„Typenzwang“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
|||
(33 dazwischenliegende Versionen von 25 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
Unter einem '''Typenzwang''', wie er auch im Mittelalter<ref>[[Hermann Dilcher]]: ''Der Typenzwang im mittelalterlichen Vertragsrecht.'' 1960.</ref> nachweisbar ist, versteht man in der deutschen [[Rechtswissenschaft]] den Umstand, dass ein Rechtsanwender im [[Sachenrecht (Deutschland)|Sachenrecht]] nur aus einem vom Gesetzgeber vorgegebenen Katalog von Handlungsformen und Gestaltungen auswählen und keine neuen vereinbaren oder annehmen darf ([[Numerus clausus (Recht)|numerus clausus]]).<ref>[[Fritz Baur]], [[Rolf Stürner]]: ''Sachenrecht,'' 2009, § 1 Rn. 7; [[Hans Josef Wieling]]: ''Sachenrecht.'' Berlin 2007, I, § 1 II 4.</ref> |
|||
Der '''Typenzwang''', oder auch '''numerus clausus des [[Sachenrecht]]s''', drückt aus, dass im Sachenrecht sämtliche Rechtsformen festgelegt sind. Anders als im [[Schuldrecht]], wo durch Vereinbarung neue Vertragstypen geschaffen werde können, muss jede sachenrechtliche, d.h. dingliche Vereinbarung, einem der ausdrücklich im [[BGB]] geregelten Rechte entsprechen. |
|||
== Sachenrecht == |
|||
Diese geregelten Rechte sind: |
|||
Während etwa im [[Schuldrecht (Deutschland)|Schuldrecht]] im Prinzip jeder [[Vertragsfreiheit|beliebige Vertrag]] vereinbart werden darf (sogenannte [[Privatautonomie]]) und die Vertragsparteien nicht etwa aus vorgegebenen Vertragstypen zu wählen brauchen, kann man im [[Sachenrecht]] keine neue Rechtsform schaffen, weil sämtliche Rechtsformen gesetzlich festgelegt sind. Nicht betroffen ist dabei die Abschlussfreiheit, das „ob“ der Rechtsbegründung, denn die Bestellung dinglicher Rechte steht den Parteien frei. Betroffen ist lediglich die inhaltliche Gestaltungsfreiheit, das „wie“ des zu begründenden Rechts.<ref>[[Hans Hermann Seiler]]: ''Geschichte und Gegenwart im Zivilrecht. Grundzüge des Sachenrechts'', Heymanns, Köln 2005, ISBN 978-3-452-25387-3, S. 251 ff.</ref> |
|||
Im Einzelnen unterliegen dem Typenzwang: |
|||
:*[[Eigentum]] |
|||
* Vollrechte (nebst Mitberechtigungen): [[Eigentum]], [[Miteigentum|Bruchteilseigentum]], und außerhalb des Sachenrechts geregelt: [[Gesamthandseigentum]], |
|||
:*[[Erbbaurecht]] |
|||
* Nutzungsrechte: [[Nießbrauch]] als umfassende Nutzungsberechtigung, daneben Teilnutzungsrechte: [[beschränkte persönliche Dienstbarkeit]], |
|||
:*[[Nießbrauch]] |
|||
* Verwertungsrechte an Grundstücken: [[Hypothek]], [[Grundschuld]], [[Rentenschuld]] sowie die [[Reallast]], |
|||
:*[[Grunddienstbarkeit]] |
|||
* Weiterhin: [[Erbbaurecht]], [[Grunddienstbarkeit]], [[Pfandrecht]], [[Vorkaufsrecht]] und [[Vormerkung]]. |
|||
:*[[persönliche Dienstbarkeit]] |
|||
:*[[Reallast]] |
|||
Innerhalb einzelner Typen gibt es gesetzliche Varianten. So lässt die Hypothek die Arten der Buch- und Briefhypothek ({{§|1116|bgb|juris|text=§ 1116}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]]) zu, daneben die Gesamt-, Höchstbetrags- und [[Sicherungshypothek]]. Durch eine Grunddienstbarkeit kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass das Grundstück nur in einzelnen Beziehungen benutzt werden darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist ({{§|1018|bgb|juris|text=§ 1018}} BGB). Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten können sich mit Wohnrechten verknüpfen ({{§|1090|bgb|juris|text=§ 1090}}) BGB. |
|||
:*[[Hypothek]] |
|||
:*[[Grundschuld]] |
|||
== Gesellschaftsrecht == |
|||
:*[[Pfandrecht]] |
|||
Im [[Gesellschaftsrecht (Deutschland)|Gesellschaftsrecht]] kann nur zwischen bestimmten Typen einer Gesellschaft gewählt werden ([[Rechtsform]]zwang), auch obgleich es Gestaltungsmöglichkeiten und Mischformen wie die [[GmbH und Co. KG]] gibt. |
|||
:*[[Vorkaufsrecht]] |
|||
:*[[Vormerkung]] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references /> |
|||
{{Rechtshinweis}} |
{{Rechtshinweis}} |
||
[[Kategorie:Sachenrecht]] |
[[Kategorie:Sachenrecht (Deutschland)]] |
||
[[Kategorie:Gesellschaftsrecht (Deutschland)]] |
|||
[[en:Numerus clausus#Law]] |
Aktuelle Version vom 17. Oktober 2024, 09:20 Uhr
Unter einem Typenzwang, wie er auch im Mittelalter[1] nachweisbar ist, versteht man in der deutschen Rechtswissenschaft den Umstand, dass ein Rechtsanwender im Sachenrecht nur aus einem vom Gesetzgeber vorgegebenen Katalog von Handlungsformen und Gestaltungen auswählen und keine neuen vereinbaren oder annehmen darf (numerus clausus).[2]
Sachenrecht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während etwa im Schuldrecht im Prinzip jeder beliebige Vertrag vereinbart werden darf (sogenannte Privatautonomie) und die Vertragsparteien nicht etwa aus vorgegebenen Vertragstypen zu wählen brauchen, kann man im Sachenrecht keine neue Rechtsform schaffen, weil sämtliche Rechtsformen gesetzlich festgelegt sind. Nicht betroffen ist dabei die Abschlussfreiheit, das „ob“ der Rechtsbegründung, denn die Bestellung dinglicher Rechte steht den Parteien frei. Betroffen ist lediglich die inhaltliche Gestaltungsfreiheit, das „wie“ des zu begründenden Rechts.[3]
Im Einzelnen unterliegen dem Typenzwang:
- Vollrechte (nebst Mitberechtigungen): Eigentum, Bruchteilseigentum, und außerhalb des Sachenrechts geregelt: Gesamthandseigentum,
- Nutzungsrechte: Nießbrauch als umfassende Nutzungsberechtigung, daneben Teilnutzungsrechte: beschränkte persönliche Dienstbarkeit,
- Verwertungsrechte an Grundstücken: Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld sowie die Reallast,
- Weiterhin: Erbbaurecht, Grunddienstbarkeit, Pfandrecht, Vorkaufsrecht und Vormerkung.
Innerhalb einzelner Typen gibt es gesetzliche Varianten. So lässt die Hypothek die Arten der Buch- und Briefhypothek (§ 1116 BGB) zu, daneben die Gesamt-, Höchstbetrags- und Sicherungshypothek. Durch eine Grunddienstbarkeit kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, dass das Grundstück nur in einzelnen Beziehungen benutzt werden darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist (§ 1018 BGB). Beschränkte persönliche Dienstbarkeiten können sich mit Wohnrechten verknüpfen (§ 1090) BGB.
Gesellschaftsrecht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Gesellschaftsrecht kann nur zwischen bestimmten Typen einer Gesellschaft gewählt werden (Rechtsformzwang), auch obgleich es Gestaltungsmöglichkeiten und Mischformen wie die GmbH und Co. KG gibt.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hermann Dilcher: Der Typenzwang im mittelalterlichen Vertragsrecht. 1960.
- ↑ Fritz Baur, Rolf Stürner: Sachenrecht, 2009, § 1 Rn. 7; Hans Josef Wieling: Sachenrecht. Berlin 2007, I, § 1 II 4.
- ↑ Hans Hermann Seiler: Geschichte und Gegenwart im Zivilrecht. Grundzüge des Sachenrechts, Heymanns, Köln 2005, ISBN 978-3-452-25387-3, S. 251 ff.