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„Kyklop“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Polyphemos-MuseumOfFineArtsBoston-March25-07.png|mini|Kopf des Kyklopen [[Polyphem]]os, Marmor, Griechenland, 2. Jahrhundert v. Chr. oder römische Kopie]]
[[Bild:Zyklop.jpg|thumb|Gemälde: Der Zyklop - Museum Kröller-Müller]]
'''Kyklopen''' ({{grcS|Κύκλωπες|Kýklōpes|de=Kreisäugige}}, [[Singular]] {{lang|grc|Κύκλωψ|Kýklōps|de=Kyklop}}) oder '''Zyklopen''' (eingedeutscht nach {{laS|Cyclopes}}, Singular {{lang|la|Cyclops|de=Zyklop}}) sind Gestalten der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]], die in Abstammung, äußerer Gestalt, Lokalisation und Eigenschaften voneinander differieren. Ihnen gemeinsam ist das ungewöhnliche Aussehen der Augen als kreisrunde Augen oder als Einzelauge auf der Stirn. Bereits in der Antike wurden drei Arten von Kyklopen unterschieden:<ref>[[Hellanikos von Lesbos|Hellanikos]] Fragment 176 im [[Scholion]] zu [[Hesiod]], ''[[Theogonie]]'' 139 ([[Die Fragmente der griechischen Historiker|FGrHist]] 4 F 88)</ref> Die [[hesiod]]schen Gewitterdämonen, die später zu vulkanischen Dämonen umgedeutet wurden, die [[homer]]ischen Riesen und schließlich die mythischen Baumeister.


Von der Figur abgeleitet ist die Bezeichnung ''[[Zyklopie]]'' für bestimmte Schädelfehlbildungen.
'''Kyklopen''' oder '''Zyklopen''' (Von [[Griechische Sprache|griech.]] ''Kyklophtalmos'' = Kreisauge. Verkürzt zu Kyklop(h)) waren die Riesen der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] mit nur einem Auge auf der Stirn. Sie sind die Söhne des [[Uranos]] und der [[Gaia (Mythologie)|Gaia]]. Wie alle Kinder des Uranos wurden auch die Kyklopen in der Erde eingeschlossen. [[Zeus]] befreite sie und erhielt dafür von ihnen Blitz und Donner. Sie halfen ihm im Kampf gegen die [[Titan (Mythologie)|Titanen]].


== Mythische Formen ==
[[Artemis (Mythologie)|Artemis]] erhielt von den Kyklopen den Bogen, den sie zur Jagd benutzte.
=== Dämonen ===
In [[Hesiod]]s ''[[Theogonie]]'' sind die Kyklopen die gottgleichen, aber einäugigen Söhne des [[Uranos]] und der [[Gaia (Mythologie)|Gaia]], ihre Geschwister sind die [[Hekatoncheiren]] und die [[Titan (Mythologie)|Titanen]]. Sie bekamen die Namen Brontes ({{lang|grc|Βρόντης}}), Steropes und Arges. Wie ihre Geschwister werden sie von Uranos in Gaia, der Erde, eingeschlossen<ref>[[Hesiod]], ''[[Theogonie]]'' 139 ff.</ref> und erst von [[Zeus]] befreit, der dafür von ihnen Blitz, Zündkeil und Donner für seinen [[Titanomachie|Kampf gegen die Titanen]] erhält.<ref>Hesiod, ''Theogonie'' 492 ff.</ref> In Hesiods ''[[Eoien]]'' werden sie von [[Apollon]] getötet.<ref>Hesiod, ''[[Eoien]]'' Fragment 64</ref>


Die Kyklopen wurden von [[Apollon|Apoll]] getötet, als dieser sich an Zeus für den Tod seines Sohnes [[Asklepios]] rächte. Asklepios hatte mehrere Tote wieder auferstehen lassen und war dafür von Zeus mit dem Blitz getötet worden.
In der ''[[Bibliotheke des Apollodor]]'' werden sie mit ihren Geschwistern in den [[Tartaros]] verbannt. Sie werden bereits nach der Entmannung des Uranos von den Titanen wieder heraufgeholt, von [[Kronos]] jedoch wieder zurückgeschickt. Zeus befreit sie nach zehnjährigem Kampf gegen die Titanen, indem er ihre Wächterin [[Kampe (Mythologie)|Kampe]] tötet, und erhält die Waffen wie bei Hesiod sowie einen [[Hadeskappe|Helm]] für [[Hades]] und einen Dreizack für [[Poseidon]].<ref>''[[Bibliotheke des Apollodor]]'' 1,1–7</ref> Sie werden von Apollon getötet, als dieser sich an Zeus für den Tod seines Sohnes [[Asklepios]] rächte. Asklepios hatte mehrere Tote wieder auferstehen lassen und war dafür von Zeus mit dem Blitz getötet worden, den er von den Kyklopen erhielt.<ref>''Bibliotheke des Apollodor'' 3,118–122</ref> Der Pfeil, mit dem die Kyklopen getötet wurden, soll nach späterer Überlieferung unter die Sterne versetzt worden sein.<ref>[[Eratosthenes]], ''[[Katasterismos]]'' 29</ref>


In [[Nonnos von Panopolis|Nonnos]]’ ''[[Dionysiaka]]'' begleiten die Kyklopen [[Dionysos]] bei seinem Feldzug gegen Indien. Ihre Namen sind Brontes, Steropes, Arges, Euryalos, [[Elatreus (Kyklop)|Elatreus]], Trakhios und Halimedes. Als einziger Kyklop, der nicht mit auf die Reise geht, wird [[Polyphem]] genannt.<ref>[[Nonnos von Panopolis|Nonnos]], ''[[Dionysiaka]]'' 14,52 ff; 28,172 ff.</ref>
Die eher bekannten Kyklopen, denen [[Odysseus]] auf seiner Irrfahrt durch das Mittelmeer begegnete, waren die Söhne des [[Poseidon]]. Besonders mit [[Polyphem]] hatten Odysseus und seine Mannen große Schwierigkeiten.


[[Datei:Epirus234bc.jpg|mini|Donnerkeil (rechts, links Zeus) auf einer altrömischen Münze., [[Epirus (Provinz)|Epirus]], 234 v.&nbsp;Chr.]]
Siehe auch: [[Liste von Fabelwesen]]
In späterer Sage erscheinen sie als Gehilfen des [[Hephaistos]], die im Inneren von Vulkanen Waffen schmieden. Die Umdeutung von Gewitterdämonen hin zu vulkanischen Dämonen ergibt sich daraus, dass vulkanische Phänomene einerseits in einen Zusammenhang mit Gewittern gebracht und andererseits als göttliche Schmiedetätigkeiten gedeutet wurden.<ref>Roscher: ''Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie.'' Band 2, Abt. 1. Sp. 1678.</ref> Erste Ansätze dieser Vorstellung finden sich bei [[Euripides]], der als Polyphems Wohnsitz den [[Ätna]] angibt.<ref>[[Euripides]], ''[[Kyklops|Der Kyklop]]'' 297</ref> Als Gehilfen des Hephaistos erscheinen sie erstmals bei [[Kallimachos]], der sie auf den vulkanischen [[Liparische Inseln|Liparischen Inseln]] wohnen lässt.<ref>[[Kallimachos]], ''Hymnus an Delos'' 46 f.</ref> In [[Vergil]]s ''[[Aeneis]]'' schmieden die Kyklopen Brontes, Steropes und Pyracmon auf der Insel Volcania Blitze und [[Donnerkeil (Mythologie)|Donnerkeile]] für [[Jupiter (Mythologie)|Jupiter]], einen Streitwagen für [[Mars (Mythologie)|Mars]] und einen Schild für [[Athene]],<ref>[[Vergil]], ''[[Aeneis]]'' 8,418 ff.</ref> in der ''[[Georgica]]'' lässt Vergil sie im Ätna wohnen.<ref>Vergil, ''[[Georgica]]'' 1,471</ref>


Bei Kallimachos erhält [[Artemis]] von den Kyklopen den Bogen, den sie zur Jagd benutzt.<ref>Kallimachos, ''Hymnus an Artemis'' 46 ff.</ref>
[[Kategorie:Griechische Mythologie]]


=== Homerische Kyklopen ===
[[bg:Циклоп]]
Die bekannteren Kyklopen, denen [[Odysseus]] gemäß der ''[[Odyssee]]'' [[Homer]]s auf seinen Irrfahrten begegnete, waren die Söhne des Poseidon. Besonders mit Polyphem hatten Odysseus und seine Männer große Schwierigkeiten: Er sperrte Odysseus und zwölf seiner Gefährten in seine [[Wohnhöhle]] ein und verspeiste sechs der Männer, bevor Odysseus mit seinen verbliebenen Gefährten durch Listen und Blendung des Polyphem die Flucht gelang.<ref>[[Homer]], ''Odyssee'' 9,105–565</ref> Bei Homer werden die Kyklopen nicht als einäugig beschrieben,<ref>[[Luca Giuliani]]: ''Bild und Mythos. Geschichte der Bilderzählung in der griechischen Kunst.'' C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50999-1, S. 107.</ref> möglicherweise weil er die Einäugigkeit als bekannt voraussetzt.<ref>[[Wilhelm Heinrich Roscher]]: ''Kyklopen 2.'' In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): ''[[Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie]].'' Band 2,1, Leipzig 1894, Sp. 1683; vgl. dazu auch: Luca Giuliani: ''Bild und Mythos. Geschichte der Bilderzählung in der griechischen Kunst.'' C. H. Beck, München 2003, S. 107, der davon ausgeht, dass in der Odyssee bei der Beschreibung der Kyklopen „auf ältere Märchenüberlieferungen zurückgegriffen“ wird, durch die die anatomischen Besonderheiten dem Leser bereits bekannt waren.</ref>
[[da:Kyklop]]

[[en:Cyclopes]]
[[Datei:Tiryns - Cyclopean masonry.jpg|mini|Zyklopenmauerwerk in der antiken Stadt [[Tiryns]]]]
[[es:Cíclope]]

[[fr:Cyclope]]
=== Baumeister ===
[[it:Ciclope]]
Eine weitere Ausbildung der Sage findet man in der Erwähnung der Kyklopen, die nach Strabon aus [[Lykien]] kamen und in [[Tiryns]] und [[Mykene]] Mauern und andere Bauwerke errichteten,<ref>[[Strabon]], ''Geographica'' 8,6,11</ref> welche als „[[Zyklopenmauerwerk|Zyklopenmauern]]“ bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine [[Ätiologie (Erzählung)|ätiologische Sage]], mit deren Hilfe die für die griechische Antike unverstandenen Ruinen aus dem [[Späthelladikum]] und insbesondere deren Mauerwerk erklärt werden sollte. Die Hellenen der Antike trauten ihren Vorfahren den Umgang mit den gewaltigen Steinquadern und deren beinahe fugenlosen Zusammenbau nicht zu, so dass diese Bauwerke mythischen Figuren zugeschrieben wurden. Dafür wurden Anleihen bei den anderen Kyklopen genommen.
[[ja:キュクロプス]]

[[nl:Cycloop]]
== Herkunft des Kyklopenglaubens ==
[[pl:Cyklop]]
[[Datei:Goethe.elefant.schaedel2.jpg|mini|Zeichnung eines Elefantenschädels]]
Historiker und Mythenforscher mutmaßen, dass die Legenden der einäugigen Riesen auf Gorillas,<ref>Theodor Zell: ''Polyphem ein Gorilla. Eine naturwissenschaftliche und staatsrechtliche Untersuchung von Homers Odyssee Buch IX V. 105 ffge.'' W. Junk, Berlin, überklebt von Theodor Oswald Weigel, Leipzig 1901.</ref> embryonalen Fehlentwicklungen ([[Zyklopie]]),<ref>So bereits [[Friedrich Schatz]]: ''Die griechischen Götter und die menschlichen Missgeburten.'' Bergmann, Wiesbaden 1901, S. 9ff.; s. auch [[Manfred Reitz]]: ''Rätseltiere. Krypto-Zoologie – Mythen, Spuren und Beweise.'' S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2005, S. 32; Ursus-Nikolaus Riede, Martin Werner: ''Allgemeine und spezielle Pathologie.'' Springer-Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2017 (1. Auflage 2009), S. 216, Abb. 15.8.</ref> oder auf Funden von [[Elefanten]]schädeln beruhen. Sie nehmen an, dass die große Nasenöffnung des Schädels fälschlicherweise als eine einzelne große Augenhöhle interpretiert wurde.<ref>''Katalog der wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität zu Berlin'': [http://www.sammlungen.hu-berlin.de/dokumente/9605/ Präsentation eines Elefantenschädels als Zyklop] (abgerufen am 29. Januar 2010)</ref> Auch einige antike figürliche Darstellungen des Kyklopenkopfes zeigen Ähnlichkeiten zur Schädelstruktur von Elefanten. Neben verschiedenen großen Elefantenarten, die in prähistorischer Zeit auf einigen Mittelmeerinseln lebten, gab es auch einige [[Zwergelefant]]en verschiedener Größen, etwa auf Malta, Kreta, Zypern oder in Sizilien. Viele dieser Arten wurden mit großer Wahrscheinlichkeit neben anderen [[Endemit|endemischen]] Insel-Formen wie Zwerg-Hirschen und Zwerg-Nilpferden zum Teil erst relativ spät vom Menschen ausgerottet. Selbst die Schädel sehr kleiner Zwergelefanten-Arten waren deutlich größer als die eines Menschen, was dann in deutlich übermenschengroßen Kyklopen-Darstellungen resultierte. Funde solcher Elefanten stammen häufig aus Höhlen, in die die Tiere hineinfielen, was dazu führte, dass ihre Überreste gut erhalten bleiben konnten. Auch Polyphem lebte in einer Höhle, hier bildeten möglicherweise in Höhlen gefundene Elefanten-Fossilien die Ursprünge dieses Mythos. Die meisten alten Kyklopen-Darstellungen zeigen diese Gestalten 3–5&nbsp;m groß, weswegen man eher davon ausgeht, dass Schädelfunde von Zwergelefanten und nicht großer Arten wie etwa [[Deinotherium]], die Ursprünge dieser Mythengestalten bildeten.

Über die Möglichkeit, dass der Kyklopen-Mythos auf Funden fossiler Elefantenschädel beruht, spekulierte erstmals 1914 der österreichische Paläontologe [[Othenio Abel]]. Um seine Theorie zu untermauern, behauptete Abel, bereits der griechische Philosoph [[Empedokles]] hätte eine ähnliche Annahme getroffen. [[Willy Ley]] fügte 1948 der These von Abels hinzu, dass sich [[Giovanni Boccaccio]] ebenfalls auf Empedokles berief, als er versteinerte Mammutknochen als Erklärung für die Legende der Kyklopen heranzog. Obwohl sich weder in den überlieferten Schriften von Empedokles, noch in den Werken Boccaccios Beschreibungen von Knochenfunden und Bezüge zu Kyklopen finden lassen, wurden die Theorien von Abels und Ley später ungeprüft übernommen und Elefantenschädel als Erklärung für den antiken Glauben an einäugige Riesen schlechthin benutzt.<ref>{{Literatur|Autor=[[Adrienne Mayor]]|Titel=The First Fossil Hunters: Dinosaurs, mammoths, and myth in Greek and Roman times|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=7. Auflage|Verlag=Princeton University Press|Ort=New Jersey|Datum=2011|Seiten=6-7|ISBN=978-0-691-15013-0}}</ref> Gegen diese Theorie spricht zudem die [[Etymologie]] des Wortes Kyklop, das sich als „ringäugig“ übersetzen lässt. Somit scheinen eher die Ringsymbolik (Unbegrenztheit – Ewigkeit, Symbol der Sonne, Feuer, Erkenntnis) und die Nähe zum Schmiedehandwerk, welches mystifiziert wurde, den Begriff geprägt zu haben, zumal Kyklopen als Schmiede tätig waren.<ref>B. Engmann: ''Der Stoff, aus dem die Mythen sind. Wie Fossilien zu Fabelwesen wurden.'' Hirzel-Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7776-2262-0.</ref> Die embryonale Fehlentwicklung Zyklopie tritt zu selten auf, als dass sie den Kyklopen-Mythos beeinflusst haben könnte.

Die ursprünglichen Beschreibungen der Kyklopen und der Name selbst sprechen zunächst nur von rund- oder ringäugig. Die Vorstellung der Einäugigkeit der Kyklopen mit einem zentralen Auge in der Stirn ist nach dem Wortlaut der Quellen nicht zwingend. In Homers Odyssee blendet der listenreiche Odysseus den Kyklopen Polyphem mit einem im Feuer erhitzten Balken, was zur Annahme der Einäugigkeit geführt hat. Sie wird von Hesiod in der ''Theogonie'' explizit ausgeführt.<ref>Christine Walde: ''Kyklopen.'' In: ''[[Der Neue Pauly]].'' Band 6, Metzler, Stuttgart 1999, Sp. 962.</ref>

== Darstellung ==
[[Datei:Odilon Redon - The Cyclops, c. 1914.jpg|mini|''Der Zyklop''<br />([[Odilon Redon]], 1914, [[Kröller-Müller Museum]], Otterlo, Niederlande)]]
Von antiken Künstlern wurden die Kyklopen als Riesen mit einem einzelnen großen Auge auf der Stirn dargestellt, doch oft so, dass darunter auch die Augen an der gewöhnlichen Stelle wenigstens angedeutet waren (Relief des kapitolinischen Museums, Kyklop in der Schmiede des Hephästos). Moderne Darstellungen sehen Kyklopen zumeist einäugig und sind vorwiegend durch Homers Polyphem beeinflusst.

== Literatur ==
* [[Wilhelm Heinrich Roscher]]: ''[http://www.archive.org/stream/ausfhrlichesle0201rosc#page/n851/mode/1up/ Kyklopen].'' In: ''[[Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie]].'' Band 2, Abt. 1: ''Iache – Kyzikos.'' Teubner, Leipzig 1894, Sp. 1676–1690.
* C. Calame: ''La légende du Cyclope dans le folklore européen et extra-européen. Un jeu de transformations narratives.'' In: ''Études de lettres.'' 10, 1977, S. 45–79.
* P. Julien: ''Le thème du Cyclope dans les littératures greque et latine.'' Paris 1941.
* Robert Mondi: ''The Homeric Cyclopes. Folktale, Tradition, and Theme.'' In: ''Transactions of the American Philological Association.'' 113, 1983, S. 17–38.
* {{Literatur
|Autor=[[Karl Kerényi]]
|Titel=Die Mythologie der Griechen – Die Götter- und Menschheitsgeschichten
|Verlag=dtv
|Ort=München
|Datum=1994
|ISBN=3-423-30030-2}}
* {{Literatur
|Autor=[[Michael Grant]], John Hazel
|Titel=Lexikon der antiken Mythen und Gestalten
|Verlag=dtv
|Ort=München
|Datum=2004
|ISBN=3-423-32508-9}}
* [[Robert Graves|Robert von Ranke-Graves]]: ''Griechische Mythologie. Quellen und Deutung.'' rororo, Hamburg 2001, ISBN 3-499-55404-6.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Cyclops|Kyklop}}
{{Wiktionary}}
* [https://www.projekt-gutenberg.org/hesiod/theogon/theogon.html Deutsche Übersetzung von Hesiods Theogonie]
* [http://www.theoi.com/Titan/Kyklopes.html Die hesiodschen Kyklopes im Theoi Project] (englisch)
* [http://www.theoi.com/Gigante/GigantesKyklopes.html Die homerischen Kyklopes im Theoi Project] (englisch)

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Griechische Gottheit]]
[[Kategorie:Riese (Mythologie)]]
[[Kategorie:Gruppe von Gottheiten]]
[[Kategorie:Auge in der Kultur]]

Aktuelle Version vom 7. Juli 2025, 13:33 Uhr

Kopf des Kyklopen Polyphemos, Marmor, Griechenland, 2. Jahrhundert v. Chr. oder römische Kopie

Kyklopen (altgriechisch Κύκλωπες Kýklōpes, deutsch ‚Kreisäugige‘, Singular Κύκλωψ Kýklōps, deutsch ‚Kyklop‘) oder Zyklopen (eingedeutscht nach lateinisch Cyclopes, Singular Cyclops ‚Zyklop‘) sind Gestalten der griechischen Mythologie, die in Abstammung, äußerer Gestalt, Lokalisation und Eigenschaften voneinander differieren. Ihnen gemeinsam ist das ungewöhnliche Aussehen der Augen als kreisrunde Augen oder als Einzelauge auf der Stirn. Bereits in der Antike wurden drei Arten von Kyklopen unterschieden:[1] Die hesiodschen Gewitterdämonen, die später zu vulkanischen Dämonen umgedeutet wurden, die homerischen Riesen und schließlich die mythischen Baumeister.

Von der Figur abgeleitet ist die Bezeichnung Zyklopie für bestimmte Schädelfehlbildungen.

Mythische Formen

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In Hesiods Theogonie sind die Kyklopen die gottgleichen, aber einäugigen Söhne des Uranos und der Gaia, ihre Geschwister sind die Hekatoncheiren und die Titanen. Sie bekamen die Namen Brontes (Βρόντης), Steropes und Arges. Wie ihre Geschwister werden sie von Uranos in Gaia, der Erde, eingeschlossen[2] und erst von Zeus befreit, der dafür von ihnen Blitz, Zündkeil und Donner für seinen Kampf gegen die Titanen erhält.[3] In Hesiods Eoien werden sie von Apollon getötet.[4]

In der Bibliotheke des Apollodor werden sie mit ihren Geschwistern in den Tartaros verbannt. Sie werden bereits nach der Entmannung des Uranos von den Titanen wieder heraufgeholt, von Kronos jedoch wieder zurückgeschickt. Zeus befreit sie nach zehnjährigem Kampf gegen die Titanen, indem er ihre Wächterin Kampe tötet, und erhält die Waffen wie bei Hesiod sowie einen Helm für Hades und einen Dreizack für Poseidon.[5] Sie werden von Apollon getötet, als dieser sich an Zeus für den Tod seines Sohnes Asklepios rächte. Asklepios hatte mehrere Tote wieder auferstehen lassen und war dafür von Zeus mit dem Blitz getötet worden, den er von den Kyklopen erhielt.[6] Der Pfeil, mit dem die Kyklopen getötet wurden, soll nach späterer Überlieferung unter die Sterne versetzt worden sein.[7]

In NonnosDionysiaka begleiten die Kyklopen Dionysos bei seinem Feldzug gegen Indien. Ihre Namen sind Brontes, Steropes, Arges, Euryalos, Elatreus, Trakhios und Halimedes. Als einziger Kyklop, der nicht mit auf die Reise geht, wird Polyphem genannt.[8]

Donnerkeil (rechts, links Zeus) auf einer altrömischen Münze., Epirus, 234 v. Chr.

In späterer Sage erscheinen sie als Gehilfen des Hephaistos, die im Inneren von Vulkanen Waffen schmieden. Die Umdeutung von Gewitterdämonen hin zu vulkanischen Dämonen ergibt sich daraus, dass vulkanische Phänomene einerseits in einen Zusammenhang mit Gewittern gebracht und andererseits als göttliche Schmiedetätigkeiten gedeutet wurden.[9] Erste Ansätze dieser Vorstellung finden sich bei Euripides, der als Polyphems Wohnsitz den Ätna angibt.[10] Als Gehilfen des Hephaistos erscheinen sie erstmals bei Kallimachos, der sie auf den vulkanischen Liparischen Inseln wohnen lässt.[11] In Vergils Aeneis schmieden die Kyklopen Brontes, Steropes und Pyracmon auf der Insel Volcania Blitze und Donnerkeile für Jupiter, einen Streitwagen für Mars und einen Schild für Athene,[12] in der Georgica lässt Vergil sie im Ätna wohnen.[13]

Bei Kallimachos erhält Artemis von den Kyklopen den Bogen, den sie zur Jagd benutzt.[14]

Homerische Kyklopen

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Die bekannteren Kyklopen, denen Odysseus gemäß der Odyssee Homers auf seinen Irrfahrten begegnete, waren die Söhne des Poseidon. Besonders mit Polyphem hatten Odysseus und seine Männer große Schwierigkeiten: Er sperrte Odysseus und zwölf seiner Gefährten in seine Wohnhöhle ein und verspeiste sechs der Männer, bevor Odysseus mit seinen verbliebenen Gefährten durch Listen und Blendung des Polyphem die Flucht gelang.[15] Bei Homer werden die Kyklopen nicht als einäugig beschrieben,[16] möglicherweise weil er die Einäugigkeit als bekannt voraussetzt.[17]

Zyklopenmauerwerk in der antiken Stadt Tiryns

Eine weitere Ausbildung der Sage findet man in der Erwähnung der Kyklopen, die nach Strabon aus Lykien kamen und in Tiryns und Mykene Mauern und andere Bauwerke errichteten,[18] welche als „Zyklopenmauern“ bezeichnet werden. Dabei handelt es sich um eine ätiologische Sage, mit deren Hilfe die für die griechische Antike unverstandenen Ruinen aus dem Späthelladikum und insbesondere deren Mauerwerk erklärt werden sollte. Die Hellenen der Antike trauten ihren Vorfahren den Umgang mit den gewaltigen Steinquadern und deren beinahe fugenlosen Zusammenbau nicht zu, so dass diese Bauwerke mythischen Figuren zugeschrieben wurden. Dafür wurden Anleihen bei den anderen Kyklopen genommen.

Herkunft des Kyklopenglaubens

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Zeichnung eines Elefantenschädels

Historiker und Mythenforscher mutmaßen, dass die Legenden der einäugigen Riesen auf Gorillas,[19] embryonalen Fehlentwicklungen (Zyklopie),[20] oder auf Funden von Elefantenschädeln beruhen. Sie nehmen an, dass die große Nasenöffnung des Schädels fälschlicherweise als eine einzelne große Augenhöhle interpretiert wurde.[21] Auch einige antike figürliche Darstellungen des Kyklopenkopfes zeigen Ähnlichkeiten zur Schädelstruktur von Elefanten. Neben verschiedenen großen Elefantenarten, die in prähistorischer Zeit auf einigen Mittelmeerinseln lebten, gab es auch einige Zwergelefanten verschiedener Größen, etwa auf Malta, Kreta, Zypern oder in Sizilien. Viele dieser Arten wurden mit großer Wahrscheinlichkeit neben anderen endemischen Insel-Formen wie Zwerg-Hirschen und Zwerg-Nilpferden zum Teil erst relativ spät vom Menschen ausgerottet. Selbst die Schädel sehr kleiner Zwergelefanten-Arten waren deutlich größer als die eines Menschen, was dann in deutlich übermenschengroßen Kyklopen-Darstellungen resultierte. Funde solcher Elefanten stammen häufig aus Höhlen, in die die Tiere hineinfielen, was dazu führte, dass ihre Überreste gut erhalten bleiben konnten. Auch Polyphem lebte in einer Höhle, hier bildeten möglicherweise in Höhlen gefundene Elefanten-Fossilien die Ursprünge dieses Mythos. Die meisten alten Kyklopen-Darstellungen zeigen diese Gestalten 3–5 m groß, weswegen man eher davon ausgeht, dass Schädelfunde von Zwergelefanten und nicht großer Arten wie etwa Deinotherium, die Ursprünge dieser Mythengestalten bildeten.

Über die Möglichkeit, dass der Kyklopen-Mythos auf Funden fossiler Elefantenschädel beruht, spekulierte erstmals 1914 der österreichische Paläontologe Othenio Abel. Um seine Theorie zu untermauern, behauptete Abel, bereits der griechische Philosoph Empedokles hätte eine ähnliche Annahme getroffen. Willy Ley fügte 1948 der These von Abels hinzu, dass sich Giovanni Boccaccio ebenfalls auf Empedokles berief, als er versteinerte Mammutknochen als Erklärung für die Legende der Kyklopen heranzog. Obwohl sich weder in den überlieferten Schriften von Empedokles, noch in den Werken Boccaccios Beschreibungen von Knochenfunden und Bezüge zu Kyklopen finden lassen, wurden die Theorien von Abels und Ley später ungeprüft übernommen und Elefantenschädel als Erklärung für den antiken Glauben an einäugige Riesen schlechthin benutzt.[22] Gegen diese Theorie spricht zudem die Etymologie des Wortes Kyklop, das sich als „ringäugig“ übersetzen lässt. Somit scheinen eher die Ringsymbolik (Unbegrenztheit – Ewigkeit, Symbol der Sonne, Feuer, Erkenntnis) und die Nähe zum Schmiedehandwerk, welches mystifiziert wurde, den Begriff geprägt zu haben, zumal Kyklopen als Schmiede tätig waren.[23] Die embryonale Fehlentwicklung Zyklopie tritt zu selten auf, als dass sie den Kyklopen-Mythos beeinflusst haben könnte.

Die ursprünglichen Beschreibungen der Kyklopen und der Name selbst sprechen zunächst nur von rund- oder ringäugig. Die Vorstellung der Einäugigkeit der Kyklopen mit einem zentralen Auge in der Stirn ist nach dem Wortlaut der Quellen nicht zwingend. In Homers Odyssee blendet der listenreiche Odysseus den Kyklopen Polyphem mit einem im Feuer erhitzten Balken, was zur Annahme der Einäugigkeit geführt hat. Sie wird von Hesiod in der Theogonie explizit ausgeführt.[24]

Der Zyklop
(Odilon Redon, 1914, Kröller-Müller Museum, Otterlo, Niederlande)

Von antiken Künstlern wurden die Kyklopen als Riesen mit einem einzelnen großen Auge auf der Stirn dargestellt, doch oft so, dass darunter auch die Augen an der gewöhnlichen Stelle wenigstens angedeutet waren (Relief des kapitolinischen Museums, Kyklop in der Schmiede des Hephästos). Moderne Darstellungen sehen Kyklopen zumeist einäugig und sind vorwiegend durch Homers Polyphem beeinflusst.

Commons: Kyklop – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Kyklop – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Hellanikos Fragment 176 im Scholion zu Hesiod, Theogonie 139 (FGrHist 4 F 88)
  2. Hesiod, Theogonie 139 ff.
  3. Hesiod, Theogonie 492 ff.
  4. Hesiod, Eoien Fragment 64
  5. Bibliotheke des Apollodor 1,1–7
  6. Bibliotheke des Apollodor 3,118–122
  7. Eratosthenes, Katasterismos 29
  8. Nonnos, Dionysiaka 14,52 ff; 28,172 ff.
  9. Roscher: Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 2, Abt. 1. Sp. 1678.
  10. Euripides, Der Kyklop 297
  11. Kallimachos, Hymnus an Delos 46 f.
  12. Vergil, Aeneis 8,418 ff.
  13. Vergil, Georgica 1,471
  14. Kallimachos, Hymnus an Artemis 46 ff.
  15. Homer, Odyssee 9,105–565
  16. Luca Giuliani: Bild und Mythos. Geschichte der Bilderzählung in der griechischen Kunst. C. H. Beck, München 2003, ISBN 3-406-50999-1, S. 107.
  17. Wilhelm Heinrich Roscher: Kyklopen 2. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 2,1, Leipzig 1894, Sp. 1683; vgl. dazu auch: Luca Giuliani: Bild und Mythos. Geschichte der Bilderzählung in der griechischen Kunst. C. H. Beck, München 2003, S. 107, der davon ausgeht, dass in der Odyssee bei der Beschreibung der Kyklopen „auf ältere Märchenüberlieferungen zurückgegriffen“ wird, durch die die anatomischen Besonderheiten dem Leser bereits bekannt waren.
  18. Strabon, Geographica 8,6,11
  19. Theodor Zell: Polyphem ein Gorilla. Eine naturwissenschaftliche und staatsrechtliche Untersuchung von Homers Odyssee Buch IX V. 105 ffge. W. Junk, Berlin, überklebt von Theodor Oswald Weigel, Leipzig 1901.
  20. So bereits Friedrich Schatz: Die griechischen Götter und die menschlichen Missgeburten. Bergmann, Wiesbaden 1901, S. 9ff.; s. auch Manfred Reitz: Rätseltiere. Krypto-Zoologie – Mythen, Spuren und Beweise. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2005, S. 32; Ursus-Nikolaus Riede, Martin Werner: Allgemeine und spezielle Pathologie. Springer-Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2017 (1. Auflage 2009), S. 216, Abb. 15.8.
  21. Katalog der wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität zu Berlin: Präsentation eines Elefantenschädels als Zyklop (abgerufen am 29. Januar 2010)
  22. Adrienne Mayor: The First Fossil Hunters: Dinosaurs, mammoths, and myth in Greek and Roman times. 7. Auflage. Princeton University Press, New Jersey 2011, ISBN 978-0-691-15013-0, S. 6–7.
  23. B. Engmann: Der Stoff, aus dem die Mythen sind. Wie Fossilien zu Fabelwesen wurden. Hirzel-Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-7776-2262-0.
  24. Christine Walde: Kyklopen. In: Der Neue Pauly. Band 6, Metzler, Stuttgart 1999, Sp. 962.