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„Geschäftsprozess“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Struktur GP.png|mini|Struktur von (Geschäfts-)Prozessen]]
„'''Geschäftsprozesse''' sind funktionsübergreifende Verkettungen wertschöpfender Aktivitäten, die von [[Kunde]]n erwartete [[Leistung]]en erzeugen und deren Ergebnisse strategische Bedeutung für das [[Unternehmen]] haben. Sie können sich über das Unternehmen hinaus erstrecken und Aktivitäten von Kunden, [[Lieferant]]en und Partnern einbinden.“ (Schmelzer/Sesselmann 2004, S. 46).
Der '''Geschäftsprozess''' (Abkürzung: ''GP'') ist im [[Prozessmanagement]] ein [[Prozess]], der in [[Unternehmen]] der Erfüllung der [[Unternehmensziel]]e dient, indem er vorhandene [[Geschäftsfeld]]er bearbeitet und neue [[Geschäftsfeldentwicklung|entwickelt]].


Diese Definition ergibt sich aus der Sichtweise des Prozessmanagements.<ref>[https://books.google.de/books?id=eWbpBQAAQBAJ&pg=PA486&dq=Gesch%C3%A4ftsprozess+lexikon&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjp55OJ-LbrAhWuQRUIHQrGDBkQuwUwAXoECAYQBg#v=onepage&q=Gesch%C3%A4ftsprozess%20lexikon&f=false Siegfried G. Häberle (Hrsg.): ''Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre'', 2008, S. 486 f.]</ref> Allgemein sind Geschäftsprozesse an den [[Betriebliche Funktion|betrieblichen Funktionen]] ausgerichtet, wobei vor allem die [[Schnittstelle]]n zwischen [[Beschaffung]], [[Produktion]], [[Finanzierung]], [[Verwaltung]] und [[Vertrieb]] von Interesse sind. Organisatorisch ist er als eine sich wiederholende [[Prozesskette]] aufzufassen, die zur Herstellung und Vermarktung eines [[Produkt (Wirtschaft)|Produktes]] oder einer [[Dienstleistung]] beiträgt. Dazu sind zudem [[Beschaffungsprozess|Beschaffungs-]], [[Arbeitsprozess (Betriebswirtschaft)|Arbeits-]], [[Führungsprozess|Führungs-]], [[Managementprozess|Management-]], [[Produktionsprozess|Produktions-]] und [[Vertriebsprozess]]e erforderlich.
„Ein '''Geschäftsprozess''' umfasst alle Aktivitäten, die


Allgemein kann der Geschäftsprozess als eine Menge logisch verknüpfter Einzeltätigkeiten ([[Aufgabe (Pflicht)|Aufgaben]], [[Arbeitsablauf|Arbeitsabläufe]]), die ausgeführt werden, um ein bestimmtes geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen, charakterisiert werden.<ref>Siegfried G. Häberle (Hrsg.): ''Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre'', 2008, S. 486 f.</ref> Er wird durch ein definiertes Ereignis ausgelöst und transformiert ‚Input‘ durch den Einsatz materieller und immaterieller Güter und unter Beachtung bestimmter Regeln und unternehmensinterner und -externer Faktoren zu einem ‚Output‘.<ref>Axel C. Schwickert/Kim Fischer: [http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2004/1703/ ''Der Geschäftsprozeß als formaler Prozeß - Definition, Eigenschaften, Arten.''] (S. 10 f.). Arbeitspapiere WI, 04 / 1996, Professur für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik der Justus-Liebig-Universität Gießen</ref>
• zur Erstellung und Vermarktung eines/r Produktes/Dienstleistung


Ein Geschäftsprozess kann gekapselt und Teil eines anderen Geschäftsprozesses sein und/oder andere Geschäftsprozesse enthalten bzw. diese anstoßen. Geschäftsprozesse gehen oft über [[Abteilung (Organisation)|Abteilungs-]] und Betriebsgrenzen hinweg und gehören zur [[Ablauforganisation]] eines [[Betrieb]]s.
• zur Steuerung und Verwaltung von [[Ressourcen]]


Viele Definitionen von Geschäftsprozessen verlangen das Vorhandensein von genau einem Anfang und genau einem Ende sowie genau definierte Inputs und Outputs des Prozesses und seiner Teilprozesse.<ref name="Osterloh31" /> Input und Output (Eingaben / Ergebnisse) können jeweils Informationen, Gegenstände, Ereignisse und/oder Zustände sein. Das Prozesssystem strebt einen [[Wertschöpfung (Wirtschaft)|Wertschöpfungsprozess]] an, der bezüglich [[Ressource]]nverzehr, Durchlaufzeiten und Qualität permanent optimiert werden sollte.<ref>Christoph Spelten: ''Gestalten der Auftragsabwicklungsprozesse.'' In: REFA – Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.&nbsp;V. (Hrsg.): ''Den Erfolg vereinbaren – Führen mit Zielvereinbarungen'', München, 1995, S. 157</ref> Idealerweise stellt demnach der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte Input dar.
• zur Beeinflussung der Umwelt (Kunden, Lieferanten, Öffentlichkeit) erforderlich sind“ (Schulte-Zurhausen 2002, S. 54).


Der Prozessbegriff kann sich auch auf ein Abteilungsergebnis<ref>Simone Glitsch: [https://prozessoptimierung-sprung.de/was-sind-geschaeftsprozesse-wie-ist-die-definition-des-geschaeftsprozesses/ ''Was sind Geschäftsprozesse?''] In: ''Blog zum Prozessmanagement''</ref> oder die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit beziehen. Für diese Betrachtung der Zusammenarbeit vom Kundenwunsch bis zum erfüllten Kundenwunsch (wobei sich der Begriff Kunde auf den des Unternehmens als auch auf eine andere Abteilung des Unternehmens beziehen kann) setzt sich zunehmend der Begriff der Prozesskette oder des End-to-End-Prozesses durch. Für Unternehmen ist es sinnvoll, die gesamte Prozesslandschaft zu erfassen und damit die [[Ablauforganisation]] zur visualisieren.


== Begriffsabgrenzung ==
==Kurzcharakteristik==
Im allgemeinen Sprachgebrauch und umgangssprachlich wird der Ausdruck Prozess (auch Geschäftsprozess) für zwei unterschiedliche Ebenen benutzt:


; Typ-Begriff (Prozess-Modell)
Vorteile von Geschäftsprozessorganisation:
: Auf dieser Ebene wird der Geschäftsprozess definiert, modelliert, dokumentiert etc. Zuständig: [[Prozessmanagement]] im Zusammenhang mit [[Geschäftsprozessmodellierung]]. Dieser Bedeutung entspricht die Definition:<ref name="Osterloh31">[[Margit Osterloh]]/[[Jetta Frost]]: ''Prozessmanagement als Kernkompetenz – Wie Sie Business Reengineering strategisch nutzen können'', 2. Auflage, Wiesbaden, 1998, ISBN 3-409-23788-7, S. 31</ref> „Ein Prozess bildet den Fluss und die Transformation von [[Materialfluss|Materialien]], [[Informationsfluss|Informationen]], Operationen und [[Entscheidungsprozess|Entscheidungen]] ab.“
*Starke Kundenorientierung
; Instanz-Begriff (Prozess-Instanz)
*Wenige Schnittstellen
: Das tatsächliche und beliebig oft stattfindende ''Ausführen'' des Geschäftsprozesses im laufenden Geschäftsbetrieb. Dieses ‚Geschehen‘ wird mindestens über die Dimensionen Zeit (z.&nbsp;B. Datum, Uhrzeit, von-bis) und Beteiligte (z.&nbsp;B. Kunde, Mitarbeiter, Gerät …) individuell bestimmt. Jegliches Geschehen, auch wenn es nicht modelliert ist, ist in zweitgenanntem Sinn „Prozess“.
*Klare Verantwortung für Prozessergebnis
Beispielsweise wird der Prozess „[[Barauszahlung]] am [[Geldautomat]]“ einmalig (als Typ) definiert und modelliert, aber im täglichen Betrieb wiederholt (als Instanz) ausgeführt.
*Organisationales Lernen


== Geschäftsprozesse in betrieblichen Funktionen ==
Gestaltungsprinzipien:
Je nach [[Betriebliche Funktion|betrieblicher Funktion]] gibt es folgende Geschäftsprozesse:
*Beginn und Ende beim Kunden
*Jeder Geschäftsprozess hat einen Verantwortlichen
*In jedem Geschäftsprozess wird ein Objekt komplett bearbeitet


{| class="wikitable" style="padding:1em; vertical-align:top; border:2px;"
== Einleitung ==
|-
! [[betriebliche Funktion]]
! Geschäftsprozess
! Teilprozesse
|-
| [[Beschaffung]]
| [[Beschaffungsprozess]] || [[Einkauf]] von [[Fertigungsmaterial]] und [[Fertigerzeugnis]]sen
|-
| [[Produktion]]
| [[Produktionsprozess]] || [[Arbeitsvorbereitung]], [[Produktionstechnik]], [[Produktionsverfahren]],<br /> [[Produktionskontrolle]], [[Qualitätskontrolle]]
|-
| [[Arbeit (Betriebswirtschaftslehre)|Arbeit]]
| [[Arbeitsprozess (Betriebswirtschaft)|Arbeitsprozess]] || [[Arbeitsaufgabe]]n, [[Arbeitsplatz]], [[Arbeitsteilung]]
|-
| [[Unternehmensführung]]
| [[Führungsprozess]] || [[Managementprozess]], [[Organisationsstruktur]], [[Planungsprozess]],<br /> [[Entscheidungsprozess]]
|-
| [[Vertrieb]]
| [[Vertriebsprozess]] || [[Marketing]], [[Distributionslogistik]]
|}


== Entwicklung ==
[[Bild:Bluescripting.gif|thumb|Geschäftsprozessmodell eines Kabelproduzenten]]
Lange beschäftigte sich die [[Betriebswirtschaftslehre]] ausschließlich mit der Gestaltung der [[Aufbauorganisation]]. Dies führte zu einer Entfremdung vom Kunden sowie zu mangelnder [[Flexibilisierung|Flexibilität]] und Schlagkraft am [[Markt]] und damit verbundenen [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerbsnachteilen]]. Deshalb kam es zu einer Fokussierung auf die [[Qualität]] im [[Unternehmen]], so dass die Prozessorientierung an Bedeutung gewann. Erste Arbeiten zu diesem Thema wurden 1932 von [[Fritz Nordsieck]], 1960 von [[Erich Kosiol]] und in den 1980er Jahren von [[Michael Gaitanides]] und [[August-Wilhelm Scheer]] veröffentlicht. Grundlage für die hier entworfenen Modelle hat [[Adam Smith]] bereits 1776 mit dem Buch [[Der Wohlstand der Nationen]] ({{enS|An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations}}) gelegt.
Ein Geschäftsprozess umfasst eine Abfolge von miteinander verknüpften Aktivitäten, die zu einem Ergebnis führen, das für den Kunden sinnvoll ist. Alle für eine Leistung notwendigen Aktivitäten werden in einem Geschäftsprozess zusammengefasst. Charakteristisch für den Geschäftsprozess ist, dass er beim Kunden beginnt (Wünsche, Anforderungen, Erwartungen) und auch beim Kunden endet ([[Produkt]], [[Dienstleistung]]).


Fritz Nordsieck weist in folgendem Zitat auf die Notwendigkeit einer an Prozessen ausgerichteten Unternehmensgestaltung hin: „Der Betrieb ist in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbrochene [[Wertschöpfungskette|Leistungskette]]. […] Anzustreben ist in jedem Fall eine klare Prozessgliederung.“<ref>Fritz Nordsieck, ''Die schaubildliche Erfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation'', 1932, S. 10</ref> Nordsieck begründete damit zwar noch kein prozessorientiertes Konzept, bildet aber immerhin die gedankliche Grundlage, denn er erkennt einen abstrakten Betriebsprozess als Grundlage für die Strukturierung der Aufbauorganisation.
Der Begriff Geschäftsprozess setzt eine bestimmte Betrachtungsweise des Unternehmens voraus: im Blickpunkt liegen nicht die einzelnen vertikalen Funktionen sondern der gesamte horizontale Ablauf der Prozesse = [[Prozessorganisation|Prozessorientierte Organisation]]:


== Standardisierung / Modellierbarkeit ==
Nach der klassischen Sichtweise wird zuerst die [[Aufbauorganisation]] festgelegt: das Ziel der Unternehmung wird in Teilaufgaben zerlegt und einzelnen Stellen zugeordnet. Danach wird die [[Ablauforganisation]] (=detaillierte Strukturierung der Arbeitsabläufe) an die Aufbauorganisation angepasst. Das Problem ist, dass bei dieser Betrachtungsweise das primäre Ziel, nämlich Kundenzufriedenheit, aus dem Blickfeld der Betrachtung rückt. Geschäftsprozesse aber erstrecken sich über viele [[Abteilung]]en hinweg.
Die Methoden zur Anwendung und zum Management von Geschäftsprozessen werden als [[Prozessmanagement]] bezeichnet.


Durch die [[Geschäftsprozessmodellierung]] werden Informationen wie Auslöser, Ausführende, Input, Ergebnis(se) ('Output') ermittelt und der Prozessfluss dokumentiert – besonders, wenn das Ausführen der Geschäftsprozesse durch automatisiertes [[Workflow-Management]] unterstützt werden soll. Geschäftsprozesse oder betriebswirtschaftliche Prozesse gibt es in allen Unternehmensteilen, sei es im Verkauf, bei der [[Produktion]] oder im [[Controlling]]. Beispiele sind die Auftragsabwicklung, der Kreditvergabeprozess einer Bank oder die Ausbildung von Studenten in einer Universität.
Die prozessorientierte Organisationsgestaltung verfolgt genau die umgekehrte Sichtweise, und zwar mittels horizontaler Betrachtung des Unternehmens: Die Prozessstruktur wird festgelegt. Sie umfasst zum Beispiel die Art der Verrichtung, den Ressourceneinsatz, die zeitliche Reihenfolge der Teilprozesse, die Methoden der Arbeitsverrichtung, etc. Abgestimmt auf die Prozesstruktur werden nun die Organisationseinheiten gebildet. Hauptaugenmerk liegt auf der Minimierung aufbauorganisatorischer [[Schnittstelle|Schnittstellen]]. Schnittstellen sollen möglichst vermieden werden, um die mit ihnen verbundenen Nachteile/Gefahren (Verlängerung der Durchlaufzeiten, Störung der Material- und Informationsflüsse, unterschiedliche Zielvorstellungen der verschiedenen Abteilungen, erhöhter Koordinationsaufwand, Fehlerquellen, Kontrollaufwand,...) möglichst gering zu halten.
Weniger Schnittstellen gewährleisten weniger in den Prozess involvierte Personen/Organisationseinheiten, eindeutige Verantwortlichkeit, etc.


Administrative und logistische Vorgänge in einem Unternehmen (z.&nbsp;B. [[Einstellung (Arbeit)|Personaleinstellung]], [[Buchhaltung]] oder [[Wareneingangskontrolle]]) lassen sich relativ einfach als Geschäftsprozess beschreiben. Ebenso trifft dies – auf Grund ihrer hohen Häufigkeit – meist für [[Kernprozess]]e (wie z.&nbsp;B. die [[Auftrag]]serteilung) zu. Betrachtet man den als Beispiel genannten Prozess Auftragserteilung genauer, so zeichnen sich ab einer bestimmten Detaillierungsebene Bereiche ab, in denen eine exakte Beschreibung der Aktivitäten nicht möglich ist. Dies ist auch und insbesondere bei kreativen Wertschöpfungsprozessen der Fall, wie sie in der Produktentwicklung vorherrschen<!--Belege?-->. Eine Geschäftsprozessmodellierung mit klaren Vorgaben bzgl. der Aktivitäten und ihrer Reihenfolge ist in diesen Fällen oft nicht möglich. Die Beteiligten werden die erforderlichen Aktivitäten vielmehr auf Grund ihrer eigenen Erfahrung und Problemlösungskompetenz [[Selbstorganisation|selbstorganisierend]] festlegen und durchführen – ggf. als [[Projekt]].
Im Englischen wird die Verwaltung von Geschäftsprozessen BPM [[Business Process Management]] bezeichnet und in der Regel durch [[Workflow-Management|Workflow]]-Werkzeuge elektronisch unterstützt (siehe auch [[E-Business]] und BPM als Komponente von [[ECM-Komponenten#Manage (Verwaltung, Bearbeitung, Nutzung)|Enterprise Content Management]]).


Daraus ergibt sich, ob sich ein Geschäftsprozess gut modellieren lässt oder nur unvollständig. Dies hängt u.&nbsp;a. vom „Vernetzungsgrad“ (Maß für die Anzahl vernetzter Aktivitäten bzw. Akteure) und „Veränderlichkeit der Vernetzung“ (zeitliche Stabilität der Prozessbeschreibung) ab.<ref>Reinhard Schmitt/Mathias Zagel, 2009: {{Webarchiv |url=http://consentor.net/download.html |text=''Geschäftsprozesse der 4. Art'' Whitepaper |wayback=20100731191935 |archiv-bot=2018-04-12 07:28:27 InternetArchiveBot}}</ref> Geschäftsprozesse weisen dann einen hohen Vernetzungsgrad und eine hohe Veränderlichkeit der Vernetzung auf, wenn sie zyklisch, iterativ, hochdynamisch, selbstorganisierend, [[Emergenz|emergent]] und evolutionär sind (zum Beispiel die Fallbearbeitung durch einen Anwalt). Sie entziehen sich damit den Möglichkeiten der normalen Geschäftsprozessmodellierung und einer Umsetzung mittels [[Workflow-Management]].
== Vorgangsweise zur Gestaltung von Geschäftsprozessen ==
'''1. Analyse der strategischen Geschäftsfelder'''
*Erfüllen eigene Marktaufgaben
*Agieren weitgehend autonom; unabhängig von anderen Geschäftsfeldern; eigenständig
*Liefern Beitrag zum Erfolgspotential des Unternehmens


== Prozesskategorien ==
Prozesse lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien typisieren / kategorisieren, z.&nbsp;B.:
* Nach ihrer [[Frist]]igkeit:
** [[Strategie (Wirtschaft)|strategische]] (langfristig),
** [[taktisch]]e (mittelfristig) und
** [[Operatives Geschäft|operative]] (kurzfristig) Prozesse
* Nach ihrer Wiederholungs[[häufigkeit]] und [[Determinismus|Determiniertheit]]:
** [[Gewohnheit|Routineprozesse]] (hohe Wiederholungshäufigkeit und hohe Determiniertheit),
** Regelprozesse (jeweils mittlere Wiederholungshäufigkeit und Determiniertheit),
** [[Ad-hoc]]-Prozesse (geringe Wiederholungshäufigkeit und Determiniertheit)<ref>Guido Fischermanns: [https://prozessfenster-blog.de/2011/02/28/prozesstyp/ ''Es kommt auf den Prozesstyp an.''] In: ''prozessfenster-blog.de''</ref>
* Nach ihrer betrieblichen Stellung / Bedeutung:
** Entwicklung (hierzu gehören auch [[Projekt]]e),
** [[Beschaffung]],
** [[Vertrieb]],
** [[Produktion]],
** Infrastruktur (z.&nbsp;B. IT-Prozesse),
** hoheitliche Aufgaben (z.&nbsp;B. Meldewesen, Steuern).
:In diesen Kategorien stehen Prozesse häufig als Vorläufer / Nachfolger miteinander in Beziehung ([[Wertkette]]). An diesem Kriterium orientiert sich auch die Unterscheidung in
:*[[Kernprozess]]e und
:*[[Supportprozess]]e.
* Nach Prozessclustern (ähnlich der im [[St. Galler Management-Modell#Prozessperspektive|St. Galler Management-Modell]] getroffenen Unterscheidung):
** Ausführungsprozesse (mit eigentlicher [[Wertschöpfung (Wirtschaft)|Wertschöpfung]]),
** [[Supportprozess|Unterstützungsprozesse]] (benötigte Ressourcen bereitstellen),
** Führungsprozesse (zur Koordination von Ausführungs- und Unterstützungsprozessen),<ref>{{Literatur |Autor=Guido Fischermanns |Titel=Praxishandbuch Prozessmanagement |Auflage=10 |Ort=Gießen |Datum=2012 |ISBN=978-3-921313-86-2 |Seiten=99 ff.}}</ref> auch [[Managementprozess]]e genannt
* Nach ihrer hierarchischen Struktur: Je nach Sprachgebrauch in Organisationen werden Prozesse z.&nbsp;B. als
** Top-Prozess (Geschäftsprozess, Hauptprozess etc.) oder als
** Teilprozess (Subprozess, elementarer Prozess etc.) bezeichnet.
* Nach dem Grad ihrer Automatisierung:
** vollständig automatisiert (z. B. durch IT),
** durch IT unterstützt,
** vollständig manuell


== Siehe auch ==
'''2. Definition der Geschäftsprozesse'''
* [[Geschäftsprozessoptimierung]]

* [[Prozessoptimierung]]
Primäre Geschäftsprozesse stiften sichtbaren, unmittelbaren Kundennutzen.
Sekundäre Geschäftsprozesse sorgen für die Bereitstellung von betrieblichen Ressourcen und verwalten diese. Sie stehen hinter den primären Geschäftsprozessen und unterstützen diese, indem sie den reibungslosen Ablauf des Geschäftslebens sichern.

Der Umfang eines Geschäftsprozesses sollte so gewählt werden, dass er eine überschaubare Zahl an Teilprozessen beinhaltet, gleichzeitig soll aber auch die Gesamtzahl der Geschäftsprozesse im Rahmen bleiben. 5 – 8 Geschäftsprozesse pro betriebliche Einheit decken meist die Leistungsspanne eines Unternehmens ab.

Jeder Geschäftsprozess sollte für sich völlig selbstständig sein.
Spezifizierung des Geschäftsprozesses: Welches Output soll erzeugt werden? Welche Aktivitäten sind dazu notwendig? Wie viele Objekte sollen bearbeitet werden (Aufträge, Rohstoffe, Einkäufe, Produkte,…)? Anfangs- und Endpunkt festlegen. Festlegung operationaler Ziele.


'''3. Strukturierung der Geschäftsprozesse''' um Übersichtlichkeit zu bewahren

Ein Geschäftsprozess wird in so viele Teilprozesse zerlegt, bis eine weitere Aufspaltung nicht mehr sinnvoll/möglich ist. (kleinstes Teilchen = Elementarprozess)

Die Reihenfolge der Aktivitäten innerhalb des Geschäftsprozesses wird festgelegt, sofern sie nicht schon durch Input-Output Beziehungen vorgegeben ist.

Die [[Prozessarchitektur]] beinhaltet eine hierarchische Darstellung und die Input-Output Beziehungen eines Prozesses.


'''4. Integration von Geschäftsprozessen'''

Überprüft wird, ob Redundanzen vorliegen. Falls ja, werden eventuell einzelne Teilprozesse zusammengefasst.


'''5. Design der Prozessketten'''

#Die benötigte Zeit für die einzelnen Teilprozesse wird ermittelt.
#Leistungsanforderungen werden festgelegt: jeder Geschäftsprozess hat mindestens zwei Schnittstellen: Erhalt von Anforderungen / Abgabe der Prozessleistung --> Outputnormen werden vereinbart (sowohl mit Kunden, als auch mit Lieferanten)
#Leistungsmerkmale und Kontrollpunkte werden festgelegt (Durchlaufzeit, Qualität, Kosten,…).
#Zeitliche (Durchlaufzeit minimieren, Auslastung maximieren) und räumliche (Anordnung der Arbeitsplätze entspricht der Prozessfolge --> Transportwege werden minimiert) Gestaltung werden festgelegt.
#Prozessdokumentation: Eine detaillierte und exakte Beschreibung der Geschäftsprozesse soll Transparenz schaffen - nicht nur für Arbeitnehmer sondern auch für Lieferanten, Kunden,…(alle Beteiligte). Sie dient einem klaren und vor allem einheitlichen Verständnis bezüglich Ziele, etc.


'''6. Zuweisung der Prozessverantwortung'''

Komplette, in sich abgeschlossene Abläufe werden zusammengefasst und einem Verantwortlichen (bzw. einem Team) übergeben. Man spricht von einem „[[Case Worker]]“ (Case Team), der sowohl mit der Ausführung, als auch mit allen, den Geschäftsprozess betreffenden Entscheidungen betraut wird.

Der so genannte [[Process Owner]] ist für den Erfolg verantwortlich, schafft die Rahmenbedingungen und koordiniert seine Vorgehensweise mit der der anderen Process Owner. Des Weiteren kümmert er sich um den Informationsaustausch zwischen den Geschäftsprozessen. Diese Abstimmung ist notwendig, um die gesamte Zielorientierung zu erreichen.


'''7. Externe Prozessverkettung'''

Die relevante Umwelt ist in die Prozessgestaltung mit einzubeziehen. (heute z.B. mittels EDI)


'''8. Prozessverbesserung/[[Prozessmanagement]]'''

Prozessabläufe werden regelmäßig überprüft und gegebenenfalls neu angepasst. Man unterscheidet zwischen kontinuierlicher Prozessverbesserung und Prozessreorganisation (Process-Reengineering): Erneuerung einzelner Teilprozesse oder des gesamten Geschäftsprozesses.

== Bewertung von Geschäftsprozessen ==
o '''Aus Sicht des Kunden''': Nur wenn das gesamte Leistungsbündel des Geschäftsprozesses den Erwartungen des Kunden entspricht wird er es in Anspruch nehmen.

o '''Aus Sicht des Unternehmens''': Wie viele Kundentransaktionen finden statt? Wie verhält sich der Ressouceneinsatz zum erzielbaren Preis? ... Nur wenn diese Fragen befriedigend beantwortet werden können, wird der Geschäftsprozess auf Dauer betrieben.


== Typisierung von Geschäftsprozessen ==

Geschäftsprozesse können in verschiedene Typen eingeteilt werden. '''Osterloh/Frost''' (1996) unterscheiden Kern- und Supportprozesse. Ein [[Kernprozess]] erzeugt den Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens und ist gekennzeichnet durch wahrnehmbaren Kundennutzen, Nicht-Imitierbarkeit, Nicht-Substituierbarkeit und Spezifität. Ein [[Supportprozess]] stellt keinen unmittelbaren, sichtbaren Kundenvorteil dar. Er unterstützt die Kernprozesse durch Bereitstellung einer „Infrastruktur“. Sie stehen hinter den Kernprozessen und sichern den reibungslosen Ablauf der Geschäftstätigkeit.

'''Kreuz''' (1997) unterteilt Geschäftsprozesse in zwei Dimensionen, einerseits nach den Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg, andererseits nach dem Nutzen für den Kunden. Sein Vier-Felderportfolio unterscheidet vier Prozesstypen:
[[Bild:Prozessportfolio.png|thumb|Typisierung nach Kreuz]]

1. Prozess mit Hebelwirkung

2. Schlüsselprozess

3. Unterstützender Prozess

4. Opportunistischer Prozess

Geschäftsprozesse, die es in fast jedem Unternehmen gibt:

*Strategieplanungsprozess
*Vertriebsprozess
*Materialbereitstellungsprozess
*Produktentwicklungsprozess
*Qualitätssicherungsprozess
*Liquiditätssicherungsprozess
*Beschwerdebearbeitungsprozess


==Gestaltungsprinzipien==

o Beginn und Ende beim Kunden

o Jeder Geschäftsprozess hat einen Verantwortlichen

o In jedem Geschäftsprozess wird ein Objekt komplett bearbeitet


== Beispiele ==

Geschäftsprozesse werden durch den Auftrag eines externen oder internen Kunden ausgelöst und enden mit der Übernahme eines vereinbarten Ergebnisses durch den Kunden.

Ein einfaches Beispiel: Buchbestellung - Bestellung eines Buches durch einen Kunden per Fax (Annahme der Vorkasse).

#Das Fax wird empfangen und an die Bestellannahme weitergeleitet.
#Die Bestellungsdaten werden in das EDV-System eingegeben.
#Die Lagerhaltung des Buches wird geprüft.
#Der Zahlungseingang wird geprüft.
#Sind 3 & 4 ok wird eine Lieferanweisung an den Versand weitergeleitet.
#Der Versand holt das Buch aus dem Lager, verpackt und verschickt es.
#Versand markiert die Bestellung im EDV-System als abgeschlossen.
#Sind die Punkte 3 oder 4 nicht ok, werden entsprechend andere Bearbeitungsschritte angestoßen.



== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Michael Gaitanides]]: ''Prozessorganisation. Entwicklung, Ansätze und Programme prozessorientierter Organisationsgestaltung''. Vahlen, München 1983, ISBN 3-8006-0991-6
* Schmelzer, Sesselmann: ''Geschäftsprozessmanagement in der Praxis''. 4. Auflage, Hanser Verlag, München Wien 2004. ISBN 3-446-22876-4
* Michael Hammer, James Champy: ''Business Reengineering''. Campus, Frankfurt/New York 1995, ISBN 3-593-35017-3
* Manfred Schulte-Zurhausen: ''Organisation''. 3. Auflage, Vahlen Verlag, München 2002. ISBN 3-8006-2825-2
* Peter Heisig: ''Integration von Wissensmanagement in Geschäftsprozesse''. Diss. Technische Universität Berlin, 2005, ISBN 3-00-017244-0
* Griese, Sieber: ''Betriebliche Geschäftsprozesse: Grundlagen, Beispiele, Konzepte''. Bern Stuttgart Wien: Haupt 1999. ISBN 3-258-05955-1
* Erich Kosiol: ''Organisation der Unternehmung''. Gabler, Wiesbaden 1962, ISBN 3-409-88451-3
* Becker, Kugler, Rosemann (Hrsg.): ''Prozessmanagement: Ein Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung''. 4. Auflage. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York 2003. ISBN 3-540-00107-7
* Fritz Nordsieck: ''Die schaubildliche Erfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation''. C. E. Poeschel, Stuttgart 1932
* Michael E. Porter: ''Wettbewerbsvorteile: Spitzenleistungen erreichen und behaupten = (Competitive advantage)''. 6. Auflage, Frankfurt/Main [u.a.]: Campus 2000.
* Hermann J. Schmelzer, Wolfgang Sesselmann: ''Geschäftsprozessmanagement in der Praxis''. 9. Auflage. Hanser, München 2020, ISBN 978-3-446-44625-0
* Michael Gaitanides: ''Prozeßmanagement: Konzepte, Umsetzungen und Erfahrungen des Reengineering''. Hanser Verlag, München Wien 1994.
* Andreas Gadatsch: ''Grundkurs Geschäftsprozess-Management: Analyse, Modellierung, Optimierung und Controlling von Prozessen''. 10. Auflage, Springer Vieweg Stuttgart 2022, ISBN 978-3-658-40297-6
* Michael Gaitanides: ''Prozeßorganisation: Entwicklung, Ansätze und Programme prozeßorientierter Organisationsgestaltung''. Vahlen Verlag, München 1983.



== Weblinks ==
== Einzelnachweise ==
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4325683-1}}
* http://www.qm-infocenter.de/qm/overview_forum.asp - Prozesse und Geschäftsprozessmanagement


{{SORTIERUNG:Geschaftsprozess}}
[[Kategorie:Wirtschaftsinformatik]]
[[Kategorie:Betriebswirtschaftslehre]]
[[Kategorie:Betriebswirtschaftslehre]]
[[Kategorie:Geschäftsprozessmanagement]]
[[Kategorie:Planung und Organisation]]
[[Kategorie:Planung und Organisation]]
[[en:Business process]]

Aktuelle Version vom 23. April 2025, 18:46 Uhr

Struktur von (Geschäfts-)Prozessen

Der Geschäftsprozess (Abkürzung: GP) ist im Prozessmanagement ein Prozess, der in Unternehmen der Erfüllung der Unternehmensziele dient, indem er vorhandene Geschäftsfelder bearbeitet und neue entwickelt.

Diese Definition ergibt sich aus der Sichtweise des Prozessmanagements.[1] Allgemein sind Geschäftsprozesse an den betrieblichen Funktionen ausgerichtet, wobei vor allem die Schnittstellen zwischen Beschaffung, Produktion, Finanzierung, Verwaltung und Vertrieb von Interesse sind. Organisatorisch ist er als eine sich wiederholende Prozesskette aufzufassen, die zur Herstellung und Vermarktung eines Produktes oder einer Dienstleistung beiträgt. Dazu sind zudem Beschaffungs-, Arbeits-, Führungs-, Management-, Produktions- und Vertriebsprozesse erforderlich.

Allgemein kann der Geschäftsprozess als eine Menge logisch verknüpfter Einzeltätigkeiten (Aufgaben, Arbeitsabläufe), die ausgeführt werden, um ein bestimmtes geschäftliches oder betriebliches Ziel zu erreichen, charakterisiert werden.[2] Er wird durch ein definiertes Ereignis ausgelöst und transformiert ‚Input‘ durch den Einsatz materieller und immaterieller Güter und unter Beachtung bestimmter Regeln und unternehmensinterner und -externer Faktoren zu einem ‚Output‘.[3]

Ein Geschäftsprozess kann gekapselt und Teil eines anderen Geschäftsprozesses sein und/oder andere Geschäftsprozesse enthalten bzw. diese anstoßen. Geschäftsprozesse gehen oft über Abteilungs- und Betriebsgrenzen hinweg und gehören zur Ablauforganisation eines Betriebs.

Viele Definitionen von Geschäftsprozessen verlangen das Vorhandensein von genau einem Anfang und genau einem Ende sowie genau definierte Inputs und Outputs des Prozesses und seiner Teilprozesse.[4] Input und Output (Eingaben / Ergebnisse) können jeweils Informationen, Gegenstände, Ereignisse und/oder Zustände sein. Das Prozesssystem strebt einen Wertschöpfungsprozess an, der bezüglich Ressourcenverzehr, Durchlaufzeiten und Qualität permanent optimiert werden sollte.[5] Idealerweise stellt demnach der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte Input dar.

Der Prozessbegriff kann sich auch auf ein Abteilungsergebnis[6] oder die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit beziehen. Für diese Betrachtung der Zusammenarbeit vom Kundenwunsch bis zum erfüllten Kundenwunsch (wobei sich der Begriff Kunde auf den des Unternehmens als auch auf eine andere Abteilung des Unternehmens beziehen kann) setzt sich zunehmend der Begriff der Prozesskette oder des End-to-End-Prozesses durch. Für Unternehmen ist es sinnvoll, die gesamte Prozesslandschaft zu erfassen und damit die Ablauforganisation zur visualisieren.

Begriffsabgrenzung

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Im allgemeinen Sprachgebrauch und umgangssprachlich wird der Ausdruck Prozess (auch Geschäftsprozess) für zwei unterschiedliche Ebenen benutzt:

Typ-Begriff (Prozess-Modell)
Auf dieser Ebene wird der Geschäftsprozess definiert, modelliert, dokumentiert etc. Zuständig: Prozessmanagement im Zusammenhang mit Geschäftsprozessmodellierung. Dieser Bedeutung entspricht die Definition:[4] „Ein Prozess bildet den Fluss und die Transformation von Materialien, Informationen, Operationen und Entscheidungen ab.“
Instanz-Begriff (Prozess-Instanz)
Das tatsächliche und beliebig oft stattfindende Ausführen des Geschäftsprozesses im laufenden Geschäftsbetrieb. Dieses ‚Geschehen‘ wird mindestens über die Dimensionen Zeit (z. B. Datum, Uhrzeit, von-bis) und Beteiligte (z. B. Kunde, Mitarbeiter, Gerät …) individuell bestimmt. Jegliches Geschehen, auch wenn es nicht modelliert ist, ist in zweitgenanntem Sinn „Prozess“.

Beispielsweise wird der Prozess „Barauszahlung am Geldautomat“ einmalig (als Typ) definiert und modelliert, aber im täglichen Betrieb wiederholt (als Instanz) ausgeführt.

Geschäftsprozesse in betrieblichen Funktionen

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Je nach betrieblicher Funktion gibt es folgende Geschäftsprozesse:

betriebliche Funktion Geschäftsprozess Teilprozesse
Beschaffung Beschaffungsprozess Einkauf von Fertigungsmaterial und Fertigerzeugnissen
Produktion Produktionsprozess Arbeitsvorbereitung, Produktionstechnik, Produktionsverfahren,
Produktionskontrolle, Qualitätskontrolle
Arbeit Arbeitsprozess Arbeitsaufgaben, Arbeitsplatz, Arbeitsteilung
Unternehmensführung Führungsprozess Managementprozess, Organisationsstruktur, Planungsprozess,
Entscheidungsprozess
Vertrieb Vertriebsprozess Marketing, Distributionslogistik

Lange beschäftigte sich die Betriebswirtschaftslehre ausschließlich mit der Gestaltung der Aufbauorganisation. Dies führte zu einer Entfremdung vom Kunden sowie zu mangelnder Flexibilität und Schlagkraft am Markt und damit verbundenen Wettbewerbsnachteilen. Deshalb kam es zu einer Fokussierung auf die Qualität im Unternehmen, so dass die Prozessorientierung an Bedeutung gewann. Erste Arbeiten zu diesem Thema wurden 1932 von Fritz Nordsieck, 1960 von Erich Kosiol und in den 1980er Jahren von Michael Gaitanides und August-Wilhelm Scheer veröffentlicht. Grundlage für die hier entworfenen Modelle hat Adam Smith bereits 1776 mit dem Buch Der Wohlstand der Nationen (englisch An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations) gelegt.

Fritz Nordsieck weist in folgendem Zitat auf die Notwendigkeit einer an Prozessen ausgerichteten Unternehmensgestaltung hin: „Der Betrieb ist in Wirklichkeit ein fortwährender Prozess, eine ununterbrochene Leistungskette. […] Anzustreben ist in jedem Fall eine klare Prozessgliederung.“[7] Nordsieck begründete damit zwar noch kein prozessorientiertes Konzept, bildet aber immerhin die gedankliche Grundlage, denn er erkennt einen abstrakten Betriebsprozess als Grundlage für die Strukturierung der Aufbauorganisation.

Standardisierung / Modellierbarkeit

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Die Methoden zur Anwendung und zum Management von Geschäftsprozessen werden als Prozessmanagement bezeichnet.

Durch die Geschäftsprozessmodellierung werden Informationen wie Auslöser, Ausführende, Input, Ergebnis(se) ('Output') ermittelt und der Prozessfluss dokumentiert – besonders, wenn das Ausführen der Geschäftsprozesse durch automatisiertes Workflow-Management unterstützt werden soll. Geschäftsprozesse oder betriebswirtschaftliche Prozesse gibt es in allen Unternehmensteilen, sei es im Verkauf, bei der Produktion oder im Controlling. Beispiele sind die Auftragsabwicklung, der Kreditvergabeprozess einer Bank oder die Ausbildung von Studenten in einer Universität.

Administrative und logistische Vorgänge in einem Unternehmen (z. B. Personaleinstellung, Buchhaltung oder Wareneingangskontrolle) lassen sich relativ einfach als Geschäftsprozess beschreiben. Ebenso trifft dies – auf Grund ihrer hohen Häufigkeit – meist für Kernprozesse (wie z. B. die Auftragserteilung) zu. Betrachtet man den als Beispiel genannten Prozess Auftragserteilung genauer, so zeichnen sich ab einer bestimmten Detaillierungsebene Bereiche ab, in denen eine exakte Beschreibung der Aktivitäten nicht möglich ist. Dies ist auch und insbesondere bei kreativen Wertschöpfungsprozessen der Fall, wie sie in der Produktentwicklung vorherrschen. Eine Geschäftsprozessmodellierung mit klaren Vorgaben bzgl. der Aktivitäten und ihrer Reihenfolge ist in diesen Fällen oft nicht möglich. Die Beteiligten werden die erforderlichen Aktivitäten vielmehr auf Grund ihrer eigenen Erfahrung und Problemlösungskompetenz selbstorganisierend festlegen und durchführen – ggf. als Projekt.

Daraus ergibt sich, ob sich ein Geschäftsprozess gut modellieren lässt oder nur unvollständig. Dies hängt u. a. vom „Vernetzungsgrad“ (Maß für die Anzahl vernetzter Aktivitäten bzw. Akteure) und „Veränderlichkeit der Vernetzung“ (zeitliche Stabilität der Prozessbeschreibung) ab.[8] Geschäftsprozesse weisen dann einen hohen Vernetzungsgrad und eine hohe Veränderlichkeit der Vernetzung auf, wenn sie zyklisch, iterativ, hochdynamisch, selbstorganisierend, emergent und evolutionär sind (zum Beispiel die Fallbearbeitung durch einen Anwalt). Sie entziehen sich damit den Möglichkeiten der normalen Geschäftsprozessmodellierung und einer Umsetzung mittels Workflow-Management.

Prozesskategorien

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Prozesse lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien typisieren / kategorisieren, z. B.:

In diesen Kategorien stehen Prozesse häufig als Vorläufer / Nachfolger miteinander in Beziehung (Wertkette). An diesem Kriterium orientiert sich auch die Unterscheidung in
  • Nach Prozessclustern (ähnlich der im St. Galler Management-Modell getroffenen Unterscheidung):
  • Nach ihrer hierarchischen Struktur: Je nach Sprachgebrauch in Organisationen werden Prozesse z. B. als
    • Top-Prozess (Geschäftsprozess, Hauptprozess etc.) oder als
    • Teilprozess (Subprozess, elementarer Prozess etc.) bezeichnet.
  • Nach dem Grad ihrer Automatisierung:
    • vollständig automatisiert (z. B. durch IT),
    • durch IT unterstützt,
    • vollständig manuell
  • Michael Gaitanides: Prozessorganisation. Entwicklung, Ansätze und Programme prozessorientierter Organisationsgestaltung. Vahlen, München 1983, ISBN 3-8006-0991-6
  • Michael Hammer, James Champy: Business Reengineering. Campus, Frankfurt/New York 1995, ISBN 3-593-35017-3
  • Peter Heisig: Integration von Wissensmanagement in Geschäftsprozesse. Diss. Technische Universität Berlin, 2005, ISBN 3-00-017244-0
  • Erich Kosiol: Organisation der Unternehmung. Gabler, Wiesbaden 1962, ISBN 3-409-88451-3
  • Fritz Nordsieck: Die schaubildliche Erfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation. C. E. Poeschel, Stuttgart 1932
  • Hermann J. Schmelzer, Wolfgang Sesselmann: Geschäftsprozessmanagement in der Praxis. 9. Auflage. Hanser, München 2020, ISBN 978-3-446-44625-0
  • Andreas Gadatsch: Grundkurs Geschäftsprozess-Management: Analyse, Modellierung, Optimierung und Controlling von Prozessen. 10. Auflage, Springer Vieweg Stuttgart 2022, ISBN 978-3-658-40297-6

Einzelnachweise

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  1. Siegfried G. Häberle (Hrsg.): Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 2008, S. 486 f.
  2. Siegfried G. Häberle (Hrsg.): Das neue Lexikon der Betriebswirtschaftslehre, 2008, S. 486 f.
  3. Axel C. Schwickert/Kim Fischer: Der Geschäftsprozeß als formaler Prozeß - Definition, Eigenschaften, Arten. (S. 10 f.). Arbeitspapiere WI, 04 / 1996, Professur für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik der Justus-Liebig-Universität Gießen
  4. a b Margit Osterloh/Jetta Frost: Prozessmanagement als Kernkompetenz – Wie Sie Business Reengineering strategisch nutzen können, 2. Auflage, Wiesbaden, 1998, ISBN 3-409-23788-7, S. 31
  5. Christoph Spelten: Gestalten der Auftragsabwicklungsprozesse. In: REFA – Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e. V. (Hrsg.): Den Erfolg vereinbaren – Führen mit Zielvereinbarungen, München, 1995, S. 157
  6. Simone Glitsch: Was sind Geschäftsprozesse? In: Blog zum Prozessmanagement
  7. Fritz Nordsieck, Die schaubildliche Erfassung und Untersuchung der Betriebsorganisation, 1932, S. 10
  8. Reinhard Schmitt/Mathias Zagel, 2009: Geschäftsprozesse der 4. Art Whitepaper (Memento des Originals vom 31. Juli 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/consentor.net
  9. Guido Fischermanns: Es kommt auf den Prozesstyp an. In: prozessfenster-blog.de
  10. Guido Fischermanns: Praxishandbuch Prozessmanagement. 10. Auflage. Gießen 2012, ISBN 978-3-921313-86-2, S. 99 ff.