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„Ägyptischer Kalender“ – Versionsunterschied

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Der '''[[Kalender]] im [[Altes Ägypten|alten Ägypten]]''' bestand aus 365 [[Tag]]en, die ein sogenanntes [[Jahr|Gemeinjahr]] bilden.
[[Datei:Senenmut-Grab.JPG|mini|300px|Kalender des Senenmut<ref>Kalendereinteilung im astronomischen Deckenbild im Grab des [[Senenmut]] († um 1460 v. Chr.), [[Theben (Ägypten)|Theben]], [[TT353|Grab 353]]. Eine hochaufgelöste Erfassung steht [https://images.metmuseum.org/CRDImages/eg/original/48.105.52_EGDP012289.jpg beim Metropolitan Museum of Art] in New York online zur Verfügung. (Abgerufen am 3. November 2021)</ref>]]<div class="Box" style="clear:right;">
{| style="width:310px;"
| class="hiero" |<hiero>V28-N5-V28</hiero>
|„Neheh“ – Zyklische Zeit, Oberbegriff für<br />Zeiteinheiten der Kalendarischen Zeit<ref Name="Mabe2004">{{Literatur |Titel=Das Afrika-Lexikon |Hrsg=Jakob E. Mabe |Verlag=P. Hammer/ Metzler |Ort=Stuttgart |Datum=2004 |DNB=971708088}}</ref>
|}
</div>
'''Ägyptische Kalender''' waren solche, die sich hauptsächlich an dem Naturereignis der [[Nilschwemme]] orientierten und mit Beobachtungen der [[Astronomie]] verknüpften. Im Laufe der Zeit entstanden unterschiedliche Kalenderformate, die teilweise parallel Verwendung fanden.<ref Name="Mabe2004" />


== Grundlagen der Zeitrechnung ==
== Entstehung ==
Den [[Tag (Altes Ägypten)|Tag]]<nowiki/>esbeginn markierte im alten Ägypten stets der Sonnenaufgang.<ref name="Assmann2005Tag">{{Ankerlink|Assmann 2005|o|d|Zeitkonstruktion, Vergangenheitsbezug und Geschichtsbewußtsein im alten Ägypten}}, Seite 115.</ref> Das hat vor allem für den [[Mondkalender (Altes Ägypten)|Mondkalender]] weitreichende Konsequenzen. Die Ereignisse, denen die Tages- und Monatszählung zugrunde lagen, fanden stets vor dem Tag, bzw. Monat statt, durch den sie definiert wurden:
* Die Nacht, in der der Mond vor Sonnenaufgang zum [[Neumond]] wurde, war die letzte des Monats. Der neue Monat begann mit Sonnenaufgang.
* Der [[heliakisch]]e Aufgang des Sirius fand stets am Ende des Jahres statt. Das neue Jahr begann mit dem folgenden Monatsbeginn. (Siehe [[Mondkalender (Altes Ägypten)#Der ursprüngliche Mondkalender|Ursprünglicher Mondkalender]])
Die Ereignisse fielen dabei in der Regel in die 12. Nachtstunde, wobei jede Nacht, genau wie der [[Lichter Tag|lichte Tag]], stets genau 12 Stunden hatte. Die Länge der Stunden änderte sich mit den Jahreszeiten.<ref name="Assmann2005Tag" />


== Entwicklung ägyptischer Kalender ==
Wann der agytische Kalender entstanden ist, ist nicht bekannt. Aber es kann einiges über seine Entstehungsgeschichte und Ereignissen die damit im Zusammenhang stehen gesagt werden
{{Ägyptologie Jahreszeiten}}


=== Mondkalender ===
Das Leben im [[Altes Ägypten|alten Äg]]ypten wurde durch das lebenswichtige [[Hochwasser]] des [[Nil]]s bestimmt. Da diese Nilschwemme, die fruchtbaren Schlamm auf die Felder brachte im Jahresrhythmus auftritt, entwickelte sich ein [[Sonnenkalender]] von 365 Tagen. Schalttage kannten die Ägypter nicht, und so verschoben sich die einzelnen Daten über das [[Jahr]] im Laufe eines Menschenlebens um ca. 20 [[Tag|Tage]], gemessen an den [[Jahreszeiten]].
{{Hauptartikel|Mondkalender (Altes Ägypten)}}
Der Jahresanfang der ägyptischen Kalender war seit frühester Zeit am Eintritt der Nilüberschwemmung ausgerichtet. Die Nilschwemme war vorhersehbar und bezeichnete den [[Achet]] als die erste Jahreszeit. Beginn und Ende konnten sich innerhalb eines siderischen Jahres, welches allerdings zunächst unbekannt war, um wenige Tage verschieben. Entscheidend war die Wassermenge, die großen Einfluss auf die [[Landwirtschaft]] hatte. Der Nilpegel stieg bei [[Assuan]] alle 12 bis 13 Mondzyklen an und erreichte etwa zwei Mondzyklen später seinen Höchststand. Die Flutwelle erreichte das Nildelta etwa zwei Wochen später. [[Herodot]] berichtet, dass der Beginn der Nilschwemme zur Zeit der [[Sonnenwende|Sommersonnenwende]] stattfand<ref>[[Herodot]], ''Historien'' 2. Buch, 19.</ref> – das war zu seiner Zeit im 5. Jahrhundert v. Chr. um den 22./23. Juni. Allerdings blieben aufgrund der Nähe zum Äquator die Sonnenwenden zumindest in [[Oberägypten]] zunächst weitgehend ohne Beachtung.


Der Beginn der jährlichen Überschwemmungszeit hing stattdessen scheinbar eng mit dem ersten Erscheinen des [[Sirius]] (ägypt. [[Sopdet]]) am morgendlichen Himmel zusammen. Die Länge eines Jahres war zunächst nicht bekannt. Dauer und Höhe der Nilschwemme waren generell schwankend. So konnte ein Nil-Jahr (beginnend mit der Schwemme) mal 335 und auch mal 415 Tage haben.<ref>{{Ankerlink|Parker 1950|o|d|The Calendars of Ancient Egypt}}, S. 52, §259.</ref> In diese Situation hinein wurde der erste Kalender entwickelt.
=== Der Sothis-Zyklus ===


Zu Beginn der [[Frühdynastische Periode (Ägypten)|frühdynastischen Periode]] existierte noch keine Jahreszählung. Für einen chronologischen Überblick wurden Jahre anhand von Ereignissen identifiziert, die auf Jahrestäfelchen in einer Art Bilderschrift eingeritzt wurden.<ref>{{Ankerlink|Assmann 2005|o|d|Zeitkonstruktion, Vergangenheitsbezug und Geschichtsbewußtsein im alten Ägypten}}, S. 129.</ref>
Die Ägypter erkannten schon früh, dass der Beginn der jährlichen Überschwemmungszeit eng mit dem ersten Erscheinen des Sternes [[Sirius]] (ägypt. Sopdet) am morgendlichen Himmel zusammenfiel ([[heliakisch]]er Aufgang). Dieses Ereignis war zur Entstehungszeit des ägyptischen Kalenders höchstwahrscheinlich mit dem [[Neujahr]]stag identisch. der Kalender verschob sich aber gegenüber der [[Natur]] um etwa einen Tag aller vier Jahre, da die Jahreslänge in der Folge unveränderlich 365 Tage betrug.


Als ältester überlieferter Kalender wird dann ein ''[[Mondkalender (Altes Ägypten)#Der ursprüngliche Mondkalender|Mondkalender]]'' noch aus der frühdynastischen Periode beschrieben. Dessen erster Monat begann stets nach dem [[Heliakisch|heliakischen]] Aufgang des Sothis mit Sonnenaufgang nach Neumondbeginn. Damit war das [[Sothisjahr]] entstanden, das im Mittel mit 365,250015 Tagen in etwa dem julianischen Kalender entsprach. Vergleichbare Kalender waren in [[Loango]] und bei Ankunft der Europäer auch in Mexiko, auf Bali und Neuseeland bereits bekannt.<ref>{{Ankerlink|Parker 1950|o|d|The Calendars of Ancient Egypt}}, S. 31, §152.</ref>
Aufgrund dieser Verschiebung dauert es 1.460 [[Julianischer Kalender|julianische Jahre]], bis der ägyptische Neujahrstag und das Erscheinen des Sirius am Morgenhimmel wieder auf den selben Tag fielen. Dieser Zeitraum wird ''Sothis-Zyklus'' genannt.


Nun hängen klimatische Prozesse nicht vom [[Siderisches Jahr|siderischen]], sondern vom [[Tropisches Jahr|tropischen Jahr]] ab und der Aufgang des Sirius dabei zusätzlich von der [[Präzession#Präzession der Erdachse|Erdpräzession und -nutation]]. Doch sind die Zeitunterschiede von weniger als einer halben Stunde im Jahr sehr gering. Die [[Jahreszeit]]en verschoben sich innerhalb des Sothisjahres im Durchschnitt etwa alle 126 Jahre um einen Tag. Es dauert folglich Jahrhunderte bis sich der Aufgang des Sothis vom Juni bis in den Juli verschoben hatte.
Dies war den Priestern wohlbekannt, aber eine entsprechende Kalenderreform [[Ptolemaios III.]] Euergetes I. im Jahre [[284 v. Chr.]] wurde nach dessen Tod wieder rückgängig gemacht, vermutlich weil die Priesterschaft eine Gefährdung ihrer gesellschaftlichen Position durch solcherart veröffentlichtes Geheimwissen sah.


{{Überarbeiten||Nachfolgende Tabelle|grund=Einiges passt nicht:
<small>
* Keine zwei Termine für den Beginn eines Monats!
'''Anmerkung:''' Sothis ist der griechische Name für Sirius. Die ägyptische Bezeichnung für den Stern lautete "spdt", da nur Konsonanten geschrieben wurden. Die Vokale müssen anhand sprachwissenschaftlicher Vergleiche, beispielsweise mit der koptischen Sprache, ergänzt werden . Der ''Sothis-Zyklus'' ist wahrscheinlich etwas kürzer als die angegebenen 1.460 Jahre, da sich der heliakische Aufgang gegenüber dem [[Tropisches Jahr|tropischen Jahr]] sehr langsam verschiebt. Die Bezeichnung ''Sothis-Zyklus'' wäre daher nicht ganz korrekt, hat sich aber in der Literatur durchgesetzt. <small>
* Zeitliche Einordnung der Tabelle fehlt. Spätantike? Mittelalter?
== Monate und Tage ==
* Keine gregorianischen Termine vor der Neuzeit!}}
{| class="wikitable" style="width: 98%; border: 2px solid gray;"
|- {{Ägyptologie TblHighlight}}
!colspan="4"|Jahreszeitliche Lage der ägyptischen Monate im gregorianischen Kalender<ref name=Meeus>J. Meeus: ''Astronomische Algorithmen. u.&nbsp;a. Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5.'' Barth, Leipzig 2000 für: ''Ephemeris Tool 4,5 nach J. Meeus, Umrechnungsprogramm, 2001.''</ref>
|- {{Ägyptologie TblHighlight}}
!Jahreszeit
!Monatsname <br />([[Mondkalender (Altes Ägypten)#Sothis-Mondkalender|Sothis-Kalender]])
!Datum [[Elephantine]]<ref name=Foerster>Hans Förster: ''Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias.'' Tübingen 2007, S. 117–118.</ref>
!Datum [[Nildelta]]<ref name=Foerster />
|-
| bgcolor="#BAAAB" colspan="4"| '''Jahreszeit: [[Achet]] (Überschwemmung)'''
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Achet I
|1. [[Wepet-renpet]]
|5. Juni
|19. Juni
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Achet II
|1. [[Techi]]
|5. Juli
|19. Juli
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Achet III
|2. [[Menchet (Monat)|Menchet]]
|4. August
|18. August
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Achet IV
|2. [[Hut-heru (Monat)|Hut-heru]]
|3. September
|17. September
|-
| bgcolor="#BAAAB" colspan="4"| '''Jahreszeit: [[Peret (Altes Ägypten)|Peret]] (Aussaat / Winter)'''
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Peret I
|3. [[Ka-her-ka]]
|3. Oktober
|17. Oktober
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Peret II
|3. [[Schef-bedet]]
|2. November
|16. November
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Peret III
|4. [[Rekeh-wer]]
|2. Dezember
|16. Dezember
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Peret IV
|4. [[Rekeh-nedjes]]
|1. Januar
|15. Januar
|-
| bgcolor="#BAAAB" colspan="4"| '''Jahreszeit: [[Schemu]] (Ernte / Sommer)'''
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Schemu I
|5. [[Renutet]]
|31. Januar
|14. Februar
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Schemu II
|5. [[Chonsu (Monat)|Chonsu]]
|2. März
|16. März
|- bgcolor="#f5f5f5"
|1. Schemu III
|6. [[Chenti-chet]]
|1. April
|15. April
|- bgcolor="#fffaf0"
|1. Schemu IV
|6. [[Ipet-hemet (Monat)|Ipet-hemet]]
|1. Mai
|15. Mai
|-
|}


=== Verwaltungskalender ===
Das Jahr war in 12 [[Monat]]e à 30 Tagen eingeteilt. Die Monate wiederum gliederten sich in drei "große [[Woche]]n" mit je 10 oder in sechs "kleine Wochen" mit je fünf Tagen.
{{Hauptartikel|Ägyptischer Verwaltungskalender}}
Mit der Verwendung des Sothisjahres konnte dann auch die Entwicklung des ''Verwaltungskalenders'' ihren Lauf nehmen. Dieser wurde also aus dem frühen, rein auf Beobachtungen basierenden [[Sothis-Mondkalender]] heraus entwickelt.<ref name="genAdmCal">{{Ankerlink|Parker 1950|o|d|The Calendars of Ancient Egypt}} S. 56, §281.</ref> Dazu wurde das bürgerliche Verwaltungsjahr in 12 Monate mit jeweils 30&nbsp;Tagen eingeteilt. <!-- Beleg fehlt für: Die Monate wiederum gliederten sich in drei „große [[Woche]]n“ mit je zehn Tagen oder in sechs „kleine Wochen“ mit je fünf Tagen.--> Nach den zwölf Hauptmonaten folgten [[Epagomene]]n (Zusatztage) als Jahresverlängerung. Die Gesamtzahl der Tage im Verwaltungskalender betrug damit 365&nbsp;Tage, von denen zunächst nur 360 als zum Jahr gehörig galten.<ref>{{Literatur |Titel=Altägyptische Festdaten. |Autor=[[Siegfried Schott]] |Hrsg=Akadermie der Wissenschaften und der Literatur |Sammelwerk=Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse |Nummer=10 |Ort=Mainz |Datum=1950}}, 1. Absatz.</ref>


Nachdem dieser Kalender seine endgültige Form als [[Wandeljahr]]kalender mit einer gleichbleibenden Jahreslänge von 365 Tagen (ohne Schalttage) gefunden hatte, wurde später durch [[Langzeit-Experiment|Langzeitbeobachtung]] ein Zeitraum von 1460 Jahren ermittelt, nach dessen Ablauf der Jahresbeginn im Mondkalender wieder auf denselben Tag im Verwaltungskalender fiel.<ref>F. K. Ginzel: ''Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie.'' Leipzig 1906, §&nbsp;39</ref><ref>A. B. Chace: ''The Rhind Mathematical Papyrus.'' Band 1, Mathematical Association of America (MAA)/ Oberlin, Ohio 1927, S. 44 ff.</ref><ref>M. F. Ingham: ''The Length of the Sothic Cycle.'' In: ''The Journal of Egyptian Archaeology.'' Band 55, 1969, S. 36.</ref> Dieser Zeitraum wird als Sothis-Zyklus (1424 bzw. 1460 Jahre) bezeichnet.
{|align="left" style="border-style:solid;border-width:1px;border-color:#000000;background-color:#FFFF80;margin-left:10px" cellspacing="1" cellpadding="3"

|----align="center"
[[Ptolemaios&nbsp;III.]] reformierte im Jahr 237&nbsp;v.&nbsp;Chr. den Verwaltungskalender ([[Kanopus-Dekret]]) durch die Einführung eines [[Schalttag]]es, der alle vier Jahre als sechster [[Heriu-renpet]]-Tag zusätzlich zum Normaljahr eingeschoben wurde. Mit dem Tod von Ptolemaios&nbsp;III. endete aber auch wieder die Verwendung dieses neuen „griechischen“ Kalenders, der Verwaltungskalender wurde wie zuvor ohne Schalttage fortgeführt.
|'''''Monatsname'''''||align="center"|'''''Tage'''''

|----align="right"
=== Tagewählkalender ===
|Thoth||30 Tage
{{Hauptartikel|Tagewählkalender (Altes Ägypten)}}
|----align="right"
Neben dem Mond- und dem Verwaltungskalender gab es noch einen ''„Tagewählkalender“'', der überhaupt nicht in Monate einteilte. Mit ihm sollte auf mythologischer Basis entschieden werden, ob eine Zeit für irgendeinen Zweck geeignet sei.<ref Name="Mabe2004" />
|Phaophi||30 Tage

|----align="right"
=== Die „Hypothese des 19. Juli“ ===
|Hathyr||30 Tage
Die [[Nilschwemme]] erreichte bis zum Bau des [[Assuan-Staudamm]]es 1902 seit jeher etwa zur Zeit der [[Sonnenwende#Datum|Sommersonnenwende (19. bis 23. Juni)]] das Nildelta; in [[Elephantine]]/[[Assuan]] nach wie vor sogar schon Anfang Juni. Die meist veröffentlichte Gleichsetzung des Einsetzens der Nilschwemme um den 19. Juli ist älteren Publikationen entnommen und widerspricht den tatsächlichen Gegebenheiten. Der oft als 19.&nbsp;Juli genannte Neujahrstag der Ägypter geht unter anderem auf die Veröffentlichungen von [[Eduard Meyer]] und [[Censorinus]] zurück, die den im Jahr 139&nbsp;n.&nbsp;Chr. erfolgten heliakischen Aufgang des Sirius am 19./20. Juli im [[Nildelta]] als Grundlage wählten. Meyer übertrug den 19.&nbsp;Juli als festes Datum in den proleptischen Kalender, den er wiederum für seine Chronologie des Alten Ägypten verwendete.
|----align="right"

|Choiak||30 Tage
Die Annahme von Censorinus, dass „das große Jahr“ der Ägypter an den 19. Juli gekoppelt war, wurde durch zusätzlich ermittelte astronomische Daten zwischenzeitlich widerlegt. Dennoch werden noch zumeist die Ausführungen der antiken Historiker zur Berechnung des Sothis-Zyklus und des Neujahrtages genannt. Unter anderem wies der [[Ägyptologe]] Rolf Krauss auf die alte Veröffentlichungspraxis hin: „Das Märchen eines Sothis-Zyklus von 1.460 julianischen Jahren mit dem seit Urzeiten konstanten Aufgangstag 19. Juli ist als eine willkürlich geschaffene falsche Konstruktion erwiesen“.<ref>Rolf Krauss: ''Sothis- und Monddaten....'' Hildesheim 1985, S. 54.</ref> Aufgrund der [[Zyklus der Präzession|Präzession]] war Sirius im Laufe der ägyptischen Geschichte um mehr als einen Monat auf den 19. Juli im Jahr 139 n. Chr. gewandert und hatte seinen heliakischen Aufgang in jenem Jahr einen Monat nach der einsetzenden Nilschwemme.
|----align="right"

|Tybi||30 Tage
=== Spätformen des Verwaltungskalenders ===
|----align="right"
Der [[Julianischer Kalender|julianische Kalender]] löste 45 v.&nbsp;Chr. im [[Römisches Reich|römischen Reich]] den zuvor geltenden [[Römischer Kalender|römischen Kalender]] ab. Im Jahr 45 v.&nbsp;Chr. lag der astronomische Frühlingsanfang im julianischen Kalender auf dem 22. März und entsprach dem 20. März im heutigen gregorianischen Kalender.
|Mechir||30 Tage

|----align="right"
Im ägyptischen Verwaltungskalender war die Einfügung eines Schalttages im Jahr 26 v.&nbsp;Chr. möglich, da die [[Astronomie|astronomische]] [[Konstellation]] eine Verschiebung des Sirius-Aufgangs in [[Memphis (Ägypten)|Memphis]]<ref group="A">Die Beobachtungen und Aufzeichnungen des heliakischen Aufgangs bezogen sich während der [[Ptolemäer]]zeit auf Memphis.</ref> vom 24. [[Epiphi]] auf den 25. Epiphi 25 v.&nbsp;Chr. signalisierte.<ref group="A">Erst eine Sirius-[[Vertikalwinkel#Höhenwinkel|Altitude]] von etwa 8,5° zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs macht bei idealen Sichtbedingungen den Aufgang des Sirius für das menschliche Auge wahrnehmbar. Quelle: ''[[MPIA]] Ulrich Bastian, Axel M.Quetz.''</ref> Daher führte der [[Römische Kaiserzeit|römische Kaiser]] [[Augustus]] in der neuen [[Römische Provinz|römischen Provinz]] [[Aegyptus]] ab dem Jahr 26 v.&nbsp;Chr. – wie zuvor schon Ptolemaios III. – im ägyptischen Verwaltungskalender erneut alle vier Jahre ein Schaltjahr ein.<ref group="A">Das genaue Umstellungsjahr ist in keiner heute noch erhaltenen zeitgenössischen Quelle vermerkt, aber nur das Jahr 26 v.&nbsp;Chr. stimmt mit der astronomischen Berechnung des heliakischen Aufgangs des Sirius überein. Vergleiche dazu auch Jürgen Malitz: ''Die Kalenderreform Caesars. Ein Beitrag zur Geschichte seiner Spätzeit.'' In: ''Ancient Society.'' Band 18, 1987, S. 103–131. Dieses Datum wird bestätigt durch die Angaben von [[Vettius Valens]] (''Anthologiae I, 9'') in seiner Berechnung des Wochentags seines eigenen Geburtsdatums.</ref> Der sechste [[Epagomene]]n-Tag verhinderte dadurch die Verschiebung auf den 25. Epiphi im darauf folgenden Jahr. So ergab sich zunächst der 28. August 25 v.&nbsp;Chr. als ägyptischer Neujahrstag 1. [[Thot]].
|Pamenoth||30 Tage

|----align="right"
Statt des vorgesehenen Vierjahresintervalls im julianischen Kalender wurden nach 45&nbsp;v.&nbsp;Chr. jedoch irrtümlich alle drei Jahre ein [[Schalttag]] eingesetzt, was dazu führte, dass sich nach der Umstellung durch Augustus der [[heliakisch]]e Aufgang des [[Sirius]] im julianischen Kalender wiederholt verschob. Die fehlerhaften Schaltungen korrigierte Augustus später durch eine Umstellung auf den vierjährigen Schaltjahreszyklus und schaltfreie Jahre.<ref name=fuenf group="A">Das ägyptische Schaltjahr erfolgte ab 5 n. Chr. immer direkt vor dem julianischen sowie [[proleptisch]] dem gregorianischen Schaltjahr; vgl. dazu [[Jahr null#Vergleich zwischen moderner und römischer Zeitrechnung|Jahr null]] sowie Hans Lietzmann, Kurt Aland: ''Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1 – 2000 n. Chr.'', de Gruyter, Berlin 1984, S. 81–82.</ref> Der heliakische Aufgang des Sirius war danach am 18. Juli und der ägyptische Neujahrstag am 29. oder 30. August, ehe sich der Sirius-Aufgang in Memphis wegen der [[Eigenbewegung (Astronomie)|Eigenbewegung]] des Sirius – wie ein ägyptischer Schreiber 139 n.&nbsp;Chr. vermerkte – um einen Tag auf den 19. Juli im julianischen Kalender verschob.
|Parmouthi||30 Tage

|----align="right"
{| class="wikitable" style="width: 98%; border: 2px solid gray;"
|Pachon||30 Tage
|- {{Ägyptologie TblHighlight}}
|----align="right"
!colspan="4"|Heliakischer Aufgang des Sirius in Memphis<ref name=Meeus />
|Payni||30 Tage
|- {{Ägyptologie TblHighlight}}
|----align="right"
!Jahr<ref name=null group="A">Vgl. [[Jahr null#Vergleich zwischen moderner und römischer Zeitrechnung|Jahr null]].</ref>
|Epihpi||30 Tage
!Datum im ägyptischen Kalender
|----align="right"
!Datum im julianischen Kalender<ref name=null group="A" />
|Mesori||30 Tage
!Datum im [[gregorianischer Kalender|gregorianischen Kalender]]<br />(proleptisch)
|----align="right"
|- bgcolor="#f5f5f5"
|''Zusatztage''||5 Tage
|30 v. Chr.
|----align="right"
|23. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot)
|'''''Summe'''''||'''''365 Tage'''''
|16. Juli (+ 43 Tage = 28. August) ''(Schaltjahr)''
|16. Juli
|- bgcolor="#fffaf0"
|29 v. Chr.
|24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot)
|17. Juli (+ 42 Tage = 28. August)
|16. Juli ''(Schaltjahr)''
|- bgcolor="#f5f5f5"
|26 v. Chr.
|24. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot) ''(Schaltjahr-Einführung)''
|16. Juli (+ 43 Tage = 28. August)
|16. Juli
|- bgcolor="#fffaf0"
|25 v. Chr.
|24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot)
|17. Juli (+ 42 Tage = 28. August)
|16. Juli ''(Schaltjahr)''
|- bgcolor="#f5f5f5"
|24 v. Chr.
|24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot)
|16. Juli (+ 42 Tage = 27. August) ''(Schaltjahr)''
|16. Juli
|- bgcolor="#fffaf0"
|7 n. Chr.
|24. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot) ''(Schaltjahr)''<ref name=fuenf group="A" />
|18. Juli (+ 43 Tage = 30. August)
|16. Juli
|- bgcolor="#f5f5f5"
|8 n. Chr.
|24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot)
|18. Juli (+ 42 Tage = 29. August) ''(Schaltjahr)''
|16. Juli ''(Schaltjahr)''
|-
|}
|}


Der ''[[Koptischer Kalender|koptische Kalender]]'' ist eine Variante des durch Augustus reformierten ägyptischen Verwaltungskalenders. Dieser findet bis heute Verwendung in der altorientalischen Kirche Ägyptens, der [[Koptisch-orthodoxe Kirche|koptisch-orthodoxen Kirche]]. Nach der Überlieferung soll die koptisch-orthodoxe Kirche bereits im 1. Jahrhundert in [[Alexandria]] gegründet worden sein, so dass sie auch ''alexandrinische Kirche'' genannt wird. Der koptische oder auch ''alexandrinische Kalender'' besitzt, im Gegensatz zum Verwaltungskalender seit Augustus, eine Jahreszählung, die im Jahr 284 n.&nbsp;Chr. des julianischen Kalenders beginnt, dem ersten Regierungsjahr des römischen Kaisers [[Diokletian]] ([[Diokletianische Ära]]). Unter Diokletian, der ''Ära der Märtyrer'', gab es die letzten Christenverfolgungen im Römischen Reich.
=== Epagomenen ===

Nach der endgültigen [[Arabische Eroberung Ägyptens|islamischen Eroberung Ägyptens]] im Jahr 643 n.&nbsp;Chr. konnte sich der [[Islamischer Kalender|islamische Kalender]] in Ägypten nicht gegen den koptischen Kalender durchsetzen, weil er sich insbesondere für die Landwirtschaft als nicht praktikabel erwies.

Der [[Gregorianischer Kalender|gregorianische Kalender]] löste 1582&nbsp;n.&nbsp;Chr. den julianischen Kalender ab, indem auf den 4.&nbsp;Oktober sofort der 15.&nbsp;Oktober als nächster Kalendertag folgte. Für historische Berechnungen muss daher zusätzlich die nicht korrigierte Abweichung des julianischen Kalenders berücksichtigt werden, um Vergleichsdaten gegenüber dem in der heutigen Zeit verwendeten gregorianischen Kalender zu erhalten.<ref name=Meeus />

== Technik und Daten des ägyptischen Kalenders ==

=== Kalenderzyklus ===
[[Datei:CompareTropicalYears.png|mini|Länge des tropischen Jahres nach verschiedenen Definitionen]]
Der ägyptische Verwaltungskalender kannte, mit Ausnahme von vier Tagen unter Ptolemaios&nbsp;III., keine Schalttage. Ein ägyptisches Kalenderjahr hatte 365 Tage. Wegen der Nilschwemme für die Landwirtschaft entscheidend war natürlich das [[Tropisches Jahr|tropische Jahr]]. Dessen Länge betrug auf Grund der damals schnelleren [[Erdrotation]] im Jahr 139&nbsp;n.&nbsp;Chr. im Mittel 365,2423&nbsp;Tage<ref name="meeus2">J. Meeus: ''More Mathematical Astronomy Morsels.'' Willmann-Bell, Richmond 2002, ISBN 0-943396-74-3, S. 362.</ref> und Mitte des 2.&nbsp;Jahrtausends&nbsp;v.&nbsp;Chr. sogar 365,2424&nbsp;Tage. Der Beginn der Nilschwemme verschob sich folglich im Schnitt pro Kalenderjahr um zunächst 0,2424, später 0,2423 Tage und fiel folglich nach einem Zyklus von etwa 1506 Jahren (365 Tage / 0,2424 Tage pro Jahr) wieder auf denselben Kalendertag.<ref name=Meeus /><ref name=MeeusSavoie>J. Meeus, D. Savoie: ''The history of the tropical year.'' In: ''The journal of the British Astronomical Association.'' Band 102, Nr. 1, 1992 ({{bibcode|1992JBAA..102...40M}})</ref> Wegen der Nähe zum Äquator und der damit annähernd gleichbleibenden Tageslänge wurde jedoch an Stelle des tropischen ein [[Siderisches Jahr]] („Aufgang des Sirius“) beobachtet. So konnte man damals einen [[Sothis-Zyklus]] berechnen, dessen Länge recht ähnlich war.

=== Kalenderumrechnung ===
Um einen direkten Vergleich mit dem gregorianischen Kalender zu ermöglichen, muss die Anpassung an das julianische Kalendereinführungsjahr 46 v. Chr. vorgenommen werden.<ref name=Meeus /> Im Jahr 85 n. Chr. betrug die Abweichung zum mittleren Sonnenjahr einen Tag und der heliakische Aufgang des Sirius erfolgte am 22.&nbsp;Mesori des ägyptischen Kalenders.

Die Differenz des Zeitraums von 46&nbsp;v.&nbsp;Chr. bis 139&nbsp;n.&nbsp;Chr. beträgt 184&nbsp;Jahre, in denen Sirius 46,25&nbsp;Tage gewandert war, um 139&nbsp;n.&nbsp;Chr. auf dem 1.&nbsp;Thot heliakisch aufzugehen. In Umrechnung bedeutet dies, dass Sirius letztmals am 19.&nbsp;Epiphi 46 v. Chr. und 45 v. Chr. erstmals am 20.&nbsp;Epiphi heliakisch in der Morgendämmerung aufging. Der 20.&nbsp;Epiphi repräsentierte im julianischen Kalender im Jahr 45&nbsp;v.&nbsp;Chr. den 18.&nbsp;Juli (Bezugsort Memphis), dem der 16.&nbsp;Juli im gregorianischen Kalender entspricht.

Der ägyptische und gregorianische Kalender deckten sich in den Jahren 39 bis 36&nbsp;v.&nbsp;Chr., da der 22.&nbsp;Epiphi mit dem 16.&nbsp;Juli gleichzusetzen ist. Unter Hinzurechnung der 1506&nbsp;Jahre (ohne Berücksichtigung der Schalttage durch Ptolemaios&nbsp;III.) fand die letzte Übereinstimmung in den Jahren 1545 bis 1542&nbsp;v.&nbsp;Chr. statt.

In Umrechnung auf den ägyptischen Kalender und dem 1. Thot, der als Neujahrstag in direkter Abhängigkeit zur Nilschwemme auf die Sommersonnenwende (22. Juni) fällt, waren diese Bedingungen in den Jahren 1264 bis 1261&nbsp;v.&nbsp;Chr. im [[Neues Reich|Neuen Reich]] und 2771 bis 2768&nbsp;v.&nbsp;Chr. in der [[Frühdynastische Periode (Ägypten)|frühdynastischen Periode]] gegeben.

=== Friedensvertrag Ägypten-Hatti unter Ramses II. ===
Der 1. Thot fiel 1259&nbsp;v.&nbsp;Chr. auf den 21.&nbsp;Juni. Der Abschluss des historischen [[Ägyptisch-Hethitischer Friedensvertrag|Friedensvertrages]] zwischen Ägypten und [[Hethiter|Hatti]] fand im Jahr 1259&nbsp;v.&nbsp;Chr. am 21.&nbsp;Tybi statt. Aus der ermittelten Tagesdifferenz von 140&nbsp;Tagen ergibt sich der 8.&nbsp;November im gregorianischen Kalender.

In der Fachliteratur wird für diesen historischen Tag meist der 21.&nbsp;November im proleptischen Kalender angegeben. Ursache für die Tagesdifferenz von 13&nbsp;Tagen ist die Nichtberücksichtigung der Kalenderabweichung gegenüber dem gregorianischen Kalender.<ref name=Meeus />


== Literatur ==
Fünf Tage am Jahresende waren keinem Monat zugeordnet, sondern galten als Geburtstage der Götter und standen als Zusatztage (Epagomenen) im Kalender.
* {{Ankerlink|Assmann 2005|d|o}} - {{Literatur |Titel=Zeitkonstruktion, Vergangenheitsbezug und Geschichtsbewußtsein im alten Ägypten |Autor=[[Jan Assmann]] |Hrsg=Jan Assmann, Klaus E. Müller |Seiten=112–214 |Sammelwerk=Der Ursprung der Geschichte.|Verlag=Klett-Cotta |WerkErg=Stammeskulturen, das Alte Ägypten und das frühe Griechenland |Ort=Stuttgart |Datum=2005 |ISBN=3-608-94128-2}}
# Geburtstag des [[Osiris]]
* Hans Förster: ''Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias – Eine Anfrage an die Entstehungshypothesen; Studien und Texte zu Antike und Christentum.'' Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 3-16-149399-0.
# Geburtstag des [[Horus]]
* [[Rolf Krauss]]: ''Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens.'' Gerstenberg, Hildesheim 1985, {{Falsche ISBN|3-8067-8086-X}}.
# Geburtstag des [[Seth]]
* [[Christian Leitz]]: ''Studien zur ägyptischen Astronomie.'' Harrassowitz, Wiesbaden 1991, ISBN 3-447-03157-3.
# Geburtstag der [[Iris]]
* Hans Lietzmann, Kurt Aland: ''Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1 – 2000 n. Chr.'' de Gruyter, Berlin 1984, ISBN 3-11-010049-5.
# Geburtstag der [[Nephthys]]
* [[Alexandra von Lieven]]: ''Der Himmel über Esna – Eine Fallstudie zur religiösen Astronomie in Ägypten am Beispiel der kosmologischen Decken- und Architravinschriften im Tempel von Esna.'' Harrassowitz, Wiesbaden 2000, ISBN 3-447-04324-5.
* Alexandra von Lieven: ''Grundriss des Laufes der Sterne – Das sogenannte Nutbuch.'' The Carsten Niebuhr Institute of Ancient Eastern Studies (u.&nbsp;a.), Kopenhagen 2007, ISBN 978-87-635-0406-5.
* Alexandra von Lieven: ''Wein, Weib und Gesang — Rituale für die Gefährliche Göttin (Sopdet).'' In: Carola Metzner-Nebelsick: ''Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart – Studien zur Vorderasiatischen, Prähistorischen und Klassischen Archäologie, Ägyptologie, Alten Geschichte, Theologie und Religionswissenschaft; Interdisziplinäre Tagung vom 1.-2. Februar 2002 an der Freien Universität Berlin.'' Leidorf, Rahden 2003, ISBN 3-89646-434-5, S. 47–55.
* [[Jean Meeus]]: ''Astronomische Algorithmen.'' u.&nbsp;a. ''Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5.'' 2. Auflage, Barth, Leipzig 2000, ISBN 3-335-00400-0.
* {{Ankerlink|Parker 1950|d|o}} - {{Literatur|Titel=The Calendars of Ancient Egypt |Autor=[[Richard Anthony Parker]] |Sammelwerk=Studies in Ancient Oriental Civilization |Band=26 |Verlag=The University of Chicago Press |Ort=Chicago (Illinois) |Datum=1950 |Sprache=en }}
* Lynn E. Rose: ''Sun, moon, and Sothis: a study of calendars and calendar reforms in ancient Egypt'' (= ''Osiris series.'' Band 2). Kronos Press, Deerfield Beach 1999, ISBN 0-917994-15-9.
* {{Ankerlink|Schaefer 2000|d|o}} - {{Literatur |Titel=The heliacal rise of Sirius and ancient Egyptian chronology |Autor=B. E. Schaefer |Sammelwerk=Journal for the History of Astronomy |Band=31 |Datum=2000-05 |Sprache=en |DOI=10.1177/002182860003100204}}
* [[Siegfried Schott]]: ''Altägyptische Festdaten.'' Verlag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz / Wiesbaden 1950.


== Jahreszeiten ==
== Anmerkungen ==
<references group="A" />


== Einzelnachweise ==
Die Ägypter unterschieden drei [[Jahreszeiten]], die an der [[Landwirtschaft]] orientiert waren:
<references />
*Überschwemmung (Achet) ''1. Thot - 30. Choiak''
*Aussaat (Peret) ''1. Tybi - 30. Pharmuthi''
*Ernte (Schemut) ''1. Pachon - 30. Meson''


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Aktuelle Version vom 20. April 2025, 10:36 Uhr

Kalender des Senenmut[1]
V28N5V28
„Neheh“ – Zyklische Zeit, Oberbegriff für
Zeiteinheiten der Kalendarischen Zeit[2]

Ägyptische Kalender waren solche, die sich hauptsächlich an dem Naturereignis der Nilschwemme orientierten und mit Beobachtungen der Astronomie verknüpften. Im Laufe der Zeit entstanden unterschiedliche Kalenderformate, die teilweise parallel Verwendung fanden.[2]

Grundlagen der Zeitrechnung

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Den Tagesbeginn markierte im alten Ägypten stets der Sonnenaufgang.[3] Das hat vor allem für den Mondkalender weitreichende Konsequenzen. Die Ereignisse, denen die Tages- und Monatszählung zugrunde lagen, fanden stets vor dem Tag, bzw. Monat statt, durch den sie definiert wurden:

  • Die Nacht, in der der Mond vor Sonnenaufgang zum Neumond wurde, war die letzte des Monats. Der neue Monat begann mit Sonnenaufgang.
  • Der heliakische Aufgang des Sirius fand stets am Ende des Jahres statt. Das neue Jahr begann mit dem folgenden Monatsbeginn. (Siehe Ursprünglicher Mondkalender)

Die Ereignisse fielen dabei in der Regel in die 12. Nachtstunde, wobei jede Nacht, genau wie der lichte Tag, stets genau 12 Stunden hatte. Die Länge der Stunden änderte sich mit den Jahreszeiten.[3]

Entwicklung ägyptischer Kalender

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Jahreszeiten
Achet Peret Schemu
SA
x t
pr
D21
X1
N5
auch
pr
D21
X1
N37N35B
auch
N37
U1
G1G17Q7
3ḫt prt Šmw, bzw. Š3m

Der Jahresanfang der ägyptischen Kalender war seit frühester Zeit am Eintritt der Nilüberschwemmung ausgerichtet. Die Nilschwemme war vorhersehbar und bezeichnete den Achet als die erste Jahreszeit. Beginn und Ende konnten sich innerhalb eines siderischen Jahres, welches allerdings zunächst unbekannt war, um wenige Tage verschieben. Entscheidend war die Wassermenge, die großen Einfluss auf die Landwirtschaft hatte. Der Nilpegel stieg bei Assuan alle 12 bis 13 Mondzyklen an und erreichte etwa zwei Mondzyklen später seinen Höchststand. Die Flutwelle erreichte das Nildelta etwa zwei Wochen später. Herodot berichtet, dass der Beginn der Nilschwemme zur Zeit der Sommersonnenwende stattfand[4] – das war zu seiner Zeit im 5. Jahrhundert v. Chr. um den 22./23. Juni. Allerdings blieben aufgrund der Nähe zum Äquator die Sonnenwenden zumindest in Oberägypten zunächst weitgehend ohne Beachtung.

Der Beginn der jährlichen Überschwemmungszeit hing stattdessen scheinbar eng mit dem ersten Erscheinen des Sirius (ägypt. Sopdet) am morgendlichen Himmel zusammen. Die Länge eines Jahres war zunächst nicht bekannt. Dauer und Höhe der Nilschwemme waren generell schwankend. So konnte ein Nil-Jahr (beginnend mit der Schwemme) mal 335 und auch mal 415 Tage haben.[5] In diese Situation hinein wurde der erste Kalender entwickelt.

Zu Beginn der frühdynastischen Periode existierte noch keine Jahreszählung. Für einen chronologischen Überblick wurden Jahre anhand von Ereignissen identifiziert, die auf Jahrestäfelchen in einer Art Bilderschrift eingeritzt wurden.[6]

Als ältester überlieferter Kalender wird dann ein Mondkalender noch aus der frühdynastischen Periode beschrieben. Dessen erster Monat begann stets nach dem heliakischen Aufgang des Sothis mit Sonnenaufgang nach Neumondbeginn. Damit war das Sothisjahr entstanden, das im Mittel mit 365,250015 Tagen in etwa dem julianischen Kalender entsprach. Vergleichbare Kalender waren in Loango und bei Ankunft der Europäer auch in Mexiko, auf Bali und Neuseeland bereits bekannt.[7]

Nun hängen klimatische Prozesse nicht vom siderischen, sondern vom tropischen Jahr ab und der Aufgang des Sirius dabei zusätzlich von der Erdpräzession und -nutation. Doch sind die Zeitunterschiede von weniger als einer halben Stunde im Jahr sehr gering. Die Jahreszeiten verschoben sich innerhalb des Sothisjahres im Durchschnitt etwa alle 126 Jahre um einen Tag. Es dauert folglich Jahrhunderte bis sich der Aufgang des Sothis vom Juni bis in den Juli verschoben hatte.

Jahreszeitliche Lage der ägyptischen Monate im gregorianischen Kalender[8]
Jahreszeit Monatsname
(Sothis-Kalender)
Datum Elephantine[9] Datum Nildelta[9]
Jahreszeit: Achet (Überschwemmung)
1. Achet I 1. Wepet-renpet 5. Juni 19. Juni
1. Achet II 1. Techi 5. Juli 19. Juli
1. Achet III 2. Menchet 4. August 18. August
1. Achet IV 2. Hut-heru 3. September 17. September
Jahreszeit: Peret (Aussaat / Winter)
1. Peret I 3. Ka-her-ka 3. Oktober 17. Oktober
1. Peret II 3. Schef-bedet 2. November 16. November
1. Peret III 4. Rekeh-wer 2. Dezember 16. Dezember
1. Peret IV 4. Rekeh-nedjes 1. Januar 15. Januar
Jahreszeit: Schemu (Ernte / Sommer)
1. Schemu I 5. Renutet 31. Januar 14. Februar
1. Schemu II 5. Chonsu 2. März 16. März
1. Schemu III 6. Chenti-chet 1. April 15. April
1. Schemu IV 6. Ipet-hemet 1. Mai 15. Mai

Verwaltungskalender

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Mit der Verwendung des Sothisjahres konnte dann auch die Entwicklung des Verwaltungskalenders ihren Lauf nehmen. Dieser wurde also aus dem frühen, rein auf Beobachtungen basierenden Sothis-Mondkalender heraus entwickelt.[10] Dazu wurde das bürgerliche Verwaltungsjahr in 12 Monate mit jeweils 30 Tagen eingeteilt. Nach den zwölf Hauptmonaten folgten Epagomenen (Zusatztage) als Jahresverlängerung. Die Gesamtzahl der Tage im Verwaltungskalender betrug damit 365 Tage, von denen zunächst nur 360 als zum Jahr gehörig galten.[11]

Nachdem dieser Kalender seine endgültige Form als Wandeljahrkalender mit einer gleichbleibenden Jahreslänge von 365 Tagen (ohne Schalttage) gefunden hatte, wurde später durch Langzeitbeobachtung ein Zeitraum von 1460 Jahren ermittelt, nach dessen Ablauf der Jahresbeginn im Mondkalender wieder auf denselben Tag im Verwaltungskalender fiel.[12][13][14] Dieser Zeitraum wird als Sothis-Zyklus (1424 bzw. 1460 Jahre) bezeichnet.

Ptolemaios III. reformierte im Jahr 237 v. Chr. den Verwaltungskalender (Kanopus-Dekret) durch die Einführung eines Schalttages, der alle vier Jahre als sechster Heriu-renpet-Tag zusätzlich zum Normaljahr eingeschoben wurde. Mit dem Tod von Ptolemaios III. endete aber auch wieder die Verwendung dieses neuen „griechischen“ Kalenders, der Verwaltungskalender wurde wie zuvor ohne Schalttage fortgeführt.

Tagewählkalender

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Neben dem Mond- und dem Verwaltungskalender gab es noch einen „Tagewählkalender“, der überhaupt nicht in Monate einteilte. Mit ihm sollte auf mythologischer Basis entschieden werden, ob eine Zeit für irgendeinen Zweck geeignet sei.[2]

Die „Hypothese des 19. Juli“

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Die Nilschwemme erreichte bis zum Bau des Assuan-Staudammes 1902 seit jeher etwa zur Zeit der Sommersonnenwende (19. bis 23. Juni) das Nildelta; in Elephantine/Assuan nach wie vor sogar schon Anfang Juni. Die meist veröffentlichte Gleichsetzung des Einsetzens der Nilschwemme um den 19. Juli ist älteren Publikationen entnommen und widerspricht den tatsächlichen Gegebenheiten. Der oft als 19. Juli genannte Neujahrstag der Ägypter geht unter anderem auf die Veröffentlichungen von Eduard Meyer und Censorinus zurück, die den im Jahr 139 n. Chr. erfolgten heliakischen Aufgang des Sirius am 19./20. Juli im Nildelta als Grundlage wählten. Meyer übertrug den 19. Juli als festes Datum in den proleptischen Kalender, den er wiederum für seine Chronologie des Alten Ägypten verwendete.

Die Annahme von Censorinus, dass „das große Jahr“ der Ägypter an den 19. Juli gekoppelt war, wurde durch zusätzlich ermittelte astronomische Daten zwischenzeitlich widerlegt. Dennoch werden noch zumeist die Ausführungen der antiken Historiker zur Berechnung des Sothis-Zyklus und des Neujahrtages genannt. Unter anderem wies der Ägyptologe Rolf Krauss auf die alte Veröffentlichungspraxis hin: „Das Märchen eines Sothis-Zyklus von 1.460 julianischen Jahren mit dem seit Urzeiten konstanten Aufgangstag 19. Juli ist als eine willkürlich geschaffene falsche Konstruktion erwiesen“.[15] Aufgrund der Präzession war Sirius im Laufe der ägyptischen Geschichte um mehr als einen Monat auf den 19. Juli im Jahr 139 n. Chr. gewandert und hatte seinen heliakischen Aufgang in jenem Jahr einen Monat nach der einsetzenden Nilschwemme.

Spätformen des Verwaltungskalenders

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Der julianische Kalender löste 45 v. Chr. im römischen Reich den zuvor geltenden römischen Kalender ab. Im Jahr 45 v. Chr. lag der astronomische Frühlingsanfang im julianischen Kalender auf dem 22. März und entsprach dem 20. März im heutigen gregorianischen Kalender.

Im ägyptischen Verwaltungskalender war die Einfügung eines Schalttages im Jahr 26 v. Chr. möglich, da die astronomische Konstellation eine Verschiebung des Sirius-Aufgangs in Memphis[A 1] vom 24. Epiphi auf den 25. Epiphi 25 v. Chr. signalisierte.[A 2] Daher führte der römische Kaiser Augustus in der neuen römischen Provinz Aegyptus ab dem Jahr 26 v. Chr. – wie zuvor schon Ptolemaios III. – im ägyptischen Verwaltungskalender erneut alle vier Jahre ein Schaltjahr ein.[A 3] Der sechste Epagomenen-Tag verhinderte dadurch die Verschiebung auf den 25. Epiphi im darauf folgenden Jahr. So ergab sich zunächst der 28. August 25 v. Chr. als ägyptischer Neujahrstag 1. Thot.

Statt des vorgesehenen Vierjahresintervalls im julianischen Kalender wurden nach 45 v. Chr. jedoch irrtümlich alle drei Jahre ein Schalttag eingesetzt, was dazu führte, dass sich nach der Umstellung durch Augustus der heliakische Aufgang des Sirius im julianischen Kalender wiederholt verschob. Die fehlerhaften Schaltungen korrigierte Augustus später durch eine Umstellung auf den vierjährigen Schaltjahreszyklus und schaltfreie Jahre.[A 4] Der heliakische Aufgang des Sirius war danach am 18. Juli und der ägyptische Neujahrstag am 29. oder 30. August, ehe sich der Sirius-Aufgang in Memphis wegen der Eigenbewegung des Sirius – wie ein ägyptischer Schreiber 139 n. Chr. vermerkte – um einen Tag auf den 19. Juli im julianischen Kalender verschob.

Heliakischer Aufgang des Sirius in Memphis[8]
Jahr[A 5] Datum im ägyptischen Kalender Datum im julianischen Kalender[A 5] Datum im gregorianischen Kalender
(proleptisch)
30 v. Chr. 23. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot) 16. Juli (+ 43 Tage = 28. August) (Schaltjahr) 16. Juli
29 v. Chr. 24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot) 17. Juli (+ 42 Tage = 28. August) 16. Juli (Schaltjahr)
26 v. Chr. 24. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot) (Schaltjahr-Einführung) 16. Juli (+ 43 Tage = 28. August) 16. Juli
25 v. Chr. 24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot) 17. Juli (+ 42 Tage = 28. August) 16. Juli (Schaltjahr)
24 v. Chr. 24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot) 16. Juli (+ 42 Tage = 27. August) (Schaltjahr) 16. Juli
7 n. Chr. 24. Epiphi (+ 43 Tage = 1. Thot) (Schaltjahr)[A 4] 18. Juli (+ 43 Tage = 30. August) 16. Juli
8 n. Chr. 24. Epiphi (+ 42 Tage = 1. Thot) 18. Juli (+ 42 Tage = 29. August) (Schaltjahr) 16. Juli (Schaltjahr)

Der koptische Kalender ist eine Variante des durch Augustus reformierten ägyptischen Verwaltungskalenders. Dieser findet bis heute Verwendung in der altorientalischen Kirche Ägyptens, der koptisch-orthodoxen Kirche. Nach der Überlieferung soll die koptisch-orthodoxe Kirche bereits im 1. Jahrhundert in Alexandria gegründet worden sein, so dass sie auch alexandrinische Kirche genannt wird. Der koptische oder auch alexandrinische Kalender besitzt, im Gegensatz zum Verwaltungskalender seit Augustus, eine Jahreszählung, die im Jahr 284 n. Chr. des julianischen Kalenders beginnt, dem ersten Regierungsjahr des römischen Kaisers Diokletian (Diokletianische Ära). Unter Diokletian, der Ära der Märtyrer, gab es die letzten Christenverfolgungen im Römischen Reich.

Nach der endgültigen islamischen Eroberung Ägyptens im Jahr 643 n. Chr. konnte sich der islamische Kalender in Ägypten nicht gegen den koptischen Kalender durchsetzen, weil er sich insbesondere für die Landwirtschaft als nicht praktikabel erwies.

Der gregorianische Kalender löste 1582 n. Chr. den julianischen Kalender ab, indem auf den 4. Oktober sofort der 15. Oktober als nächster Kalendertag folgte. Für historische Berechnungen muss daher zusätzlich die nicht korrigierte Abweichung des julianischen Kalenders berücksichtigt werden, um Vergleichsdaten gegenüber dem in der heutigen Zeit verwendeten gregorianischen Kalender zu erhalten.[8]

Technik und Daten des ägyptischen Kalenders

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Länge des tropischen Jahres nach verschiedenen Definitionen

Der ägyptische Verwaltungskalender kannte, mit Ausnahme von vier Tagen unter Ptolemaios III., keine Schalttage. Ein ägyptisches Kalenderjahr hatte 365 Tage. Wegen der Nilschwemme für die Landwirtschaft entscheidend war natürlich das tropische Jahr. Dessen Länge betrug auf Grund der damals schnelleren Erdrotation im Jahr 139 n. Chr. im Mittel 365,2423 Tage[16] und Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. sogar 365,2424 Tage. Der Beginn der Nilschwemme verschob sich folglich im Schnitt pro Kalenderjahr um zunächst 0,2424, später 0,2423 Tage und fiel folglich nach einem Zyklus von etwa 1506 Jahren (365 Tage / 0,2424 Tage pro Jahr) wieder auf denselben Kalendertag.[8][17] Wegen der Nähe zum Äquator und der damit annähernd gleichbleibenden Tageslänge wurde jedoch an Stelle des tropischen ein Siderisches Jahr („Aufgang des Sirius“) beobachtet. So konnte man damals einen Sothis-Zyklus berechnen, dessen Länge recht ähnlich war.

Kalenderumrechnung

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Um einen direkten Vergleich mit dem gregorianischen Kalender zu ermöglichen, muss die Anpassung an das julianische Kalendereinführungsjahr 46 v. Chr. vorgenommen werden.[8] Im Jahr 85 n. Chr. betrug die Abweichung zum mittleren Sonnenjahr einen Tag und der heliakische Aufgang des Sirius erfolgte am 22. Mesori des ägyptischen Kalenders.

Die Differenz des Zeitraums von 46 v. Chr. bis 139 n. Chr. beträgt 184 Jahre, in denen Sirius 46,25 Tage gewandert war, um 139 n. Chr. auf dem 1. Thot heliakisch aufzugehen. In Umrechnung bedeutet dies, dass Sirius letztmals am 19. Epiphi 46 v. Chr. und 45 v. Chr. erstmals am 20. Epiphi heliakisch in der Morgendämmerung aufging. Der 20. Epiphi repräsentierte im julianischen Kalender im Jahr 45 v. Chr. den 18. Juli (Bezugsort Memphis), dem der 16. Juli im gregorianischen Kalender entspricht.

Der ägyptische und gregorianische Kalender deckten sich in den Jahren 39 bis 36 v. Chr., da der 22. Epiphi mit dem 16. Juli gleichzusetzen ist. Unter Hinzurechnung der 1506 Jahre (ohne Berücksichtigung der Schalttage durch Ptolemaios III.) fand die letzte Übereinstimmung in den Jahren 1545 bis 1542 v. Chr. statt.

In Umrechnung auf den ägyptischen Kalender und dem 1. Thot, der als Neujahrstag in direkter Abhängigkeit zur Nilschwemme auf die Sommersonnenwende (22. Juni) fällt, waren diese Bedingungen in den Jahren 1264 bis 1261 v. Chr. im Neuen Reich und 2771 bis 2768 v. Chr. in der frühdynastischen Periode gegeben.

Friedensvertrag Ägypten-Hatti unter Ramses II.

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Der 1. Thot fiel 1259 v. Chr. auf den 21. Juni. Der Abschluss des historischen Friedensvertrages zwischen Ägypten und Hatti fand im Jahr 1259 v. Chr. am 21. Tybi statt. Aus der ermittelten Tagesdifferenz von 140 Tagen ergibt sich der 8. November im gregorianischen Kalender.

In der Fachliteratur wird für diesen historischen Tag meist der 21. November im proleptischen Kalender angegeben. Ursache für die Tagesdifferenz von 13 Tagen ist die Nichtberücksichtigung der Kalenderabweichung gegenüber dem gregorianischen Kalender.[8]

  • Assmann 2005 - Jan Assmann: Zeitkonstruktion, Vergangenheitsbezug und Geschichtsbewußtsein im alten Ägypten. In: Jan Assmann, Klaus E. Müller (Hrsg.): Der Ursprung der Geschichte. Stammeskulturen, das Alte Ägypten und das frühe Griechenland. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94128-2, S. 112–214.
  • Hans Förster: Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias – Eine Anfrage an die Entstehungshypothesen; Studien und Texte zu Antike und Christentum. Mohr Siebeck, Tübingen 2007, ISBN 3-16-149399-0.
  • Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten: Studien zur astronomischen und technischen Chronologie Altägyptens. Gerstenberg, Hildesheim 1985, ISBN 3-8067-8086-X.
  • Christian Leitz: Studien zur ägyptischen Astronomie. Harrassowitz, Wiesbaden 1991, ISBN 3-447-03157-3.
  • Hans Lietzmann, Kurt Aland: Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1 – 2000 n. Chr. de Gruyter, Berlin 1984, ISBN 3-11-010049-5.
  • Alexandra von Lieven: Der Himmel über Esna – Eine Fallstudie zur religiösen Astronomie in Ägypten am Beispiel der kosmologischen Decken- und Architravinschriften im Tempel von Esna. Harrassowitz, Wiesbaden 2000, ISBN 3-447-04324-5.
  • Alexandra von Lieven: Grundriss des Laufes der Sterne – Das sogenannte Nutbuch. The Carsten Niebuhr Institute of Ancient Eastern Studies (u. a.), Kopenhagen 2007, ISBN 978-87-635-0406-5.
  • Alexandra von Lieven: Wein, Weib und Gesang — Rituale für die Gefährliche Göttin (Sopdet). In: Carola Metzner-Nebelsick: Rituale in der Vorgeschichte, Antike und Gegenwart – Studien zur Vorderasiatischen, Prähistorischen und Klassischen Archäologie, Ägyptologie, Alten Geschichte, Theologie und Religionswissenschaft; Interdisziplinäre Tagung vom 1.-2. Februar 2002 an der Freien Universität Berlin. Leidorf, Rahden 2003, ISBN 3-89646-434-5, S. 47–55.
  • Jean Meeus: Astronomische Algorithmen. u. a. Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5. 2. Auflage, Barth, Leipzig 2000, ISBN 3-335-00400-0.
  • Parker 1950 - Richard Anthony Parker: The Calendars of Ancient Egypt. In: Studies in Ancient Oriental Civilization. Band 26. The University of Chicago Press, Chicago (Illinois) 1950 (englisch).
  • Lynn E. Rose: Sun, moon, and Sothis: a study of calendars and calendar reforms in ancient Egypt (= Osiris series. Band 2). Kronos Press, Deerfield Beach 1999, ISBN 0-917994-15-9.
  • Schaefer 2000 - B. E. Schaefer: The heliacal rise of Sirius and ancient Egyptian chronology. In: Journal for the History of Astronomy. Band 31, Mai 2000, doi:10.1177/002182860003100204 (englisch).
  • Siegfried Schott: Altägyptische Festdaten. Verlag der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz / Wiesbaden 1950.
  1. Die Beobachtungen und Aufzeichnungen des heliakischen Aufgangs bezogen sich während der Ptolemäerzeit auf Memphis.
  2. Erst eine Sirius-Altitude von etwa 8,5° zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs macht bei idealen Sichtbedingungen den Aufgang des Sirius für das menschliche Auge wahrnehmbar. Quelle: MPIA Ulrich Bastian, Axel M.Quetz.
  3. Das genaue Umstellungsjahr ist in keiner heute noch erhaltenen zeitgenössischen Quelle vermerkt, aber nur das Jahr 26 v. Chr. stimmt mit der astronomischen Berechnung des heliakischen Aufgangs des Sirius überein. Vergleiche dazu auch Jürgen Malitz: Die Kalenderreform Caesars. Ein Beitrag zur Geschichte seiner Spätzeit. In: Ancient Society. Band 18, 1987, S. 103–131. Dieses Datum wird bestätigt durch die Angaben von Vettius Valens (Anthologiae I, 9) in seiner Berechnung des Wochentags seines eigenen Geburtsdatums.
  4. a b Das ägyptische Schaltjahr erfolgte ab 5 n. Chr. immer direkt vor dem julianischen sowie proleptisch dem gregorianischen Schaltjahr; vgl. dazu Jahr null sowie Hans Lietzmann, Kurt Aland: Zeitrechnung der römischen Kaiserzeit, des Mittelalters und der Neuzeit für die Jahre 1 – 2000 n. Chr., de Gruyter, Berlin 1984, S. 81–82.
  5. a b Vgl. Jahr null.

Einzelnachweise

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  1. Kalendereinteilung im astronomischen Deckenbild im Grab des Senenmut († um 1460 v. Chr.), Theben, Grab 353. Eine hochaufgelöste Erfassung steht beim Metropolitan Museum of Art in New York online zur Verfügung. (Abgerufen am 3. November 2021)
  2. a b c Jakob E. Mabe (Hrsg.): Das Afrika-Lexikon. P. Hammer/ Metzler, Stuttgart 2004, DNB 971708088.
  3. a b Assmann 2005, Seite 115.
  4. Herodot, Historien 2. Buch, 19.
  5. Parker 1950, S. 52, §259.
  6. Assmann 2005, S. 129.
  7. Parker 1950, S. 31, §152.
  8. a b c d e f J. Meeus: Astronomische Algorithmen. u. a. Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5. Barth, Leipzig 2000 für: Ephemeris Tool 4,5 nach J. Meeus, Umrechnungsprogramm, 2001.
  9. a b Hans Förster: Die Anfänge von Weihnachten und Epiphanias. Tübingen 2007, S. 117–118.
  10. Parker 1950 S. 56, §281.
  11. Siegfried Schott: Altägyptische Festdaten. In: Akadermie der Wissenschaften und der Literatur (Hrsg.): Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse. Nr. 10. Mainz 1950., 1. Absatz.
  12. F. K. Ginzel: Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie. Leipzig 1906, § 39
  13. A. B. Chace: The Rhind Mathematical Papyrus. Band 1, Mathematical Association of America (MAA)/ Oberlin, Ohio 1927, S. 44 ff.
  14. M. F. Ingham: The Length of the Sothic Cycle. In: The Journal of Egyptian Archaeology. Band 55, 1969, S. 36.
  15. Rolf Krauss: Sothis- und Monddaten.... Hildesheim 1985, S. 54.
  16. J. Meeus: More Mathematical Astronomy Morsels. Willmann-Bell, Richmond 2002, ISBN 0-943396-74-3, S. 362.
  17. J. Meeus, D. Savoie: The history of the tropical year. In: The journal of the British Astronomical Association. Band 102, Nr. 1, 1992 (bibcode:1992JBAA..102...40M)