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„Roman Herzog“ – Versionsunterschied

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[[Bild:Roman Herzog 2012.JPG|mini|Roman Herzog (2012)]]
Prof. Dr. '''Roman Herzog''' (* [[5. April]] [[1934]] in [[Landshut]]) ist ein deutscher Politiker ([[CDU]]).
'''Roman Herzog''' (* [[5. April]] [[1934]] in [[Landshut]]; † [[10. Januar]] [[2017]] in [[Bad Mergentheim]]<ref>[http://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Roman-Herzog/roman-herzog-node.htm bundespraesident.de]; [http://www.kas.de/wf/de/37.8158/ Konrad-Adenauer-Stiftung]; [https://www.juedische-allgemeine.de/politik/ein-mahner-und-versoehner/ Würdigung – Ein Mahner und Versöhner]. Die Todesanzeige der Familie nennt demgegenüber unter dem Todestag Jagsthausen, den letzten Wohnsitz Herzogs: [http://trauer.sueddeutsche.de/Traueranzeige/Roman-Herzog sueddeutsche.de]</ref>) war ein [[Deutschland|deutscher]] [[Jurist]] und [[Politiker]] ([[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]). Roman Herzog war von 1994 bis 1999 der siebte [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]]. Zuvor war er von 1978 bis 1980 [[Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg|Kultus]]-, von 1980 bis 1983 [[Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg|Innenminister]] des Landes [[Baden-Württemberg]] und von 1983 bis 1994 Richter des [[Bundesverfassungsgericht]]s, ab 1987 als dessen [[Gerichtspräsident|Präsident]].


Als Bundespräsident war Herzog unter anderem für seine [[Ruck-Rede]] bekannt, in der er für einen „Ruck durch Deutschland“ und mehr [[Reform#Politische und soziale Reformen in der Geschichte|Reformbereitschaft]] in Gesellschaft und Politik warb. Im Jahr 1996 führte er den 27. Januar als [[Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus]] ein. Er erarbeitete federführend die [[Charta der Grundrechte der Europäischen Union|Europäische Grundrechtecharta]] als Vorsitzender des entsprechenden Europäischen [[Europäischer Konvent#Grundrechtekonvent|„Grundrechtekonvents“]]. Zudem prägte er im Jahr 2008 den Begriff „[[Rentnerdemokratie]]“.
Er war von [[1987]] bis [[1994]] Präsident des [[Bundesverfassungsgericht]]s und von [[1994]] bis [[1999]] [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] der [[Bundesrepublik Deutschland]].
[[Bild:Herzog-Chirac.jpg|thumb|270px|Herzog (links) mit dem franz. Staatspräsidenten Jacques Chirac]]


==Ausbildung und Beruf==
== Leben und Wirken ==
=== Ausbildung und Beruf ===
Nach dem [[Abitur]] absolvierte Herzog ab [[1953]] ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] in [[München]], welches er [[1957]] mit dem ersten und [[1961]] mit dem zweiten juristischen [[Staatsexamen]] beendete. [[1958]] erfolgte seine Promotion zum [[Doktortitel|Dr. jur.]]. Er war dann bis [[1964]] wissenschaftlicher Assistent bei [[Theodor Maunz]] an der Juristischen Fakultät der [[Universität München]]. In dieser Zeit fertigte er auch seine Habilitationsschrift an. Bis [[1965]] lehrte er daraufhin als Privat-Dozent an der Universität München. 1965 folgte er dann dem Ruf der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]] als ordentlicher [[Professor]] auf den Lehrstuhl für Staatsrecht und Politik. Hier war er von [[1967]] bis [[1968]] [[Dekan]] und von 1968 bis [[1969]] Prodekan der Juristischen Fakultät. 1969 folgte er dann dem Ruf der Hochschule für Verwaltungswissenschaften [[Speyer]] auf den Lehrstuhl für Staatslehre und Politik; von [[1971]] bis [[1972]] amtiert er als deren [[Rektor]].
Roman Herzog wurde als Sohn des Archivars und Historikers Karl [[Theo Herzog|Theodor Herzog]] (1905–1980) und seiner Frau Helene, geb. Schulze (1902–1978), einer gelernten Bankkauffrau, in Landshut geboren. Nach dem mit der Durchschnittsnote 1,0 bestandenen [[Abitur]] am [[Hans-Carossa-Gymnasium Landshut]] absolvierte Herzog ab 1953 ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] an der [[Ludwig-Maximilians-Universität München]], welches er nach sieben Semestern 1957 mit dem ersten juristischen [[Staatsexamen]] beendete. 1958 erfolgte seine Promotion zum [[Doktor|Dr.&nbsp;jur.]], Thema seiner Dissertation war die „Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention“. Nach dem [[Rechtsreferendariat|Referendariat]] legte er 1961 das Zweite Staatsexamen ab. Er war dann bis 1964 wissenschaftlicher Assistent bei [[Theodor Maunz]] an der Juristischen Fakultät der Universität München. In dieser Zeit fertigte er auch seine [[Habilitationsschrift]] über „Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht“ an.


Nach einem Jahr als [[Privatdozent]] an der Universität München folgte Herzog 1965 dem Ruf der [[Freie Universität Berlin|Freien Universität Berlin]] als ordentlicher [[Professor]] auf den Lehrstuhl für Staatsrecht und Politik. Hier war er von 1967 bis 1968 [[Dekan (Hochschule)|Dekan]] und von 1968 bis 1969 Prodekan der Juristischen Fakultät. Nach heftigen Konflikten mit Vertretern der Studentenbewegung folgte er 1969 dem Ruf der [[Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer|Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer]] auf den Lehrstuhl für [[Allgemeine Staatslehre|Staatslehre]] und Politik; von 1971 bis 1972 amtierte er als deren [[Rektor]].
Von [[1981]] bis 1994 war er Mitherausgeber der Wochenzeitung ''Christ und Welt - Rheinischer Merkur''.


Herzog war ab 1964 Mitautor und -herausgeber des als Standardwerk geltenden [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzkommentars]] ''[[Grundgesetz-Kommentar#Maunz-Dürig|Maunz/Dürig/Herzog/Scholz]]'' und ab 1966 Mitherausgeber des ''Evangelischen Staatslexikons''.
[[1983]] wird Herzog zum Richter am [[Bundesverfassungsgericht]] ernannt. Er ist hier bis [[1987]] Vorsitzender des Ersten Senats und Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts. Von 1987 bis [[1994]] war er Präsident des Bundesverfassungsgerichts.
Roman Herzog leitete den ersten europäischen Konvent, der die Charta der Grundrechte der Europäischen Union zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000 erarbeite.


Von 1981 bis 1994 war er Mitherausgeber der Wochenzeitung ''[[Rheinischer Merkur|Christ und Welt&nbsp;– Rheinischer Merkur]]''.
Neben seiner Tätigkeit als Verfassungsrichter hat er als Honorarprofessor von [[1984]] bis 1994 einen Lehrauftrag an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und von [[1986]] bis 1994 an der [[Eberhard-Karls-Universität Tübingen]].


2000 moderierte er sechs Sendungen der Reihe ''Herzog spricht mit…'' im [[Bayerischer Rundfunk|Bayerischen Rundfunk]].
==Familie==
Roman Herzog war in erster Ehe seit [[1958]] mit Christiane Krauß verheiratet. Aus ihrer Ehe gingen zwei Söhne hervor. [[Christiane Herzog]] ist am [[19. Juli]] [[2000]] in München verstorben. Roman Herzog ist in zweiter Ehe verheiratet mit Alexandra Freifrau von Berlichingen geb. von Vultejus.


=== Parteilaufbahn ===
==Partei==
Seit [[1970]] ist Herzog Mitglied der [[CDU]]. Von [[1978]] bis [[1983]] war er Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises von CDU und [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]]. In dieser Zeit gehörte er ab [[1979]] auch dem Bundesvorstand der CDU an.
Seit 1970 war Herzog Mitglied der [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]. Von 1978 bis 1983 war er Bundesvorsitzender des [[Evangelischer Arbeitskreis|Evangelischen Arbeitskreises]] von CDU und [[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]]. In dieser Zeit gehörte er ab 1979 auch dem [[CDU-Bundesvorstand|Bundesvorstand der CDU]] an. Seit seiner Amtszeit als Bundespräsident ruhte seine Parteimitgliedschaft. Allerdings leitete er als Bundespräsident a.&nbsp;D. die sogenannte [[Herzog-Kommission]] der CDU, die 2003 parallel zur [[Rürup-Kommission]] der damaligen Bundesregierung einen Bericht vorlegte, wie die [[Sozialversicherung (Deutschland)|deutschen Sozialversicherungen]] reformiert werden können. Nachdem es auf dem [[CDU-Bundesparteitag|Bundesparteitag der CDU]] in [[Leipzig]] beschlossen worden war, bildete dieses Dokument die inhaltliche Grundlage für den [[Wahlkampf]] von [[Angela Merkel]] im Jahr 2005.


=== Öffentliche Ämter ===
==Abgeordneter==
[[Datei:KAS-Herzog, Roman-Bild-6942-2.jpg|mini|Kandidatenplakat zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 1975]]
Von [[1980]] bis [[1983]] war er Mitglied des [[Landtag]]es von [[Baden-Württemberg]].
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F083337-0013, Bundesverfassungsgericht, Auszeichnung Richter.jpg|mini|Herzog 1989 als Präsident des [[Bundesverfassungsgericht]]s (rechts) mit [[Hans A. Engelhard]] (Mitte).]]
[[Datei:Roman Herzog in Osnabrück.jpg|mini|Bundespräsident Herzog vor dem Rathaus [[Osnabrück]] (1998)]]


==== Land Rheinland-Pfalz ====
==Öffentliche Ämter==
[[1973]] wird er in die von [[Ministerpräsident]] [[Helmut Kohl]] geführte Landesregierung als [[Staatssekretär]] und Bevollmächtigter des Landes [[Rheinland-Pfalz]] beim Bund berufen. Dieses Amt führt er auch unter Ministerpräsident [[Bernhard Vogel]] weiter.
1973 wurde er in die von [[Ministerpräsident]] [[Helmut Kohl]] geführte Landesregierung als [[Staatssekretär]] und Bevollmächtigter des Landes [[Rheinland-Pfalz]] beim Bund berufen. In dieser Funktion war Herzog zugleich Mitglied des [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrates]]. Dieses Amt führte er bis 1978 auch unter Ministerpräsident [[Bernhard Vogel]] weiter.


==== Land Baden-Württemberg ====
Von [[1978]] bis [[1980]] war er dann in der von Ministerpräsident [[Lothar Späth]] geführten Landesregierung [[Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg|Minister für Kultur und Sport]] des Landes [[Baden-Württemberg]]. Nach der Landtagswahl 1980 wechselte er in das Amt des [[Innenministerium Baden-Württemberg|Innenministers]] des Landes Baden-Württemberg, das er bis 1983 ausübt.
Von 1978 bis 1980 war er in der von Ministerpräsident [[Lothar Späth]] geführten Landesregierung [[Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg|Minister für Kultus und Sport]] des Landes [[Baden-Württemberg]]. Nach der Wahl zum [[Landtag von Baden-Württemberg]] 1980 zog Herzog als Abgeordneter für den Wahlkreis Göppingen in das Landesparlament ein. Er wechselte anschließend vom Kultusministerium in das Amt des [[Innenministerium Baden-Württemberg|Innenministers]] des Landes Baden-Württemberg, das er bis 1983 ausübte. Für den Einsatz gegen Demonstranten rüstete Baden-Württemberg unter Innenminister Herzog die Polizei mit [[Gummigeschoss|Gummischrot]] aus. Außerdem ließ Herzog die Polizei mit dem Reizgas [[2-Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril|CS]] ausstatten und führte für Demonstranten die Kostenpflicht bei Polizeieinsatz mit „[[unmittelbarer Zwang|unmittelbarem Zwang]]“ ein.<ref>[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14018217.html Als erstes Bundesland rüstet Baden-Württemberg seine Polizei für den Einsatz gegen Demonstranten mit Gummischrot aus.]</ref> Nach der Niederlegung seines Landtagsmandats rückte [[Josef Wilhelm Hauser]] für ihn nach.


==== Bundesverfassungsgericht ====
Bei der [[Bundespräsidentenwahl 1994|Wahl zum Bundespräsidenten]] am [[23. Mai]] 1994 wurde er von der [[Bundesversammlung (Deutschland)|Bundesversammlung]] zum siebten [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] der [[Bundesrepublik Deutschland]] gewählt. Für eine zweite Amtszeit kandidierte er [[1999]] nicht. Große Beachtung fand seine so genannte "Ruck"-Rede (am [[26. April]] [[1997]]), in der er dafür eintrat, dass ein "Ruck" durch Deutschland gehen müsse, um die verkrusteten Strukturen zu überwinden ([[Berliner Rede]]). Am 5. November 1997 hielt er eine vielbeachtete Bildungsrede.
Nach Niederlegung des Landtagsmandats und des Ministeramts wurde Herzog am 20. Dezember 1983&nbsp;– dem Tag, an dem der Präsident des [[Bundesverfassungsgericht]]s [[Ernst Benda]] in den Ruhestand trat und der bisherige Vizepräsident [[Wolfgang Zeidler]] zum Präsidenten ernannt wurde&nbsp;– zum Vizepräsidenten und Vorsitzenden des Ersten Senats ernannt. Mit Zeidlers Eintritt in den Ruhestand am 16. November 1987 folgte Herzog ihm im Amt des Präsidenten nach. Er übte dieses Amt bis zum 30. Juni 1994 aus. Am 1. Juli 1994 trat er sein Amt als Bundespräsident an, in das er am 23. Mai 1994 gewählt worden war. Seine Nachfolgerin als Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde am 14. September 1994 [[Jutta Limbach]].


1990 beriet Roman Herzog die letzte [[DDR]]-Regierung und die Bundesregierung in Fragen des [[Einigungsvertrag]]es und hier speziell zum Thema der [[Konfiskation]]en von 1945 bis 1949.<ref>[http://www.zeit.de/2004/06/01__leit_1_06_2f04 Michael Naumann: Am Anfang der Einheit stand eine Lüge, Zeit Online, 29. Januar 2004, Nr.6]</ref> Unter seinem Vorsitz wurden auch die [[Verfassungsbeschwerde (Deutschland)|Verfassungsbeschwerden]] zur Boden- und Industriereform zurückgewiesen.<ref>BVerfG, Urteil vom 23. April 1991, Az. 1 BvR 1170, 1174, 1175/90, {{BVerfGE|84|90}} – Bodenreform&nbsp;I; Urteil des Ersten Senats unter Vorsitz von Roman Herzog.</ref> 2009 setzte er sich für eine Wiedergutmachungsinitiative ein, die 2011 umgesetzt wurde.
==Gesellschaftliches Engagement==
Von [[1971]] bis [[1980]] war er Vorsitzender der Kammer für öffentliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von [[1973]] bis [[1991]] war er Ordentliches Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland ([[Evangelische Kirche in Deutschland|EKD]]).


==== Lehraufträge ====
Er ist Vorsitzender der Stiftung "Bündnis für Kinder-gegen Gewalt" (mehr unter www.buendnis-fuer-kinder.de).
Neben seiner Tätigkeit als Verfassungsrichter hatte er als Honorarprofessor von 1984 bis 1994 einen Lehrauftrag an der [[Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften|Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer]] und von 1986 bis 1994 an der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]].


Im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur 1999/2000 war Roman Herzog Gastprofessor an der [[Universität Karlsruhe|Universität Karlsruhe (TH)]].
==Ehrungen==
[[1996]] erhält er die [[Ehrendoktorwürde]] der Universität [[Oxford]] ([[England]]). [[1997]] wird ihm der [[Karlspreis]] der Stadt [[Aachen]] verliehen. Ebenfalls 1997 wird er in [[New York City|New York]] zusammen mit [[Václav Havel]] als "Europäischer Staatsmann des Jahres" ausgezeichnet. [[1998]] erhält er die Ehrendoktorwürde der Universität [[Wroclaw]] ([[Breslau]]), [[Polen]]. Im selben Jahr wird ihm der [[Leo Baeck|Leo-Baeck-Preis]] verliehen. Ebenfalls 1998 wird er [[Ehrenbürger]] von [[Berlin]].


==== Bundespräsident ====
==Adresse==
Herzog war deutscher Bundespräsident vom 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1999. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt unterhielt er ein Büro zur Erfüllung nachwirkender Verpflichtungen als Alt-Bundespräsident in [[Heilbronn]].<ref>''[http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ehrensold-buero-und-mitarbeiter-eine-frage-von-moral-und-anstand-11679325.html Ehrensold, Büro und Mitarbeiter: Eine Frage von Moral und Anstand].'' In: ''[[Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung]].'' 11. März 2012</ref>
Büro Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Roman Herzog, Prinzregentenstraße 89,
81675 München, Tel. (089) 47 02 71 60, Telefax (089) 47 02 71 68


===== Überraschende Kandidatur und Erfolg im dritten Wahlgang =====
==Schriften==
Bei der [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1994|Wahl des deutschen Bundespräsidenten am 23. Mai 1994]] trat Roman Herzog als Kandidat der [[Unionsparteien|CDU/CSU]] an, nachdem der ursprünglich von der CDU vorgesehene Kandidat [[Steffen Heitmann]] nach umstrittenen Äußerungen zur Rolle der Frau, zum [[Holocaust]] und über Ausländer am 25. November 1993 auf eine Kandidatur verzichtet hatte. Herzog sollte als liberal geltender Kandidat insbesondere auch für die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] wählbarer sein, die mit [[Hildegard Hamm-Brücher]] ihre ''[[Grande Dame]]'' als Kandidatin aufgestellt hatte. Erst als Hamm-Brücher nach dem zweiten Wahlgang ihre Kandidatur zurückgezogen hatte, setzte er sich im dritten Wahlgang mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen den von der SPD nominierten Kandidaten [[Johannes Rau]] durch.
*''Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention'', Dissertation, 1958
*''Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht'', Habilitation, 1964
*''Kommentar zum Grundgesetz "Maunz-Dürig-Herzog" ''(Mitherausgeber), seit 1964
*''Evangelisches Staatslexikon'' (Mitherausgeber), seit 1966
*''Staaten der Frühzeit. Ursprünge und Herrschaftsformen'', 1988
*''Staat und Recht im Wandel'', 1994


Auf eine erneute Kandidatur für eine zweite Amtszeit bei der [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1999|Bundespräsidentenwahl 1999]] hatte Herzog bereits zum Amtsantritt verzichtet; Rau wurde sein Nachfolger.
==Weblinks==
* [http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HerzogRoman Biografie von Roman Herzog beim Deutschen Historischen Museum]
* [http://www.bundespraesident.de/top/sonstige/Die_deutschen_Bundespraesidenten/Roman_Herzog/ix2078_11572.htm Biografie von Roman Herzog auf bundespraesident.de]


===== Einführung eines Opfergedenktags =====
<div class="BoxenVerschmelzen">
1996 [[Proklamation|proklamierte]] Herzog den [[Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus]] als Gedenktag in Deutschland, was zur Einführung einer [[Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus]] führte. In seiner ersten Rede führte Herzog aus: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“
{{Navigationsleiste Deutscher Bundespräsident}}
Herzog sprach im Jahr 1999 erneut als Hauptredner der Gedenkstunde.
{{Navigationsleiste Innenminister von Baden-Württemberg}}
{{Navigationsleiste Kultusminister_von_Baden-Württemberg}}
</div>


===== Berliner Rede 1997 =====
[[Kategorie:Mann|Herzog, Roman]]
Große Beachtung fand Herzogs sogenannte „[[Ruck-Rede]]“ am 26. April 1997 in Berlin, in der er sagte:
[[Kategorie:Deutscher|Herzog, Roman]]
[[Kategorie:Richter|Herzog, Roman]]
[[Kategorie:Rechtswissenschaftler|Herzog, Roman]]
[[Kategorie:CDU-Mitglied|Herzog, Roman]]
[[Kategorie:Bundespräsident (Deutschland)|Herzog, Roman]]
[[Kategorie:Geboren 1934|Herzog, Roman]]


{{Zitat|Durch Deutschland muß ein [[Ruck#Weblinks|Ruck]] gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen, vor allen Dingen von den geistigen, von den Schubläden und Kästchen, in die wir gleich alles legen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen:
[[en:Roman_Herzog]]
* die Arbeitgeber, indem sie Kosten nicht nur durch Entlassungen senken,
[[nds:Roman_Herzog]]
* die Arbeitnehmer, indem sie Arbeitszeit und -löhne mit der Lage ihrer Betriebe in Einklang bringen,
[[ja:ローマン・ヘルツォーク]]
* die Gewerkschaften, indem sie betriebsnahe Tarifabschlüsse und flexiblere Arbeitsbeziehungen ermöglichen,
* Bundestag und Bundesrat, indem sie die großen Reformprojekte jetzt rasch voranbringen,
* die Interessengruppen in unserem Land, indem sie nicht zu Lasten des Gemeininteresses wirken.|ref=<ref name="Berliner Rede">[http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1997/04/19970426_Rede.html ''Berliner Reden''.] bundespraesident.de, Stand 11. August 2011.</ref><ref>[https://www.youtube.com/watch?v=wD6sWTAlN18 Vision eines neuen Deutschlands: Roman Herzog, 1997]&nbsp;– Rede im Video</ref>}}


Dieser „Ruck“ wird seither oft zitiert, teils auch satirisch. [[Horst Köhler]] bezog sich darauf bei der Annahme seiner Wahl zum Bundespräsidenten am 23. Mai 2004: „Warum bekommen wir den Ruck noch immer nicht hin? Weil wir alle noch immer darauf warten, dass er passiert!“
<!-- Bitte nicht loeschen! Zur Erklaerung siehe [[Wikipedia:Personendaten]]-->

{{Personendaten|
Die Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten griffen diese Rede auf, und so entstand die Tradition der jährlichen [[Berliner Rede]], die bis 2013 bestand.
NAME=Herzog, Roman

===== Bildungsreden =====
Am 5. November 1997 hielt Roman Herzog eine vielbeachtete Bildungsrede,<ref>[http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Roman-Herzog/Reden/1997/11/19971105_Rede.html Rede von Bundespräsident Roman Herzog auf dem Berliner Bildungsforum im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt]</ref> in der er mehr Wettbewerb und eine Stärkung des [[Leistung (Schule)|Leistungsgedankens]] an [[Schulsystem in Deutschland|deutschen Schulen]] forderte.

Er forderte, Bildung müsse aufgrund der Bedeutung für den einzelnen wie für Deutschland insgesamt „auf die Titelseiten“ der Tageszeitungen gerückt werden. Herzogs Bildungsbegriff wies hierbei eine starke Marktorientierung auf, wirtschaftliche Praktikabilität wurde in seinen Reden als entscheidendes Qualitätsmerkmal von guter Bildung betont.

===== Staatsbesuche =====
{{Hauptartikel|Liste der Auslandsreisen von Bundespräsident Roman Herzog}}

=== Gesellschaftliches Engagement ===
Von 1971 bis 1980 war er Vorsitzender der „Kammer für öffentliche Verantwortung“ der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von 1973 bis 1991 war er ordentliches Mitglied der [[Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland]] (EKD). Von 1986 bis 1996 war er Vorsitzender der ''Freunde der [[Burgfestspiele Jagsthausen]]''. In den Jahren 1996 bis 2006 war er Vorsitzender des Kuratoriums der [[Hermann Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung]], welches die Arbeit des [[Institut für Neutestamentliche Textforschung|Instituts für Neutestamentliche Textforschung]] in Münster fördert.

Er war Vorstandsvorsitzender der Stiftung ''Bündnis für Kinder&nbsp;– gegen Gewalt''. Von 2000 bis 2008 gehörte er der Jury zur Verleihung des [[Internationaler Nürnberger Menschenrechtspreis|Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises]] an.

Am 30. Oktober 2006 hat er den Namensvorsitz des ersten deutschen Inns (Gruppe) der internationalen juristischen Honor Society [[Phi Delta Phi]] an der Bucerius Law School übernommen. Er hat sich für die Gründung der [[Acatech|Nationalen Akademie der Technikwissenschaften]] (Acatech) eingesetzt und war Vorsitzender des Senates von Acatech.

Als Schirmherr der [[Deutsche Wildtier Stiftung|Deutschen Wildtier Stiftung]] engagierte er sich für den [[Artenschutz]].

Von 1999 bis 2015 war Roman Herzog zudem Kuratoriumsvorsitzender der [[Stiftung Brandenburger Tor]].<ref>{{Internetquelle|url=https://www.berliner-sparkasse.de/de/home/ihre-sparkasse/gut-fuer-berlin/roman-herzog-preis.html?n=true|titel=Roman Herzog Preis |zugriff=2017-08-14}}</ref>

=== Familie ===
Herzogs Vater, [[Karl Theodor Herzog]], war zunächst kaufmännischer Angestellter und später beim Stadtarchiv Landshut tätig, dessen Direktor er schließlich wurde. Seine Mutter Helene (geborene Schulze) war gelernte Bankkauffrau, übte diesen Beruf nach der Eheschließung jedoch nicht mehr aus.

Roman Herzog war in erster Ehe seit dem 2. August 1958 mit [[Christiane Herzog|Christiane Krauß]] verheiratet, aus der Ehe gingen die Söhne Markus (*&nbsp;1959) und Hans Georg (*&nbsp;1964) hervor. Christiane Herzog starb am 19. Juni 2000 in München und wurde in Landshut beerdigt.

Ab dem 4. September 2001 war Roman Herzog in zweiter Ehe mit [[Alexandra von Berlichingen|Alexandra Freifrau von Berlichingen]] (1941–2023) verheiratet, geb. [[Vultejus (Adelsgeschlecht)|von Vultejus]]. Er lebte zuletzt auf der dem Geschlecht von Berlichingen gehörenden [[Burg Jagsthausen]].

Roman Herzog starb am 10. Januar 2017 im Alter von 82 Jahren in Bad Mergentheim. Am 24. Januar 2017 fand ein [[Staatsakt (Veranstaltung)|Staatsakt]] im [[Berliner Dom]] statt und er wurde am 27. Januar auf dem Friedhof [[Jagsthausen]] beigesetzt.<ref>[http://www.stimme.de/heilbronn/nachrichten/region/Roman-Herzog-in-Jagsthausen-beigesetzt;art16305,3785593 ''Roman Herzog in Jagsthausen beigesetzt''.] www.stimme.de (Heilbronner Stimme), 27. Januar 2017</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/heilbronn/trauerfeier-fuer-roman-herzog-in-schoental-abschied-von-einem-kritischen-geist/-/id=1562/did=18893498/nid=1562/161npx2/index.html |titel=Gedenken an Roman Herzog in Schöntal: Abschied von einem kritischen Geist |hrsg=SWR |datum=2017-01-28 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20170128191559/http://www.swr.de/landesschau-aktuell/bw/heilbronn/trauerfeier-fuer-roman-herzog-in-schoental-abschied-von-einem-kritischen-geist/-/id=1562/did=18893498/nid=1562/161npx2/index.html |archiv-datum=2017-01-28 |zugriff=2018-11-21}}</ref>

== Politik nach der Bundespräsidentschaftszeit ==
Herzog war Vorsitzender des Konventkreises im ''[[Konvent für Deutschland]],'' einer [[Denkfabrik]], die von [[Hans-Olaf Henkel]] und [[Manfred Pohl (Ökonom)|Manfred Pohl]] gegründet wurde. Er war [[Schirmherr]] der nach ihm benannten und auf Initiative des Unternehmers und Wirtschaftsfunktionärs [[Randolf Rodenstock]] begründeten [[Arbeitgeber|arbeitgeberfinanzierten]] Denkfabrik [[Roman Herzog Institut]] (RHI). Träger des RHI sind die [[Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft]] und der [[Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie]].<ref>[http://www.romanherzoginstitut.de/das-roman-herzog-institut/ Homepage des Roman Herzog Instituts]</ref> Herzog engagierte sich auch für Kampagnen der ebenfalls arbeitgeberfinanzierten [[Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft]].<ref>{{Literatur|Titel=Magazin ''Moderner Staat&nbsp;– Schlanker Staat'': „Diät-Tipps“ für ein modernes Gemeinwesen |Sammelwerk=presseportal.de |Online=http://www.presseportal.de/pm/39474/283502 |Abruf=2017-01-12}}</ref><ref>{{Literatur|Titel=Früherer Bundespräsident stellt sich hinter Anliegen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft / Herzog: „Soviel Sozialstaat ist unsozial“ |Sammelwerk=presseportal.de |Online=http://www.presseportal.de/pm/39474/301270 |Abruf=2017-01-12}}</ref> Er war außerdem Mitglied im politischen Verein ''[[Bürgerkonvent]].'' Zudem war Herzog Vorsitzender des Kuratoriums der [[Konrad-Adenauer-Stiftung]].

Roman Herzog leitete den ersten [[Europäischer Konvent|europäischen Konvent]], der zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000 die [[Charta der Grundrechte der Europäischen Union|Charta der Grundrechte]] der [[Europäische Union|Europäischen Union]] erarbeitete.

=== „Rentnerdemokratie“ ===
Aufruhr erzeugte Herzogs folgende Interviewäußerung gegenüber der ''[[Bild (Zeitung)|Bild]]:'' „Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie. Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern“. [[Oswald Metzger]] und [[Meinhard Miegel]] nahmen darauf in ''Bild'' und ''[[Die Welt]]'' Bezug und unterstützten Herzog. Herzog wollte damit den CDU-Bundestagsabgeordneten [[Jens Spahn]] unterstützen, der eine geplante außerplanmäßige Rentenerhöhung um 0,64 Prozent verhindern wollte und von Seniorenverbänden teils heftig deswegen kritisiert wurde.

Durch Einführung des Begriffs ''[[Rentnerdemokratie]]'' in die öffentliche Diskussion stand Herzog nun selbst im Kreuzfeuer der Kritik: [[VdK]]-Präsident [[Walter Hirrlinger]] äußerte sich verärgert über Herzogs Wortwahl: „Die Älteren plündern die Jüngeren nicht aus, sondern sie wollen wenigstens ein Quäntchen vom Aufschwung mitkriegen, damit sie nicht immer nur Kaufkraftminderungen hinnehmen müssen.“ [[Achim Goerres]] kam in einer Untersuchung des [[Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung|Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung]] zu dem Ergebnis, dass die These von Rentnern als „ökonomische Pressure-Group“ [[Empirie|empirisch]] keine Faktengrundlage habe.

{{Belege fehlen|Beleg der zitierten Umfrage fehlend}}

Bei einer Erhebung von [[Infratest dimap]] für die [[ARD]] widersprachen 64 Prozent der Befragten Herzogs Aussage, wonach die Parteien auf Kosten der Jüngeren überproportional Rücksicht auf Ältere nehmen. Nur 33 Prozent der Befragten stimmten Herzogs These zu. Allerdings zeigte sich bei der Umfrage auch, dass sich das Meinungsbild nach dem Alter unterschied. Eine Mehrheit der 18- bis 34-Jährigen teilte Herzogs Kritik an einem „übermäßigen Einfluss“ der Älteren auf die Politik. Befragte ab 35 Jahren verneinten dies hingegen mehrheitlich. Bei den über 45-Jährigen waren es sogar 70 Prozent, die Herzogs These ablehnten.

=== Europäische Union ===
Aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der [[Römische Verträge|Römischen Verträge]] (25. März 1957) kritisierte Herzog zusammen mit dem Direktor des Centrums für Europäische Politik, [[Lüder Gerken]], Zentralisierungstendenzen durch die EU. Dadurch sei die [[Parlamentarisches Regierungssystem|parlamentarische Demokratie]] in Deutschland in Gefahr.<ref>[https://rp-online.de/politik/ausland/gefahr-aus-bruessel_aid-11319803 ''Gefahr aus Brüssel''.] rp-online.de (Rheinische Post), 13. März 2007</ref>

Im Mai 2011 (etwa 1,5 Jahre nach Bekanntwerden der [[Eurokrise]]) gab Herzog der Zeitung ''[[Junge Freiheit]]'' ein Interview, in dem er die jetzige Arbeitsweise der EU kritisierte. Diese Zeitung gilt als ein Sprachrohr der [[Neue Rechte|Neuen Rechten]].
In diesem Interview warf Herzog der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat vor, durch übermäßiges Abgeben von Kompetenzen an die EU das [[Subsidiaritätsprinzip]] zu unterlaufen. „Und das wiederum ist für mich ein Indiz dafür, daß die EU-Eliten die EU längst als entstehenden oder gar als bereits sehr weitgehend entstandenen Staat empfinden. Aber das war nie so vereinbart und ist auch durch nichts demokratisch legitimiert.“<ref>[https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2011/altpraesident-herzog-kritisiert-eu-kurs-der-bundesregierung/ ''Altpräsident Herzog kritisiert EU-Kurs der Bundesregierung: Interview mit Roman Herzog'' (Auszug).] Vollständiges Interview in Druckausgabe ''[[Junge Freiheit]]'', 21/2011.</ref>

=== Kritik an der Fünf-Prozent-Hürde ===
Aufgrund der Wahlerfolge der Partei [[Die Linke]] forderte Herzog 2008 erstmals eine Veränderung des Wahlrechtes im Grundgesetz und Bundeswahlgesetz. Als Begründung gab Herzog an, dass ansonsten die Gefahr von Minderheitsregierungen bestehe.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.sueddeutsche.de/politik/571/435318/text/ | wayback=20090309003954 | text=''Herzog empfiehlt Änderung des Wahlrechts''.}} In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', 5.&nbsp;März 2008.</ref>

Im Mai 2012 kritisierte Herzog erneut die [[Sperrklausel|Fünf-Prozent-Hürde]]. Er erklärte: „Im Prinzip ist die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr zeitgemäß. Eigentlich müssten wir die Hürde nach oben setzen“. Angesichts immer mehr kleinerer Parteien werde der Bundeskanzler ansonsten „nicht mehr von einer großen Mehrheit der Bevölkerung getragen“. Diese Entwicklung gefährde die parlamentarische Demokratie.<ref>[http://www.focus.de/politik/deutschland/der-altbundespraesident-im-focus-interview-roman-herzog-will-fuenf-prozent-huerde-reformieren_aid_751665.html Der Altbundespräsident im FOCUS-Interview: Roman Herzog will Fünf-Prozent-Hürde reformieren, focus.de, 12.&nbsp;Mai 2012], abgerufen am 16.&nbsp;Mai 2012.</ref> Welche von den kleineren, über der Fünf-Prozent-Hürde liegenden, Parteien ([[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]], [[Freie Demokratische Partei|FDP]], [[Die Linke]], [[Bündnis 90/Die Grünen]] oder [[Piratenpartei Deutschland|Piraten]]) der Anlass zu seiner Sorge war, konkretisierte er nicht. Einige Medien stellten einen direkten Zusammenhang mit den Wahlerfolgen der Piratenpartei im selben Jahr und der zu diesem Zeitpunkt unmittelbar bevorstehenden [[Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012]] her.<ref>[https://www.heise.de/tp/news/Roman-Herzog-5-Prozent-Huerde-nicht-mehr-zeitgemaess-1994263.html ''Roman Herzog: „5-Prozent-Hürde nicht mehr zeitgemäß“&nbsp;– Vor den Wahlen in NRW warnt der frühere Bundespräsident vor der Gefährdung der parlamentarischen Demokratie durch kleinere Parteien''.] Telepolis, 13.&nbsp;Mai 2012, abgerufen am 16.&nbsp;Mai 2012.</ref> In einem Interview mit der Zeitung [[Die Welt]] wandte sich in der Folge der frühere Präsident des [[Bundesverfassungsgericht]]s [[Hans-Jürgen Papier]] gegen eine Verschärfung der Fünf-Prozent-Hürde. Er erklärte in diesem Zusammenhang: „Das halte ich nicht für eine angemessene Lösung, zumal wenn darin eine gezielte Aktion gegen erfolgreiche neue Parteien gesehen werden könnte. Im übrigen dürfte eine Erhöhung der Sperrklausel schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen.“<ref>Interview in: ''[[Die Welt]]'', 18.&nbsp;Mai 2012, zitiert nach [http://beck-aktuell.beck.de/news/ex-verfassungsgerichtspraesident-papier-gegen-aufhebung-der-fuenf-prozent-huerde-bei-wahlen ''Ex-Verfassungsgerichtspräsident Papier gegen Aufhebung der Fünf-Prozent-Hürde bei Wahlen''.] beck-aktuell.beck.de, 18.&nbsp;Mai 2012, abgerufen am 20.&nbsp;Mai 2012.</ref>

== Ehrungen ==
* 1984: [[Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Großes Verdienstkreuz mit Stern]] der Bundesrepublik Deutschland
* 1992: [[Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1952)|Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich]]<ref>[http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_10542/imfname_251156.pdf Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952] (PDF; 6,9&nbsp;MB)</ref>
* 1994: Collane des [[Finnischer Orden der Weißen Rose|Finnischen Ordens der Weißen Rose]]
* 1996: [[Ehrendoktorwürde]] der [[University of Oxford|Universität Oxford]]
* 1996: Ehrendoktorwürde der [[Ben-Gurion-Universität des Negev]] in [[Be’er Scheva]], [[Israel]]
* 1997: [[Karlspreis]] der Stadt [[Aachen]]
* 1997: [[Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (1952)|Groß-Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich]]<ref>[http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/AB/AB_10542/imfname_251156.pdf Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952] (PDF; 6,9&nbsp;MB)</ref>
* 1997: [[Verdienstorden der Italienischen Republik|Großkreuz mit Großer Ordenskette des Verdienstordens der Italienischen Republik]]
* 1997: Collane des [[Orden de Isabel la Católica|Ordens de Isabel la Católica]]
* 1997: Auszeichnung in [[New York City|New York]] zusammen mit [[Václav Havel]] als „Europäischer Staatsmann des Jahres“
* 1998: Ehrendoktorwürde der [[Universität Breslau|Universität Wrocław]] ([[Breslau]]), [[Polen]]
* 1998: [[Leo-Baeck-Preis]]
* 1999: [[Ehrenbürger]] von [[Berlin]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.parlament-berlin.de/Das-Haus/Berliner-Ehrenbuerger/roman-herzog |titel=Roman Herzog |werk=Berliner Ehrenbürger |hrsg=Abgeordnetenhaus von Berlin |abruf=2024-11-07}}</ref>
* 1999: Ehrenbürger von [[Bonn]]
* 1999: Ehrenbürgerwürde seiner Geburtsstadt [[Landshut]]
* 1999: Großkreuz des [[Drei-Sterne-Orden]]s
* 2000: [[Karl-Valentin-Orden]] der Münchner Faschingsgesellschaft [[Narrhalla]]
* 2001: Deutscher Mittelstandspreis des Düsseldorfer ''[[markt intern]]'' Verlags
* 2002: [[Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg|Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg]]
* 2003: [[Gustav-Adolf-Werk|Gustav-Adolf-Preis]]
* 2003: [[Franz Josef Strauß-Preis|Franz-Josef-Strauß-Preis]]
* 2005: [[Leibniz-Ring-Hannover]] des ''Presse Clubs Hannover''
* 2006: Landshuter Friedenspreis
* 2009: [[Steiger Award]]
* 2010: [[Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste]]
* 2010: [[Lennart Bernadotte|Lennart-Bernadotte-Medaille]]<ref>[http://idw-online.de/pages/de/news384763 ''Nobelpreisträgertagungen ehren Roman Herzog als Motor des internationalen Wissenschaftsdialogs''], in: [[Informationsdienst Wissenschaft]] vom 2. September 2010, abgerufen am 3. September 2010</ref>
* 2012: [[Europäischer Handwerkspreis]]<ref>{{Internetquelle |url=http://www.nrwhandwerkstag.de/artikel/roman-herzog-ist-traeger-des-europaeischen-handwerkspreis-31,0,1860.html |titel=Roman Herzog ist Träger des Europäischen Handwerkspreis |hrsg =Nordrhein-Westfälischer Handwerkstag e. V. |datum=2012-11-08 |zugriff=2015-03-10}}</ref>
* 2014: [[Deutscher Rednerpreis]] vom Berufsverband ''German Speakers Association''.<ref>{{Internetquelle |url=https://rp-online.de/nrw/staedte/neuss/neuss-sigmar-gabriel-erhaelt-deuschen-rednerpreis-im-dorint_aid-62382443 |titel=Sprüche-Feuerwerk bei Gabriel-Ehrung in Neuss |hrsg=rp-online.de |datum=2021-09-12 |abruf=2024-11-25}}</ref>
* 2015: Ehrenpreis der [[Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung]]

== Weiteres ==
* [[Roman Herzog Forschungspreis Soziale Marktwirtschaft]]

== Schriften ==
* ''Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention''. Dissertation, 1958.
* ''Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht''. Habilitation, 1964.
* ''Kommentar zum Grundgesetz „Maunz-Dürig-Herzog“ ''(Mitherausgeber), seit 1964.
* ''Evangelisches Staatslexikon'' (Mitherausgeber), seit 1966.
* ''Allgemeine Staatslehre'', 1971.
* ''Staaten der Frühzeit. Ursprünge und Herrschaftsformen''. C. H. Beck, München 1988; 2. Auflage 1997.
* ''Staat und Recht im Wandel''. 1994.
* ''Vision Europa. Antworten auf globale Herausforderungen''. Hamburg 1996.
* ''Kann man aus der Geschichte lernen?'' Abera Verlag, Hamburg 1997.
* ''Strukturmängel der Verfassung? Erfahrungen mit dem Grundgesetz''. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / München 2000, ISBN 3-421-05348-0.
* ''Wider den Kampf der Kulturen: eine Friedensstrategie für das 21. Jahrhundert'', herausgegeben von Theo Sommer. Fischer, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-10-030210-9.
* ''Jahre der Politik: die Erinnerungen''. Siedler, München 2007, ISBN 3-88680-870-X.
* ''Marktwirtschaft in der Zwickmühle. Eine Antwort auf naheliegende Fragen''. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-89850-189-7.
* ''Europa neu erfinden, vom Überstaat zur Bürgerdemokratie''. Siedler, München 2014, ISBN 978-3-8275-0046-5.
* mit [[Günter Dürig]] und [[Rupert Scholz]] (Hrsg.): ''Grundgesetz. Der Standardkommentar zum BVerfGG.'' 7 Bände. 103. Auflage, C.H. Beck, München 2024, ISBN 978-3-406-45862-0.

== Literatur ==
* [[Manfred Bissinger]], [[Hans-Ulrich Jörges]]: ''Der unbequeme Präsident. Roman Herzog im Gespräch mit Manfred Bissinger und Hans-Ulrich Jörges''. Hoffman und Campe, Hamburg 1995, ISBN 3-455-11042-8.
* [[Kai Diekmann]], [[Ulrich Reitz]], [[Wolfgang Stock (Journalist)|Wolfgang Stock]]: ''Roman Herzog&nbsp;– Der neue Bundespräsident im Gespräch''. Lübbe, Bergisch Gladbach 1994, ISBN 3-404-61299-X.
* [[Werner Filmer]], [[Heribert Schwan]]: ''Roman Herzog&nbsp;– Die Biographie''. Goldmann, München 1996, ISBN 3-570-01189-5.
* Ulrich Müller: ''Bildung als Megathema. Roman Herzogs Anstöße zur Bildungspolitik in seiner Amtszeit als Bundespräsident (1994–1999)''. Helmrich, Grevenbroich 2002, ISBN 3-9808344-1-7, [http://www.che.de/downloads/Bildung_als_Megathema.pdf che.de] (PDF; 945&nbsp;kB)
* Stefan Reker: ''Roman Herzog''. Edition q, Berlin 1995, ISBN 3-86124-287-7.

== Weblinks ==
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* {{DNB-Portal|119155087}}
* {{DDB|Person|119155087}}
* {{DHM-HdG|Bio=roman-herzog|Titel=Roman Herzog}}
* [http://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Roman-Herzog/roman-herzog.html Biografie von Roman Herzog] auf bundespraesident.de
* [https://programm.ard.de/TV/3sat/peter-voss-fragt-roman-herzog/eid_280075924019413 ''Peter Voß fragt Roman Herzog''.] 3sat (45 Minuten)
* Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung [https://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg14-033.html Nr. 33/2014] vom 4. April 2014 zum 80. Geburtstag Herzogs
* [http://www.siaf.ch/2011/11/16/prof-dr-roman-herzog/ Neuordnung Europas? Wechsel der Aufgaben, Reform der Institutionen?]&nbsp;– Rede an der Universität Zürich am 16. November 2011
* Nachrufe: [http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-01/roman-herzog-altbundespraesident-tod-nachruf zeit.de], [http://www.spiegel.de/politik/deutschland/nachruf-roman-herzog-der-ruckruf-praesident-a-1129318.html spiegel.de], [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/roman-herzog-der-praesident-der-marktwirtschaft-14612779.html FAZ.net], [http://www.sueddeutsche.de/politik/zum-tod-von-roman-herzog-mahner-mit-humor-1.3326750 sueddeutsche.de]
* [https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/01991abe-a316-46fb-8cd4-2f20c51355e6/ Nachlass Bundesarchiv N 1839]

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

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Aktuelle Version vom 4. März 2025, 10:43 Uhr

Roman Herzog (2012)

Roman Herzog (* 5. April 1934 in Landshut; † 10. Januar 2017 in Bad Mergentheim[1]) war ein deutscher Jurist und Politiker (CDU). Roman Herzog war von 1994 bis 1999 der siebte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Zuvor war er von 1978 bis 1980 Kultus-, von 1980 bis 1983 Innenminister des Landes Baden-Württemberg und von 1983 bis 1994 Richter des Bundesverfassungsgerichts, ab 1987 als dessen Präsident.

Als Bundespräsident war Herzog unter anderem für seine Ruck-Rede bekannt, in der er für einen „Ruck durch Deutschland“ und mehr Reformbereitschaft in Gesellschaft und Politik warb. Im Jahr 1996 führte er den 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Er erarbeitete federführend die Europäische Grundrechtecharta als Vorsitzender des entsprechenden Europäischen „Grundrechtekonvents“. Zudem prägte er im Jahr 2008 den Begriff „Rentnerdemokratie“.

Leben und Wirken

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Ausbildung und Beruf

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Roman Herzog wurde als Sohn des Archivars und Historikers Karl Theodor Herzog (1905–1980) und seiner Frau Helene, geb. Schulze (1902–1978), einer gelernten Bankkauffrau, in Landshut geboren. Nach dem mit der Durchschnittsnote 1,0 bestandenen Abitur am Hans-Carossa-Gymnasium Landshut absolvierte Herzog ab 1953 ein Studium der Rechtswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, welches er nach sieben Semestern 1957 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. 1958 erfolgte seine Promotion zum Dr. jur., Thema seiner Dissertation war die „Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention“. Nach dem Referendariat legte er 1961 das Zweite Staatsexamen ab. Er war dann bis 1964 wissenschaftlicher Assistent bei Theodor Maunz an der Juristischen Fakultät der Universität München. In dieser Zeit fertigte er auch seine Habilitationsschrift über „Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht“ an.

Nach einem Jahr als Privatdozent an der Universität München folgte Herzog 1965 dem Ruf der Freien Universität Berlin als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Staatsrecht und Politik. Hier war er von 1967 bis 1968 Dekan und von 1968 bis 1969 Prodekan der Juristischen Fakultät. Nach heftigen Konflikten mit Vertretern der Studentenbewegung folgte er 1969 dem Ruf der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer auf den Lehrstuhl für Staatslehre und Politik; von 1971 bis 1972 amtierte er als deren Rektor.

Herzog war ab 1964 Mitautor und -herausgeber des als Standardwerk geltenden Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig/Herzog/Scholz und ab 1966 Mitherausgeber des Evangelischen Staatslexikons.

Von 1981 bis 1994 war er Mitherausgeber der Wochenzeitung Christ und Welt – Rheinischer Merkur.

2000 moderierte er sechs Sendungen der Reihe Herzog spricht mit… im Bayerischen Rundfunk.

Seit 1970 war Herzog Mitglied der CDU. Von 1978 bis 1983 war er Bundesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises von CDU und CSU. In dieser Zeit gehörte er ab 1979 auch dem Bundesvorstand der CDU an. Seit seiner Amtszeit als Bundespräsident ruhte seine Parteimitgliedschaft. Allerdings leitete er als Bundespräsident a. D. die sogenannte Herzog-Kommission der CDU, die 2003 parallel zur Rürup-Kommission der damaligen Bundesregierung einen Bericht vorlegte, wie die deutschen Sozialversicherungen reformiert werden können. Nachdem es auf dem Bundesparteitag der CDU in Leipzig beschlossen worden war, bildete dieses Dokument die inhaltliche Grundlage für den Wahlkampf von Angela Merkel im Jahr 2005.

Öffentliche Ämter

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Kandidatenplakat zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz 1975
Herzog 1989 als Präsident des Bundesverfassungsgerichts (rechts) mit Hans A. Engelhard (Mitte).
Bundespräsident Herzog vor dem Rathaus Osnabrück (1998)

Land Rheinland-Pfalz

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1973 wurde er in die von Ministerpräsident Helmut Kohl geführte Landesregierung als Staatssekretär und Bevollmächtigter des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund berufen. In dieser Funktion war Herzog zugleich Mitglied des Bundesrates. Dieses Amt führte er bis 1978 auch unter Ministerpräsident Bernhard Vogel weiter.

Land Baden-Württemberg

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Von 1978 bis 1980 war er in der von Ministerpräsident Lothar Späth geführten Landesregierung Minister für Kultus und Sport des Landes Baden-Württemberg. Nach der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg 1980 zog Herzog als Abgeordneter für den Wahlkreis Göppingen in das Landesparlament ein. Er wechselte anschließend vom Kultusministerium in das Amt des Innenministers des Landes Baden-Württemberg, das er bis 1983 ausübte. Für den Einsatz gegen Demonstranten rüstete Baden-Württemberg unter Innenminister Herzog die Polizei mit Gummischrot aus. Außerdem ließ Herzog die Polizei mit dem Reizgas CS ausstatten und führte für Demonstranten die Kostenpflicht bei Polizeieinsatz mit „unmittelbarem Zwang“ ein.[2] Nach der Niederlegung seines Landtagsmandats rückte Josef Wilhelm Hauser für ihn nach.

Bundesverfassungsgericht

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Nach Niederlegung des Landtagsmandats und des Ministeramts wurde Herzog am 20. Dezember 1983 – dem Tag, an dem der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda in den Ruhestand trat und der bisherige Vizepräsident Wolfgang Zeidler zum Präsidenten ernannt wurde – zum Vizepräsidenten und Vorsitzenden des Ersten Senats ernannt. Mit Zeidlers Eintritt in den Ruhestand am 16. November 1987 folgte Herzog ihm im Amt des Präsidenten nach. Er übte dieses Amt bis zum 30. Juni 1994 aus. Am 1. Juli 1994 trat er sein Amt als Bundespräsident an, in das er am 23. Mai 1994 gewählt worden war. Seine Nachfolgerin als Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde am 14. September 1994 Jutta Limbach.

1990 beriet Roman Herzog die letzte DDR-Regierung und die Bundesregierung in Fragen des Einigungsvertrages und hier speziell zum Thema der Konfiskationen von 1945 bis 1949.[3] Unter seinem Vorsitz wurden auch die Verfassungsbeschwerden zur Boden- und Industriereform zurückgewiesen.[4] 2009 setzte er sich für eine Wiedergutmachungsinitiative ein, die 2011 umgesetzt wurde.

Neben seiner Tätigkeit als Verfassungsrichter hatte er als Honorarprofessor von 1984 bis 1994 einen Lehrauftrag an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer und von 1986 bis 1994 an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Im Rahmen der Heinrich-Hertz-Gastprofessur 1999/2000 war Roman Herzog Gastprofessor an der Universität Karlsruhe (TH).

Bundespräsident

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Herzog war deutscher Bundespräsident vom 1. Juli 1994 bis 30. Juni 1999. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt unterhielt er ein Büro zur Erfüllung nachwirkender Verpflichtungen als Alt-Bundespräsident in Heilbronn.[5]

Überraschende Kandidatur und Erfolg im dritten Wahlgang
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Bei der Wahl des deutschen Bundespräsidenten am 23. Mai 1994 trat Roman Herzog als Kandidat der CDU/CSU an, nachdem der ursprünglich von der CDU vorgesehene Kandidat Steffen Heitmann nach umstrittenen Äußerungen zur Rolle der Frau, zum Holocaust und über Ausländer am 25. November 1993 auf eine Kandidatur verzichtet hatte. Herzog sollte als liberal geltender Kandidat insbesondere auch für die FDP wählbarer sein, die mit Hildegard Hamm-Brücher ihre Grande Dame als Kandidatin aufgestellt hatte. Erst als Hamm-Brücher nach dem zweiten Wahlgang ihre Kandidatur zurückgezogen hatte, setzte er sich im dritten Wahlgang mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen den von der SPD nominierten Kandidaten Johannes Rau durch.

Auf eine erneute Kandidatur für eine zweite Amtszeit bei der Bundespräsidentenwahl 1999 hatte Herzog bereits zum Amtsantritt verzichtet; Rau wurde sein Nachfolger.

Einführung eines Opfergedenktags
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1996 proklamierte Herzog den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus als Gedenktag in Deutschland, was zur Einführung einer Gedenkstunde zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus führte. In seiner ersten Rede führte Herzog aus: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“ Herzog sprach im Jahr 1999 erneut als Hauptredner der Gedenkstunde.

Berliner Rede 1997
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Große Beachtung fand Herzogs sogenannte „Ruck-Rede“ am 26. April 1997 in Berlin, in der er sagte:

„Durch Deutschland muß ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen, vor allen Dingen von den geistigen, von den Schubläden und Kästchen, in die wir gleich alles legen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen:

  • die Arbeitgeber, indem sie Kosten nicht nur durch Entlassungen senken,
  • die Arbeitnehmer, indem sie Arbeitszeit und -löhne mit der Lage ihrer Betriebe in Einklang bringen,
  • die Gewerkschaften, indem sie betriebsnahe Tarifabschlüsse und flexiblere Arbeitsbeziehungen ermöglichen,
  • Bundestag und Bundesrat, indem sie die großen Reformprojekte jetzt rasch voranbringen,
  • die Interessengruppen in unserem Land, indem sie nicht zu Lasten des Gemeininteresses wirken.“[6][7]

Dieser „Ruck“ wird seither oft zitiert, teils auch satirisch. Horst Köhler bezog sich darauf bei der Annahme seiner Wahl zum Bundespräsidenten am 23. Mai 2004: „Warum bekommen wir den Ruck noch immer nicht hin? Weil wir alle noch immer darauf warten, dass er passiert!“

Die Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten griffen diese Rede auf, und so entstand die Tradition der jährlichen Berliner Rede, die bis 2013 bestand.

Am 5. November 1997 hielt Roman Herzog eine vielbeachtete Bildungsrede,[8] in der er mehr Wettbewerb und eine Stärkung des Leistungsgedankens an deutschen Schulen forderte.

Er forderte, Bildung müsse aufgrund der Bedeutung für den einzelnen wie für Deutschland insgesamt „auf die Titelseiten“ der Tageszeitungen gerückt werden. Herzogs Bildungsbegriff wies hierbei eine starke Marktorientierung auf, wirtschaftliche Praktikabilität wurde in seinen Reden als entscheidendes Qualitätsmerkmal von guter Bildung betont.

Gesellschaftliches Engagement

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Von 1971 bis 1980 war er Vorsitzender der „Kammer für öffentliche Verantwortung“ der Evangelischen Kirche in Deutschland. Von 1973 bis 1991 war er ordentliches Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Von 1986 bis 1996 war er Vorsitzender der Freunde der Burgfestspiele Jagsthausen. In den Jahren 1996 bis 2006 war er Vorsitzender des Kuratoriums der Hermann Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung, welches die Arbeit des Instituts für Neutestamentliche Textforschung in Münster fördert.

Er war Vorstandsvorsitzender der Stiftung Bündnis für Kinder – gegen Gewalt. Von 2000 bis 2008 gehörte er der Jury zur Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an.

Am 30. Oktober 2006 hat er den Namensvorsitz des ersten deutschen Inns (Gruppe) der internationalen juristischen Honor Society Phi Delta Phi an der Bucerius Law School übernommen. Er hat sich für die Gründung der Nationalen Akademie der Technikwissenschaften (Acatech) eingesetzt und war Vorsitzender des Senates von Acatech.

Als Schirmherr der Deutschen Wildtier Stiftung engagierte er sich für den Artenschutz.

Von 1999 bis 2015 war Roman Herzog zudem Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Brandenburger Tor.[9]

Herzogs Vater, Karl Theodor Herzog, war zunächst kaufmännischer Angestellter und später beim Stadtarchiv Landshut tätig, dessen Direktor er schließlich wurde. Seine Mutter Helene (geborene Schulze) war gelernte Bankkauffrau, übte diesen Beruf nach der Eheschließung jedoch nicht mehr aus.

Roman Herzog war in erster Ehe seit dem 2. August 1958 mit Christiane Krauß verheiratet, aus der Ehe gingen die Söhne Markus (* 1959) und Hans Georg (* 1964) hervor. Christiane Herzog starb am 19. Juni 2000 in München und wurde in Landshut beerdigt.

Ab dem 4. September 2001 war Roman Herzog in zweiter Ehe mit Alexandra Freifrau von Berlichingen (1941–2023) verheiratet, geb. von Vultejus. Er lebte zuletzt auf der dem Geschlecht von Berlichingen gehörenden Burg Jagsthausen.

Roman Herzog starb am 10. Januar 2017 im Alter von 82 Jahren in Bad Mergentheim. Am 24. Januar 2017 fand ein Staatsakt im Berliner Dom statt und er wurde am 27. Januar auf dem Friedhof Jagsthausen beigesetzt.[10][11]

Politik nach der Bundespräsidentschaftszeit

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Herzog war Vorsitzender des Konventkreises im Konvent für Deutschland, einer Denkfabrik, die von Hans-Olaf Henkel und Manfred Pohl gegründet wurde. Er war Schirmherr der nach ihm benannten und auf Initiative des Unternehmers und Wirtschaftsfunktionärs Randolf Rodenstock begründeten arbeitgeberfinanzierten Denkfabrik Roman Herzog Institut (RHI). Träger des RHI sind die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft und der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie.[12] Herzog engagierte sich auch für Kampagnen der ebenfalls arbeitgeberfinanzierten Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.[13][14] Er war außerdem Mitglied im politischen Verein Bürgerkonvent. Zudem war Herzog Vorsitzender des Kuratoriums der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Roman Herzog leitete den ersten europäischen Konvent, der zwischen Dezember 1999 und Oktober 2000 die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erarbeitete.

„Rentnerdemokratie“

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Aufruhr erzeugte Herzogs folgende Interviewäußerung gegenüber der Bild: „Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie. Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern“. Oswald Metzger und Meinhard Miegel nahmen darauf in Bild und Die Welt Bezug und unterstützten Herzog. Herzog wollte damit den CDU-Bundestagsabgeordneten Jens Spahn unterstützen, der eine geplante außerplanmäßige Rentenerhöhung um 0,64 Prozent verhindern wollte und von Seniorenverbänden teils heftig deswegen kritisiert wurde.

Durch Einführung des Begriffs Rentnerdemokratie in die öffentliche Diskussion stand Herzog nun selbst im Kreuzfeuer der Kritik: VdK-Präsident Walter Hirrlinger äußerte sich verärgert über Herzogs Wortwahl: „Die Älteren plündern die Jüngeren nicht aus, sondern sie wollen wenigstens ein Quäntchen vom Aufschwung mitkriegen, damit sie nicht immer nur Kaufkraftminderungen hinnehmen müssen.“ Achim Goerres kam in einer Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung zu dem Ergebnis, dass die These von Rentnern als „ökonomische Pressure-Group“ empirisch keine Faktengrundlage habe.

Bei einer Erhebung von Infratest dimap für die ARD widersprachen 64 Prozent der Befragten Herzogs Aussage, wonach die Parteien auf Kosten der Jüngeren überproportional Rücksicht auf Ältere nehmen. Nur 33 Prozent der Befragten stimmten Herzogs These zu. Allerdings zeigte sich bei der Umfrage auch, dass sich das Meinungsbild nach dem Alter unterschied. Eine Mehrheit der 18- bis 34-Jährigen teilte Herzogs Kritik an einem „übermäßigen Einfluss“ der Älteren auf die Politik. Befragte ab 35 Jahren verneinten dies hingegen mehrheitlich. Bei den über 45-Jährigen waren es sogar 70 Prozent, die Herzogs These ablehnten.

Europäische Union

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Aus Anlass des 50. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge (25. März 1957) kritisierte Herzog zusammen mit dem Direktor des Centrums für Europäische Politik, Lüder Gerken, Zentralisierungstendenzen durch die EU. Dadurch sei die parlamentarische Demokratie in Deutschland in Gefahr.[15]

Im Mai 2011 (etwa 1,5 Jahre nach Bekanntwerden der Eurokrise) gab Herzog der Zeitung Junge Freiheit ein Interview, in dem er die jetzige Arbeitsweise der EU kritisierte. Diese Zeitung gilt als ein Sprachrohr der Neuen Rechten. In diesem Interview warf Herzog der Bundesregierung, dem Bundestag und dem Bundesrat vor, durch übermäßiges Abgeben von Kompetenzen an die EU das Subsidiaritätsprinzip zu unterlaufen. „Und das wiederum ist für mich ein Indiz dafür, daß die EU-Eliten die EU längst als entstehenden oder gar als bereits sehr weitgehend entstandenen Staat empfinden. Aber das war nie so vereinbart und ist auch durch nichts demokratisch legitimiert.“[16]

Kritik an der Fünf-Prozent-Hürde

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Aufgrund der Wahlerfolge der Partei Die Linke forderte Herzog 2008 erstmals eine Veränderung des Wahlrechtes im Grundgesetz und Bundeswahlgesetz. Als Begründung gab Herzog an, dass ansonsten die Gefahr von Minderheitsregierungen bestehe.[17]

Im Mai 2012 kritisierte Herzog erneut die Fünf-Prozent-Hürde. Er erklärte: „Im Prinzip ist die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr zeitgemäß. Eigentlich müssten wir die Hürde nach oben setzen“. Angesichts immer mehr kleinerer Parteien werde der Bundeskanzler ansonsten „nicht mehr von einer großen Mehrheit der Bevölkerung getragen“. Diese Entwicklung gefährde die parlamentarische Demokratie.[18] Welche von den kleineren, über der Fünf-Prozent-Hürde liegenden, Parteien (CSU, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen oder Piraten) der Anlass zu seiner Sorge war, konkretisierte er nicht. Einige Medien stellten einen direkten Zusammenhang mit den Wahlerfolgen der Piratenpartei im selben Jahr und der zu diesem Zeitpunkt unmittelbar bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012 her.[19] In einem Interview mit der Zeitung Die Welt wandte sich in der Folge der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier gegen eine Verschärfung der Fünf-Prozent-Hürde. Er erklärte in diesem Zusammenhang: „Das halte ich nicht für eine angemessene Lösung, zumal wenn darin eine gezielte Aktion gegen erfolgreiche neue Parteien gesehen werden könnte. Im übrigen dürfte eine Erhöhung der Sperrklausel schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht in Betracht kommen.“[20]

  • Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention. Dissertation, 1958.
  • Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht. Habilitation, 1964.
  • Kommentar zum Grundgesetz „Maunz-Dürig-Herzog“ (Mitherausgeber), seit 1964.
  • Evangelisches Staatslexikon (Mitherausgeber), seit 1966.
  • Allgemeine Staatslehre, 1971.
  • Staaten der Frühzeit. Ursprünge und Herrschaftsformen. C. H. Beck, München 1988; 2. Auflage 1997.
  • Staat und Recht im Wandel. 1994.
  • Vision Europa. Antworten auf globale Herausforderungen. Hamburg 1996.
  • Kann man aus der Geschichte lernen? Abera Verlag, Hamburg 1997.
  • Strukturmängel der Verfassung? Erfahrungen mit dem Grundgesetz. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart / München 2000, ISBN 3-421-05348-0.
  • Wider den Kampf der Kulturen: eine Friedensstrategie für das 21. Jahrhundert, herausgegeben von Theo Sommer. Fischer, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-10-030210-9.
  • Jahre der Politik: die Erinnerungen. Siedler, München 2007, ISBN 3-88680-870-X.
  • Marktwirtschaft in der Zwickmühle. Eine Antwort auf naheliegende Fragen. Hohenheim Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-89850-189-7.
  • Europa neu erfinden, vom Überstaat zur Bürgerdemokratie. Siedler, München 2014, ISBN 978-3-8275-0046-5.
  • mit Günter Dürig und Rupert Scholz (Hrsg.): Grundgesetz. Der Standardkommentar zum BVerfGG. 7 Bände. 103. Auflage, C.H. Beck, München 2024, ISBN 978-3-406-45862-0.
Commons: Roman Herzog – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. bundespraesident.de; Konrad-Adenauer-Stiftung; Würdigung – Ein Mahner und Versöhner. Die Todesanzeige der Familie nennt demgegenüber unter dem Todestag Jagsthausen, den letzten Wohnsitz Herzogs: sueddeutsche.de
  2. Als erstes Bundesland rüstet Baden-Württemberg seine Polizei für den Einsatz gegen Demonstranten mit Gummischrot aus.
  3. Michael Naumann: Am Anfang der Einheit stand eine Lüge, Zeit Online, 29. Januar 2004, Nr.6
  4. BVerfG, Urteil vom 23. April 1991, Az. 1 BvR 1170, 1174, 1175/90, BVerfGE 84, 90 – Bodenreform I; Urteil des Ersten Senats unter Vorsitz von Roman Herzog.
  5. Ehrensold, Büro und Mitarbeiter: Eine Frage von Moral und Anstand. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. 11. März 2012
  6. Berliner Reden. bundespraesident.de, Stand 11. August 2011.
  7. Vision eines neuen Deutschlands: Roman Herzog, 1997 – Rede im Video
  8. Rede von Bundespräsident Roman Herzog auf dem Berliner Bildungsforum im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt
  9. Roman Herzog Preis. Abgerufen am 14. August 2017.
  10. Roman Herzog in Jagsthausen beigesetzt. www.stimme.de (Heilbronner Stimme), 27. Januar 2017
  11. Gedenken an Roman Herzog in Schöntal: Abschied von einem kritischen Geist. SWR, 28. Januar 2017, archiviert vom Original am 28. Januar 2017; abgerufen am 21. November 2018.
  12. Homepage des Roman Herzog Instituts
  13. Magazin Moderner Staat – Schlanker Staat: „Diät-Tipps“ für ein modernes Gemeinwesen. In: presseportal.de. (presseportal.de [abgerufen am 12. Januar 2017]).
  14. Früherer Bundespräsident stellt sich hinter Anliegen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft / Herzog: „Soviel Sozialstaat ist unsozial“. In: presseportal.de. (presseportal.de [abgerufen am 12. Januar 2017]).
  15. Gefahr aus Brüssel. rp-online.de (Rheinische Post), 13. März 2007
  16. Altpräsident Herzog kritisiert EU-Kurs der Bundesregierung: Interview mit Roman Herzog (Auszug). Vollständiges Interview in Druckausgabe Junge Freiheit, 21/2011.
  17. Herzog empfiehlt Änderung des Wahlrechts. (Memento vom 9. März 2009 im Internet Archive) In: Süddeutsche Zeitung, 5. März 2008.
  18. Der Altbundespräsident im FOCUS-Interview: Roman Herzog will Fünf-Prozent-Hürde reformieren, focus.de, 12. Mai 2012, abgerufen am 16. Mai 2012.
  19. Roman Herzog: „5-Prozent-Hürde nicht mehr zeitgemäß“ – Vor den Wahlen in NRW warnt der frühere Bundespräsident vor der Gefährdung der parlamentarischen Demokratie durch kleinere Parteien. Telepolis, 13. Mai 2012, abgerufen am 16. Mai 2012.
  20. Interview in: Die Welt, 18. Mai 2012, zitiert nach Ex-Verfassungsgerichtspräsident Papier gegen Aufhebung der Fünf-Prozent-Hürde bei Wahlen. beck-aktuell.beck.de, 18. Mai 2012, abgerufen am 20. Mai 2012.
  21. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  22. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  23. Roman Herzog. In: Berliner Ehrenbürger. Abgeordnetenhaus von Berlin, abgerufen am 7. November 2024.
  24. Nobelpreisträgertagungen ehren Roman Herzog als Motor des internationalen Wissenschaftsdialogs, in: Informationsdienst Wissenschaft vom 2. September 2010, abgerufen am 3. September 2010
  25. Roman Herzog ist Träger des Europäischen Handwerkspreis. Nordrhein-Westfälischer Handwerkstag e. V., 8. November 2012, abgerufen am 10. März 2015.
  26. Sprüche-Feuerwerk bei Gabriel-Ehrung in Neuss. rp-online.de, 12. September 2021, abgerufen am 25. November 2024.