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„Sankt-Petersburg-Paradoxon“ – Versionsunterschied

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Das '''Sankt-Petersburg-Paradoxon''' (auch '''Sankt-Petersburg-Lotterie''') beschreibt ein mathematisches [[Paradoxon]] im Kontext eines [[Glücksspiel|mehrseitigen Glücksspiel]]s. Dabei weist die zugrunde liegende [[Zufallsvariable]] einen unendlichen [[Erwartungswert]] auf, was theoretisch einer unendlich hohen erwarteten Auszahlung entspricht. Trotzdem scheint der Spieleinstieg nur einen kleinen Geldbetrag wert zu sein. Das St.-Petersburg-Paradoxon verdeutlicht die Grenzen einer naiven [[Entscheidungstheorie]], die ausschließlich auf dem [[Bayes-Regel|Erwartungswert als Kriterium]] basiert. Ein solches Modell würde zu einer Entscheidung führen, die keine [[Rationalität|rational]] handelnde Person in der Realität treffen würde. Eine Auflösung des Paradoxons gelingt durch die Einführung einer [[Nutzenfunktion (Mikroökonomie)|Nutzenfunktion]], die individuelle Präferenzen berücksichtigt, oder durch die Analyse endlicher Varianten der Lotterie.
In der [[Statistik]] und der ökonomischen [[Entscheidungstheorie]] kommt das '''St. Petersburg [[Paradoxon]]''' vor, in dem zwar der [[Erwartungswert]] unendlich ist, ein rationaler Spieler jedoch nur zu einem sehr geringen Einsatz bereit wäre.


Das Paradox erhielt seinen Namen von [[Daniel Bernoulli]]s Präsentation des Problems und seiner Lösung, die er 1738 in den ''Commentarii Academiae Scientiarum Imperialis Petropolitanae'' ([[Sankt Petersburg]]) veröffentlichte. [[Nikolaus I Bernoulli]] erwähnte das Problem jedoch schon 1713 in einem Briefwechsel mit [[Pierre Rémond de Montmort]]. Die ursprüngliche Formulierung spielt in einem hypothetischen [[Spielbank|Kasino]] in Sankt Petersburg ab, woraus sich die Bezeichnung des Paradoxons ableitet.
== Die Konstellation ==


== Das Paradoxon ==
Sie bezahlen einen vorher festgelegten Einsatz und anschließend wird eine Münze solange geworfen, bis zum erstenmal "Kopf" erscheint. Sollte dies beim ersten Wurf der Fall sein, gewinnen Sie 2 Cent, beim 2. Wurf 4 Cent, beim 3. Wurf 8 Cents usw. Bei jedem weiteren Wurf wird der Gewinn verdoppelt. Daraus ergibt sich als Gewinn 2<sup>''k''</sup> Cent &minus; den Einsatz, wenn die Münze ''k''-mal geworfen wird.
In einem [[Glücksspiel]], für das eine Teilnahmegebühr verlangt wird, wird eine faire Münze so lange [[Münzwurf|geworfen]], bis zum ersten Mal „Kopf“ fällt. Dies beendet das Spiel. Der Gewinn richtet sich nach der Anzahl der Münzwürfe insgesamt. War es nur einer, dann erhält der Spieler 1 Euro. Bei zwei Würfen (also einmal „Zahl“, einmal „Kopf“) gibt es 2 Euro, bei drei Würfen 4 Euro, bei vier Würfen 8 Euro und bei jedem weiteren Wurf verdoppelt sich der Betrag.<ref>Manon Bischoff: ''[https://www.spektrum.de/kolumne/sankt-petersburg-paradoxon-spielen-um-jeden-preis/2024761 Das Sankt-Petersburg-Paradoxon: Spielen um jeden Preis?]'' In: [[Spektrum der Wissenschaft|spektrum.de]], 16. Juni 2022, abgerufen am 20. Juni 2022.</ref>
Man gewinnt also <math>2^{k-1}</math> Euro, wenn die Münze <math>k</math>-mal geworfen wurde.


Welcher Geldbetrag sollte für die Teilnahme an diesem Spiel bezahlt werden?
So, und welchen Einsatz wären Sie nun maximal bereit zu bieten?


Die [[Wahrscheinlichkeit]], beim ersten Wurf einen Kopf zu haben, ist <math>p_1=\frac{1}{2}</math>, erst beim zweiten Wurf einen Kopf zu haben, ist <math>p_2=\frac{1}{2^2}</math>, oder abstrahiert beim ''k''-ten Wurf <math>p_k=\frac{1}{2^k}</math>.
Sei <math>P(Z_i)</math> die [[Wahrscheinlichkeit]], dass beim <math>i</math>-ten Münzwurf Zahl fällt, und <math>P(K_i)</math> die Wahrscheinlichkeit, dass beim <math>i</math>-ten Münzwurf Kopf fällt. Man kommt genau dann zum <math>k</math>-ten Wurf, wenn man vorher <math>k-1</math>-mal Zahl geworfen hat. Also ist die Wahrscheinlichkeit, dass das erste Mal beim <math>k</math>-ten Münzwurf „Kopf“ fällt:
:<math>p_k=P(Z_1)\cdot P(Z_2)\dotsm P(Z_{k-1})\cdot P(K_k)=\frac{1}{2}\cdot\frac{1}{2}\dotsm\frac{1}{2}=\frac{1}{2^k}.</math>
Die Wahrscheinlichkeit, mehr als 1 € zu gewinnen, ist bereits schlechter als 1:100, für 10 €, ist man schon unter 1:1000.


Wie viel kann man im Durchschnitt erwarten zu gewinnen? Mit Wahrscheinlichkeit 1/2 ist der Gewinn 1 Euro, mit Wahrscheinlichkeit 1/4 ist er 2 Euro, mit Wahrscheinlichkeit 1/8 ist er 4 Euro usw.
Der Erwartungswert für den Gewinn, ist die [[Summe]] über die Wahrscheinlichkeit, dass beim ''k''-ten Wurf "Kopf" kommt multipliziert mit dem Gewinn beim ''k''-ten Wurf (2<sup>''k''</sup>). Oder mathematisch ausgedrückt:
Der Erwartungswert ist daher
:<math>E=\sum_{k=1}^\infty p_k 2^{k}
=\sum_{k=1}^\infty {1 \over 2}2 + {1 \over 4}4 + {1 \over 8}8 + {1 \over 16}16 + ... =\sum_{k=1}^\infty 1=\infty.</math>


:<math>E = \frac{1}{2}\cdot 1+\frac{1}{4}\cdot 2 + \frac{1}{8}\cdot 4 + \dotsb =\sum_{k=1}^\infty \frac{1}{2^k}\cdot 2^{k-1} = \sum_{k=1}^\infty {1 \over 2} = \infty.</math><ref>{{Literatur |Autor=Daniel Bernoulli |Titel=Exposition of a new theory on the measurement of risk |Seiten=31}}</ref>
Die Summe geht gegen unendlich und so würde die traditionnelle Theorie empfehlen, unabhängig vom zu zahlenden Einsatz am Spiel teilzunehmen (selbst wenn ein Spiel 1 Milliarde € kostet), denn langfristig ergibt sich aus diesem Spiel ein Gewinn. Die Idee dahinter ist, dass irgendwann der Lauf kommt und man die mehreren Billiarden €, die man bereits gesetzt hat, vervielfacht zurück bekommt.


Diese Summe [[Grenzwert (Folge)|divergiert]] gegen unendlich, das heißt, im Mittel erwartet man daher einen unendlich hohen Gewinn.
Indes wäre kein Mensch bereit hier viel mehr als 1 € einzusetzten, aus folgenden Gründen...


Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, z.&thinsp;B. 512 Euro oder mehr zu gewinnen, sehr klein, nämlich gerade 1:1024 (1:2048 für mindestens 1024 Euro).
==Lösungsvorschläge==


Gemäß einer Entscheidungstheorie, die auf dem Erwartungswert basiert, sollte man daher jede beliebige Teilnahmegebühr akzeptieren. Dies widerspricht natürlich einer tatsächlichen Entscheidung und scheint auch irrational zu sein, da man in der Regel nur einige Euro gewinnt. Diese offenbar paradoxe Diskrepanz führte zu dem Namen ''Sankt-Petersburg-Paradoxon''.
Die Auseinandersetzung mit dem '''St. Petersburg Paradoxon''' bringt ein besseres Verständnis vieler Fragen in der Wirtschafts- und [[Entscheidungstheorie]] mit sich.


== Lösungen des Paradoxons ==
[[Johann Bernoulli|Bernoulli]], auf den dieses Paradoxon zurück geht, leitete daraus den ''sinkenden Grenznutzen von Geld'' ab. Zum Beispiel, stiften Ihnen 9 Billiarden € keinen signifikant höheren Nutzen als 900 Billionen €, obwohl es zehn mal so viel Geld ist. Daraus folgt, dass es eine 1:900.000.000.000 Wahrscheinlichkeit einfach nicht wert ist, einen größeren Betrag darauf zu setzen.
Es gibt mehrere Ansätze, dieses Paradoxon zu lösen. Im Folgenden werden einige, ausgewählte Ideen vorgestellt.<ref>Für einen zusammenfassenden Überblick vgl. David Müller: ''Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie ''. 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 306–314.</ref>


=== Erwartungsnutzentheorie ===
Eine Möglichkeit, den Einsatz doch attraktiv zu machen, ist, wenn man den Gewinn verändert, nämlich so, dass sich der Nutzen mit jedem Wurf verdoppelt (z.B. viel Geld, Schönheit, langes Leben, Gesundheit, Weisheit, ... mit der Annahme, dass jeder weitere Gewinn doppelt so nützlich ist, wie der davor). In dem Fall, wäre es sinnig, so viel wie möglich zu bieten, um am Spiel teilzunehmen. Dies unterstellt jedoch, dass der Nutzen immer steigerbar ist, d.h. dass es immer einen Gewinn gibt, der den bereits erreichten Nutzen noch verdoppeln kann.
Ökonomen nutzen dieses Paradoxon, um Konzepte in der [[Entscheidungstheorie]] zu demonstrieren.<ref>Für einen Überblick siehe [[Thorsten Hens]] und [[Marc Oliver Rieger]] (2016): ''Financial Economics: A Concise Introduction to Classical and Behavioral Finance ''. Springer-Verlag, Chapter 2.</ref> Das Paradoxon wird dabei gelöst, indem die naive Entscheidungstheorie, die auf dem Erwartungswert basiert, durch die (vernünftigere) [[Erwartungsnutzentheorie]] (Expected Utility Theory) ersetzt wird.


Diese Theorie des ''sinkenden [[Grenznutzen]]s des Geldes'' wurde schon von Bernoulli erkannt. Die Hauptidee ist hierbei, dass ''ein Geldbetrag unterschiedlich bewertet wird'': Zum Beispiel ist der relative Unterschied in der (subjektiven) Nützlichkeit von 2 Billionen Euro zu 1 Billion Euro sicher kleiner als der entsprechende Unterschied zwischen 1 Billion Euro und gar keinem Geld. Die Beziehung zwischen Geldwert und Nutzen ist also nicht-linear. Verallgemeinert man diese Idee, so hat eine 1:100.000.000.000-Chance, 100.000.000.000 Euro zu gewinnen, zwar einen Erwartungswert von einem Euro, muss aber nicht zwingend einen Euro wert sein.
Außerdem wird hier folgendes nicht beachtet:
* kein Mensch hat so viel Geld und Zeit, um das Spiel langfristig zu spielen.
* [[Risikoaversion]]
* Die nicht vollständige Rationalität der menschlichen Entscheidung (wir sind eben keine perfekten homines oeconomici)


Wenn wir nun eine Nutzenfunktion verwenden, etwa die von Bernoulli vorgeschlagene [[Logarithmus]]funktion <math>u(x)=\ln(x)</math>, so hat die Sankt-Petersburg-Lotterie einen endlichen Wert:


:<math>\operatorname E[U] = \sum_{k=1}^\infty p_k u(2^{k-1}) = \sum_{k=1}^\infty \frac{\ln(2^{k-1})}{2^k} = \ln(2) <\infty.</math>
''Dieser Artikel orientiert sich sehr stark an der englischen Erklärung in der dortigen Wikipedia. Die Argumentation ist jedoch auf jeden Fall richtig.''


In Bernoullis eigenen Worten:
==Externer Link==
:„Woher rührt nun dieser Unterschied zwischen der mathematischen Rechnung und der üblichen Schätzung? Ich glaube, er beruht darauf, dass (in der Theorie) die Mathematiker das Geld lediglich nach seiner Menge, (in der Praxis) vernünftige Leute hingegen nach dem Nutzen schätzen, den sie daraus ziehen können.“ (Seite&nbsp;56)<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Alfred Pringsheim Daniel Bernoulli |Titel=Die Grundlage der modernen Wertlehre: Daniel Bernoulli, Versuch einer neuen Theorie der Wertbestimmung von Glücksfällen. (Specimen Theoriae novae de Mensura Sortis). Aus dem Lateinischen übersetzt und mit Erläuterungen versehen von Professor Dr. Alfred Pringsheim. Mit einer Einleitung von Dr. Ludwig Fick |Datum=1896 |Online=https://archive.org/details/DieGrundlageDerModernenWertlehreDanielBernoulliVersuchEinerNeuenTheorieDerWertbe |Abruf=2020-12-12}}</ref>
Eine sehr ausführliche Behandlung auf Englisch finden Sie hier:
:„[…] dass für einen reichen Mann, für dessen unmittelbarste Lebensbedürfnisse bereits gesorgt ist, eine Geldsumme verhältnismäßig wenig Wert haben kann, die für einen Armen, der darben […] muss, von ungemein größer Bedeutung ist.“ (Seite&nbsp;8)<ref name=":0" />
*[http://plato.stanford.edu/entries/paradox-stpetersburg/ ''St Petersburg Paradox'' - Stanford Encyclopaedia of Philosophy]


Diese Lösung ist jedoch noch nicht vollauf befriedigend, da die Lotterie in einer Weise geändert werden kann, dass das Paradox wieder auftritt: Dazu müssen wir lediglich die Lotterie so ändern, dass die Auszahlungen <math>e^{2^k}</math> betragen, dann ist der Wert der Lotterie, berechnet mit der logarithmischen Nutzenfunktion, wieder unendlich.
[[en:St. Petersburg paradox]]

[[es:Paradoja de San Petersburgo]]
Allgemein kann man für jede [[Beschränkt|unbeschränkte]] Nutzenfunktion eine Variante des Sankt-Petersburg-Paradoxons finden, die einen unendlichen Wert liefert, wie vom österreichischen Mathematiker [[Karl Menger]] als erstem bemerkt wurde.<ref>{{Literatur|Autor=[[Karl Menger]] |Titel=Das Unsicherheitsmoment in der Wertlehre – Betrachtungen im Anschluß an das sogenannte Petersburger Spiel |Sammelwerk=Zeitschrift für Nationalökonomie |Band=5 |Datum=1934| Seiten=459–485 |DOI=10.1007/BF01311578}}</ref>
[[fr:Paradoxe de Saint-Pétersbourg]]

Es gibt nun im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, dieses neue Paradoxon, das zuweilen ''Super-Sankt-Petersburg-Paradoxon'' genannt wird, zu lösen:

* Man kann berücksichtigen, dass ein Kasino nur Lotterien mit einem endlichen Erwartungswert anbieten würde. Unter dieser Annahme lässt sich zeigen, dass das Paradoxon verschwindet, falls die Nutzenfunktion [[Konvexe und konkave Funktionen|konkav]] ist, was bedeutet, dass man eine [[Risikoaversion]] (zumindest für hohe Geldbeträge) voraussetzt.<ref>Vergleiche [[Kenneth Arrow]] (1974): ''The use of unbounded utility functions in expected-utility maximization: Response''. In: ''Quarterly Journal of Economics'', Vol. 88, pp. 136–138.</ref>

* Man kann annehmen, dass die Nutzenfunktion nach oben beschränkt ist. Dies bedeutet nicht, dass die Nutzenfunktion ab einem bestimmten Wert konstant sein muss. Als Beispiel betrachte <math>u(x)=1-e^{-x}</math>.

In den letzten Jahren wurde die Expected Utility Theory erweitert, um Entscheidungsmodelle zu erhalten, die das reale Verhalten von Testpersonen quantitativ besser beschreiben. In einigen dieser neuen Theorien, wie der [[Prospect Theory|Cumulative Prospect Theory]], taucht das Sankt-Petersburg-Paradox in einigen Fällen auch dann auf, wenn die Nutzenfunktion konkav und der Erwartungswert endlich ist, jedoch nicht, wenn die Nutzenfunktion beschränkt ist.<ref>[[Marc Oliver Rieger]], [[Mei Wang]]: ''Cumulative prospect theory and the St. Petersburg paradox''. Economic Theory, Vol. 28, issue 3, 2006. Seiten 665–679.</ref>

=== Endliche Sankt-Petersburg-Lotterie ===
In der klassischen Variante der Sankt-Petersburg-Lotterie hat das Kasino unbegrenzte Geldvorräte. Es gibt also keinen Gewinn, den das Kasino nicht auszahlen könnte, und das Spiel könnte beliebig lange gehen.

Geht man hingegen von einem realen Kasino mit einem Kapital von <math>K</math> aus, dann kann das Kasino nicht mehr als einen maximalen Gewinn auszahlen. Erreicht der Spieler die daraus resultierende Grenze von <math>N</math> Münzwürfen, dann wird ihm der Gewinn an dieser Stelle ausgezahlt und das Spiel abgebrochen. Diese Grenze <math>N</math> legt das Kasino vorher fest.

Man erhält nun einen endlichen Erwartungswert. Zur Berechnung verwendet man die Formel
:<math>E = \sum_{k=1}^N p_k 2^{k-1}+2^{N-1}\sum_{k=N+1}^\infty p_k = \sum_{k=1}^N \frac{1}{2} + 2^{N-1} \left(1-\left(1 - \frac{1}{2^N}\right)\right)\ =\ \frac{N+1}{2},</math>

mit <math>N = 1 + \lfloor \log_2(K) \rfloor</math>.

Folgende Tabelle zeigt, welche Erwartungswerte die endliche Sankt-Petersburg-Lotterie für verschiedene Kasinotypen hat:
{|class="wikitable" align=cener
| ''Kasinokapital K'' || ''max. Spiellänge N'' || ''Erwartungswert E''
|-
|-
| 100 € || 7 || 4 € || Spiel unter Freunden
|-
| 100 Millionen € || 27 || 14 € || (normales) Kasino
|-
| 18 Billionen € || 44 || 22,50 € || BIP der EU 2009
|-
|}
Bernoulli beschreibt unter anderem, dass „alle Summen über 10 Millionen oder der größeren Bequemlichkeit halber über <math>2^{24} = 16 777216</math> Tahlern unter sich gleichwertig sind“ (Seite&nbsp;58),<ref name=":0" /> und seine „vernünftige“ Betrachtung führt ähnlich zu einem endlichen [[Erwartungswert]] (historisch: Hoffnungswert) von 13.

=== Begrenzung der Nutzenfunktion aufgrund einer endlichen Lebensdauer ===
Eine Beschränkung des Nutzens kann auch mit der Lebenszeit des Menschen begründet werden. Der Nutzen eines Gewinns in dem St.-Petersburg-Spiel für einen Menschen mit begrenzter Lebensdauer ist
zwangsläufig ebenfalls begrenzt.

=== Ignoranz unwahrscheinlicher Ereignisse ===
Eine weitere Lösungsidee besteht in der Erklärung, dass reale Entscheidungsträger sehr unwahrscheinliche Ereignisse komplett ignorieren. D.&nbsp;h. anstelle der mathematisch korrekten Berücksichtigung sehr kleiner Werte werden diese vollständig ignoriert. Darauf wiesen schon [[Jean-Baptiste le Rond d’Alembert]] 1773 und [[Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon]] 1777 hin.

=== Zweifel am logischen Zustandekommen ===
Einige Autoren<ref>[[John Maynard Keynes]], A treatise on probability. London: Macmillan, S. 316–320.</ref><ref>[[Lloyd S. Shapley]], The St. Petersburg paradox: A con game? In: Journal of Economic
Theory, 14 (2), S. 439–442</ref> sehen einen logischen Widerspruch bei der Konstruktion des Paradoxes. Sie bezweifeln das Zustandekommen des St.-Petersburg-Spiels und somit die Existenz
des darauf beruhenden Paradoxes aufgrund logischer Gründe. Dieses Argument wird mit Blick auf den Spieler, aber auch auf den Gegenspieler vorgebracht. Mit Blick auf den Spieler stellt sich folgende Frage: Welches rationale Individuum glaubt, dass der Gegenspieler/die Spielbank in der Lage ist, den Spielgewinn zu liefern, wenn der Erwartungswert des Spieles unendlich hoch ist?

=== Zweifel am praktischen Zustandekommen ===
Aus praktischer Sicht wird eingewendet, dass:<ref>David Müller: ''Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie ''. 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 311–312.</ref>
* jeder Münzwurf eine bestimmte Zeit benötigt, weshalb die erforderliche Zeit für eine unendliche Anzahl an Versuchen nicht zur Verfügung steht und/oder
* keine Spielbank eine unendliche Gewinnsumme vorhalten kann.

=== Ersatz des maximalen Nutzens durch die maximale Wahrscheinlichkeit ===
Eine weitere Lösung wird durch eine veränderte Zielstellung möglich. Sämtliche bisher vorgestellten Studien und Erklärungen basieren auf der Annahme, dass der Akteur den erwarteten Nutzen maximieren möchte. Das reale Verhalten legt jedoch den Schluss nahe, dass die Probanden versuchen, die Wahrscheinlichkeit der Lotterie zu maximieren. Sie suchen demzufolge die stochastisch optimale Lotterie.<ref>David Müller: ''Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie ''. 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 314.</ref>

=== Experimentelle Analysen ===
Neben den theoretischen Analysen sind experimentelle Untersuchungen zu nennen. Ein frühes Experiment wurde 1777 von [[Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon]] durchgeführt.<ref>David Müller: ''Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie ''. 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 313.</ref> Später wurden weitere Experimente durchgeführt, um die frühen Ergebnisse zu überprüfen.<ref>Jacques Dutka (1988): On the St. Petersburg paradox. In: Archive for History of Exact Sciences,
39 (1), S. 36–37.</ref><ref> Robert W. Vivian (2013): Ending the myth of the St. Petersburg paradox. In: South African Journal of Economic and Management Sciences, 16 (3), S. 356–360.</ref> Darüber hinaus wurde z.&nbsp;B. auf der Basis von 1 Mrd. Versuchen gezeigt, dass die Gewinnsumme im St.-Petersburg-Spiel einem Potenzgesetz folgt. Eine Verdopplung der Gewinnwahrscheinlichkeit führt zu einer Halbierung der Gewinnsumme.<ref>Sergio Da Silva, Raul Matsushita (2016): The St. Petersburg paradox: An experimental solution. In: Physica A: Statistical Mechanics and its Applications, 445 (1): 66–74.</ref>

== Siehe auch ==

* [[Martingalespiel]]

== Weblinks ==
* Martin, Robert (2004), „[https://plato.stanford.edu/archives/fall2004/entries/paradox-stpetersburg/ The St. Petersburg Paradox]“. In ''The Stanford Encyclopedia of Philosophy'' (Fall 2004 Edition), Edward N. Zalta (ed.) (auf Englisch)
* [http://www.mathematik.com/Petersburg/Petersburg.html Online St.-Petersburg-Lotterie]
* [[Daniel Bernoulli]] (1738), [https://get.google.com/albumarchive/110664844632908712547/album/AF1QipMINr_bIgjSDbivQhVJSrIKFATfyeklzqDgX02r?source=pwa ''Theoriae Novae De Mensura Sortis''], übersetzt als „Exposition of a New Theory on the Measurement of Risk“, ''Econometrica'' Vol. 22 (1954), pp. 23–36 (Engl. Version [https://web.archive.org/web/20140316004831/ im Internet Archive])
* [[Robert Aumann]], „The St. Petersburg paradox: A discussion of some recent comments“, ''Journal of Economic Theory'', 1977, Vol. 14, pp. 443–445

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Paradoxon]]
[[Kategorie:Entscheidungstheorie]]
[[Kategorie:Mikroökonomie]]

Aktuelle Version vom 10. Juli 2025, 22:49 Uhr

Das Sankt-Petersburg-Paradoxon (auch Sankt-Petersburg-Lotterie) beschreibt ein mathematisches Paradoxon im Kontext eines mehrseitigen Glücksspiels. Dabei weist die zugrunde liegende Zufallsvariable einen unendlichen Erwartungswert auf, was theoretisch einer unendlich hohen erwarteten Auszahlung entspricht. Trotzdem scheint der Spieleinstieg nur einen kleinen Geldbetrag wert zu sein. Das St.-Petersburg-Paradoxon verdeutlicht die Grenzen einer naiven Entscheidungstheorie, die ausschließlich auf dem Erwartungswert als Kriterium basiert. Ein solches Modell würde zu einer Entscheidung führen, die keine rational handelnde Person in der Realität treffen würde. Eine Auflösung des Paradoxons gelingt durch die Einführung einer Nutzenfunktion, die individuelle Präferenzen berücksichtigt, oder durch die Analyse endlicher Varianten der Lotterie.

Das Paradox erhielt seinen Namen von Daniel Bernoullis Präsentation des Problems und seiner Lösung, die er 1738 in den Commentarii Academiae Scientiarum Imperialis Petropolitanae (Sankt Petersburg) veröffentlichte. Nikolaus I Bernoulli erwähnte das Problem jedoch schon 1713 in einem Briefwechsel mit Pierre Rémond de Montmort. Die ursprüngliche Formulierung spielt in einem hypothetischen Kasino in Sankt Petersburg ab, woraus sich die Bezeichnung des Paradoxons ableitet.

In einem Glücksspiel, für das eine Teilnahmegebühr verlangt wird, wird eine faire Münze so lange geworfen, bis zum ersten Mal „Kopf“ fällt. Dies beendet das Spiel. Der Gewinn richtet sich nach der Anzahl der Münzwürfe insgesamt. War es nur einer, dann erhält der Spieler 1 Euro. Bei zwei Würfen (also einmal „Zahl“, einmal „Kopf“) gibt es 2 Euro, bei drei Würfen 4 Euro, bei vier Würfen 8 Euro und bei jedem weiteren Wurf verdoppelt sich der Betrag.[1] Man gewinnt also Euro, wenn die Münze -mal geworfen wurde.

Welcher Geldbetrag sollte für die Teilnahme an diesem Spiel bezahlt werden?

Sei die Wahrscheinlichkeit, dass beim -ten Münzwurf Zahl fällt, und die Wahrscheinlichkeit, dass beim -ten Münzwurf Kopf fällt. Man kommt genau dann zum -ten Wurf, wenn man vorher -mal Zahl geworfen hat. Also ist die Wahrscheinlichkeit, dass das erste Mal beim -ten Münzwurf „Kopf“ fällt:

Wie viel kann man im Durchschnitt erwarten zu gewinnen? Mit Wahrscheinlichkeit 1/2 ist der Gewinn 1 Euro, mit Wahrscheinlichkeit 1/4 ist er 2 Euro, mit Wahrscheinlichkeit 1/8 ist er 4 Euro usw. Der Erwartungswert ist daher

[2]

Diese Summe divergiert gegen unendlich, das heißt, im Mittel erwartet man daher einen unendlich hohen Gewinn.

Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, z. B. 512 Euro oder mehr zu gewinnen, sehr klein, nämlich gerade 1:1024 (1:2048 für mindestens 1024 Euro).

Gemäß einer Entscheidungstheorie, die auf dem Erwartungswert basiert, sollte man daher jede beliebige Teilnahmegebühr akzeptieren. Dies widerspricht natürlich einer tatsächlichen Entscheidung und scheint auch irrational zu sein, da man in der Regel nur einige Euro gewinnt. Diese offenbar paradoxe Diskrepanz führte zu dem Namen Sankt-Petersburg-Paradoxon.

Lösungen des Paradoxons

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Es gibt mehrere Ansätze, dieses Paradoxon zu lösen. Im Folgenden werden einige, ausgewählte Ideen vorgestellt.[3]

Erwartungsnutzentheorie

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Ökonomen nutzen dieses Paradoxon, um Konzepte in der Entscheidungstheorie zu demonstrieren.[4] Das Paradoxon wird dabei gelöst, indem die naive Entscheidungstheorie, die auf dem Erwartungswert basiert, durch die (vernünftigere) Erwartungsnutzentheorie (Expected Utility Theory) ersetzt wird.

Diese Theorie des sinkenden Grenznutzens des Geldes wurde schon von Bernoulli erkannt. Die Hauptidee ist hierbei, dass ein Geldbetrag unterschiedlich bewertet wird: Zum Beispiel ist der relative Unterschied in der (subjektiven) Nützlichkeit von 2 Billionen Euro zu 1 Billion Euro sicher kleiner als der entsprechende Unterschied zwischen 1 Billion Euro und gar keinem Geld. Die Beziehung zwischen Geldwert und Nutzen ist also nicht-linear. Verallgemeinert man diese Idee, so hat eine 1:100.000.000.000-Chance, 100.000.000.000 Euro zu gewinnen, zwar einen Erwartungswert von einem Euro, muss aber nicht zwingend einen Euro wert sein.

Wenn wir nun eine Nutzenfunktion verwenden, etwa die von Bernoulli vorgeschlagene Logarithmusfunktion , so hat die Sankt-Petersburg-Lotterie einen endlichen Wert:

In Bernoullis eigenen Worten:

„Woher rührt nun dieser Unterschied zwischen der mathematischen Rechnung und der üblichen Schätzung? Ich glaube, er beruht darauf, dass (in der Theorie) die Mathematiker das Geld lediglich nach seiner Menge, (in der Praxis) vernünftige Leute hingegen nach dem Nutzen schätzen, den sie daraus ziehen können.“ (Seite 56)[5]
„[…] dass für einen reichen Mann, für dessen unmittelbarste Lebensbedürfnisse bereits gesorgt ist, eine Geldsumme verhältnismäßig wenig Wert haben kann, die für einen Armen, der darben […] muss, von ungemein größer Bedeutung ist.“ (Seite 8)[5]

Diese Lösung ist jedoch noch nicht vollauf befriedigend, da die Lotterie in einer Weise geändert werden kann, dass das Paradox wieder auftritt: Dazu müssen wir lediglich die Lotterie so ändern, dass die Auszahlungen betragen, dann ist der Wert der Lotterie, berechnet mit der logarithmischen Nutzenfunktion, wieder unendlich.

Allgemein kann man für jede unbeschränkte Nutzenfunktion eine Variante des Sankt-Petersburg-Paradoxons finden, die einen unendlichen Wert liefert, wie vom österreichischen Mathematiker Karl Menger als erstem bemerkt wurde.[6]

Es gibt nun im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, dieses neue Paradoxon, das zuweilen Super-Sankt-Petersburg-Paradoxon genannt wird, zu lösen:

  • Man kann berücksichtigen, dass ein Kasino nur Lotterien mit einem endlichen Erwartungswert anbieten würde. Unter dieser Annahme lässt sich zeigen, dass das Paradoxon verschwindet, falls die Nutzenfunktion konkav ist, was bedeutet, dass man eine Risikoaversion (zumindest für hohe Geldbeträge) voraussetzt.[7]
  • Man kann annehmen, dass die Nutzenfunktion nach oben beschränkt ist. Dies bedeutet nicht, dass die Nutzenfunktion ab einem bestimmten Wert konstant sein muss. Als Beispiel betrachte .

In den letzten Jahren wurde die Expected Utility Theory erweitert, um Entscheidungsmodelle zu erhalten, die das reale Verhalten von Testpersonen quantitativ besser beschreiben. In einigen dieser neuen Theorien, wie der Cumulative Prospect Theory, taucht das Sankt-Petersburg-Paradox in einigen Fällen auch dann auf, wenn die Nutzenfunktion konkav und der Erwartungswert endlich ist, jedoch nicht, wenn die Nutzenfunktion beschränkt ist.[8]

Endliche Sankt-Petersburg-Lotterie

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In der klassischen Variante der Sankt-Petersburg-Lotterie hat das Kasino unbegrenzte Geldvorräte. Es gibt also keinen Gewinn, den das Kasino nicht auszahlen könnte, und das Spiel könnte beliebig lange gehen.

Geht man hingegen von einem realen Kasino mit einem Kapital von aus, dann kann das Kasino nicht mehr als einen maximalen Gewinn auszahlen. Erreicht der Spieler die daraus resultierende Grenze von Münzwürfen, dann wird ihm der Gewinn an dieser Stelle ausgezahlt und das Spiel abgebrochen. Diese Grenze legt das Kasino vorher fest.

Man erhält nun einen endlichen Erwartungswert. Zur Berechnung verwendet man die Formel

mit .

Folgende Tabelle zeigt, welche Erwartungswerte die endliche Sankt-Petersburg-Lotterie für verschiedene Kasinotypen hat:

Kasinokapital K max. Spiellänge N Erwartungswert E
100 € 7 4 € Spiel unter Freunden
100 Millionen € 27 14 € (normales) Kasino
18 Billionen € 44 22,50 € BIP der EU 2009

Bernoulli beschreibt unter anderem, dass „alle Summen über 10 Millionen oder der größeren Bequemlichkeit halber über Tahlern unter sich gleichwertig sind“ (Seite 58),[5] und seine „vernünftige“ Betrachtung führt ähnlich zu einem endlichen Erwartungswert (historisch: Hoffnungswert) von 13.

Begrenzung der Nutzenfunktion aufgrund einer endlichen Lebensdauer

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Eine Beschränkung des Nutzens kann auch mit der Lebenszeit des Menschen begründet werden. Der Nutzen eines Gewinns in dem St.-Petersburg-Spiel für einen Menschen mit begrenzter Lebensdauer ist zwangsläufig ebenfalls begrenzt.

Ignoranz unwahrscheinlicher Ereignisse

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Eine weitere Lösungsidee besteht in der Erklärung, dass reale Entscheidungsträger sehr unwahrscheinliche Ereignisse komplett ignorieren. D. h. anstelle der mathematisch korrekten Berücksichtigung sehr kleiner Werte werden diese vollständig ignoriert. Darauf wiesen schon Jean-Baptiste le Rond d’Alembert 1773 und Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon 1777 hin.

Zweifel am logischen Zustandekommen

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Einige Autoren[9][10] sehen einen logischen Widerspruch bei der Konstruktion des Paradoxes. Sie bezweifeln das Zustandekommen des St.-Petersburg-Spiels und somit die Existenz des darauf beruhenden Paradoxes aufgrund logischer Gründe. Dieses Argument wird mit Blick auf den Spieler, aber auch auf den Gegenspieler vorgebracht. Mit Blick auf den Spieler stellt sich folgende Frage: Welches rationale Individuum glaubt, dass der Gegenspieler/die Spielbank in der Lage ist, den Spielgewinn zu liefern, wenn der Erwartungswert des Spieles unendlich hoch ist?

Zweifel am praktischen Zustandekommen

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Aus praktischer Sicht wird eingewendet, dass:[11]

  • jeder Münzwurf eine bestimmte Zeit benötigt, weshalb die erforderliche Zeit für eine unendliche Anzahl an Versuchen nicht zur Verfügung steht und/oder
  • keine Spielbank eine unendliche Gewinnsumme vorhalten kann.

Ersatz des maximalen Nutzens durch die maximale Wahrscheinlichkeit

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Eine weitere Lösung wird durch eine veränderte Zielstellung möglich. Sämtliche bisher vorgestellten Studien und Erklärungen basieren auf der Annahme, dass der Akteur den erwarteten Nutzen maximieren möchte. Das reale Verhalten legt jedoch den Schluss nahe, dass die Probanden versuchen, die Wahrscheinlichkeit der Lotterie zu maximieren. Sie suchen demzufolge die stochastisch optimale Lotterie.[12]

Experimentelle Analysen

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Neben den theoretischen Analysen sind experimentelle Untersuchungen zu nennen. Ein frühes Experiment wurde 1777 von Georges-Louis Leclerc, Comte de Buffon durchgeführt.[13] Später wurden weitere Experimente durchgeführt, um die frühen Ergebnisse zu überprüfen.[14][15] Darüber hinaus wurde z. B. auf der Basis von 1 Mrd. Versuchen gezeigt, dass die Gewinnsumme im St.-Petersburg-Spiel einem Potenzgesetz folgt. Eine Verdopplung der Gewinnwahrscheinlichkeit führt zu einer Halbierung der Gewinnsumme.[16]

Einzelnachweise

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  1. Manon Bischoff: Das Sankt-Petersburg-Paradoxon: Spielen um jeden Preis? In: spektrum.de, 16. Juni 2022, abgerufen am 20. Juni 2022.
  2. Daniel Bernoulli: Exposition of a new theory on the measurement of risk. S. 31.
  3. Für einen zusammenfassenden Überblick vgl. David Müller: Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie . 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 306–314.
  4. Für einen Überblick siehe Thorsten Hens und Marc Oliver Rieger (2016): Financial Economics: A Concise Introduction to Classical and Behavioral Finance . Springer-Verlag, Chapter 2.
  5. a b c Alfred Pringsheim Daniel Bernoulli: Die Grundlage der modernen Wertlehre: Daniel Bernoulli, Versuch einer neuen Theorie der Wertbestimmung von Glücksfällen. (Specimen Theoriae novae de Mensura Sortis). Aus dem Lateinischen übersetzt und mit Erläuterungen versehen von Professor Dr. Alfred Pringsheim. Mit einer Einleitung von Dr. Ludwig Fick. 1896 (archive.org [abgerufen am 12. Dezember 2020]).
  6. Karl Menger: Das Unsicherheitsmoment in der Wertlehre – Betrachtungen im Anschluß an das sogenannte Petersburger Spiel. In: Zeitschrift für Nationalökonomie. Band 5, 1934, S. 459–485, doi:10.1007/BF01311578.
  7. Vergleiche Kenneth Arrow (1974): The use of unbounded utility functions in expected-utility maximization: Response. In: Quarterly Journal of Economics, Vol. 88, pp. 136–138.
  8. Marc Oliver Rieger, Mei Wang: Cumulative prospect theory and the St. Petersburg paradox. Economic Theory, Vol. 28, issue 3, 2006. Seiten 665–679.
  9. John Maynard Keynes, A treatise on probability. London: Macmillan, S. 316–320.
  10. Lloyd S. Shapley, The St. Petersburg paradox: A con game? In: Journal of Economic Theory, 14 (2), S. 439–442
  11. David Müller: Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie . 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 311–312.
  12. David Müller: Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie . 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 314.
  13. David Müller: Investitionscontrolling 2: Entscheidungstheorie . 3. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden 2022, ISBN 978-3-658-36596-7, S. 313.
  14. Jacques Dutka (1988): On the St. Petersburg paradox. In: Archive for History of Exact Sciences, 39 (1), S. 36–37.
  15. Robert W. Vivian (2013): Ending the myth of the St. Petersburg paradox. In: South African Journal of Economic and Management Sciences, 16 (3), S. 356–360.
  16. Sergio Da Silva, Raul Matsushita (2016): The St. Petersburg paradox: An experimental solution. In: Physica A: Statistical Mechanics and its Applications, 445 (1): 66–74.