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„Comic in Polen“ – Versionsunterschied

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In '''[[Polen]]''' wurden '''[[Comic]]s''' bereits vor dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] in Tageszeitungen abgedruckt. Der allererste eigene polnische [[Superheld|Comic-Held]] war der 1933 zum Leben erwachte Ziegenbock ''Koziołek Matołek'' von Zeichner [[Marian Walentynowicz]] und Texter [[Kornel Makuszyński]].
'''ACHTUNG: Dieser Artikel ist nicht enzyklopädisch aufgebaut und eher in erzählerischer Form verfasst.'''


== Geschichte ==
Noch immer sieht der durchschnittliche Europäer, wenn er an Europa denkt, nur Länder wie [[Deutschland]], [[Frankreich]], [[England]] oder [[Italien]]. Sein Blick ist immer auf den Westen beschränkt, zu groß scheint der Einfluss der letzten 50 Jahre gewesen zu sein, als die Welt vom [[Kalter Krieg|Kalten Krieg]] in zwei Hälften geteilt wurde. An dieser Sichtweise wird wohl auch die [[EU-Erweiterung]] so schnell nichts ändern, obwohl die neuen Mitgliedsstaaten teilweise sogar mehr zu bieten haben, als die Alten, und der geographische Mittelpunkt Europas im Osten [[Litauen]]s liegt, und nicht schon an der [[Oder]].
[[Datei:Tadeusz Baranowski.jpg|thumb|[[Tadeusz Baranowski (Comic-Künstler)|Tadeusz Baranowski]]]]
[[Datei:Janusz Christa.jpg|thumb|[[Janusz Christa]]]]
Im großen Stil wurden Comics in Polen allerdings erstmals in den späten 1940er Jahren in Form von Heften oder Taschenbüchern veröffentlicht. Optischen und literarischen Einfluss auf die frühen Publikationen hatten dabei vor allem die US-amerikanischen Werke der 1930er und 1940er Jahre. [[Lizenz]]veröffentlichungen gab es kaum, meist waren veröffentlichte Comics ab den 1940ern eigene Produktionen polnischer [[Zeichner]] und [[Autor]]en. Der restliche europäische Comic erlangte erst Jahre später Einfluss auf die Comicschaffenden in Polen.


Zu den Comics der Zeit von 1948 bis zur Wende 1989 gehörten in erster Linie besonders idealistische und politisch engagierte Titel aus eigener Produktion, wie die heutige Kultserie ''Kapitan Żbik'' und eher bildende Serien, wie ''Historia Państwa Polskiego'' (dt. ''Die Geschichte des polnischen Staates''). Wichtigster Vertreter von anspruchsvolleren Comics mit einem [[Surrealismus|surrealistischen]] Humor war zu der Zeit [[Tadeusz Baranowski (Comic-Künstler)|Tadeusz Baranowski]]. Doch auch andere Comics, die eher auf Unterhaltung hinaus zielten, besaßen ihren festen Platz. Zu diesen zählten u. a. die Comicserien ''Tytus, Romek i A'Tomek'' von [[Papcio Chmiel]] für jüngere Leser (entfernt vergleichbar mit den ''[[Abrafaxe]]n'' aus der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]), ''Kapitan Kloss'', eine Serie über einen polnischen Geheimagenten, der als [[Wehrmacht]]s[[offizier]] Aufträge für die [[Rote Armee|Sowjetische Armee]] im [[Drittes Reich|Dritten Reich]] erfüllt, die Funnyserien ''Kajko i Kokosz'' und ''Kajtek i Koko w Kosmosie'' (dt. ''Kajtek und Koko im Weltraum'') von [[Janusz Christa]] sowie die [[Science-Fiction]]-Reihe ''[[Funky Koval]]'' von [[Jacek Rodek]], die bedeutend und wegweisend für die Entwicklung des Mediums in Polen werden sollten.
So ist es auch mit der Neunten Kunst. Wenn man an europäische Comics denkt, dann fallen einem in erster Linie nur Titel aus Frankreich, Italien, [[Belgien]], den [[Niederlande]]n oder Deutschland ein, höchstens noch aus dem [[Großbritannien und Nordirland|Vereinigten Königreich]], der [[Schweiz]] und [[Spanien]], was sicherlich nicht falsch ist, aber nicht nur hier werden Comics produziert. Neben diesen acht Ländern gibt es noch ein weiteres, welches seit Jahrzehnten eigene Werke veröffentlicht und einen lebendigen Comicmarkt besitzt.


Neben zahlreichen Comics wurde auch eine Reihe richtiger Fachmagazine und anderer [[Sekundärliteratur]] veröffentlicht. Zu einem der wichtigsten der kommunistischen Ära zählt das Magazin ''Relax'', welches beispielsweise mit dem [[Deutschland|deutschen]] Comicmagazin ''Zack'' vergleichbar ist.
Dies ist [[Polen]], das einzige Land des ehemaligen [[Ostblock]]s, welches schon seit den späten [[1940er]]n eigene und lizenzierte Comics veröffentlicht. Zwar hatten die [[Sozialismus|sozialistischen]] Machthaber der damaligen Volksrepublik keinerlei große Sympathien für die Neunte Kunst, doch im Gegensatz zu anderen Staaten hinter dem [[Eiserner Vorhang|Eisernen Vorhang]], wie etwa der [[Sowjetunion]] oder der ehemaligen [[Tschechoslowakei]], wurden hier Comics nicht als Schund angesehen, sondern als eigene literarische Form betrachtet und neben anderer [[Belletristik]] frei verkauft. Zu diesen Comics der Zeit von [[1950]] bis [[1989]] gehörten in erster Linie besonders idealistische und politisch engagierte Titel aus polnischer Produktion, wie die heutige Kultserie ''Kapitan Żbik'' und bildende Serien, wie ''Historia Państwa Polskiego'' (übersetzt ''Die Geschichte des polnischen Staates'').Doch auch andere Comics, die eher auf Action und Spaß hinaus zielten, hatten ihren festen Platz. Zu diesen gehören ausnahmslos Serien wie ''Tytus, Romek i A'Tomek'' von [[Henryk J. Chmielewski]] (auch als Papcio Chmiel bekannt) für die jüngeren Leser (entfernt vergleichbar mit den ''[[Abrafaxe]]n'' aus der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]], aber im Aufbau viel freizügiger), die über die Abenteuer einer Bande von zwei Jungen und ihrem [[Schimpansen]] handelt und seit [[1957]] erscheint, ''Kapitan Klos'', eine Serie über einen polnischen Geheimagenten, der als [[Wehrmacht]]soffizier im [[Zweiter Weltkrieg|2. Weltkrieg]] Aufträge für die [[Rote Armee|Sowjetische Armee]] im [[Drittes Reich|Dritten Reich]] erfüllt (übrigens war dies eine der ersten Comicserien zu einer TV-Produktion in Europa), die Funnyserien ''Kajko i Kokosz'' und ''Kajtek i Koko w Kosmosie'' (übersetzt ''Kajtek und Koko im Weltraum'') vom bekannten Autor [[Janusz Christa]], die in den [[1980er]]n erschien, die [[Science Fiction]] geladene Serie ''Funky Koval'' von [[Jacek Rodek]], die übrigens als die beste polnische Science Fiction Serie geahndet wird. Und viele andere Reihen, die hier aber den Rahmen sprengen würden.


In ''Relax'' wurden neben Fachartikeln und Rezensionen auch zahlreiche [[Comicstrip]]s von heute namhaften Künstlern veröffentlicht und teilweise auch speziell dafür produziert. So machten z. B. Autoren und Zeichner, wie [[Grzegorz Rosinski|Grzegorz Rosiński]], der später durch die [[Frankobelgischer Comic|frankobelgische]] Fantasyserie ''[[Thorgal]]'' weltweites Ansehen erlangte, und [[Bogusław Polch]], dessen Werk ''Bogowie z Kosmosu'' (dt. unter dem Titel ''Das Ende der Götzen'' erschienen) in mittlerweile mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt wurde, über dieses Magazin Karriere.
Besonders aufgefallen sind zu dieser Zeit auch die Comicalben von [[Tadeusz Baranowski]], die mit ausgezeichnetem und [[Surrealismus|surrealistischem]] Humor sowie gekonntem Witz die Leser verzauberten. Neben diesen und anderen Comicserien wurden auch richtige Fachmagazine an den Kunden gebracht. Zu einem der wichtigsten dieser „kalten“ Zeit gehört das Magazin ''Relax'', das beispielsweise mit den deutschen Comicmagazinen ''Zack'' oder dem bereits eingestellten ''Magic Attack'' vergleichbar ist.


Neben ''Relax'' befanden sich jede Menge anderer Zeitschriften auf dem Markt, die entweder in [[Kiosk]]s, am [[Bahnhof]] oder im [[Buchhandel]] erhältlich waren, wie auch das schlicht benannte Magazin ''Komiks'', das neben heimischen Comicstrips auch erstmals ausländische Titel herausbrachte.
In ''Relax'' wurden neben fachlichen und kompetenten Artikeln und Rezensionen auch zahlreiche [[Comicstrip]]s von heute namhaften Künstlern veröffentlicht und teils auch extra dafür produziert. So machten zum Beispiel Autoren und Zeichner, wie [[Grzegorz Rosinski]], der später durch die frankobelgische Fantasyserie ''Thorgal'' weltweit bekannt wurde und [[Boguś Polch]], dessen Werk ''Bogowie z Kosmosu'' (auf Deutsch unter dem Titel ''Das Ende der Götzen'' erschienen) in mittlerweile mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt wurde, durch dieses Magazin in Polen eine kleine Karriere.


Nach der Wende 1989 entwickelte sich ein plötzlicher Comicboom in Polen. Innerhalb der ersten drei Jahre bildeten sich Dutzende von kleinen und größeren Verlagen, die entweder eigene Reihen produzierten oder lizenzierte Serien aus dem Ausland veröffentlichten. Erstmals wurden auch verstärkt US-amerikanische und zahlreiche frankobelgische Comics veröffentlicht, die zuvor nur vereinzelt anzutreffen waren.
Neben ''Relax'' befanden sich aber auch jede Menge anderer Zeitschriften auf dem Markt, die entweder in [[Kiosk]]s, am [[Bahnhof]] oder im Fachhandel erhältlich waren, wie auch das schlicht benannte Magazin ''Komiks'' das neben polnischen Comicstrips auch erstmals ausländische Titel an den Leser brachte.


Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Comic ein fester Bestandteil der polnischen Literaturszene. Junge Nachwuchskünstler werden durch verschiedene private und auch staatliche Aktionen gefördert. In [[Krakau]] und [[Warschau]] haben sich feste Comicfestivals etabliert. Zudem finden in [[Łódź]] und Warschau alljährlich Messen, wie das ''[[Internationales Comicfestival in Łódź|Internationale Festival des Comics]]'' statt, bei dem bereits internationale Größen, wie [[Jean Giraud|Moebius]] oder [[Milo Manara]] gastierten. Zahlreiche [[Fanzine]]s halten die unabhängige Comicszenen am Leben. Wichtigste Vertreter sind ''AQQ'' und ''Ziniol'', die am Kiosk und im Buchhandel verkauft werden. Letzteres veröffentlicht zudem regelmäßig Comics aus [[Deutschland|deutscher]] Produktion.
Als dann endlich, im Jahre [[1989]] nach vielen politischen Auseinandersetzungen und dem [[Kriegszustand]] [[1981]] die politische Wende einschlug, entwickelte sich ein riesiger Comicboom in Polen. Innerhalb der ersten drei Jahre bildeten sich Dutzende von kleinen und größeren Verlagen, die entweder eigene Reihen produzierten, oder lizenzierte Serien aus dem Ausland veröffentlichten.


== Heutige Situation ==
Eine besondere und anreizende Neuheit waren zu dieser Zeit [[USA|amerikanische]] Actioncomics mit [[Superhelden]], wie ''[[Superman]]'', ''[[Spider-Man]]'' oder den ''[[Die Fantastischen Vier|Fantastischen Vier]]''. Das größte Geschäft machte mit solchen Titeln das Publikationshaus TM-Semic, das ausschließlich Comics dieser Art wie ''[[Batman]]'', den ''[[Punisher]]'' oder [[Robert E. Howard]]s ''[[Conan]]'' veröffentlichte.
Gesellschaftlich war und ist der Comic nicht als [[Schundliteratur]] gebrandmarkt und hatte auch nicht die Schwierigkeiten sich durchzusetzen, wie im Rest des ehemaligen [[Ostblock]]s oder gar einigen Ländern [[Westeuropa]]s. Die Funktionäre der kommunistischen Regierungspartei [[Polnische Vereinigte Arbeiterpartei|PZPR]] nutzten sogar das Medium zu [[Edukation|Lern-]] und [[Propaganda]]zwecken.


Derzeit spielen vor allem die einheimischen Comicschaffenden eine wichtige Rolle. Sie veröffentlichen innovative und teils sehr künstlerische Comics, was ihnen besonders durch moderne Wege zum Kunden ermöglicht wird. So findet sich in jeder Stadt mindestens ein Multimediaanbieter, meist Buchhandlungen der Kette [[Empik]], in der es Comics sämtlicher Verlage zu kaufen gibt. Die wichtigsten dieser Verlagshäuser sind der in [[Breslau]] gegründete Verlag ''Mandragora'', der auch in Deutschland bekannte Warschauer Verlag ''Kultura Gniewu'', der bereits einige deutsche Comicproduktionen in Polen veröffentlicht hat und die polnische Tochterfirma des dänischen Verlagskonzerns ''[[Egmont Ehapa]]''. Auch Comicadaptionen von polnischen [[Literaturklassiker]]n, wie beispielsweise von [[Nobelpreis]]träger [[Henryk Sienkiewicz]], sowie Comics zu historischen und aktuellen Ereignissen, wie zum Jubiläum der [[Solidarność]]-Bewegung, erfreuen sich großer Beliebtheit. Auf letztere hat sich besonders der Verlag ''Zin Zin Press'' spezialisiert, der auch international mit [[Tschechien|tschechischen]] und [[Baltikum|baltischen]] Comickünstlern zusammenarbeitet.
Als ein paar Jahre später die Lust nach Superhelden bei den Lesern zurückging, begann man mit dem Vertrieb anderer europäischer Comics, die man auch schon vorher vereinzelt in Fachmagazinen gesehen hatte. So starteten die Verleger Anfang der [[1990er]] Jahre diverse Serien wie [[Hergé]]s ''[[Tin Tin]]'', ''XIII'', ''[[Asterix]]'', ''Cubitus'' oder ''Hugo'' und die, wahrscheinlich aus „bestimmten“ Gründen, in Polen sehr beliebte Serie ''Thorgal'' von van Hamme und Rosinski.


Einige der gegenwärtig beliebtesten Comicserien sind ''[[Jeż Jerzy]]'' von [[Rafał Skarżycki]] und [[Tomasz Lew Leśniak]], die für das Kino als Animationsfilm verfilmt wurde, sowie ''Pierwsza Brygada'' von [[Tobiasz Piątkowski]] und [[Krzysztof Janicz]]. Populär und wegweisend ist zudem die Arbeit von Comickünstlerin [[Agata Nowicka]], die Comics und Illustrationen mit dem Programm [[Microsoft Paint|Paint]] entwickelt. Seit Ende der 1990er kann man zudem auch verstärkt [[Japan|japanische]] [[Manga]]s und [[Korea|koreanische]] [[Manhwa]]s in Polen vorfinden. Wie in Deutschland, haben sich auch in Polen einige speziell dafür gegründete Verlage auf dem Markt gefunden, die lediglich Veröffentlichungen aus Asien anbieten.
Mitte der 1990er Jahre sah es dann leider nicht mehr so rosig aus. Der Markt hatte sich überhitzt. Viele der frankobelgischen Serien mussten eingestellt werden und eine Menge Verlage durften aus finanziellen Gründen ihre Pforten schließen.


== Weblinks ==
Der polnische Comicmarkt war vollständig „ausgelutscht“. Zwar waren Comics weiterhin gut angesehen, doch kaufen wollte sie so richtig keiner mehr. Um [[1995]] herum erschienen überwiegend nur noch polnische und einige amerikanische Comics im Handel. Dazu zählten neben heimischen Neuproduktionen, wie ''Awantura'' oder ''Fan'' auch andern Orts bekannte Titel, wie ''[[X-Men]]'', ''[[Spawn]]'' oder ''Lobo'', die zwar auch nicht mehr das erzielten, wie anfangs, aber trotzdem noch neue Käufer fanden.
* [http://www.wrak.pl Wrak – Polnische Presseagentur für Comics] (poln.)
* [http://www.komiks.nast.pl Aleja Komiksu – Polnisches Onlinemagazin] (poln.)


[[Kategorie:Polnischer Comic| Comic in Polen]]
Um den Markt wieder „aufzupeppen“ und in Schwung zu bringen starteten in Polen viele Initiativen und Vereine diverse Aktionen, die Nachwuchskünstler fördern und ihnen bessere Chancen geben sollten, sich in der Branche zu etablieren. Jedes Jahr fanden mehrere Comicmessen und Künstlertagungen statt, bei denen nicht nur einheimische, sondern auch ausländische Autoren und Zeichner aus aller Welt zu Gast waren. So wurden zum Beispiel auch renommierte Comicveranstaltungen der sozialistischen Zeit in [[Łódź]] und [[Kraków]] wieder belebt, die fast schon in Vergessenheit geraten waren und die so eine Zeit lang den polnischen Comic massentauglich machten.In dieser Zeit gründeten sich um [[1997]] herum auch wieder neue Magazine zum Thema Comics und jede Menge [[Fanzine]]s von aufstrebenden und begabten Comicfans, wie das sehr erfolgreiche Fanzine ''AQQ'', das zuerst nur mehrfach kopiert per Post verschickt wurde, später aber den Sprung an den Kiosk und den Buchhandel schaffte und mittlerweile seit seiner neuen Publikationsform über 25 Ausgaben erreicht hat. In ''AQQ'' werden unter Anderem Comics und [[Sketch]]es von neuen Künstlern und engagierten Fans gezeigt.

[[1998]] wurde der polnische Comicmarkt endlich Zeuge einer neuen Wende. Mit dem professionell verlegten Fachmagazin ''Świat Komiksu'' (übersetzt ''Die Welt der Comics'') kam eine neue aufblühende Zeit ins Land. Das vom Verlag ''Egmont Polska'' (einer Schwestergesellschaft des deutschen ''[[Ehapa]] Verlags'') verlegte Magazin konnte, durch seine hohe Auflage und eine weite Präsenz, für neue Kunden werben und neue sowie alte Serien, überwiegend aus Frankreich und Belgien, propagieren. Nach zirka einem Jahr zeigten sich schließlich die ersten Erfolge. Die Comics bekamen einen neuen kleinen Boom und immer mehr Buchhändler entdeckten sie als neue Geschäftsidee um mehr Kunden anzulocken! Dies brachte ebenso frischen Wind bei den eigenen Comicschaffenden, was zu noch mehr polnischem Eigenmaterial, meistens in kleinen Auflagen, führte und Neuveröffentlichungen alter Klassiker, wie dem polnischen Comichelden ''Janosik'', dessen Abenteuer in der polnischen Historienwelt zu Hause sind.

Der polnische Comicmarkt hat sich also nach mehreren Tiefs und Hochs wieder etwas stabilisiert. Der Trend liegt aber nicht mehr bei seichten Titeln, wie Superheldenserien oder Funnycomics. Die Leser interessieren sich überwiegend für anspruchsvolle Bände, seien es Comics aus dem eigenen Land, wie ''48 Stron'' (übersetzt ''48 Seiten''), ein rasanter Comic von [[Robert Adler]] und [[Tobiasz Piątkowski]], und anderen europäischen Ländern oder aus den USA. Besonders ausgezeichnete Werke wie Art Spiegelmans ''Maus'' oder Frank Millers ''Sin City'' und Serien aus den amerikanischen Verlagen ''Vertigo'' und ''Image'' ernteten großen Zuspruch. Einiges Interesse liegt auch bei Comicumsetzungen von polnischen Filmen und klassischer Buchliteratur. Allen voran die Werke von Meisterliterat und Nobelpreisträger [[Henryk Sienkiewicz]], die da wären ''Quo Vadis'', ''W Pustyni i w Puszczy'' (übersetzt ''In Wüste und Steppe''), ''Ogniem i Mieczem'' (übersetzt ''Mit Feuer und Schwert'') oder ''Potop''.

Ebenso in Polen eingeflossen ist der Comicstrom aus dem fernen Osten. [[Japan]]ische [[Manga]]s und [[Südkorea|koreanische]] [[Manhwa]]s sind auch hier zu Lande sehr beliebt und konnten in den letzten Jahren eine große Fangemeinde um sich herum aufbauen, was wiederum neue Verlage aus dem Boden schießen ließ, wie den Verlag ''Japonica Polonica Fantastica'', der sehr viele und qualitativ gutüberarbeitete Mangas veröffentlicht.

Comics in Polen sind also mehr als Salon fähig, denn richtig gehasst und verspottet wurden sie nie, nicht einmal zu Zeiten der eisernen Kommune, weshalb Polen ohne Zweifel zu den wichtigsten Comicnationen Europas zählt und zudem eine breite Palette an eigenen und abgeschauten Stilen bietet, obwohl der internationale Ausbruch noch nicht so richtig gelungen ist und Eigenproduktionen außerhalb des polnischen Gebietes eher unbekannt sind.

In Sachen Marktstabilität könnte man Polen mit seinem Nachbarland [[Deutschland]] vergleichen, was das Interesse an den jeweiligen Comicarten angeht, und die derzeitige Lage der neueren Eigenproduktionen, obwohl die Preise für Comics überwiegend recht angenehm geblieben sind (Beispiel: ein 200 Seiten Heft kostet ungefähr 18,90 PLN, das sind ungefähr 5 EUR). Die Indieszene jedenfalls ist mit der unseren sehr vergleichbar. Auch in Polen wir mit ähnlichen Mitteln versucht den Comic aufrecht zu halten oder die eigene Szene noch größer zu machen. Dabei zeigt man hohe Qualität, wie beispielsweise die [[Produkt Crew]], ein Künstlerteam, das zwei eigene Magazine veröffentlicht.

Aktuelle Version vom 27. März 2024, 18:07 Uhr

In Polen wurden Comics bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Tageszeitungen abgedruckt. Der allererste eigene polnische Comic-Held war der 1933 zum Leben erwachte Ziegenbock Koziołek Matołek von Zeichner Marian Walentynowicz und Texter Kornel Makuszyński.

Tadeusz Baranowski
Janusz Christa

Im großen Stil wurden Comics in Polen allerdings erstmals in den späten 1940er Jahren in Form von Heften oder Taschenbüchern veröffentlicht. Optischen und literarischen Einfluss auf die frühen Publikationen hatten dabei vor allem die US-amerikanischen Werke der 1930er und 1940er Jahre. Lizenzveröffentlichungen gab es kaum, meist waren veröffentlichte Comics ab den 1940ern eigene Produktionen polnischer Zeichner und Autoren. Der restliche europäische Comic erlangte erst Jahre später Einfluss auf die Comicschaffenden in Polen.

Zu den Comics der Zeit von 1948 bis zur Wende 1989 gehörten in erster Linie besonders idealistische und politisch engagierte Titel aus eigener Produktion, wie die heutige Kultserie Kapitan Żbik und eher bildende Serien, wie Historia Państwa Polskiego (dt. Die Geschichte des polnischen Staates). Wichtigster Vertreter von anspruchsvolleren Comics mit einem surrealistischen Humor war zu der Zeit Tadeusz Baranowski. Doch auch andere Comics, die eher auf Unterhaltung hinaus zielten, besaßen ihren festen Platz. Zu diesen zählten u. a. die Comicserien Tytus, Romek i A'Tomek von Papcio Chmiel für jüngere Leser (entfernt vergleichbar mit den Abrafaxen aus der DDR), Kapitan Kloss, eine Serie über einen polnischen Geheimagenten, der als Wehrmachtsoffizier Aufträge für die Sowjetische Armee im Dritten Reich erfüllt, die Funnyserien Kajko i Kokosz und Kajtek i Koko w Kosmosie (dt. Kajtek und Koko im Weltraum) von Janusz Christa sowie die Science-Fiction-Reihe Funky Koval von Jacek Rodek, die bedeutend und wegweisend für die Entwicklung des Mediums in Polen werden sollten.

Neben zahlreichen Comics wurde auch eine Reihe richtiger Fachmagazine und anderer Sekundärliteratur veröffentlicht. Zu einem der wichtigsten der kommunistischen Ära zählt das Magazin Relax, welches beispielsweise mit dem deutschen Comicmagazin Zack vergleichbar ist.

In Relax wurden neben Fachartikeln und Rezensionen auch zahlreiche Comicstrips von heute namhaften Künstlern veröffentlicht und teilweise auch speziell dafür produziert. So machten z. B. Autoren und Zeichner, wie Grzegorz Rosiński, der später durch die frankobelgische Fantasyserie Thorgal weltweites Ansehen erlangte, und Bogusław Polch, dessen Werk Bogowie z Kosmosu (dt. unter dem Titel Das Ende der Götzen erschienen) in mittlerweile mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt wurde, über dieses Magazin Karriere.

Neben Relax befanden sich jede Menge anderer Zeitschriften auf dem Markt, die entweder in Kiosks, am Bahnhof oder im Buchhandel erhältlich waren, wie auch das schlicht benannte Magazin Komiks, das neben heimischen Comicstrips auch erstmals ausländische Titel herausbrachte.

Nach der Wende 1989 entwickelte sich ein plötzlicher Comicboom in Polen. Innerhalb der ersten drei Jahre bildeten sich Dutzende von kleinen und größeren Verlagen, die entweder eigene Reihen produzierten oder lizenzierte Serien aus dem Ausland veröffentlichten. Erstmals wurden auch verstärkt US-amerikanische und zahlreiche frankobelgische Comics veröffentlicht, die zuvor nur vereinzelt anzutreffen waren.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Comic ein fester Bestandteil der polnischen Literaturszene. Junge Nachwuchskünstler werden durch verschiedene private und auch staatliche Aktionen gefördert. In Krakau und Warschau haben sich feste Comicfestivals etabliert. Zudem finden in Łódź und Warschau alljährlich Messen, wie das Internationale Festival des Comics statt, bei dem bereits internationale Größen, wie Moebius oder Milo Manara gastierten. Zahlreiche Fanzines halten die unabhängige Comicszenen am Leben. Wichtigste Vertreter sind AQQ und Ziniol, die am Kiosk und im Buchhandel verkauft werden. Letzteres veröffentlicht zudem regelmäßig Comics aus deutscher Produktion.

Heutige Situation

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Gesellschaftlich war und ist der Comic nicht als Schundliteratur gebrandmarkt und hatte auch nicht die Schwierigkeiten sich durchzusetzen, wie im Rest des ehemaligen Ostblocks oder gar einigen Ländern Westeuropas. Die Funktionäre der kommunistischen Regierungspartei PZPR nutzten sogar das Medium zu Lern- und Propagandazwecken.

Derzeit spielen vor allem die einheimischen Comicschaffenden eine wichtige Rolle. Sie veröffentlichen innovative und teils sehr künstlerische Comics, was ihnen besonders durch moderne Wege zum Kunden ermöglicht wird. So findet sich in jeder Stadt mindestens ein Multimediaanbieter, meist Buchhandlungen der Kette Empik, in der es Comics sämtlicher Verlage zu kaufen gibt. Die wichtigsten dieser Verlagshäuser sind der in Breslau gegründete Verlag Mandragora, der auch in Deutschland bekannte Warschauer Verlag Kultura Gniewu, der bereits einige deutsche Comicproduktionen in Polen veröffentlicht hat und die polnische Tochterfirma des dänischen Verlagskonzerns Egmont Ehapa. Auch Comicadaptionen von polnischen Literaturklassikern, wie beispielsweise von Nobelpreisträger Henryk Sienkiewicz, sowie Comics zu historischen und aktuellen Ereignissen, wie zum Jubiläum der Solidarność-Bewegung, erfreuen sich großer Beliebtheit. Auf letztere hat sich besonders der Verlag Zin Zin Press spezialisiert, der auch international mit tschechischen und baltischen Comickünstlern zusammenarbeitet.

Einige der gegenwärtig beliebtesten Comicserien sind Jeż Jerzy von Rafał Skarżycki und Tomasz Lew Leśniak, die für das Kino als Animationsfilm verfilmt wurde, sowie Pierwsza Brygada von Tobiasz Piątkowski und Krzysztof Janicz. Populär und wegweisend ist zudem die Arbeit von Comickünstlerin Agata Nowicka, die Comics und Illustrationen mit dem Programm Paint entwickelt. Seit Ende der 1990er kann man zudem auch verstärkt japanische Mangas und koreanische Manhwas in Polen vorfinden. Wie in Deutschland, haben sich auch in Polen einige speziell dafür gegründete Verlage auf dem Markt gefunden, die lediglich Veröffentlichungen aus Asien anbieten.