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„Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“ – Versionsunterschied

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Der '''Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung''', umgangssprachlich die '''fünf Wirtschaftsweisen''' genannt ist ein Gremium, das im Jahr [[1963]] eingesetzt wurde. Es befasst sich wissenschaftlich mit der [[Volkswirtschaft|wirtschaftlichen]] Gesamtentwicklung [[Deutschland]]s. Ziel ist die unabhängige [[Beratung]] der [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]].
Der '''Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung''' (abgekürzt '''SVR'''<ref>{{Internetquelle |autor=Prof. Dr. Gustav A. Horn |url=https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/sachverstaendigenrat-zur-begutachtung-der-gesamtwirtschaftlichen-entwicklung-svr-42523 |titel=Definition: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) |abruf=2023-11-18}}</ref>), umgangssprachlich die '''fünf Wirtschaftsweisen''' genannt, ist ein [[Gremium]], das im Jahr 1963 durch einen [[gesetz]]lichen<ref>Vgl. [[Kabinett Adenauer IV/V|Kabinett Adenauer V]]: ''[https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl163s0685.pdf%27%5D__1715240753802 Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung]'' v. 14.08.1963 [[Bundesgesetzblatt (Deutschland)|BGBl.]] I S. 685; zuletzt geändert durch Artikel 216 V. v. 19.06.2020 BGBl. I S. 1328.</ref> [[Auftrag]] eingeführt wurde. Es befasst sich [[wissenschaft]]lich mit der [[Volkswirtschaft|gesamtwirtschaftlichen]] Entwicklung [[Deutschland]]s. Ziel ist die periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Erleichterung der Urteilsbildung aller wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit.
Zu diesem Zweck wird jährlich ein [[Gutachten]] erstellt, das der Bundesregierung bis zum [[15. November]] zugeleitet wird. Spätestens acht Wochen nach Vorlage des Gutachtens nimmt die Bundesregierung Stellung.


Zu diesem Zweck wird jährlich ein [[Gutachten]] erstellt, das der [[Deutsche Bundesregierung|Bundesregierung]] bis zum 15. November zugeleitet wird. Spätestens acht Wochen nach Vorlage des Gutachtens nimmt die Bundesregierung im Rahmen des [[Jahreswirtschaftsbericht]]s dazu Stellung. Darüber hinaus kann der Sachverständigenrat von der jeweiligen Bundesregierung mit der Erstellung von Sondergutachten beauftragt werden oder selbst ein Sondergutachten erstatten, wenn auf einzelnen Gebieten eine Gefährdung der gesamtwirtschaftlichen Ziele erkennbar ist.
Die Aufgaben des ''Sachverständigenrates'' und die [[Berufung]] der Mitglieder ist in einem eigenen ''[[Gesetz zur Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung]]'' geregelt. Zu den Aufgaben gehören die [[Analyse]] der gesamtwirtschaftlichen Lage und [[Prognose]]n für die Zukunft.

== Entstehungsgeschichte des Sachverständigenrats ==
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F017490-0004, Bonn, Die "Fünf Weisen" beim Bundespräsidenten.jpg|mini|300px|Die „fünf Weisen“ 1964 beim Bundespräsidenten]]

Die Existenz des Sachverständigenrats ist im ''Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung'' rechtlich verankert. Dieses Gesetz wurde am 26. Juni 1963 vom [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]] verabschiedet.<ref>Plenarprotokoll, 4. Wahlperiode, 81. Sitzung, S. 3946–3952. Name: Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963.</ref> Jedoch reichen die Überlegungen, einen solchen Wirtschaftsrat zu bilden, weiter zurück.

=== Erste Ideen für ein Beratungsgremium ===
Als Vorbild für den Sachverständigenrat gilt das US-amerikanische ''[[Council of Economic Advisers]]'', dessen Nähe zum [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-amerikanischen Präsidenten]] in der deutschen Diskussion um wissenschaftliche Beratung in den frühen Fünfzigerjahren kritisiert wurde.<ref>[[Alexander Nützenadel]]: ''Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974'', in: [[Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft]] 166. Hg. von Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann und Hans-Ulrich Wehler, Göttingen 2005, S. 152f.</ref> Auch war dem ''Council of Economic Advisers'' keine öffentliche Rolle zugedacht.<ref>Gabriele Metzler: ''Konzeptionen politischen Handelns von Adenauer bis Brandt. Politische Planung in der pluralistischen Gesellschaft''. Paderborn 2005, S. 177.</ref> Diese Rolle sollte der SVR jedoch haben. Er wurde als ein externes und unabhängiges Gremium konzipiert, „das sich in die öffentliche Diskussion einschalten sollte“.<ref>Alexander Nützenadel: ''Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974''. In: Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann, [[Hans-Ulrich Wehler]] (Hrsg.): ''Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft'', 166, Göttingen 2005, S. 153.</ref>

Am 8. Juli 1956 schlug der [[Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft|Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft]] und der [[Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen|Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Finanzen]] in dem Gutachten ''Instrumente der Konjunkturpolitik und ihrer rechtlichen Institutionalisierung'' die Einrichtung eines jährlichen „Gesamtbild[s] in Form eines Wirtschaftsprogramms“ vor. In diesem jährlichen „Gesamtbild“ sollte die Bundesregierung über die Wirtschaftslage berichten und ihre für die kommende Zeitperiode vorgesehene Wirtschaftspolitik darlegen. Dieser Bericht sollte gesetzlich verankert und dem Parlament vorzulegen sein.<ref name="Tietmeyer-23">[[Hans Tietmeyer]]: ''Die Gründung des Sachverständigenrates aus Sicht der Wirtschaftspolitik''. In: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: ''Vierzig Jahre Sachverständigenrat: 1963–2003''. Wiesbaden 2003, S. 23.</ref> Außerdem sollte eine „Zentralbehörde für volkswirtschaftliche Gesamtrechnung“ geschaffen werden, die von drei Fachkräften geleitet werden sollte.<ref name="Tietmeyer-23" /> Der Hintergrund hierfür war, dass der wissenschaftliche Beirat beim [[Bundesministerium für Wirtschaft und Energie|Bundesministerium für Wirtschaft]] sich nicht mehr in der Lage sah, die statistischen Vorarbeiten für Gutachten zu leisten. Dies hatte finanzielle und personelle Gründe. Die Zentralbehörde sollte stattdessen diese statistischen Grundlagen liefern, aber auch als Beratungsorgan der Regierung und anderer öffentlicher Stellen dienen.<ref name="Stunde-154">Alexander Nützenadel: ''Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974''. In: Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann, [[Hans-Ulrich Wehler]] (Hrsg.): ''Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft'', 166, Göttingen 2005, S. 154.</ref> Zu diesem Zeitpunkt hatten die [[Freie Demokratische Partei|FDP]] und die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] bereits ähnliche Vorschläge gemacht, die hier aufgegriffen wurden.<ref name="Tietmeyer-23" /> So hatte die FDP im Dezember 1955 einen Gesetzesantrag eingebracht, der einen „Konjunkturbeirat“ vorsah. Der Antrag fand jedoch im Bundestag keine Mehrheit. Auch der Vorschlag der SPD, einen „volkswirtschaftlichen Beirat“ einzurichten, fand keine Zustimmung.<ref name="Stunde-154" />

[[Bundesministerium für Wirtschaft und Energie|Bundeswirtschaftsminister]] [[Ludwig Erhard]] stand einigen dieser Vorschläge skeptisch gegenüber und befürchtete unter anderem, dass durch diese institutionellen Veränderungen planwirtschaftliche Tendenzen in der Wirtschaftspolitik entstehen könnten. Erhard war jedoch an neutraler und sachlicher Information interessiert und wollte die vielen konkurrierenden Interessenkonflikte in der Wirtschaftspolitik, wie sie u.&nbsp;a. durch Politik und Gewerkschaften entstehen, vermeiden. Um dies zu erreichen, sollte die Meinung der Wissenschaft nicht mehr als vereinzelte Stimmen, die kaum Einfluss auf die Politik und Öffentlichkeit haben, in Erscheinung treten, sondern als starke, gebündelte Stimme in der öffentlichen Debatte vertreten werden.<ref>[[Hans Tietmeyer]]: ''Die Gründung des Sachverständigenrates aus Sicht der Wirtschaftspolitik''. In: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: ''Vierzig Jahre Sachverständigenrat: 1963–2003''. Wiesbaden 2003, S. 24 f.</ref>

Sein Ziel war deshalb eine „Versachlichung“ der wirtschaftspolitischen Debatten, was eine „Erleichterung einer Wirtschaftspolitik der Vernunft“ zur Folge haben sollte. Ihm lag außerdem an einer Informierung und Beratung der politischen Öffentlichkeit, weniger an einer Beratung der Regierung. Diese sah er durch das Ministerium für Wirtschaft ausreichend beraten.

1958 schlug Erhard gemeinsam mit [[Bundesministerium für Arbeit und Soziales|Bundesarbeitsminister]] [[Theodor Blank]] ein „Sachverständigengremium für Wirtschafts- und Sozialpolitik“ vor. Der Vorschlag wurde jedoch vom [[Bundeskanzleramt (Deutschland)|Bundeskanzleramt]] und der [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]/[[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] abgelehnt. [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]] reagierte auf den Vorschlag mit Entrüstung und soll den Bundeswirtschaftsminister gefragt haben: „Erhard, woll’n Sie sich ’ne Laus in ’n Pelz setzen?“<ref>Olaf Storbeck: [https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/der-rat-steckt-in-einem-reformprozess-wieder-weiser-wieder-schmaler-seite-4/2572880-4.html ''Der „Rat“ steckt in einem Reformprozess. Wieder weiser, wieder schmaler''.] In: ''[[Handelsblatt]]'', 7. November 2005; abgerufen am 28. März 2016.</ref>

=== Verabschiedung des Gesetzes ===
Aufgrund dieser vehementen Ablehnung, auf die Erhards Vorschlag stieß, wurde die Idee zunächst verworfen und erst 1961 wieder aufgegriffen. Zu dieser Zeit gefährdete ein enormer Wirtschaftsboom die Preisstabilität und Lohnentwicklung in der BRD. Auch die von Erhard durchgesetzte [[Deutsche Mark|D-Mark]]-Aufwertung konnte das Wachstum nicht bremsen.
Anfang 1962 schrieb [[Ludwig Erhard]] deshalb einen Brief an Adenauer, in dem er nochmals die Bildung eines Sachverständigenrats vorschlug, der für politische Entscheidungsträger und Tarifpartner eine gesamtwirtschaftliche Orientierung bieten und öffentlichen Druck ausüben sollte. Adenauer fürchtete jedoch genau dies, da er hier die Handlungsfreiheit und Entscheidungsfreiheit der Regierung eingeschränkt sah.<ref>[[Hans Tietmeyer]]: ''Der deutsche Sachverständigenrat und sein Einfluss auf die Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik''. In: ''Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung'', 1/2011, S. 38.</ref> Erhard gab aber dieses Mal nicht nach und fand auch Unterstützung in den Medien. Ein [[Gesetzentwurf]] wurde im Oktober 1962 von den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und der FDP als Initiativantrag in den [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] eingebracht, woraufhin der Bundestag einen Wirtschaftsausschuss mit der Überprüfung beauftragte. Der Ausschuss unterstützte den Antrag, nahm allerdings Änderungen am Entwurf vor. So wurde das generelle Empfehlungsverbot, wie es zunächst vorgesehen war, abgemildert (§&nbsp;2 SVRG). Erhard wollte damit Adenauers bereits geschilderte Besorgnis lindern. Ebenfalls wurde das [[Kooptation]]sverfahren, also die Berufung neuer Mitglieder durch Mitglieder des Rats, gestrichen. Stattdessen erfolgte die Berufung neuer Mitglieder nun durch den [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] auf Vorschlag der [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] (§&nbsp;7 SVRG).

Das Gesetz wurde am 14. August 1963 im [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] einstimmig verabschiedet und von Bundespräsident [[Heinrich Lübke]] und [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]] [[Ludwig Erhard]] (nicht von Bundeskanzler Adenauer) unterzeichnet. Als Beratungsort des Sachverständigenrats einigte man sich auf das [[Statistisches Bundesamt|Statistische Bundesamt]] in [[Wiesbaden]]. Man wählte bewusst keinen Ort in [[Bonn]], da man die politische Unabhängigkeit des Sachverständigenrats durch die räumliche Distanz von der Bundesregierung betonen wollte.

Ab Mitte des Jahres 2024 wird der Sachverständigenrat jedoch nach Berlin umziehen. Der wissenschaftliche Stab wird dort seine Arbeit verrichten können und auch die Beratungen sollen künftig dort stattfinden. Angestrebt werden damit eine stärkere Beratung der Politik und Möglichkeiten des Austauschs.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftsweise-umzug-wiesbaden-berlin-1.6280964 |autor= |hrsg=[[Süddeutsche Zeitung|Süddeutsche.de]] |titel=Wirtschaftsweise ziehen nach Berlin |werk=sueddeutsche.de |datum=2023-10-09 |abruf=2023-11-27}}</ref>

== Aufgaben des Sachverständigenrats ==
Die Aufgaben des ''Sachverständigenrates'' und die [[Berufung (Amt)|Berufung]] der Mitglieder sind in einem eigenen ''Gesetz zur Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung'' geregelt. Der gesetzliche Auftrag des ''Sachverständigenrats'' besteht darin, die gesamtwirtschaftliche Lage und ihre absehbare Entwicklung im Sinne einer Prognose darzustellen. Dabei soll nach Möglichkeiten gesucht werden, das Preisniveau stabil zu halten, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu halten oder herzustellen. Dies solle alles im Rahmen der freien Marktwirtschaft und bei stetigem und angemessenem Wachstum geschehen. Die Verteilung von Einkommen und Vermögen soll ebenfalls berücksichtigt werden. Die wirtschaftliche Lage wird auch auf mögliche aktuelle Spannungen zwischen Nachfrage und Angebot untersucht. Dabei sollen eventuelle Fehlentwicklungen erörtert werden.

Der Rat verfolgt die als [[Magisches Viereck]] bezeichneten vier wirtschaftspolitischen Ziele: Stabilität des Preisniveaus (Geldwertstabilität), hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.<ref>[[Peter Weingart]], Justus Lentsch: ''Wissen – Beraten – Entscheiden. Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland''. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Weilerswist 2008, S. 99.</ref> Er darf in seinem Gutachten keinen Lösungsweg empfehlen.


== Mitglieder des Rates ==
== Mitglieder des Rates ==


===Berufungsregeln===
=== Berufungsregeln ===
Der Rat hat fünf Mitglieder, die vom [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] auf Vorschlag der Bundesregierung jeweils für die Dauer von fünf Jahren berufen werden. Die Mitglieder des Sachverständigenrates dürfen weder der Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch dem öffentlichen Dienst oder einer sonstigen juristischen Person des öffentlichen Rechts angehören; ausgenommen sind Hochschullehrer und Wissenschaftler. Wiederberufungen sind möglich. Jeweils zum 1. März, dem Ende des ''Ratsjahres'', endet die Berufungszeit eines Mitglieds durch die sogenannten rollierenden Wahlperioden der Räte.<ref>Interview mit [[Beatrice Weder di Mauro]]: [https://www.zeit.de/2008/06/Sonst_gibt_es_Inzucht ''Globale Märkte. »Sonst gibt es Inzucht«''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 6/2008, S. 27.</ref>

Traditionsgemäß wird jeweils ein Mitglied auf Vorschlag des [[Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft|Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft]] („Arbeitgeberticket“) und der [[Gewerkschaft]]en („Gewerkschaftsticket“) berufen. Mitglied auf dem Arbeitgeberticket ist [[Martin Werding]], während [[Achim Truger]] auf Vorschlag der Gewerkschaften im Rat sitzt.


=== Derzeitige Mitglieder ===
Der Rat hat fünf Mitglieder, die vom [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]]en auf Vorschlag der Bundesregierung jeweils für die Dauer von fünf Jahren berufen werden. Eine (in der Regel einmalige) Wiederberufung ist möglich. Jeweils zum [[1. März]], dem Ende des ''Ratsjahres'', scheidet ein Mitglied aus.
Mitglieder des Rates sind derzeit:<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/ueber-uns/ratsmitglieder.html |titel=Ratsmitglieder |abruf=2022-08-10}}</ref>


* [[Achim Truger]] (seit März 2019)
[[Tradition]]sgemäß haben bei einem der Mitglieder der [[Gemeinschaftsausschuss der deutschen Wirtschaft]], bei einem anderen Mitglied die [[Gewerkschaft]]en ein besonderes Mitspracherecht.
* [[Veronika Grimm]] (seit April 2020)
* [[Monika Schnitzer]] (seit April 2020, seit Oktober 2022 Vorsitzende<ref>{{Internetquelle |autor=Julian Olk |url=https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/sachverstaendigenrat-monika-schnitzer-neue-vorsitzende-der-wirtschaftsweisen-erstmals-eine-frau-an-der-spitze/28746094.html?share=twitter |titel=Monika Schnitzer neue Vorsitzende der Wirtschaftsweisen – Erstmals eine Frau an der Spitze |werk=Handelsblatt |datum=2022-10-13 |abruf=2022-10-13}}</ref>)
* [[Ulrike Malmendier]] (seit September 2022)
* [[Martin Werding]] (seit September 2022)


Die derzeitigen (Dezember [[2004]]) Mitglieder des Rates sind:
=== Ehemalige Mitglieder ===
{{Mehrspaltige Liste |breite= |gesamtbreite= |anzahl= |abstand= |liste=
*[[Bert Rürup]] (seit März [[2000]])
*[[Wolfgang Wiegard]] (seit März 2001, ''Vorsitzender seit März [[2002]]'')
* [[Wilhelm Bauer (Ökonom)|Wilhelm Bauer]] (Januar 1964–Juli 1974; ''Vorsitzender März 1964–Februar 1970'')
* [[Paul Binder]] (Januar 1964–Februar 1968)
*[[Wolfgang Franz]] (Mai [[1994]] - Februar [[1999]]; seit Februar [[2003]])
*[[Peter Bofinger]] (seit März 2004)
* [[Herbert Giersch]] (Januar 1964–Februar 1970)
* [[Harald Koch (Politiker, 1907)|Harald Koch]] (Januar 1964–Mai 1969)
*[[Beatrice Weder di Mauro]] (seit Juni 2004)
* [[Fritz W. Meyer]] (Januar 1964–Februar 1966)
* [[Wolfgang Stützel]] (Februar 1966–September 1968)
* [[Manfred Schäfer (Politiker)|Manfred Schäfer]] (März 1968–Juli 1970)
* [[Norbert Kloten]] (Juni 1969–April 1976; ''Vorsitzender März 1970–Februar 1976'')
* [[Claus Köhler]] (Dezember 1969–Februar 1974)
* [[Olaf Sievert]] (Mai 1970–Februar 1985; ''Vorsitzender März 1976–Februar 1985'')
* [[Armin Gutowski]] (Dezember 1970–Februar 1978)
* [[Gerhard Scherhorn]] (Mai 1974–Februar 1979)
* [[Kurt Schmidt (Finanzwissenschaftler)|Kurt Schmidt]] (August 1974–Mai 1984)
* [[Gerhard Fels]] (Juni 1976–Februar 1982)
* [[Horst Albach]] (Mai 1978–Februar 1983)
* [[Werner Glastetter]] (August 1979–August 1981)
* [[Hans-Jürgen Krupp]] (März 1982–Februar 1984)
* [[Hans Karl Schneider (Volkswirt)|Hans Karl Schneider]] (Juli 1982–Februar 1992; ''Vorsitzender März 1985–Februar 1992'')
* [[Ernst Helmstädter]] (März 1983–Februar 1988)
* [[Dieter Mertens (Volkswirt)|Dieter Mertens]] (März 1984–Februar 1986)
* [[Dieter Pohmer]] (Juli 1984–Februar 1991)
* [[Helmut Hesse (Ökonom)|Helmut Hesse]] (März 1985–November 1988)
* [[Rüdiger Pohl (Wirtschaftswissenschaftler)|Rüdiger Pohl]] (Juli 1986–Februar 1994)
* [[Otmar Issing]] (April 1988–September 1990)
* [[Herbert Hax]] (März 1989–Februar 2000; ''Vorsitzender März 1992–Februar 2000'')
* [[Horst Siebert (Ökonom)|Horst Siebert]] (Januar 1991–Februar 2003)
* [[Rolf Peffekoven]] (April 1991–Februar 2001)
* [[Juergen B. Donges]] (April 1992–Februar 2002; ''Vorsitzender März 2000–Februar 2002'')
* [[Wolfgang Franz (Volkswirt)|Wolfgang Franz]] (Mai 1994–Februar 1999; März 2003–Februar 2013; ''Vorsitzender März 2009–Februar 2013'')
* [[Jürgen Kromphardt]] (März 1999–Februar 2004)
* [[Bert Rürup]] (März 2000–Februar 2009, ''Vorsitzender März 2005–Februar 2009'')
* [[Wolfgang Wiegard]] (März 2001–Februar 2011; ''Vorsitzender April 2002–Februar 2005'')
* [[Axel A. Weber]] (März 2002–April 2004)
* [[Peter Bofinger]] (März 2004–Februar 2019)
* [[Beatrice Weder di Mauro]] (Juni 2004–Februar 2012)
* [[Christoph M. Schmidt]] (März 2009–Februar 2020; ''Vorsitzender März 2013–Februar 2020'')
* [[Lars Feld]] (März 2011–Februar 2021; ''Vorsitzender März 2020–Februar 2021'')
* [[Claudia-Maria Buch|Claudia M. Buch]] (März 2012–Mai 2014)
* [[Volker Wieland]] (März 2013–April 2022)<ref>{{Internetquelle |autor=Johannes Pennekamp |url=https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/sachverstaendigenrat-volker-wieland-tritt-ueberraschend-zurueck-17947382.html |titel=Überraschender Rücktritt: „Man sollte gehen, wenn es am schönsten ist“ |werk=www.faz.net |datum=2022-04-09 |abruf=2022-04-09}}</ref>
* [[Isabel Schnabel]] (Juni 2014–Dezember 2019)}}


== Kritik ==
[[Wolfgang Wiegard]] kündigte aufgrund von Problemen mit dem Ratsmitglied [[Peter Bofinger]] seinen Rücktritt vom Ratsvorsitz an.
Der Sachverständigenrat steht immer wieder in der Kritik. Eine grundsätzliche Kritik lautet, dass er seine im Gesetz festgelegten Aufgaben überwiegend nicht oder kaum erfülle. Umgekehrt missachte er regelmäßig das Verbot, Empfehlungen auszusprechen.<ref name="entzauberung">[[Norbert Häring]]: ''Die Entzauberung der Weisen''. In: ''[[Handelsblatt]]'', 1. Dezember 2014, S. 13.</ref> Der ehemalige „Wirtschaftsweise“ Hans-Jürgen Krupp sagte gegenüber dem ''[[Handelsblatt]]'', unabhängige, neutrale Wirtschaftswissenschaft sei eine Fiktion, und der SVR solle von dem „Deckmäntelchen der Neutralität“ befreit und in ein Beratungsgremium umgewandelt werden, das die jeweilige Regierung bei der Verfolgung ihrer Ziele unterstützt.<ref name="entzauberung" /> Alternativ wird gefordert, dem Sachverständigenrat solle eine breitere Sicht auf sein Aufgabenfeld ermöglicht werden, indem seine Zusammensetzung entsprechend dem [[Stand der Wissenschaft]] reformiert werde.<ref>{{Internetquelle |autor=Tobias Kröll und Jochen Fehling |url=https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2019/_09/_11/Petition_99084.nc.$$$.a.u.html |titel=Petition 99084: Zusammensetzung der wissenschaftlichen Beiräte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie/des Bundesministeriums der Finanzen sowie des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 11. September 2019 |werk=Petitionen an den Deutschen Bundestag |hrsg=Deutscher Bundestag |datum=2019-11-09 |abruf=2020-04-04}}</ref>


Obwohl das Ziel der Mitglieder des SVR darin besteht, ihre Gutachten einhellig zu erstellen, gab es in der Vergangenheit auch unterschiedliche Deutungen. Die Folge waren nicht immer klare Empfehlungen. So bestand [[Peter Bofinger]] wiederholt auf Minderheitsvoten, die im Jahresgutachten abgedruckt werden mussten.<ref>Lisa Nienhaus: ''Der Mann für den prallen Staat''. In: ''[[Die Zeit]]'', 28. März 2019</ref>
===ehemalige Mitglieder===
(in chronologischer Reihenfolge)


Zu der Empfehlung des SVR in seinem Jahresgutachten 2013/2014, wegen der [[Kalte Progression|kalten Progression]] sei eine Anpassung des Einkommensteuertarifs „überfällig“, schrieben drei Ökonomen in der Zeitschrift [[Wirtschaftsdienst]], diese beruhe auf zweifelhaften Argumenten. Insbesondere sei die Wahl des Jahres 2006 als Referenzjahr mit angeblich mittlerer Belastung „mehr als befremdlich“, denn dieses sei „ganz offensichtlich“ ein Jahr mit geringer Belastung gewesen. Das müsse dem SVR auch bekannt gewesen sein, da er es in seinem Gutachten 2011, in dem er noch keinen akuten Handlungsbedarf wegen der kalten Progression gesehen hatte, selbst festgestellt habe.<ref>Katja Rietzler, Dieter Teichmann, [[Achim Truger]]: ''Abbau der kalten Progression: nüchterne Analyse geboten''. In: ''Wirtschaftsdienst'', 12/2014, S. 864–871. ([https://www.wirtschaftsdienst.eu/inhalt/jahr/2014/heft/12/beitrag/abbau-der-kalten-progression-nuechterne-analyse-geboten.html wirtschaftsdienst.eu])</ref> Das Handelsblatt interpretierte dies als indirekte Unterstellung einer Manipulationsabsicht und berichtete von weiteren Ungereimtheiten.<ref>Norbert Häring: ''Wirtschaftsweise im Kreuzfeuer''. In: ''[[Handelsblatt]]'', 1. Dezember 2014, S. 1. ([https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/oekonomie/nachrichten/oekonomen-gremium-heftige-kritik-an-sachverstaendigenrat/11054902.html Vorab-Info online])</ref>
*[[Wilhelm Bauer (Ökonom)|Wilhelm Bauer]] (Januar [[1964]] - Juli [[1974]]; ''Vorsitzender März 1964 - Februar [[1970]]'')
*[[Pau Binder]] (Januar 1964 - Februar [[1968]])
*[[Herbert Giersch]] (Januar 1964 - Februar 1970)
*[[Harald Koch (Ökonom)|Harald Koch]] (Januar 1964 - Mai [[1969]])
*[[Fritz W. Meyer]] (Januar 1964 - Februar [[1966]])
*[[Wolfgang Stützel]] (Februar 1966 - September 1968)
*[[Manfred Schäfer]] (März 1968 - Juli 1970)
*[[Norbert Kloten]] (Juni 1969 - April 1976; ''Vorsitzender März 1970 - Februar 1976'')
*[[Claus Köhler]] (Dezember 1969 - Februar 1974)
*[[Olaf Sievert]] (Mai 1970 - Februar 1985; ''Vorsitzender März 1976 - Februar 1985'')
*[[Armin Gutowski]] (Dezember 1970 - Februar 1978)
*[[Gerhard Scherhorn]] (Mai 1974 - Februar 1979)
*[[Kurt Schmidt]] (August 1974 - Mai 1984)
*[[Gerd Fels]] (Juni 1976 - Februar 1982)
*[[Horst Albach]] (Mai 1978 - Februar 1983)
*[[Werner Glastetter]] (August 1979 - August 1981)
*[[Hans-Jürgen Krupp]] (März 1982 - Februar 1984)
*[[Hans Karl Schneider]] (Juli 1982 - Februar 1992; ''Vorsitzender März 1985 - Februar 1992'')
*[[Ernst Helmstädter]] (März 1983 - Februar 1988)
*[[Dieter Mertens]] (März 1984 - Februar 1986)
*[[Dieter Pohmer]] (Juli 1984 - Februar 1991)
*[[Helmut Hesse]] (März 1985 - November 1988)
*[[Rüdiger Pohl]] (Juli 1986 - Februar 1994)
*[[Otmar Issing]] (April 1988 - September 1990)
*[[Herbert Hax]] (März 1989 - Februar 2000; ''Vorsitzender März 1992 - Februar 2000'')
*[[Horst Siebert]] (Januar 1991 - Februar 2003)
*[[Rolf Peffekoven]] (April 1991 - Februar 2001)
*[[Juergen B. Donges]] (April 1992 - Februar 2002; ''Vorsitzender März 2000 - Februar 2002'')
*[[Jürgen Kromphardt]] (März 1999 - Februar 2004)
*[[Axel A. Weber]] (März 2002 - April 2004)


[[Dieter Plehwe]] schrieb 2024 in einer Studie, dass der Rat „durch ein permanentes ökonomisches Krisenbewusstsein“ in Politik und Gesellschaft seit den 1980er Jahren „fast den Status einer wirtschaftsliberalen Glaubenskongregation“ erlangte. Als Nachweis müsse man sich nur die Bezeichnung der Gremienmitglieder als „Wirtschaftsweise“ vor Augen führen. Diese haben zwischen 1982 und 2017 „fast durchgehend“ [[Wirtschaftsliberalismus|wirtschaftsliberale]] Konzepte empfohlen und seien damit „wirtschaftspolitisch einseitig“. Die Reputation des Gremiums habe dazu geführt, dass ein Eindruck der Alternativlosigkeit entstanden sei.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Dieter Plehwe]] |url=https://wzb.eu/de/news/wirtschaftspolitische-beratung-in-der-kritik |titel=Wirtschaftspolitische Beratung in der Kritik |werk=Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung |datum=2024-03-12 |abruf=2025-01-11}}</ref>
Axel A. Weber ist mit seiner Ernennung zum [[Präsident]]en der [[Deutsche Bundesbank|Bundesbank]] aus dem Rat ausgeschieden, da die Mitglieder des Rates keiner ([[Gesetzgebung|gesetzgebenden]]) [[Körperschaft]] des Bundes oder dem [[Öffentlicher Dienst|Öffentlichen Dienst]] (Ausnahme: Hochschullehrer, Forschungsinstitut) angehören dürfen.


== Vergleichbare Gremien ==
== "Gegengutachten" der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ==
Ähnliche Funktionen erfüllen der [[Rat für Wirtschaftsanalyse]] in Frankreich und das [[Council of Economic Advisers]] der USA.<ref>{{Literatur |Autor=Michael Flickenschild, Alexandre Afonso |Titel=Networks of economic policy expertise in Germany and the United States in the wake of the Great Recession |Sammelwerk=Journal of European Public Policy |Datum=2018-09-14 |ISSN=1350-1763 |Seiten=1–20 |Online=https://www.tandfonline.com/action/captchaChallenge?redirectUri=%2Fdoi%2Ffull%2F10.1080%2F13501763.2018.1518992 |Abruf=2018-09-23 |DOI=10.1080/13501763.2018.1518992}}</ref> Der [[Wirtschaftsrat von Kanada]] wurde 1992 aufgelöst.


Das [[Landesökonomiekollegium]] wurde 1842 in Preußen gegründet.
Seit 1977 wird von der [[Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik]] jährlich in der Woche vor dem [[1. Mai]] ein ''Memorandum für eine alternative Wirtschaftspolitik'' veröffentlicht. Es gilt vielfach als "Gegengutachten" zum jährlichen Gutachten des Sachverständigenrats.


== Problematik ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Beratungsgremien der Bundesregierung]]


== Literatur ==
Die Prognosen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung sind im Nachhinein betrachtet selten richtig und basieren fast ausschließlich auf angebotstheoretische Wirtschaftstheorien. Die politischen Entscheidungsträger ignorieren zunehmend die Ratschläge der Wirtschaftsprofessoren und versuchen durch eine gezielte Berufungspolitik ihnen genehme Gutachten zu fördern.
* Wolfgang Franz: ''Wirtschaftspolitische Beratung: Reminiszenzen und Reflexion''. In: ''Perspektiven der Wirtschaftspolitik'', Jg. 1, 2000, S. 53–71.
* Hans-Jürgen Krupp: ''Unabhängige Beratung und politische Verantwortung, Überlegungen zur Konzeption des deutschen Sachverständigenrats''. In: B. Gahlen u.&nbsp;a. (Hrsg.): Wirtschaftswachstum, Strukturwandel und dynamischer Wettbewerb, Berlin 1989, S. 421–428.
* ''Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung'', ''Vierzig Jahre Sachverständigenrat 1963–2003''. Wiesbaden 2003, ISBN 3-8246-0704-2.
* Ansgar Strätling: ''Sachverständiger Rat im Wandel''. Marburg 2001, ISBN 3-89518-339-3.
* Ansgar Strätling: ''Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung''. In: S. Falk u.&nbsp;A. (Hrsg.): ''Handbuch Politikberatung''. Wiesbaden 2006, S. 353–362, ISBN 3-531-14250-X.
* Ulrich van Suntum: ''Im Sog des Ruhms: 30 Jahre Sachverständigenrat''. In: ''Volkswirtschaftliche Korrespondenz der Alfred-Weber-Stiftung'', Jg. 32, 1993, Nr. 10.
* {{Cite journal|doi=10.1080/13501763.2018.1518992 |last=Flickenschild, Michael |first=Afonso, Alexandre |authorlink=|year=2018 |title=Networks of economic policy expertise in Germany and the United States in the wake of the Great Recession |journal=Journal of European Public Policy |volume= |issue= |pages= }}
* Lino Wehrheim: ''Im Olymp der Ökonomen. Zur öffentlichen Resonanz wirtschaftspolitischer Experten von 1965 bis 2015''. Tübingen 2021, ISBN 978-3-16-160845-2.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*[http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/ Webpräsenz der Wirtschaftsweisen]
* [https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/ Webpräsenz des Sachverständigenrates]
*[http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/wueu/gesetz.html Gesetz über die Bildung des Sachverständigenrates]
* [https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/Sonstiges/Gesetz_SRW.pdf Gesetz über die Bildung des Sachverständigenrates] (PDF; 129&nbsp;kB)
* [https://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/publikationen/jahresgutachten/jahresgutachten-201819.html Jahresgutachten 2018/2019 des Sachverständigenrates]
* [https://www.youtube.com/watch?v=LY2C_nl5kKA ''Wirtschaftspolitik verstehen: Sachverständigenrat – Modell für Politikberatung?''] econwatchTV, 11. Dezember 2014.


== Einzelnachweise ==
==Literatur==
<references />


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*SACHVERSTÄNDIGENRAT zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, ''Vierzig Jahre Sachverständigenrat 1963-2003'', Wiesbaden, 2003, ISBN 3-8246-0704-2
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Aktuelle Version vom 23. März 2025, 13:05 Uhr

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (abgekürzt SVR[1]), umgangssprachlich die „fünf Wirtschaftsweisen“ genannt, ist ein Gremium, das im Jahr 1963 durch einen gesetzlichen[2] Auftrag eingeführt wurde. Es befasst sich wissenschaftlich mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Ziel ist die periodische Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Erleichterung der Urteilsbildung aller wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie der Öffentlichkeit.

Zu diesem Zweck wird jährlich ein Gutachten erstellt, das der Bundesregierung bis zum 15. November zugeleitet wird. Spätestens acht Wochen nach Vorlage des Gutachtens nimmt die Bundesregierung im Rahmen des Jahreswirtschaftsberichts dazu Stellung. Darüber hinaus kann der Sachverständigenrat von der jeweiligen Bundesregierung mit der Erstellung von Sondergutachten beauftragt werden oder selbst ein Sondergutachten erstatten, wenn auf einzelnen Gebieten eine Gefährdung der gesamtwirtschaftlichen Ziele erkennbar ist.

Entstehungsgeschichte des Sachverständigenrats

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Die „fünf Weisen“ 1964 beim Bundespräsidenten

Die Existenz des Sachverständigenrats ist im Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung rechtlich verankert. Dieses Gesetz wurde am 26. Juni 1963 vom Deutschen Bundestag verabschiedet.[3] Jedoch reichen die Überlegungen, einen solchen Wirtschaftsrat zu bilden, weiter zurück.

Erste Ideen für ein Beratungsgremium

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Als Vorbild für den Sachverständigenrat gilt das US-amerikanische Council of Economic Advisers, dessen Nähe zum US-amerikanischen Präsidenten in der deutschen Diskussion um wissenschaftliche Beratung in den frühen Fünfzigerjahren kritisiert wurde.[4] Auch war dem Council of Economic Advisers keine öffentliche Rolle zugedacht.[5] Diese Rolle sollte der SVR jedoch haben. Er wurde als ein externes und unabhängiges Gremium konzipiert, „das sich in die öffentliche Diskussion einschalten sollte“.[6]

Am 8. Juli 1956 schlug der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Finanzen in dem Gutachten Instrumente der Konjunkturpolitik und ihrer rechtlichen Institutionalisierung die Einrichtung eines jährlichen „Gesamtbild[s] in Form eines Wirtschaftsprogramms“ vor. In diesem jährlichen „Gesamtbild“ sollte die Bundesregierung über die Wirtschaftslage berichten und ihre für die kommende Zeitperiode vorgesehene Wirtschaftspolitik darlegen. Dieser Bericht sollte gesetzlich verankert und dem Parlament vorzulegen sein.[7] Außerdem sollte eine „Zentralbehörde für volkswirtschaftliche Gesamtrechnung“ geschaffen werden, die von drei Fachkräften geleitet werden sollte.[7] Der Hintergrund hierfür war, dass der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft sich nicht mehr in der Lage sah, die statistischen Vorarbeiten für Gutachten zu leisten. Dies hatte finanzielle und personelle Gründe. Die Zentralbehörde sollte stattdessen diese statistischen Grundlagen liefern, aber auch als Beratungsorgan der Regierung und anderer öffentlicher Stellen dienen.[8] Zu diesem Zeitpunkt hatten die FDP und die SPD bereits ähnliche Vorschläge gemacht, die hier aufgegriffen wurden.[7] So hatte die FDP im Dezember 1955 einen Gesetzesantrag eingebracht, der einen „Konjunkturbeirat“ vorsah. Der Antrag fand jedoch im Bundestag keine Mehrheit. Auch der Vorschlag der SPD, einen „volkswirtschaftlichen Beirat“ einzurichten, fand keine Zustimmung.[8]

Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard stand einigen dieser Vorschläge skeptisch gegenüber und befürchtete unter anderem, dass durch diese institutionellen Veränderungen planwirtschaftliche Tendenzen in der Wirtschaftspolitik entstehen könnten. Erhard war jedoch an neutraler und sachlicher Information interessiert und wollte die vielen konkurrierenden Interessenkonflikte in der Wirtschaftspolitik, wie sie u. a. durch Politik und Gewerkschaften entstehen, vermeiden. Um dies zu erreichen, sollte die Meinung der Wissenschaft nicht mehr als vereinzelte Stimmen, die kaum Einfluss auf die Politik und Öffentlichkeit haben, in Erscheinung treten, sondern als starke, gebündelte Stimme in der öffentlichen Debatte vertreten werden.[9]

Sein Ziel war deshalb eine „Versachlichung“ der wirtschaftspolitischen Debatten, was eine „Erleichterung einer Wirtschaftspolitik der Vernunft“ zur Folge haben sollte. Ihm lag außerdem an einer Informierung und Beratung der politischen Öffentlichkeit, weniger an einer Beratung der Regierung. Diese sah er durch das Ministerium für Wirtschaft ausreichend beraten.

1958 schlug Erhard gemeinsam mit Bundesarbeitsminister Theodor Blank ein „Sachverständigengremium für Wirtschafts- und Sozialpolitik“ vor. Der Vorschlag wurde jedoch vom Bundeskanzleramt und der CDU/CSU abgelehnt. Bundeskanzler Konrad Adenauer reagierte auf den Vorschlag mit Entrüstung und soll den Bundeswirtschaftsminister gefragt haben: „Erhard, woll’n Sie sich ’ne Laus in ’n Pelz setzen?“[10]

Verabschiedung des Gesetzes

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Aufgrund dieser vehementen Ablehnung, auf die Erhards Vorschlag stieß, wurde die Idee zunächst verworfen und erst 1961 wieder aufgegriffen. Zu dieser Zeit gefährdete ein enormer Wirtschaftsboom die Preisstabilität und Lohnentwicklung in der BRD. Auch die von Erhard durchgesetzte D-Mark-Aufwertung konnte das Wachstum nicht bremsen. Anfang 1962 schrieb Ludwig Erhard deshalb einen Brief an Adenauer, in dem er nochmals die Bildung eines Sachverständigenrats vorschlug, der für politische Entscheidungsträger und Tarifpartner eine gesamtwirtschaftliche Orientierung bieten und öffentlichen Druck ausüben sollte. Adenauer fürchtete jedoch genau dies, da er hier die Handlungsfreiheit und Entscheidungsfreiheit der Regierung eingeschränkt sah.[11] Erhard gab aber dieses Mal nicht nach und fand auch Unterstützung in den Medien. Ein Gesetzentwurf wurde im Oktober 1962 von den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU und der FDP als Initiativantrag in den Bundestag eingebracht, woraufhin der Bundestag einen Wirtschaftsausschuss mit der Überprüfung beauftragte. Der Ausschuss unterstützte den Antrag, nahm allerdings Änderungen am Entwurf vor. So wurde das generelle Empfehlungsverbot, wie es zunächst vorgesehen war, abgemildert (§ 2 SVRG). Erhard wollte damit Adenauers bereits geschilderte Besorgnis lindern. Ebenfalls wurde das Kooptationsverfahren, also die Berufung neuer Mitglieder durch Mitglieder des Rats, gestrichen. Stattdessen erfolgte die Berufung neuer Mitglieder nun durch den Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung (§ 7 SVRG).

Das Gesetz wurde am 14. August 1963 im Bundestag einstimmig verabschiedet und von Bundespräsident Heinrich Lübke und Vizekanzler Ludwig Erhard (nicht von Bundeskanzler Adenauer) unterzeichnet. Als Beratungsort des Sachverständigenrats einigte man sich auf das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Man wählte bewusst keinen Ort in Bonn, da man die politische Unabhängigkeit des Sachverständigenrats durch die räumliche Distanz von der Bundesregierung betonen wollte.

Ab Mitte des Jahres 2024 wird der Sachverständigenrat jedoch nach Berlin umziehen. Der wissenschaftliche Stab wird dort seine Arbeit verrichten können und auch die Beratungen sollen künftig dort stattfinden. Angestrebt werden damit eine stärkere Beratung der Politik und Möglichkeiten des Austauschs.[12]

Aufgaben des Sachverständigenrats

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Die Aufgaben des Sachverständigenrates und die Berufung der Mitglieder sind in einem eigenen Gesetz zur Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung geregelt. Der gesetzliche Auftrag des Sachverständigenrats besteht darin, die gesamtwirtschaftliche Lage und ihre absehbare Entwicklung im Sinne einer Prognose darzustellen. Dabei soll nach Möglichkeiten gesucht werden, das Preisniveau stabil zu halten, Arbeitslosigkeit zu vermeiden und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht zu halten oder herzustellen. Dies solle alles im Rahmen der freien Marktwirtschaft und bei stetigem und angemessenem Wachstum geschehen. Die Verteilung von Einkommen und Vermögen soll ebenfalls berücksichtigt werden. Die wirtschaftliche Lage wird auch auf mögliche aktuelle Spannungen zwischen Nachfrage und Angebot untersucht. Dabei sollen eventuelle Fehlentwicklungen erörtert werden.

Der Rat verfolgt die als Magisches Viereck bezeichneten vier wirtschaftspolitischen Ziele: Stabilität des Preisniveaus (Geldwertstabilität), hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht sowie stetiges und angemessenes Wirtschaftswachstum.[13] Er darf in seinem Gutachten keinen Lösungsweg empfehlen.

Mitglieder des Rates

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Berufungsregeln

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Der Rat hat fünf Mitglieder, die vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung jeweils für die Dauer von fünf Jahren berufen werden. Die Mitglieder des Sachverständigenrates dürfen weder der Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft des Bundes oder eines Landes noch dem öffentlichen Dienst oder einer sonstigen juristischen Person des öffentlichen Rechts angehören; ausgenommen sind Hochschullehrer und Wissenschaftler. Wiederberufungen sind möglich. Jeweils zum 1. März, dem Ende des Ratsjahres, endet die Berufungszeit eines Mitglieds durch die sogenannten rollierenden Wahlperioden der Räte.[14]

Traditionsgemäß wird jeweils ein Mitglied auf Vorschlag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft („Arbeitgeberticket“) und der Gewerkschaften („Gewerkschaftsticket“) berufen. Mitglied auf dem Arbeitgeberticket ist Martin Werding, während Achim Truger auf Vorschlag der Gewerkschaften im Rat sitzt.

Derzeitige Mitglieder

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Mitglieder des Rates sind derzeit:[15]

Ehemalige Mitglieder

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Der Sachverständigenrat steht immer wieder in der Kritik. Eine grundsätzliche Kritik lautet, dass er seine im Gesetz festgelegten Aufgaben überwiegend nicht oder kaum erfülle. Umgekehrt missachte er regelmäßig das Verbot, Empfehlungen auszusprechen.[18] Der ehemalige „Wirtschaftsweise“ Hans-Jürgen Krupp sagte gegenüber dem Handelsblatt, unabhängige, neutrale Wirtschaftswissenschaft sei eine Fiktion, und der SVR solle von dem „Deckmäntelchen der Neutralität“ befreit und in ein Beratungsgremium umgewandelt werden, das die jeweilige Regierung bei der Verfolgung ihrer Ziele unterstützt.[18] Alternativ wird gefordert, dem Sachverständigenrat solle eine breitere Sicht auf sein Aufgabenfeld ermöglicht werden, indem seine Zusammensetzung entsprechend dem Stand der Wissenschaft reformiert werde.[19]

Obwohl das Ziel der Mitglieder des SVR darin besteht, ihre Gutachten einhellig zu erstellen, gab es in der Vergangenheit auch unterschiedliche Deutungen. Die Folge waren nicht immer klare Empfehlungen. So bestand Peter Bofinger wiederholt auf Minderheitsvoten, die im Jahresgutachten abgedruckt werden mussten.[20]

Zu der Empfehlung des SVR in seinem Jahresgutachten 2013/2014, wegen der kalten Progression sei eine Anpassung des Einkommensteuertarifs „überfällig“, schrieben drei Ökonomen in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst, diese beruhe auf zweifelhaften Argumenten. Insbesondere sei die Wahl des Jahres 2006 als Referenzjahr mit angeblich mittlerer Belastung „mehr als befremdlich“, denn dieses sei „ganz offensichtlich“ ein Jahr mit geringer Belastung gewesen. Das müsse dem SVR auch bekannt gewesen sein, da er es in seinem Gutachten 2011, in dem er noch keinen akuten Handlungsbedarf wegen der kalten Progression gesehen hatte, selbst festgestellt habe.[21] Das Handelsblatt interpretierte dies als indirekte Unterstellung einer Manipulationsabsicht und berichtete von weiteren Ungereimtheiten.[22]

Dieter Plehwe schrieb 2024 in einer Studie, dass der Rat „durch ein permanentes ökonomisches Krisenbewusstsein“ in Politik und Gesellschaft seit den 1980er Jahren „fast den Status einer wirtschaftsliberalen Glaubenskongregation“ erlangte. Als Nachweis müsse man sich nur die Bezeichnung der Gremienmitglieder als „Wirtschaftsweise“ vor Augen führen. Diese haben zwischen 1982 und 2017 „fast durchgehend“ wirtschaftsliberale Konzepte empfohlen und seien damit „wirtschaftspolitisch einseitig“. Die Reputation des Gremiums habe dazu geführt, dass ein Eindruck der Alternativlosigkeit entstanden sei.[23]

Vergleichbare Gremien

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Ähnliche Funktionen erfüllen der Rat für Wirtschaftsanalyse in Frankreich und das Council of Economic Advisers der USA.[24] Der Wirtschaftsrat von Kanada wurde 1992 aufgelöst.

Das Landesökonomiekollegium wurde 1842 in Preußen gegründet.

  • Wolfgang Franz: Wirtschaftspolitische Beratung: Reminiszenzen und Reflexion. In: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Jg. 1, 2000, S. 53–71.
  • Hans-Jürgen Krupp: Unabhängige Beratung und politische Verantwortung, Überlegungen zur Konzeption des deutschen Sachverständigenrats. In: B. Gahlen u. a. (Hrsg.): Wirtschaftswachstum, Strukturwandel und dynamischer Wettbewerb, Berlin 1989, S. 421–428.
  • Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Vierzig Jahre Sachverständigenrat 1963–2003. Wiesbaden 2003, ISBN 3-8246-0704-2.
  • Ansgar Strätling: Sachverständiger Rat im Wandel. Marburg 2001, ISBN 3-89518-339-3.
  • Ansgar Strätling: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. In: S. Falk u. A. (Hrsg.): Handbuch Politikberatung. Wiesbaden 2006, S. 353–362, ISBN 3-531-14250-X.
  • Ulrich van Suntum: Im Sog des Ruhms: 30 Jahre Sachverständigenrat. In: Volkswirtschaftliche Korrespondenz der Alfred-Weber-Stiftung, Jg. 32, 1993, Nr. 10.
  • Afonso, Alexandre Flickenschild, Michael: Networks of economic policy expertise in Germany and the United States in the wake of the Great Recession. In: Journal of European Public Policy. 2018, doi:10.1080/13501763.2018.1518992.
  • Lino Wehrheim: Im Olymp der Ökonomen. Zur öffentlichen Resonanz wirtschaftspolitischer Experten von 1965 bis 2015. Tübingen 2021, ISBN 978-3-16-160845-2.

Einzelnachweise

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  1. Prof. Dr. Gustav A. Horn: Definition: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR). Abgerufen am 18. November 2023.
  2. Vgl. Kabinett Adenauer V: Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung v. 14.08.1963 BGBl. I S. 685; zuletzt geändert durch Artikel 216 V. v. 19.06.2020 BGBl. I S. 1328.
  3. Plenarprotokoll, 4. Wahlperiode, 81. Sitzung, S. 3946–3952. Name: Gesetz über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. August 1963.
  4. Alexander Nützenadel: Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974, in: Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 166. Hg. von Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann und Hans-Ulrich Wehler, Göttingen 2005, S. 152f.
  5. Gabriele Metzler: Konzeptionen politischen Handelns von Adenauer bis Brandt. Politische Planung in der pluralistischen Gesellschaft. Paderborn 2005, S. 177.
  6. Alexander Nützenadel: Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974. In: Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann, Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.): Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 166, Göttingen 2005, S. 153.
  7. a b c Hans Tietmeyer: Die Gründung des Sachverständigenrates aus Sicht der Wirtschaftspolitik. In: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Vierzig Jahre Sachverständigenrat: 1963–2003. Wiesbaden 2003, S. 23.
  8. a b Alexander Nützenadel: Stunde der Ökonomen. Wissenschaft, Politik und Expertenkultur in der Bundesrepublik 1949–1974. In: Helmut Berding, Jürgen Kocka, Paul Nolte, Hans-Peter Ullmann, Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.): Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 166, Göttingen 2005, S. 154.
  9. Hans Tietmeyer: Die Gründung des Sachverständigenrates aus Sicht der Wirtschaftspolitik. In: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Vierzig Jahre Sachverständigenrat: 1963–2003. Wiesbaden 2003, S. 24 f.
  10. Olaf Storbeck: Der „Rat“ steckt in einem Reformprozess. Wieder weiser, wieder schmaler. In: Handelsblatt, 7. November 2005; abgerufen am 28. März 2016.
  11. Hans Tietmeyer: Der deutsche Sachverständigenrat und sein Einfluss auf die Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik. In: Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 1/2011, S. 38.
  12. Wirtschaftsweise ziehen nach Berlin. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche.de, 9. Oktober 2023, abgerufen am 27. November 2023.
  13. Peter Weingart, Justus Lentsch: Wissen – Beraten – Entscheiden. Form und Funktion wissenschaftlicher Politikberatung in Deutschland. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Weilerswist 2008, S. 99.
  14. Interview mit Beatrice Weder di Mauro: Globale Märkte. »Sonst gibt es Inzucht«. In: Die Zeit, Nr. 6/2008, S. 27.
  15. Ratsmitglieder. Abgerufen am 10. August 2022.
  16. Julian Olk: Monika Schnitzer neue Vorsitzende der Wirtschaftsweisen – Erstmals eine Frau an der Spitze. In: Handelsblatt. 13. Oktober 2022, abgerufen am 13. Oktober 2022.
  17. Johannes Pennekamp: Überraschender Rücktritt: „Man sollte gehen, wenn es am schönsten ist“. In: www.faz.net. 9. April 2022, abgerufen am 9. April 2022.
  18. a b Norbert Häring: Die Entzauberung der Weisen. In: Handelsblatt, 1. Dezember 2014, S. 13.
  19. Tobias Kröll und Jochen Fehling: Petition 99084: Zusammensetzung der wissenschaftlichen Beiräte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie/des Bundesministeriums der Finanzen sowie des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 11. September 2019. In: Petitionen an den Deutschen Bundestag. Deutscher Bundestag, 9. November 2019, abgerufen am 4. April 2020.
  20. Lisa Nienhaus: Der Mann für den prallen Staat. In: Die Zeit, 28. März 2019
  21. Katja Rietzler, Dieter Teichmann, Achim Truger: Abbau der kalten Progression: nüchterne Analyse geboten. In: Wirtschaftsdienst, 12/2014, S. 864–871. (wirtschaftsdienst.eu)
  22. Norbert Häring: Wirtschaftsweise im Kreuzfeuer. In: Handelsblatt, 1. Dezember 2014, S. 1. (Vorab-Info online)
  23. Dieter Plehwe: Wirtschaftspolitische Beratung in der Kritik. In: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. 12. März 2024, abgerufen am 11. Januar 2025.
  24. Michael Flickenschild, Alexandre Afonso: Networks of economic policy expertise in Germany and the United States in the wake of the Great Recession. In: Journal of European Public Policy. 14. September 2018, ISSN 1350-1763, S. 1–20, doi:10.1080/13501763.2018.1518992 (tandfonline.com [abgerufen am 23. September 2018]).