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„Allomon“ – Versionsunterschied

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Ein '''Allomon''' ({{elS|ἄλλος|állos|de=anderer}}, {{grcS|ὁρμᾶν|hormān|de=antreiben}}) ist im weiteren Sinne jede Substanz, die [[Information]] zwischen Individuen verschiedener biologischer [[Art (Biologie)|Arten]] vermittelt. Meist wird der Begriff im engeren Sinn für eine [[Semiochemikalien|Semiochemikalie]], also einen [[Botenstoff]] zwischen verschiedenen Arten verwendet, der nur für den Sender von Vorteil ist.<ref>Matthias Schaefer: ''Wörterbuch der Ökologie.'' 4. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-8274-0167-4, S.&nbsp;14.</ref>
'''Allomone''' sind [[Infochemikalien]], die nur dem Organismus nutzen, der sie produziert. Das wären z.B. Abwehrstoffe gegen Nahrungsspezialisten unter Freßfeinden einer [[Pflanzen|Pflanze]].


== Einteilung ==
[[Kategorie:Biologie]]
[[Datei:1-Butanethiol.svg|mini|hochkant|[[1-Butanthiol]], ein Bestandteil des Wehrsekrets des Stinktiers]]
Allomone dienen unter anderem der Verteidigung, etwa der [[Pflanzliche Abwehr von Herbivoren|pflanzlichen Abwehr von Herbivoren]]. Auch die [[Wehrsekret]]e von [[Insekten]] oder des [[Stinktier]]s zählen zu den Allomonen.<ref name="Gossauer">[[Albert Gossauer]]: ''Struktur und Reaktivität der Biomoleküle''. Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich 2006, ISBN 978-3-906390-29-1, S. 133.</ref> Allomone können auch Abwehrstoffe gegen [[Parasiten]] sein.

Zu den Allomonen gehören unter anderem [[Repellent|Repellenzien]], die der Verteidigung dienen, [[Attraktans|Attraktanzien]], die der Anlockung dienen, [[Toxin]]e, [[Allelopathie|Allelopathika]], [[Antibiotika]] und [[Induktans|Induktanzien]], die [[Pflanzengalle|Gallen]]- und [[Knöllchenbakterien|Knöllchenbildung]] auslösen.<ref>Dieter Schlee: ''Ökologische Biochemie.'' 2. Auflage. Gustav Fischer, Jena 1992, ISBN 3-334-60393-8, S. 229.</ref>

Allomone wirken wie die [[Kairomone]] und die [[Synomon]]e zwischen verschiedenen Arten, sind also [[Allelopathie|Allelochemikalien]] und stehen damit den [[Pheromon]]en gegenüber, die innerhalb einer Art wirken.<ref name="Nentwig">Nentwig, Bacher, Beierkuhnlein, Brandl, Grabherr: ''Ökologie.'' Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0172-0, S. 259–260.</ref>

[[Datei:Semiochemicals1.svg]]

== Beispiele ==
=== Anlockung ===
Die [[Limabohne]] (''Phaseolus lunatus'') produziert bei Befall der [[Gemeine Spinnmilbe|Bohnenspinnmilbe]] ''Tetranychus urticae'', das Allomon [[Linalool]], welches eine [[Raubmilbe]] (''Phytoseiulus persimilis''), d.&nbsp;h. einen natürlichen Feind des Pflanzenschädlings,<ref>Pflanzenschutzamt Hamburg: [https://www.hamburg.de/pflanzenschutz/ Biologischer Pflanzenschutz: Nützlingseinsatz].</ref> anlockt. Dieser vertilgt den Fraßfeind der Limabohne und befreit somit die Pflanze von ihrem Schädling.

=== Sexualmimikry ===
[[Datei:Dasyscolia ciliata.jpg|mini|hochkant|''[[Dasyscolia ciliata]]'' auf einer ''Ophrys''-Blüte]]
Die [[Ragwurzen]] nutzen die Abgabe von insektoiden Sexuallockstoffen, um die Männchen bestimmter Insektenarten zur Pseudokopulation anzuregen, um so selbst bestäubt zu werden. Diese Nutzung von Pheromonen wird als Sexualmimikry bezeichnet. Die Blüten der Ragwurzen weisen eine Ähnlichkeit mit Insekten auf, was sich in Bezeichnungen wie [[Bienen-Ragwurz]] und [[Fliegen-Ragwurz]] widerspiegelt. Die Funktion dieser Form war lange Zeit unbekannt. Schon [[Charles Darwin]] beschrieb, dass [[Bienen]] die Blüten dieser [[Orchideen]]art angegriffen und wie einen Teufel behandelt hätten, der bekämpft werden müsse.<ref>{{Literatur |Autor=Hannes F. Paulus |Titel=Wie Insekten-Männchen von Orchideenblüten getäuscht werden – Bestäubungstricks und Evolution in der mediterranen Ragwurzgattung Ophrys |Sammelwerk=Denisia |Band=20 |Datum=2007 |Seiten=255–294 |Online={{ZOBODAT |nurURL=1 |pfad=pdf/DENISIA_0020_0255-0294.pdf}} |Format=PDF |KBytes=4800 |Abruf=2013-09-06}}</ref>
Im Jahr 1916 beobachtete M. Poyanne, dass die Männchen der [[Dolchwespen]]art ''Dasyscolia ciliata'' auf den Blüten der [[Spiegel-Ragwurz]] Paarungsversuche durchführten. Er schloss daraus, dass die Männchen die Blüten für ihre Weibchen hielten.<ref>H. Correvon, M. Pouyanne: ''A curious case of mimicry in Ophrys.'' In: ''J. Soc. Nat. Horticult France.'' 4, 1916, S.&nbsp;29–47.</ref>

[[Bolaspinnen]] imitieren die Sexuallockstoffe von [[Eulenfalter]]n, um männliche Falter anzulocken und zu fangen.<ref>M. K. Stowe, J. H. Tumlinson, R. R. Heath: ''Chemical Mimicry: Bolas Spiders Emit Components of Moth Prey Species Sex Pheromones.'' In: ''Science.'' 236, 1987, S.&nbsp;964–967, [[doi:10.1126/science.236.4804.964]].</ref> Durch die Optimierung der emittierten Mengenanteile gelingt es den Spinnen je nach Tageszeit, Männchen verschiedener Arten anzulocken.<ref>K. F. Haynes, C. Gemeno, K. V. Yeargan, J. G. Millar, K. M. Johnson: ''Aggressive chemical mimicry of moth pheromones by a bolas spider: how does this specialist predator attract more than one species of prey?'' In: ''Chemoecology.'' 12, 2002, S.&nbsp;99–105, [[doi:10.1007/s00049-002-8332-2]].</ref>

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Botenstoff]]
[[Kategorie:Kommunikation (Biologie)]]
[[Kategorie:Chemische Ökologie]]
[[Kategorie:Chemikaliengruppe]]

Aktuelle Version vom 22. April 2024, 13:57 Uhr

Ein Allomon (griechisch ἄλλος állos, deutsch ‚anderer‘, altgriechisch ὁρμᾶν hormān, deutsch ‚antreiben‘) ist im weiteren Sinne jede Substanz, die Information zwischen Individuen verschiedener biologischer Arten vermittelt. Meist wird der Begriff im engeren Sinn für eine Semiochemikalie, also einen Botenstoff zwischen verschiedenen Arten verwendet, der nur für den Sender von Vorteil ist.[1]

1-Butanthiol, ein Bestandteil des Wehrsekrets des Stinktiers

Allomone dienen unter anderem der Verteidigung, etwa der pflanzlichen Abwehr von Herbivoren. Auch die Wehrsekrete von Insekten oder des Stinktiers zählen zu den Allomonen.[2] Allomone können auch Abwehrstoffe gegen Parasiten sein.

Zu den Allomonen gehören unter anderem Repellenzien, die der Verteidigung dienen, Attraktanzien, die der Anlockung dienen, Toxine, Allelopathika, Antibiotika und Induktanzien, die Gallen- und Knöllchenbildung auslösen.[3]

Allomone wirken wie die Kairomone und die Synomone zwischen verschiedenen Arten, sind also Allelochemikalien und stehen damit den Pheromonen gegenüber, die innerhalb einer Art wirken.[4]

Die Limabohne (Phaseolus lunatus) produziert bei Befall der Bohnenspinnmilbe Tetranychus urticae, das Allomon Linalool, welches eine Raubmilbe (Phytoseiulus persimilis), d. h. einen natürlichen Feind des Pflanzenschädlings,[5] anlockt. Dieser vertilgt den Fraßfeind der Limabohne und befreit somit die Pflanze von ihrem Schädling.

Dasyscolia ciliata auf einer Ophrys-Blüte

Die Ragwurzen nutzen die Abgabe von insektoiden Sexuallockstoffen, um die Männchen bestimmter Insektenarten zur Pseudokopulation anzuregen, um so selbst bestäubt zu werden. Diese Nutzung von Pheromonen wird als Sexualmimikry bezeichnet. Die Blüten der Ragwurzen weisen eine Ähnlichkeit mit Insekten auf, was sich in Bezeichnungen wie Bienen-Ragwurz und Fliegen-Ragwurz widerspiegelt. Die Funktion dieser Form war lange Zeit unbekannt. Schon Charles Darwin beschrieb, dass Bienen die Blüten dieser Orchideenart angegriffen und wie einen Teufel behandelt hätten, der bekämpft werden müsse.[6] Im Jahr 1916 beobachtete M. Poyanne, dass die Männchen der Dolchwespenart Dasyscolia ciliata auf den Blüten der Spiegel-Ragwurz Paarungsversuche durchführten. Er schloss daraus, dass die Männchen die Blüten für ihre Weibchen hielten.[7]

Bolaspinnen imitieren die Sexuallockstoffe von Eulenfaltern, um männliche Falter anzulocken und zu fangen.[8] Durch die Optimierung der emittierten Mengenanteile gelingt es den Spinnen je nach Tageszeit, Männchen verschiedener Arten anzulocken.[9]

Einzelnachweise

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  1. Matthias Schaefer: Wörterbuch der Ökologie. 4. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-8274-0167-4, S. 14.
  2. Albert Gossauer: Struktur und Reaktivität der Biomoleküle. Verlag Helvetica Chimica Acta, Zürich 2006, ISBN 978-3-906390-29-1, S. 133.
  3. Dieter Schlee: Ökologische Biochemie. 2. Auflage. Gustav Fischer, Jena 1992, ISBN 3-334-60393-8, S. 229.
  4. Nentwig, Bacher, Beierkuhnlein, Brandl, Grabherr: Ökologie. Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, ISBN 3-8274-0172-0, S. 259–260.
  5. Pflanzenschutzamt Hamburg: Biologischer Pflanzenschutz: Nützlingseinsatz.
  6. Hannes F. Paulus: Wie Insekten-Männchen von Orchideenblüten getäuscht werden – Bestäubungstricks und Evolution in der mediterranen Ragwurzgattung Ophrys. In: Denisia. Band 20, 2007, S. 255–294 (zobodat.at [PDF; 4,8 MB; abgerufen am 6. September 2013]).
  7. H. Correvon, M. Pouyanne: A curious case of mimicry in Ophrys. In: J. Soc. Nat. Horticult France. 4, 1916, S. 29–47.
  8. M. K. Stowe, J. H. Tumlinson, R. R. Heath: Chemical Mimicry: Bolas Spiders Emit Components of Moth Prey Species Sex Pheromones. In: Science. 236, 1987, S. 964–967, doi:10.1126/science.236.4804.964.
  9. K. F. Haynes, C. Gemeno, K. V. Yeargan, J. G. Millar, K. M. Johnson: Aggressive chemical mimicry of moth pheromones by a bolas spider: how does this specialist predator attract more than one species of prey? In: Chemoecology. 12, 2002, S. 99–105, doi:10.1007/s00049-002-8332-2.