. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, abgerufen am 30. Juni 2022.
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- ↑ J. D. Steketee, P. W. Kalivas: Drug wanting: behavioral sensitization and relapse to drug-seeking behavior. In: Pharmacological reviews. Band 63, Nummer 2, Juni 2011, S. 348–365, doi:10.1124/pr.109.001933, PMID 21490129, PMC 3082449 (freier Volltext) (Review).
- ↑ K. J. Steffen, S. G. Engel, J. A. Wonderlich, G. A. Pollert, C. Sondag: Alcohol and Other Addictive Disorders Following Bariatric Surgery: Prevalence, Risk Factors and Possible Etiologies. In: European eating disorders review: the journal of the Eating Disorders Association. Band 23, Nummer 6, November 2015, S. 442–450, doi:10.1002/erv.2399, PMID 26449524 (Review), researchgate.net (PDF; 177 kB)
- ↑ N. M. Avena, P. Rada, B. G. Hoebel: Evidence for sugar addiction: behavioral and neurochemical effects of intermittent, excessive sugar intake. In: Neuroscience and biobehavioral reviews. Band 32, Nummer 1, 2008, S. 20–39, doi:10.1016/j.neubiorev.2007.04.019, PMID 17617461, PMC 2235907 (freier Volltext) (Review).
- ↑ Duden, Etymologie: Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache.
- ↑ Claudia Wiesemann: Sucht. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1365 f.; hier: S. 1365.
- ↑ Andreas-Holger Maehle: Selbstversuche und subjektive Erfahrung in der Opiumforschung des 18. Jahrhunderts. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen, Band 13, 1995, S. 287–297, hier: S. 292.
- ↑ Max Höfler: Deutsches Krankheitsnamen-Buch. Piloty & Loehle, München 1899 (Reprografischer Nachdruck: Olms, Hildesheim / New York 1970 und 1979, ISBN 1-174-35859-9), S. 706.
- ↑ Vgl. auch Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 132.
- ↑ Sucht. In: Duden, Begriffsdefinition.
- ↑ Stefan Gutwinski, Andreas Heinz, Psyche und Psychische Erkrankung – Sucht, in: Gerhard Roth, Andreas Heinz, Henrik Walter (Hrsg.): Psychoneurowissenschaften, Springer, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-59038-6, S. 255–274, Zitat: Das neurobiologische Modell der Sensitivierung als Grundlage für abhängiges Verhalten ersetzt die Begriffe der "psychischen Abhängigkeit" …, S. 269.
- ↑ S.M. Warlow, u. a.: Sensitization of Incentive Salience and the Transition to Addiction, in: Steve Sussman (Hrsg.): The Cambridge Handbook of Substance and Behavioral Addictions, Cambridge University Press 2020, ISBN 978-1-108-63224-9, S. 23–37.
- ↑ M. J. Robinson, A. M. Fischer, A. Ahuja, E. N. Lesser, H. Maniates: Roles of "Wanting" and "Liking" in Motivating Behavior: Gambling, Food, and Drug Addictions. In: Current topics in behavioral neurosciences. Band 27, 2016, S. 105–136, doi:10.1007/7854_2015_387, PMID 26407959 (Review).
- ↑ World Health Organization – Technical Report Series No. 21: Expert Committee on Drugs Liable to Produce Addiction – Report of the Second Session, Geneva, 9–14 January 1950, S. 7, PDF.
- ↑ World Health Organization – Technical Report Series No. 836: WHO Expert Committee on Drug Dependence – Report of the 28th Session, Geneva, 28 September – 2 October 1992, S. 5, PDF.
- ↑ Fraser, S., Moore, D., Keane, H.: Models of Addiction, in: S. Fraser, D. Moore, H. Keane: Habits: Remaking Addiction, Springer, 2014, ISBN 978-1-137-31677-6, S. 26–59.
- ↑ C. O’Brien, N. Volkow, T. Li: What’s in a word? addiction versus dependence in DSM-V. In: American Journal of Psychiatry. 2006; 163, S. 764–765 Volltext ( vom 31. August 2009 im Internet Archive) mit zahlreichen Hinweisen auf offizielle Stellen, die den Begriff Sucht verwenden.