„Galileo Galilei“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
K gr. kongruenter Kasus |
|||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem Wissenschaftler Galileo Galilei. Zum Schiff siehe [[Galileo Galilei (Schiff, 1963)]].}} |
|||
[[Bild:Galileo.png|framed|Galileo Galilei]] |
|||
[[Datei:Galileo Galilei 2.jpg|mini|Galileo Galilei – Porträt von [[Domenico Tintoretto]], ca. 1602–1607 |
|||
[[Datei:Galileo Galilei Signature 2.svg|rahmenlos|Galileis Signatur]]]] |
|||
'''Galileo Galilei''' (* [[15. Februar]] [[1564]] in [[Pisa]]; † |
'''Galileo Galilei''' (* [[15. Februar]] [[1564]] in [[Pisa]]; † {{JULGREGDATUM|8|1|1642|Link=1}} in [[Arcetri]] bei [[Florenz]]) war ein [[italien]]ischer [[Universalgelehrter]], [[Physik]]er, [[Astrophysiker]], [[Mathematiker]], [[Ingenieur]], [[Astronom]], Philosoph und [[Kosmologe]]. Viele seiner Entdeckungen – vor allem in der [[Mechanik]] und der [[Astronomie]] – gelten als bahnbrechend. Er entwickelte die Methode, die Natur durch die Kombination von Experimenten, Messungen und mathematischen Analysen zu erforschen, und wurde damit einer der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen exakten [[Naturwissenschaft]]en. Berühmt wurde er auch dadurch, dass die [[katholische Kirche]] ihn verurteilte, weil einige seiner Theorien ihrer damaligen Auslegung der [[Bibel]] widersprachen; 1992 [[Rehabilitation|rehabilitierte]] sie ihn. |
||
== Leben und Werk == |
|||
== Leben und Werk == |
|||
=== Herkunft und Lehrjahre === |
=== Herkunft und Lehrjahre === |
||
[[Datei:Galileo Galilei01.jpg|mini|hochkant|Standbild; [[Uffizien]], Florenz]] |
|||
Galileo Galilei stammte aus einer verarmten Florentiner [[Patrizier]]familie. Sein Familienzweig hatte den Namen eines bedeutenden Vorfahren angenommen, des [[Arzt]]es Galileo Bonaiuti (15. Jahrhundert). Galileis Vater [[Vincenzo Galilei|Vincenzo]] war vorübergehend nach der Heirat mit Giulia Ammannati (Pisa, 1562) Tuchhändler, ansonsten aber Musiker, Komponist und Musiktheoretiker und hatte mathematische Kenntnisse und Interessen; er lebte ab den 1570er Jahren ständig in Florenz. Dort untersuchte er unter anderem den Klang einer schwingenden [[Saite]] und entdeckte den quadratischen [[Vincenzo Galilei#Saitenspannung|Zusammenhang zwischen den Veränderungen von Spannung bzw. Länge der Saite]], wenn die [[Tonhöhe]] sich um ein bestimmtes [[Intervall (Musik)|Intervall]] ändern soll. |
|||
Galilei wurde als [[Novize]] im [[Kloster]] der [[Vallombrosaner]] erzogen und zeigte Neigung, in den [[Benediktiner]]orden einzutreten, wurde aber von seinem Vater nach Hause geholt und 1580 zum Medizinstudium nach Pisa geschickt, wo sich Galileo 1581 einschrieb; dort war einer seiner [[Dozent]]en [[Andrea Camuzio]]. |
|||
Galilei stammte aus einer Florentiner Patrizierfamilie. Sein Familienzweig hatte den Namen eines bedeutenden Vorfahren angenommen, des Arztes Galileo Bonaiuti (15. Jh.). Galileis Vater [[Vincenzo Galilei|Vincenzo]] war Tuchhändler, Musiker und Musiktheoretiker und hatte als solcher mathematische Kenntnisse und Interessen; er untersuchte den Zusammenhang zwischen Saitenspannung und Tonhöhe und entdeckte dabei die vielleicht erste nichtlineare Beziehung der Physik. |
|||
Nach vier Jahren brach er sein Studium ab und ging nach Florenz, um bei [[Ostilio Ricci]], einem Gelehrten aus der Schule von [[Nicolo Tartaglia]], [[Mathematik]] zu studieren. Er bestritt seinen Lebensunterhalt mit Privatunterricht, beschäftigte sich mit angewandter Mathematik, [[Mechanik]] und [[Hydraulik]] und begann, in den gebildeten Kreisen der Stadt mit Vorträgen und [[Manuskript]]en auf sich aufmerksam zu machen. Vor der [[Accademia Fiorentina]] glänzte er mit einem geometrisch-philologischen Referat über die [[Topografie (Kartografie)|Topografie]] von [[Dante Alighieri|Dantes]] Hölle (''Due lezioni all’Accademia fiorentina circa la figura, sito e grandezza dell’Inferno di Dante,'' 1588). 1585/86 veröffentlichte er erste Ergebnisse zur Schwere fester Körper ''(Theoremata circa centrum gravitatis solidorum)'' (in der Tradition von [[Archimedes]]’ Schrift darüber) und löste ein in einer [[Archimedes#Archimedisches Prinzip|Anekdote über Archimedes]] überliefertes antikes Problem (Krone des [[Hieron II. von Syrakus|Hieron II.]]) durch die Konstruktion einer hydrostatischen Waage zur genauen Bestimmung des [[Spezifisches Gewicht|spezifischen Gewichts]] (''La bilancetta,'' Manuskript). Seine 1587 erfolgte Bewerbung um eine Professorenstelle für Mathematik an der Päpstlichen Universität von Bologna hatte keinen Erfolg, obwohl er sich in der Bewerbung drei Jahre älter machte. Man zog den älteren [[Giovanni Antonio Magini]] vor, der außerdem dort studiert hatte. Die Gutachter vermuteten auch einen Fehler in den von Galilei der Bewerbung beigegebenen mathematischen Schriften.<ref>Heilbron: ''Galileo.'' Oxford UP, 2010, S. 8.</ref> Danach schuf er sich aber einen Ruf als Mathematiker in Florenz unter anderem durch öffentliche Vorlesungen in der [[Accademia Fiorentina|Akademie]] über die Architektur-Maße der Hölle (1588) und durch ein Manuskript über die Theorie der Schwerpunkte in der Tradition von Archimedes (1587), das er zirkulieren ließ. |
|||
=== |
=== Hochschullehrer in Pisa, 1589–1592 === |
||
[[Datei:Pisa cathedral - Galileo lamp.jpg|mini|hochkant|Der Leuchter im [[Dom zu Pisa]], an dem Galilei die Pendelgesetze untersucht haben soll]] |
|||
Im Jahr |
Im Jahr 1589 erhielt Galilei für drei Jahre eine Stelle als Hochschullehrer<ref>Nach Franz Brunetti (Hrsg.): ''Galilei, Opere.'' Band 1. Turin 1964, S. 44, ''lettore di matematica,'' ernannt zunächst für drei Jahre. Er hatte den Lehrstuhl für Mathematik, weshalb er in der Literatur häufig als Professor in Pisa bezeichnet wird, z. B. in dem Artikel zu Galilei im Dictionary of Scientific Biography oder Heilbron: ''Galilei.'' 2010, S. 41.</ref> und Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik an der [[Universität Pisa]]. Er unterrichtete [[Euklid]]s Elemente und elementare Astronomie sowie Astrologie für Mediziner.<ref>Heilbron: ''Galilei.'' 2010, S. 46.</ref> Die Bezahlung war allerdings gering; dennoch gelang es ihm, vorzügliche Instrumente zu bauen und zu verkaufen. Auch entwickelte er ein – noch sehr ungenau arbeitendes – [[Galileo-Thermometer|Thermometer]]. Er untersuchte die [[Pendel]]bewegung und fand, dass die Periode nicht von der Auslenkung oder dem Gewicht des Pendels, sondern von dessen Länge abhängt. Bis in seine letzten Lebensjahre beschäftigte ihn das Problem, wie man diese Entdeckung zur Konstruktion einer [[Pendeluhr]] nutzen kann. |
||
Ausgehend von der Bewegung des Pendels führte Galilei als Versuchsanordnung zur Untersuchung der [[Fallgesetz]]e die [[schiefe Ebene]] mit anschließender horizontaler Bahn ein. Die schiefe Ebene diente ihm zur „Verdünnung“ der Schwerkraft<ref>Walter Hehl: ''Galileo Galilei kontrovers.'' Kapitel ''Kinematik und Festigkeitslehre.'' [https://www.springer.com/de/book/9783658192945 Springer 2017.]</ref>, weil die Messung der Fallgeschwindigkeit damals noch zu ungenau war. Galilei benutzte in diesen Experimenten Kugeln aus verschiedenen Materialien. Das erlaubte es erstmals, den langsam anrollenden Kugeln eine bestimmte [[Geschwindigkeit]] zu erteilen und diese zu messen. So entdeckte er die [[Beschleunigung]] und die Tatsache, dass diese etwas von der Geschwindigkeit völlig verschiedenes ist. Dies wiederum ließ sich am besten in der Formelsprache der Mathematik darstellen. Am deutlichsten formulierte Galilei diese neue Einstellung zur Physik 1623 in ''[[Il Saggiatore]]'': |
|||
Zur Untersuchung der [[Fallgesetz]]e führte Galilei als Versuchsanordnung die [[schiefe Ebene]] mit Kugeln aus verschiedenen Materialien ein. Galileis Schüler und erster Biograph [[Vincenzo Viviani]] setzte die Behauptung in die Welt, Galilei habe in Pisa auch Fallversuche vom [[Schiefer Turm von Pisa|Schiefen Turm]] unternommen; in Galileis Schriften und Manuskripten findet sich jedoch kein Hinweis auf solche Versuche, die mangels genauer Uhren quantitativ nicht auswertbar gewesen wären. Davon zu unterscheiden ist das [[Turmargument]] als Gedankenexperiment, auf das Galilei in seinem Hauptwerk "Dialogo" sehr wohl eingeht. |
|||
{{Zitat |
|||
Galilei fasste die Ergebnisse seiner mechanischen Untersuchungen in einem Manuskript zusammen, das heute als ''De motu antiquiora'' zitiert wird und erst [[1890]] [?] gedruckt wurde. Darin enthaltene Angriffe auf [[Aristoteles]] wurden von Kollegen unfreundlich aufgenommen und sollen dazu geführt haben, dass Galileis [[Juniorprofessor|Stelle]] [[1592]] nicht verlängert wurde. |
|||
|Text=La filosofia è scritta in questo grandissimo libro che continuamente ci sta aperto innanzi a gli occhi (io dico l’universo), ma non si può intendere se prima non s’impara a intender la lingua, e conoscer i caratteri, ne’ quali è scritto. Egli è scritto in lingua matematica, e i caratteri son triangoli, cerchi, ed altre figure geometriche, senza i quali mezzi è impossibile a intenderne umanamente parola; senza questi è un aggirarsi vanamente per un oscuro laberinto. |
|||
|Sprache=it |
|||
|Autor=Galileo Galilei |
|||
|Quelle=Il Saggiatore |
|||
|Übersetzung=Die Philosophie steht in diesem großen Buch geschrieben, dem Universum, das unserem Blick ständig offen liegt. Aber das Buch ist nicht zu verstehen, wenn man nicht zuvor die Sprache erlernt und sich mit den Buchstaben vertraut gemacht hat, in denen es geschrieben ist. Es ist in der Sprache der Mathematik geschrieben, und deren Buchstaben sind Kreise, Dreiecke und andere geometrische Figuren, ohne die es dem Menschen unmöglich ist, ein einziges Wort davon zu verstehen; ohne diese irrt man in einem dunklen Labyrinth herum. |
|||
|ref=<ref>''Opere di Galileo Galilei.'' Band VI. G. Barbèra, Florenz 1933, S. 232 ([https://bibdig.museogalileo.it/Teca/Viewer?an=354802 online]).</ref>}} |
|||
Galileis Schüler und erster Biograf [[Vincenzo Viviani]] behauptete, Galilei habe in Pisa auch Fallversuche vom [[Schiefer Turm von Pisa|Schiefen Turm]] unternommen.<ref>«Galilæus aber behauptete, sie [d. i. Körper von verschiedener Schwere] müßten sich mit gleicher Geschwindigkeit bewegen, und demonstrierete dieses mit vielen Experimentis, die er von dem Glocken-Turm zu Pisa in Gegenwart vieler Professorum u Studenten anstellete.» Viviani (1654), in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Biographien'', Kap. XIII, Seite 222.</ref> In Galileis eigenen Schriften und Aufzeichnungen findet sich jedoch kein Hinweis auf solche Versuche. Davon zu unterscheiden ist das [[Turmargument]] als [[Gedankenexperiment]], auf das Galilei in seinem Hauptwerk ''Dialogo'' eingeht. |
|||
Galileis materielle Situation wurde dadurch verschärft, dass [[1591]] sein Vater gestorben war; er musste für seine Mutter, für drei jüngere Geschwister und für die Mitgift seiner älteren Schwester sorgen. |
|||
Galilei fasste die Ergebnisse seiner [[Mechanik|mechanischen]] Untersuchungen in einem Manuskript zusammen, das heute als ''De motu antiquiora'' zitiert wird und erst 1890 gedruckt wurde. Darin enthaltene Angriffe auf [[Aristoteles]] nahmen seine aristotelisch geprägten Kollegen in Pisa unfreundlich auf. Galileis Anstellung wurde 1592 nicht verlängert. Seine materielle Situation war zusätzlich dadurch verschärft, dass 1591 sein Vater gestorben war und er nun als ältester Sohn auch für seine Geschwister (einen Bruder und drei Schwestern) und Mutter Verantwortung übernehmen musste.<ref>Galilei: ''Opere.'' Turin 1964, Band 1, S. 44.</ref> |
|||
=== Professor in Padua, 1592-1610 === |
|||
=== Professor in Padua, 1592–1610 === |
|||
Dank guter Protektion wurde Galilei 1592 auf den Lehrstuhl für Mathematik in [[Padua]] berufen, auf den sich auch [[Giordano Bruno]] Hoffnungen gemacht hatte. In Padua, das zur reichen und liberalen [[Republik Venedig]] gehörte, blieb Galilei 18 Jahre lang. Diese Zeit soll er später die glücklichste seines Lebens genannt haben; wenn er in Padua geblieben wäre, wäre er vor dem Zugriff der [[Inquisition]] wahrscheinlich geschützt gewesen. |
|||
[[Datei:Use of compasses by Galileo Galilei.jpg|mini|Beschreibung des von Galilei verkauften Proportionalzirkels, 1656]] |
|||
Dank guter Protektion aus florentinischen Kreisen wurde Galilei 1592 auf den Lehrstuhl für Mathematik an der [[Universität Padua]] berufen, auf den sich auch [[Giordano Bruno]] Hoffnungen gemacht hatte. In Padua, das zur reichen und liberalen [[Republik Venedig]] gehörte, blieb Galilei 18 Jahre lang. Galilei selbst bezeichnete die Jahre in Padua als seine ‹glücklichsten›.<ref>Siehe das Zitat in R. Gatto (2017): ''‹It’s impossible to Deceive Nature›'' Galileo’s ''Le mecaniche'' (in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''), S. 72.</ref> |
|||
Obwohl seine Stelle wesentlich besser dotiert war als die vorige in Pisa, besserte Galilei sein Salär auf, indem er neben seinen akademischen Vorlesungen vornehmen Schülern Privatunterricht erteilte, darunter zwei späteren [[Kardinal|Kardinälen]]. |
|||
Ferner vertrieb Galilei einen [[Sextant]]en [? - vgl. seine Schrift ''Compasso geometrico e militare'', [[1606]]], dessen Konstruktion er verbessert hatte und für dessen Fertigung er einen eigenen Mechaniker beschäftigte. |
|||
Obwohl seine Stelle wesentlich besser dotiert war als die vorige in Pisa, besserte Galilei sein Gehalt auf, indem er neben seinen akademischen Vorlesungen vornehmen Schülern Privatunterricht erteilte, darunter zwei späteren [[Kardinal|Kardinälen]]. Ferner vertrieb Galilei ab 1597 einen ''[[Reduktionszirkel|Proportionalzirkel]]''. Für die Fertigung dieses Vorläufers des [[Rechenschieber]]s, der ''compasso'' genannt wurde und dessen Konstruktion er erheblich verbessert hatte, beschäftigte er einen [[Mechaniker]]. Der Proportionalzirkel wurde seit dem Mittelalter verwendet, um algebraische Operationen mit Hilfe der Geometrie durchzuführen, u. a. [[Quadratwurzel]] ziehen, Polygone konstruieren und Flächen und Volumen ermitteln. Im militärischen Bereich wurde er von [[Artillerie|Artilleristen]] zur Berechnung der [[Trajektorie (Physik)|Flugbahn]] von Geschossen eingesetzt.<ref>{{Internetquelle |url=https://portalegalileo.museogalileo.it/igjr.asp?c=17433 |titel=Le operazioni del compasso |hrsg=Museo Galileo |datum=2010 |sprache=it |abruf=2025-03-27}}</ref> |
|||
Die heute nach [[Johannes Kepler|Kepler]] benannte [[Supernova]] von [[1604]] veranlasste ihn zu drei öffentlichen Vorträgen, in denen er die aristotelische Astronomie und [[Naturphilosophie]] angriff. Aus der fehlenden [[Parallaxe]] schloss Galilei, dass der neue Stern weit von der Erde entfernt sein müsse, sich also in der Fixsternsphäre befinde, die nach herrschender Lehre für unveränderlich gehalten wurde. |
|||
Im August 1597 ließ er in einem Brief an [[Johannes Kepler]] zu dessen 1596 veröffentlichten ''Mysterium Cosmographicum'' (Das Weltgeheimnis) deutlich erkennen, dass er das [[Heliozentrismus|heliozentrische Weltsystem]] gegenüber dem vorherrschenden Glauben an das [[Geozentrisches Weltbild|geozentrische Weltbild]] favorisierte: |
|||
[[Bild:Galileo.script.arp.600pix.jpg|thumb|250px|left|Galileo Galileis Entdeckung der Jupitermonde (1610)]] |
|||
[[1609]] erfuhr Galilei von dem im Jahr zuvor in Holland von [[Hans Lipperhey|Jan Lippershey]] erfundenen [[Teleskop|Fernrohr]]. Er baute aus käuflichen [[Linse (Optik)|Linsen]] ein Gerät mit ungefähr vierfacher Vergrößerung, lernte dann selbst Linsen zu schleifen, und erreichte bald eine acht- bis neunfache, in späteren Jahren eine bis zu 33fache Vergrößerung. Galilei führte sein Instrument, dessen militärischer Nutzen auf der Hand lag, der venezianischen Regierung, der Signoria, vor, machte tiefen Eindruck und überließ ihr das völlig illusorische alleinige Recht zur Herstellung solcher Instrumente, woraufhin sein Gehalt verdreifacht [nach anderer Quelle verdoppelt] wurde. Entgegen der Darstellung in [[Bertolt Brecht|Brechts]] Drama hat Galilei die Grundidee des Teleskops wohl nicht als seine eigene Erfindung ausgegeben; eine Gehaltskürzung [-suspension ?] im folgenden Jahr deutet aber an, dass sich die Signoria durchaus hinters Licht geführt fühlte. |
|||
{{Zitat |
|||
Als einer der ersten Menschen nutzte Galilei ein Fernrohr zur Himmelsbeobachtung. Mit ihm beginnt die Teleskop-Astronomie. Er entdeckte die vier größten [[Mond (Trabant)|Mond]]e des [[Jupiter (Planet)|Jupiter]], die er in Vorbereitung seines Wechsels an den [[Medici]]-Hof die Mediceischen Gestirne nannte und die heute als die ''[[Galileische Monde|Galileischen Monde]]'' bezeichnet werden. Aus der Bedeckung von Sternen durch den [[Erdmond|Mond]] schloss er, dass dieser keine perfekte Kugel ist, sondern Berge hat. Er beobachtete, dass die [[Milchstraße]] aus einzelnen Sternen besteht. Diese Entdeckungen, veröffentlicht im ''Sidereus Nuncius'' (Sternenbote) von [[1610]], machten Galilei auf einen Schlag berühmt. |
|||
|Text=Ich gelangte schon vor vielen Jahren zur Auffassung des [[Kopernikus]] und habe von diesem Standpunkt aus die Ursachen vieler Wirkungen in der Natur entdeckt, die ohne Zweifel nach der allgemein üblichen Hypothese unerklärlich sind. Viele Begründungen und auch Widerlegungen gegenteiliger Gründe verfasste ich, was ich jedoch bisher nicht zu veröffentlichen wagte, abgeschreckt durch das Schicksal unseres Lehrers Kopernikus. Dieser verschaffte sich freilich bei einigen unsterblichen Ruhm, von unendlich vielen aber (so groß ist nämlich die Zahl der Toren) wurde er verlacht und ausgepfiffen. |
|||
|Autor=Galileo Galilei |
|||
|Quelle=Brief an Johannes Kepler in Graz<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, S. 9–10.</ref>}} |
|||
Die heute nach Kepler benannte [[Supernova 1604|Supernova von 1604]] veranlasste ihn zu drei öffentlichen Vorträgen, in denen er die aristotelische Astronomie und [[Naturphilosophie]] angriff. Aus der Tatsache, dass keine [[Parallaxe]] festgestellt werden konnte, schloss Galilei wie bereits 1572 [[Tycho Brahe]], dass der neue Stern weit von der Erde entfernt sei und sich deshalb in der [[Fixstern]]sphäre befinden müsse. Nach herrschender Lehre wurde diese Sphäre für unveränderlich gehalten und Galilei vertrat damit ein weiteres Argument gegen die Anschauungen der [[Peripatetiker]], wie man die Aristoteles-Schüler auch nannte. 1605 veröffentlichte der unbekannte Antonio Lorenzini, hinter dessen Namen man die Inspiration von [[Cesare Cremonini (Philosoph)|Cesare Cremonini]], Professor für Naturphilosophie in Padua, erkennen konnte, die in Latein verfasste Schrift ''Discorso sulla nuova stella,'' um Galileis Schlussfolgerungen zu widersprechen.<ref>{{Internetquelle |autor=Alessandro Regosa |url=https://www.italianisti.it/pubblicazioni/atti-di-congresso/letteratura-e-scienze/Regosa.pdf |titel=«Con chioma di fuoco or vi fiammeggi»: una ricognizione intorno alla stella nova del 1604 |datum=2019-09 |format=PDF |sprache=it |abruf=2025-04-04}}</ref> Galilei reagierte darauf unter einem [[Pseudonym]] mit der Schrift ''Dialogo de Cecco di Ronchitti da Bruzene in perpuosito de la stella nuova'',<ref>{{Literatur |Autor=Galileo Galilei |Hrsg=Anna Mudry |Titel=Dialog des Cecco di Ronchitti |Sammelwerk=Schriften, Briefe, Dokumente |Band=1 |Datum= |Seiten=74–93}}</ref> in der ein Landvermesser und ein Bauer im Dialekt von Padua die aristotelische Argumentation satirisch hinterfragen.<ref>{{Internetquelle |autor=Alessandro De Angelis |url=https://ar5iv.labs.arxiv.org/html/2204.04001 |titel=Galileo Galilei and a forgotten poem on the 1604 supernova |datum=2024-03-11 |format=PDF |sprache=en |abruf=2025-04-04}}</ref> |
|||
Seine Untersuchungen zu den Bewegungsgesetzen setzte Galilei in diesen Jahren fort. |
|||
[[Datei:Galileo Galileis Entdeckungen.webm|mini|Video: Galileo Galileis Entdeckungen]] |
|||
[[Datei:Galileos Moon.jpg|mini|Federzeichnung aus dem ''Sidereus Nuncius'' und Foto]] |
|||
[[Datei:Galileo.script.arp.600pix.jpg|mini|hochkant|Aufzeichnungen Galileis zur Entdeckung der Jupitermonde (1610)]] |
|||
Mitte 1609 erfuhr Galilei über seinen Freund [[Paolo Sarpi]] Details über das im Jahr zuvor in Holland von [[Hans Lipperhey|Jan Lipperhey]] erfundene [[Fernrohr]] mit ungefähr vierfacher Vergrößerung. Er baute aus käuflichen [[Linse (Optik)|Linsen]] ein Gerät, lernte selbst Linsen zu schleifen und erreichte bald eine neunfache und in späteren Jahren eine bis zu 30-fache Vergrößerung.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Mario Biagioli |Hrsg=[[Königlich Niederländische Akademie der Wissenschaften|Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences]] |Titel=How did Galileo develop his telescope? A ‘new’ letter by Paolo Sarpi |Sammelwerk=Origins of the Telescope |Datum=2010 |Seiten=203–230 |Sprache=en |Online=https://www.researchgate.net/publication/336577680_How_did_Galileo_develop_his_telescope_A_'new'_letter_by_Paolo_Sarpi |Format=PDF |KBytes= |Abruf=2025-04-11}}</ref> Aus dieser Zeit stammt auch ein in der Nationalbibliothek von Florenz entdeckter Einkaufszettel, der Einblick gibt, wie Galilei seine diesbezüglichen Erkenntnisse in die Praxis umsetzte.<ref>{{Internetquelle |autor=Peter Prantner |url=https://orf.at/stories/2217762/2217760/ |titel=Der Einkaufszettel des Galileo Galilei |werk=[[ORF.at]] |datum=2014-02-15 |abruf=2014-02-16}}</ref> |
|||
Am 25. August 1609 führte Galilei sein verbessertes Instrument, dessen militärischer Nutzen auf der Hand lag und das im Gegensatz zum wenig später entwickelten [[Kepler-Fernrohr]] eine aufrecht stehende Abbildung lieferte, der venezianischen Regierung – der [[Signoria]] – vor. Das Instrument machte einen tiefen Eindruck und Galilei überließ der Signoria das illusorische alleinige Recht zur Herstellung solcher Instrumente, woraufhin sein Gehalt erhöht wurde. Galilei erweckte in [[Sidereus Nuncius]] mit dem Ausdruck „das neulich von ihm entdeckte Fernrohr“ (lat. „perspicilli nuper a se reperti“) auf dem Titelblatt und in späteren Schriften den Anschein, das Prinzip des Fernrohrs selbst entdeckt zu haben. [[Bertolt Brecht|Brecht]] greift diese Behauptung im Drama ''[[Leben des Galilei]]'' auf. Unbestritten sind jedoch Galileis relevante Beiträge zur Verbesserung der optischen Qualität und Eignung des Fernrohrs für astronomische Beobachtungen.<ref name=":0" /> |
|||
Als einer der ersten Forscher nutzte Galilei ein Fernrohr zur [[Himmelsbeobachtung]]. Dies bedeutete eine Revolution in der [[Astronomie]], denn bis dahin waren die Menschen auf Beobachtungen mit dem [[Freiäugig|bloßen Auge]] angewiesen. Er stellte fest, dass die Oberfläche des Mondes rau und uneben ist, mit Erhebungen, Klüften und Kratern. Er erkannte zudem, dass die dunkle Partie der Mondoberfläche von der Erde aufgehellt wird (sog. [[Erdschein]]) und dass die [[Planet]]en – im Gegensatz zu den Fixsternen – als Scheiben zu sehen sind. Er entdeckte die vier größten [[Jupitermonde|Monde]] des [[Jupiter (Planet)|Jupiter]], die er in Vorbereitung seines Wechsels an den [[Medici]]-Hof die ''Mediceischen Gestirne'' nannte und die heute als die ''[[Galileische Monde|Galileischen Monde]]'' bezeichnet werden. Unabhängig von ihm gelang dies fast gleichzeitig [[Simon Marius]]. Der chinesische Astronom [[Gan De]] schreibt bereits im Jahr 365 v. Chr., einen Begleiter des Jupiter gesehen zu haben. Vermutlich war dies [[Ganymed (Mond)|Ganymed]], der unter idealen Bedingungen für das bloße Auge sichtbar ist. Galilei beobachtete, dass es sich bei der [[Milchstraße]] nicht um ein nebliges Gebilde (wie es dem bloßen Auge vorkommt), sondern um ''„nihil aliud quam innumerarum Stellarum coacervatim consitarum congeries'' (nichts anderes als eine Anhäufung zahlloser Sterne)“ handelt. Diese Entdeckungen und seine Federzeichnung der Mondoberfläche wurden im ''[[Sidereus Nuncius]]'' (Sternenbote bzw. Nachricht von den Sternen) von 1610 veröffentlicht und machten Galilei auf einen Schlag berühmt. Obwohl Galilei darin die Abbildung eines unübersehbar nichtexistenten großen [[Mondkrater]]s am [[Tag-Nacht-Grenze|Terminator]] publizierte,<ref>Vgl. den Aufsatz von Horst Bredekamp, Angela Fischel, Birgit Schneider, Gabriele Werner: {{Webarchiv |url=http://www.kulturtechnik.hu-berlin.de/sites/default/files/images/dtb/bildwelten.pdf |text=''Bildwelten des Wissens.'' |wayback=20130524045901}}. (PDF; 1,6 MB).</ref> war der ''Sidereus Nuncius'' innerhalb weniger Tage vergriffen. |
|||
=== Hofmathematiker in Florenz, ab 1610 === |
=== Hofmathematiker in Florenz, ab 1610 === |
||
[[Datei:Schreibtisch.im.Galilei-Raum.Deutsches.Museum.jpg|mini|Schreibtisch von Galileo Galilei im nachgebildeten Galilei-Raum im [[Deutsches Museum|Deutschen Museum]] in München<ref>{{Webarchiv |url=https://www.deutsches-museum.de/sammlungen/meisterwerke/meisterwerke-vi/labor/ |text=''Das Labor nach Galilei.'' |wayback=20140828222400}}. [[Deutsches Museum]], München, abgerufen am 25. Januar 2024.</ref> ]] |
|||
Im März 1610 intensivierte Galilei seine Kontakte nach [[Florenz]], indem er die Jupitermonde im ''Siderius Nuncius'' als ''Mediceische Sterne'' bezeichnete''.'' Im Mai 1610 bat er den Ersten Sekretär von [[Cosimo II. de’ Medici]], einen ehemaligen Schüler, um eine Anstellung an der Universität Pisa und präzisierte: „Was Titel und Vorwand meiner Tätigkeit betrifft, so möchte ich, dass Seine Exzellenz dem Namen Mathematiker zusätzlich den des Philosophen hinzufügt, da ich behaupte, mehr Jahre Philosophie als Monate reine Mathematik studiert zu haben.“<ref>{{Literatur |Autor=Galileo Galilei |Hrsg=Giovanni Gentile |Titel=Frammenti e Lettere |Verlag=Raffaleo Giusti |Ort=Livorno |Datum=1917 |Seiten=212–213 |Sprache=it |Online=https://ia600901.us.archive.org/12/items/frammentieletter00galiuoft/frammentieletter00galiuoft.pdf |Format=PDF |KBytes=20897 |Abruf=2025-04-11}}</ref> Im Herbst 1610 ernannte der [[Großherzogtum Toskana|Großherzog der Toskana]] Cosimo II. ihn zum Hofmathematiker, Hofphilosophen und zum ersten Mathematikprofessor in Pisa ohne jede Lehrverpflichtung. Galilei bekam damit volle Freiheit, sich ganz seinen Forschungen zu widmen. Bereits 1605 war Galilei zum Mitglied der Florentiner [[Accademia della Crusca]] gewählt worden, nach seiner Übersiedlung übernahm er in ihr auch Führungsaufgaben. 1658 beschloss die Akademie, seine ''Opere'' in der nächsten Ausgabe des ''Vocabolario'' (1691 veröffentlicht) als eine der Textgrundlagen für mathematische und philosophische Terminologie zu benutzen.<ref>[https://www.accademicidellacrusca.org/scheda?IDN=163 ''Mitgliederliste der Crusca''] mit Bild aus den Beständen der Akademie.</ref> |
|||
1610 ernannte der Großherzog der [[Toskana]], [[Cosimo II. (Toskana)|Cosimo II.]], Galilei zum Hofmathematiker und -philosophen und zum Mathematikprofessor in Pisa ohne jede Lehrverpflichtung: er bekam volle Freiheit, sich ganz der Forschung zu widmen. |
|||
Spätestens bei der Umsiedlung nach Florenz trennte sich Galilei von Marina Gamba (* 1570), seiner Haushälterin, mit der er drei Kinder hatte: [[Maria Celeste|Virginia]] (1600–1634), Livia (1601–1659) und Vincenzio (1606–1669). Mit Hilfe eines Bewunderers, des Kardinals Maffeo Barberini und späteren Papstes [[Urban VIII.]], brachte Galilei seine Töchter noch vor Erreichen des Mindestalters im nahen Kloster San Matteo von [[Arcetri]] unter, weil sie als uneheliche Kinder kaum Aussichten auf eine standesgemäße Heirat hatten. Er zwang sie, im Alter von 16 Jahren das [[Gelübde]] als [[Nonne]] abzulegen. Während sich Viriginia als Schwester Maria Celeste damit abfand und in ständigem Briefkontakt mit ihrem Vater blieb,<ref>Siehe zahlreiche Briefe in Anna Mudry, Band 2</ref> akzeptierte Livia als Schwester Arcangela die Anordnung ihres Vaters nie. Als Marina Gamba im August 1612 starb, wurde der Sohn Vincenzio zu seinem Vater nach Florenz geschickt und 1619 auf Fürsprache des Großherzogs Cosimo II. legitimiert.<ref>{{Internetquelle |url=https://brunelleschi.imss.fi.it/itinerari/biografia/MarinaGamba.html |titel=Marina Gamba |werk=Itinerari Scientifici in Toscana |datum=2008-01-10 |sprache=it |abruf=2025-03-29}}</ref> Er schloss 1628 ein Jurastudium an der Universität Pisa ab, war in Kanzleien beschäftigt und verbesserte mit seinem Vater die [[Pendeluhr]].<ref>{{Literatur |Autor=[[David S. Landes]] |Titel=Revolution in Time. Clocks and the Making of the Modern World |Verlag=W. W. Norton |Ort=New York |Datum=1984 |Sprache=en}}</ref> |
|||
Spätestens bei der Umsiedlung nach Florenz trennte sich Galilei von Marina Gamba, seiner Haushälterin, mit der er drei Kinder hatte: Virginia (Ordensname Maria Celeste, 1600-1634), Livia (Ordensname Arcangela, 1601-1659) und Vincenzo (1606-[?]). Mit Hilfe eines Bewunderes, des Kardinals [[Urban VIII. (Papst)|Maffeo Barberini]] (später Papst Urban VIII.), brachte Galilei seine Töchter vor Erreichen des Mindestalters in einem Kloster unter. |
|||
=== Weitere astronomische Entdeckungen === |
|||
Im Jahr [[1611]] besuchte Galilei [[Rom]], wurde für seine Entdeckungen hoch geehrt und zum sechsten Mitglied der [[Accademia dei Lincei]] ernannt; diese Ehre war ihm so wichtig, dass er sich fortan Galileo Galilei Linceo nannte. |
|||
Galilei setzte seine astronomischen Beobachtungen fort und beobachtete Ende 1610, dass der Planet [[Venus (Planet)|Venus]] [[Venusphase|Phasengestalten]] wie der [[Mond]] zeigt, wobei sich – im Gegensatz zum Mond – die Größe der Planetenscheibe ändert. Die [[Venusphase|Venussichel]] und die volleren Phasen interpretierte er derart, dass die Venus zeitweise zwischen Sonne und Erde steht, zu anderen Zeiten aber jenseits der Sonne. Darüber korrespondierte er mit den römischen [[Jesuiten]] um [[Christophorus Clavius]] (mit diesem hatte er bereits 1587 eine kontroverse Diskussion geführt), welche die Phasengestalt der Venus bereits unabhängig von ihm entdeckt hatten. Über die kosmologischen Konsequenzen und darüber, dass das [[Geozentrisches Weltbild#Ptolemäisches Weltbild|ptolemäische Weltbild]] nicht mehr länger haltbar war, waren sich beide mehr oder weniger im Klaren. |
|||
In seiner Begeisterung über seine wissenschaftlichen Erkenntnisse sandte er in seiner Werkstatt gefertigte Fernrohre an Freunde und andere Wissenschaftler. Jedoch erreichten nur wenige Exemplare das gewünschte [[Auflösungsvermögen]]. So konnte es geschehen, dass manche die Jupitermonde und andere seiner Entdeckungen nicht erkennen konnten und ihm Täuschungsabsichten unterstellten. |
|||
Im März [[1614]] gelang es Galilei, das Gewicht der [[Luft]] als ein 660stel des Gewichts des Wassers zu bestimmen; herrschende Meinung war bis zu diesem Zeitpunkt, dass Luft keinerlei Gewicht hat. |
|||
Im Jahr 1611 besuchte Galilei [[Rom]]. Er wurde für seine Entdeckungen hoch geehrt und machte mittels seines Teleskops seinen Freunden – darunter auch Jesuiten – unverzüglich „le cose nuove del cielo“ (die neu entdeckten Gegenstände am Himmel) zugänglich: den Jupiter mit seinen vier Begleitern, den gebirgigen, zerklüfteten Mond, die „gehörnte“, d. h. sichelförmige Venus und den „dreifachen“ Saturn. Er wurde daraufhin zum sechsten Mitglied der [[Accademia dei Lincei]] ernannt. Diese Ehre war ihm so wichtig, dass er sich fortan ''Galileo Galilei Linceo'' nannte. |
|||
=== Weitere astronomische Entdeckungen und der Inquisitionsprozess von 1616 === |
|||
Bei diesem Aufenthalt hatte er eine Audienz bei Papst [[Paul V.]] und traf seinen alten Bewunderer Maffeo Barberini. Ein Jahr später war Barberini dabei, als Galilei eine weitere, unhaltbare Behauptung des Aristoteles mit einem simplen, aber überzeugenden Experiment widerlegte: Eis schwimmt auf Wasser nicht deswegen, weil es zwar schwerer, aber flach ist, sondern weil es leichter ist. |
|||
1610 konvertierte Galilei das Teleskop erstmals in ein [[Mikroskop]]; die Mikroskopie blieb für ihn aber eine Beschäftigung niedriger Priorität. Er setzte seine astronomischen Beobachtungen fort und fand, dass auch der Planet [[Venus (Planet)|Venus]] Phasen wie der [[Erdmond|Mond]] hat. |
|||
Zwischen Ende 1610 und Mitte 1611 beobachtete Galilei erstmals mit dem Teleskop dunkle Flecken auf der Sonnenscheibe. Diese Entdeckung der [[Sonnenfleck]]en verwickelte ihn in eine Auseinandersetzung mit dem Jesuiten [[Christoph Scheiner]]: Man stritt sowohl um die [[Priorität]] als auch um die Deutung. Um die Vollkommenheit der Sonne zu retten, nahm Scheiner an, dass die Flecken Satelliten seien, wogegen Galilei die Beobachtung anführte, dass Sonnenflecken entstehen und vergehen. Er veröffentlichte diese Erkenntnis 1613 in ''Lettere solari,''<ref>{{archive.org |ita-bnc-pos-0000074-001 |Blatt=n22}}.</ref> einem der ersten wissenschaftlichen Werke, die nicht in lateinischer Sprache, sondern in Umgangssprache verfasst wurden. |
|||
Für Galilei war es offensichtlich, dass seine astronomischen Beobachtungen das [[Heliozentrisches Weltbild|heliozentrische Weltbild]] des [[Nikolaus Kopernikus]] stützten, aber keinen zwingenden Beweis lieferten: Sämtliche Beobachtungen wie etwa die [[Venusphase]]n waren auch mit dem [[Tychonisches Weltbild|Weltmodell]] des [[Tycho Brahe]] vereinbar, wonach sich Sonne und Mond um die Erde, die übrigen Planeten aber um die Sonne drehen. Tatsächlich gelang es erst [[James Bradley]] im Jahre 1729, mit der stellaren [[Aberration (Astronomie)|Aberration]] die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre nachzuweisen. |
|||
Drei Kometen, die im Jahr [[1618]] erschienen, interpretierte Galilei irrig als erdnahe optische Effekte. |
|||
Galilei hielt sich bei der Interpretation seiner astronomischen Beobachtungen zunächst zurück. Jedoch war ihm wohl schon in seiner Zeit in Pisa der Gedanke gekommen, die Drehungen ''(revolutiones)'' der Erde um ihre Achse und um die Sonne seien die Ursache für die [[Gezeiten]]: „die Gewässer würden dabei beschleunigt und hin- und herbewegt“. Damit glaubte er, einen Beweis für das kopernikanische Weltbild in Händen zu haben, insbesondere für die bewegte Erde. Doch diese Erklärung war falsch, Hauptursache der Gezeiten sind die räumlich variierenden Anziehungskräfte von Mond und Sonne, wie erst durch [[Isaac Newton]] im Jahre 1687 zutreffend beschrieben wurde. |
|||
Für Galilei war es offensichtlich, dass seine astronomischen Beobachtungen das [[heliozentrisches Weltbild|heliozentrische Weltbild]] des [[Nikolaus Kopernikus|Kopernikus]] stützten, aber keinen zwingenden Beweis lieferten: sämtliche Beobachtungen waren auch mit dem Modell des [[Tycho Brahe]] kompatibel, in dem sich Sonne und Mond um die Erde, die übrigen Planeten aber um die Sonne drehen. Tatsächlich gelang es erst [[James Bradley]] im Jahr 1729 mit der [[Aberration (Astronomie)|stellaren Aberration]] die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre nachzuweisen. Galilei hielt sich bei der Interpretation seiner astronomischen Beobachtungen zunächst zurück. Gegen das Kopernikanische System sprachen Bibelstellen, aus denen auf eine Eigenbewegung der Sonne geschlossen werden musste (am wichtigsten die Stelle, in der [[Josua]] der Sonne befiehlt, stillzustehen [Jos. 10, 12]). |
|||
Kontroverse Diskussionen am Florentiner Hof veranlassten Galilei zu erklären, dass astronomische Angaben in der Bibel nicht wörtlich zu nehmen seien, mithin eine mit dem kopernikanischen System verträgliche Bibelauslegung möglich sei, und dass die Forschung frei sein sollte von der Kirchendoktrin (Brief an seinen Schüler und Nachfolger in Pisa, [[Benedetto Castelli]], 21. Dezember 1613, der in Kopie am 7. Februar 1615 durch den [[Dominikaner]] Niccolò Lorini der [[Inquisition]] zugespielt wurde). Galileo schickte am 16. Februar 1615 eine abgeschwächte, weniger ketzerisch formulierte Version des Briefes als angebliches Original an seinen Freund Piero Dini in Rom mit der Bitte, es im Vatikan zu verbreiten. Von beiden Versionen wurden viele Kopien erstellt und es war lange unklar, ob Galileos Schutzbehauptung zutraf. Das von Galileo mit zahlreichen Streichungen und Ergänzungen versehene Original, das Castelli ihm zurückgesandt hatte, wurde erst im Sommer 2018 in der Bibliothek der [[Royal Society]] wiederentdeckt; es war im Katalog fehldatiert auf den 21. Oktober 1613.<ref>Salvatore Ricciardo, Franco Giudice, Michele Camerota: ''Notes and Records.'' 2018, im Druck.</ref><ref>Alison Abbott: ''Discovery of Galileo’s long-lost letter shows he edited his heretical ideas to fool the Inquisition.'' nature news, 2018, [[doi:10.1038/d41586-018-06769-4]].</ref> |
|||
Kontroverse Diskussionen am Florentiner Hof veranlassten Galilei dann doch, zu erklären, dass eine mit dem Kopernikanischen System verträgliche Bibelauslegung möglich sei (Brief an seinen Schüler und Nachfolger in Pisa, Benedetto Castelli, 21.12.1613 [http://www.liberliber.it/biblioteca/g/galilei/lettere/html/lett11.htm Originaltext]; Brief an die Großherzogin-Mutter Christine von Lothringen, 1615 [http://www.liberliber.it/biblioteca/g/galilei/lettere/html/lett14.htm Originaltext]). Der Brief an Castelli wurde in fehlerhafter Abschrift der Inquisition zugespielt, was Galilei veranlasste, eine korrekte Abschrift hinterherzusenden und in Person nach Rom zu reisen, um seinen Standpunkt zu vertreten. |
|||
Im März 1614 gelang es Galilei, das spezifische Gewicht der [[Luft]] als ein 660stel des Gewichts des Wassers zu bestimmen – herrschende Meinung war damals, Luft hätte kein Gewicht. Dies war eine weitere Widerlegung aristotelischer Anschauungen. In dieser Zeit war er häufig als Gutachter für den Großherzog in technisch-physikalischen Fragen tätig. Als Forscher beschäftigte er sich insbesondere mit [[Hydrodynamik]], [[Brechung (Physik)|Lichtbrechung]] in Glas und Wasser sowie [[Geschichte der Klassischen Mechanik|Mechanik]] mit der mathematischen Beschreibung der [[Beschleunigung]] beliebiger Körper. |
|||
Im Jahr [[1615]] veröffentlichte der Kleriker [[Paolo Antonio Foscarini]] (c. 1565-1616) ein Buch, das beweisen sollte, dass die Kopernikanische Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische [[Inquisition]] unter Leitung des bedeutenden [[Kirchenlehrer]]s Kardinal [[Robert Bellarmin|Bellarmin]] ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt; zugleich wurden einige nichttheologische Schriften über Kopernikanische Astronomie, darunter auch ein Werk von [[Johannes Kepler]], auf den [[Index Librorum Prohibitorum|Index]] gesetzt. Das Hauptwerk des Kopernikus, [[De Revolutionibus Orbium Coelestium]], postum in dessen Todesjahr [[1543]] erschienen, war aufgrund seiner mathematischen Qualitäten in der Fachwelt unentbehrlich geworden und lag auch der [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalenderreform]] zugrunde [? - wird von [[Paul Feyerabend]] bestritten]; es durfte fortan bis [[1822]] [?] im Einflussbereich der Römischen Inquisition nur noch in Bearbeitungen erscheinen, die betonten, dass das heliozentrische System ein bloßes mathematisches Modell sei. |
|||
In den Jahren 1610–1614 hielt er sich häufig auf dem Landgut seines Freundes [[Filippo Salviati]] auf, um seine seit Jahren angeschlagene Gesundheit wiederherzustellen. |
|||
An diesem Inquisitionsprozess war Galilei offiziell nicht beteiligt. Seine Haltung war jedoch ein offenes Geheimnis. Wenige Tage vor der förmlichen Beschlussfassung schrieb Bellarmin an Galilei einen Brief mit der Ermahnung, das Kopernikanische System in keiner Weise zu verteidigen. Dieser Brief wurde im Prozess von 1632/33 als Beweis für Galileis Ungehorsam zitiert; allerdings gab es in den Akten zwei verschiedene Fassungen eines solchen Briefes, von denen nur eine korrekt unterschrieben und zugestellt war, weshalb im 19. und 20. Jahrhundert einige Historiker annahmen, die Inquisitionsbehörde habe zuungunsten Galileis einen Beweis gefälscht. |
|||
=== Das Verfahren von 1616 === |
|||
=== Der Dialog über die zwei Weltsysteme und der Inquisitionsprozess von 1633 === |
|||
Im Jahr 1615 veröffentlichte der Kleriker [[Paolo Antonio Foscarini]] (circa 1565–1616) ein Buch, das beweisen sollte, dass die [[Kopernikanische Wende|kopernikanische]] Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische [[Inquisition]] nach Vorarbeit des bedeutenden [[Kirchenlehrer]]s Kardinal [[Robert Bellarmin]], einer zentralen Persönlichkeit der Kurie und der Inquisition, ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt. Zugleich wurden einige nichttheologische Schriften über kopernikanische Astronomie, darunter auch ein Werk von [[Johannes Kepler]], auf den [[Index Librorum Prohibitorum]] gesetzt. Das Hauptwerk des Kopernikus, ''[[De revolutionibus orbium coelestium]],'' in dessen Todesjahr 1543 erschienen, wurde nicht verboten, sondern „suspendiert“: Es durfte fortan bis 1822 im Einflussbereich der Römischen Inquisition nur noch in Bearbeitungen erscheinen, die betonten, dass das heliozentrische System ein bloßes mathematisches Modell sei. |
|||
An diesem Verfahren, das nicht zu den Inquisitionsprozessen gezählt werden kann, war Galilei offiziell nicht beteiligt. Seine Haltung war jedoch ein offenes Geheimnis, auch wenn das Schreiben an die Großherzogin-Mutter noch nicht veröffentlicht war. Wenige Tage nach der förmlichen Index-Beschlussfassung schrieb Bellarmin an Galilei einen Brief mit der Versicherung, Galilei habe keiner Lehre abschwören müssen; gleichzeitig jedoch enthielt dieses Schreiben die nachdrückliche Ermahnung, das kopernikanische System in keiner Weise als Tatsache zu verteidigen, sondern allenfalls als [[Hypothese]] zu diskutieren. Dieser Brief wurde im Prozess von 1632/33 als Beweis für Galileis Ungehorsam zitiert. Allerdings gab es in den Akten zwei verschiedene Fassungen, von denen nur eine korrekt unterschrieben und zugestellt war, weshalb im 19. und 20. Jahrhundert einige Historiker annahmen, die Inquisitionsbehörde habe 1632 zu Ungunsten Galileis einen Beweis gefälscht.<ref>{{Literatur |Autor=Richard J. Blackwell |Titel=Galileo, Bellarmine, and the Bible |Verlag=University of Notre Dame Press |Ort=Paris |Datum=1991 |ISBN=0-268-01024-2 |Seiten=126–128 |Sprache=en}}</ref> |
|||
[[1623]] wurde Galileis alter Förderer, Kardinal Maffeo Barberini, zum Papst gewählt ([[Urban VIII. (Papst)|Urban VIII.]]). Galilei widmete ihm sogleich seine Schrift ''Saggiatore'', eine Polemik gegen den Jesuitenpater Orazio Grassi über die [[Komet]]enerscheinungen von 1618 und über methodologische Fragen. In diesem Buch äußert Galilei seine berühmt gewordene Überzeugung, die Philosophie stehe in dem Buch der Natur, und dieses Buch sei in mathematischer Sprache geschrieben: ohne [[Geometrie]] zu beherrschen, verstehe man kein einziges Wort. |
|||
Galilei hielt sich von nun an mit Äußerungen in der Öffentlichkeit zum kopernikanischen System zurück. Ab 1616 beschäftigte er sich intensiv mit der Möglichkeit, die Bewegungen der [[Jupitermonde]] als Zeitmesser zu nutzen, um das [[Längenproblem|Längengradproblem]] zu lösen. Allerdings blieb er damit erfolglos, weil die Beobachtung der erscheinenden oder verschwindenden Jupitermonde als Zeitmarke vom schwankenden Schiff nicht möglich war. |
|||
[[1624]] reiste Galilei nach Rom und wurde sechs Mal von Barberini-Urban empfangen, der ihn ermutigte, über das Kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als Hypothese behandele; den Brief von Bellarmin an Galilei aus dem Jahr 1616 kannte Barberini damals nicht. Nach langen Vorarbeiten und unterbrochen durch Krankheiten vollendete Galilei [[1630]] den ''Dialogo di Galileo Galilei sopra i due Massimi Sistemi del Mondo Tolemaico e Copernicano'' (Dialog über die zwei wichtigsten Weltsysteme, das Ptolemäische und das Kopernikanische). In diesem Buch erklärte Galilei unter anderem sein [[Relativitätsprinzip]] und seine Methode zur Bestimmung der [[Lichtgeschwindigkeit]]. Als vermeintlich stärkstes Argument für das Kopernikanische System diente ihm eine (wie sich später herausstellte, irrige) Theorie der [[Gezeiten]]. |
|||
=== Il Saggiatore === |
|||
Im Mai 1630 reiste Galilei erneut nach Rom, um bei Urban VIII. und Niccolò Riccardi, dem für die Zensur verantwortlichen Inquisitor, eine kirchliche Druckerlaubnis ([[Imprimatur]]) zu erwirken. Zurück in Florenz, entschied Galilei jedoch aus verschiedenen Gründen, unter anderem wegen einer Pestepidemie, sich mit einer Druckerlaubnis durch den Florentiner Inquisitor zu begnügen und das Werk in Florenz drucken zu lassen. Aufgrund verschiedener Schwierigkeiten, ausgelöst durch Riccardi, konnte der Druck aber erst im Juli [[1631]] beginnen; im Februar [[1632]] erschien der "Dialogo". |
|||
{{Hauptartikel|Il Saggiatore}} |
|||
[[Datei:Assayertitle.png|mini|Titelseite von ''Il Saggiatore'', Kupferstich von [[Francesco Villamena]], 1623]] |
|||
1623 wurde Galileis alter Förderer, Kardinal Maffeo Barberini, zum Papst gewählt (Urban VIII.). Galilei widmete ihm sogleich seine Schrift ''[[Il Saggiatore]]'' (italienisch für ''Die Goldwaage''), eine Polemik gegen den Jesuitenpater [[Orazio Grassi]] über die [[Komet]]enerscheinungen von 1618–1619, über atomistische und methodologische Fragen. In diesem Buch, an dem er seit 1620 gearbeitet hatte, äußerte Galilei seine berühmt gewordene Überzeugung, die Philosophie (nach dem Sprachgebrauch der Zeit ist damit die Naturwissenschaft gemeint) stehe in dem Buch der Natur, und dieses Buch sei in mathematischer Sprache geschrieben: Ohne [[Geometrie]] zu beherrschen, verstehe man kein einziges Wort. Unabhängig von Galileis eigener Position zu [[Alchemie]] und [[Astrologie]] gilt er seither als Begründer der modernen, mathematisch formulierten und an überprüfbaren Fakten orientierten Naturwissenschaften. |
|||
Der Zensurauflage, das Werk mit einer Schlussrede zugunsten des Ptolemäischen Systems zu beschließen, meinte Galilei nachzukommen, indem er diese Rede in den Mund des manifesten Dummkopfs ''Simplicio'' legte. Überdies beging er den Fehler, sich über einen Lieblingsgedanken Barberini-Urbans lustig zu machen: dass man eine Theorie niemals über die von ihr vorhergesagten Effekte nachweisen könne, da Gott diese Effekte jederzeit auch auf anderem Wege hervorbringen könne. Damit hatte Galilei den Bogen überspannt und die Protektion des Papstes verspielt, der nun mit voller Härte reagierte. |
|||
In ''Il Saggiatore'' griff er auf eine Theorie des Aristoteles über Meteore zurück und interpretierte die Kometen als erdnahe optische Effekte, vergleichbar den [[Phänomen]]en wie [[Regenbogen]] oder [[Polarlicht]]. Zur Zeit der Kometenerscheinungen war Galilei allerdings aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, selbst Beobachtungen anzustellen. Seine empirisch nicht fundierte Polemik gegen die Theorie der Kometen, die [[Tycho Brahe]] und Orazio Grassi vertraten, ist als indirekte Verteidigung des kopernikanischen Systems zu verstehen, das durch die Annahme sich nicht auf Kreisbahnen bewegender Himmelskörper bedroht gewesen wäre. |
|||
Im Juli 1632 wies Riccardi den Inquisitor von Florenz an, er solle die Verbreitung des Dialogs verhindern. Im September bestellte der Papst Galilei nach Rom ein. Mit Bitte um Aufschub, ärztlichen Attests, Anreise und Quarantäne verging jedoch der gesamte Winter. In Rom wohnte Galilei in der Residenz des toskanischen Botschafters. Anfang April [[1633]] wurde er offiziell vernommen und musste für 22 Tage ein Apartement der Inquisition beziehen. Am [[30. April]] bekannte er in einer zweiten Anhörung, in seinem Buch geirrt zu haben, und durfte wieder in die toskanische Botschaft zurück. Am [[10. Mai]] reichte er seine schriftliche Verteidigung, eine Bitte um Gnade, ein. Am 21. wurden ihm im Heiligen Uffizium die Folterinstrumente gezeigt, am [[22. Juni]] [[1633]] fand der Schauprozess statt. Nachdem Galilei seiner Fehler abgeschworen, sie verflucht und verabscheut hatte, wurde er zu lebenslänglicher Haft verurteilt und war somit der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen entkommen, die im Jahr [[1600]] an [[Giordano Bruno]] vollzogen, im Falle Galileis aber von keiner Seite angestrebt worden war. Dass Galilei überhaupt verurteilt wurde, war unter den zuständigen zehn Kardinälen durchaus strittig; drei von ihnen unterschrieben das Urteil nicht. |
|||
Das Werk ''Il Saggiatore'' wurde anonym wegen [[Atomismus]] und damit eines Verstoßes gegen die die [[Eucharistie]] betreffenden Dogmen des [[Konzil von Trient|tridentinischen Konzils]] angezeigt. Unter Zuhilfenahme eines Gefälligkeitsgutachtens von Pater Giovanni Guevara ließen die Gönner Galileis im Vatikan diese Anzeige versanden. Der Wissenschaftshistoriker [[Pietro Redondi]] vermutet deshalb, dass auch dem Prozess 1633 eine Anzeige wegen Atomismus und damit häretischer Ansichten bezüglich des Abendmahls zugrunde liegt, die jedoch durch Intervention der eigens geschaffenen päpstlichen Untersuchungskommission auf die weit weniger brisante Frage des Kopernikanismus bzw. des Ungehorsams abgelenkt wurde. |
|||
Galilei selbst hielt an seiner Überzeugung fest. Die Legende, der zufolge er beim Verlassen des Gerichtssaals gemurmelt haben soll, "Eppur si muove" (und sie (die Erde) bewegt sich doch), ist historisch nicht belegt und äußerst unwahrscheinlich; sie wurde jedoch schon zu seinen Lebzeiten verbreitet, wie ein spanisches Gemälde von ca. 1643/45 beweist. |
|||
=== |
=== Dialog über die zwei Weltsysteme === |
||
[[Datei:Galilei-weltsysteme 1-621x854.jpg|mini|hochkant|Titelblatt von Galileis Dialog: Aristoteles, Ptolemäus und Kopernikus diskutieren (Kupferstich von [[Stefano della Bella]])]] |
|||
{{Hauptartikel|Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo}} |
|||
1624 reiste Galilei nach Rom und wurde sechs Mal von Papst Urban VIII. empfangen, der ihn ermutigte, über das kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als ''Hypothese'' behandle; den Brief von Bellarmin an Galilei aus dem Jahr 1616 kannte Urban VIII. damals nicht. |
|||
Galilei wurde unter lebenslangen Hausarrest gestellt. Anfänglich musste er in Rom bleiben und wohnte in der Residenz des Erzbischofs von Siena. Wegen eines schmerzhaften [[Leistenbruch]]s bat er um Erlaubnis, Ärzte in Florenz aufsuchen zu können. Sein Gesuch wurde abgelehnt mit der Warnung, dass weitere solche Anfragen zu seiner Einkerkerung führen würden. Im Arrest wurde er gezwungen, regelmäßig Bußpsalme aufzusagen, und seine sozialen Kontakte wurden stark eingeschränkt, aber es war ihm gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren. |
|||
Nach langen Vorarbeiten und wieder unterbrochen durch Krankheiten, vollendete Galilei 1630 den ''Dialogo di Galileo Galilei sopra i due massimi sistemi del mondo, Tolemaico e Copernicano'' (Dialog von Galileo Galilei über die zwei hauptsächlichsten Weltsysteme, das [[Claudius Ptolemäus|ptolemäische]] und das [[Nikolaus Kopernikus|kopernikanische]]). In diesem Buch erklärte Galilei unter anderem sein [[Relativitätsprinzip]] (Wahrnehmung von Bewegungen aus der Sicht eines Beobachters). Als vermeintlich stärkstes Argument für das kopernikanische System diente Galilei seine – irrige – Theorie der [[Gezeiten]]. |
|||
Galilei litt seit längerem an den Augen; [[1638]] erblindete er vollständig - möglicherweise eine Folge seiner ohne ausreichenden Schutz unternommenen Sonnenbeobachtungen. Ein Gnadengesuch auf Freilassung wurde abgelehnt, aber er durfte in sein Haus nach Florenz ziehen, wo er näher bei seinen Ärzten war. Seine letzten Jahre verbrachte er vornehmlich in seinem Landhaus in Arcetri bei Florenz. |
|||
Im Mai 1630 reiste Galilei erneut nach Rom, um bei Papst Urban VIII. und dem für die Zensur verantwortlichen Inquisitor Niccolò Riccardi ein [[Imprimatur]] zu erwirken. Er erhielt daraufhin eine vorläufige Druckerlaubnis. Zurück in Florenz entschied Galilei aus verschiedenen Gründen, sich mit dem Imprimatur durch den Florentiner Inquisitor zu begnügen und das Werk in Florenz drucken zu lassen. Zwei dieser Gründe waren der Tod des Herausgebers Fürst Cesi, Gründers der Accademia dei Lincei, und eine Pestepidemie. Aufgrund verschiedener Schwierigkeiten, ausgelöst durch Riccardi, konnte der Druck aber erst im Juli 1631 beginnen. Im Februar 1632 erschien der ''Dialogo.'' Das Buch widmete Galileo Galilei dem Großherzog [[Ferdinando II. de’ Medici]] und händigte ihm das erste gedruckte Exemplar am 22. Februar aus.<ref>[http://books.google.de/books?hl=de&lr=lang_de&q=Galilei%20%2222.%20Februar%22%201632%20-Wikipedia&um=1&ie=UTF-8&sa=N&tab=wp ''Quellen zum Erscheinungsdatum des „Dialogo“.'']</ref> |
|||
Ab dem Juli [[1633]] schrieb Galilei an seinem physikalischen Hauptwerk ''Discorsi e Dimostrazioni Matematiche intorno a due nuove scienze''. Obwohl das Inquisitionsurteil kein explizites Publikationsverbot enthielt, stellte sich eine Veröffentlichung im Einflussbereich der katholischen Kirche als unmöglich heraus. Eine lateinische Übersetzung der Discorsi erschien [[1635]] bei [[Matthias Bernegger]] in [[Straßburg]], das italienische Original [[1636]] bei [[Louis Elsevier]] in [[Leiden (Stadt)|Leiden]]. |
|||
In zweierlei Hinsicht setzte der ''Dialogo'' im aktuellen, astronomischen und eben auch weltanschaulich-theologischen Diskurs neue Akzente: |
|||
Inhaltlich griff Galilei in den Discorsi Ansätze und Ergebnisse aus seinen Anfangsjahren wieder auf. Die beiden ''neuen Wissenschaften'', die Galilei begründet, sind in moderner Sprache [[Elastizitätstheorie]] und [[Kinematik]]. |
|||
#An die Stelle der damaligen Wissenschaftssprache Latein trat die [[Volkssprache]] Italienisch, denn die Diskussionen sollten gezielt über die Kreise der Wissenschaft hinausgetragen werden.<ref>Siehe dazu [[René Dugas|R. Dugas]]: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' (Kap. IV: ''Galilei.'') Dunod, Paris 1954, S. 65.</ref> Die Abkehr vom Lateinischen für wissenschaftliche Publikationen hatte unmittelbare Vorbildwirkung und trug zur Errichtung des neuen Genres der [[Populärwissenschaftliche Literatur|populärwissenschaftlichen Literatur]] bei.<ref>Seite 2–9 in: R. Calinger, E. Denisova, E. Polyakhova: ''Leonhard Euler’s Letters to a German Princess – A milestone in the history of physics textbooks and more.'' IOP Concise Physics, Morgan and Claypool Publishers, 2019. Online-Zugriff (eingeschränkte Buchansicht): [https://iopscience.iop.org/book/mono/978-1-64327-192-7 IOPScience.]<!-- Abgerufen am 24. Juni 2023. --></ref> |
|||
#Er verschwieg bewusst das von den Jesuiten – u. a. Clavius, [[Giovanni Riccioli]], Grimaldi – favorisierte [[Tychonisches Weltmodell|Tychonische Planetenmodell]]. Es hätte analog zu Kopernikus’ Modell einige Phänomene wie die zeitweise [[Venusphase|Venussichel]] und die veränderliche Größe der Planetenscheibchen erklärt. Im Kampf um die Deutungshoheit des astronomischen Weltbildes bekämpfte Galilei den Konkurrenten [[Tycho Brahe]] mit Totschweigen. |
|||
Der Zensurauflage, das Werk mit einer Schlussrede zugunsten des ptolemäischen Systems zu beschließen, meinte Galilei nachzukommen, indem er diese Rede in den Mund des einfältigen Dogmatikers ''Simplicio'' legte.<ref group="Anm.">Hinter dem Namen verbirgt sich ein Wortspiel, das Galilei bewusst als eine ‹Verballhornung› eingesetzt hat: Einerseits spielt er auf den spätantiken Aristoteliker [[Simplicius]] an, andererseits auf einen leichtgläubigen Charakter von geringem Verstand. Siehe dazu K. Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 218.</ref> Überdies beging er eine Fahrlässigkeit, indem er ein Hauptargument Barberinis (Urban VIII.) nicht ernst genug nahm, mit seiner Beweisführung und Überredungskunst das Gegenteil zu offenbaren meinte.<ref>K. Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 203 f.</ref> Es ging dabei um die Frage, ob eine wissenschaftliche Theorie über die von ihr vorhergesagten Effekte hinaus Gewissheit haben könne, wo doch Gott diese Effekte jederzeit auch auf einem anderen Weg hätte hervorbringen können. Mit seinen überspitzen Bemerkungen im ''Dialogo'' hatte Galilei den Bogen aus Sicht des Papstes überspannt – dieser galt als leicht provozierbar – und hatte seine Protektion verspielt.<ref>K. Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 201 238.</ref> |
|||
== Nachgeschichte, Nachruhm == |
|||
Mit der zeitlosen, bis heute andauernden Kontroverse um dieses eine Werk begreift Galilei-Experte [[Stillman Drake]] es als ein Sinnbild für die Gegensätzlichkeit von Glauben und Wissen: |
|||
Der Inquisitionsprozess gegen Galilei hat zu endlosen historischen Kontroversen und zahlreichen literarischen Bearbeitungen angeregt; unter anderem in [[Bertolt Brecht|Bertolt Brechts]] ''Leben des Galilei''. |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=The book was destined to become a symbol of the struggle for freedom of inquiry and of a supposed inherent conflict between religion and science. |
|||
|Sprache=en |
|||
|Autor=S. Drake |
|||
|Quelle=1999 (Vol. 2). |
|||
|Übersetzung=Das Buch war dazu bestimmt, ein Symbol für den Kampf zwischen der Freiheit der Untersuchung und einem angeblichen inneren Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft zu werden. |
|||
|ref=<ref>Seite 18 in: S. Drake: ''1. The Title Page and Preface of Galileo’s «Dialogue».'' S. 5–21. In: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2.'' Toronto, Buffalo/London 1999.</ref>}} |
|||
Zur wissenschaftlichen Tragweite des ''Dialogo'' kommentierte [[Albert Einstein]], beeindruckt von der Galileischen Fassung des Relativitätsprinzips: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Es war Galileo ja sogar direkt verboten worden, für die Lehre des Kopernikus einzutreten. Der ''Dialog'' stellt, abgesehen von seinem bahnbrechenden sachlichen Gehalt, einen geradezu schalkhaften Versuch dar, dies Gebot scheinbar zu befolgen, sich ''de facto'' jedoch darüber hinwegzusetzen. |
|||
|Autor=A. Einstein |
|||
|Quelle=''Vorwort zu Galileis ‹Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme›'' (1953). |
|||
|ref=<ref>Seite x in: S. Drake (Hrsg.): ''Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican.'' 1. Auflage 1953, 2. Auflage 1967 (hier auch zu finden in der ''Literatur'' → ''Schriften'').</ref>}} |
|||
=== Der Prozess gegen den ''Dialog'' === |
|||
[[1741]] gewährte das Heilige Offizium - d.h. die Inquisition - auf Bitte [[Benedikt XIV. (Papst)|Benedikts XIV.]] das Imprimatur auf die erste Gesamtausgabe der Werke Galileis. Unter [[Pius VII. (Papst)|Pius VII.]] wurde [[1822]] erstmals ein Imprimatur auf ein Buch erteilt, dass das Kopernikanische System als physikalische Realität behandelte - der Autor, ein gewisser Settele, war Kanoniker. Für Nicht-Kleriker war das Interdikt wohl längst belanglos geworden. |
|||
[[Datei:Justus Sustermans - Portrait of Galileo Galilei, 1636.jpg|mini|Galileo Galilei – Porträt von [[Justus Sustermans]] (1636)]] |
|||
Im Juli 1632 wies Riccardi den Inquisitor von Florenz an, er solle die Verbreitung des ''[[Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo|Dialogo]]'' verhindern. Im September bestellte der Papst Galilei nach Rom ein. Mit Bitte um Aufschub, ärztlichen Attesten, langwieriger Anreise und obendrein [[Quarantäne]] infolge der Pestepidemie verging jedoch der gesamte Winter. |
|||
1979 beauftragte [[Johannes Paul II.]] die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]], den berühmten Fall aufzuarbeiten. Am [[31. Oktober]] [[1992]] wurde der Kommissionsbericht übergeben und hielt Johannes Paul eine Rede, die oft verkürzt als eine bloße Entschuldigung dargestellt wird; tatsächlich ging es dem Papst darum, das ''gegenseitige'' Missverstehen von Wissenschaft und Kirche zu heilen. |
|||
In Rom wohnte Galilei in der Residenz des toskanischen Botschafters. Am 12. April 1633 wurde er offiziell vernommen und musste für 22 Tage eine Unterkunft der Inquisition beziehen. Am 30. April bekannte er in einer zweiten Anhörung, in seinem Buch geirrt zu haben, und durfte wieder in die toskanische Botschaft zurückkehren. |
|||
Nach Galilei benannt sind: |
|||
*in der [[Geophysik]] die Einheit für die [[Fallbeschleunigung|Erdbeschleunigung]] 1 [[Gal (Einheit)|Gal]]; |
|||
Am 10. Mai reichte er seine schriftliche Verteidigung ein und eine Bitte um Gnade. Am 22. Juni 1633 fand der Prozess im Dominikanerkloster neben der Basilika [[Santa Maria sopra Minerva (Rom)|Santa Maria sopra Minerva]] statt. Zunächst leugnete Galilei, auf die Dialogform seines Werkes verweisend, das kopernikanische System gelehrt zu haben. Die [[Inquisition]] hielt ihm ein (nicht unterschriebenes) Protokoll vor mit dem Zusatz „noch auf irgendeine Weise zu lehren“ (''nec docere et quovis modo'') und einen offiziellen Befehl der katholischen Kirche missachtet zu haben, was als [[Häresie|Ketzerei]] galt.<ref>Drake, Galilei, S. 121–124</ref> Nachdem Galilei seinem „Irrtum in eitler Ruhmsucht und reiner Unwissenheit und Unachtsamkeit“ abgeschworen, sie verflucht und verabscheut” hatte, wurde er zu lebenslanger [[Kerker|Kerkerstrafe]] verurteilt und entkam somit der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen. Die Verurteilung Galileis war unter den zuständigen zehn Kardinälen strittig; drei von ihnen (darunter [[Francesco Barberini]], der Neffe des Papstes) unterschrieben das Urteil nicht. |
|||
*die Raumsonde [[Galileo (Raumsonde)|Galileo]], gebaut zur Erforschung des Planeten Jupiter; |
|||
*das zukünftige Satellitennavigationssystem [[Galileo (Satellitennavigation)|Galileo]] |
|||
Galilei selbst hielt an seiner Überzeugung fest. Die Behauptung, der zufolge er beim Verlassen des Gerichtssaals gemurmelt haben soll, „Eppur si muove“ (und sie [die Erde] bewegt sich doch), gilt als nachträgliche Erfindung.<ref>Winfried Hofmann (Bearb.): ''[[Geflügelte Worte]]. Das klassische Zitatenlexikon.'' 39. Auflage, Frankfurt am Main, Berlin 1993, S. 346 f.</ref> Sie wurde schon bald nach seinem Tod verbreitet, wie ein spanisches Gemälde von circa 1643/45 mit diesen Worten zeigt, das 1911 entdeckt wurde.<ref>[[Stillman Drake]]: ''Galileo at Work. His Scientific Biography.'' University of Chicago Press, Chicago 1978, S. 357.</ref> |
|||
Galilei sah zeitlebens die Kreisbahnen als zentralen Bestandteil des kopernikanischen Systems an und lehnte elliptische Bahnen aus diesem Grund ab. Kepler, mit dem er in Briefkontakt stand, hatte mit seinem Modell der Ellipsenbahnen praktisch alle Ungereimtheiten zwischen Beobachtung und dem heliozentrischen Weltbild beseitigt. Zur Rettung seines Konzepts der Kreisbahnen nahm Galilei in Kauf, dass es die beobachtete Position des Planeten Mars wesentlich schlechter voraussagte als die geozentrischen Modelle von Ptolemaios oder Brahe. |
|||
Dass Galilei die Kometen zu atmosphärischen Erscheinungen uminterpretierte, weil die alternative Erklärung von sich im Sonnensystem umherbewegenden Objekten sein Weltbild gefährdet hätte, dürfte der Glaubwürdigkeit seines Modells ebenfalls eher abträglich gewesen sein. Bei den nur unter großen Gefahren für das Augenlicht beobachtbaren Sonnenflecken kam hinzu, dass deren Zahl nach 1610 abfiel und sie von 1645 an sogar für fast 75 Jahre nahezu völlig ausblieben (sog. [[Maunderminimum]]). |
|||
Schließlich diskutierte Galilei in seinem Dialog wohlweislich nur die beiden Weltsysteme von Kopernikus und Ptolemäus. Letzteres hatte er anhand der Venusphasen empirisch widerlegt, nicht jedoch das [[Tychonisches Weltmodell|tychonische Weltbild]], das sich mit seinen Beobachtungen ebenfalls vertrug. |
|||
=== Hausarrest 1633–1642 und die ''Discorsi'' === |
|||
{{Hauptartikel|Discorsi e dimostrazioni matematiche}} |
|||
Galilei blieb nach dem Urteil unter Arrest in der Botschaft des [[Großherzogtum Toskana|Herzogtums Toskana]] in Rom. Nach wenigen Wochen wurde er unter die Aufsicht des Erzbischofs von [[Siena]] [[Ascanio II. Piccolomini]] gestellt, der allerdings sein glühender Bewunderer war und ihn nach Kräften unterstützte. In Siena konnte er seine tiefe Niedergeschlagenheit über den Prozess und seinen Ausgang überwinden. |
|||
Nach fünf Monaten, im Dezember 1633, durfte er in seine Villa ''Gioiella'' in Arcetri zurückkehren, blieb jedoch unter [[Hausarrest]], verbunden mit dem Verbot jeglicher Lehrtätigkeit. Als er wegen eines schmerzhaften Leistenbruchs um Erlaubnis bat, Ärzte in Florenz aufsuchen zu dürfen, wurde sein Gesuch abgelehnt mit der Warnung, weitere solche Anfragen würden zu Aufhebung des Hausarrestes und Einkerkerung führen. |
|||
Gemäß dem Urteil hatte er über drei Jahre lang wöchentlich die sieben Bußpsalmen zu beten; diese Verpflichtung übernahm seine Tochter [[Maria Celeste|Schwester Maria Celeste]] (Virginia) bis zu ihrem Tod im April 1634. Zudem wurden seine sozialen Kontakte stark eingeschränkt. Immerhin war es ihm gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren und seine Töchter im Kloster San Matteo zu besuchen. Sämtliche Veröffentlichungen waren ihm verboten, jedoch führte er einen ausgedehnten Briefwechsel mit Freunden und Gelehrten im In- und Ausland und konnte später zeitweilig Besucher empfangen, darunter [[Thomas Hobbes]] und [[John Milton]], ab 1641 seinen ehemaligen Schüler [[Benedetto Castelli]]. |
|||
Galilei hatte seit längerem Probleme mit seinen Augen; 1637 erblindete er auf dem rechten Auge und 1638 vollständig, als Folge von Überanstrengung, Entzündungen, [[Glaukom]] und grauem Star.<ref>Dava Sobel: ''Galileo’s daughter.'' Penguin, 2000.</ref><ref>Vgl. auch Peter G. Watson: ''The Enigma of Galileo’s Eyesight. Some Novel Observations on Galileo Galilei’s Vision and His Progression to Blindness.'' In: ''Survey of Ophtalmology.'' Bd. 54, Nr. 5 (Sep./Okt. 2009), S. 630–640, [https://www.surveyophthalmol.com/article/S0039-6257(09)00078-2/abstract ''Abstract''.]</ref> Jedoch entdeckte er noch kurz vor dem völligen Verlust seiner Sehkraft die [[Libration]] des Mondes und teilte das 1637/38 brieflich mit,<ref>Brief von 1637 bei Dava Sobel: ''Galileo’s daughter.'' Penguin, 2000.<br />Brief von 1638 bei Heilbron: ''Galileo.'' Oxford UP, 2010, S. 349.</ref> nachdem er einen Spezialfall (parallaktische Libration) schon in seinem Dialog über die beiden Weltsysteme von 1632 geschildert hatte. Ein Gnadengesuch auf Freilassung wurde abgelehnt. Seine letzten Jahre verbrachte er in seinem Landhaus in [[Arcetri]]. |
|||
[[Datei:Galileo Galilei tomb.JPG|mini|Grab des Galilei, [[Santa Croce (Florenz)|Santa Croce]], Florenz]] |
|||
Ab Juli 1633 – noch in Siena – hatte Galilei an seinem physikalischen Hauptwerk ''[[Discorsi e dimostrazioni matematiche|Discorsi e Dimostrazioni Matematiche intorno a due nuove scienze]]'' (''Discorsi'') gearbeitet. Obwohl das Inquisitionsurteil kein explizites Publikationsverbot enthielt, stellte sich eine Veröffentlichung im Einflussbereich der katholischen Kirche als unmöglich heraus. So geschah es, dass die Öffentlichkeit zuerst durch [[Matthias Bernegger]]s lateinische Übersetzung von Galileis Werk Kenntnis erhielt, erschienen unter dem Titel ''Systema cosmicum'' im Verlag [[Elsevier#Geschichte|Elsevier]] in [[Leiden (Stadt)|Leiden]] (gedruckt 1635 in Straßburg bei David Hautt). Der Erstdruck des italienischen Texts der ''Discorsi'' erschien im Jahr 1638 ebenfalls bei Elsevier. |
|||
Inhaltlich griff Galilei in den ''Discorsi'' Ansätze und Ergebnisse aus seinen frühen Jahren wieder auf. Die beiden ''neuen Wissenschaften,'' die Galilei darin begründet, sind in moderner Sprache [[Festigkeitslehre]] und [[Kinetik (Mechanik)|Kinetik]]. Er wies unter anderem nach, dass die bogenförmige Bewegung eines Geschosses aus zwei Komponenten zusammengesetzt ist: Die horizontale mit konstanter Geschwindigkeit in Folge der [[Trägheit]], die nach unten gerichtete mit zeitproportional zunehmender Geschwindigkeit durch konstante Beschleunigung. Das Zusammenwirken beider führt zu einer [[Wurfparabel|parabelförmigen]] Flugbahn. In dem Buch findet sich auch ein Paradoxon über das Unendliche ([[Galileis Paradoxon]]), dessen zugrundeliegende Ideen erst viel später im 19. Jahrhundert von [[Georg Cantor]] ausgebaut wurden. |
|||
Im Spätherbst 1641 löste [[Evangelista Torricelli]] den seit 1639 für Galilei tätigen Begleiter Vincenzo Viviani als Assistent und Privatsekretär ab, doch war bereits klar, dass Galilei nicht mehr lang zu leben hatte. Er starb am 8. Januar 1642 in Arcetri. Ein feierliches Begräbnis in einem prunkvollen Grab, das der Großherzog vorgesehen hatte, wurde unterbunden. Er wurde zunächst anonym in [[Santa Croce (Florenz)|Santa Croce]] in Florenz beigesetzt. Erst ungefähr 30 Jahre später erfolgte die Kennzeichnung des Grabes mit einer Inschrift. Die heute vorhandene repräsentative Grabstätte in Santa Croce wurde durch eine Stiftung des Galilei-Assistenten [[Vincenzo Viviani]] finanziert und 1737 fertiggestellt.<ref name="MoriartyGalileiTomb">{{Internetquelle |autor=walwyn |url=https://professor-moriarty.com/info/section/church-monument-art/18th-century-church-monuments-tomb-galileo-galilei-santa-croce-florence |titel=Tomb of Galileo Galilei – Santa Croce Florence |werk=Professor-Moriarty.com |datum=2012-10-27 |abruf=2015-11-15}}</ref> |
|||
== Galilei und die Kirche == |
|||
=== Wissenschaftlicher Kampf und seine späte Rehabilitierung === |
|||
Trotz der turbulenten Zeit, in der es der Kirche mithilfe der [[Dominikaner]]- und [[Jesuitenorden]] gerade erst gelungen war, ihren Einfluss in Italien im Kampf gegen die [[Reformation]] wieder zu festigen, gab es in der Kirche bedeutende Personen, die den neuen Erkenntnissen der Wissenschaften sehr offen gegenüberstanden und sie sogar förderten. Für Galileo war insbesondere Kardinal Maffeo Barberini wichtig, der Galileos Leistungen in einem Gedicht pries und als späterer Papst Urban VIII. seinen Freund mit Privataudienzen, Renten und Orden ehrte. Galileo selbst bezog sich als frommer Katholik auf das Urteil wichtiger Kirchenväter wie [[Origenes]], [[Basilius der Große|Basilius]] und [[Augustinus von Hippo|Augustinus]], die der Bibel keine Autorität in „Streitfragen über Naturelemente“ zubilligten.<ref>{{Literatur |Hrsg=Maurice Finocchiari |Titel=The Galileo Affair: A Documentary History |Datum=1989 |Seiten=50 |Übersetzer=Maurice Finocchiari}}</ref> Dies wurde auch von mächtigen kirchlichen Stimmen, die eine wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift ablehnten mit der Argumentation, dass Glauben und Wissenschaft getrennte Sphären seien, offensiv vertreten. So schrieb Kardinal Bellarmin, dass man, ''läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen'' müsse.<ref name="Bellarmin">Brief Bellarmins vom 12. April 1615 an Foscarini. In: Anna Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften – Briefe – Dokumente.'' Band 2, Beck, München 1987, ISBN 3-928127-94-2, S. 47.</ref> Ausdruck des zunächst vorhandenen kirchlichen Wohlwollens ihm gegenüber ist die recht milde Ermahnung von 1616, Galilei sei im „Irrtum des Glaubens“ und möge darum „von einer Verbreitung des kopernikanischen Weltbildes absehen“.<ref name="Brandmüller">Walter Brandmüller: ''Galilei und die Kirche oder Das Recht auf Irrtum.'' Pustet Verlag, Regensburg 1982, ISBN 3-7917-0743-4.</ref> |
|||
[[Datei:Galileo before the Holy Office - Joseph-Nicolas Robert-Fleury, 1847.png|mini|Galileo Galilei vor der Inquisition im Vatikan 1632 – Gemälde von [[Joseph Nicolas Robert-Fleury]] aus dem Jahr 1847]] |
|||
Erst nachdem Galilei 1632 mit dem ''Dialogo,'' für den er von Papst Urban VIII. persönlich grünes Licht bekommen hatte unter der Bedingung, die damals noch nicht beweisbare Theorie (es existierten andere konkurrierende Theorien wie das [[Tychonisches Weltmodell|tychonische Weltmodell]]) als solche zu bezeichnen, sich dieser Weisung (nach Meinung der Einflüsterer des Papstes) vermeintlich widersetzt hatte und wieder für das kopernikanische Weltbild als gesichertes Faktum eingetreten war (und die ersten Exemplare provokant an seine erklärten Gegner wie z. B. den Inquisitor Serristori geschickt hatte), wurde ein formales Verfahren gegen ihn eröffnet. Auch jetzt noch war das Klima, verglichen mit anderen Häresieprozessen, freundlich und das Urteil milde. Nachdem Galilei geschworen hatte, „stets geglaubt zu haben, gegenwärtig zu glauben und in Zukunft mit Gottes Hilfe glauben zu wollen alles das, was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, predigt und lehret“, erhielt er lediglich Kerkerhaft, die bereits am nächsten Tag in Hausarrest umgewandelt wurde. In einem Kerker hat Galilei nie eingesessen.<ref name="Fölsing">Albrecht Fölsing: ''Galileo Galilei: Ein Prozess ohne Ende.'' Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1996, ISBN 3-499-60118-4.</ref> |
|||
Die Tragik von Galileis Wirken liegt darin, dass er als ein zeitlebens tiefgläubiges Mitglied der Kirche den Versuch unternahm, ebendiese Kirche vor einem verhängnisvollen Irrtum zu bewahren. Seine Intention war es nicht, die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, vielmehr war ihm an einer Reform der Weltsicht der Kirche gelegen. Seine verschiedenen Aufenthalte in Rom bis zum Jahr 1616 hatten auch den Zweck, Kirchenmänner wie Bellarmin davon zu überzeugen, dass die [[Peripatetiker]] nicht unfehlbar waren und Aussagen astronomischen Gehalts in der Heiligen Schrift nicht immer buchstabengetreu gelesen werden müssten. Auch war Galilei davon überzeugt, die Werke Gottes durch Experiment und Logik früher oder später vollständig klären zu können. Papst Urban VIII. dagegen vertrat die Auffassung, dass sich die vielfältigen, von Gott bewirkten Naturerscheinungen teilweise dem beschränkten Verstand der Menschen für immer entzögen.<ref>Matthias Dorn: ''Das Problem der Autonomie der Naturwissenschaften bei Galilei.'' Verlag Franz Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07127-X, S. 75 f.</ref> |
|||
Im Jahr 1638 besuchte der [[Puritanismus|Puritaner]] [[John Milton]] Galilei in Florenz und beschrieb ihn als „Gefangenen der franziskanischen und dominikanischen Gedankenpolizisten“, was für die folgenden Jahre der Tenor der protestantischen Vorwürfe bleiben sollte.<ref>{{Literatur |Autor=John Milton |Hrsg=Ernest Sirluck |Titel=Areopagitica |Sammelwerk=Complete Prose Works |Band=2 |Ort=New Haven |Datum=1959 |Seiten=538}}</ref> |
|||
Der Inquisitionsprozess gegen Galilei hat zu endlosen historischen Kontroversen und zahlreichen literarischen Bearbeitungen angeregt; unter anderem in [[Bertolt Brecht]]s ''[[Leben des Galilei]]''.<ref>Die Diskussion um die Relevanz des Inhaltes des ''Dialogo'' wird bis heute geführt. Man vergleiche beispielsweise mit der vorwiegend skeptischen Auffassung in S. Drake: ''1. The Title Page and Preface of Galileo’s «Dialogue».'' S. 5–21. In: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2.'' Toronto, Buffalo/London 1999.</ref> |
|||
1741 gewährte die [[Dikasterium für die Glaubenslehre|römische Inquisition]] auf Bitte [[Benedikt XIV. (Papst)|Benedikts XIV.]] das [[Imprimatur]] auf die erste Gesamtausgabe der Werke Galileis. Unter [[Pius VII.]] wurde 1822 erstmals ein Imprimatur auf ein Buch erteilt, das das kopernikanische System als physikalische Realität behandelte. Der Autor, ein gewisser Settele, war [[Kanoniker]]. Für Nicht-Kleriker war das Interdikt wohl längst belanglos geworden. |
|||
1979 beauftragte [[Johannes Paul II.]] die [[Päpstliche Akademie der Wissenschaften]], den berühmten Fall aufzuarbeiten.<ref>Peter Markl: {{Toter Link |url=https://www.tagblatt-wienerzeitung.at/themen_channel/wz_reflexionen/kompendium/367761_Es-genuegt-dem-Mathematiker.html |text=''Es genügt dem Mathematiker.''}} In: ''[[Wiener Zeitung]].'' 11. Juni 1999, abgerufen am 19. November 2013.</ref> Bei der Übergabe des Kommissionsberichtes am 31. Oktober 1992 erklärte Johannes Paul II., dass die Verurteilung Galileis ein Fehler gewesen sei, der auf unzureichender Berücksichtigung des Verhältnisses von kirchlicher Lehre und Wissenschaft beruht habe.<ref>[https://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/1992/october/documents/hf_jp-ii_spe_19921031_accademia-scienze_ge.html ''Ansprache von Johannes Paul II. an die Teilnehmer der Vollversammlung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften vom 31. Oktober 1992.''] Bei: ''vatican.va.'' Abgerufen am 5. Februar 2010.</ref> Am 2. November 1992 wurde Galileo Galilei von der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] formal rehabilitiert. Es war sogar geplant, Galilei durch eine Statue im [[Vatikanstadt|Vatikan]] zu ehren,<ref>[https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,540342,00.html ''Vatikan setzt Galileo Galilei ein Denkmal.''] Auf: ''Spiegel online.'' 9. März 2008.</ref> 2013 rückte der Vatikan davon aber ohne Angabe von Gründen ab, obwohl ein Modell bereits hergestellt worden war und ein Sponsor existierte.<ref>[https://www.focus.de/panorama/vermischtes/galileo-galilei-vatikan-verwehrt-wissenschaftler-seine-statue_aid_366094.html ''Vatikan verwehrt Wissenschaftler seine Statue.''] Focus vom 16. November 2013.</ref> Im November 2008 distanzierte sich der Vatikan erneut von der Verurteilung Galileis durch die päpstliche Inquisition. Der damalige Papst Urban VIII. habe das Urteil gegen Galilei nicht unterzeichnet, Papst und Kurie hätten nicht geschlossen hinter der Inquisition gestanden.<ref>''Aus Religion und Gesellschaft.'' In: ''DLF.'' 28. Nov. 2008. (Nachrichten in der Reihe „Tag für Tag“), 09:45 Uhr.</ref> |
|||
=== Frage seiner Persönlichkeit === |
|||
Galilei galt in wissenschaftlichen Fragen als eine streitbare Persönlichkeit, um der Sache willen mit seinen Diskussionspartnern erbarmungslos und ihnen in der Vielseitigkeit seiner Argumentationslinien überlegen. Einige Historiker gehen so weit, darin auch die „wahren Gründe für die Verfolgungen“ und Anfeindungen zu sehen, die Galilei zu erdulden hatte, und die „in seiner krankhaften Reizbarkeit und Rechthaberei, seinem Mangel an diplomatischem Takt und Kunst der Menschenbehandlung“ lagen, wie auch in seiner provokanten Schriftart, in dem unvermittelt „religiöse Spekulationen mit exakten Untersuchungen“ der empirischen Wissenschaften „vermengt“ wurden.<ref>So etwa die Darstellung in [[Egon Friedell|E. Friedell]]: ''Kulturgeschichte der Neuzeit – Band 1.'' (Erstveröffentlichung des 2. Buchs 1928). (dtv) 16. Auflage, München 2005: Daraus sind die folgenden angegebenen Wortlaute von Seite 384.</ref> |
|||
Nicht zuletzt wird hierin auch der Grund gesehen, dass Galilei diejenige „wissenschaftliche Revolution des 17. Jahrhunderts“<ref>So der Wortlaut in K. Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 36.</ref> gelungen war, die von so vielen Wissenschaftlern vor ihm eingeläutet und vorbereitet wurde. Und das war, die damals noch fest etablierte Aristotelische Physik ''in toto'' als ein tragendes Weltbild in Frage zu stellen und ihr andere Entwürfe entgegenzustellen.<ref>Siehe S. 65 von R. Dugas: ''Galilée.'' Kap. IV (S. 61–89) in: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954.</ref> |
|||
== Wissenschaftliche Leistungen == |
== Wissenschaftliche Leistungen == |
||
=== Mitbegründer der naturwissenschaftlichen Methode === |
|||
Galilei gilt als wesentlicher Begründer der modernen [[Naturwissenschaften]]. In dieser Hinsicht wird er häufig mit anderen großen Naturforschern genannt, allen voran mit [[Nikolaus Kopernikus|N. Kopernikus]] vor ihm, mit seinen Zeitgenossen [[Johannes Kepler|J. Kepler]], [[Francis Bacon|F. Bacon]] und [[Marin Mersenne|M. Mersenne]] sowie mit den wegbereitenden Nachfolgern [[Christiaan Huygens|C. Huygens]] und [[Isaac Newton|I. Newton]]. Mit seinen Erläuterungen einer neuen, ''naturwissenschaftlichen Methode'',<ref group="Anm.">Die meisten einführenden Quellen, die in diesem Abschnitt genannt werden, unterscheiden dabei nicht genauer zwischen ‚induktiver‘, ‚experimenteller‘ und ‚empirischer‘ Methode.</ref> mit seiner „Geduld bei der Beobachtung und [der] grossen Kühnheit im Aufstellen von Hypothesen“ wurde er schon zu Lebzeiten Teil einer neuen Wissenschaftsauffassung von der Natur selbst.<ref>Der Wortlaut und diese Gruppierungen sind entnommen: [[Bertrand Russell|B. Russell]]: ''Die Philosophie des Abendlandes.'' Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 439, Kap. 6: ''Der Aufschwung der Naturwissenschaft.''</ref><ref group="Anm.">Charakteristisch für diese Einordnung Galileis in das Zeitalter ist etwa folgende Formulierung: «Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erneuerung des Denkens lieferten die oberitalienischen Universitäten Padua, Bologna, Pavia mit ihrer Pflege des Averroismus und Alexandrismus und der für die aristotelische Tradition typischen Realitätsbezogenheit und empirischen Forschung. In dieser geistigen Umgebung, insbesondere der paduanischen Schule, wurden die Grundlagen der neuzeitlichen Wissenschaftsmethode gelegt; aus ihrer Ideenwelt erwuchsen die Arbeiten Galileo Galileis, mit denen er, was das Studium der Fall- und Wurfgesetze betrifft, einen der größten Beiträge zur Entstehung der neuzeitlichen Physik leistete.» Seite 163 f. von K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995.</ref> |
|||
Galileis Verdienst im historischen Zusammenhang ist die Verbreitung und Anwendung dieser grundlegenden Methode aller Naturwissenschaften. Sie umfasst (mindestens) die folgenden Merkmale:<ref>So entnommen [[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: ''Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft.'' § 56 (S. 357), dort aber im Kontext zu J. Kepler gesetzt, so aber auch auf Galilei übertragbar. Der letzte Punkt (Abstraktion).</ref><ref>Ebenso U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' Band 127 (3), 1982. Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''. Darin § 5 (''Galileis Bedeutung für die Physik''), ab Seite 220, auch als ‹''Galileische Methode''› bezeichnet.</ref><ref>Zum ersten Punkt siehe insbes. A. Mudrys Kommentar zu Galileis ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische.'' S. 422 in A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005.</ref> |
|||
=== Methodisches === |
|||
* ''Skepsis:'' die Verwerfung aller Argumente, die ausschließlich auf Tradition und Autorität beruhen; man müsse ‹die Wahrheit in der Natur suchen, nicht in Texten›<ref>U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' (Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''). Der Slogan ist dort auf Seite 212.</ref> |
|||
* ''Experiment:'' die Selbstständigkeit der experimentellen Forschung allen philosophischen und theologischen Lehrsätzen gegenüber |
|||
* ''Mathematisierung:'' uneingeschränkte Anwendung aller mathematischen Methoden beim Aufstellen und Belegen von Hypothesen |
|||
* ''Abstraktion:'' bewusstes Einschränken oder Entfernen der quantitativen Abhängigkeiten, [[Idealisierung (Physik)|Idealisieren]] zu Modellen der Wirklichkeit; dadurch minimale qualitative und metaphysische Ursachenforschung |
|||
Die letzten beiden Merkmale enthalten Galileis Beschreibung der Naturphänomene von der ''mathematischen Kinetik'' aus, das genuin neuartige Vorgehen, das oftmals nur mit Galilei in Verbindung gebracht wird und das einen Neuanfang in der mechanischen Naturbeschreibung bedeutet.<ref>Siehe [[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: (''Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft''), § 84 (S. 375), § 99 (S. 384) und § 133 (S. 406).</ref> Die Beschäftigung mit wenigen als relevant erachteten Abhängigkeiten und die eingehende (mathematische) Beschäftigung mit Fehlerquellen (Abweichungsdiskussionen) gehören dazu.<ref>In diesem ‚zweistufigen‘ Sinn U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' Seite 227. (Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.) Ebenso heißt es dort, S. 224: «Indem Galilei zeigte, dass die Bewegung durchaus als Quantität aufgefasst und so einer mathematischen Behandlung zugänglich gemacht werden konnte, entdeckte er im Phänomen der Bewegung ein neues Anwendungsgebiet der archimedischen Methode und schuf die mathematische Kinematik.»</ref> |
|||
Hierzu einige Wortlaute aus Galileis Schriften: |
|||
Galilei gehörte zu den ersten Wissenschaftlern, die die von [[Francis Bacon (Philosoph)|Francis Bacon]] theoretisch eingeforderte experimentelle Methode befolgten; zugleich aber bestand Galilei auf einer streng mathematischen Beschreibung der Naturgesetze. Galileis Überlegenheitsgefühl gegenüber Aristoteles gründete vielleicht primär darauf, dass er meinte, der bessere Mathematiker zu sein. |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Darum sage ich nicht, dass man Aristoteles nicht hören soll, ja ich lobe es, ihn einzusehen und fleißig zu studieren. Ich tadele nur, wenn man auf Gnade oder Ungnade sich ihm ergibt, derart, dass man blindlings jedes seiner Worte unterschreibt und, ohne nach anderen Gründen zu forschen, diese als ein unumstößliches Machtgebot anerkennen soll. […] |
|||
Darum, Signore Simplicio, bringt uns Euere Beweise oder des Aristoteles Gründe und Beweise, nicht aber Zitate und bloße Autoritäten; denn unsere Untersuchungen haben die Welt der Sinne zum Gegenstand, nicht eine Welt von Papier. […] |
|||
=== Kinematik === |
|||
Die richtige Methode, um zu erforschen, ob man der Erde eine Bewegung zuschreiben kann und welche, besteht also darin, dass man untersucht und beobachtet, ob sich an den Körpern außerhalb der Erde eine scheinbare Bewegung wahrnehmen lässt, die gleichermaßen ihnen allen zukommt. |
|||
Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung beschäftigte Galilei über vierzig Jahre lang. Seine experimentelle Innovation bestand in der Verwendung der schiefen Ebene, mit der er die [[Fallgesetz]]e auf einer verlangsamten Zeitskala studieren und - über seinen Puls oder mit Wasseruhren - quantitativ überprüfen konnte. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seiten 212 und 213.</ref> |
|||
}} |
|||
{{Zitat |
|||
In seinem frühen Manuskript ''De motu'' (1590, s.o.) vertrat er noch die Meinung, die Beschleunigung hänge von der Dichte ab. Später kam er dann zum Schluss, dass im [[Vakuum]] alle Körper die gleiche Beschleunigung erfahren. Im Zusammenhang mit dem [[Turmargument]] finden sich kinematische Überlegungen im Dialog über die zwei Weltsysteme; voll ausgearbeitet werden die Fallgesetze im dritten und vierten der vier Tage der ''Discorsi e Demonstrazioni'' von 1636/38. |
|||
|Text=Was sollen wir hierzu sagen, Herr Simplicio? Ist nicht die Geometrie das mächtigste Werkzeug zur Schärfung des Verstandes, das uns zu jeglicher Untersuchung befähigt? Wie hatte doch [[Platon|Plato]] Recht, wenn er allem zuvor seine Schüler gründlich in der Mathematik unterrichtete? Ich hatte doch vollkommen das Hebelgesetz erfasst, das Zunehmen und Abnehmen der Momente der Kraft und des Widerstandes mit den Armeslängen: trotzdem habe ich im vorliegenden Problem mich geirrt, und der Fehler ist nicht klein, sondern unendlich groß. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1890). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 113 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Über alle die unendlich verschiedenen Möglichkeiten hinsichtlich der Schwere, der Geschwindigkeit und der Gestalt kann keine Theorie gegeben werden. Übrigens muss selbst, um diesen Gegenstand [der Wurfbewegungen] wissenschaftlich zu handhaben, zuerst von Schwierigkeiten abstrahiert werden (ital: ''bisogna astrar da essi''), es müssen, abgesehen von Hindernissen, die bewiesenen Theoreme praktisch geprüft werden, innerhalb der Grenzen, die die Versuche uns selbst vorschreiben. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, (Engelmann) Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 88 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
=== {{Anker|Programm zu einer mechanischen Gesetzgebung}}Programm zu einem mechanistischen Weltbild === |
|||
Eng damit zusammen hängt das Relativitätsprinzip, das in der modernen Physik [[Galilei-Invarianz]] genannt wird und besagt, dass ein gleichmäßig bewegter Beobachter die gleichen physikalischen Gesetze wahrnimmt wie ein ortsfester. |
|||
Mehrere Historiker sind der Auffassung, in Galileis naturwissenschaftlicher Methode ein «Programm»<ref>R. Dugas: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, S. 71.</ref> oder eine «Einstellung»<ref>Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 199.</ref> zu einer mechanisch interpretierten Welt zu sehen, die von besonderen Gesetzmäßigkeiten bestimmt wird. Die materiellen Gesetze haben ihren Prüfstein an der sinnlichen Erfahrung. Dieses Programm steht einer philosophischen, ‹metaphysischen›<ref>Siehe U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' (hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''), Seite 223.</ref> Begriffsbestimmung, wie sie durch die überlieferte [[Physik (Aristoteles)|aristotelische Physik]] noch bis ins späte Mittelalter vorherrschte, gegenüber. Folgende, häufig zitierte Passage<ref>Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 199; und R. Dugas: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, S. 71.</ref> aus dem ''Dialogo'' verdeutlicht das. Dass diese Passage von ''Simplicio'' ausgesprochen wird, darf als Indiz dafür gesehen werden, dass es sich um keine ironische Bemerkung handelt, sondern dass es Galileis unanzweifelbarer Ernst ist.<ref>Siehe R. Dugas: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, S. 71.</ref> |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Die Philosophen beschäftigen sich im wesentlichen mit dem Universellen; sie ermitteln die Definitionen und die allgemeinsten Kriterien, im einzelnen überlassen sie die nötigen Kunstgriffe und Nebendinge, welche dann nur mehr Kuriositäten sind, den Mathematikern. Aristoteles hat sich begnügt, vortrefflich zu definieren, was im allgemeinen Bewegung ist, die Haupteigenschaften der Ortsbewegung nachzuweisen, dass es nämlich eine natürliche und gewaltsame, eine einfache und zusammengesetzte, eine gleichmäßige und beschleunigte Bewegung gibt. Bei der beschleunigten hat er sich begnügt, den Grund der Beschleunigung nachzuweisen, überlässt hingegen die Erforschung des Verhältnisses gedachter Beschleunigung und anderer Einzelfragen dem Mechaniker oder sonst einem untergeordneten Techniker. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seiten 247 f.</ref> |
|||
}} |
|||
Mit Blick zurück auf die aristotelische Tradition bedeutet eine solche ‹Änderung des Verhältnisses› den prinzipiellen Wechsel fort von einer Substanz- oder Wesensontologie hin zu [[Relation (Philosophie)|relationalen]] Bestimmungen der mechanischen Physik.<ref>K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995, S. 174</ref> Fortan stehen geometrische und kinetische Gesetzgebungen am Anfang der Naturwissenschaft. Kennzeichnend dafür sind raumzeitliche Qualitäten, denen allein Objektivität zugeschrieben wird, ein Wandel, der in besonderem Maße in der philosophischen [[Phänomenologie]] mit dem Namen ''Galilei'' verbunden wird.<ref>Siehe exemplarisch [[Edmund Husserl|E. Husserl]], ''Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie'' (1936). Neu herausgegeben in der Meiner-Ausgabe (3. Auflage) Hamburg 1996, S. 22 (§ 9: ''Galileis Mathematisierung der Natur'').</ref> |
|||
Neuere wissenschaftsgeschichtliche Arbeiten betonen, dass Galilei mit seinen Forschungen zur Kinematik nicht alleine stand; mit dem Thema befassten sich unter anderem [[Alessandro Piccolomini]], [[Niccolò Tartaglia]], [[Giovan Battista Benedetti]], [[Francesco Maurolico]], [[Bernardino Baldi]], [[Guidubaldo dal Monte]], [[Michael Varro]] (''De motu'', Genf 1584) und [[Francesco Buonamicida]] (''De motu'', Florenz 1591). |
|||
=== |
=== Neuzeitliches Naturverständnis === |
||
Die Natur wird von Galilei nicht mehr unabhängig vom technischen Eingriff verstanden, wie es noch in der [[Scholastik|scholastischen]] Denkweise der Fall war, sondern sie wird zu einem umfassenden Forschungsfeld des technischen Eingriffs.<ref>Diese Unterscheidung des Naturverständnisses findet sich etwa ab Seite 164 (Kapitel 4: ''Neuzeitliches Naturverständnis'') in: K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995.</ref><ref>Aber auch in G. Schiemann, ''Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne.'' Darmstadt 1997, Seite 37: ''Galileis Verständnis der Mechanik als Naturwissenschaft.''</ref> Im Umkehrschluss heißt das: Die mechanische Konstruktion wirkt niemals gegen die Natur, sie kann niemals die Natur in ihrer Eigenständigkeit und Unergründbarkeit hintergehen oder betrügen.<ref>Aber auch in G. Schiemann: ''Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne.'' Darmstadt 1997, Seite 65 (''Galileis Szientismus'').</ref><ref>K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995, S. 170, S. 239.</ref> Durch technische Instrumente können die mechanischen Effekte der Natur (möglichst vollständig) durchschaut werden; keine ihrer Wirkungen bleibt ein bloßes [[Wunder]].<ref>Siehe auch R. Gatto (2017): ''‹It’s impossible to Deceive Nature›'' Galileo’s ''Le mecaniche.'' (Siehe in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''). Kap. 2: ''The definition of mechanics in the short version.'' S. 74 f.</ref><ref group="Anm.">«Aus dem von Galilei 1593 verfaßten Traktat ''Le Mechaniche'', der wahrscheinlich auch seinen Vorlesungen an der Universität Padua 1597–1598 über Aristoteles’ Mechanik zugrunde lag, geht hervor, dass er die Mechanik nicht länger als Lehre von der Überlistung der Natur versteht wie Aristoteles, sondern als Lehre von der geschickten Natur.» Seite 170 von K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995. In derselben Schrift (S. 160) wird auf die Herkunft des griechischen Wortes ''mechaná'' (List, Mittel, Überlistung, Kunstgriff) hingewiesen, um die traditionelle Vorstellung des äußeren Eingriffs in die Natur zu verdeutlichen: «Als ''mēchanaí'' wurden vorzugsweise Wundermaschinen bezeichnet, die zwar gemäß der Natur (''katá phýsin'') funktionierten, deren Ursache (''aítion'') aber verborgen blieb und daher den Effekt des Wunders hatte […].»</ref> |
|||
Schon in seiner frühen Mechanikschrift ''Le Mecaniche'' (1593/1634) äußert Galilei dieses naturphilosophische Bekenntnis mit den einleitenden Worten: |
|||
Wie aus dem Titel der ''discorsi'' hervor geht, veröffentlichte Galilei seine Ergebnisse über die Elastizität eines [[Balkentheorie|Balkens]] mit dem vollen Bewusstsein, damit eine neue Wissenschaft zu begründen. Die weitere Entwicklung hat ihm recht gegeben; sein Beitrag kann tatsächlich als Begründung der [[Elastizitätstheorie]] gelten. |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Avant que d’entreprendre la speculation des instrumens de la Mecanique, il faut remarquer en general les commoditez, et les profits que l’on en peut tirer, afin que les artisans ne croyent pas qu’ils puissent servir aux operations, dont ils ne sont pas capables, et que l’on puisee lever de grands fardeaux avec peu de force: ''car la nature ne peut estre trompée, ni ceder a ses droits.'' |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Le Mecaniche'' (1634) |
|||
|Übersetzung=Bevor man die Überlegung zu den Werkzeugen der Mechanik unternimmt, muss man ganz im Allgemeinen die Annehmlichkeiten bemerken, wie auch die Vorzüge, die man daraus ziehen kann, damit die Handwerker nicht glauben, dass sie Unternehmungen ausführen könnten, zu denen jene gar nicht in der Lage sind, so dass man große Lasten mit wenig Kraft anheben könne. ''Denn die Natur kann nicht getäuscht werden, noch können ihre Rechte versagen''. |
|||
|ref=<ref>Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée.'' In der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 439 (Kap. 1: ''Dans lequel on void le Preface qui monstre l’utilité des Machines'' / In welchem man das Vorwort einsieht, das die Nützlichkeit der Maschinen zeigt). Hervorhebung im Zitat nachträglich ergänzt.</ref>}} |
|||
Mit der umfassenden Technisierbarkeit der Natur löste Galilei materielle Grundannahmen der aristotelischen Physik auf. Im Naturverständnis zeigte sich das vor allem darin, was er alles ''nicht'' zum Gegenstand seiner Hauptschriften machte. Anstelle der [[Vier-Elemente-Lehre]], die zudem noch ein fünftes Himmelselement, den ''[[Äther (Physik)|Äther]]'', unterscheidet,<ref>Siehe dazu [[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil I: ''Das Erbgut des Altertums.'' § 39 (S. 36).</ref> betrachtete er nur noch ''eine'' körperliche Materie.<ref>Siehe Kap. 3 (''Galileo's Scientific Story'') in P. Machamer: ''Galileo Galilei.'' Entry 2011 in [[Stanford Encyclopedia of Philosophy]]. Hier unter ''Weblinks'' → ''Überblicksseiten''.</ref> Ihre Eigenschaften werden auf beobachtbare Abhängigkeiten hin untersucht. Die Mechanik und Technik ist fortan nicht mehr ‹der Physik opponiert›, wie es noch in der Antike und im Mittelalter der Fall war.<ref>K. Gloy: ''Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens.'' Beck, München 1995: S. 169 (hieraus der Wortlaut).</ref> |
|||
Galilei stellte fest, dass die Tragfähigkeit eines Balkens größer ist, wenn man ihn hochkant, nicht flachkant stellt. Er setzte als erster die äußere Belastung in Relation zu den inneren Spannungen. Eine quantitative Theorie konnte er allerdings noch nicht aufstellen. Die heute ''Neutralfläche'' genannte Menge aller Drehachsen ordnete er am unteren Rand des eingespannten Balkens statt in der Mitte des Balkenquerschnittes an. Korrekturen dieses Irrtums konnten sich im 17. und 18. Jahrhundert nicht durchsetzen; erst Anfang des 19. Jahrhundert sorgte [[Navier]] erfolgreich für eine Richtigstellung. |
|||
So umfasst der ''Erhaltungs''gedanke in der Natur, der auch der aristotelischen Mechanik ganz wesentlich ist, nicht nur alle ‚natürlichen‘ Bewegungsabläufe, sondern auch alle ‚gewaltsamen‘ der technischen Maschinen. Umgekehrt bleiben nun ‚gewaltsame‘ Bewegungsformen und ihre Gesetzmäßigkeiten nicht mehr auf erfundene Maschinen beschränkt, sondern schließen die der Natur mit ein.<ref>Siehe Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 101.</ref> Sie alle bedürfen keiner weiteren Begründung außerhalb der wahrnehmbaren, körperlichen Materie.<ref>P. Feyerabend: ''Naturphilosophie.'' In: A. Diemer, I. Frenzel: ''Philosophie.'' Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958. S. 203–227. Feyerabend sieht in dieser Befreiung von der vierfachen Ursachenfindung für jeder Bewegung in der Natur den Grundstein der neuen Bewegungslehre und, wie er in Seite 208 sagt, der ‹galileischen Dynamik›.</ref> Die mathematische Kinetik als Neuanfang ist somit das Ergebnis dieses Verzichts.<ref>G. Schiemann: ''Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne.'' Darmstadt 1997, Seite 68: ''Galileis Szientismus.''</ref> |
|||
=== Astronomie === |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Il tentar l’essenza, l’hò per impresa non meno impossibile, e per fatica non men vana, nelle prossime sustanze elementari, che nelle remotissime e celesti. |
|||
|Sprache=it |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Istoria e Dimostrazioni intorno alle Macchie Solari. Terza lettera Del Sign. Galileo Galilei al Sig. Marco Velseri: delle maccie del Sole.'' 1. Dezember 1612, S. 101. |
|||
|Übersetzung=In das Wesen der Erscheinungen einzudringen halte ich ebenso für ein unmögliches Unterfangen wie eine leere Mühe, und zwar bei den nächsten elementaren wie bei den entferntesten himmlischen Substanzen. |
|||
|ref=<ref>G. Galilei: ''Geschichte und Demonstrationen rund um die Sonnenflecken.'' (1613). Dritter Brief von Herrn Galileo Galilei an Herrn [[Markus Welser]] über die Sonnenflecken, Seite 101. In der Übersetzung von [[Hans Blumenberg|H. Blumenberg]] (Genesis des Kopernikanischen Weltbildes, 1981, S. 501) und abgedruckt in G. Schiemann: ''Wahrheitsgewissheitsverlust.'' Darmstadt 1997, S. 65.</ref>}} |
|||
Zudem übertrug Galilei die Eigenschaften der körperlichen Materie (wie schon Kepler) für alle Deutungen seiner beobachteten Planeten- und Mondformationen im ''[[Sidereus Nuncius|Sidereus Nuntius]].'' Er vereinheitlichte sie so in den Bereich der Himmelsmechanik.<ref group="Anm.">«Wäre nun Galilei ein traditioneller Philosoph gewesen, so hätte er sich sofort überlegen müssen, warum das Gesehene eine Täuschung ist. Denn nach gängiger Kosmologie war ein Himmelskörper vollkommen und sphärisch und bestand aus einer anderen Substanz als die Erde; im Mond einen Körper von gleicher Beschaffenheit wie die Erde zu sehen, ging nicht an.» Seite 211 in U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' Band 127 (3), 1982. Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>S. Drake: ''Galileo’s Explorations in Science.'' S. 38, in: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1.'' Toronto, Buffalo/London 1999.</ref> |
|||
Galileis astronomische Entdeckungen sind im biographischen Teil bereits ausführlich gewürdigt worden. |
|||
Auch im späteren ''Dialogo'' greift Galilei die Homogenität aller Weltmaterie auf. Er versucht in einer Passage, ''Simplicios'' Unterscheidung zwischen grober irdischer Materie, aus der etwa Gebirge und Wolken gemacht seien und die Licht dunkler reflektiere, und der Himmelsmaterie (oder [[Quintessenz (Philosophie)|Quintessenz]]) zu widerlegen, aus der auch der Mond bestehen soll und die das Licht deutlich heller streuen würde.<ref>Dieses Argument der Gleichförmigkeit aller Materie wird auf Seite 56 f. von S. Drake: ''Galileo’s Language: Mathematics and Poetry in a New Science'' herausgehoben, um damit auch Galileis Stilmittel der sprachlichen Überzeugungskunst zu illustrieren. Kap. 4 (S. 50–62) in: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1.'' Toronto/Buffalo/London 1999.</ref> |
|||
=== Vermischte Erfindungen === |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[''Salv.:''] Nun habt Ihr selbst schon eingestanden, den Mond bei Tage zwischen weißlichen Wolken gesehen zu haben, ohne dass sein Aussehen von diesen wesentlich verschieden gewesen wäre. Damit gebt Ihr von vornherein zu, dass diese Wölkchen, ''die doch aus elementaren Substanzen bestehen'', dieselben Beleuchtung, ja noch stärkere zu erlangen vermögen als der Mond. Ihr braucht Euch nur zu vergegenwärtigen, wie Ihr so manchmal gewaltige, schneeweiße Wolkenmassen gesehen habt; wenn eine solche Wolke ihre Beleuchtung in tiefer Nacht noch behalten könnte, so würde sie zweifelsohne die Umgebung mehr erhellen als hundert Monde. Wären wir nun gewiss, dass die Erde in gleichem Maße wie eines dieser Wölkchen von der Sonne beleuchtet würde, so würde sie unzweifelhaft ebenso glänzen wie der Mond. Jeder Zweifel daran aber schwindet, wenn wir die nämlichen Wolken in der Nacht ebenso dunkel bleiben sehen wie die Erde. Ja noch mehr, keiner von uns ist der Täuschung entgangen, wenn er einmal in der Ferne tiefergehende Wolken gesehen hat, zu zweifeln, ob es Wolken oder Berge seien, ein deutliches Zeichen, dass die Berge nicht weniger leuchten als jene Wolken. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1891). |
|||
|ref=<ref>Seite 94 in der deutschen Ausgabe, hrsg. u. übers. v. E. Strauss. (Teubner) Leipzig 1891. (Hervorhebungen im Zitat ergänzt).</ref> |
|||
}} |
|||
=== Kinetik – gleichmäßige Beschleunigung === |
|||
Mehrere von Galileis Erfindungen sind heute nur in seinen Aufzeichnungen und Skizzen erhalten. Er zeichnete unter anderem Skizzen von Geräten wie einer Kombination aus Kerze und Spiegel, um damit das Licht durchs ganze Haus leiten zu können, einen automatischen Tomatenpflücker, einen [[Kamm|Taschenkamm]], der auch als [[Essbesteck|Besteck]] verwendet werden konnte und eine Art Vorläufer des [[Kugelschreiber]]s. |
|||
Der eben skizzierte Neuanfang in der Methode geht insbesondere zusammen mit Galileis neuem Herangehen an die Mechanik. Er geht von der Bewegungslehre ([[Kinetik (Mechanik)|Kinetik]]) aus, der er sich am ''dritten und vierten Tag'' in den ''[[Discorsi e dimostrazioni matematiche|Discorsi]]'' ausführlich und mathematisch streng in der Struktur von Grundannahmen (‹Axiomen›), Theoremen und geometrischen Beweisen zuwendet. Bereits zu Galileis Lebzeiten und in seiner Nachfolge gehörten allein diese Kapitel seines wissenschaftlichen Schaffens schon zu dessen «hervorragendsten Leistungen», von denen [[Joseph-Louis Lagrange|J. L. Lagrange]] später in der Einleitung des Dynamikteils seiner ''Analytischen Mechanik'' sagen wird: «es gehöre ein außerordentliches Genie dazu, sie zu verfassen, man werde dieselben nie genug bewundern können».<ref>Wortlaute entnommen den Anmerkungen von A. v. Oettingen, S. 260, in G. Galilei: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638). Deutsche Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1891<sup>1</sup> (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
Ich find den stark |
|||
Galilei kündigt die Kinetik in seinem Buchtitel selbstbewusst als „''neuen Wissenszweig“'' an: |
|||
=== Galilei als Schriftsteller === |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Über einen sehr alten Gegenstand bringen wir eine ganz neue Wissenschaft. Nichts ist älter in der Natur als die ''Bewegung'', und über dieselbe gibt es weder wenig noch geringe Schriften der Philosophie. […] Einige leichtere Sätze hört man nennen: wie zum Beispiel, dass die natürliche Bewegung fallender schwerer Körper eine stetig beschleunigte sei. In welchem Maße aber diese Beschleunigung stattfinde, ist bisher nicht ausgesprochen worden; denn so viel ich weiß, hat Niemand bewiesen, dass die vom fallenden Körper in gleichen Zeiten zurückgelegten Strecken sich zueinander verhalten wie die ungeraden Zahlen.<ref group="Anm.">Das ist im Kern bereits die These des quadratischen Wachstums <math>\Delta h</math> der Höhen in gleichen Zeitintervallen <math>\Delta t := t_0</math>, wie es die ''gleichmäßige Beschleunigung'' auszeichnet. Formal beinhaltet sie die Entwicklung |
|||
:<math>\frac{\Delta h}{\Delta t} = \frac{h((n+1)\cdot t_0) - h(n\cdot t_0)}{t_0}</math> |
|||
:<math>= 2\cdot n +1 = 1, \, 3, \, 5, \, \ldots</math> für <math>n\, \epsilon \, </math> [[Natürliche Zahl|ℕ<sub>0</sub>]]. |
|||
Dieses Wachstum wird durch die Funktionenschar <math>h(t) = \alpha\cdot t^2 , ~(\alpha \, \epsilon \, \R )</math> erfüllt, die hierbei die gleichmäßige Beschleunigung bezeichnet.</ref> Man hat beobachtet, dass Wurfgeschosse eine gewisse Kurve beschreiben; dass letztere aber eine Parabel sei, hat Niemand gelehrt. [… Hierzu] wird die Bahn geebnet, zur Errichtung einer sehr weiten, außerordentlich wichtigen Wissenschaft, deren Anfangsgründe diese vorliegende Arbeit bringen soll, in deren tiefere Geheimnisse einzudringen Geistern vorbehalten bleibt, die mir überlegen sind. |
|||
Revolutionär war nicht nur, dass Galilei in der Volkssprache Italienisch publizierte, sondern auch wie: Galilei schrieb ein vorbildlich schönes Italienisch, das stilbildend auf die wissenschaftliche Prosa gewirkt hat. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1890). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 113 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
Dazu gehört, dass Galilei unter den ‚einfachen‘ Bewegungen erstmals die ''Beschleunigung'' als die für die Mechanik wesentliche Größe mathematisch präzise untersuchte und zugrunde gelegt hat.<ref>[[Bertrand Russell|B. Russell]]: ''Die Philosophie des Abendlandes.'' Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 442, Kap. 6: ''Der Aufschwung der Naturwissenschaft.''</ref><ref>U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' (hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''), Seite 213.</ref> |
|||
== Weiterführende Informationen == |
|||
[[Datei:Galileis Discorsi Gleichmäßige Beschleunigung.png|mini|Graphische Methode zum Beweis des Beschleunigungsgesetzes nach Galileis ''Discorsi'' (1638)]] |
|||
=== Galileis wissenschaftliche Werke === |
|||
Dabei greift er auf das Verfahren der ''graphischen Methode'' zur Darstellung von Bewegungsgrößen nach [[Nikolaus von Oresme|N. v. Oresme]] zurück, wandelt aber die kinetische Bedeutung der geometrischen Figuren um. Auf diese Weise gelangt Galilei zu anderen Bewegungsgesetzen als die Scholastiker.<ref>Siehe dazu [[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: ''Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft.'' § 94 (S. 382).</ref> |
|||
Im Diagramm wird mit der Strecke ''AB'' «die Zeit» dargestellt, während die horizontalen Parallelen bis herunter zu ''AB'' die «wachsenden Geschwindigkeitswerte».<ref>Die Wortlaute sind dem Original G. Galilei ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen'' (1638/1891) am ''dritten Tag'', S. 21 f., zu entnehmen. In der Ausgabe von Arthur von Oettingen, hier in der ''Literatur→Schriften.''</ref> Somit erkennt man hierin die Darstellung zweier <math>t</math>-<math>v</math>-Diagramme, einmal für eine gleichmäßige Beschleunigung <math>\Delta v = a\cdot \Delta t </math> (Linie ''AE'') und für eine gleichförmige Bewegung <math>\Delta v = 0</math> (Linie ''GF''). Galilei Schluss auf die zurückgelegten Strecken zeigt sich unmittelbar über das in den Figuren «Enthaltene». Die Flächengleichheit zeigt das klassische Ergebnis, aus denen Galilei die Beschleunigungsgesetze direkt folgern wird:<ref group="Anm.">Die zitierte Aussage entspricht dem Streckengesetz <math>s(t) = \frac{1}{2} \cdot t \cdot v(t)</math>, wobei <math>v(t)</math> die Momentangeschwindigkeit der beschleunigten Bewegung zur Zeit <math>t</math> bezeichnet. In dieser Form findet man es auch heute noch in Schulbüchern: siehe etwa F. Bader, F. Dorn: ''Physik 11 – Ausgabe A, Gymnasium Sek II.'' 10. Druckausgabe. Schroedel-Verlag, Hannover 2006, Seite 26.</ref> |
|||
Galilei veröffentlichte seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in den folgenden Hauptwerken (weitere Werke, die heute von vornehmlich biographischem Interesse sind, werden in der Biographie genannt): |
|||
{{Zitat |
|||
*''Sidereus nuntius'', 1610<br/>deutsch: Nachricht von neuen Sternen, Frankfurt a. M. 1965 |
|||
|Text=Folglich werden zwei Körper gleiche Strecken in ein und derselben Zeit zurücklegen, wenn der eine aus der Ruhe gleichförmig beschleunigt sich bewegt, der andere mit gleichförmiger Geschwindigkeit gleich dem halben Betrage des bei beschleunigter Bewegung erreichten Maximalwertes. |
|||
*''Saggiatore'' (Prüfer mit der Goldwaage), 1623 |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
*''Dialogo sopra i due massimi sistemi'', Florenz 1632<br/>deutsch: Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme, Leipzig 1891 |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 22 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
Anders als in der traditionellen Bewegungslehre nach Aristoteles erhält die mathematische Kinetik den zentralen wissenschaftlichen Platz zu Beginn aller Mechanik, wohingegen die Ursachenforschung in dem Bereich der Metaphysik verwiesen und als zweitrangig erachtet wird. Die Empirie ersetzt bloß rationale Definition, wird zum neuen Prüfstein der begrifflichen Konstruktion. Die experimentelle Beobachtung sei vor allem deswegen geboten, weil insbesondere die als [[Evidenz (Philosophie)|evident]] erachteten Bewegungsgesetze oftmals nicht so in der Wirklichkeit wiedergefunden werden. |
|||
=== Quellenausgaben === |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Ebenso haben möglicher-, ja notwendigerweise auch jene [Autoren] gehandelt, sich nämlich auf ihre Vorgänger verlassen, ohne dass man jemals auf einen käme, der den Versuch wirklich angestellt hätte. Denn jeder, der das tut, wird finden, dass sich das gerade Gegenteil von dem ergibt, was man geschrieben liest. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seite 235.</ref> |
|||
}} |
|||
[[Datei:Galilei Waegerechter Wurf.png|mini|(1): Galileis Illustration des waagerechten Wurfs in den ''Discorsi'' (1638) - (2): Anwendung des waagerechten Wurfs im ''Dialogo'' (1632) zur Illustration einer gleichförmigen tangentialen Kreisbewegung]] |
|||
*''Schriften, Briefe, Dokumente'' (Hg. Anna Mudry), München 1987 |
|||
Die prinzipiellen Gegensätze zwischen Ruhe und [[Bewegung (Physik)|Bewegung]] sowie zwischen natürlicher und unnatürlicher (oder erzwungener) Bewegung werden von Galilei an vielen Anwendungsbeispielen in Frage gestellt. Anstelle dessen setzt er den Gegensatz zwischen ''einfachen'' und ''zusammengesetzten'' Bewegungen, die nunmehr die Bedeutung als rein mathematische ''Komponenten'' von gerichteten, kontinuierlichen Bewegungsgrößen ([[Vektor]]en) erhalten und die entweder ''gleichförmig'' (<math>s(t) = v_0 \cdot t</math>) oder ''gleichmäßig beschleunigt'' (<math>s(t) = \alpha \cdot t^2</math>) sind, an den Anfang jeder theoretischen Untersuchung. |
|||
*Pietro Redondi, ''Galilei, der Ketzer'', München 1991 (Darstellung des Inquisitionsprozesses von 1633; mit z.T. erstmals veröffentlichten Dokumenten) |
|||
=== Ballistik und Superpositionsprinzip === |
|||
=== Biographien === |
|||
Galilei eröffnet das [[Superposition (Physik)|Superpositionsprinzip]] der Bewegungen.<ref>Siehe [[Clifford Truesdell]]: ''History of Classical Mechanics – Part I, to 1800.'' In: ''[[The Science of Nature|Die Naturwissenschaften]].'' Nr. 63 (2), 1976: S. 53–62. Hierin heißt es auf Seite 57 zu diesem Prinzip (Original auf Englisch): «Galileo nahm an, dass die Bewegungen der Wurfobjekte aus unabhängigen horizontalen und vertikalen Bewegungen zusammengesetzt wären. Daraus folgerte er, dass die Bahnkurve der Projektile immer eine Parabel sein müsste. Dieses äußerst ungenaue Gesetz, das Reibung, Wind und Eigendrehung vernachlässigt, bildete die Grundlage für sämtliche [[Ballistik|ballistische]] Tabellen der nachkommenden Jahrhunderte.»</ref><ref>[[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: ''Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft.'' § 108 (S. 390) und § 115 (S. 393).</ref> Demnach wird der [[Waagrechter Wurf|waagrechte Wurf]] in eine einfache, horizontale Komponente der Bewegung <math>x(t) = v_x \cdot t</math>, die gleichförmig ist und in eine einfache, vertikale Komponente der Bewegung <math>y(t) = \alpha_y \cdot t^2</math> zerlegt, die als voneinander ''unabhängig'' behauptet werden. Auch der schräge Wurf wird hieraus entwickelt. |
|||
Galilei ist sich beim waagrechten Wurf der Radikalität der an sich wirklichkeitsfremden [[Idealisierung (Physik)|Idealisierung]] bewusst und bemüht umfangreiche Fehlerdiskussionen.<ref group="Anm.">Er gibt Wissenschaftshistoriker, allen voran der Galilei-Experte [[Paul Feyerabend]], die deswegen die These unterstreichen, Galilei wäre in keiner Weise begrifflich ‚klarer‘ oder ‚rationaler‘ als seine Aristotelischen Vorgänger gewesen, sondern er habe vielmehr alternative (''kontrainduktive'') Grundbegriffe entwickelt, welche die bis dahin behauptete Notwendigkeit der traditionellen empirischen Ergebnisse aufhebt. Diese Relativierung der Beobachtungssprache Galileis zeichne den entscheidenden wissenschaftlichen Fortschritt in Galileis Werk aus. Galilei ersetze somit eine ‚natürliche Interpretation‘ der Wirklichkeit durch eine andere. Man vergleiche dazu P. Feyerabend: ''Wider den Methodenzwang.'' Suhrkamp, Neuausgabe, Frankfurt am Main 1983. Deutsche Übersetzung des englischen Originals ''Against Method'' von 1976. Darin Bezug auf Galilei Kap. 6 und 7.</ref> Abweichungen vom Ideal durch [[Strömungswiderstand|Luftwiderstand]] oder durch die die ‚natürliche‘ Anziehung zum Weltmittelpunkt müssen sich hierbei als streng vernachlässigbar herausstellen, um die Hypothese aufrechtzuerhalten.<ref>In eigenen Worten handle es sich bei der Zerlegung in unabhängige Komponenten um ein «kaum fassliches Verhalten». Die Argumentation und der oben genannte Wortlaut ist zu finden im ''vierten Tag'' der ''Discorsi,'' Galilei (1638/1891), siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur.'' Seite 85 und folgende.</ref> |
|||
*[[Pascual Jordan]], ''Galileo Galilei'', in: ''Die Großen der Weltgeschichte'', herausgegeben von Kurt Fassmann, Zürich 1974, Band 5: ''Calvin bis Huygens'', S. 468-491 (Kurzbiographie) |
|||
*Drake, Stillman, ''Galileo At Work''. Chicago: University of Chicago Press, 1978. ISBN 0-226-16226-5 |
|||
Überzeugt von der Richtigkeit des Superpositionsprinzip, widerlegt Galilei am ''zweiten Tag'' der ''[[Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo|Dialogo]]'' traditionelle empirische Kennzeichen für die Ruhe oder für die Bewegung der Erde. Die Beobachtungen auf der Erde allein geben es nicht her.<ref>Siehe Kap. 3 (''Galileo's Scientific Story'') in P. Machamer: ''Galileo Galilei.'' Entry 2011 in [[Stanford Encyclopedia of Philosophy]]. Hier unter ''Weblinks'' → ''Überblicksseiten''.</ref> Die Existenz der Erddrehung könne auch unabhängig von der erzwungenen Bewegung der Erdanziehung eingesehen werden. Bisherige Fall-, Wurf- und Fahrexperimente, die zum Teil auch als Gedankenexperimente behandelt werden, relativierten so bisherige, als naturnotwendig erachtete Überzeugungen in zusammengesetzte natürliche Bewegungsformen.<ref group="Anm.">Exemplarisch dafür liest sich die konditionale Aussage über die Kreisform der Fallbewegung im ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). Seite 252 in A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''): «Dies würde sich mit Notwendigkeit ergeben, wenn bewiesen wäre, dass der Erdball sich kreisförmig bewegt; dass diese Beweis erbracht sei, behaupte ich aber nicht.»</ref> |
|||
=== Interpretationen === |
|||
[[Datei:Galilei waagerechter Wurf (2).png|mini|Illustration des senkrechten Schusses einer Kanonenkugel im ''Dialogo'' (1632)]] |
|||
*[[Bertolt Brecht]], das ''[[Das Leben des Galilei]]'' (ISBN 3518100017) |
|||
Das Superpositionsprinzip findet auch Anwendung bei der Frage nach der Erddrehung. Traditionell wurde aus der Tatsache, dass die Kanonenkugel beim senkrechten Schuss wieder an derselben Stelle auftrifft, auf den Ruhezustand der Erde geschlossen.<ref>Siehe dazu das Buridan-Zitat in Anm. 6, S. 83 in: P. Feyerabend: ''Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften.'' Englische Originaltitel: ''Realismus and Instrumentalism: Comments on the Logic of Factural Report'' (1969). Kap. 5 der Schrift ''Realismus und Instrumentalismus zur Logik der Unterstützung durch Tatsachen.'' Vieweg, Wiesbaden 1978.</ref> Galilei widerlegt die [[Evidenz (Philosophie)|Evidenz]] dieses Schlusses aus dem Superpositionsprinzip. Es lässt sich beobachten, dass die senkrecht abgeschossene Kugel bei gleichförmiger waagrechter Bewegung der Kanone, wieder an der Mündung ankommt. Auch hierbei sind waagrechte und senkrechte Bewegungskomponenten voneinander unabhängig. |
|||
*[[Paul Feyerabend]], in ''Wider den Methodenzwang'' (ISBN 3518281976) |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[D]er Mittelpunkt der Kugel hat also die Linie BD zurückgelegt, die nicht wie vorhin lotrecht, sondern gegen Osten geneigt ist. Da nun, wie bereits angegeben, die Kugel ihre Bewegung durch die Luft fortsetzen muß in Richtung der Bewegung des Geschützes, so wird sie sich gemäß der Neigung der Linie BD bewegen, demnach keineswegs eine lotrechte, sondern einen nach Osten geneigt Bahn einschlagen, eben dahin, wohin sich auch das Geschütz bewegt. Daher wird die Kugel der Bewegung der Erde und des Geschützes folgen können. So habt Ihr, Signore Simplicio, den Nachweis, dass der Schuss, der scheinbar lotrecht sein muß, in Wirklichkeit dies keinesfalls ist. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seiten 263 f.</ref> |
|||
}} |
|||
=== |
=== Galileische Dynamik === |
||
==== Zurückhaltung in dynamischen Fragen ==== |
|||
Noch vor der Etablierung von klar bezeichneten Kraftgrößen in der [[Newtonsche Mechanik|Newtonschen Mechanik]] behandelte die ''[[Dynamik (Physik)|Dynamik]]'' die metaphysische Frage nach den Ursachen einer Bewegungsform („''Warum'' bewegt sich der Bewegte?“), während die ''Kinetik'' sich mit der präzisen Beschreibung von Bewegungen beschäftigt („''Wie'' bewegt sich der Bewegte?“). Die aristotelische Bewegungslehre hatte noch ihren Schwerpunkt in der dynamischen Erklärung und Vereinheitlichung von Bewegungsabläufen: Jede Bewegungsart müsse einen [[Satz vom zureichenden Grund|hinreichenden Grund]] haben. Kennzeichnende Neuheit für Galileis wissenschaftliche Hauptwerke ist nun nicht nur die vorrangige Behandlung einer mathematischen Kinetik, sondern auch die offensichtliche ''Zurückhaltung'' in allen dynamischen Fragen.<ref>Seite 213 in U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' (1982). Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>Siehe E. J. Dijksterhuis: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil I.: ''Das Erbgut des Altertums.'' Abschnitt II: ''Griechisches philosophisches Denken über die Natur.'' E: ''Der Aristotelismus.'' d): ''Natürliche und erzwungene Bewegungen.'' §§ 31 (S. 308) und 34 (S. 30).</ref><ref>S. Drake: ''Motion and Mechanics.'' S. 294 in: ''Mathematics and Discovery in Galileo’s Physics.'' S. 292–306; und S. Drake, S. 35 in: ''The Organizing Theme of the ‹Dialogue›.'' S. 21–37. In S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2.'' Toronto/Buffalo/London 1999.</ref> |
|||
Nur aus vereinzelten Zwischenbemerkungen seiner Schriften ist bekannt, dass der Verzicht auf Ursachenfragen eine bewusste Methode war. Wenn es originale Hinweise gibt, dann tendierten sie in Richtung einer intrinsischen Dynamik, entsprechend der überlieferten [[Impetustheorie]]. Zu beachten ist deswegen, dass ''Salviati'' mit ''Simplicio'' in dieser Frage übereinstimmt: |
|||
*1947 verfilmten in den USA Ruth Berlau und Joseph Losey die Broadway-Aufführung von Brechts "Leben des Galileo" mit Charles Laughton in der Titelrolle. Es handelt sich um einen Schwarz-weiß-Stummfilm von 30 Minuten Dauer. |
|||
{{Zitat |
|||
*1975 führte Joseph Losey Regie in "Galileo" (USA), einem Spielfilm, der wiederum auf Brechts Stück beruht. Chaim Topol spielte den Gelehrten in dem 145 Minuten dauernden Eastmancolor-Film. |
|||
|Text=''Salv:'' […] Herr ''Simplicio'', gebt Ihr zu, dass jeder fallende Körper eine von Natur ihm zukommende Geschwindigkeit habe; so dass, wenn dieselbe vermehrt oder vermindert werden soll, eine Kraft angewandt werden muss oder ein Hemmnis.<br />''Simpl.'' Unzweifelhaft hat ein Körper in einem gewissen Mittel eine von Natur bestimmte Geschwindigkeit, die nur mit einem neuen Antrieb vermehrt, oder durch ein Hindernis vermindert werden kann. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1890). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890<sup>1</sup>, auf Seite 57 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
Auch Galileis frühere Mechanik-Schrift ''Le Mecaniche'' (1593/1634) zeigt für statische Betrachtungen, dass er die Ursache oder Tendenz als innere Kraftwirkung begreift und nicht weiter danach fragt, warum der Mittelpunkt der Schwere (d. i. der Erdmittelpunkt) ihre Anziehung erzwingt.<ref>S. 176 in: S. Drake: ''Galileo’s New Science of Motion.'' S. 171–187 in S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2.'' Toronto/Buffalo/London 1999. Dort heißt es (übersetzt aus dem Englischen): „Im Gegensatz zur [[Peripatos|peripatetischen]] Tradition, aber in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der antiken ''pseudo-Aristotelischen'' Schrift ''Mechanische Probleme'', konnten nach Galilei verschiedene Bestrebungen in demselben Körper existieren, die eine einzige resultierende Bewegung hervorrufen.“</ref> |
|||
Mit Galileis Zurückhaltung in dynamischen Fragen geht einher, dass er in seinen Schriften viele metaphysische Spekulationen über Kraftwirkungen entweder auslässt oder ausdrücklich ablehnt. Dazu gehört etwa seine Ablehnung, dass die gravitative Fernwirkungen von Planeten durch Magnetkräfte erklärt werden können, so wie es damals von [[William Gilbert|W. Gilbert]] und [[Johannes Kepler|J. Kepler]] vorgestellt wurde. Er verstand sie als „okkulte Qualitäten“ und verwies sie in das Reich der „nichtige[n] Phantasie“.<ref>Der Wortlaut ist K. Fischer (2015), hier unter ''Literatur'' → ''Biographien.'' S. 71, entnommen.</ref> |
|||
=== Weblinks === |
|||
Galileis minimale Dynamik, die sich auf das einzelne betrachtete Phänomen zu beschränken scheint, hat schon zu seinen Lebzeiten für Kritik und Unverständnis gesorgt.<ref>Siehe insbes. S. 112 in M. Elazar, Kap. 11: ''Fabri’s Assimilation Strategies.'' S. 107–117. In Michael Elazar: ''Honoré Fabri and the Concept of Impetus. A Bridge between Paradigms.'' Springer, Dordrecht 2011.</ref> Allem voran ist der briefliche Kommentar von [[René Descartes|Descartes]] an [[Marin Mersenne|Mersenne]] (1638) zu nennen, der gleichfalls historische Beachtung erhalten hat. Descartes hatte, ebenso wie Mersenne und später Huygens, die ''Discorsi'' viel genauer studiert als er selbst zu erkennen gab.<ref>Diese Bemerkungen und das folgende Zitat Descartes’ sind [[René Dugas|R. Dugas]]: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, S. 14 und S. 145, entnommen.</ref> Aus heutiger Sicht ist der Kommentar ein weiteres Zeugnis der umwälzenden Erneuerung im Naturverständnis. Die Beschreibung der Naturvorgänge findet Vorrang gegenüber der dynamischen Erklärung. |
|||
Überblicksseiten: |
|||
* [http://www-gap.dcs.st-and.ac.uk/~history/Mathematicians/Galileo.html Biographie auf Englisch] |
|||
{{Zitat |
|||
* [http://www.crystalinks.com/galileo.html eine weitere Biographie auf Englisch] |
|||
|Text=Je trouve en général qu’il philosophe beaucoup mieux que le vulgaire, en ce sens qu’il quitte le plus qu’il peut les erreurs de l’Ecole, et tâche à examiner les matières physiques par des raisons mathématiques. En cela je m’accorde entiérement avec lui et je tiens, qu’il n’y a point d’autre moyen pour trouver la vérité. Mail il semble qu’il manque beaucoup en ce qu’il fait continuellement des digressions et ne s’arrête point à expliquer tout à fait une matière; ce qui montre qu’il ne les a point examinées par ordre, et que, sans avoir consideré les premières causes de la nature, il a seulement cherché les raisons de quelques effets particuliers, et qu’ainsi il a bâti sans fondement. |
|||
* [http://www.ethbib.ethz.ch/exhibit/galilei/galileo_frame.html Virtuelle Ausstellung der Bibliothek der ETH Zürich] |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=R. Descartes |
|||
|Quelle=''Lettre de Descartes à Mersenne'' (11. octobre 1638) |
|||
|Übersetzung=Ich finde ganz allgemein, dass er deutlich besser philosophiert als der gewöhnliche Durchschnitt, und zwar in dem Sinne, dass er so viel wie er nur kann von der Schule verwirft, und dass er versucht, die physikalischen Dinge durch mathematische Gründe zu untersuchen. Darin stimme ich vollständig mit ihm überein und ich halte das für das einzige Mittel, um die Wahrheit herauszufinden. Aber es scheint mir, dass er deutliche Mängel darin aufweist, dass er beständig Abschweifungen macht und niemals daran festhält, eine Sache im Ganzen zu erklären. Was uns zeigt, dass er keinesfalls einer Ordnung gefolgt ist und dass er, ohne zuvor die ersten Ursachen der Natur berücksichtigt zu haben, nur nach den Gründen für einige besondere Wirkungen gesucht hat, und dass er somit ohne Fundament gebaut hat. |
|||
|ref=<ref>Abgedruckt auch in C. Adam, P. Tannery, t. II: ''Oeuvres de Descartes.'' Paris 1898, S. 380 (No. 146). Übersetzung nach C. Wohlers: ''René Descartes – Der Briefwechsel mit Marin Mersenne.'' Felix Meiner, Hamburg 2020. S. 237.</ref>}} |
|||
==== Zum allgemeinen Stellenwert der Dynamik nach Galilei ==== |
|||
Das wissenschaftliche Werk Galileis ist somit in keiner Weise voraussetzungslos, und das gilt besonders für seine Dynamik. Verknüpft werden traditionelle Konzeptionen der mittelalterlichen Mechanik (statisches Moment, Schwerpunktmasse und Impetus) mit weiterführenden Konnotationen und Vereinheitlichungen, so dass die Gesamtheit der galileischen [[Dynamik (Physik)|Dynamik]] neuartig erscheint.<ref group="Anm.">Der Begriff der ‹Galileischen Dynamik› ist [[Paul Feyerabend|P. Feyerabend]]: ''Naturphilosophie'' entnommen. In: A. Diemer, I. Frenzel: ''Philosophie.'' Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958. S. 208.</ref><ref>[[Émile Jouguet|É. Jouguet]]: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908, § 4 (''L’usage du principe du levier'') betont den vereinheitlichenden Charakter des Werks Galileis im überlieferten Hebelprinzip, wie es schon Lagrange ''Méchanique Analytique'' <sup>3</sup>(1853) zur ''Statik'' festgestellt hatte.</ref><ref>E. J. Dijksterhuis: ''Galileo Galilei.'' (1983), in: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' (Hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': §§ 95 u. 111; S. 382 u. 392).</ref> Über die Tragweite und die Originalität der Dynamik bestand seither unter Experten erhebliche Uneinigkeit.<ref>R. Dugas: ''Galilée.'' Kap. IV (S. 61–89) in: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, diskutiert die gegensätzlichen Auffassungen zur Dynamik in Abschn. 1, Seite 62. Als Galilei-kritische Kommentare werden neben den Studien von [[Pierre Duhem|P. Duhem]], welche Dugas in einzelnen Merkmalen zur Mechanik ebenso kritisch fortsetzt, auch die Studien von [[Paul Tannery|P. Tannery]] genannt.</ref><ref group="Anm.">Von wandelnden Unsachlichkeiten, Nebensächlichkeiten und Einseitigkeiten berichtet [[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''Galileo Galilei.'' (1983), in: ''Die Mechanisierung des Weltbildes'' (hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': § 77; S. 371). Eine besondere Verzerrung finde in populären Darstellungen statt, wo oft eine Art «Galileimythos» errichtet werde: «Dieses Bild wird entworfen und lebendig gehalten durch Schriftsteller über moderne Physik, die das Bedürfnis nach einer historischen Einleitung haben, die sich aber nicht die Mühe genommen haben, die einfache Pflicht der Exaktheit zu füllen, welche darin besteht, die gemachten Mitteilungen an der historischen Quelle zu prüfen.»</ref> Einerseits wird Galilei zum eigentlichen Begründer der neuzeitlichen Dynamik erhoben;<ref>[[Ernst Mach|E. Mach]]: ''Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch - kritisch dargestellt.'' 3. Auflage, Brockhaus, Leipzig 1897, S. 119.</ref><ref>Eine ‹objektive kausale Einstellung zum Kosmos› und ‹Originalität› in der mechanischen Untersuchungen bekundet [[Albert Einstein|A. Einstein]]: ''Vorwort zu Galileis ‹Dialogo›.'' (1952), S. vii und xvi in S. Drake: ''Dialogue.'' (1632/1967), in den hier angegebenen ''Schriften''.</ref><ref>Galilei sei mit der Allgemeingültigkeit seiner mechanischen Ergebnisse für die Physik dessen ‹bedeutendster Begründer›: Seite 206 in U. Niederer: ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik.'' (1982). Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>I. Szabó (1977/1996), hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''. Kap. A2 (''Die Anfänge der Mechanik''), Seite 47.</ref><ref>Seite 384 in: [[Egon Friedell|E. Friedell]]: ''Kulturgeschichte der Neuzeit – Band 1.'' (Erstveröffentlichung des 2. Buchs 1928). (dtv) 16. Auflage, München 2005.</ref> andererseits findet man auch Kommentare, die diesen dynamischen Teil seines Werks zu einem bloßen Zwischenstadium einer Entwicklung herabsetzen und ihren Ursprung in zum Teil handschriftliche Überlieferungen kongenialer Vorgänger legen.<ref>Dieses Bild wird vor allem vertreten in P. Duhem (1905), ab Seite 260, hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>S. Drake: ''Mathematics, Astronomy, and Physics in the Work of Galileo.'' S. 64 in: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1.'' Toronto/Buffalo/London 1999. Darin wird das besondere Durchsetzungsvermögen der Konzeptionen durch Galileis Wirken hervorgehoben, die man als „revolutionär“ bezeichnen mag.</ref> |
|||
Entsprechend findet man bei der dynamischen Naturbetrachtung, insbesondere in der Mechanik, mehrere originelle Verfahrensweisen, die immer wieder mit Galileis Namen verbunden werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind das vorrangig die folgenden Naturprinzipien und -aussagen: |
|||
* ''Erweiterung der [[Peripatos|peripatetischen]] Statik'': das mechanische Erhaltungsprinzip in allen Maschinen und das ''Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten''. |
|||
* der Spezialfall der so genannten [[Goldene Regel der Mechanik|Goldenen Regel der Mechanik]]: der einfache Vorgänger des [[Energieerhaltungssatz|Satzes von der Erhaltung der mechanischen Energie]]. |
|||
* ''Einschränkung der peripatetischen Dynamik'': die dynamische Irrelevanz der Körpermasse beim freien Fall. |
|||
* das ''Trägheitsprinzip'': die neue Bedingung von Wirkungslosigkeit. |
|||
* das ''Relativitätsprinzip'' als neuer Rahmen zur Beschreibung von Bewegungsvorgängen. |
|||
Der erste Punkt, Galileis allgemeinere Fassung der Statik, bildet die hintergründige Voraussetzung für alle weiteren dynamischen Prinzipien.<ref>Siehe etwa [[René Dugas|R. Dugas]]: ''A History of Mechanics''. Ins Englische übertragen von J. R. Maddox, nach dem franz. Original von 1955. Dover, New York 1988. Darin Kap. 2: ''Galileo and Torricelli'', ab Seite 129, § 1 (''Galileo’s Statics''). Hierin wird die Originalität der Statik nicht ausgesprochen, hingegen als wesentliches Stadium zur ‹Ausbildung der Klassischen Mechanik› begriffen.</ref><ref>É. Jouguet: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908, § 4: ''L’usage du principe du levier.'' Hierin wird hingegen die Originalität der Statik nicht ausgesprochen.</ref><ref>J. Klug (1900), in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'', Seite 13, orientiert an der historischen Einschätzung Lagranges, die aus der ersten Auflage der ''Mécanique Analytique'' von 1788 stammt, aber ab der 2. Auflage fehlt.</ref><ref group="Anm.">Dieser erste Punkt betrifft zugleich den historisch schwierigsten. Mit J.-L. Lagrange und R. Dugas gesprochen, muss der Ursprung des ''Prinzips der virtuellen Geschwindigkeiten'' dennoch bei Galilei gefunden werden, der erstmals «in der Lage war, [die Untersuchung der schiefen Ebenen] besser zu machen als seine Vorgänger», um damit die Dynamik auf die Statik der Momente zu vereinheitlichen (siehe [[René Dugas|R. Dugas]]: ''A History of Mechanics.'' (Dover, New York 1988. Darin Kap. 2: ''Galileo and Torricelli.'' Seite 130, § 1 (''Galileo’s Statics''), daraus der Wortlaut; und [[Joseph-Louis Lagrange|J.-L. Lagrange]]: ''Mécanique Analytique.'' 3. Auflage (hrsg. v. M. J. Bertrand), 1. Teil, § 6, S. 8).</ref> Der zweite und der dritte Punkt haben – neben der galileischen Kinetik – vereinzelt den Weg in heutige Schulbücher gefunden.<ref>Zum ''Galilei-Pendel'' siehe bspw. F. Bader, F. Dorn: ''Physik 11 – Ausgabe A, Gymnasium Sek II.'' 10. Druckausgabe. Schroedel-Verlag, Hannover 2006, Seite 66.</ref><ref>Zur ''Goldenen Regel der Mechanik'' siehe etwa G. Boysen, H. Muckenfuß, H.-J. Wiesmann (Hrsg.): ''Physik für Gymnasien – Gesamtausgabe.'' Cornelsen, Berlin 2000, Seite 201.</ref> Die letzten zwei Punkte – das Relativitätsprinzip und das Trägheitsprinzip – werden historisch unzweifelhaft zum engeren Kreis der originellen Beiträge Galileis zur klassischen Dynamik gezählt.<ref>E. J. Dijksterhuis: ''Galileo Galilei.'' (1983) in: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': §§ 103 u. 117; S. 387 u. 395.</ref><ref>[[Bertrand Russell|B. Russell]]: ''Die Philosophie des Abendlandes.'' Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 443, Kap. 6: ''Der Aufschwung der Naturwissenschaft.''</ref> |
|||
=== Erweiterung der Statik: das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten === |
|||
==== Voraussetzung der Vorgänger ==== |
|||
Aus der Mechanik der aristotelischen Schule herkommend, gilt das archimedische [[Hebelprinzip]] als uneingeschränktes Axiom für alle erzwungenen Bewegungsformen. Angewendet auf jede Art von [[Einfache Maschine|einfacher Maschine]] wird es gelegentlich auch das ''peripatetische Grundgesetz der Mechanik'' genannt. Es beinhaltet die Aussage, dass, wenn alle Körper, seien sie nun frei beweglich oder miteinander verbunden, Kräften unterliegen, diese im umgekehrten Verhältnis zu den erzeugten Bewegungen stehen. Wenn diese Bewegungen wiederum in gleichen Zeitelementen stattfinden, wird mit dem Axiom das ''Prinzip der (virtuellen) Arbeit'' zum Ausdruck gebracht.<ref>É. Jouguet: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908. Teil 1, Seite 5 (Kap. I: ''Études des Statique: Un mot sur la mécanique péripatéticienne.'') und Seite 57 (Kap. III: ''Le principe du travail virtuel.'' § 1: ''Poids et vitesse.'').</ref><ref>P. Duhem (1905), ab Seite 255, hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>J. Klug (1900), hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'', Seite 3 f.: ''Einleitung: Rückblick auf die Zeiten vor Galilei; I. Aristoteles und Archimedes.''</ref> |
|||
[[Datei:Galilei (1634) Les Mecaniques Kap. 3.png|mini|'''(1)''' Fig. des schiefwinkligen Balkenhebels aus Galileis ''Le Mecaniche'' (1593/1634)<br />'''(2)''' Rekonstruktion aus Jouguet (1908)<br />'''(3)''' Galileis quantitative Erläuterung der ''Goldenen Regel der Mechanik'' am Hebel (aus ''Le Mecaniche'')]] |
|||
==== Galileis Vereinheitlichung auf Hebelmomente ==== |
|||
Galilei illustrierte das Verfahren am ''schiefwinkligen'' Hebel (siehe Abb. '''(1)''', um es zum einen ''für alle'' Bewegungen an einfachen Maschinen zu vereinheitlichen.<ref group="Anm.">[[Joseph-Louis Lagrange|J. L. Lagrange]] bemerkt in seinem historischen Einleitungskapitel der ''Mécanique Analytique'' (''Première partie: la statique'', ''Section première'': § 6, S. 8, in der 3. Auflage von 1853) dazu (ins Deutsche übersetzt): «In den ''Mécaniques'' von Galilei, erstmals im Französischen durch Pater Mersenne im Jahr 1634 veröffentlicht, wird das Gleichgewicht auf einer schiefen Ebene auf das eines Hebels mit zwei gleichen Hebelarmen zurückgeführt […], indem das einem angewinkelten Hebelarm anbrachte Gewicht so betrachtet wird, als wäre es an einem entsprechend horizontalen angehängt […] Man kann sagen, dass hier wohl der erste direkte Beweis vorliegt, der vom Gleichgewicht auf einer schiefen Ebene erhältlich sein dürfte». Außerdem heißt es in § 16, S. 18: «''Galilei'' hat dann [das Prinzip der virtuellen Arbeit] an der schiefen Ebene wiedererkannt wie auch an den Maschinen, die davon abhängig sind, und er hat es als eine allgemeine Eigenart des Gleichgewichts von Maschinen bemerkt.»</ref> Und andererseits erfüllt Galilei die Idee eines ''Erhaltungsprinzips'' für die gesamte Technik und Mechanik.<ref>Siehe hier Abschnitt ''Neuzeitliches Naturverständnis'' für die Vereinheitlichung zur gesamten Natur. Siehe auch hier ''Kompensationsprinzip'' und ''Erhaltung der mechanischen Energie.''</ref> |
|||
Hierfür begreift er die Hebelwirkung eines schiefwinkligen Hebelarmes entsprechend der Momentenwirkung auf die Horizontalprojektion (siehe Abb. '''(2)'''). Dadurch verringert sich die (virtuelle) Bewegungswirkung auf die Armlänge <math>|CK|</math>.<ref>Siehe dazu die Rekonstruktion in [[Émile Jouguet|É. Jouguet]]: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908, Kap. 1 (''Le Levier''), § 4 (''L’usage du principe du levier''), S. 30, daraus auch Abb. (2).</ref> |
|||
Wann immer nun ein Potential zur Bewegung<ref>Ein antreibendes ‚Moment‘, so würde Galilei es sagen, siehe dazu den Abschnitt ''Moment'' hier.</ref> vorhanden ist, muss es aus dem Gleichgewichtsfall „virtuell“ folgen können. Die Geschwindigkeit wird diesem Potential entsprechend ''eindeutig'' mitgeteilt.<ref group="Anm.">Dass diese ''Reduktion'' in allen Fällen gelingt, ist der Teil, der Galileis Verdienst in der ''Mechanik'' im Besonderen ausmacht. Das wird entweder das ''Prinzip der virtuellen Geschwindigkeit'' genannt, wenn als punktuelle Größe <math>m \cdot \delta v</math> dem Prinzip zugrunde liegt (so v. a. in Lagrange (1853)<sup>3</sup>). Mit der Masse ''m'' erhält dieser Term (bei Descartes, Wallis und Newton) die Bedeutung des Impulses <math>p = m \cdot v</math>. Wenn hingegen als punktuelle Größe <math>F \cdot \delta v</math> dem Prinzip zugrunde liegt, so wird hierin explizit die antreibende Kraft <math>F</math> hervorgehoben. Man spricht dann vom ''Prinzip der virtuellen Leistung'' mit der Leistung (‚puissance‘) <math>P = F \cdot v</math>. Sie wird von Galilei selbst weithin mit dem ‚Moment‘ identifiziert, bleibt aber in diesen Hinsichten zunächst indifferent (siehe dazu Duhem (1905), hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': S. 48; Dugas (1954): ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954, (IV.3: ''Concepts Galiléens'', S. 73; sowie J. Klug (1900), hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': S. 40).</ref> |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[…] que ces deux corps [par ex. en ce cas (1) ''H'' et ''G''] ne pesent pas seulement également, quand leurs distances d’avec l’appuy, ou le point d’où ils sont suspendus, sont en raison reciproque de leurs pesanteurs, mais aussi que c’est une mesme chose que si l’on attachoit des poids égaux à des distances égales: de sorte que la pesanteur [par ex. de ''H''] s’estend er se communique en quelque maniere virtuellement par delà le soustien [en ''C''], duquel la pesanteur [de ''G''] s’éloigne, et se retire, comme l’on peut comprendre par ce discours. |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Le Mecaniche'' (1634) |
|||
|Übersetzung=[…], dass die zwei Körper [für diesen Fall '''(1)''' in ''B'' und ''A''] nicht nur gleich viel wiegen, wann immer ihre Abstände zur Aufhängung oder auch zum Punkt, von dem aus sie angehängt sind, im umgekehrten Verhältnis zu ihren Gewichten sind, sondern auch so, dass es dasselbe ist, wenn man die gleichen Gewichte in gleichen Abständen anbringen würde: und zwar derart, dass das Gewicht [z. B. von ''H''] sich in einer virtuellen Weise über die Stütze [in ''C''] hin erstreckt und mitteilt, von wo die Schwere [von ''G'' aus] sich entfernt und zurückzieht, wie es einem über diese Abhandlung verständlich werden kann. |
|||
|ref=<ref>Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée'', in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 451 (Kap. 4: ''Dans lequel l’un des principes generaux des Mechaniques est expliqué'' / In welchem ein allgemeines Prinzip der Mechaniken erklärt wird). Hervorhebung im Zitat nachträglich ergänzt.</ref>}} |
|||
Formal bringt Galilei hierin den Gleichgewichtsfall eines [[Drehmoment]]s am Hebel zum Ausdruck und behauptet, dass keine anderen Größen relevant sind, um auf das dynamische Ungleichgewicht zu schließen.<ref>Man vgl. dazu die entsprechende Rekonstruktion in Szabó (1977/1996), Seite 64 (A5: ''Der philosophische Streit um das wahre Kraftmaß''), in der hier angeg. ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref> Sei dazu <math>\phi = \sphericalangle (BCG) = \sphericalangle (DCI)</math> der Neigungswinkel des Hebels aus Abb. '''(3)''', die Gewichtskräfte auf die Gewichte in ''B'' und ''D'' entsprechend <math>F_G^B, \, F_G^D</math>, so verhalten sich die (virtuellen) Geschwindigkeiten <math>v_B, \, v_D</math> entsprechend diesem Prinzip so: |
|||
:<math>F_G^B : F_G^D = v_D : v_B \, = \, \frac{h_{ID}\Delta \phi}{\Delta t} : \frac{h_{BG}\Delta \phi}{\Delta t} = h_{ID} : h_{BG}</math> |
|||
==== Die Goldene Regel der Mechanik ==== |
|||
Das Prinzip enthält also implizit für ''gleiche'' Zeitelemente <math>\Delta t</math> die sogenannte [[Goldene Regel der Mechanik]], die sich auf die statischen Höhen <math>h_{BG}, \, h_{ID}</math> zurückführen lässt. In der kommentierenden Ergänzung von [[Marin Mersenne|M. Mersenne]] wird sie so formuliert, wie sie heute auch im Gebrauch und bekannt ist: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[…] de sorte que [en ce cas du point ''B'' au levier de fig. (3)] ne gaigne rien de force qu’il ne le perde en chemin, et [''D''] tout au contraire ne gaigne rien en chemin qu’il ne le perde en force. |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Le Mecaniche'' (1634) |
|||
|Übersetzung=[…] in der Weise, dass [im Fall von Punkt ''B'' am Hebel aus Abb. (3)] er nichts an Kraft gewinnt, was er nicht an Weg verliert und [Punkt ''D''] ganz im Gegensatz dazu nichts an Weg gewinnt, was er an Kraft nicht verliert. |
|||
|ref=<ref>Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée'', in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 459 (Kap. 6, ''II. Addition'': ''De la Romaine, de la Balance, et du Levier'' / Von der Balkenwaage, der Drehwaage und vom Hebel).</ref>}} |
|||
==== Das Kompensationsprinzip ==== |
|||
Allgemein betrachtet bringt Galilei hierin den Erhaltungsgedanken zum Ausdruck, dass die Größen der Kraft, der Strecke und der benötigten Zeit sich bei allen Maschinen und technischen Verfahren gegenseitig wieder ausgleichen oder „kompensieren“.<ref>P. Duhem (1905), Seite 249; hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>Siehe dazu auch Gatto (2017), hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': S. 76, 87.</ref> Es handelt sich um die begriffliche Darstellung des Prinzips der virtuellen Geschwindigkeiten. |
|||
Am Beispiel des Hebels (Abb. '''(3)''') erläutert Galilei es damit, |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[…] que la vistesse du poids ''D'', qui descend en ''I'' surpasse celle du poids ''B'' qui monte en ''G'', que la pesanteur de ''B'' est plus grand que celle de ''D''; et que l’on ne peut élever ''B'' que ''D'' ne se meuvre plus viste: ''parce que la vistesse de D recompense la grande resistence de B'', qui monte lentement en ''G'', tandis que ''D'' descend bien viste en ''I'', de sorte que ''G'' a autant de tardiveté que de pesanteur, comme ''D'' a autant de vistesse que de legereté. |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Le Mecaniche'' (1634) |
|||
|Übersetzung=[…] dass die Geschwindigkeit des Gewichtes ''D'', welches nach ''I'' herabsinkt, in dem Maße die des Gewichtes in ''B'', das nach ''G'' steigt, übertrifft wie die Schwere von ''B'' größer als die von ''D'' ist; und dass man ''B'' nicht weiter anheben kann, sofern sich ''D'' nicht weiterbewegen lässt. ''Denn die Geschwindigkeit von D gleicht den großen Widerstand des Gewichtes von B aus'', welches hingegen nur langsam nach ''G'' ansteigt, während ''D'' recht schnell nach ''I'' herabsinkt, und zwar so, dass ''G'' die Langsamkeit ebenso wie ihre Schwere hat, wie auch ''D'' ihre Schnelligkeit ebenso wie ihre Leichtigkeit hat. |
|||
|ref=<ref>Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée'', in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 454 (Kap. 5, ''Où l’on void quelques avertissemens sur le discours precedent'' / Worin man einige Verwarnungen zur vorigen Auseinandersetzung sieht). Die Hervorhebung wurde nachträglich ergänzt.</ref>}} |
|||
Die Einteilung des längeren Hebelarms in fünf äquidistante Abschnitte (in derselben Abb. '''(3)''') dient Galilei zur näheren Erläuterung, dass das kompensierende Verhältnis zwischen Gewichtskraft und Geschwindigkeit (als Strecke pro Zeiteinheit) immer quantitativ zu verstehen ist.<ref group="Anm.">In Bezug auf die [[Winkelgeschwindigkeit#Bahngeschwindigkeit|Drehbewegung]] <math>v = s \cdot \frac{\Delta \phi}{\Delta t}</math> wird hierbei die Variation der [[Leistung (Physik)|Leistungsgröße]] <math>\delta P = \delta \bigl(F \cdot\ v \bigl) = \delta \left(F \cdot s \cdot \frac{\Delta \phi}{\Delta t} \right) = 0</math> informell dargestellt. Es bleibt zum besseren Verständnis zu beachten, dass in Galileis Erläuterung ein Kraftwirkung <math>F</math> proportional zur Geschwindigkeit <math>v</math> (''Axiom des Aristoteles'') und ''nicht'' zur Geschwindigkeitsänderung (Beschleunigung) angenommen wird. Siehe dazu auch E. J. Dijksterhuis (1983), hier unter ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''; Teil IV (''Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft''): §§ 91, 96, S. 380, 383.</ref> Die hierin enthaltene Widerlegung eines Leistungsgewinns durch eine Maschine, die Widerlegung eines [[Perpetuum mobile]], sei daher in voller Länge wiedergegeben: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Mais l’avantage de ces 3 instrumens ne consiste pas à surmonter, ou à tromper la nature, en faisant qu’ une petite force [ital. ''la forza''] surmonte une grande resistence, car on fera le mesme effet in mesme temps, et avec mesme force dans la distance ''CD'', laquelle est cause que la force ''D'' a cinq fois plus de chemin à faire de ''D'' en ''I'', que le poids n’en fait de ''B'' en ''G'', et consequemment elle employe 5 fois plus de temps que si elle estoit en ''L'', pour se transporter en ''M''. Or la force ''D'' estant en ''L'' levera la cinquiesme partie du poids ''B'' de ''B'' en ''G'', en mesme temps que ''D'' leve ''B'', de sorte qu’elle levera tout le poids ''B'' en ''G'' en repetant 5 fois le chemin ''LM''; ce qui est la mesme chose que de faire une fois le chemin ''DI'': et consequemment le transport de ''B'' en ''G'' ne requiert pas moins de force, ou moins de temps, ou chemin plus court, soit que l’on mette la force en ''D'', ou en ''L''. |
|||
|Sprache=fr |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Le Mecaniche'' (1634) |
|||
|Übersetzung=Aber der Vorteil dieser 3 Instrumente besteht nicht darin, zu bezwingen oder die Natur zu überlisten, so dass eine kleine Kraft [ital. ''la forza''] einen großen Widerstand überwältigen könnte. ''Denn man wird immer dieselbe Wirkung in derselben Zeit erlangen, mit derselben Kraft in demselben Abstand CD''. Der Grund besteht darin, dass die Kraft [in] ''D'' einen fünfmal so langen Weg hat, um von ''D'' nach ''I'' zu gelangen, als das Gewicht [in ''B''] hat, um ''B'' nach ''G'' zu bringen. Und folglich wendet sie fünfmal so viel Zeit auf, als wenn sie in ''L'' wäre, um sich nach ''M'' zu bewegen. Dadurch, dass die Kraft von ''D'' sich nun in ''L'' befindet, hebt sie nur den fünften Teil des Gewichtes ''B'' von ''B'' nach ''G'' an, und das in derselben Zeit genommen, in der ''D'' das Gewicht in ''B'' anhebt. In der Weise wird jene Kraft das ganze Gewicht ''B'' nach ''G'' anheben, indem der Weg ''LM'' 5 mal wiederholt wird; das ist dieselbe Sache wie einmal den Weg ''DI'' zu erbringen. Und folglich erfordert der Transport von ''B'' nach ''G'' entweder weniger Kraft oder weniger Zeit oder auch einen kürzeren Weg, je nachdem ob man die Kraft in ''D'' oder in ''L'' ansetzt. |
|||
|ref=<ref>Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée.'' In der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 458 (Kap. VI, ''De la Romaine, de la Balance, et du Levier'' / Von der Balkenwaage, der Drehwaage und vom Hebel). Die Hervorhebung wurde nachträglich ergänzt.</ref>}} |
|||
=== Erhaltung der mechanischen Energie === |
|||
[[Datei:Galilei Discorsi inclined plane.png|mini|Darstellung der Schiefen Ebene in Galileis ''Discorsi'' (1638) am dritten Tag (oben)<br />Illustration der physikalischen Größen (unten)]] |
|||
Galileis ''Discorsi'' geben mehrere Beispiele dafür her, dass alle mechanischen Vorgänge von einer dynamischen Erhaltungsgröße beherrscht werden. Auch hier lässt sich Galilei von den Ergebnissen an der schiefen Ebene bzw. am schiefen Hebel leiten, stellt sie dort als „bekannte Tatsache“ hin. Hier wird der Begriff der ‚''Energie''‘ (‹l’energia›) als informelles [[Potential (Physik)|Potential]] eingeführt, das gleichbedeutend sein soll mit einem ‚Moment‘ (‹il momento des descendere›), mit einem ‚Talent‘ (‹il talento›), einem ‚Impetus‘ oder ‚Impuls’ (‹l‘impeto›) und das die (virtuelle) Geschwindigkeit des Körpers auf der [[Schiefe Ebene|schiefen Ebene]] definiert.<ref>Siehe den italienischen Wortlaut in Galilei: ''Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze.'' (S. 216), Giornata Terza (1638); und in der Übersetzung in der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 27 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
Im Folgenden illustriert Galilei, dass die „Änderung des Impulses“ (‹mutazione d’impeto›) oder die Änderung der potenziellen Energie die relevante Erhaltungsgröße ist.<ref group="Anm.">An derselben Stelle identifiziert Galilei die Horizontale als den geometrischen Ort, an dem ein Körper ‹keinen Impuls› erfährt, da er sich dem Weltmittelpunkt (der ''allgemeine Schwerpunkt'' in damaliger Mechanik) weder nähert noch entfernt. Auf dieser Position ist der Körper gegenüber Bewegungen «indifferent», d. h., er könne sich gleichförmig bewegen oder in Ruhe bleiben. Diese Idee der Äquipotentiallinie ist also bei Galilei mit seiner Bedeutung des ''Trägheitsprinzips'' verbunden. Dieser Erhaltungsgedanke wird später von seinem Schüler E. Torricelli zu einem [[Torricelli-Prinzip|mechanischen Prinzip]] erhoben. Es besagt: ‹In allen körperlichen Zusammensetzungen sinkt der gemeinsame Schwerpunkt nicht, sondern bleibt statisch erhalten.› Sämtliche hier genannte Wortlaute aus Galilei: ''Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze.'' S. 217, Giornata Terza (1638); und in der Übersetzung in der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 28 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''). Siehe auch É. Jouguet: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908, Teil 1, Seite 61: ''Études des Statique: Le principe du travail virtuel.''</ref> |
|||
Die Erhaltung der Energie wird daraus gefolgert: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Die Geschwindigkeiten eines mit natürlicher Bewegung von gleichen Höhen über verschieden geneigten Ebenen herabfallenden Körpers sind bei Ankunft am Horizonte stets gleich gross, wenn man die Widerstände entfernt hat. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 30 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref>}} |
|||
'''Die schiefe Ebene:''' Mit Blick auf Galileis gleichzeitige Ergebnisse in der Kinetik des freien Falls fasste er diese These ‚energetisch’ auf. Denn Galilei behauptet auch, dass sich die entsprechenden Fallhöhen wie die «Quadrate der Geschwindigkeiten» verhalten.<ref>Man vergleiche sowohl die Passage in A. v. Oettingen: Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, Seite 30, als auch den anmerkenden Kommentar auf S. 124. Auch die folgenden Wortlaute finden sich auf derselben Seite.</ref> Es gilt demnach bei gegebener Höhe ''h'' und Endgeschwindigkeit ''v'': |
|||
:<math>h \thicksim v^2</math> bzw. <math>h \, = \, \beta \cdot v^2</math>. |
|||
Der richtige Vorfaktor (<math>\beta = 1/2g</math>) bleibt in Galileis Schriften noch unbestimmt, da sämtliche Momentensätze nach damaligem Stand der Mathematik als [[Quotient#Proportionen|Verhältnisgleichungen]] ausgedrückt wurden.<ref>Siehe dazu [[René Dugas|R. Dugas]]: ''A History of Mechanics.'' Engl. Ausgabe des französ. Originals von 1955. Dover, New York 1988, Seite 130, Teil 2: ''The Formation of Classical Mechanics.'' Kap. II: ''Galilei and Torricelli.''</ref><ref group="Anm.">Galilei meint also das Verhältnis für verschiedene Höhen <math>h_1</math> und <math>h_2</math>, das hier lauten muss <math>\frac{h_1}{h_2} = \frac{v_1^2}{v_2^2}</math>. Auch aus diesem Grunde blieben die Energiegrößen <math>E_\text{pot} = m \cdot g \cdot h</math> und <math>E_\text{kin} = \frac{1}{2} \cdot m \cdot v^2</math> für Galilei noch außer Reichweite.</ref> |
|||
Die Verbindung zum (heutigen) Energiebegriff gelingt, weil Galilei die (virtuelle) Geschwindigkeitszunahme an der schiefen Ebene aus der ''Goldenen Regel der Mechanik'' folgert. In heutige, rekonstruierte Begriffe übersetzt (siehe ''Abb.'') beinhaltet es das Verhältnis der Gewichte <math>m_1</math> und <math>m_2</math>, damals noch nicht streng von den einwirkenden Kräften <math>F_G</math> (Gewichtskraft) und <math>F</math> (schräg wirkende [[Hangabtriebskraft]]) unterschieden,<ref>P. Duhem (1905), Seite 255. Hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref> und liefert entsprechend |
|||
:<math>F_G : F \,=\, l : h = \underbrace{\sin\bigl(90^\circ \bigr)}_{=1} : \sin\bigl(\varphi \bigr)</math>. |
|||
Bezogen auf die schiefe Ebene sagt das in Worten aus, «dass die Momente ein und desselben Körpers längs Ebenen verschiedener Neigungen wie ''FA'', ''FJ'' bei gleicher Höhe [und Moment ''FH''], sich umgekehrt verhalten wie die Längen dieser Ebenen.»<ref>Galilei: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen.'' (1638/1891<sup>1</sup>), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 30.</ref><ref>P. Duhem (1905), Seite 245; hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref group="Anm.">Galilei versteht somit in diesem energetischen Fall das ''Moment'' als heutige [[Arbeit (Physik)|Arbeitsgröße]] <math>W = F \cdot s</math>. Siehe dazu v. a. J.-L. Lagrange: ''Mécanique Analytique.'' 3. Auflage, hrsg. v. M. J. Bertrand. 1. Teil, § 16, S. 18: Section première: ''Sur les différents principes de la Statique.'' Und § 16, S. 18: Troisème Section: ''Propietés Generales de l’Équilibre d’un système de Corps.''</ref> |
|||
[[Datei:Pendolointerrotto.png|mini|Gehemmtes Pendel: Abb. 5 aus dem ''dritten Tag'' der ''Discorsi'' (1638)]] |
|||
Der korrekte Schluss auf die Endgeschwindigkeit gelingt dadurch, dass der körpereigene Impetus, nach Galilei gleichbedeutend mit einer Form der potenziellen Energie,<ref>Seite 63 von R. Dugas: ''Galilée.'' Kap. IV (S. 61–89) in: ''La Mécanique au XVIIe Siècle.'' Dunod, Paris 1954.</ref> vollständig in ungebundene Bewegung freigesetzt wird. |
|||
'''Das Hemmungspendel:''' An anderer Stelle führt Galilei das nach ihm benannte ''[[Hemmpendel|Hemmungspendel]]'' ein.<ref>Siehe etwa den Eintrag ''Hemmungspendel (Galilei-Pendel)'' im Schulportal [https://www.leifiphysik.de/mechanik/mechanische-schwingungen/ausblick/hemmungspendel-galilei-pendel leifiphysik.de] (abgerufen am 17. Dezember 2023).</ref><ref>Siehe auch I. Szabó (1977/1996), hier in der ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''. Kap. A2: ''Die Anfänge der Mechanik.'' Seite 52 f.</ref> Er argumentiert entsprechend der Energieerhaltung, dass alle Pendel, die aus gleicher Auslenkung starten, dasselbe ‚Moment‘ besitzen und trotz Hindernis und Verkürzung der Fadenlänge auf der anderen Seite dieselbe Höhe erreichen werden.<ref>Galilei: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen.'' (1638/1891<sup>1</sup>), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften'': Seite 19 f.</ref> Wie in der Abbildung dargestellt, sollen einzelne Nägel in den Punkten E und F als Hindernisse dienen: Das verkürzte Pendel erreicht dann anstelle des Punktes D die Punkte G und I, die auf derselben Höhe liegen. |
|||
=== Einschränkung der peripatetischen Dynamik: der freie Fall === |
|||
Ein allgemeines Axiom der peripatetischen Dynamik und Bewegungslehre geht auf das VII. Buch der ''Physik'' von ''Aristoteles'' zurück und wird gelegentlich auch ''Axiom des Aristoteles'' bezeichnet.<ref group="Anm.">Der Begriff ‹Axiom des Aristoteles› ist [[Pierre Duhem|P. Duhem]]: ''Les Origines de la Statique'' – 2. Teil. Paris 1906: Note A (''Sur l’Axiome d’Aristote''), ab Seite 291, entnommen.</ref><ref>Wiedergegeben in [[Émile Jouguet|É. Jouguet]]: ''Lectures de Mécanique.'' Gauthier-Villars, Paris 1908: Seite 2: ''Introduction – Un Mot sur la Mécanique Péripatèticienne.''</ref> Das Axiom besagt, |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=dass Körper von verschiedenem Gewicht [d. h., auf die verschiedene Schwerkräfte wirken] in ein und demselben Mittel sich mit Geschwindigkeiten bewegen, die ihren Gewichten proportional sind […]. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 59 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref>}} |
|||
Galilei vertritt, seiner Zeit gemäß, die gegenteilige These, dass alle Körper, unabhängig von ihrem Gewicht, „stets in demselben Augenblick ankommen“.<ref>Wortlaut aus G. Galilei (1638/1891)<sup>1</sup>, S. 69 (siehe hier ''Literatur'' → ''Schriften'').</ref> Neben den empirischen Beobachtungen zu den Fallversuchen kann er ein rationales Widerspruchsargument anbringen, das historische Beachtung gefunden hat.<ref>Siehe Kap. 3 (''Galileo's Scientific Story'') in P. Machamer: ''Galileo Galilei.'' Entry 2011 in [[Stanford Encyclopedia of Philosophy]]. Hier unter ''Weblinks'' → ''Überblicksseiten''.</ref><ref>[[Ernst Mach|E. Mach]]: ''Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch-kritisch dargestellt.'' 3. Auflage, Brockhaus, Leipzig 1897: S. 200.</ref> Dazu stellt sich Galilei vor, dass ein schwerer und ein leichter Körper, miteinander verbunden, gemeinsam frei herunterfallen. Nach Voraussetzung des Axioms von Aristoteles müsste der leichtere Körper, weil er langsamer fällt, einen Widerstand gegen den schweren und schneller fallenden Körper aufbauen. Die widersinnige Folge dieser Annahme ist offensichtlich: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Aber wenn dieses richtig ist, und wenn es wahr wäre, dass ein grosser Stein sich z. B. mit 8 Maß Geschwindigkeit bewegt, und ein kleinerer Stein mit 4 Maß, so würden beide vereinigt eine Geschwindigkeit von weniger als 8 Maß haben müssen; aber die beiden Steine zusammen sind doch grösser, als jener größere Stein war, der 8 Maß Geschwindigkeit hatte; mithin würde sich nun der größere langsamer bewegen, als der kleinere, was gegen Eure Voraussetzung [d. i. die des ''Simplicio''] wäre. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 58 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
Mithin müssten die beiden verbundenen Körper eine gemeinsame Pendelschwingung ausführen, die allerdings nicht beobachtet werden kann.<ref group="Anm.">Das Argument wird formal in E. Mach: ''Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch-kritisch dargestellt.'' 3. Auflage (Brockhaus) Leipzig 1897, S. 200, präzisiert: Die beiden Körper wären beim freien Fall unterschiedlich stark beschleunigt, würden folglich unterschiedlichen Erdbeschleunigungen <math>g \neq \gamma \neq 0</math> unterliegen. Das ergäbe dann eine Beschleunigungsdifferenz <math>\Delta g := \left \vert g - \gamma \right \vert > 0</math> und eine resultierende Schwingungsdauer <math>T = \pi \sqrt{\frac{l}{\Delta g}} > 0</math>.</ref> Die Körper üben beim freien Fall keinen Druck aufeinander aus. |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Fühlen wir nicht die Last auf unseren Schultern, wenn wir uns stemmen wollen gegen die Bewegung derselben; wenn wir aber mit derselben Geschwindigkeit uns bewegen, wie die Last auf unserem Rücken, wie soll dann letztere uns drücken und bewegen? |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 58 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref>}} |
|||
=== Relativitätsprinzip === |
|||
Die Spekulationen über Ruhe und einfache Bewegungen ebnen zugleich den Weg zu Galileis [[Relativitätsprinzip]] aller gleichförmigen Bezugssysteme.<ref>Ausführliche Diskussion dieses Punktes findet sich vor allem in C. Vilain: ''La Méchanique de Christian Huygens – La Relativité du mouvement au XVII.Siècle.'' Paris 1996. Chap. 2 (''Relativité Galiléen'').</ref> Die von [[Johannes Buridan]] und [[Francis Bacon]] beobachtete Tatsache, dass die rein mechanischen Vorgänge wie Fall und Stoß auf einem gleichmäßig bewegten Schiff genau so ablaufen wie an Land, verallgemeinerte Galilei zu einem neuen Relativitätsprinzip: Danach gibt es bei den beobachtbaren Vorgängen keinen absoluten Unterschied zwischen Ruhe und (gleichförmiger) Bewegung. Vor allem im ''Dialogo'' (1632) wird an mehreren Stellen des ''ersten und zweiten Tages'' infrage gestellt, ob ein fester und abstrakter „Weltmittelpunkt“ existiere.<ref>Siehe ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' Siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'', Seiten 193 und 217.</ref> Die Erde als Weltmittelpunkt, wie es die traditionelle aristotelische Philosophie forderte, setzt zugleich ihre Ruhe und ein festes Bezugssystem voraus. Die Besonderheit und Radikalität dieser Überlegungen Galileis besteht darin, dass er nicht nur die Idee eines Inertialsystems voraus nimmt, sondern auch für kreisförmige, beschleunigte Bezugssysteme gleichermaßen angenommen hat.<ref>Siehe P. Feyerabend: ''Naturphilosophie.'' Seite 210 in: A. Diemer, I. Frenzel: ''Philosophie.'' Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958.</ref> Dieses allgemeine Relativitätsprinzip Galileis hatte maßgeblichen und direkten Einfluss auf das Werk von Huygens und mittelbar auf dasjenige Newtons und Einsteins.<ref>Siehe v. a. C. Vilain: ''La Méchanique de Christian Huygens – La Relativité du mouvement au XVII.Siècle.'' Kap. 5 und 7. Paris 1996.</ref><ref>A. Einstein: ''Vorwort zu Galileis ‹Dialogo›.'' (1952), S. x in S. Drake: ''Dialogue.'' (1632/1967), in den hier angegebenen ''Schriften''.</ref> |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Die Bewegung ist nur insofern Bewegung und wirkt nur als solche, als sie in Bezug steht zu Dingen, die ihrer ermangeln. Unter Dingen aber, die alle gleichmäßig von ihr ergriffen sind, ist sie wirkungslos, so gut, als ob sie nicht stattfände. […] |
|||
Wenn er [Aristoteles] schreibt, dass alles, was sich bewegt, sich auf etwas Unbewegtem bewege, so vermute ich, dass dies mißverständlich gesagt ist statt: alles, was sich bewegt, bewegt sich in Bezug auf etwas Unbewegtem. Diese Behauptung hat nicht die geringste Schwierigkeit, die andere ihrer viele. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seiten 215 f.</ref> |
|||
}} |
|||
=== Trägheitsprinzip === |
|||
Die dynamische Ursachenfrage der neu betrachteten gleichförmigen Bewegung führte Galilei zugleich weiter zur Aufstellung einer Vorform des [[Trägheitsprinzip]]s, denn wenn die gleichförmige Mitbewegung eines Körpers mit einem Schiff von einem Mitfahrer des Schiffs genau so gut auch als Ruhe angesehen werden kann, dann erfordert die Aufrechterhaltung dieser Bewegung offenbar keine dauernd wirkende äußere [[Kraft]].<ref name="Drake 1999">{{Literatur |Autor=Stillman Drake |Titel=Galilei |Verlag=Herder |Ort=Freiburg |Datum=1999}}</ref><sup>(S. 65), </sup><ref name="Barbour 1999">{{Literatur |Autor=Julian B. Barbour |Titel=Absolute or Relative Motion? |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge (GB) |Datum=1999}}</ref><sup>(Kap. 7), </sup><ref name="Torretti 1999">{{Literatur |Autor=Roberto Torretti |Titel=The Philosophy of Physics |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=1999}}</ref><sup>(Kap. 1.4)</sup> In seiner endgültigen Form wurde das Trägheitsprinzip, dem zufolge die kräftefreie Bewegung geradlinig ist (und nicht etwa kreisförmig) – und dies auch für die Bewegung der Himmelskörper gilt, erst von Newton klar ausgesprochen ([[Erstes Newtonsches Gesetz]]).<ref>[[Eduard Jan Dijksterhuis|E. J. Dijksterhuis]]: ''The Mechanization of the World Picture.'' Oxford University Press, 1961, S. 357.<br />Neudruck: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' IV, 121, Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983.</ref> |
|||
[[Datei:Thought-experiment-on-inertia.svg|mini|Galileis Trägheitsprinzip im gedanklichen Grenzgang eines horizontalen Nullmoments]] |
|||
Die Formulierung Galileis orientiert sich dabei ganz an der damals verbreiteten Vorstellung der [[Trägheit#Impetustheorie|Impetustheorie]], nach der jeder Körper die Tendenz zur Beibehaltung des Bewegungszustandes in sich trägt.<ref group="Anm.">Die Impetustheorie kann bis auf [[Albert von Rickmersdorf|Albert von Sachsen]] und [[Johannes Buridan|J. Buridan]] zurückverfolgt werden. Siehe dazu insbes. [[Pierre Duhem|P. Duhem]]: ''Études sur Léonard de Vinci.'' S. 1–52, Kap. 1:''Albert de Saxe.'' Paris 1906. Der Einfluss bis Galilei wird dokumentiert in P. Duhem: ''Les Origines de la Statique.'' 1. Teil, Paris 1905, Kap. XI: ''Galileo Galilei.'' S. 236–263.</ref> |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Indes ist zu beobachten, dass der Geschwindigkeitswert, den der Körper aufweist, in ihm selbst unzerstörbar enthalten ist (''impresso''), während äußere Ursachen der Beschleunigung oder Verzögerung hinzukommen, was man nur auf horizontalen Ebenen bemerkt, denn bei absteigenden nimmt man Beschleunigung wahr, bei aufsteigenden Verzögerung. Hieraus folgt, dass die Bewegung in der Horizontalen eine unaufhörliche sei: denn wenn sie sich stets gleich bleibt, wird sie nicht geschwächt oder aufgehoben, geschweige denn vermehrt. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1891). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1891<sup>1</sup>, auf Seite 57 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
Galilei begreift die Tendenz zur gleichförmigen Bewegung als ein Null-Niveau des (Dreh-)Momentes an einem gedachten Hebel auf, gleichbedeutend mit einem Niveau von gleichem energetischem Potential.<ref group="Anm.">Heute spricht man von einer [[Äquipotentialfläche]]. Der prinzipielle Charakter dieser rein ''statischen'' Aussage wurde von Galileis Schüler [[Evangelista Torricelli|E. Torricelli]] zu einem nach ihm benannten mechanischen [[Torricelli-Prinzip|Prinzip]] erhoben.</ref> Es gibt für den Körper keinen äußeren (kausalen) Grund, von der Gleichförmigkeit der Bewegung abzuweichen. Das schließt auch kreisförmige Bewegungen mit ein, weshalb das Trägheitsprinzip hier nicht dezidiert für geradlinige Bewegungen formuliert wird.<ref>P. Feyerabend: ''Naturphilosophie.'' In: A. Diemer, I. Frenzel: ''Philosophie.'' Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958, S. 210. Das erste explizite Vorkommen der geradlinige Bewegung kommt erst durch das Werk von [[Christiaan Huygens|C. Huygens]] hinzu.</ref> |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=''Salv.'' [W]enn aber kein Grund für eine Verzögerung vorliegt, so kann um so weniger ein solcher für ein völliges Stillestehen vorliegen. Wie lange muss demnach der Körper fortfahren, sich zu bewegen? |
|||
''Simpl.'' So lange, als die Ausdehnung dieser weder steilen noch geneigten Fläche vorhält. |
|||
''Salv.'' Wäre diese Länge also unbegrenzt, so würde die Bewegung auf ihr gleichfalls ohne Grenzen sein, d. h. ewig, nicht wahr?. […] Eine Fläche, welche weder abschüssig noch ansteigend ist, muss also in allen ihren Teilen gleich weit entfernt vom Mittelpunkt sein. Gibt es denn nun solche Flächen in der Welt? |
|||
''Simpl.'' Daran fehlt es nicht. Da habt ihr die unseres Erdballs, vorausgesetzt, dass sie vollkommen glatt wäre und nicht rau und gebirgig, wie sie es tatsächlich ist […]. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seiten 238 f.</ref> |
|||
}} |
|||
Das galileische Trägheitsprinzip ist inhärent mit der Preisgabe eines ortsfesten Weltmittelpunktes verbunden, und daher direkt mit seinem Relativitätsprinzip. In der [[Physik (Aristoteles)|aristotelischen Physik]] musste die Erde noch als das einzig denkbare Ruhesystem an den Anfang gestellt werden.<ref>Siehe dazu § 3 (''Die Aristotelische Bewegungslehre.''), S. 80 f. in: P. Feyerabend: ''Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften.'' Kap. 5 der Schrift ''Realismus und Instrumentalismus zur Logik der Unterstützung durch Tatsachen.'' Vieweg, Wiesbaden 1978.</ref> Nach Galileis Argumentation darf die Erde zwar weiterhin das ausgezeichnete Bezugssystem aller Physik und Mechanik sein, andere sich gleichförmig bewegende Bezugssysteme können aber nun nicht mehr ausgeschlossen werden, sind gleichwertig, wenn die Dynamik der irdischen Physik zur Physik aller Himmelskörper, aus gleicher Materie beschaffen, fortschreitet. Dieser Schritt zum modernen Trägheitsprinzip ist in Galileis Werk, auch gegenüber J. Kepler, neuartig.<ref group="Anm.">Siehe etwa S. 13, 38 und S. 56 in: S. Drake: ''Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1.'' Toronto/Buffalo/London 1999. In Kap. 2 (Part IV): ''Kepler and Galileo'', ab S. 340, heißt es dazu explizit (hier aus dem Englischen übersetzt): «In dem Maße, wie Galileo eine Physik der Planetenbewegungen in Aussicht hatte, war es auch eine Physik, welche beständige Kreisbewegung als das zu Erwartende herausstellt. Der Unterschied kann so gesehen werden: Keplers Programm verfehlte das Ziel, weil er dachte, dass die neue Astronomie irgendwie durch einen Rückgriff auf die alte Physik erklärt werden könnte; und Galileis Programm verfehlte das Ziel, weil er dachte, dass die neue Physik durch die alte Lehrmeinung unterstützt werden könne, dass die himmlischen Bewegungen keine weitere Erklärung nötig hätten.»</ref> |
|||
Galilei bemerkt an einer Stelle des ''Dialogo'' (1632) selbst, dass ein ‚Nullmaß‘ des Impetus nicht zwangsläufig mit dem Ruhezustand des Körpers verbunden sein muss: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Wenn die Naturkörper alle den Trieb [ital.: ''l’impeto''] zur Bewegung haben, so war es entweder unstatthaft, die Ruhe in die Definition der Natur mit aufzunehmen, oder es war unstatthaft, eine solche Definition an dieser Stelle einzuführen. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische'' (1632/1987). |
|||
|ref=<ref>In A. Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Seite 192.</ref>}} |
|||
=== Experimentelle Besonderheiten und Pendelgesetz === |
|||
Die gleichmäßig [[Beschleunigung|beschleunigte Bewegung]] beschäftigte Galilei über vierzig Jahre lang. Seine experimentelle Innovation bestand in der Verwendung einer Fallrinne als [[schiefe Ebene]], mit der er die [[Fallgesetz]]e auf einer verlangsamten Zeitskala studieren konnte. Die Beschleunigung bestimmte er über seinen [[Puls]], mit [[Wasseruhr]]en oder dadurch, dass der Körper ein rhythmisches Signal auslöst, wenn der Auslöser in geeigneten Abständen platziert ist. Für die Entwicklung der physikalischen Methode ebenso bedeutsam war Galileis Schritt, die aus Experimenten gewonnenen Kenntnisse dazu zu nutzen, weiterführende Experimente zu planen und durchzuführen: Er präparierte mithilfe der schiefen Ebene Körper, die eine definierte horizontale Geschwindigkeit besaßen, und konnte mit diesen die Experimente zum horizontalen Wurf anstellen. |
|||
[[Datei:Apollo 15 feather and hammer drop.ogv|mini|[[David Randolph Scott]], Commander der Mondmission [[Apollo 15]] (1971), demonstriert anhand einer Feder und eines Hammers, die er im luftleeren Raum auf dem [[Mond]] fallen lässt, [[Freier Fall#Galileis Fallgesetze|Galileis Fallgesetz]], dass alle Körper unabhängig von ihrer Masse gleich schnell fallen]] |
|||
Die verbreitete Geschichte über Galileis eigenhändig durchgeführte Fallversuche vom [[Schiefer Turm von Pisa|Schiefen Turm in Pisa]] sind als Legende einzustufen, denn es gibt keinen verlässlichen Beleg dafür.<ref group="Anm.">Es blieb nicht aus, dass Galilei einige der von ihm beschriebenen und als Beleg für die Korrektheit seiner Theorien ausgegebenen Experimente niemals selbst durchgeführt zu haben schien. Das gilt in wesentlichen Punkten als widerlegt (siehe [[Betrug und Fälschung in der Wissenschaft#Physik|Betrug und Fälschung in der Wissenschaft]]).</ref> Ebenso wurde und wird vereinzelt immer noch bezweifelt, dass Galilei die Versuche zur beschleunigten Bewegung auf der schiefen Ebene wirklich durchgeführt hat. Die Begründung beruhte ursprünglich darauf, dass im gesamten Nachlass Galileis, der Anfang des 20. Jahrhunderts publiziert worden war, fast keine Aufzeichnungen zu durchgeführten Messungen zu finden waren.<ref name="Koyré 1939">{{Literatur |Autor=[[Alexandre Koyré]] |Titel=Études galiléennes. (3 Bde.) |Verlag=Hermann |Ort=Paris |Datum=1939}}</ref> Jedoch fand in den 1960er Jahren [[Stillman Drake]], nachdem er selber in Florenz in das Archiv hinuntergestiegen war, zahlreiche Blätter von Galileis Hand, die in der Gesamtausgabe fortgelassen worden waren.<ref name="Drake">{{Literatur |Autor=[[Stillman Drake]] |Titel=Galileo At Work. His Scientific Biography |Verlag=University of Chicago Press |Ort=Chicago |Datum=1978 |ISBN=0-226-16226-5}}</ref> Es waren die Protokolle der Messungen, die bei der Zusammenstellung der Gesamtausgabe für unwichtig gehalten worden waren, weil auf ihnen nur wenig oder gar kein Text zu sehen war, dafür aber Skizzen und Zahlen.<ref>Digitalisiert zugänglich gemacht von der Nationalbibliothek in Florenz und dem [[Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte]], z. B. [https://www.imss.fi.it/ms72/HTML/F116_V/C116_V.HTM imss.fi.it].</ref> |
|||
Galilei hatte an der schiefen Ebene erstmals die Zunahme der Fallgeschwindigkeit nachgemessen und gefunden, dass sie nicht in [[diskret]]en Graden und nicht in Proportion zur durchlaufenen Strecke zunimmt, sondern dass sie in Proportion zur verstrichenen Zeit vom Wert null an stetig anwächst und bis zum Erreichen der Endgeschwindigkeit alle dazwischen liegenden Werte durchläuft. |
|||
Es gilt als gesichert, dass Galilei neben den Kugelexperimenten an der schiefen Ebene sämtliche Versuche an Faden[[pendel]]n, die ihn offenkundig faszinierten, eigenständig durchgeführt hat.<ref>Siehe Seite 25 in: Anna Mudry: ''Annäherungen an Galileo Galilei.'' Einleitung des Bandes 1 von Galilei: ''Schriften, Briefe, Dokumente.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005.</ref><ref>So auch Galilei selbst in ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen'' (1638/1890), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften'': Seite 75.</ref> Am ''ersten Tag'' seiner ''Discorsi'' widmet sich Galilei ausführlicher den Fallversuchen. Dabei erwähnt er die Pendelbewegungen als Zeit-Messinstrument<ref group="Anm.">Viviani (1654), hier in der ''Literatur'' → ''Biographien'', Kap. IX, S. 219, behauptet, Galilei sei der Erste gewesen, der das Pendel zur Zeitmessung herangezogen hätte.</ref> und benennt das für [[Mathematisches Pendel|Punktmassenpendel]] richtige Ergebnis, dass die Schwingungsdauer <math>T</math> – analog dem freien Fall – unabhängig von der Pendelmasse <math>m</math> gleich bleibt (abzüglich Luftwiderstand). Außerdem stellt er die korrekte Aussage auf, dass <math>T</math> allein proportional zur Quadratwurzel der Fadenlänge ist: <math>T \thicksim \sqrt{l}</math>.<ref>Seite 76 und S. 84 in: G. Galilei: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen.'' (1638/1890), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften''.</ref> |
|||
=== Festigkeitslehre === |
|||
Die [[Festigkeitslehre]] geht aus dem ''zweiten Tag'' der ''Discorsi'' hervor.<ref>Siehe dazu das Original G. Galilei: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen'' (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften'': S. 93–125.</ref> Nachdem Galilei noch am ''ersten Tag'' allgemeine Merkmale der Festigkeit aller Materie (''[[Kohäsion (Chemie)|Kohärenz]]'' im altertümlichen Sinne) untersuchte, die v. a. an die aristotelisch-scholastischen Überlieferungen anknüpfen,<ref group="Anm.">Galileis Schriften sind überwiegend frei von Quellen- und Autorenangaben, wenn man einmal von dem Verweis auf ''„den Aristoteles“, „den Plato“'', aber auch im Einzelnen auf ''Archimedes'' oder auf ''[[Luca Valerio]]'' absieht. Das ist ein bewusst gewähltes Stilmittel, wie es auch schon Descartes für seinen [[Populärwissenschaftliche Literatur|populärwissenschaftlichen]] Stil gebraucht hat.</ref><ref group="Anm.">Aus dem Inhalt des ‹''ersten und zweiten Tages''› der ''Discorsi'' Galileis geht hervor, dass Galilei die weit verbreiteten ‚Mechanischen Probleme‘ nach Pseudo-Aristoteles – Archytas (d. i. die sogenannte ''Mechanica'', siehe etwa in der englischen Ausgabe ''Works of Aristotle – Vol. VI'', S. 850–858, hrsg. von D. Ross, Oxford 1913. Online: {{archive.org |traitdedynamiqu00dalgoog |Blatt=7}}<!--Abgerufen am 5. Nov. 2023.-->) ebenso gründlich untersucht hat, wie es etwa Galileis Zeitgenosse [[Bernardino Baldi]] in seinen damals bekannten und postum veröffentlichten ''In mechanica Aristotelis problemata exercitationes'' (1621) Kommentarband getan hatte. Siehe zu diesem Hintergrund den Online-Zugang [https://edition-open-sources.org/sources/3/index.html E. Nenci (2011)] sowie [https://digitalcommons.unl.edu/classicsfacpub/68/ T. N. Winter (2007).]<!-- abgerufen am 5. Nov. 2023 --> Galilei knüpft an diese Fragen ebenso an. In den ''Discorsi'' (1638/1890), deutsche Ausgabe nach A. v. Oettingen, Seite 112, wird etwa diese Frage der Bruchfestigkeit aus den 'Mechanischen Problemen' nach ''Aristoteles'' direkt angesprochen. Zum generellen historischen Kontext und den konzeptionellen Voraussetzungen auch für Galilei siehe v. a. [[Pierre Duhem|P. Duhem]]: ''Ètudes sur Leonard de Vinci – Première Serie.'' A. Hermann, Paris 1906. Darin v. a. Seiten 156 und 214.</ref> sieht er nunmehr Beschränkungen in Material, Form und Beanspruchung vor, um zu präzisierten Ergebnissen zu kommen. Die Beschränkung auf die mittleren Maße eines [[Balkentheorie|Balkens]] wird als bewusste Methode der [[Idealisierung (Physik)|Idealisierung]], hin zu einem isolierten Forschungsgegenstand eingeführt. Sie führt so zur gewünschten Reduktion der Abhängigkeiten und errichtet diesen „''neuen Wissenschaftszweig“'', wie es aus dem ausführlichen Titel der ''Discorsi'' hervorgeht. |
|||
[[Datei:Galilei (1638) Discorsi Hebel zweiter Tag.jpg|mini|Figur aus dem zweiten Tag der Discorsi (1638): Hebel]] |
|||
Zum einen trennt Galilei damit die idealisierten Wissenschaften der Physik und Mechanik von den heute so genannten [[Materialwissenschaft und Werkstofftechnik|Materialwissenschaften]] ab. So betrachtet er etwa, einleitend für die vielfache Abhängigkeit, die selbst bei einfachen realen Hebelwirkungen beobachtet werden kann, dass die mechanischen Gesetze nur für abstrahierende Zusatzannahmen (‹si posson considerar in astratto e separate dalla materia›) am Hebel gelten. Man spricht heute auch von [[Ceteris paribus|Ceteris-Paribus]]-Bedingungen.<ref>Siehe dazu etwa A. Hüttemann: ''Naturgesetze.'' S. 140. Kap. 6 in: A. Bartels, M. Stöckler (Hrsg.): ''Wissenschaftstheorie – ein Studienbuch.'' Mentis, Paderborn 2007.</ref> Hier ist eine von ihnen die Immaterialität des Hebelkörpers: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=Wenn wir z.B. einen Hebel betrachten [siehe Abb.] AB mit dem Unterstützungspunkte ''C'', und zwar so disponiert, dass der Felsblock ''D'' gehoben werden könne, so ist es klar, dass in ''B'' eine Kraft denkbar wäre, die dem Widerstand der Last ''D'' Gleichgewicht hielte, wenn die Kraft zur Last sich verhielte, wie die Strecke ''AC'' zu ''CB'',<ref group="Anm.">Das ist in diesem Fall in Worten das ''Momenten''-Gleichgewicht des [[Hebelgesetz|Hebels]] <math>\frac{F_B}{F_D} = \frac{|AC|}{|CB|}.</math></ref> und das ist richtig, wenn man von anderen Momenten als der Kraft in ''B'' absieht, mit anderen Worten, wenn man den Hebel ''AB'' für immateriell ansieht [ital.: ‹e questo è vero, non mettendo in considerazione altri ''momenti'' che quelli della semplice ''forza'' in ''B'' e della resistenza in ''D'', quasi che l’istessa leva fusse immateriale e senza gravità›]. Berücksichtigen wir aber das Gewicht des Hebelarmes selbst, sei er nun aus Holz oder Eisen gefertigt, so wird das zu ''B'' hinzugefügte Gewicht die Proportion verändern. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1890). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 96 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur''), Herv. im ital. Original nachträglich ergänzt.</ref> |
|||
}} |
|||
Zum anderen errichtet er damit die ''Balkentheorie'', die in der Folgegeneration v. a. durch [[Jakob I. Bernoulli|Bernoulli]] und [[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]] fortgesetzt wurde.<ref>Szabo (1977/1996), Seite 351 (B1: ''Galileis Festigkeitslehre''), in der hier angeg. ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte''.</ref><ref>Karl-Eugen Kurrer: [https://momentum-magazin.de/de/die-anfange-der-festigkeitslehre-bei-galilei/ ''Die Anfänge der Festigkeitslehre bei Galilei.''] [[Momentum-Magazin]], 6. März 2014.</ref> |
|||
[[Datei:Galilei Beam.png|mini|Eingespannter Balken: Abb. 4 aus dem ''zweiten Tag'' der ''Discorsi'' (1638)]] |
|||
Galilei gelingen auf diesem Weg korrekte Aussagen zur Bruchfestigkeit im Verhältnis zu den Dimensionen des Balkens bei einseitiger Befestigung. Er setzte dabei die äußere Belastung in Relation zu den inneren Normalspannungen, die dort noch als statische ''Momente'' verstanden wurden.<ref>Siehe im Original G. Galilei: ''Unterredungen.'' (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften'': S. 96.</ref><ref>Siehe insbes. I. Szabó: ''Geschichte der mechanischen Prinzipien.'' ( 1977/1996), in der hier angeg. ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'', S. 390 folgende, C: ''Die Vollendung der Balkentheorie durch Navier und die Einführung des Spannungstensors durch Cauchy.''</ref><ref group="Anm.">Den heute mit ''Neutralfaser'' bezeichneten Bereich (zurückgehend auf Jakob Bernoulli) verschwindender [[Spannung (Mechanik)#Schub-, Druck- und Zugspannung|Zug- bzw. Druckspannung]] ordnete er am unteren Rand des eingespannten Balkens statt in der Mitte des Balkenquerschnittes an. Korrekturen dieses Irrtums konnten sich im 17. und 18. Jahrhundert nicht durchsetzen; erst Anfang des 19. Jahrhunderts sorgte [[Claude Louis Marie Henri Navier|Naviers]] Umsetzung des [[Thomas Young|Youngschen]] linearen Elastizitätsmoduls für präzise allgemeine Ergebnisse.</ref> Galilei geht bei allen Begründungen von einer neuen Definition des [[Hebelgesetz]]es aus, das er über das Gleichgewicht des [[Massenmittelpunkt]]es <math>x_s</math> einzelner schwerer Körper <math>x_i</math> an den Hebelarmen definiert:<ref>Siehe G. Galilei (1638/1890): ''Unterredungen.'' In der ''Literatur → Schriften'': S. 94 f.</ref><ref>Siehe auch die Schwerpunkt-Annahme in Galileis ''Le Mecaniche'' (1593/1634) und in Marin Mersenne (1634): ''Les Mécaniques de Galilée'', in der hier angegebenen ''Literatur'' → ''Schriften'': Seite 445: ''Supposition III:'' ‹Das Zentrum der Schwere zweier gleich schwerer Körper ist auf der geraden Linien, welche die Schwerpunkte der besagten Körper verbindet.›</ref> <math>x_s = \frac{1}{M} \cdot \sum_{i=1}^{n}{x_i \cdot m_i}.</math> |
|||
Ferner findet man bereits das (bis auf den Proportionalitätsfaktor ''k'') richtige Verhältnis, das die ''Bruchfestigkeit'' eines rechteckigen Balkens mit dem Quadrat der Höhe ''h'' anwächst, bei zylinderförmigen Balken mit dem Kubus des Durchmessers ''d''.<ref>Siehe im Original G. Galilei: ''Unterredungen.'' (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften'': S. 100; sowie die Anm. d. Hrsg., ebd., S. 134.</ref> Versteht man Galileis Bruchfestigkeit als das heutige [[Widerstandsmoment]] ''W'',<ref group="Anm.">Im italienischen Original von Galilei als ‹resistenza› bezeichnet. Siehe dazu die Anmerkungen des Hrsg., S. 133 f. in G. Galilei: ''Unterredungen.'' (1638/1890), übersetzt und kommentiert von A. v. Oettingen, in der ''Literatur → Schriften''.</ref> so werden die Beziehungen |
|||
:<math>W_1 \,=\, k_1 \cdot h^2</math> (Quaderbalken) und <math>W_2 \,=\, k_2 \cdot d^3</math> (Zylinderbalken) |
|||
aufgestellt.<ref group="Anm.">Die korrekten Gesetzmäßigkeiten, die den (linearen) Elastizitätsmodul des Materials mitberücksichtigen, lauten entsprechend |
|||
:<math>W := \frac{M}{\sigma} = \frac{1}{6} b \cdot h^2</math> und <math>\frac{\pi}{32} \cdot d^3</math>.</ref><ref>Zu den Balkengleichungen siehe E. Brommundt, G. Sachs: ''Technische Mechanik – Eine Einführung.'' 2. Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1991, Seite 139.</ref> Daran knüpfen sich vielerlei Einzelaspekte der Bruchfestigkeit an: etwa, dass die Tragfähigkeit eines Balkens größer ist, wenn man ihn hochkant, nicht flachkant stellt. Oder auch, dass die Stabilität eines hohlen, zylindrischen Kragbalkens größer als die eines ausgefüllten bei gleichem Gewicht ist.<ref>I. Szabó: ''Geschichte der mechanischen Prinzipien'' (1977/1996), in der hier angeg. ''Literatur'' → ''Einzelne Aspekte'': S. 352–354, IV.B : ''Die Balkentheorie im 17. und 18. Jahrhundert.''</ref> |
|||
Galilei nutzt hierbei die Gelegenheit, auf die ''Zweckmäßigkeit'' in der Natur hinzuweisen, die sich auch in dem Widerstand von hohlen Körpern bei gleichem Gewicht bestätige: |
|||
{{Zitat |
|||
|Text=[…] deren sich die Kunst (ital. ''l’arte'') und Natur in tausend Fällen bedient […]: so z. B. bei den Knochen der Vögel und bei vielen Rohren, die leicht sind und doch sehr bieg- und bruchfest: so dass, wenn ein Strohhalm, der eine Ähre trägt, die schwerer ist als der ganze Halm, aus derselben Masse bestünde aber massiv wäre, er viel weniger bieg- und bruchfest sein würde. So hat man künstlich beobachtet und durch den Versuch bestätigt, dass eine hohle Lanze oder ein Rohr aus Holz oder Metall viel fester ist, als wenn diese Körper bei gleichem Gewicht und gleicher Länge massiv wären, wobei sie feiner und dünner sein müssten. |
|||
|Autor=G. Galilei |
|||
|Quelle=''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' (1638/1890). |
|||
|ref=<ref>In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 123 (siehe ''Schriften'' hier in der ''Literatur'').</ref> |
|||
}} |
|||
=== Astronomie === |
|||
Galileis astronomische Entdeckungen sind im biografischen Teil bereits aufgeführt. Zwar wurden viele seiner rasch publizierten Entdeckungen von anderen Forschern vor ihm gemacht,<ref>Walter Hehl: ''Galileo Galilei kontrovers.'' Kapitel ''Die frühen Fernrohre und Fernrohrbeobachter.'' [https://www.springer.com/de/book/9783658192945 Springer, 2017.]</ref> doch einige davon zogen [[Paradigmenwechsel|bahnbrechende Erkenntnisse]] nach sich: |
|||
* [[Tycho Brahe#Die Supernova von 1572|Supernovae]] finden nicht [[Kosmologie des Mittelalters#Die himmlischen Sphären|sublunar]] statt, sondern weit entfernt: Die Fixsternsphäre ist nicht unveränderlich. |
|||
* Die Oberfläche des Mondes ist rau und die Sonne zeigt [[Sonnenfleck|Flecken]]: Körper am Himmel sind nicht perfekt. |
|||
* Jupiter umkreisen vier [[Galileische Monde|Monde]]: Es gibt weder undurchdringliche kristallene Himmels[[sphäre]]n, noch dreht sich der Äther ewig kreisförmig um die [[Geozentrisches Weltbild|Erde]]. |
|||
* Die Venus kreist um die [[Heliozentrisches Weltbild|Sonne]], nicht um die Erde ([[#Weitere astronomische Entdeckungen|siehe oben]]). |
|||
=== Weitere Erfindungen === |
|||
Galileis [[Thermoskop]] aus dem Jahr 1592 ist das erste nachweisbare Temperaturmessgerät. Es wurde von [[Santorio Santorio|Santorius]] mit Skalenstrichen versehen und schließlich von [[Daniel Gabriel Fahrenheit|Fahrenheit]] 1714 entscheidend verbessert. |
|||
[[Christiaan Huygens]] entwickelte Galileis Idee, eine mechanische Uhr durch ein Pendel zu steuern, zur Praxisreife. |
|||
== Nach Galilei Benanntes == |
|||
[[Datei:2 € 2014 Galilei (Italien).jpg|mini|Galileo Galilei auf der italienischen 2-Euro-Münze von 2014]] |
|||
[[Datei:Lire 2000 Galileo Galilei.JPG|mini|Galileo Galilei auf der italienischen 2000-[[Italienische Lira|Lire-Banknote]]]] |
|||
[[Datei:The Soviet Union 1964 CPA 3029 stamp (World Cultural Figures. Galileo Galilei (1564-1642), Italian astronomer, physicist and engineer).jpg|mini|Briefmarke, Sowjetunion 1964]] |
|||
* im [[cgs-System]] die Einheit für die [[Fallbeschleunigung|Erdbeschleunigung]] [[Gal (Einheit)|Gal]] |
|||
* ein [[Galilaei (Mondkrater)|Mondkrater]], ein [[Galilaei (Marskrater)|Marskrater]]<ref>{{Webarchiv |url=http://nssdcftp.gsfc.nasa.gov/miscellaneous/planetary/viking/mars_gazetteer.txt |text=''MARS, GALILAEI.'' |wayback=20100510180335}}. In: ''Mars Gazetteer.'' National Science Space Data Center. Abgerufen am 4. April 2010.<br />[http://astrogeology.usgs.gov/Projects/MapBook/featureNameSearch.jsp?id=62244 ''Planetary Map Index''.] In: ''USGS Astrogeology Science Center.'' Abgerufen am 4. April 2010.</ref> und ein [[Galileo (Exoplanet)|Exoplanet]] |
|||
* das [[Galileo-Thermometer]] |
|||
* das [[Hemmpendel]] |
|||
* die [[Galilei-Zahl]], eine [[dimensionslose Kennzahl]] der [[Strömungsmechanik]] |
|||
* ein [[Galileo (CRS)|Computerreservierungssystem]] |
|||
* ein [[Galileo Press|Fachverlag]] |
|||
* eine [[Galileo (Raumsonde)|Raumsonde]] |
|||
* ein [[Galileo (Satellitennavigation)|Satellitennavigationssystem]] |
|||
* die [[Galileo (Fernsehsendung)|Fernsehsendung Galileo]] |
|||
* der [[Flughafen Pisa]] |
|||
* [[Galileo-Kliffs|Kliffs]] auf der Alexander-I.-Insel in der Antarktis |
|||
* mehrere Schulen |
|||
* ein [[Galileum Solingen|außerschulischer Lernort]] mit Planetarium und Sternwarte |
|||
* das [[Planetarium Galileo Galilei]] in Buenos Aires |
|||
* die Pflanzengattung ''[[Galilea (Gattung)|Galilea]]'' {{Person|Parl.}} aus der Familie der [[Sauergrasgewächse]] (Cyperaceae)<ref name="Burkhardt_2018" /> |
|||
* das [[Galileo Bildungshaus Stuttgart]] |
|||
=== Literatur === |
|||
* [[Bertolt Brecht]]: ''[[Leben des Galilei]].'' (Dänemark, 1938/39) Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-518-10001-7.<br />Im 8. Bild bringt Galilei das Problem von wissenschaftlicher Forschung und theologischer Deutungshoheit mit einem berühmt gewordenen [[Aperçu]] auf den Punkt: „Die Winkelsumme im Dreieck kann nicht nach den Bedürfnissen der Kurie abgeändert werden.“ |
|||
* [[Zsolt Harsányi]]: ''Und sie bewegt sich doch.'' Aus dem Ungarischen von Joseph P. Toth, Artur Luther. Esche Verlag, Leipzig 1937 (Pabel-Moewig Verlag, 1993, ISBN 3-8118-7557-4). |
|||
* [[Atle Næss]]: ''Als die Welt still stand: Galileo Galilei – verraten, verkannt, verehrt.'' Springer 2006. |
|||
* [[Friedrich Karl Schubert]]: ''Und sie bewegt sich doch! Roman.'' Rümpler, Hannover 1870 (Digitalisat von [https://books.google.lv/books?id=QqdTAAAAcAAJ Band 1] und [https://books.google.lv/books?id=UqdTAAAAcAAJ Band 2] bei Google Books) |
|||
* [[Dava Sobel]]: ''Galileos Tochter: Eine Geschichte von der Wissenschaft, den Sternen und der Liebe.'' Deutsch von Barbara Schaden. Berlin Verlag 2008 (Original englisch: ''Galileo’s Daughter'' 1999). |
|||
=== Musik === |
|||
* [[Haggard (Band)|Haggard]]: ''Eppur Si Muove.'' Konzeptalbum über Galileo Galilei, 2004, Metal. „Eppur Si Muove“ heißt auf Deutsch „und sie (die Erde) bewegt sich doch“. |
|||
* [[Philip Glass]]: ''Galileo Galilei.'' 2001, Oper. |
|||
=== Kunst === |
|||
[[Datei:Galileo.Mark.di.Suvero.Piano-See.4.jpg|mini|Skulptur ''Galileo'' in [[Berlin]]]] |
|||
* Skulptur ''Galileo'' (1996) von [[Mark di Suvero]] auf dem Piano-See am [[Atrium Tower]] am [[Potsdamer Platz]] in [[Berlin-Tiergarten]]. |
|||
* Lichtinstallation ''ALTISSIMUM PLANETAM TERGEMINUM OBSERVAVI'' (2019) von [[Sebastian Wanke]] neben dem Hochaltar in der [[Altstädter Kirche (Erlangen)|Altstädter Kirche]] in [[Erlangen]]. Über Galileo Galileis Entdeckung der Saturnringe 1610. |
|||
=== Film === |
|||
* 1947 verfilmten in den USA Ruth Berlau und [[Joseph Losey]] die Broadway-Aufführung von Brechts ''Leben des Galilei'' mit [[Charles Laughton]] in der Titelrolle. Es handelt sich um einen Schwarzweiß-Stummfilm von 30 Minuten Dauer. |
|||
* In einer deutschen Fernsehverfilmung nach Brechts ''Leben des Galilei''<ref>{{IMDb|tt0339286|Leben des Galilei (1962)}}.</ref> (1962) unter der Regie von [[Egon Monk]] spielte [[Ernst Schröder (Schauspieler)|Ernst Schröder]] den Galilei. Mit 150 Minuten Spiellänge ist das die bisher längste Umsetzung des Stoffes im Fernsehen. |
|||
* In der 76-minütigen amerikanischen Fernsehverfilmung ''Lamp at Midnight''<ref>{{IMDb|tt0197613|Lamp at Midnight (1966)}}.</ref> (1966), die nicht auf Brecht beruht, wurde Galilei von [[Melvyn Douglas]] gespielt. |
|||
* 1975 führte Joseph Losey Regie in ''Galileo''<ref>{{IMDb|tt0073029|Galileo (1975)}}.</ref> (USA), einem Spielfilm, der wiederum auf Brechts Stück beruht. [[Chaim Topol]] spielte den Gelehrten in dem 145 Minuten lang dauernden Eastmancolor-Film. |
|||
* 1989 verfilmte der Regisseur [[Ivo Barnabò Micheli]] unter dem Titel ''„Eppur si muove!“ Der Prozess Galileo Galilei'' eigene Recherchen zum Inquisitionsprozess gegen Galilei. Im Film verkörpert [[Mario Adorf]] in einer Doppelrolle sowohl die Figur des zeitgenössischen Forschers als auch jene des historischen Galilei. In Interviews kommen u. a. der damalige Kardinal [[Benedikt XVI.|Joseph Ratzinger]] und der Physiker [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] zu Wort.<ref>Joachim Gatterer, Jessica Alexandra Micheli (Hrsg.): ''Ivo Barnabò Micheli. Poesie der Gegensätze. Cinema radicale.'' Folio-Verlag, Wien/Bozen 2015, S. 90–100.</ref> |
|||
=== Sonstiges === |
|||
* Galileo Galilei wurde auf der italienischen 2000-[[Italienische Lira|Lire-Banknote]] abgebildet, die von der [[Banca d’Italia]] zwischen 1973 und 1993 ausgegeben wurde. |
|||
== Literatur == |
|||
=== {{Anker|Werke}}Schriften === |
|||
Galilei veröffentlichte seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in den folgenden Hauptwerken: |
|||
* ''[[Sidereus Nuncius]].'' Venedig 1610 (deutsch: ''Nachrichten von neuen Sternen''). |
|||
* ''Istoria e dimostrazioni intorno alle macchie solari e loro accidenti.'' Rom 1613, deutsch: ''Geschichte und Demonstrationen rund um die Sonnenflecken.'' |
|||
* ''[[Il Saggiatore]].'' Rom 1623, deutsch: ''Der Prüfer mit der Goldwaage.'' |
|||
* ''[[Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo|Dialogo sopra i due massimi sistemi]].'' Florenz 1632, deutsch: ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme.'' Leipzig 1891. |
|||
* ''Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze.'' Leiden 1638, deutsch: ''Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend.'' Herausgegeben in drei Bänden und übersetzt von Arthur von Oettingen, in [[Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften]]. |
|||
::* Band 1 (''Erster und zweiter Tag''), Nr. 11, Engelmann, Leipzig 1890. Online: {{archive.org |bub_gb_ZBs6AQAAIAAJ}}.<!--Zuletzt abgerufen am 22. November 2022.--> |
|||
::* Band 2 (''Dritter und vierter Tag''), Nr. 24, Engelmann, Leipzig 1891<sup>1</sup>. Online: {{archive.org |bub_gb_zskEAAAAYAAJ}}<!--Zuletzt abgerufen am 2. Juni 2024.--> |
|||
::* Band 3 (''Fünfter und sechster Tag. Anhang zum dritten und vierten Tag''), Nr. 25, Leipzig 1891<sup>2</sup>. Online: {{archive.org |bub_gb_Ru44AAAAMAAJ}}.<!--Zuletzt abgerufen am 2. Juni 2024.--> |
|||
* ''Le Mecaniche.'' Zweiter Titel: ''Della scienza meccanica.'' Mehrere Manuskriptfassungen 1591–1599. Laut V. Vivianis Biographie von 1654 (siehe ''Biographien'', Seite 223) erste umlaufende Niederschriften in Padua um 1593. Erste Druckausgabe, ins Französische übersetzt und kommentiert als: |
|||
::* [[Marin Mersenne]]: ''Les Mécaniques de Galilée.'' In M. Mersenne (Hrsg.): ''Questions inouyes, Questions harmoniques, Questions théologiques, Les Méchaniques de Galilée, Les Préludes de l’harmonie universelle.'' H. Guenon, Paris 1634. Neuabdruck in der Ausgabe ''Corpus des Œuvres de Philosophie en Langue Française.'' Librairie Anthème Fayard, 1985. S. 418–513. |
|||
Neuere Ausgaben sind: |
|||
* Edward Stafford Carlos (Hrsg.): ''The sidereal messenger of Galileo Galilei and a part of the preface to Kepler’s Dioptrics containing the original account of Galileo’s astronomical discoveries.'' London 1880, {{archive.org |siderealmessenge80gal}}. |
|||
* [[Antonio Favaro]] (Hrsg.): ''Le opere di Galileo Galilei.'' 20 Bände, Florenz 1890 bis 1909, Reprints mit Zusätzen Florenz 1929 bis 1939, 1964/1965. |
|||
* Emil Strauss (Übers., Hrsg.): ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme.'' Teubner 1891, {{archive.org |dialogberdiebe00galiuoft}}. |
|||
* [[Stillman Drake]] (Hrsg.): ''Discoveries and Opinions of Galileo.'' Doubleday & Company, New York NY 1957 (Auswahl aus seinen Schriften). |
|||
* Stillman Drake (Übers.): ''On Mechanics.'' University of Wisconsin Press, Madison 1960. |
|||
* Stillman Drake (Übers.): ''Il Saggiatore, The Assayer.'' In: Stillman Drake, Charles D. O’Malley (Hrsg.): ''The Controversy of the Comets of 1618.'' The University of Pennsylvania Press, Philadelphia 1960. |
|||
* I. E. Drabkin (Übers.): ''On Motion.'' University of Wisconsin Press, Madison 1960. |
|||
* Franz Brunetti (Hrsg.): ''Opere di Galileo Galilei.'' 2 Bände, Turin 1964. |
|||
* Pio Paschini, Edmondo Lamalle: ''Vita e Opere di Galileo Galilei.'' 3 Bände, Vatikanstadt 1964. |
|||
* [[Hans Blumenberg]] (Hrsg.): ''Sidereus Nuncius. Nachrichten von neuen Sternen.'' Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1980, 2002. |
|||
* Anna Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente.'' 2 Bände, Albus im VMA-Verlag, München 1987, Wiesbaden 2005, ISBN 3-928127-94-2. |
|||
* Stillman Drake (Übers., Hrsg.): ''Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican.'' Mit einem Vorwort von [[Albert Einstein|A. Einstein]]. (1. Auflage 1953), 2. Auflage Berkeley, Los Angeles / London 1967. |
|||
* Stillman Drake (Übers., Hrsg.): ''(Discourses on the) Two New Sciences.'' University of Wisconsin Press, Madison 1974, 2. Auflage 1989, Toronto 2000. |
|||
* ''Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme.'' Marix Verlag, Wiesbaden 2014. |
|||
* Ed Dellian (Übers., Hrsg.): ''Discorsi: Unterredungen und mathematische Beweisführung zu zwei neuen Wissensgebieten.'' Philosophische Bibliothek, Verlag Felix Meiner, 2015. |
|||
=== Biografien === |
|||
* {{DBI |Verfasser=[[Ugo Baldini]] |ID=galileo-galilei_(Dizionario-Biografico)/ |Lemma=Galilei, Galileo |Band=51}} |
|||
* Mario Biagioli: ''Galilei, der Höfling. Entdeckung und Etikette. Vom Aufstieg der neuen Wissenschaft.'' Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-10-009628-2. |
|||
* [[Stillman Drake]]: ''Galileo at work. His scientific biography.'' University of Chicago Press, Chicago 1978, ISBN 0-226-16226-5. |
|||
* Stillman Drake: ''Galileo. Pioneer Scientist.'' University of Toronto Press, Toronto u. a. 1990, ISBN 0-8020-2725-3. |
|||
* Stillman Drake: ''Galilei.'' (Reihe Meisterdenker), Herder, Freiburg 1999; Panorama-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-926642-38-6. |
|||
* Stillman Drake: ''Galilei, a very short introduction.'' Oxford University Press, 2001. |
|||
* {{DictSciBiogr |Autor=Stillman Drake |Lemma=Galileo Galilei |Band=5 |Seiten=237–249 |Kommentar=Ergänzt durch Michele Cameroto in New Dictionary of Scientific Biography, Band 3}} |
|||
* [[Klaus Fischer (Wissenschaftshistoriker)|Klaus Fischer]]: ''Galileo Galilei – Biographie seines Denkens.'' Kohlhammer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-17-021301-2. |
|||
* [[Albrecht Fölsing]]: ''Galileo Galilei – Prozess ohne Ende.'' Piper, 1983; Rowohlt, 1996; ISBN 3-499-60118-4. |
|||
* [[Walter Hehl]]: ''Galileo Galilei kontrovers – ein Wissenschaftler zwischen Renaissance-Genie und Despot.'' [https://www.springer.com/de/book/9783658192945 Springer, 2017.] |
|||
* [[John L. Heilbron]]: ''Galileo.'' Oxford University Press, 2010. |
|||
* [[Johannes Hemleben]]: ''Galileo Galilei. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten.'' rororo, 1969. |
|||
* [[Leonardo Olschki]]: ''Galilei und seine Zeit.'' M. Niemeyer, Halle 1927. |
|||
* Wolfgang Ostenhage: ''Galilei Galileo. At the treshold of the scientific age.'' Springer Scientific Biographies, Springer, 2018, ISBN 978-3-319-91779-5 |
|||
* James Reston: ''Galileo.'' HarperCollins, New York 1994, deutsch: ''Galileo Galilei: Eine Biographie.'' Aus d. Amerikan. von Helmut Viechtbauer. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-12744-0. |
|||
* [[Ernst Schmutzer]], Wilhelm Schütz: ''Galileo Galilei.'' [[Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner]], Bd. 19, 6. Auflage, Teubner 1989. |
|||
* [[William R. Shea]], Mariano Artigas: ''Galileo Galilei. Aufstieg und Fall eines Genies.'' Primus, Darmstadt 2006, ISBN 3-89678-559-1. |
|||
* [[Vincenzo Viviani]]: ''Lebensbeschreibung des Galilæi.'' Gekürzte Fassung der Schrift ''Raconto istorico della vita di Galileo,'' verfasst 1654. (Deutsche Übersetzung aus den ''Acta philosophorum'', Bd. 3, Halle 1723–1726). In Mudry (Hrsg.): ''Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 2.'' VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, Seite 215–243. |
|||
* Michael White: ''Galileo antichrist: a biography.'' Weidenfeld & Nicolson, London 2007, ISBN 978-0-297-84868-4. |
|||
=== Einzelne Aspekte === |
|||
* Hans Bieri: ''Der Streit um das kopernikanische Weltsystem im 17. Jahrhundert. Galileo Galileis Akkommodationstheorie und ihre historischen Hintergründe.'' Bern 2007 <small>Erklärt Galileis methodischen Vorschlag zu einer biblischen Exegese, welche die Texte als angepasst an menschliche Verstehensmöglichkeiten auffasst und zugrundeliegende Traditionen; mit Textedition und Kommentar.</small> |
|||
* [[Horst Bredekamp]]: ''Galileis denkende Hand. Form und Forschung um 1600.'' De Gruyter, Boston u. a. 2015, ISBN 3-11-041457-0. |
|||
* [[Franz Daxecker]]: ''Der Briefwechsel zwischen Galileo Galilei und dem Tiroler Landesfürsten Erzherzog Leopold V.'' In: Acta Historica Astronomiae, Vol. 72, Beiträge zur Astronomiegeschichte, Bd. 16, S. 11–26 (2024). |
|||
* [[Eduard Jan Dijksterhuis]]: ''Galileo Galilei.'' In: Dijksterhuis: ''Die Mechanisierung des Weltbildes.'' Neuabdruck der deutschen Erstausgabe von 1956, nach dem niederländischen Original von 1950 ''De mechanisering van het wereldbeeld.'' Springer-Verlag Berlin, Heidelberg / New York 1983 (2002). Abschnitt C des IV. Teils ''Geburt der klassischen Naturwissenschaft.'' §§ 77–123, S. 371–399. |
|||
* [[Albert Einstein]]: ''Vorwort zu Galileis ‹Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme›.'' Deutsche und übersetzte Fassung von 1952 in S. Drake (Hrsg.): ''Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican.'' 1. Auflage, 1953. 2. Auflage, Berkeley, Los Angeles / London 1967, Seiten v–xx. |
|||
* [[David Freedberg]]: ''The Eye of the Lynx. Galileo, his friends and the beginning of modern natural history.'' University of Chicago Press, Chicago, Ill. 2002, ISBN 0-226-26147-6. |
|||
* [[Hans-Christian Freiesleben]]: ''Galileo Galileo – Physik und Glaube an der Wende zur Neuzeit.'' Stuttgart 1956. |
|||
* Romano Gatto: ''‹It’s impossible to Deceive Nature› – Galileo’s ''Le mecaniche'', a Bridge between Science of Weights and Modern Statics.'' In: Philosophia Scientiae, 21 (1), 2017, S. 71–91. Open-Access: [https://journals.openedition.org/philosophiascientiae/1242 Gatto (2017).]<!--Zuletzt abgerufen am 20. November 2023.--> |
|||
* [[Karl von Gebler]]: ''Galileo Galilei und die römische Kurie.'' Cotta, Stuttgart 1876, {{archive.org |galileogalileiun00gebluoft}}. |
|||
* Joseph Klug: ''Das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten bei Galilei.'' Bonitas-Bauer, Würzburg 1900. Digitalisierte Fassung: [https://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ulbdsp/periodical/structure/7514357 Klug (1900).]<!--Zuletzt abgerufen am 2. Januar 2024. --> |
|||
* [[Alexandre Koyré]]: ''Leonardo, Galilei, Pascal. Die Anfänge der neuzeitlichen Naturwissenschaft'' (= Fischer 13776). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1998. |
|||
* Alexandre Koyré: ''Études galiléennes.'' 3 Bände. Hermann, Paris 1939; 2. Auflage in einem Band, 1966. |
|||
* Lydia La Dous: ''Galileo Galilei. Zur Geschichte eines Falles.'' Pustet, Regensburg 2007, ISBN 978-3-7867-8613-9 (zum Verfahren gegen Galilei). |
|||
* Georg Lutz: ''Rom und Europa während des Pontifikats Urbans VIII. Politik und Diplomatie – Wirtschaft und Finanzen – Kultur und Religion.'' In: [[Reinhard Elze]], [[Heinrich Schmidinger (Historiker)|Heinrich Schmidinger]], Henk Schulte Nordholt (Hrsg.): ''Rom in der Neuzeit. Politische, kirchliche und kulturelle Aspekte.'' Wien/Rom 1976, S. 72–167, hier: S. 148–158. Zum Fall Galilei im Kontext seiner historischen Bedingung. |
|||
* Ueli Niederer, ''Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik''. In: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich.'' Band 127 (3) 1982. Seiten 205–229. Online: [https://www.ngzh.ch/archiv/1982_127/127_3/127_23.pdf ngzh.ch].<!-- Abruf am 9. November 2023 --> |
|||
* [[Erwin Panofsky]]: ''Galileo Galilei und die Bildkünste.'' Vorgestellt von Horst Bredekamp, aus dem Englischen von Heinz Jatho. Diaphanes, Zürich 2012, ISBN 978-3-03734-149-0. |
|||
* [[Pietro Redondi]]: ''Galilei – der Ketzer.'' München 1989, ISBN 3-406-33981-6 (Darstellung des Inquisitionsprozesses von 1633, mit z. T. erstmals veröffentlichten Dokumenten). |
|||
* [[Volker Remmert]]: ''Widmung, Welterklärung und Wissenschaftslegitimierung. Titelbilder und ihre Funktionen in der Wissenschaftlichen Revolution'' (= Wolfenbütteler Forschungen. Band 110). Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05337-2. Darin vor allem das Kapitel ''Katholische Bibelexegese und die Wurzeln der Galilei-Affäre. Der Kupfertitel der Opera mathematica (1612) von Christoph Clavius.'' S. 23–53. |
|||
* [[Franz Heinrich Reusch]]: ''Der Process Galilei’s Und Die Jesuiten.'' Eduard Weber’s Verlag, Bonn 1879, {{archive.org |bub_gb_rRAyAQAAIAAJ}}. |
|||
* Michael Segre, Eberhard Knobloch (Hrsg.): ''Der ungebändigte Galilei.'' Steiner Verlag, 2001. |
|||
* ''Galilei und das Experiment'' (= ''Praxis der Naturwissenschaften/Physik.'' Band 56). 2007. |
|||
* [[István Szabó (Ingenieur)|István Szabó]]: ''Geschichte der mechanischen Prinzipien und ihrer wichtigsten Anwendungen.'' Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1979. Dritte Auflage, Birkhäuser, 1996. ISBN 3-7643-1735-3. |
|||
* [[Carl Friedrich von Weizsäcker]]: ''Kopernikus, Kepler, Galilei.'' In: Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Die Tragweite der Wissenschaft.'' Erster Band: ''Schöpfung und Weltentstehung. Die Geschichte zweier Begriffe.'' Hirzel, Stuttgart 1964, S. 96–117. |
|||
=== Populärwissenschaftliche Bücher zum astronomischen Umfeld === |
|||
* {{Literatur |Autor=[[Arthur Koestler]] |Titel=Die Nachtwandler. Das Bild des Universums im Wandel der Zeit |Verlag=Scherz |Ort=Bern / Stuttgart / Wien |Datum=1959 |ISBN=3-518-37079-0 |Kommentar=Neuausgabe 1980 bei Suhrkamp |Originaltitel=The Sleepwalkers. A History of Man's Changing Vision of the Universe |Originalsprache=en |Originaljahr=1959 |Übersetzer=Wilhelm Michael Treichlinger}} |
|||
* [[Thomas de Padova]]: ''Das Weltgeheimnis. Kepler, Galileo und die Vermessung des Himmels.'' Piper, München 2009, ISBN 978-3-492-05172-9. |
|||
== Weblinks == |
|||
{{Wikisource|Autore:Galileo Galilei|Galileo Galilei|lang=it}} |
|||
{{Wikisource}} |
|||
{{Wikiquote}} |
|||
{{Commonscat|audio=1|video=1}} |
|||
* {{DNB-Portal|118537229}} |
|||
* {{DDB|Person|118537229}} |
|||
* [https://opac.sbn.it/opacsbn/opaclib?saveparams=true&db=solr_iccu&select_db=solr_iccu&from=1&searchForm=opac%2Ficcu%2Ffree.jsp&resultForward=opac%2Ficcu%2Fbrief.jsp&do_cmd=search_show_cmd&rpnlabel=+Tutti+i+campi+%3D+galileo+galilei+%28parole+in+AND%29+&rpnquery=%40attrset+bib-1++%40attr+1%3D1016+%40attr+4%3D6+%22galileo+galilei%22&refine=8003!:!galilei,%20galileo!:!galilei,%20galileo!:!Autore Werke von Galileo Galilei] im Opac des [[Servizio Bibliotecario Nazionale]] (SBN) |
|||
* {{VerzDtDrucke |VD=17 |PPN=004289242}} |
|||
=== Überblicksseiten === |
|||
* {{SEP|https://plato.stanford.edu/entries/galileo/|Galileo Galilei|Peter Machamer|}} |
|||
* {{Britannica |id=biography/Galileo-Galilei |titel=Galileo |abruf=2021-02-23 |abruf-verborgen=1}} |
|||
* [https://library.ethz.ch/standorte-und-medien/plattformen/virtuelle-ausstellungen/galileo-galilei.html Virtuelle Ausstellung der Bibliothek der ETH Zürich] |
|||
* [http://galileo.rice.edu/ Galileo-Projekt der Rice-Universität] |
* [http://galileo.rice.edu/ Galileo-Projekt der Rice-Universität] |
||
* [https://www.br.de/wissen/galileo-galilei-astronomie-inquisition-referat-100.html Das Leben Galileo Galileis in Bild und Ton beim Bayerischen Rundfunk] |
|||
=== Primärtexte === |
|||
* [https://www.liberliber.it/online/autori/autori-g/galileo-galilei/ Galileis Schriften als Online-Texte] (im italienischen Original). |
|||
* [https://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/content/scientific_revolution/galileo Manuskripte von Galileo Galilei] (De motu, MS 72). |
|||
* [http://archimedes2.mpiwg-berlin.mpg.de/archimedes_templates Archimedes-Projekt] (Quellen zur Geschichte der Mechanik). |
|||
* [http://www.casinapioiv.va/content/accademia/en/publications/scriptavaria/documentiprocessogalilei.html ''I documenti del processo di Galileo Galilei.''] Die Akten des Prozesses gegen Galilei, in Italienisch und Latein, mit mehrsprachigem Vorwort und einer italienischsprachigen Einführung, [[Vatikanisches Apostolisches Archiv]], 1984. |
|||
* [https://lhldigital.lindahall.org/cdm/ref/collection/astro_early/id/68 ''Sidereus nuncius Magna.''] |
|||
=== Sichtweise der katholischen Kirche === |
|||
* [https://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/speeches/1992/october/documents/hf_jp-ii_spe_19921031_accademia-scienze_ge.html Ansprache von Johannes Paul II vom 31. Oktober 1992.] Bei: ''vatican.va.'' Abgerufen am 5. Februar 2010. |
|||
* [[Hans-Dieter Mutschler|H.-D. Mutschler]]: [https://www.forum-grenzfragen.de/downloads/mutschler_galilei.pdf ''Naturwissenschaft und die Dispensierung der Sinnfrage – Der wahre Konflikt um Galilei.''] (PDF; 15 Seiten; 68 kB). Nicht mehr verfügbar, Stand 20. Oktober 2020. |
|||
* [https://www.erft.de/schulen/gymlech/galileo/galilei.htm Ausführlicher Aufsatz zum Konflikt zwischen Galileo Galilei und Kirche.] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
Primärtexte: |
|||
<references responsive> |
|||
* [http://www.liberliber.it/biblioteca/g/galilei/ Galileis Schriften als Online-Texte im italienischen Original] |
|||
<ref name="Burkhardt_2018"> |
|||
* [http://echo.mpiwg-berlin.mpg.de/content/scientific_revolution/galileo Manuskripte von Galileo Galilei] De motu, MS 72 |
|||
Lotte Burkhardt: ''Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition.'' Teil I und II. [[Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem|Botanic Garden and Botanical Museum Berlin]], [[Freie Universität Berlin]], Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5, [[doi:10.3372/epolist2018]]. |
|||
* [http://archimedes2.mpiwg-berlin.mpg.de/archimedes_templates Archimedes-Projekt] Quellen zur Geschichte der Mechanik |
|||
</ref> |
|||
* [http://www.msu.edu/course/lbs/492/stillwell/galileo_trial_docs.html Die Inquisitionsakten in englischer Übersetzung] |
|||
</references> |
|||
{{Gesprochene Version |
|||
Laufende Forschung: |
|||
|datei = De-Galileo Galilei-article.ogg |
|||
* [http://moro.imss.fi.it:9000/galilaeana/index.html Galileana] Internationale Zeitschrift für Galilei-Forschungen, begründet 2004 |
|||
|länge = 58:56 |
|||
|größe = 28,6 MB |
|||
|sprecher = Ahoek |
|||
|geschlecht = Männlich |
|||
|dialekt = Hochdeutsch |
|||
|version = 121004470 |
|||
|datum = 2013-08-23 |
|||
}} |
|||
== Anmerkungen == |
|||
Sichtweise der katholischen Kirche |
|||
<references group="Anm." /> |
|||
* [http://www.stjosef.at/dokumente/papst_galilei.htm Päpstliche Erklärung in deutscher Übersetzung] |
|||
* [http://www.catholic.net/RCC/Periodicals/Issues/GalileoAffair.html Würdigung aus katholischer Sicht] |
|||
{{Exzellent|10. Juni 2004|1480857}} |
|||
[[Kategorie:Astronom der Neuzeit|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Mathematiker|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Philosoph|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Physiker|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Mann|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Thema:Physik|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Typ:Mann|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Raum:Italien|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Zeit:16. Jahrhundert|Galilei, Galileo]] |
|||
[[Kategorie:Zeit:17. Jahrhundert|Galilei, Galileo]] |
|||
{{Normdaten|TYP=p|GND=118537229|LCCN=n79003254|NDL=00440426|VIAF=2470550}} |
|||
{{SORTIERUNG:Galilei, Galileo}} |
|||
{{Exzellent}} |
|||
[[Kategorie:Galileo Galilei| ]] |
|||
[[Kategorie:Astronom (16. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Astronom (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Sonnenforscher]] |
|||
[[Kategorie:Hochschullehrer (Universität Pisa)]] |
|||
[[Kategorie:Hochschullehrer (Universität Padua)]] |
|||
[[Kategorie:Philosoph der Frühen Neuzeit]] |
|||
[[Kategorie:Mathematiker (16. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Mathematiker (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Physiker (16. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Physiker (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Persönlichkeit der Lichtmikroskopie]] |
|||
[[Kategorie:Ballistiker]] |
|||
[[Kategorie:Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur (16. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Aufklärer]] |
|||
[[Kategorie:Universalgelehrter]] |
|||
[[Kategorie:Person (Großherzogtum Toskana)]] |
|||
[[Kategorie:Italienische Geschichte (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Mitglied der Accademia dei Lincei]] |
|||
[[Kategorie:Mitglied der Accademia della Crusca]] |
|||
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Marskrater]] |
|||
[[Kategorie:Person als Namensgeber für einen Mondkrater]] |
|||
[[Kategorie:Autor]] |
|||
[[Kategorie:Literatur (Italienisch)]] |
|||
[[Kategorie:Literatur (17. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Sachbuchautor (Physik)]] |
|||
[[Kategorie:Sachliteratur (Astronomie)]] |
|||
[[Kategorie:Historische Person (Italien)]] |
|||
[[Kategorie:Geboren 1564]] |
|||
[[Kategorie:Gestorben 1642]] |
|||
[[Kategorie:Mann]] |
|||
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]] |
|||
{{Personendaten |
|||
[[ca:Galileo Galilei]] |
|||
|NAME=Galilei, Galileo |
|||
|ALTERNATIVNAMEN= |
|||
[[en:Galileo Galilei]] |
|||
|KURZBESCHREIBUNG=italienischer Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom |
|||
[[eo:Galileo]] |
|||
|GEBURTSDATUM=15. Februar 1564 |
|||
[[es:Galileo Galilei]] |
|||
|GEBURTSORT=[[Pisa]] |
|||
[[eu:Galileo Galilei]] |
|||
|STERBEDATUM=8. Januar 1642 |
|||
[[fr:Galileo Galilei]] |
|||
|STERBEORT=[[Arcetri]] bei Florenz |
|||
[[he:גלילאו גליליי]] |
|||
}} |
|||
[[hr:Galileo Galilej]] |
|||
[[hu:Galileo Galilei]] |
|||
[[is:Galileo Galilei]] |
|||
[[it:Galileo Galilei]] |
|||
[[ja:ガリレオ・ガリレイ]] |
|||
[[lv:Galileo Galilejs]] |
|||
[[nl:Galileo Galilei]] |
|||
[[pl:Galileusz]] |
|||
[[ro:Galileo Galilei]] |
|||
[[simple:Galileo Galilei]] |
|||
[[sl:Galileo Galilei]] |
|||
[[sv:Galileo Galilei]] |
|||
[[zh-cn:伽利略·伽利莱]] |
Aktuelle Version vom 14. Juli 2025, 06:19 Uhr


Galileo Galilei (* 15. Februar 1564 in Pisa; † 29. Dezember 1641jul. / 8. Januar 1642greg. in Arcetri bei Florenz) war ein italienischer Universalgelehrter, Physiker, Astrophysiker, Mathematiker, Ingenieur, Astronom, Philosoph und Kosmologe. Viele seiner Entdeckungen – vor allem in der Mechanik und der Astronomie – gelten als bahnbrechend. Er entwickelte die Methode, die Natur durch die Kombination von Experimenten, Messungen und mathematischen Analysen zu erforschen, und wurde damit einer der wichtigsten Begründer der neuzeitlichen exakten Naturwissenschaften. Berühmt wurde er auch dadurch, dass die katholische Kirche ihn verurteilte, weil einige seiner Theorien ihrer damaligen Auslegung der Bibel widersprachen; 1992 rehabilitierte sie ihn.
Leben und Werk
Herkunft und Lehrjahre

Galileo Galilei stammte aus einer verarmten Florentiner Patrizierfamilie. Sein Familienzweig hatte den Namen eines bedeutenden Vorfahren angenommen, des Arztes Galileo Bonaiuti (15. Jahrhundert). Galileis Vater Vincenzo war vorübergehend nach der Heirat mit Giulia Ammannati (Pisa, 1562) Tuchhändler, ansonsten aber Musiker, Komponist und Musiktheoretiker und hatte mathematische Kenntnisse und Interessen; er lebte ab den 1570er Jahren ständig in Florenz. Dort untersuchte er unter anderem den Klang einer schwingenden Saite und entdeckte den quadratischen Zusammenhang zwischen den Veränderungen von Spannung bzw. Länge der Saite, wenn die Tonhöhe sich um ein bestimmtes Intervall ändern soll.
Galilei wurde als Novize im Kloster der Vallombrosaner erzogen und zeigte Neigung, in den Benediktinerorden einzutreten, wurde aber von seinem Vater nach Hause geholt und 1580 zum Medizinstudium nach Pisa geschickt, wo sich Galileo 1581 einschrieb; dort war einer seiner Dozenten Andrea Camuzio.
Nach vier Jahren brach er sein Studium ab und ging nach Florenz, um bei Ostilio Ricci, einem Gelehrten aus der Schule von Nicolo Tartaglia, Mathematik zu studieren. Er bestritt seinen Lebensunterhalt mit Privatunterricht, beschäftigte sich mit angewandter Mathematik, Mechanik und Hydraulik und begann, in den gebildeten Kreisen der Stadt mit Vorträgen und Manuskripten auf sich aufmerksam zu machen. Vor der Accademia Fiorentina glänzte er mit einem geometrisch-philologischen Referat über die Topografie von Dantes Hölle (Due lezioni all’Accademia fiorentina circa la figura, sito e grandezza dell’Inferno di Dante, 1588). 1585/86 veröffentlichte er erste Ergebnisse zur Schwere fester Körper (Theoremata circa centrum gravitatis solidorum) (in der Tradition von Archimedes’ Schrift darüber) und löste ein in einer Anekdote über Archimedes überliefertes antikes Problem (Krone des Hieron II.) durch die Konstruktion einer hydrostatischen Waage zur genauen Bestimmung des spezifischen Gewichts (La bilancetta, Manuskript). Seine 1587 erfolgte Bewerbung um eine Professorenstelle für Mathematik an der Päpstlichen Universität von Bologna hatte keinen Erfolg, obwohl er sich in der Bewerbung drei Jahre älter machte. Man zog den älteren Giovanni Antonio Magini vor, der außerdem dort studiert hatte. Die Gutachter vermuteten auch einen Fehler in den von Galilei der Bewerbung beigegebenen mathematischen Schriften.[1] Danach schuf er sich aber einen Ruf als Mathematiker in Florenz unter anderem durch öffentliche Vorlesungen in der Akademie über die Architektur-Maße der Hölle (1588) und durch ein Manuskript über die Theorie der Schwerpunkte in der Tradition von Archimedes (1587), das er zirkulieren ließ.
Hochschullehrer in Pisa, 1589–1592

Im Jahr 1589 erhielt Galilei für drei Jahre eine Stelle als Hochschullehrer[2] und Inhaber des Lehrstuhls für Mathematik an der Universität Pisa. Er unterrichtete Euklids Elemente und elementare Astronomie sowie Astrologie für Mediziner.[3] Die Bezahlung war allerdings gering; dennoch gelang es ihm, vorzügliche Instrumente zu bauen und zu verkaufen. Auch entwickelte er ein – noch sehr ungenau arbeitendes – Thermometer. Er untersuchte die Pendelbewegung und fand, dass die Periode nicht von der Auslenkung oder dem Gewicht des Pendels, sondern von dessen Länge abhängt. Bis in seine letzten Lebensjahre beschäftigte ihn das Problem, wie man diese Entdeckung zur Konstruktion einer Pendeluhr nutzen kann.
Ausgehend von der Bewegung des Pendels führte Galilei als Versuchsanordnung zur Untersuchung der Fallgesetze die schiefe Ebene mit anschließender horizontaler Bahn ein. Die schiefe Ebene diente ihm zur „Verdünnung“ der Schwerkraft[4], weil die Messung der Fallgeschwindigkeit damals noch zu ungenau war. Galilei benutzte in diesen Experimenten Kugeln aus verschiedenen Materialien. Das erlaubte es erstmals, den langsam anrollenden Kugeln eine bestimmte Geschwindigkeit zu erteilen und diese zu messen. So entdeckte er die Beschleunigung und die Tatsache, dass diese etwas von der Geschwindigkeit völlig verschiedenes ist. Dies wiederum ließ sich am besten in der Formelsprache der Mathematik darstellen. Am deutlichsten formulierte Galilei diese neue Einstellung zur Physik 1623 in Il Saggiatore:
“La filosofia è scritta in questo grandissimo libro che continuamente ci sta aperto innanzi a gli occhi (io dico l’universo), ma non si può intendere se prima non s’impara a intender la lingua, e conoscer i caratteri, ne’ quali è scritto. Egli è scritto in lingua matematica, e i caratteri son triangoli, cerchi, ed altre figure geometriche, senza i quali mezzi è impossibile a intenderne umanamente parola; senza questi è un aggirarsi vanamente per un oscuro laberinto.”
„Die Philosophie steht in diesem großen Buch geschrieben, dem Universum, das unserem Blick ständig offen liegt. Aber das Buch ist nicht zu verstehen, wenn man nicht zuvor die Sprache erlernt und sich mit den Buchstaben vertraut gemacht hat, in denen es geschrieben ist. Es ist in der Sprache der Mathematik geschrieben, und deren Buchstaben sind Kreise, Dreiecke und andere geometrische Figuren, ohne die es dem Menschen unmöglich ist, ein einziges Wort davon zu verstehen; ohne diese irrt man in einem dunklen Labyrinth herum.“
Galileis Schüler und erster Biograf Vincenzo Viviani behauptete, Galilei habe in Pisa auch Fallversuche vom Schiefen Turm unternommen.[6] In Galileis eigenen Schriften und Aufzeichnungen findet sich jedoch kein Hinweis auf solche Versuche. Davon zu unterscheiden ist das Turmargument als Gedankenexperiment, auf das Galilei in seinem Hauptwerk Dialogo eingeht.
Galilei fasste die Ergebnisse seiner mechanischen Untersuchungen in einem Manuskript zusammen, das heute als De motu antiquiora zitiert wird und erst 1890 gedruckt wurde. Darin enthaltene Angriffe auf Aristoteles nahmen seine aristotelisch geprägten Kollegen in Pisa unfreundlich auf. Galileis Anstellung wurde 1592 nicht verlängert. Seine materielle Situation war zusätzlich dadurch verschärft, dass 1591 sein Vater gestorben war und er nun als ältester Sohn auch für seine Geschwister (einen Bruder und drei Schwestern) und Mutter Verantwortung übernehmen musste.[7]
Professor in Padua, 1592–1610

Dank guter Protektion aus florentinischen Kreisen wurde Galilei 1592 auf den Lehrstuhl für Mathematik an der Universität Padua berufen, auf den sich auch Giordano Bruno Hoffnungen gemacht hatte. In Padua, das zur reichen und liberalen Republik Venedig gehörte, blieb Galilei 18 Jahre lang. Galilei selbst bezeichnete die Jahre in Padua als seine ‹glücklichsten›.[8]
Obwohl seine Stelle wesentlich besser dotiert war als die vorige in Pisa, besserte Galilei sein Gehalt auf, indem er neben seinen akademischen Vorlesungen vornehmen Schülern Privatunterricht erteilte, darunter zwei späteren Kardinälen. Ferner vertrieb Galilei ab 1597 einen Proportionalzirkel. Für die Fertigung dieses Vorläufers des Rechenschiebers, der compasso genannt wurde und dessen Konstruktion er erheblich verbessert hatte, beschäftigte er einen Mechaniker. Der Proportionalzirkel wurde seit dem Mittelalter verwendet, um algebraische Operationen mit Hilfe der Geometrie durchzuführen, u. a. Quadratwurzel ziehen, Polygone konstruieren und Flächen und Volumen ermitteln. Im militärischen Bereich wurde er von Artilleristen zur Berechnung der Flugbahn von Geschossen eingesetzt.[9]
Im August 1597 ließ er in einem Brief an Johannes Kepler zu dessen 1596 veröffentlichten Mysterium Cosmographicum (Das Weltgeheimnis) deutlich erkennen, dass er das heliozentrische Weltsystem gegenüber dem vorherrschenden Glauben an das geozentrische Weltbild favorisierte:
„Ich gelangte schon vor vielen Jahren zur Auffassung des Kopernikus und habe von diesem Standpunkt aus die Ursachen vieler Wirkungen in der Natur entdeckt, die ohne Zweifel nach der allgemein üblichen Hypothese unerklärlich sind. Viele Begründungen und auch Widerlegungen gegenteiliger Gründe verfasste ich, was ich jedoch bisher nicht zu veröffentlichen wagte, abgeschreckt durch das Schicksal unseres Lehrers Kopernikus. Dieser verschaffte sich freilich bei einigen unsterblichen Ruhm, von unendlich vielen aber (so groß ist nämlich die Zahl der Toren) wurde er verlacht und ausgepfiffen.“
Die heute nach Kepler benannte Supernova von 1604 veranlasste ihn zu drei öffentlichen Vorträgen, in denen er die aristotelische Astronomie und Naturphilosophie angriff. Aus der Tatsache, dass keine Parallaxe festgestellt werden konnte, schloss Galilei wie bereits 1572 Tycho Brahe, dass der neue Stern weit von der Erde entfernt sei und sich deshalb in der Fixsternsphäre befinden müsse. Nach herrschender Lehre wurde diese Sphäre für unveränderlich gehalten und Galilei vertrat damit ein weiteres Argument gegen die Anschauungen der Peripatetiker, wie man die Aristoteles-Schüler auch nannte. 1605 veröffentlichte der unbekannte Antonio Lorenzini, hinter dessen Namen man die Inspiration von Cesare Cremonini, Professor für Naturphilosophie in Padua, erkennen konnte, die in Latein verfasste Schrift Discorso sulla nuova stella, um Galileis Schlussfolgerungen zu widersprechen.[11] Galilei reagierte darauf unter einem Pseudonym mit der Schrift Dialogo de Cecco di Ronchitti da Bruzene in perpuosito de la stella nuova,[12] in der ein Landvermesser und ein Bauer im Dialekt von Padua die aristotelische Argumentation satirisch hinterfragen.[13]
Seine Untersuchungen zu den Bewegungsgesetzen setzte Galilei in diesen Jahren fort.


Mitte 1609 erfuhr Galilei über seinen Freund Paolo Sarpi Details über das im Jahr zuvor in Holland von Jan Lipperhey erfundene Fernrohr mit ungefähr vierfacher Vergrößerung. Er baute aus käuflichen Linsen ein Gerät, lernte selbst Linsen zu schleifen und erreichte bald eine neunfache und in späteren Jahren eine bis zu 30-fache Vergrößerung.[14] Aus dieser Zeit stammt auch ein in der Nationalbibliothek von Florenz entdeckter Einkaufszettel, der Einblick gibt, wie Galilei seine diesbezüglichen Erkenntnisse in die Praxis umsetzte.[15]
Am 25. August 1609 führte Galilei sein verbessertes Instrument, dessen militärischer Nutzen auf der Hand lag und das im Gegensatz zum wenig später entwickelten Kepler-Fernrohr eine aufrecht stehende Abbildung lieferte, der venezianischen Regierung – der Signoria – vor. Das Instrument machte einen tiefen Eindruck und Galilei überließ der Signoria das illusorische alleinige Recht zur Herstellung solcher Instrumente, woraufhin sein Gehalt erhöht wurde. Galilei erweckte in Sidereus Nuncius mit dem Ausdruck „das neulich von ihm entdeckte Fernrohr“ (lat. „perspicilli nuper a se reperti“) auf dem Titelblatt und in späteren Schriften den Anschein, das Prinzip des Fernrohrs selbst entdeckt zu haben. Brecht greift diese Behauptung im Drama Leben des Galilei auf. Unbestritten sind jedoch Galileis relevante Beiträge zur Verbesserung der optischen Qualität und Eignung des Fernrohrs für astronomische Beobachtungen.[14]
Als einer der ersten Forscher nutzte Galilei ein Fernrohr zur Himmelsbeobachtung. Dies bedeutete eine Revolution in der Astronomie, denn bis dahin waren die Menschen auf Beobachtungen mit dem bloßen Auge angewiesen. Er stellte fest, dass die Oberfläche des Mondes rau und uneben ist, mit Erhebungen, Klüften und Kratern. Er erkannte zudem, dass die dunkle Partie der Mondoberfläche von der Erde aufgehellt wird (sog. Erdschein) und dass die Planeten – im Gegensatz zu den Fixsternen – als Scheiben zu sehen sind. Er entdeckte die vier größten Monde des Jupiter, die er in Vorbereitung seines Wechsels an den Medici-Hof die Mediceischen Gestirne nannte und die heute als die Galileischen Monde bezeichnet werden. Unabhängig von ihm gelang dies fast gleichzeitig Simon Marius. Der chinesische Astronom Gan De schreibt bereits im Jahr 365 v. Chr., einen Begleiter des Jupiter gesehen zu haben. Vermutlich war dies Ganymed, der unter idealen Bedingungen für das bloße Auge sichtbar ist. Galilei beobachtete, dass es sich bei der Milchstraße nicht um ein nebliges Gebilde (wie es dem bloßen Auge vorkommt), sondern um „nihil aliud quam innumerarum Stellarum coacervatim consitarum congeries (nichts anderes als eine Anhäufung zahlloser Sterne)“ handelt. Diese Entdeckungen und seine Federzeichnung der Mondoberfläche wurden im Sidereus Nuncius (Sternenbote bzw. Nachricht von den Sternen) von 1610 veröffentlicht und machten Galilei auf einen Schlag berühmt. Obwohl Galilei darin die Abbildung eines unübersehbar nichtexistenten großen Mondkraters am Terminator publizierte,[16] war der Sidereus Nuncius innerhalb weniger Tage vergriffen.
Hofmathematiker in Florenz, ab 1610

Im März 1610 intensivierte Galilei seine Kontakte nach Florenz, indem er die Jupitermonde im Siderius Nuncius als Mediceische Sterne bezeichnete. Im Mai 1610 bat er den Ersten Sekretär von Cosimo II. de’ Medici, einen ehemaligen Schüler, um eine Anstellung an der Universität Pisa und präzisierte: „Was Titel und Vorwand meiner Tätigkeit betrifft, so möchte ich, dass Seine Exzellenz dem Namen Mathematiker zusätzlich den des Philosophen hinzufügt, da ich behaupte, mehr Jahre Philosophie als Monate reine Mathematik studiert zu haben.“[18] Im Herbst 1610 ernannte der Großherzog der Toskana Cosimo II. ihn zum Hofmathematiker, Hofphilosophen und zum ersten Mathematikprofessor in Pisa ohne jede Lehrverpflichtung. Galilei bekam damit volle Freiheit, sich ganz seinen Forschungen zu widmen. Bereits 1605 war Galilei zum Mitglied der Florentiner Accademia della Crusca gewählt worden, nach seiner Übersiedlung übernahm er in ihr auch Führungsaufgaben. 1658 beschloss die Akademie, seine Opere in der nächsten Ausgabe des Vocabolario (1691 veröffentlicht) als eine der Textgrundlagen für mathematische und philosophische Terminologie zu benutzen.[19]
Spätestens bei der Umsiedlung nach Florenz trennte sich Galilei von Marina Gamba (* 1570), seiner Haushälterin, mit der er drei Kinder hatte: Virginia (1600–1634), Livia (1601–1659) und Vincenzio (1606–1669). Mit Hilfe eines Bewunderers, des Kardinals Maffeo Barberini und späteren Papstes Urban VIII., brachte Galilei seine Töchter noch vor Erreichen des Mindestalters im nahen Kloster San Matteo von Arcetri unter, weil sie als uneheliche Kinder kaum Aussichten auf eine standesgemäße Heirat hatten. Er zwang sie, im Alter von 16 Jahren das Gelübde als Nonne abzulegen. Während sich Viriginia als Schwester Maria Celeste damit abfand und in ständigem Briefkontakt mit ihrem Vater blieb,[20] akzeptierte Livia als Schwester Arcangela die Anordnung ihres Vaters nie. Als Marina Gamba im August 1612 starb, wurde der Sohn Vincenzio zu seinem Vater nach Florenz geschickt und 1619 auf Fürsprache des Großherzogs Cosimo II. legitimiert.[21] Er schloss 1628 ein Jurastudium an der Universität Pisa ab, war in Kanzleien beschäftigt und verbesserte mit seinem Vater die Pendeluhr.[22]
Weitere astronomische Entdeckungen
Galilei setzte seine astronomischen Beobachtungen fort und beobachtete Ende 1610, dass der Planet Venus Phasengestalten wie der Mond zeigt, wobei sich – im Gegensatz zum Mond – die Größe der Planetenscheibe ändert. Die Venussichel und die volleren Phasen interpretierte er derart, dass die Venus zeitweise zwischen Sonne und Erde steht, zu anderen Zeiten aber jenseits der Sonne. Darüber korrespondierte er mit den römischen Jesuiten um Christophorus Clavius (mit diesem hatte er bereits 1587 eine kontroverse Diskussion geführt), welche die Phasengestalt der Venus bereits unabhängig von ihm entdeckt hatten. Über die kosmologischen Konsequenzen und darüber, dass das ptolemäische Weltbild nicht mehr länger haltbar war, waren sich beide mehr oder weniger im Klaren.
In seiner Begeisterung über seine wissenschaftlichen Erkenntnisse sandte er in seiner Werkstatt gefertigte Fernrohre an Freunde und andere Wissenschaftler. Jedoch erreichten nur wenige Exemplare das gewünschte Auflösungsvermögen. So konnte es geschehen, dass manche die Jupitermonde und andere seiner Entdeckungen nicht erkennen konnten und ihm Täuschungsabsichten unterstellten.
Im Jahr 1611 besuchte Galilei Rom. Er wurde für seine Entdeckungen hoch geehrt und machte mittels seines Teleskops seinen Freunden – darunter auch Jesuiten – unverzüglich „le cose nuove del cielo“ (die neu entdeckten Gegenstände am Himmel) zugänglich: den Jupiter mit seinen vier Begleitern, den gebirgigen, zerklüfteten Mond, die „gehörnte“, d. h. sichelförmige Venus und den „dreifachen“ Saturn. Er wurde daraufhin zum sechsten Mitglied der Accademia dei Lincei ernannt. Diese Ehre war ihm so wichtig, dass er sich fortan Galileo Galilei Linceo nannte.
Bei diesem Aufenthalt hatte er eine Audienz bei Papst Paul V. und traf seinen alten Bewunderer Maffeo Barberini. Ein Jahr später war Barberini dabei, als Galilei eine weitere, unhaltbare Behauptung des Aristoteles mit einem simplen, aber überzeugenden Experiment widerlegte: Eis schwimmt auf Wasser nicht deswegen, weil es zwar schwerer, aber flach ist, sondern weil es leichter ist.
Zwischen Ende 1610 und Mitte 1611 beobachtete Galilei erstmals mit dem Teleskop dunkle Flecken auf der Sonnenscheibe. Diese Entdeckung der Sonnenflecken verwickelte ihn in eine Auseinandersetzung mit dem Jesuiten Christoph Scheiner: Man stritt sowohl um die Priorität als auch um die Deutung. Um die Vollkommenheit der Sonne zu retten, nahm Scheiner an, dass die Flecken Satelliten seien, wogegen Galilei die Beobachtung anführte, dass Sonnenflecken entstehen und vergehen. Er veröffentlichte diese Erkenntnis 1613 in Lettere solari,[23] einem der ersten wissenschaftlichen Werke, die nicht in lateinischer Sprache, sondern in Umgangssprache verfasst wurden.
Für Galilei war es offensichtlich, dass seine astronomischen Beobachtungen das heliozentrische Weltbild des Nikolaus Kopernikus stützten, aber keinen zwingenden Beweis lieferten: Sämtliche Beobachtungen wie etwa die Venusphasen waren auch mit dem Weltmodell des Tycho Brahe vereinbar, wonach sich Sonne und Mond um die Erde, die übrigen Planeten aber um die Sonne drehen. Tatsächlich gelang es erst James Bradley im Jahre 1729, mit der stellaren Aberration die Eigenbewegung der Erde gegenüber der Fixsternsphäre nachzuweisen.
Galilei hielt sich bei der Interpretation seiner astronomischen Beobachtungen zunächst zurück. Jedoch war ihm wohl schon in seiner Zeit in Pisa der Gedanke gekommen, die Drehungen (revolutiones) der Erde um ihre Achse und um die Sonne seien die Ursache für die Gezeiten: „die Gewässer würden dabei beschleunigt und hin- und herbewegt“. Damit glaubte er, einen Beweis für das kopernikanische Weltbild in Händen zu haben, insbesondere für die bewegte Erde. Doch diese Erklärung war falsch, Hauptursache der Gezeiten sind die räumlich variierenden Anziehungskräfte von Mond und Sonne, wie erst durch Isaac Newton im Jahre 1687 zutreffend beschrieben wurde.
Kontroverse Diskussionen am Florentiner Hof veranlassten Galilei zu erklären, dass astronomische Angaben in der Bibel nicht wörtlich zu nehmen seien, mithin eine mit dem kopernikanischen System verträgliche Bibelauslegung möglich sei, und dass die Forschung frei sein sollte von der Kirchendoktrin (Brief an seinen Schüler und Nachfolger in Pisa, Benedetto Castelli, 21. Dezember 1613, der in Kopie am 7. Februar 1615 durch den Dominikaner Niccolò Lorini der Inquisition zugespielt wurde). Galileo schickte am 16. Februar 1615 eine abgeschwächte, weniger ketzerisch formulierte Version des Briefes als angebliches Original an seinen Freund Piero Dini in Rom mit der Bitte, es im Vatikan zu verbreiten. Von beiden Versionen wurden viele Kopien erstellt und es war lange unklar, ob Galileos Schutzbehauptung zutraf. Das von Galileo mit zahlreichen Streichungen und Ergänzungen versehene Original, das Castelli ihm zurückgesandt hatte, wurde erst im Sommer 2018 in der Bibliothek der Royal Society wiederentdeckt; es war im Katalog fehldatiert auf den 21. Oktober 1613.[24][25]
Im März 1614 gelang es Galilei, das spezifische Gewicht der Luft als ein 660stel des Gewichts des Wassers zu bestimmen – herrschende Meinung war damals, Luft hätte kein Gewicht. Dies war eine weitere Widerlegung aristotelischer Anschauungen. In dieser Zeit war er häufig als Gutachter für den Großherzog in technisch-physikalischen Fragen tätig. Als Forscher beschäftigte er sich insbesondere mit Hydrodynamik, Lichtbrechung in Glas und Wasser sowie Mechanik mit der mathematischen Beschreibung der Beschleunigung beliebiger Körper.
In den Jahren 1610–1614 hielt er sich häufig auf dem Landgut seines Freundes Filippo Salviati auf, um seine seit Jahren angeschlagene Gesundheit wiederherzustellen.
Das Verfahren von 1616
Im Jahr 1615 veröffentlichte der Kleriker Paolo Antonio Foscarini (circa 1565–1616) ein Buch, das beweisen sollte, dass die kopernikanische Astronomie nicht der Heiligen Schrift widersprach. Daraufhin eröffnete die Römische Inquisition nach Vorarbeit des bedeutenden Kirchenlehrers Kardinal Robert Bellarmin, einer zentralen Persönlichkeit der Kurie und der Inquisition, ein Untersuchungsverfahren. 1616 wurde Foscarinis Buch gebannt. Zugleich wurden einige nichttheologische Schriften über kopernikanische Astronomie, darunter auch ein Werk von Johannes Kepler, auf den Index Librorum Prohibitorum gesetzt. Das Hauptwerk des Kopernikus, De revolutionibus orbium coelestium, in dessen Todesjahr 1543 erschienen, wurde nicht verboten, sondern „suspendiert“: Es durfte fortan bis 1822 im Einflussbereich der Römischen Inquisition nur noch in Bearbeitungen erscheinen, die betonten, dass das heliozentrische System ein bloßes mathematisches Modell sei.
An diesem Verfahren, das nicht zu den Inquisitionsprozessen gezählt werden kann, war Galilei offiziell nicht beteiligt. Seine Haltung war jedoch ein offenes Geheimnis, auch wenn das Schreiben an die Großherzogin-Mutter noch nicht veröffentlicht war. Wenige Tage nach der förmlichen Index-Beschlussfassung schrieb Bellarmin an Galilei einen Brief mit der Versicherung, Galilei habe keiner Lehre abschwören müssen; gleichzeitig jedoch enthielt dieses Schreiben die nachdrückliche Ermahnung, das kopernikanische System in keiner Weise als Tatsache zu verteidigen, sondern allenfalls als Hypothese zu diskutieren. Dieser Brief wurde im Prozess von 1632/33 als Beweis für Galileis Ungehorsam zitiert. Allerdings gab es in den Akten zwei verschiedene Fassungen, von denen nur eine korrekt unterschrieben und zugestellt war, weshalb im 19. und 20. Jahrhundert einige Historiker annahmen, die Inquisitionsbehörde habe 1632 zu Ungunsten Galileis einen Beweis gefälscht.[26]
Galilei hielt sich von nun an mit Äußerungen in der Öffentlichkeit zum kopernikanischen System zurück. Ab 1616 beschäftigte er sich intensiv mit der Möglichkeit, die Bewegungen der Jupitermonde als Zeitmesser zu nutzen, um das Längengradproblem zu lösen. Allerdings blieb er damit erfolglos, weil die Beobachtung der erscheinenden oder verschwindenden Jupitermonde als Zeitmarke vom schwankenden Schiff nicht möglich war.
Il Saggiatore

1623 wurde Galileis alter Förderer, Kardinal Maffeo Barberini, zum Papst gewählt (Urban VIII.). Galilei widmete ihm sogleich seine Schrift Il Saggiatore (italienisch für Die Goldwaage), eine Polemik gegen den Jesuitenpater Orazio Grassi über die Kometenerscheinungen von 1618–1619, über atomistische und methodologische Fragen. In diesem Buch, an dem er seit 1620 gearbeitet hatte, äußerte Galilei seine berühmt gewordene Überzeugung, die Philosophie (nach dem Sprachgebrauch der Zeit ist damit die Naturwissenschaft gemeint) stehe in dem Buch der Natur, und dieses Buch sei in mathematischer Sprache geschrieben: Ohne Geometrie zu beherrschen, verstehe man kein einziges Wort. Unabhängig von Galileis eigener Position zu Alchemie und Astrologie gilt er seither als Begründer der modernen, mathematisch formulierten und an überprüfbaren Fakten orientierten Naturwissenschaften.
In Il Saggiatore griff er auf eine Theorie des Aristoteles über Meteore zurück und interpretierte die Kometen als erdnahe optische Effekte, vergleichbar den Phänomenen wie Regenbogen oder Polarlicht. Zur Zeit der Kometenerscheinungen war Galilei allerdings aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, selbst Beobachtungen anzustellen. Seine empirisch nicht fundierte Polemik gegen die Theorie der Kometen, die Tycho Brahe und Orazio Grassi vertraten, ist als indirekte Verteidigung des kopernikanischen Systems zu verstehen, das durch die Annahme sich nicht auf Kreisbahnen bewegender Himmelskörper bedroht gewesen wäre.
Das Werk Il Saggiatore wurde anonym wegen Atomismus und damit eines Verstoßes gegen die die Eucharistie betreffenden Dogmen des tridentinischen Konzils angezeigt. Unter Zuhilfenahme eines Gefälligkeitsgutachtens von Pater Giovanni Guevara ließen die Gönner Galileis im Vatikan diese Anzeige versanden. Der Wissenschaftshistoriker Pietro Redondi vermutet deshalb, dass auch dem Prozess 1633 eine Anzeige wegen Atomismus und damit häretischer Ansichten bezüglich des Abendmahls zugrunde liegt, die jedoch durch Intervention der eigens geschaffenen päpstlichen Untersuchungskommission auf die weit weniger brisante Frage des Kopernikanismus bzw. des Ungehorsams abgelenkt wurde.
Dialog über die zwei Weltsysteme

1624 reiste Galilei nach Rom und wurde sechs Mal von Papst Urban VIII. empfangen, der ihn ermutigte, über das kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als Hypothese behandle; den Brief von Bellarmin an Galilei aus dem Jahr 1616 kannte Urban VIII. damals nicht.
Nach langen Vorarbeiten und wieder unterbrochen durch Krankheiten, vollendete Galilei 1630 den Dialogo di Galileo Galilei sopra i due massimi sistemi del mondo, Tolemaico e Copernicano (Dialog von Galileo Galilei über die zwei hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische). In diesem Buch erklärte Galilei unter anderem sein Relativitätsprinzip (Wahrnehmung von Bewegungen aus der Sicht eines Beobachters). Als vermeintlich stärkstes Argument für das kopernikanische System diente Galilei seine – irrige – Theorie der Gezeiten.
Im Mai 1630 reiste Galilei erneut nach Rom, um bei Papst Urban VIII. und dem für die Zensur verantwortlichen Inquisitor Niccolò Riccardi ein Imprimatur zu erwirken. Er erhielt daraufhin eine vorläufige Druckerlaubnis. Zurück in Florenz entschied Galilei aus verschiedenen Gründen, sich mit dem Imprimatur durch den Florentiner Inquisitor zu begnügen und das Werk in Florenz drucken zu lassen. Zwei dieser Gründe waren der Tod des Herausgebers Fürst Cesi, Gründers der Accademia dei Lincei, und eine Pestepidemie. Aufgrund verschiedener Schwierigkeiten, ausgelöst durch Riccardi, konnte der Druck aber erst im Juli 1631 beginnen. Im Februar 1632 erschien der Dialogo. Das Buch widmete Galileo Galilei dem Großherzog Ferdinando II. de’ Medici und händigte ihm das erste gedruckte Exemplar am 22. Februar aus.[27]
In zweierlei Hinsicht setzte der Dialogo im aktuellen, astronomischen und eben auch weltanschaulich-theologischen Diskurs neue Akzente:
- An die Stelle der damaligen Wissenschaftssprache Latein trat die Volkssprache Italienisch, denn die Diskussionen sollten gezielt über die Kreise der Wissenschaft hinausgetragen werden.[28] Die Abkehr vom Lateinischen für wissenschaftliche Publikationen hatte unmittelbare Vorbildwirkung und trug zur Errichtung des neuen Genres der populärwissenschaftlichen Literatur bei.[29]
- Er verschwieg bewusst das von den Jesuiten – u. a. Clavius, Giovanni Riccioli, Grimaldi – favorisierte Tychonische Planetenmodell. Es hätte analog zu Kopernikus’ Modell einige Phänomene wie die zeitweise Venussichel und die veränderliche Größe der Planetenscheibchen erklärt. Im Kampf um die Deutungshoheit des astronomischen Weltbildes bekämpfte Galilei den Konkurrenten Tycho Brahe mit Totschweigen.
Der Zensurauflage, das Werk mit einer Schlussrede zugunsten des ptolemäischen Systems zu beschließen, meinte Galilei nachzukommen, indem er diese Rede in den Mund des einfältigen Dogmatikers Simplicio legte.[Anm. 1] Überdies beging er eine Fahrlässigkeit, indem er ein Hauptargument Barberinis (Urban VIII.) nicht ernst genug nahm, mit seiner Beweisführung und Überredungskunst das Gegenteil zu offenbaren meinte.[30] Es ging dabei um die Frage, ob eine wissenschaftliche Theorie über die von ihr vorhergesagten Effekte hinaus Gewissheit haben könne, wo doch Gott diese Effekte jederzeit auch auf einem anderen Weg hätte hervorbringen können. Mit seinen überspitzen Bemerkungen im Dialogo hatte Galilei den Bogen aus Sicht des Papstes überspannt – dieser galt als leicht provozierbar – und hatte seine Protektion verspielt.[31]
Mit der zeitlosen, bis heute andauernden Kontroverse um dieses eine Werk begreift Galilei-Experte Stillman Drake es als ein Sinnbild für die Gegensätzlichkeit von Glauben und Wissen:
“The book was destined to become a symbol of the struggle for freedom of inquiry and of a supposed inherent conflict between religion and science.”
„Das Buch war dazu bestimmt, ein Symbol für den Kampf zwischen der Freiheit der Untersuchung und einem angeblichen inneren Konflikt zwischen Religion und Wissenschaft zu werden.“
Zur wissenschaftlichen Tragweite des Dialogo kommentierte Albert Einstein, beeindruckt von der Galileischen Fassung des Relativitätsprinzips:
„Es war Galileo ja sogar direkt verboten worden, für die Lehre des Kopernikus einzutreten. Der Dialog stellt, abgesehen von seinem bahnbrechenden sachlichen Gehalt, einen geradezu schalkhaften Versuch dar, dies Gebot scheinbar zu befolgen, sich de facto jedoch darüber hinwegzusetzen.“
Der Prozess gegen den Dialog

Im Juli 1632 wies Riccardi den Inquisitor von Florenz an, er solle die Verbreitung des Dialogo verhindern. Im September bestellte der Papst Galilei nach Rom ein. Mit Bitte um Aufschub, ärztlichen Attesten, langwieriger Anreise und obendrein Quarantäne infolge der Pestepidemie verging jedoch der gesamte Winter.
In Rom wohnte Galilei in der Residenz des toskanischen Botschafters. Am 12. April 1633 wurde er offiziell vernommen und musste für 22 Tage eine Unterkunft der Inquisition beziehen. Am 30. April bekannte er in einer zweiten Anhörung, in seinem Buch geirrt zu haben, und durfte wieder in die toskanische Botschaft zurückkehren.
Am 10. Mai reichte er seine schriftliche Verteidigung ein und eine Bitte um Gnade. Am 22. Juni 1633 fand der Prozess im Dominikanerkloster neben der Basilika Santa Maria sopra Minerva statt. Zunächst leugnete Galilei, auf die Dialogform seines Werkes verweisend, das kopernikanische System gelehrt zu haben. Die Inquisition hielt ihm ein (nicht unterschriebenes) Protokoll vor mit dem Zusatz „noch auf irgendeine Weise zu lehren“ (nec docere et quovis modo) und einen offiziellen Befehl der katholischen Kirche missachtet zu haben, was als Ketzerei galt.[34] Nachdem Galilei seinem „Irrtum in eitler Ruhmsucht und reiner Unwissenheit und Unachtsamkeit“ abgeschworen, sie verflucht und verabscheut” hatte, wurde er zu lebenslanger Kerkerstrafe verurteilt und entkam somit der Hinrichtung auf dem Scheiterhaufen. Die Verurteilung Galileis war unter den zuständigen zehn Kardinälen strittig; drei von ihnen (darunter Francesco Barberini, der Neffe des Papstes) unterschrieben das Urteil nicht.
Galilei selbst hielt an seiner Überzeugung fest. Die Behauptung, der zufolge er beim Verlassen des Gerichtssaals gemurmelt haben soll, „Eppur si muove“ (und sie [die Erde] bewegt sich doch), gilt als nachträgliche Erfindung.[35] Sie wurde schon bald nach seinem Tod verbreitet, wie ein spanisches Gemälde von circa 1643/45 mit diesen Worten zeigt, das 1911 entdeckt wurde.[36]
Galilei sah zeitlebens die Kreisbahnen als zentralen Bestandteil des kopernikanischen Systems an und lehnte elliptische Bahnen aus diesem Grund ab. Kepler, mit dem er in Briefkontakt stand, hatte mit seinem Modell der Ellipsenbahnen praktisch alle Ungereimtheiten zwischen Beobachtung und dem heliozentrischen Weltbild beseitigt. Zur Rettung seines Konzepts der Kreisbahnen nahm Galilei in Kauf, dass es die beobachtete Position des Planeten Mars wesentlich schlechter voraussagte als die geozentrischen Modelle von Ptolemaios oder Brahe.
Dass Galilei die Kometen zu atmosphärischen Erscheinungen uminterpretierte, weil die alternative Erklärung von sich im Sonnensystem umherbewegenden Objekten sein Weltbild gefährdet hätte, dürfte der Glaubwürdigkeit seines Modells ebenfalls eher abträglich gewesen sein. Bei den nur unter großen Gefahren für das Augenlicht beobachtbaren Sonnenflecken kam hinzu, dass deren Zahl nach 1610 abfiel und sie von 1645 an sogar für fast 75 Jahre nahezu völlig ausblieben (sog. Maunderminimum).
Schließlich diskutierte Galilei in seinem Dialog wohlweislich nur die beiden Weltsysteme von Kopernikus und Ptolemäus. Letzteres hatte er anhand der Venusphasen empirisch widerlegt, nicht jedoch das tychonische Weltbild, das sich mit seinen Beobachtungen ebenfalls vertrug.
Hausarrest 1633–1642 und die Discorsi
Galilei blieb nach dem Urteil unter Arrest in der Botschaft des Herzogtums Toskana in Rom. Nach wenigen Wochen wurde er unter die Aufsicht des Erzbischofs von Siena Ascanio II. Piccolomini gestellt, der allerdings sein glühender Bewunderer war und ihn nach Kräften unterstützte. In Siena konnte er seine tiefe Niedergeschlagenheit über den Prozess und seinen Ausgang überwinden.
Nach fünf Monaten, im Dezember 1633, durfte er in seine Villa Gioiella in Arcetri zurückkehren, blieb jedoch unter Hausarrest, verbunden mit dem Verbot jeglicher Lehrtätigkeit. Als er wegen eines schmerzhaften Leistenbruchs um Erlaubnis bat, Ärzte in Florenz aufsuchen zu dürfen, wurde sein Gesuch abgelehnt mit der Warnung, weitere solche Anfragen würden zu Aufhebung des Hausarrestes und Einkerkerung führen.
Gemäß dem Urteil hatte er über drei Jahre lang wöchentlich die sieben Bußpsalmen zu beten; diese Verpflichtung übernahm seine Tochter Schwester Maria Celeste (Virginia) bis zu ihrem Tod im April 1634. Zudem wurden seine sozialen Kontakte stark eingeschränkt. Immerhin war es ihm gestattet, mit seinen weniger kontroversen Forschungen fortzufahren und seine Töchter im Kloster San Matteo zu besuchen. Sämtliche Veröffentlichungen waren ihm verboten, jedoch führte er einen ausgedehnten Briefwechsel mit Freunden und Gelehrten im In- und Ausland und konnte später zeitweilig Besucher empfangen, darunter Thomas Hobbes und John Milton, ab 1641 seinen ehemaligen Schüler Benedetto Castelli.
Galilei hatte seit längerem Probleme mit seinen Augen; 1637 erblindete er auf dem rechten Auge und 1638 vollständig, als Folge von Überanstrengung, Entzündungen, Glaukom und grauem Star.[37][38] Jedoch entdeckte er noch kurz vor dem völligen Verlust seiner Sehkraft die Libration des Mondes und teilte das 1637/38 brieflich mit,[39] nachdem er einen Spezialfall (parallaktische Libration) schon in seinem Dialog über die beiden Weltsysteme von 1632 geschildert hatte. Ein Gnadengesuch auf Freilassung wurde abgelehnt. Seine letzten Jahre verbrachte er in seinem Landhaus in Arcetri.
Ab Juli 1633 – noch in Siena – hatte Galilei an seinem physikalischen Hauptwerk Discorsi e Dimostrazioni Matematiche intorno a due nuove scienze (Discorsi) gearbeitet. Obwohl das Inquisitionsurteil kein explizites Publikationsverbot enthielt, stellte sich eine Veröffentlichung im Einflussbereich der katholischen Kirche als unmöglich heraus. So geschah es, dass die Öffentlichkeit zuerst durch Matthias Berneggers lateinische Übersetzung von Galileis Werk Kenntnis erhielt, erschienen unter dem Titel Systema cosmicum im Verlag Elsevier in Leiden (gedruckt 1635 in Straßburg bei David Hautt). Der Erstdruck des italienischen Texts der Discorsi erschien im Jahr 1638 ebenfalls bei Elsevier.
Inhaltlich griff Galilei in den Discorsi Ansätze und Ergebnisse aus seinen frühen Jahren wieder auf. Die beiden neuen Wissenschaften, die Galilei darin begründet, sind in moderner Sprache Festigkeitslehre und Kinetik. Er wies unter anderem nach, dass die bogenförmige Bewegung eines Geschosses aus zwei Komponenten zusammengesetzt ist: Die horizontale mit konstanter Geschwindigkeit in Folge der Trägheit, die nach unten gerichtete mit zeitproportional zunehmender Geschwindigkeit durch konstante Beschleunigung. Das Zusammenwirken beider führt zu einer parabelförmigen Flugbahn. In dem Buch findet sich auch ein Paradoxon über das Unendliche (Galileis Paradoxon), dessen zugrundeliegende Ideen erst viel später im 19. Jahrhundert von Georg Cantor ausgebaut wurden.
Im Spätherbst 1641 löste Evangelista Torricelli den seit 1639 für Galilei tätigen Begleiter Vincenzo Viviani als Assistent und Privatsekretär ab, doch war bereits klar, dass Galilei nicht mehr lang zu leben hatte. Er starb am 8. Januar 1642 in Arcetri. Ein feierliches Begräbnis in einem prunkvollen Grab, das der Großherzog vorgesehen hatte, wurde unterbunden. Er wurde zunächst anonym in Santa Croce in Florenz beigesetzt. Erst ungefähr 30 Jahre später erfolgte die Kennzeichnung des Grabes mit einer Inschrift. Die heute vorhandene repräsentative Grabstätte in Santa Croce wurde durch eine Stiftung des Galilei-Assistenten Vincenzo Viviani finanziert und 1737 fertiggestellt.[40]
Galilei und die Kirche
Wissenschaftlicher Kampf und seine späte Rehabilitierung
Trotz der turbulenten Zeit, in der es der Kirche mithilfe der Dominikaner- und Jesuitenorden gerade erst gelungen war, ihren Einfluss in Italien im Kampf gegen die Reformation wieder zu festigen, gab es in der Kirche bedeutende Personen, die den neuen Erkenntnissen der Wissenschaften sehr offen gegenüberstanden und sie sogar förderten. Für Galileo war insbesondere Kardinal Maffeo Barberini wichtig, der Galileos Leistungen in einem Gedicht pries und als späterer Papst Urban VIII. seinen Freund mit Privataudienzen, Renten und Orden ehrte. Galileo selbst bezog sich als frommer Katholik auf das Urteil wichtiger Kirchenväter wie Origenes, Basilius und Augustinus, die der Bibel keine Autorität in „Streitfragen über Naturelemente“ zubilligten.[41] Dies wurde auch von mächtigen kirchlichen Stimmen, die eine wörtliche Auslegung der Heiligen Schrift ablehnten mit der Argumentation, dass Glauben und Wissenschaft getrennte Sphären seien, offensiv vertreten. So schrieb Kardinal Bellarmin, dass man, läge ein wirklicher Beweis für das heliozentrische System vor, bei der Auslegung der heiligen Schrift in der Tat vorsichtig vorgehen müsse.[42] Ausdruck des zunächst vorhandenen kirchlichen Wohlwollens ihm gegenüber ist die recht milde Ermahnung von 1616, Galilei sei im „Irrtum des Glaubens“ und möge darum „von einer Verbreitung des kopernikanischen Weltbildes absehen“.[43]

Erst nachdem Galilei 1632 mit dem Dialogo, für den er von Papst Urban VIII. persönlich grünes Licht bekommen hatte unter der Bedingung, die damals noch nicht beweisbare Theorie (es existierten andere konkurrierende Theorien wie das tychonische Weltmodell) als solche zu bezeichnen, sich dieser Weisung (nach Meinung der Einflüsterer des Papstes) vermeintlich widersetzt hatte und wieder für das kopernikanische Weltbild als gesichertes Faktum eingetreten war (und die ersten Exemplare provokant an seine erklärten Gegner wie z. B. den Inquisitor Serristori geschickt hatte), wurde ein formales Verfahren gegen ihn eröffnet. Auch jetzt noch war das Klima, verglichen mit anderen Häresieprozessen, freundlich und das Urteil milde. Nachdem Galilei geschworen hatte, „stets geglaubt zu haben, gegenwärtig zu glauben und in Zukunft mit Gottes Hilfe glauben zu wollen alles das, was die katholische und apostolische Kirche für wahr hält, predigt und lehret“, erhielt er lediglich Kerkerhaft, die bereits am nächsten Tag in Hausarrest umgewandelt wurde. In einem Kerker hat Galilei nie eingesessen.[44]
Die Tragik von Galileis Wirken liegt darin, dass er als ein zeitlebens tiefgläubiges Mitglied der Kirche den Versuch unternahm, ebendiese Kirche vor einem verhängnisvollen Irrtum zu bewahren. Seine Intention war es nicht, die Kirche zu widerlegen oder zu spalten, vielmehr war ihm an einer Reform der Weltsicht der Kirche gelegen. Seine verschiedenen Aufenthalte in Rom bis zum Jahr 1616 hatten auch den Zweck, Kirchenmänner wie Bellarmin davon zu überzeugen, dass die Peripatetiker nicht unfehlbar waren und Aussagen astronomischen Gehalts in der Heiligen Schrift nicht immer buchstabengetreu gelesen werden müssten. Auch war Galilei davon überzeugt, die Werke Gottes durch Experiment und Logik früher oder später vollständig klären zu können. Papst Urban VIII. dagegen vertrat die Auffassung, dass sich die vielfältigen, von Gott bewirkten Naturerscheinungen teilweise dem beschränkten Verstand der Menschen für immer entzögen.[45]
Im Jahr 1638 besuchte der Puritaner John Milton Galilei in Florenz und beschrieb ihn als „Gefangenen der franziskanischen und dominikanischen Gedankenpolizisten“, was für die folgenden Jahre der Tenor der protestantischen Vorwürfe bleiben sollte.[46]
Der Inquisitionsprozess gegen Galilei hat zu endlosen historischen Kontroversen und zahlreichen literarischen Bearbeitungen angeregt; unter anderem in Bertolt Brechts Leben des Galilei.[47]
1741 gewährte die römische Inquisition auf Bitte Benedikts XIV. das Imprimatur auf die erste Gesamtausgabe der Werke Galileis. Unter Pius VII. wurde 1822 erstmals ein Imprimatur auf ein Buch erteilt, das das kopernikanische System als physikalische Realität behandelte. Der Autor, ein gewisser Settele, war Kanoniker. Für Nicht-Kleriker war das Interdikt wohl längst belanglos geworden.
1979 beauftragte Johannes Paul II. die Päpstliche Akademie der Wissenschaften, den berühmten Fall aufzuarbeiten.[48] Bei der Übergabe des Kommissionsberichtes am 31. Oktober 1992 erklärte Johannes Paul II., dass die Verurteilung Galileis ein Fehler gewesen sei, der auf unzureichender Berücksichtigung des Verhältnisses von kirchlicher Lehre und Wissenschaft beruht habe.[49] Am 2. November 1992 wurde Galileo Galilei von der römisch-katholischen Kirche formal rehabilitiert. Es war sogar geplant, Galilei durch eine Statue im Vatikan zu ehren,[50] 2013 rückte der Vatikan davon aber ohne Angabe von Gründen ab, obwohl ein Modell bereits hergestellt worden war und ein Sponsor existierte.[51] Im November 2008 distanzierte sich der Vatikan erneut von der Verurteilung Galileis durch die päpstliche Inquisition. Der damalige Papst Urban VIII. habe das Urteil gegen Galilei nicht unterzeichnet, Papst und Kurie hätten nicht geschlossen hinter der Inquisition gestanden.[52]
Frage seiner Persönlichkeit
Galilei galt in wissenschaftlichen Fragen als eine streitbare Persönlichkeit, um der Sache willen mit seinen Diskussionspartnern erbarmungslos und ihnen in der Vielseitigkeit seiner Argumentationslinien überlegen. Einige Historiker gehen so weit, darin auch die „wahren Gründe für die Verfolgungen“ und Anfeindungen zu sehen, die Galilei zu erdulden hatte, und die „in seiner krankhaften Reizbarkeit und Rechthaberei, seinem Mangel an diplomatischem Takt und Kunst der Menschenbehandlung“ lagen, wie auch in seiner provokanten Schriftart, in dem unvermittelt „religiöse Spekulationen mit exakten Untersuchungen“ der empirischen Wissenschaften „vermengt“ wurden.[53]
Nicht zuletzt wird hierin auch der Grund gesehen, dass Galilei diejenige „wissenschaftliche Revolution des 17. Jahrhunderts“[54] gelungen war, die von so vielen Wissenschaftlern vor ihm eingeläutet und vorbereitet wurde. Und das war, die damals noch fest etablierte Aristotelische Physik in toto als ein tragendes Weltbild in Frage zu stellen und ihr andere Entwürfe entgegenzustellen.[55]
Wissenschaftliche Leistungen
Mitbegründer der naturwissenschaftlichen Methode
Galilei gilt als wesentlicher Begründer der modernen Naturwissenschaften. In dieser Hinsicht wird er häufig mit anderen großen Naturforschern genannt, allen voran mit N. Kopernikus vor ihm, mit seinen Zeitgenossen J. Kepler, F. Bacon und M. Mersenne sowie mit den wegbereitenden Nachfolgern C. Huygens und I. Newton. Mit seinen Erläuterungen einer neuen, naturwissenschaftlichen Methode,[Anm. 2] mit seiner „Geduld bei der Beobachtung und [der] grossen Kühnheit im Aufstellen von Hypothesen“ wurde er schon zu Lebzeiten Teil einer neuen Wissenschaftsauffassung von der Natur selbst.[56][Anm. 3]
Galileis Verdienst im historischen Zusammenhang ist die Verbreitung und Anwendung dieser grundlegenden Methode aller Naturwissenschaften. Sie umfasst (mindestens) die folgenden Merkmale:[57][58][59]
- Skepsis: die Verwerfung aller Argumente, die ausschließlich auf Tradition und Autorität beruhen; man müsse ‹die Wahrheit in der Natur suchen, nicht in Texten›[60]
- Experiment: die Selbstständigkeit der experimentellen Forschung allen philosophischen und theologischen Lehrsätzen gegenüber
- Mathematisierung: uneingeschränkte Anwendung aller mathematischen Methoden beim Aufstellen und Belegen von Hypothesen
- Abstraktion: bewusstes Einschränken oder Entfernen der quantitativen Abhängigkeiten, Idealisieren zu Modellen der Wirklichkeit; dadurch minimale qualitative und metaphysische Ursachenforschung
Die letzten beiden Merkmale enthalten Galileis Beschreibung der Naturphänomene von der mathematischen Kinetik aus, das genuin neuartige Vorgehen, das oftmals nur mit Galilei in Verbindung gebracht wird und das einen Neuanfang in der mechanischen Naturbeschreibung bedeutet.[61] Die Beschäftigung mit wenigen als relevant erachteten Abhängigkeiten und die eingehende (mathematische) Beschäftigung mit Fehlerquellen (Abweichungsdiskussionen) gehören dazu.[62]
Hierzu einige Wortlaute aus Galileis Schriften:
„Darum sage ich nicht, dass man Aristoteles nicht hören soll, ja ich lobe es, ihn einzusehen und fleißig zu studieren. Ich tadele nur, wenn man auf Gnade oder Ungnade sich ihm ergibt, derart, dass man blindlings jedes seiner Worte unterschreibt und, ohne nach anderen Gründen zu forschen, diese als ein unumstößliches Machtgebot anerkennen soll. […]
Darum, Signore Simplicio, bringt uns Euere Beweise oder des Aristoteles Gründe und Beweise, nicht aber Zitate und bloße Autoritäten; denn unsere Untersuchungen haben die Welt der Sinne zum Gegenstand, nicht eine Welt von Papier. […]
Die richtige Methode, um zu erforschen, ob man der Erde eine Bewegung zuschreiben kann und welche, besteht also darin, dass man untersucht und beobachtet, ob sich an den Körpern außerhalb der Erde eine scheinbare Bewegung wahrnehmen lässt, die gleichermaßen ihnen allen zukommt.“
„Was sollen wir hierzu sagen, Herr Simplicio? Ist nicht die Geometrie das mächtigste Werkzeug zur Schärfung des Verstandes, das uns zu jeglicher Untersuchung befähigt? Wie hatte doch Plato Recht, wenn er allem zuvor seine Schüler gründlich in der Mathematik unterrichtete? Ich hatte doch vollkommen das Hebelgesetz erfasst, das Zunehmen und Abnehmen der Momente der Kraft und des Widerstandes mit den Armeslängen: trotzdem habe ich im vorliegenden Problem mich geirrt, und der Fehler ist nicht klein, sondern unendlich groß.“
„Über alle die unendlich verschiedenen Möglichkeiten hinsichtlich der Schwere, der Geschwindigkeit und der Gestalt kann keine Theorie gegeben werden. Übrigens muss selbst, um diesen Gegenstand [der Wurfbewegungen] wissenschaftlich zu handhaben, zuerst von Schwierigkeiten abstrahiert werden (ital: bisogna astrar da essi), es müssen, abgesehen von Hindernissen, die bewiesenen Theoreme praktisch geprüft werden, innerhalb der Grenzen, die die Versuche uns selbst vorschreiben.“
Programm zu einem mechanistischen Weltbild
Mehrere Historiker sind der Auffassung, in Galileis naturwissenschaftlicher Methode ein «Programm»[66] oder eine «Einstellung»[67] zu einer mechanisch interpretierten Welt zu sehen, die von besonderen Gesetzmäßigkeiten bestimmt wird. Die materiellen Gesetze haben ihren Prüfstein an der sinnlichen Erfahrung. Dieses Programm steht einer philosophischen, ‹metaphysischen›[68] Begriffsbestimmung, wie sie durch die überlieferte aristotelische Physik noch bis ins späte Mittelalter vorherrschte, gegenüber. Folgende, häufig zitierte Passage[69] aus dem Dialogo verdeutlicht das. Dass diese Passage von Simplicio ausgesprochen wird, darf als Indiz dafür gesehen werden, dass es sich um keine ironische Bemerkung handelt, sondern dass es Galileis unanzweifelbarer Ernst ist.[70]
„Die Philosophen beschäftigen sich im wesentlichen mit dem Universellen; sie ermitteln die Definitionen und die allgemeinsten Kriterien, im einzelnen überlassen sie die nötigen Kunstgriffe und Nebendinge, welche dann nur mehr Kuriositäten sind, den Mathematikern. Aristoteles hat sich begnügt, vortrefflich zu definieren, was im allgemeinen Bewegung ist, die Haupteigenschaften der Ortsbewegung nachzuweisen, dass es nämlich eine natürliche und gewaltsame, eine einfache und zusammengesetzte, eine gleichmäßige und beschleunigte Bewegung gibt. Bei der beschleunigten hat er sich begnügt, den Grund der Beschleunigung nachzuweisen, überlässt hingegen die Erforschung des Verhältnisses gedachter Beschleunigung und anderer Einzelfragen dem Mechaniker oder sonst einem untergeordneten Techniker.“
Mit Blick zurück auf die aristotelische Tradition bedeutet eine solche ‹Änderung des Verhältnisses› den prinzipiellen Wechsel fort von einer Substanz- oder Wesensontologie hin zu relationalen Bestimmungen der mechanischen Physik.[72] Fortan stehen geometrische und kinetische Gesetzgebungen am Anfang der Naturwissenschaft. Kennzeichnend dafür sind raumzeitliche Qualitäten, denen allein Objektivität zugeschrieben wird, ein Wandel, der in besonderem Maße in der philosophischen Phänomenologie mit dem Namen Galilei verbunden wird.[73]
Neuzeitliches Naturverständnis
Die Natur wird von Galilei nicht mehr unabhängig vom technischen Eingriff verstanden, wie es noch in der scholastischen Denkweise der Fall war, sondern sie wird zu einem umfassenden Forschungsfeld des technischen Eingriffs.[74][75] Im Umkehrschluss heißt das: Die mechanische Konstruktion wirkt niemals gegen die Natur, sie kann niemals die Natur in ihrer Eigenständigkeit und Unergründbarkeit hintergehen oder betrügen.[76][77] Durch technische Instrumente können die mechanischen Effekte der Natur (möglichst vollständig) durchschaut werden; keine ihrer Wirkungen bleibt ein bloßes Wunder.[78][Anm. 4]
Schon in seiner frühen Mechanikschrift Le Mecaniche (1593/1634) äußert Galilei dieses naturphilosophische Bekenntnis mit den einleitenden Worten:
« Avant que d’entreprendre la speculation des instrumens de la Mecanique, il faut remarquer en general les commoditez, et les profits que l’on en peut tirer, afin que les artisans ne croyent pas qu’ils puissent servir aux operations, dont ils ne sont pas capables, et que l’on puisee lever de grands fardeaux avec peu de force: car la nature ne peut estre trompée, ni ceder a ses droits. »
„Bevor man die Überlegung zu den Werkzeugen der Mechanik unternimmt, muss man ganz im Allgemeinen die Annehmlichkeiten bemerken, wie auch die Vorzüge, die man daraus ziehen kann, damit die Handwerker nicht glauben, dass sie Unternehmungen ausführen könnten, zu denen jene gar nicht in der Lage sind, so dass man große Lasten mit wenig Kraft anheben könne. Denn die Natur kann nicht getäuscht werden, noch können ihre Rechte versagen.“
Mit der umfassenden Technisierbarkeit der Natur löste Galilei materielle Grundannahmen der aristotelischen Physik auf. Im Naturverständnis zeigte sich das vor allem darin, was er alles nicht zum Gegenstand seiner Hauptschriften machte. Anstelle der Vier-Elemente-Lehre, die zudem noch ein fünftes Himmelselement, den Äther, unterscheidet,[80] betrachtete er nur noch eine körperliche Materie.[81] Ihre Eigenschaften werden auf beobachtbare Abhängigkeiten hin untersucht. Die Mechanik und Technik ist fortan nicht mehr ‹der Physik opponiert›, wie es noch in der Antike und im Mittelalter der Fall war.[82]
So umfasst der Erhaltungsgedanke in der Natur, der auch der aristotelischen Mechanik ganz wesentlich ist, nicht nur alle ‚natürlichen‘ Bewegungsabläufe, sondern auch alle ‚gewaltsamen‘ der technischen Maschinen. Umgekehrt bleiben nun ‚gewaltsame‘ Bewegungsformen und ihre Gesetzmäßigkeiten nicht mehr auf erfundene Maschinen beschränkt, sondern schließen die der Natur mit ein.[83] Sie alle bedürfen keiner weiteren Begründung außerhalb der wahrnehmbaren, körperlichen Materie.[84] Die mathematische Kinetik als Neuanfang ist somit das Ergebnis dieses Verzichts.[85]
“Il tentar l’essenza, l’hò per impresa non meno impossibile, e per fatica non men vana, nelle prossime sustanze elementari, che nelle remotissime e celesti.”
„In das Wesen der Erscheinungen einzudringen halte ich ebenso für ein unmögliches Unterfangen wie eine leere Mühe, und zwar bei den nächsten elementaren wie bei den entferntesten himmlischen Substanzen.“
Zudem übertrug Galilei die Eigenschaften der körperlichen Materie (wie schon Kepler) für alle Deutungen seiner beobachteten Planeten- und Mondformationen im Sidereus Nuntius. Er vereinheitlichte sie so in den Bereich der Himmelsmechanik.[Anm. 5][87]
Auch im späteren Dialogo greift Galilei die Homogenität aller Weltmaterie auf. Er versucht in einer Passage, Simplicios Unterscheidung zwischen grober irdischer Materie, aus der etwa Gebirge und Wolken gemacht seien und die Licht dunkler reflektiere, und der Himmelsmaterie (oder Quintessenz) zu widerlegen, aus der auch der Mond bestehen soll und die das Licht deutlich heller streuen würde.[88]
„[Salv.:] Nun habt Ihr selbst schon eingestanden, den Mond bei Tage zwischen weißlichen Wolken gesehen zu haben, ohne dass sein Aussehen von diesen wesentlich verschieden gewesen wäre. Damit gebt Ihr von vornherein zu, dass diese Wölkchen, die doch aus elementaren Substanzen bestehen, dieselben Beleuchtung, ja noch stärkere zu erlangen vermögen als der Mond. Ihr braucht Euch nur zu vergegenwärtigen, wie Ihr so manchmal gewaltige, schneeweiße Wolkenmassen gesehen habt; wenn eine solche Wolke ihre Beleuchtung in tiefer Nacht noch behalten könnte, so würde sie zweifelsohne die Umgebung mehr erhellen als hundert Monde. Wären wir nun gewiss, dass die Erde in gleichem Maße wie eines dieser Wölkchen von der Sonne beleuchtet würde, so würde sie unzweifelhaft ebenso glänzen wie der Mond. Jeder Zweifel daran aber schwindet, wenn wir die nämlichen Wolken in der Nacht ebenso dunkel bleiben sehen wie die Erde. Ja noch mehr, keiner von uns ist der Täuschung entgangen, wenn er einmal in der Ferne tiefergehende Wolken gesehen hat, zu zweifeln, ob es Wolken oder Berge seien, ein deutliches Zeichen, dass die Berge nicht weniger leuchten als jene Wolken.“
Kinetik – gleichmäßige Beschleunigung
Der eben skizzierte Neuanfang in der Methode geht insbesondere zusammen mit Galileis neuem Herangehen an die Mechanik. Er geht von der Bewegungslehre (Kinetik) aus, der er sich am dritten und vierten Tag in den Discorsi ausführlich und mathematisch streng in der Struktur von Grundannahmen (‹Axiomen›), Theoremen und geometrischen Beweisen zuwendet. Bereits zu Galileis Lebzeiten und in seiner Nachfolge gehörten allein diese Kapitel seines wissenschaftlichen Schaffens schon zu dessen «hervorragendsten Leistungen», von denen J. L. Lagrange später in der Einleitung des Dynamikteils seiner Analytischen Mechanik sagen wird: «es gehöre ein außerordentliches Genie dazu, sie zu verfassen, man werde dieselben nie genug bewundern können».[90]
Galilei kündigt die Kinetik in seinem Buchtitel selbstbewusst als „neuen Wissenszweig“ an:
„Über einen sehr alten Gegenstand bringen wir eine ganz neue Wissenschaft. Nichts ist älter in der Natur als die Bewegung, und über dieselbe gibt es weder wenig noch geringe Schriften der Philosophie. […] Einige leichtere Sätze hört man nennen: wie zum Beispiel, dass die natürliche Bewegung fallender schwerer Körper eine stetig beschleunigte sei. In welchem Maße aber diese Beschleunigung stattfinde, ist bisher nicht ausgesprochen worden; denn so viel ich weiß, hat Niemand bewiesen, dass die vom fallenden Körper in gleichen Zeiten zurückgelegten Strecken sich zueinander verhalten wie die ungeraden Zahlen.[Anm. 6] Man hat beobachtet, dass Wurfgeschosse eine gewisse Kurve beschreiben; dass letztere aber eine Parabel sei, hat Niemand gelehrt. [… Hierzu] wird die Bahn geebnet, zur Errichtung einer sehr weiten, außerordentlich wichtigen Wissenschaft, deren Anfangsgründe diese vorliegende Arbeit bringen soll, in deren tiefere Geheimnisse einzudringen Geistern vorbehalten bleibt, die mir überlegen sind.“
Dazu gehört, dass Galilei unter den ‚einfachen‘ Bewegungen erstmals die Beschleunigung als die für die Mechanik wesentliche Größe mathematisch präzise untersuchte und zugrunde gelegt hat.[92][93]

Dabei greift er auf das Verfahren der graphischen Methode zur Darstellung von Bewegungsgrößen nach N. v. Oresme zurück, wandelt aber die kinetische Bedeutung der geometrischen Figuren um. Auf diese Weise gelangt Galilei zu anderen Bewegungsgesetzen als die Scholastiker.[94]
Im Diagramm wird mit der Strecke AB «die Zeit» dargestellt, während die horizontalen Parallelen bis herunter zu AB die «wachsenden Geschwindigkeitswerte».[95] Somit erkennt man hierin die Darstellung zweier --Diagramme, einmal für eine gleichmäßige Beschleunigung (Linie AE) und für eine gleichförmige Bewegung (Linie GF). Galilei Schluss auf die zurückgelegten Strecken zeigt sich unmittelbar über das in den Figuren «Enthaltene». Die Flächengleichheit zeigt das klassische Ergebnis, aus denen Galilei die Beschleunigungsgesetze direkt folgern wird:[Anm. 7]
„Folglich werden zwei Körper gleiche Strecken in ein und derselben Zeit zurücklegen, wenn der eine aus der Ruhe gleichförmig beschleunigt sich bewegt, der andere mit gleichförmiger Geschwindigkeit gleich dem halben Betrage des bei beschleunigter Bewegung erreichten Maximalwertes.“
Anders als in der traditionellen Bewegungslehre nach Aristoteles erhält die mathematische Kinetik den zentralen wissenschaftlichen Platz zu Beginn aller Mechanik, wohingegen die Ursachenforschung in dem Bereich der Metaphysik verwiesen und als zweitrangig erachtet wird. Die Empirie ersetzt bloß rationale Definition, wird zum neuen Prüfstein der begrifflichen Konstruktion. Die experimentelle Beobachtung sei vor allem deswegen geboten, weil insbesondere die als evident erachteten Bewegungsgesetze oftmals nicht so in der Wirklichkeit wiedergefunden werden.
„Ebenso haben möglicher-, ja notwendigerweise auch jene [Autoren] gehandelt, sich nämlich auf ihre Vorgänger verlassen, ohne dass man jemals auf einen käme, der den Versuch wirklich angestellt hätte. Denn jeder, der das tut, wird finden, dass sich das gerade Gegenteil von dem ergibt, was man geschrieben liest.“

Die prinzipiellen Gegensätze zwischen Ruhe und Bewegung sowie zwischen natürlicher und unnatürlicher (oder erzwungener) Bewegung werden von Galilei an vielen Anwendungsbeispielen in Frage gestellt. Anstelle dessen setzt er den Gegensatz zwischen einfachen und zusammengesetzten Bewegungen, die nunmehr die Bedeutung als rein mathematische Komponenten von gerichteten, kontinuierlichen Bewegungsgrößen (Vektoren) erhalten und die entweder gleichförmig () oder gleichmäßig beschleunigt () sind, an den Anfang jeder theoretischen Untersuchung.
Ballistik und Superpositionsprinzip
Galilei eröffnet das Superpositionsprinzip der Bewegungen.[98][99] Demnach wird der waagrechte Wurf in eine einfache, horizontale Komponente der Bewegung , die gleichförmig ist und in eine einfache, vertikale Komponente der Bewegung zerlegt, die als voneinander unabhängig behauptet werden. Auch der schräge Wurf wird hieraus entwickelt.
Galilei ist sich beim waagrechten Wurf der Radikalität der an sich wirklichkeitsfremden Idealisierung bewusst und bemüht umfangreiche Fehlerdiskussionen.[Anm. 8] Abweichungen vom Ideal durch Luftwiderstand oder durch die die ‚natürliche‘ Anziehung zum Weltmittelpunkt müssen sich hierbei als streng vernachlässigbar herausstellen, um die Hypothese aufrechtzuerhalten.[100]
Überzeugt von der Richtigkeit des Superpositionsprinzip, widerlegt Galilei am zweiten Tag der Dialogo traditionelle empirische Kennzeichen für die Ruhe oder für die Bewegung der Erde. Die Beobachtungen auf der Erde allein geben es nicht her.[101] Die Existenz der Erddrehung könne auch unabhängig von der erzwungenen Bewegung der Erdanziehung eingesehen werden. Bisherige Fall-, Wurf- und Fahrexperimente, die zum Teil auch als Gedankenexperimente behandelt werden, relativierten so bisherige, als naturnotwendig erachtete Überzeugungen in zusammengesetzte natürliche Bewegungsformen.[Anm. 9]

Das Superpositionsprinzip findet auch Anwendung bei der Frage nach der Erddrehung. Traditionell wurde aus der Tatsache, dass die Kanonenkugel beim senkrechten Schuss wieder an derselben Stelle auftrifft, auf den Ruhezustand der Erde geschlossen.[102] Galilei widerlegt die Evidenz dieses Schlusses aus dem Superpositionsprinzip. Es lässt sich beobachten, dass die senkrecht abgeschossene Kugel bei gleichförmiger waagrechter Bewegung der Kanone, wieder an der Mündung ankommt. Auch hierbei sind waagrechte und senkrechte Bewegungskomponenten voneinander unabhängig.
„[D]er Mittelpunkt der Kugel hat also die Linie BD zurückgelegt, die nicht wie vorhin lotrecht, sondern gegen Osten geneigt ist. Da nun, wie bereits angegeben, die Kugel ihre Bewegung durch die Luft fortsetzen muß in Richtung der Bewegung des Geschützes, so wird sie sich gemäß der Neigung der Linie BD bewegen, demnach keineswegs eine lotrechte, sondern einen nach Osten geneigt Bahn einschlagen, eben dahin, wohin sich auch das Geschütz bewegt. Daher wird die Kugel der Bewegung der Erde und des Geschützes folgen können. So habt Ihr, Signore Simplicio, den Nachweis, dass der Schuss, der scheinbar lotrecht sein muß, in Wirklichkeit dies keinesfalls ist.“
Galileische Dynamik
Zurückhaltung in dynamischen Fragen
Noch vor der Etablierung von klar bezeichneten Kraftgrößen in der Newtonschen Mechanik behandelte die Dynamik die metaphysische Frage nach den Ursachen einer Bewegungsform („Warum bewegt sich der Bewegte?“), während die Kinetik sich mit der präzisen Beschreibung von Bewegungen beschäftigt („Wie bewegt sich der Bewegte?“). Die aristotelische Bewegungslehre hatte noch ihren Schwerpunkt in der dynamischen Erklärung und Vereinheitlichung von Bewegungsabläufen: Jede Bewegungsart müsse einen hinreichenden Grund haben. Kennzeichnende Neuheit für Galileis wissenschaftliche Hauptwerke ist nun nicht nur die vorrangige Behandlung einer mathematischen Kinetik, sondern auch die offensichtliche Zurückhaltung in allen dynamischen Fragen.[104][105][106]
Nur aus vereinzelten Zwischenbemerkungen seiner Schriften ist bekannt, dass der Verzicht auf Ursachenfragen eine bewusste Methode war. Wenn es originale Hinweise gibt, dann tendierten sie in Richtung einer intrinsischen Dynamik, entsprechend der überlieferten Impetustheorie. Zu beachten ist deswegen, dass Salviati mit Simplicio in dieser Frage übereinstimmt:
„Salv: […] Herr Simplicio, gebt Ihr zu, dass jeder fallende Körper eine von Natur ihm zukommende Geschwindigkeit habe; so dass, wenn dieselbe vermehrt oder vermindert werden soll, eine Kraft angewandt werden muss oder ein Hemmnis.
Simpl. Unzweifelhaft hat ein Körper in einem gewissen Mittel eine von Natur bestimmte Geschwindigkeit, die nur mit einem neuen Antrieb vermehrt, oder durch ein Hindernis vermindert werden kann.“
Auch Galileis frühere Mechanik-Schrift Le Mecaniche (1593/1634) zeigt für statische Betrachtungen, dass er die Ursache oder Tendenz als innere Kraftwirkung begreift und nicht weiter danach fragt, warum der Mittelpunkt der Schwere (d. i. der Erdmittelpunkt) ihre Anziehung erzwingt.[108]
Mit Galileis Zurückhaltung in dynamischen Fragen geht einher, dass er in seinen Schriften viele metaphysische Spekulationen über Kraftwirkungen entweder auslässt oder ausdrücklich ablehnt. Dazu gehört etwa seine Ablehnung, dass die gravitative Fernwirkungen von Planeten durch Magnetkräfte erklärt werden können, so wie es damals von W. Gilbert und J. Kepler vorgestellt wurde. Er verstand sie als „okkulte Qualitäten“ und verwies sie in das Reich der „nichtige[n] Phantasie“.[109]
Galileis minimale Dynamik, die sich auf das einzelne betrachtete Phänomen zu beschränken scheint, hat schon zu seinen Lebzeiten für Kritik und Unverständnis gesorgt.[110] Allem voran ist der briefliche Kommentar von Descartes an Mersenne (1638) zu nennen, der gleichfalls historische Beachtung erhalten hat. Descartes hatte, ebenso wie Mersenne und später Huygens, die Discorsi viel genauer studiert als er selbst zu erkennen gab.[111] Aus heutiger Sicht ist der Kommentar ein weiteres Zeugnis der umwälzenden Erneuerung im Naturverständnis. Die Beschreibung der Naturvorgänge findet Vorrang gegenüber der dynamischen Erklärung.
« Je trouve en général qu’il philosophe beaucoup mieux que le vulgaire, en ce sens qu’il quitte le plus qu’il peut les erreurs de l’Ecole, et tâche à examiner les matières physiques par des raisons mathématiques. En cela je m’accorde entiérement avec lui et je tiens, qu’il n’y a point d’autre moyen pour trouver la vérité. Mail il semble qu’il manque beaucoup en ce qu’il fait continuellement des digressions et ne s’arrête point à expliquer tout à fait une matière; ce qui montre qu’il ne les a point examinées par ordre, et que, sans avoir consideré les premières causes de la nature, il a seulement cherché les raisons de quelques effets particuliers, et qu’ainsi il a bâti sans fondement. »
„Ich finde ganz allgemein, dass er deutlich besser philosophiert als der gewöhnliche Durchschnitt, und zwar in dem Sinne, dass er so viel wie er nur kann von der Schule verwirft, und dass er versucht, die physikalischen Dinge durch mathematische Gründe zu untersuchen. Darin stimme ich vollständig mit ihm überein und ich halte das für das einzige Mittel, um die Wahrheit herauszufinden. Aber es scheint mir, dass er deutliche Mängel darin aufweist, dass er beständig Abschweifungen macht und niemals daran festhält, eine Sache im Ganzen zu erklären. Was uns zeigt, dass er keinesfalls einer Ordnung gefolgt ist und dass er, ohne zuvor die ersten Ursachen der Natur berücksichtigt zu haben, nur nach den Gründen für einige besondere Wirkungen gesucht hat, und dass er somit ohne Fundament gebaut hat.“
Zum allgemeinen Stellenwert der Dynamik nach Galilei
Das wissenschaftliche Werk Galileis ist somit in keiner Weise voraussetzungslos, und das gilt besonders für seine Dynamik. Verknüpft werden traditionelle Konzeptionen der mittelalterlichen Mechanik (statisches Moment, Schwerpunktmasse und Impetus) mit weiterführenden Konnotationen und Vereinheitlichungen, so dass die Gesamtheit der galileischen Dynamik neuartig erscheint.[Anm. 10][113][114] Über die Tragweite und die Originalität der Dynamik bestand seither unter Experten erhebliche Uneinigkeit.[115][Anm. 11] Einerseits wird Galilei zum eigentlichen Begründer der neuzeitlichen Dynamik erhoben;[116][117][118][119][120] andererseits findet man auch Kommentare, die diesen dynamischen Teil seines Werks zu einem bloßen Zwischenstadium einer Entwicklung herabsetzen und ihren Ursprung in zum Teil handschriftliche Überlieferungen kongenialer Vorgänger legen.[121][122]
Entsprechend findet man bei der dynamischen Naturbetrachtung, insbesondere in der Mechanik, mehrere originelle Verfahrensweisen, die immer wieder mit Galileis Namen verbunden werden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind das vorrangig die folgenden Naturprinzipien und -aussagen:
- Erweiterung der peripatetischen Statik: das mechanische Erhaltungsprinzip in allen Maschinen und das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten.
- der Spezialfall der so genannten Goldenen Regel der Mechanik: der einfache Vorgänger des Satzes von der Erhaltung der mechanischen Energie.
- Einschränkung der peripatetischen Dynamik: die dynamische Irrelevanz der Körpermasse beim freien Fall.
- das Trägheitsprinzip: die neue Bedingung von Wirkungslosigkeit.
- das Relativitätsprinzip als neuer Rahmen zur Beschreibung von Bewegungsvorgängen.
Der erste Punkt, Galileis allgemeinere Fassung der Statik, bildet die hintergründige Voraussetzung für alle weiteren dynamischen Prinzipien.[123][124][125][Anm. 12] Der zweite und der dritte Punkt haben – neben der galileischen Kinetik – vereinzelt den Weg in heutige Schulbücher gefunden.[126][127] Die letzten zwei Punkte – das Relativitätsprinzip und das Trägheitsprinzip – werden historisch unzweifelhaft zum engeren Kreis der originellen Beiträge Galileis zur klassischen Dynamik gezählt.[128][129]
Erweiterung der Statik: das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten
Voraussetzung der Vorgänger
Aus der Mechanik der aristotelischen Schule herkommend, gilt das archimedische Hebelprinzip als uneingeschränktes Axiom für alle erzwungenen Bewegungsformen. Angewendet auf jede Art von einfacher Maschine wird es gelegentlich auch das peripatetische Grundgesetz der Mechanik genannt. Es beinhaltet die Aussage, dass, wenn alle Körper, seien sie nun frei beweglich oder miteinander verbunden, Kräften unterliegen, diese im umgekehrten Verhältnis zu den erzeugten Bewegungen stehen. Wenn diese Bewegungen wiederum in gleichen Zeitelementen stattfinden, wird mit dem Axiom das Prinzip der (virtuellen) Arbeit zum Ausdruck gebracht.[130][131][132]

(2) Rekonstruktion aus Jouguet (1908)
(3) Galileis quantitative Erläuterung der Goldenen Regel der Mechanik am Hebel (aus Le Mecaniche)
Galileis Vereinheitlichung auf Hebelmomente
Galilei illustrierte das Verfahren am schiefwinkligen Hebel (siehe Abb. (1), um es zum einen für alle Bewegungen an einfachen Maschinen zu vereinheitlichen.[Anm. 13] Und andererseits erfüllt Galilei die Idee eines Erhaltungsprinzips für die gesamte Technik und Mechanik.[133] Hierfür begreift er die Hebelwirkung eines schiefwinkligen Hebelarmes entsprechend der Momentenwirkung auf die Horizontalprojektion (siehe Abb. (2)). Dadurch verringert sich die (virtuelle) Bewegungswirkung auf die Armlänge .[134]
Wann immer nun ein Potential zur Bewegung[135] vorhanden ist, muss es aus dem Gleichgewichtsfall „virtuell“ folgen können. Die Geschwindigkeit wird diesem Potential entsprechend eindeutig mitgeteilt.[Anm. 14]
« […] que ces deux corps [par ex. en ce cas (1) H et G] ne pesent pas seulement également, quand leurs distances d’avec l’appuy, ou le point d’où ils sont suspendus, sont en raison reciproque de leurs pesanteurs, mais aussi que c’est une mesme chose que si l’on attachoit des poids égaux à des distances égales: de sorte que la pesanteur [par ex. de H] s’estend er se communique en quelque maniere virtuellement par delà le soustien [en C], duquel la pesanteur [de G] s’éloigne, et se retire, comme l’on peut comprendre par ce discours. »
„[…], dass die zwei Körper [für diesen Fall (1) in B und A] nicht nur gleich viel wiegen, wann immer ihre Abstände zur Aufhängung oder auch zum Punkt, von dem aus sie angehängt sind, im umgekehrten Verhältnis zu ihren Gewichten sind, sondern auch so, dass es dasselbe ist, wenn man die gleichen Gewichte in gleichen Abständen anbringen würde: und zwar derart, dass das Gewicht [z. B. von H] sich in einer virtuellen Weise über die Stütze [in C] hin erstreckt und mitteilt, von wo die Schwere [von G aus] sich entfernt und zurückzieht, wie es einem über diese Abhandlung verständlich werden kann.“
Formal bringt Galilei hierin den Gleichgewichtsfall eines Drehmoments am Hebel zum Ausdruck und behauptet, dass keine anderen Größen relevant sind, um auf das dynamische Ungleichgewicht zu schließen.[137] Sei dazu der Neigungswinkel des Hebels aus Abb. (3), die Gewichtskräfte auf die Gewichte in B und D entsprechend , so verhalten sich die (virtuellen) Geschwindigkeiten entsprechend diesem Prinzip so:
Die Goldene Regel der Mechanik
Das Prinzip enthält also implizit für gleiche Zeitelemente die sogenannte Goldene Regel der Mechanik, die sich auf die statischen Höhen zurückführen lässt. In der kommentierenden Ergänzung von M. Mersenne wird sie so formuliert, wie sie heute auch im Gebrauch und bekannt ist:
« […] de sorte que [en ce cas du point B au levier de fig. (3)] ne gaigne rien de force qu’il ne le perde en chemin, et [D] tout au contraire ne gaigne rien en chemin qu’il ne le perde en force. »
„[…] in der Weise, dass [im Fall von Punkt B am Hebel aus Abb. (3)] er nichts an Kraft gewinnt, was er nicht an Weg verliert und [Punkt D] ganz im Gegensatz dazu nichts an Weg gewinnt, was er an Kraft nicht verliert.“
Das Kompensationsprinzip
Allgemein betrachtet bringt Galilei hierin den Erhaltungsgedanken zum Ausdruck, dass die Größen der Kraft, der Strecke und der benötigten Zeit sich bei allen Maschinen und technischen Verfahren gegenseitig wieder ausgleichen oder „kompensieren“.[139][140] Es handelt sich um die begriffliche Darstellung des Prinzips der virtuellen Geschwindigkeiten.
Am Beispiel des Hebels (Abb. (3)) erläutert Galilei es damit,
« […] que la vistesse du poids D, qui descend en I surpasse celle du poids B qui monte en G, que la pesanteur de B est plus grand que celle de D; et que l’on ne peut élever B que D ne se meuvre plus viste: parce que la vistesse de D recompense la grande resistence de B, qui monte lentement en G, tandis que D descend bien viste en I, de sorte que G a autant de tardiveté que de pesanteur, comme D a autant de vistesse que de legereté. »
„[…] dass die Geschwindigkeit des Gewichtes D, welches nach I herabsinkt, in dem Maße die des Gewichtes in B, das nach G steigt, übertrifft wie die Schwere von B größer als die von D ist; und dass man B nicht weiter anheben kann, sofern sich D nicht weiterbewegen lässt. Denn die Geschwindigkeit von D gleicht den großen Widerstand des Gewichtes von B aus, welches hingegen nur langsam nach G ansteigt, während D recht schnell nach I herabsinkt, und zwar so, dass G die Langsamkeit ebenso wie ihre Schwere hat, wie auch D ihre Schnelligkeit ebenso wie ihre Leichtigkeit hat.“
Die Einteilung des längeren Hebelarms in fünf äquidistante Abschnitte (in derselben Abb. (3)) dient Galilei zur näheren Erläuterung, dass das kompensierende Verhältnis zwischen Gewichtskraft und Geschwindigkeit (als Strecke pro Zeiteinheit) immer quantitativ zu verstehen ist.[Anm. 15] Die hierin enthaltene Widerlegung eines Leistungsgewinns durch eine Maschine, die Widerlegung eines Perpetuum mobile, sei daher in voller Länge wiedergegeben:
« Mais l’avantage de ces 3 instrumens ne consiste pas à surmonter, ou à tromper la nature, en faisant qu’ une petite force [ital. la forza] surmonte une grande resistence, car on fera le mesme effet in mesme temps, et avec mesme force dans la distance CD, laquelle est cause que la force D a cinq fois plus de chemin à faire de D en I, que le poids n’en fait de B en G, et consequemment elle employe 5 fois plus de temps que si elle estoit en L, pour se transporter en M. Or la force D estant en L levera la cinquiesme partie du poids B de B en G, en mesme temps que D leve B, de sorte qu’elle levera tout le poids B en G en repetant 5 fois le chemin LM; ce qui est la mesme chose que de faire une fois le chemin DI: et consequemment le transport de B en G ne requiert pas moins de force, ou moins de temps, ou chemin plus court, soit que l’on mette la force en D, ou en L. »
„Aber der Vorteil dieser 3 Instrumente besteht nicht darin, zu bezwingen oder die Natur zu überlisten, so dass eine kleine Kraft [ital. la forza] einen großen Widerstand überwältigen könnte. Denn man wird immer dieselbe Wirkung in derselben Zeit erlangen, mit derselben Kraft in demselben Abstand CD. Der Grund besteht darin, dass die Kraft [in] D einen fünfmal so langen Weg hat, um von D nach I zu gelangen, als das Gewicht [in B] hat, um B nach G zu bringen. Und folglich wendet sie fünfmal so viel Zeit auf, als wenn sie in L wäre, um sich nach M zu bewegen. Dadurch, dass die Kraft von D sich nun in L befindet, hebt sie nur den fünften Teil des Gewichtes B von B nach G an, und das in derselben Zeit genommen, in der D das Gewicht in B anhebt. In der Weise wird jene Kraft das ganze Gewicht B nach G anheben, indem der Weg LM 5 mal wiederholt wird; das ist dieselbe Sache wie einmal den Weg DI zu erbringen. Und folglich erfordert der Transport von B nach G entweder weniger Kraft oder weniger Zeit oder auch einen kürzeren Weg, je nachdem ob man die Kraft in D oder in L ansetzt.“
Erhaltung der mechanischen Energie

Illustration der physikalischen Größen (unten)
Galileis Discorsi geben mehrere Beispiele dafür her, dass alle mechanischen Vorgänge von einer dynamischen Erhaltungsgröße beherrscht werden. Auch hier lässt sich Galilei von den Ergebnissen an der schiefen Ebene bzw. am schiefen Hebel leiten, stellt sie dort als „bekannte Tatsache“ hin. Hier wird der Begriff der ‚Energie‘ (‹l’energia›) als informelles Potential eingeführt, das gleichbedeutend sein soll mit einem ‚Moment‘ (‹il momento des descendere›), mit einem ‚Talent‘ (‹il talento›), einem ‚Impetus‘ oder ‚Impuls’ (‹l‘impeto›) und das die (virtuelle) Geschwindigkeit des Körpers auf der schiefen Ebene definiert.[143]
Im Folgenden illustriert Galilei, dass die „Änderung des Impulses“ (‹mutazione d’impeto›) oder die Änderung der potenziellen Energie die relevante Erhaltungsgröße ist.[Anm. 16]
Die Erhaltung der Energie wird daraus gefolgert:
„Die Geschwindigkeiten eines mit natürlicher Bewegung von gleichen Höhen über verschieden geneigten Ebenen herabfallenden Körpers sind bei Ankunft am Horizonte stets gleich gross, wenn man die Widerstände entfernt hat.“
Die schiefe Ebene: Mit Blick auf Galileis gleichzeitige Ergebnisse in der Kinetik des freien Falls fasste er diese These ‚energetisch’ auf. Denn Galilei behauptet auch, dass sich die entsprechenden Fallhöhen wie die «Quadrate der Geschwindigkeiten» verhalten.[145] Es gilt demnach bei gegebener Höhe h und Endgeschwindigkeit v:
- bzw. .
Der richtige Vorfaktor () bleibt in Galileis Schriften noch unbestimmt, da sämtliche Momentensätze nach damaligem Stand der Mathematik als Verhältnisgleichungen ausgedrückt wurden.[146][Anm. 17]
Die Verbindung zum (heutigen) Energiebegriff gelingt, weil Galilei die (virtuelle) Geschwindigkeitszunahme an der schiefen Ebene aus der Goldenen Regel der Mechanik folgert. In heutige, rekonstruierte Begriffe übersetzt (siehe Abb.) beinhaltet es das Verhältnis der Gewichte und , damals noch nicht streng von den einwirkenden Kräften (Gewichtskraft) und (schräg wirkende Hangabtriebskraft) unterschieden,[147] und liefert entsprechend
- .
Bezogen auf die schiefe Ebene sagt das in Worten aus, «dass die Momente ein und desselben Körpers längs Ebenen verschiedener Neigungen wie FA, FJ bei gleicher Höhe [und Moment FH], sich umgekehrt verhalten wie die Längen dieser Ebenen.»[148][149][Anm. 18]

Der korrekte Schluss auf die Endgeschwindigkeit gelingt dadurch, dass der körpereigene Impetus, nach Galilei gleichbedeutend mit einer Form der potenziellen Energie,[150] vollständig in ungebundene Bewegung freigesetzt wird.
Das Hemmungspendel: An anderer Stelle führt Galilei das nach ihm benannte Hemmungspendel ein.[151][152] Er argumentiert entsprechend der Energieerhaltung, dass alle Pendel, die aus gleicher Auslenkung starten, dasselbe ‚Moment‘ besitzen und trotz Hindernis und Verkürzung der Fadenlänge auf der anderen Seite dieselbe Höhe erreichen werden.[153] Wie in der Abbildung dargestellt, sollen einzelne Nägel in den Punkten E und F als Hindernisse dienen: Das verkürzte Pendel erreicht dann anstelle des Punktes D die Punkte G und I, die auf derselben Höhe liegen.
Einschränkung der peripatetischen Dynamik: der freie Fall
Ein allgemeines Axiom der peripatetischen Dynamik und Bewegungslehre geht auf das VII. Buch der Physik von Aristoteles zurück und wird gelegentlich auch Axiom des Aristoteles bezeichnet.[Anm. 19][154] Das Axiom besagt,
„dass Körper von verschiedenem Gewicht [d. h., auf die verschiedene Schwerkräfte wirken] in ein und demselben Mittel sich mit Geschwindigkeiten bewegen, die ihren Gewichten proportional sind […].“
Galilei vertritt, seiner Zeit gemäß, die gegenteilige These, dass alle Körper, unabhängig von ihrem Gewicht, „stets in demselben Augenblick ankommen“.[156] Neben den empirischen Beobachtungen zu den Fallversuchen kann er ein rationales Widerspruchsargument anbringen, das historische Beachtung gefunden hat.[157][158] Dazu stellt sich Galilei vor, dass ein schwerer und ein leichter Körper, miteinander verbunden, gemeinsam frei herunterfallen. Nach Voraussetzung des Axioms von Aristoteles müsste der leichtere Körper, weil er langsamer fällt, einen Widerstand gegen den schweren und schneller fallenden Körper aufbauen. Die widersinnige Folge dieser Annahme ist offensichtlich:
„Aber wenn dieses richtig ist, und wenn es wahr wäre, dass ein grosser Stein sich z. B. mit 8 Maß Geschwindigkeit bewegt, und ein kleinerer Stein mit 4 Maß, so würden beide vereinigt eine Geschwindigkeit von weniger als 8 Maß haben müssen; aber die beiden Steine zusammen sind doch grösser, als jener größere Stein war, der 8 Maß Geschwindigkeit hatte; mithin würde sich nun der größere langsamer bewegen, als der kleinere, was gegen Eure Voraussetzung [d. i. die des Simplicio] wäre.“
Mithin müssten die beiden verbundenen Körper eine gemeinsame Pendelschwingung ausführen, die allerdings nicht beobachtet werden kann.[Anm. 20] Die Körper üben beim freien Fall keinen Druck aufeinander aus.
„Fühlen wir nicht die Last auf unseren Schultern, wenn wir uns stemmen wollen gegen die Bewegung derselben; wenn wir aber mit derselben Geschwindigkeit uns bewegen, wie die Last auf unserem Rücken, wie soll dann letztere uns drücken und bewegen?“
Relativitätsprinzip
Die Spekulationen über Ruhe und einfache Bewegungen ebnen zugleich den Weg zu Galileis Relativitätsprinzip aller gleichförmigen Bezugssysteme.[161] Die von Johannes Buridan und Francis Bacon beobachtete Tatsache, dass die rein mechanischen Vorgänge wie Fall und Stoß auf einem gleichmäßig bewegten Schiff genau so ablaufen wie an Land, verallgemeinerte Galilei zu einem neuen Relativitätsprinzip: Danach gibt es bei den beobachtbaren Vorgängen keinen absoluten Unterschied zwischen Ruhe und (gleichförmiger) Bewegung. Vor allem im Dialogo (1632) wird an mehreren Stellen des ersten und zweiten Tages infrage gestellt, ob ein fester und abstrakter „Weltmittelpunkt“ existiere.[162] Die Erde als Weltmittelpunkt, wie es die traditionelle aristotelische Philosophie forderte, setzt zugleich ihre Ruhe und ein festes Bezugssystem voraus. Die Besonderheit und Radikalität dieser Überlegungen Galileis besteht darin, dass er nicht nur die Idee eines Inertialsystems voraus nimmt, sondern auch für kreisförmige, beschleunigte Bezugssysteme gleichermaßen angenommen hat.[163] Dieses allgemeine Relativitätsprinzip Galileis hatte maßgeblichen und direkten Einfluss auf das Werk von Huygens und mittelbar auf dasjenige Newtons und Einsteins.[164][165]
„Die Bewegung ist nur insofern Bewegung und wirkt nur als solche, als sie in Bezug steht zu Dingen, die ihrer ermangeln. Unter Dingen aber, die alle gleichmäßig von ihr ergriffen sind, ist sie wirkungslos, so gut, als ob sie nicht stattfände. […]
Wenn er [Aristoteles] schreibt, dass alles, was sich bewegt, sich auf etwas Unbewegtem bewege, so vermute ich, dass dies mißverständlich gesagt ist statt: alles, was sich bewegt, bewegt sich in Bezug auf etwas Unbewegtem. Diese Behauptung hat nicht die geringste Schwierigkeit, die andere ihrer viele.“
Trägheitsprinzip
Die dynamische Ursachenfrage der neu betrachteten gleichförmigen Bewegung führte Galilei zugleich weiter zur Aufstellung einer Vorform des Trägheitsprinzips, denn wenn die gleichförmige Mitbewegung eines Körpers mit einem Schiff von einem Mitfahrer des Schiffs genau so gut auch als Ruhe angesehen werden kann, dann erfordert die Aufrechterhaltung dieser Bewegung offenbar keine dauernd wirkende äußere Kraft.[167](S. 65), [168](Kap. 7), [169](Kap. 1.4) In seiner endgültigen Form wurde das Trägheitsprinzip, dem zufolge die kräftefreie Bewegung geradlinig ist (und nicht etwa kreisförmig) – und dies auch für die Bewegung der Himmelskörper gilt, erst von Newton klar ausgesprochen (Erstes Newtonsches Gesetz).[170]

Die Formulierung Galileis orientiert sich dabei ganz an der damals verbreiteten Vorstellung der Impetustheorie, nach der jeder Körper die Tendenz zur Beibehaltung des Bewegungszustandes in sich trägt.[Anm. 21]
„Indes ist zu beobachten, dass der Geschwindigkeitswert, den der Körper aufweist, in ihm selbst unzerstörbar enthalten ist (impresso), während äußere Ursachen der Beschleunigung oder Verzögerung hinzukommen, was man nur auf horizontalen Ebenen bemerkt, denn bei absteigenden nimmt man Beschleunigung wahr, bei aufsteigenden Verzögerung. Hieraus folgt, dass die Bewegung in der Horizontalen eine unaufhörliche sei: denn wenn sie sich stets gleich bleibt, wird sie nicht geschwächt oder aufgehoben, geschweige denn vermehrt.“
Galilei begreift die Tendenz zur gleichförmigen Bewegung als ein Null-Niveau des (Dreh-)Momentes an einem gedachten Hebel auf, gleichbedeutend mit einem Niveau von gleichem energetischem Potential.[Anm. 22] Es gibt für den Körper keinen äußeren (kausalen) Grund, von der Gleichförmigkeit der Bewegung abzuweichen. Das schließt auch kreisförmige Bewegungen mit ein, weshalb das Trägheitsprinzip hier nicht dezidiert für geradlinige Bewegungen formuliert wird.[172]
„Salv. [W]enn aber kein Grund für eine Verzögerung vorliegt, so kann um so weniger ein solcher für ein völliges Stillestehen vorliegen. Wie lange muss demnach der Körper fortfahren, sich zu bewegen?
Simpl. So lange, als die Ausdehnung dieser weder steilen noch geneigten Fläche vorhält.
Salv. Wäre diese Länge also unbegrenzt, so würde die Bewegung auf ihr gleichfalls ohne Grenzen sein, d. h. ewig, nicht wahr?. […] Eine Fläche, welche weder abschüssig noch ansteigend ist, muss also in allen ihren Teilen gleich weit entfernt vom Mittelpunkt sein. Gibt es denn nun solche Flächen in der Welt?
Simpl. Daran fehlt es nicht. Da habt ihr die unseres Erdballs, vorausgesetzt, dass sie vollkommen glatt wäre und nicht rau und gebirgig, wie sie es tatsächlich ist […].“
Das galileische Trägheitsprinzip ist inhärent mit der Preisgabe eines ortsfesten Weltmittelpunktes verbunden, und daher direkt mit seinem Relativitätsprinzip. In der aristotelischen Physik musste die Erde noch als das einzig denkbare Ruhesystem an den Anfang gestellt werden.[174] Nach Galileis Argumentation darf die Erde zwar weiterhin das ausgezeichnete Bezugssystem aller Physik und Mechanik sein, andere sich gleichförmig bewegende Bezugssysteme können aber nun nicht mehr ausgeschlossen werden, sind gleichwertig, wenn die Dynamik der irdischen Physik zur Physik aller Himmelskörper, aus gleicher Materie beschaffen, fortschreitet. Dieser Schritt zum modernen Trägheitsprinzip ist in Galileis Werk, auch gegenüber J. Kepler, neuartig.[Anm. 23]
Galilei bemerkt an einer Stelle des Dialogo (1632) selbst, dass ein ‚Nullmaß‘ des Impetus nicht zwangsläufig mit dem Ruhezustand des Körpers verbunden sein muss:
„Wenn die Naturkörper alle den Trieb [ital.: l’impeto] zur Bewegung haben, so war es entweder unstatthaft, die Ruhe in die Definition der Natur mit aufzunehmen, oder es war unstatthaft, eine solche Definition an dieser Stelle einzuführen.“
Experimentelle Besonderheiten und Pendelgesetz
Die gleichmäßig beschleunigte Bewegung beschäftigte Galilei über vierzig Jahre lang. Seine experimentelle Innovation bestand in der Verwendung einer Fallrinne als schiefe Ebene, mit der er die Fallgesetze auf einer verlangsamten Zeitskala studieren konnte. Die Beschleunigung bestimmte er über seinen Puls, mit Wasseruhren oder dadurch, dass der Körper ein rhythmisches Signal auslöst, wenn der Auslöser in geeigneten Abständen platziert ist. Für die Entwicklung der physikalischen Methode ebenso bedeutsam war Galileis Schritt, die aus Experimenten gewonnenen Kenntnisse dazu zu nutzen, weiterführende Experimente zu planen und durchzuführen: Er präparierte mithilfe der schiefen Ebene Körper, die eine definierte horizontale Geschwindigkeit besaßen, und konnte mit diesen die Experimente zum horizontalen Wurf anstellen.
Die verbreitete Geschichte über Galileis eigenhändig durchgeführte Fallversuche vom Schiefen Turm in Pisa sind als Legende einzustufen, denn es gibt keinen verlässlichen Beleg dafür.[Anm. 24] Ebenso wurde und wird vereinzelt immer noch bezweifelt, dass Galilei die Versuche zur beschleunigten Bewegung auf der schiefen Ebene wirklich durchgeführt hat. Die Begründung beruhte ursprünglich darauf, dass im gesamten Nachlass Galileis, der Anfang des 20. Jahrhunderts publiziert worden war, fast keine Aufzeichnungen zu durchgeführten Messungen zu finden waren.[176] Jedoch fand in den 1960er Jahren Stillman Drake, nachdem er selber in Florenz in das Archiv hinuntergestiegen war, zahlreiche Blätter von Galileis Hand, die in der Gesamtausgabe fortgelassen worden waren.[177] Es waren die Protokolle der Messungen, die bei der Zusammenstellung der Gesamtausgabe für unwichtig gehalten worden waren, weil auf ihnen nur wenig oder gar kein Text zu sehen war, dafür aber Skizzen und Zahlen.[178]
Galilei hatte an der schiefen Ebene erstmals die Zunahme der Fallgeschwindigkeit nachgemessen und gefunden, dass sie nicht in diskreten Graden und nicht in Proportion zur durchlaufenen Strecke zunimmt, sondern dass sie in Proportion zur verstrichenen Zeit vom Wert null an stetig anwächst und bis zum Erreichen der Endgeschwindigkeit alle dazwischen liegenden Werte durchläuft.
Es gilt als gesichert, dass Galilei neben den Kugelexperimenten an der schiefen Ebene sämtliche Versuche an Fadenpendeln, die ihn offenkundig faszinierten, eigenständig durchgeführt hat.[179][180] Am ersten Tag seiner Discorsi widmet sich Galilei ausführlicher den Fallversuchen. Dabei erwähnt er die Pendelbewegungen als Zeit-Messinstrument[Anm. 25] und benennt das für Punktmassenpendel richtige Ergebnis, dass die Schwingungsdauer – analog dem freien Fall – unabhängig von der Pendelmasse gleich bleibt (abzüglich Luftwiderstand). Außerdem stellt er die korrekte Aussage auf, dass allein proportional zur Quadratwurzel der Fadenlänge ist: .[181]
Festigkeitslehre
Die Festigkeitslehre geht aus dem zweiten Tag der Discorsi hervor.[182] Nachdem Galilei noch am ersten Tag allgemeine Merkmale der Festigkeit aller Materie (Kohärenz im altertümlichen Sinne) untersuchte, die v. a. an die aristotelisch-scholastischen Überlieferungen anknüpfen,[Anm. 26][Anm. 27] sieht er nunmehr Beschränkungen in Material, Form und Beanspruchung vor, um zu präzisierten Ergebnissen zu kommen. Die Beschränkung auf die mittleren Maße eines Balkens wird als bewusste Methode der Idealisierung, hin zu einem isolierten Forschungsgegenstand eingeführt. Sie führt so zur gewünschten Reduktion der Abhängigkeiten und errichtet diesen „neuen Wissenschaftszweig“, wie es aus dem ausführlichen Titel der Discorsi hervorgeht.

Zum einen trennt Galilei damit die idealisierten Wissenschaften der Physik und Mechanik von den heute so genannten Materialwissenschaften ab. So betrachtet er etwa, einleitend für die vielfache Abhängigkeit, die selbst bei einfachen realen Hebelwirkungen beobachtet werden kann, dass die mechanischen Gesetze nur für abstrahierende Zusatzannahmen (‹si posson considerar in astratto e separate dalla materia›) am Hebel gelten. Man spricht heute auch von Ceteris-Paribus-Bedingungen.[183] Hier ist eine von ihnen die Immaterialität des Hebelkörpers:
„Wenn wir z.B. einen Hebel betrachten [siehe Abb.] AB mit dem Unterstützungspunkte C, und zwar so disponiert, dass der Felsblock D gehoben werden könne, so ist es klar, dass in B eine Kraft denkbar wäre, die dem Widerstand der Last D Gleichgewicht hielte, wenn die Kraft zur Last sich verhielte, wie die Strecke AC zu CB,[Anm. 28] und das ist richtig, wenn man von anderen Momenten als der Kraft in B absieht, mit anderen Worten, wenn man den Hebel AB für immateriell ansieht [ital.: ‹e questo è vero, non mettendo in considerazione altri momenti che quelli della semplice forza in B e della resistenza in D, quasi che l’istessa leva fusse immateriale e senza gravità›]. Berücksichtigen wir aber das Gewicht des Hebelarmes selbst, sei er nun aus Holz oder Eisen gefertigt, so wird das zu B hinzugefügte Gewicht die Proportion verändern.“
Zum anderen errichtet er damit die Balkentheorie, die in der Folgegeneration v. a. durch Bernoulli und Leibniz fortgesetzt wurde.[185][186]

Galilei gelingen auf diesem Weg korrekte Aussagen zur Bruchfestigkeit im Verhältnis zu den Dimensionen des Balkens bei einseitiger Befestigung. Er setzte dabei die äußere Belastung in Relation zu den inneren Normalspannungen, die dort noch als statische Momente verstanden wurden.[187][188][Anm. 29] Galilei geht bei allen Begründungen von einer neuen Definition des Hebelgesetzes aus, das er über das Gleichgewicht des Massenmittelpunktes einzelner schwerer Körper an den Hebelarmen definiert:[189][190]
Ferner findet man bereits das (bis auf den Proportionalitätsfaktor k) richtige Verhältnis, das die Bruchfestigkeit eines rechteckigen Balkens mit dem Quadrat der Höhe h anwächst, bei zylinderförmigen Balken mit dem Kubus des Durchmessers d.[191] Versteht man Galileis Bruchfestigkeit als das heutige Widerstandsmoment W,[Anm. 30] so werden die Beziehungen
- (Quaderbalken) und (Zylinderbalken)
aufgestellt.[Anm. 31][192] Daran knüpfen sich vielerlei Einzelaspekte der Bruchfestigkeit an: etwa, dass die Tragfähigkeit eines Balkens größer ist, wenn man ihn hochkant, nicht flachkant stellt. Oder auch, dass die Stabilität eines hohlen, zylindrischen Kragbalkens größer als die eines ausgefüllten bei gleichem Gewicht ist.[193]
Galilei nutzt hierbei die Gelegenheit, auf die Zweckmäßigkeit in der Natur hinzuweisen, die sich auch in dem Widerstand von hohlen Körpern bei gleichem Gewicht bestätige:
„[…] deren sich die Kunst (ital. l’arte) und Natur in tausend Fällen bedient […]: so z. B. bei den Knochen der Vögel und bei vielen Rohren, die leicht sind und doch sehr bieg- und bruchfest: so dass, wenn ein Strohhalm, der eine Ähre trägt, die schwerer ist als der ganze Halm, aus derselben Masse bestünde aber massiv wäre, er viel weniger bieg- und bruchfest sein würde. So hat man künstlich beobachtet und durch den Versuch bestätigt, dass eine hohle Lanze oder ein Rohr aus Holz oder Metall viel fester ist, als wenn diese Körper bei gleichem Gewicht und gleicher Länge massiv wären, wobei sie feiner und dünner sein müssten.“
Astronomie
Galileis astronomische Entdeckungen sind im biografischen Teil bereits aufgeführt. Zwar wurden viele seiner rasch publizierten Entdeckungen von anderen Forschern vor ihm gemacht,[195] doch einige davon zogen bahnbrechende Erkenntnisse nach sich:
- Supernovae finden nicht sublunar statt, sondern weit entfernt: Die Fixsternsphäre ist nicht unveränderlich.
- Die Oberfläche des Mondes ist rau und die Sonne zeigt Flecken: Körper am Himmel sind nicht perfekt.
- Jupiter umkreisen vier Monde: Es gibt weder undurchdringliche kristallene Himmelssphären, noch dreht sich der Äther ewig kreisförmig um die Erde.
- Die Venus kreist um die Sonne, nicht um die Erde (siehe oben).
Weitere Erfindungen
Galileis Thermoskop aus dem Jahr 1592 ist das erste nachweisbare Temperaturmessgerät. Es wurde von Santorius mit Skalenstrichen versehen und schließlich von Fahrenheit 1714 entscheidend verbessert.
Christiaan Huygens entwickelte Galileis Idee, eine mechanische Uhr durch ein Pendel zu steuern, zur Praxisreife.
Nach Galilei Benanntes


- im cgs-System die Einheit für die Erdbeschleunigung Gal
- ein Mondkrater, ein Marskrater[196] und ein Exoplanet
- das Galileo-Thermometer
- das Hemmpendel
- die Galilei-Zahl, eine dimensionslose Kennzahl der Strömungsmechanik
- ein Computerreservierungssystem
- ein Fachverlag
- eine Raumsonde
- ein Satellitennavigationssystem
- die Fernsehsendung Galileo
- der Flughafen Pisa
- Kliffs auf der Alexander-I.-Insel in der Antarktis
- mehrere Schulen
- ein außerschulischer Lernort mit Planetarium und Sternwarte
- das Planetarium Galileo Galilei in Buenos Aires
- die Pflanzengattung Galilea Parl. aus der Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae)[197]
- das Galileo Bildungshaus Stuttgart
Literatur
- Bertolt Brecht: Leben des Galilei. (Dänemark, 1938/39) Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-518-10001-7.
Im 8. Bild bringt Galilei das Problem von wissenschaftlicher Forschung und theologischer Deutungshoheit mit einem berühmt gewordenen Aperçu auf den Punkt: „Die Winkelsumme im Dreieck kann nicht nach den Bedürfnissen der Kurie abgeändert werden.“ - Zsolt Harsányi: Und sie bewegt sich doch. Aus dem Ungarischen von Joseph P. Toth, Artur Luther. Esche Verlag, Leipzig 1937 (Pabel-Moewig Verlag, 1993, ISBN 3-8118-7557-4).
- Atle Næss: Als die Welt still stand: Galileo Galilei – verraten, verkannt, verehrt. Springer 2006.
- Friedrich Karl Schubert: Und sie bewegt sich doch! Roman. Rümpler, Hannover 1870 (Digitalisat von Band 1 und Band 2 bei Google Books)
- Dava Sobel: Galileos Tochter: Eine Geschichte von der Wissenschaft, den Sternen und der Liebe. Deutsch von Barbara Schaden. Berlin Verlag 2008 (Original englisch: Galileo’s Daughter 1999).
Musik
- Haggard: Eppur Si Muove. Konzeptalbum über Galileo Galilei, 2004, Metal. „Eppur Si Muove“ heißt auf Deutsch „und sie (die Erde) bewegt sich doch“.
- Philip Glass: Galileo Galilei. 2001, Oper.
Kunst

- Skulptur Galileo (1996) von Mark di Suvero auf dem Piano-See am Atrium Tower am Potsdamer Platz in Berlin-Tiergarten.
- Lichtinstallation ALTISSIMUM PLANETAM TERGEMINUM OBSERVAVI (2019) von Sebastian Wanke neben dem Hochaltar in der Altstädter Kirche in Erlangen. Über Galileo Galileis Entdeckung der Saturnringe 1610.
Film
- 1947 verfilmten in den USA Ruth Berlau und Joseph Losey die Broadway-Aufführung von Brechts Leben des Galilei mit Charles Laughton in der Titelrolle. Es handelt sich um einen Schwarzweiß-Stummfilm von 30 Minuten Dauer.
- In einer deutschen Fernsehverfilmung nach Brechts Leben des Galilei[198] (1962) unter der Regie von Egon Monk spielte Ernst Schröder den Galilei. Mit 150 Minuten Spiellänge ist das die bisher längste Umsetzung des Stoffes im Fernsehen.
- In der 76-minütigen amerikanischen Fernsehverfilmung Lamp at Midnight[199] (1966), die nicht auf Brecht beruht, wurde Galilei von Melvyn Douglas gespielt.
- 1975 führte Joseph Losey Regie in Galileo[200] (USA), einem Spielfilm, der wiederum auf Brechts Stück beruht. Chaim Topol spielte den Gelehrten in dem 145 Minuten lang dauernden Eastmancolor-Film.
- 1989 verfilmte der Regisseur Ivo Barnabò Micheli unter dem Titel „Eppur si muove!“ Der Prozess Galileo Galilei eigene Recherchen zum Inquisitionsprozess gegen Galilei. Im Film verkörpert Mario Adorf in einer Doppelrolle sowohl die Figur des zeitgenössischen Forschers als auch jene des historischen Galilei. In Interviews kommen u. a. der damalige Kardinal Joseph Ratzinger und der Physiker Carl Friedrich von Weizsäcker zu Wort.[201]
Sonstiges
- Galileo Galilei wurde auf der italienischen 2000-Lire-Banknote abgebildet, die von der Banca d’Italia zwischen 1973 und 1993 ausgegeben wurde.
Literatur
Schriften
Galilei veröffentlichte seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in den folgenden Hauptwerken:
- Sidereus Nuncius. Venedig 1610 (deutsch: Nachrichten von neuen Sternen).
- Istoria e dimostrazioni intorno alle macchie solari e loro accidenti. Rom 1613, deutsch: Geschichte und Demonstrationen rund um die Sonnenflecken.
- Il Saggiatore. Rom 1623, deutsch: Der Prüfer mit der Goldwaage.
- Dialogo sopra i due massimi sistemi. Florenz 1632, deutsch: Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Leipzig 1891.
- Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze. Leiden 1638, deutsch: Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend. Herausgegeben in drei Bänden und übersetzt von Arthur von Oettingen, in Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften.
- Band 1 (Erster und zweiter Tag), Nr. 11, Engelmann, Leipzig 1890. Online: archive.org.
- Band 2 (Dritter und vierter Tag), Nr. 24, Engelmann, Leipzig 18911. Online: archive.org
- Band 3 (Fünfter und sechster Tag. Anhang zum dritten und vierten Tag), Nr. 25, Leipzig 18912. Online: archive.org.
- Le Mecaniche. Zweiter Titel: Della scienza meccanica. Mehrere Manuskriptfassungen 1591–1599. Laut V. Vivianis Biographie von 1654 (siehe Biographien, Seite 223) erste umlaufende Niederschriften in Padua um 1593. Erste Druckausgabe, ins Französische übersetzt und kommentiert als:
- Marin Mersenne: Les Mécaniques de Galilée. In M. Mersenne (Hrsg.): Questions inouyes, Questions harmoniques, Questions théologiques, Les Méchaniques de Galilée, Les Préludes de l’harmonie universelle. H. Guenon, Paris 1634. Neuabdruck in der Ausgabe Corpus des Œuvres de Philosophie en Langue Française. Librairie Anthème Fayard, 1985. S. 418–513.
Neuere Ausgaben sind:
- Edward Stafford Carlos (Hrsg.): The sidereal messenger of Galileo Galilei and a part of the preface to Kepler’s Dioptrics containing the original account of Galileo’s astronomical discoveries. London 1880, archive.org.
- Antonio Favaro (Hrsg.): Le opere di Galileo Galilei. 20 Bände, Florenz 1890 bis 1909, Reprints mit Zusätzen Florenz 1929 bis 1939, 1964/1965.
- Emil Strauss (Übers., Hrsg.): Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Teubner 1891, archive.org.
- Stillman Drake (Hrsg.): Discoveries and Opinions of Galileo. Doubleday & Company, New York NY 1957 (Auswahl aus seinen Schriften).
- Stillman Drake (Übers.): On Mechanics. University of Wisconsin Press, Madison 1960.
- Stillman Drake (Übers.): Il Saggiatore, The Assayer. In: Stillman Drake, Charles D. O’Malley (Hrsg.): The Controversy of the Comets of 1618. The University of Pennsylvania Press, Philadelphia 1960.
- I. E. Drabkin (Übers.): On Motion. University of Wisconsin Press, Madison 1960.
- Franz Brunetti (Hrsg.): Opere di Galileo Galilei. 2 Bände, Turin 1964.
- Pio Paschini, Edmondo Lamalle: Vita e Opere di Galileo Galilei. 3 Bände, Vatikanstadt 1964.
- Hans Blumenberg (Hrsg.): Sidereus Nuncius. Nachrichten von neuen Sternen. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft 1980, 2002.
- Anna Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente. 2 Bände, Albus im VMA-Verlag, München 1987, Wiesbaden 2005, ISBN 3-928127-94-2.
- Stillman Drake (Übers., Hrsg.): Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican. Mit einem Vorwort von A. Einstein. (1. Auflage 1953), 2. Auflage Berkeley, Los Angeles / London 1967.
- Stillman Drake (Übers., Hrsg.): (Discourses on the) Two New Sciences. University of Wisconsin Press, Madison 1974, 2. Auflage 1989, Toronto 2000.
- Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme. Marix Verlag, Wiesbaden 2014.
- Ed Dellian (Übers., Hrsg.): Discorsi: Unterredungen und mathematische Beweisführung zu zwei neuen Wissensgebieten. Philosophische Bibliothek, Verlag Felix Meiner, 2015.
Biografien
- Ugo Baldini: Galilei, Galileo. In: Fiorella Bartoccini (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 51: Gabbiani–Gamba. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1998.
- Mario Biagioli: Galilei, der Höfling. Entdeckung und Etikette. Vom Aufstieg der neuen Wissenschaft. Fischer, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-10-009628-2.
- Stillman Drake: Galileo at work. His scientific biography. University of Chicago Press, Chicago 1978, ISBN 0-226-16226-5.
- Stillman Drake: Galileo. Pioneer Scientist. University of Toronto Press, Toronto u. a. 1990, ISBN 0-8020-2725-3.
- Stillman Drake: Galilei. (Reihe Meisterdenker), Herder, Freiburg 1999; Panorama-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-926642-38-6.
- Stillman Drake: Galilei, a very short introduction. Oxford University Press, 2001.
- Stillman Drake: Galileo Galilei. In: Charles Coulston Gillispie (Hrsg.): Dictionary of Scientific Biography. Band 5: Emil Fischer – Gottlieb Haberlandt. Charles Scribner’s Sons, New York 1972, S. 237–249 (englisch, Ergänzt durch Michele Cameroto in New Dictionary of Scientific Biography, Band 3).
- Klaus Fischer: Galileo Galilei – Biographie seines Denkens. Kohlhammer, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-17-021301-2.
- Albrecht Fölsing: Galileo Galilei – Prozess ohne Ende. Piper, 1983; Rowohlt, 1996; ISBN 3-499-60118-4.
- Walter Hehl: Galileo Galilei kontrovers – ein Wissenschaftler zwischen Renaissance-Genie und Despot. Springer, 2017.
- John L. Heilbron: Galileo. Oxford University Press, 2010.
- Johannes Hemleben: Galileo Galilei. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. rororo, 1969.
- Leonardo Olschki: Galilei und seine Zeit. M. Niemeyer, Halle 1927.
- Wolfgang Ostenhage: Galilei Galileo. At the treshold of the scientific age. Springer Scientific Biographies, Springer, 2018, ISBN 978-3-319-91779-5
- James Reston: Galileo. HarperCollins, New York 1994, deutsch: Galileo Galilei: Eine Biographie. Aus d. Amerikan. von Helmut Viechtbauer. Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-12744-0.
- Ernst Schmutzer, Wilhelm Schütz: Galileo Galilei. Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner, Bd. 19, 6. Auflage, Teubner 1989.
- William R. Shea, Mariano Artigas: Galileo Galilei. Aufstieg und Fall eines Genies. Primus, Darmstadt 2006, ISBN 3-89678-559-1.
- Vincenzo Viviani: Lebensbeschreibung des Galilæi. Gekürzte Fassung der Schrift Raconto istorico della vita di Galileo, verfasst 1654. (Deutsche Übersetzung aus den Acta philosophorum, Bd. 3, Halle 1723–1726). In Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 2. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, Seite 215–243.
- Michael White: Galileo antichrist: a biography. Weidenfeld & Nicolson, London 2007, ISBN 978-0-297-84868-4.
Einzelne Aspekte
- Hans Bieri: Der Streit um das kopernikanische Weltsystem im 17. Jahrhundert. Galileo Galileis Akkommodationstheorie und ihre historischen Hintergründe. Bern 2007 Erklärt Galileis methodischen Vorschlag zu einer biblischen Exegese, welche die Texte als angepasst an menschliche Verstehensmöglichkeiten auffasst und zugrundeliegende Traditionen; mit Textedition und Kommentar.
- Horst Bredekamp: Galileis denkende Hand. Form und Forschung um 1600. De Gruyter, Boston u. a. 2015, ISBN 3-11-041457-0.
- Franz Daxecker: Der Briefwechsel zwischen Galileo Galilei und dem Tiroler Landesfürsten Erzherzog Leopold V. In: Acta Historica Astronomiae, Vol. 72, Beiträge zur Astronomiegeschichte, Bd. 16, S. 11–26 (2024).
- Eduard Jan Dijksterhuis: Galileo Galilei. In: Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Neuabdruck der deutschen Erstausgabe von 1956, nach dem niederländischen Original von 1950 De mechanisering van het wereldbeeld. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg / New York 1983 (2002). Abschnitt C des IV. Teils Geburt der klassischen Naturwissenschaft. §§ 77–123, S. 371–399.
- Albert Einstein: Vorwort zu Galileis ‹Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme›. Deutsche und übersetzte Fassung von 1952 in S. Drake (Hrsg.): Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican. 1. Auflage, 1953. 2. Auflage, Berkeley, Los Angeles / London 1967, Seiten v–xx.
- David Freedberg: The Eye of the Lynx. Galileo, his friends and the beginning of modern natural history. University of Chicago Press, Chicago, Ill. 2002, ISBN 0-226-26147-6.
- Hans-Christian Freiesleben: Galileo Galileo – Physik und Glaube an der Wende zur Neuzeit. Stuttgart 1956.
- Romano Gatto: ‹It’s impossible to Deceive Nature› – Galileo’s Le mecaniche, a Bridge between Science of Weights and Modern Statics. In: Philosophia Scientiae, 21 (1), 2017, S. 71–91. Open-Access: Gatto (2017).
- Karl von Gebler: Galileo Galilei und die römische Kurie. Cotta, Stuttgart 1876, archive.org.
- Joseph Klug: Das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeiten bei Galilei. Bonitas-Bauer, Würzburg 1900. Digitalisierte Fassung: Klug (1900).
- Alexandre Koyré: Leonardo, Galilei, Pascal. Die Anfänge der neuzeitlichen Naturwissenschaft (= Fischer 13776). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1998.
- Alexandre Koyré: Études galiléennes. 3 Bände. Hermann, Paris 1939; 2. Auflage in einem Band, 1966.
- Lydia La Dous: Galileo Galilei. Zur Geschichte eines Falles. Pustet, Regensburg 2007, ISBN 978-3-7867-8613-9 (zum Verfahren gegen Galilei).
- Georg Lutz: Rom und Europa während des Pontifikats Urbans VIII. Politik und Diplomatie – Wirtschaft und Finanzen – Kultur und Religion. In: Reinhard Elze, Heinrich Schmidinger, Henk Schulte Nordholt (Hrsg.): Rom in der Neuzeit. Politische, kirchliche und kulturelle Aspekte. Wien/Rom 1976, S. 72–167, hier: S. 148–158. Zum Fall Galilei im Kontext seiner historischen Bedingung.
- Ueli Niederer, Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Band 127 (3) 1982. Seiten 205–229. Online: ngzh.ch.
- Erwin Panofsky: Galileo Galilei und die Bildkünste. Vorgestellt von Horst Bredekamp, aus dem Englischen von Heinz Jatho. Diaphanes, Zürich 2012, ISBN 978-3-03734-149-0.
- Pietro Redondi: Galilei – der Ketzer. München 1989, ISBN 3-406-33981-6 (Darstellung des Inquisitionsprozesses von 1633, mit z. T. erstmals veröffentlichten Dokumenten).
- Volker Remmert: Widmung, Welterklärung und Wissenschaftslegitimierung. Titelbilder und ihre Funktionen in der Wissenschaftlichen Revolution (= Wolfenbütteler Forschungen. Band 110). Harrassowitz, Wiesbaden 2005, ISBN 3-447-05337-2. Darin vor allem das Kapitel Katholische Bibelexegese und die Wurzeln der Galilei-Affäre. Der Kupfertitel der Opera mathematica (1612) von Christoph Clavius. S. 23–53.
- Franz Heinrich Reusch: Der Process Galilei’s Und Die Jesuiten. Eduard Weber’s Verlag, Bonn 1879, archive.org.
- Michael Segre, Eberhard Knobloch (Hrsg.): Der ungebändigte Galilei. Steiner Verlag, 2001.
- Galilei und das Experiment (= Praxis der Naturwissenschaften/Physik. Band 56). 2007.
- István Szabó: Geschichte der mechanischen Prinzipien und ihrer wichtigsten Anwendungen. Birkhäuser, Basel/Boston/Berlin 1979. Dritte Auflage, Birkhäuser, 1996. ISBN 3-7643-1735-3.
- Carl Friedrich von Weizsäcker: Kopernikus, Kepler, Galilei. In: Carl Friedrich von Weizsäcker: Die Tragweite der Wissenschaft. Erster Band: Schöpfung und Weltentstehung. Die Geschichte zweier Begriffe. Hirzel, Stuttgart 1964, S. 96–117.
Populärwissenschaftliche Bücher zum astronomischen Umfeld
- Arthur Koestler: Die Nachtwandler. Das Bild des Universums im Wandel der Zeit. Scherz, Bern / Stuttgart / Wien 1959, ISBN 3-518-37079-0 (englisch: The Sleepwalkers. A History of Man's Changing Vision of the Universe. 1959. Übersetzt von Wilhelm Michael Treichlinger, Neuausgabe 1980 bei Suhrkamp).
- Thomas de Padova: Das Weltgeheimnis. Kepler, Galileo und die Vermessung des Himmels. Piper, München 2009, ISBN 978-3-492-05172-9.
Weblinks
- Literatur von und über Galileo Galilei im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Galileo Galilei in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Werke von Galileo Galilei im Opac des Servizio Bibliotecario Nazionale (SBN)
- Druckschriften von und über Galileo Galilei im VD 17.
Überblicksseiten
- Peter Machamer: Galileo Galilei. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Galileo. In: Encyclopædia Britannica. (englisch).
- Virtuelle Ausstellung der Bibliothek der ETH Zürich
- Galileo-Projekt der Rice-Universität
- Das Leben Galileo Galileis in Bild und Ton beim Bayerischen Rundfunk
Primärtexte
- Galileis Schriften als Online-Texte (im italienischen Original).
- Manuskripte von Galileo Galilei (De motu, MS 72).
- Archimedes-Projekt (Quellen zur Geschichte der Mechanik).
- I documenti del processo di Galileo Galilei. Die Akten des Prozesses gegen Galilei, in Italienisch und Latein, mit mehrsprachigem Vorwort und einer italienischsprachigen Einführung, Vatikanisches Apostolisches Archiv, 1984.
- Sidereus nuncius Magna.
Sichtweise der katholischen Kirche
- Ansprache von Johannes Paul II vom 31. Oktober 1992. Bei: vatican.va. Abgerufen am 5. Februar 2010.
- H.-D. Mutschler: Naturwissenschaft und die Dispensierung der Sinnfrage – Der wahre Konflikt um Galilei. (PDF; 15 Seiten; 68 kB). Nicht mehr verfügbar, Stand 20. Oktober 2020.
- Ausführlicher Aufsatz zum Konflikt zwischen Galileo Galilei und Kirche.
Einzelnachweise
- ↑ Heilbron: Galileo. Oxford UP, 2010, S. 8.
- ↑ Nach Franz Brunetti (Hrsg.): Galilei, Opere. Band 1. Turin 1964, S. 44, lettore di matematica, ernannt zunächst für drei Jahre. Er hatte den Lehrstuhl für Mathematik, weshalb er in der Literatur häufig als Professor in Pisa bezeichnet wird, z. B. in dem Artikel zu Galilei im Dictionary of Scientific Biography oder Heilbron: Galilei. 2010, S. 41.
- ↑ Heilbron: Galilei. 2010, S. 46.
- ↑ Walter Hehl: Galileo Galilei kontrovers. Kapitel Kinematik und Festigkeitslehre. Springer 2017.
- ↑ Opere di Galileo Galilei. Band VI. G. Barbèra, Florenz 1933, S. 232 (online).
- ↑ «Galilæus aber behauptete, sie [d. i. Körper von verschiedener Schwere] müßten sich mit gleicher Geschwindigkeit bewegen, und demonstrierete dieses mit vielen Experimentis, die er von dem Glocken-Turm zu Pisa in Gegenwart vieler Professorum u Studenten anstellete.» Viviani (1654), in der hier angegebenen Literatur → Biographien, Kap. XIII, Seite 222.
- ↑ Galilei: Opere. Turin 1964, Band 1, S. 44.
- ↑ Siehe das Zitat in R. Gatto (2017): ‹It’s impossible to Deceive Nature› Galileo’s Le mecaniche (in der hier angegebenen Literatur → Einzelne Aspekte), S. 72.
- ↑ Le operazioni del compasso. Museo Galileo, 2010, abgerufen am 27. März 2025 (italienisch).
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, S. 9–10.
- ↑ Alessandro Regosa: «Con chioma di fuoco or vi fiammeggi»: una ricognizione intorno alla stella nova del 1604. (PDF) September 2019, abgerufen am 4. April 2025 (italienisch).
- ↑ Galileo Galilei: Dialog des Cecco di Ronchitti. In: Anna Mudry (Hrsg.): Schriften, Briefe, Dokumente. Band 1, S. 74–93.
- ↑ Alessandro De Angelis: Galileo Galilei and a forgotten poem on the 1604 supernova. (PDF) 11. März 2024, abgerufen am 4. April 2025 (englisch).
- ↑ a b Mario Biagioli: How did Galileo develop his telescope? A ‘new’ letter by Paolo Sarpi. In: Royal Netherlands Academy of Arts and Sciences (Hrsg.): Origins of the Telescope. 2010, S. 203–230 (englisch, researchgate.net [PDF; abgerufen am 11. April 2025]).
- ↑ Peter Prantner: Der Einkaufszettel des Galileo Galilei. In: ORF.at. 15. Februar 2014, abgerufen am 16. Februar 2014.
- ↑ Vgl. den Aufsatz von Horst Bredekamp, Angela Fischel, Birgit Schneider, Gabriele Werner: Bildwelten des Wissens. ( vom 24. Mai 2013 im Internet Archive). (PDF; 1,6 MB).
- ↑ Das Labor nach Galilei. ( vom 28. August 2014 im Internet Archive). Deutsches Museum, München, abgerufen am 25. Januar 2024.
- ↑ Galileo Galilei: Frammenti e Lettere. Hrsg.: Giovanni Gentile. Raffaleo Giusti, Livorno 1917, S. 212–213 (italienisch, archive.org [PDF; 20,9 MB; abgerufen am 11. April 2025]).
- ↑ Mitgliederliste der Crusca mit Bild aus den Beständen der Akademie.
- ↑ Siehe zahlreiche Briefe in Anna Mudry, Band 2
- ↑ Marina Gamba. In: Itinerari Scientifici in Toscana. 10. Januar 2008, abgerufen am 29. März 2025 (italienisch).
- ↑ David S. Landes: Revolution in Time. Clocks and the Making of the Modern World. W. W. Norton, New York 1984 (englisch).
- ↑ Textarchiv – Internet Archive.
- ↑ Salvatore Ricciardo, Franco Giudice, Michele Camerota: Notes and Records. 2018, im Druck.
- ↑ Alison Abbott: Discovery of Galileo’s long-lost letter shows he edited his heretical ideas to fool the Inquisition. nature news, 2018, doi:10.1038/d41586-018-06769-4.
- ↑ Richard J. Blackwell: Galileo, Bellarmine, and the Bible. University of Notre Dame Press, Paris 1991, ISBN 0-268-01024-2, S. 126–128 (englisch).
- ↑ Quellen zum Erscheinungsdatum des „Dialogo“.
- ↑ Siehe dazu R. Dugas: La Mécanique au XVIIe Siècle. (Kap. IV: Galilei.) Dunod, Paris 1954, S. 65.
- ↑ Seite 2–9 in: R. Calinger, E. Denisova, E. Polyakhova: Leonhard Euler’s Letters to a German Princess – A milestone in the history of physics textbooks and more. IOP Concise Physics, Morgan and Claypool Publishers, 2019. Online-Zugriff (eingeschränkte Buchansicht): IOPScience.
- ↑ K. Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 203 f.
- ↑ K. Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 201 238.
- ↑ Seite 18 in: S. Drake: 1. The Title Page and Preface of Galileo’s «Dialogue». S. 5–21. In: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2. Toronto, Buffalo/London 1999.
- ↑ Seite x in: S. Drake (Hrsg.): Dialogue concerning the Two Chief World Systems – Ptolemaic & Copernican. 1. Auflage 1953, 2. Auflage 1967 (hier auch zu finden in der Literatur → Schriften).
- ↑ Drake, Galilei, S. 121–124
- ↑ Winfried Hofmann (Bearb.): Geflügelte Worte. Das klassische Zitatenlexikon. 39. Auflage, Frankfurt am Main, Berlin 1993, S. 346 f.
- ↑ Stillman Drake: Galileo at Work. His Scientific Biography. University of Chicago Press, Chicago 1978, S. 357.
- ↑ Dava Sobel: Galileo’s daughter. Penguin, 2000.
- ↑ Vgl. auch Peter G. Watson: The Enigma of Galileo’s Eyesight. Some Novel Observations on Galileo Galilei’s Vision and His Progression to Blindness. In: Survey of Ophtalmology. Bd. 54, Nr. 5 (Sep./Okt. 2009), S. 630–640, Abstract.
- ↑ Brief von 1637 bei Dava Sobel: Galileo’s daughter. Penguin, 2000.
Brief von 1638 bei Heilbron: Galileo. Oxford UP, 2010, S. 349. - ↑ walwyn: Tomb of Galileo Galilei – Santa Croce Florence. In: Professor-Moriarty.com. 27. Oktober 2012, abgerufen am 15. November 2015.
- ↑ Maurice Finocchiari (Hrsg.): The Galileo Affair: A Documentary History. 1989, S. 50.
- ↑ Brief Bellarmins vom 12. April 1615 an Foscarini. In: Anna Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften – Briefe – Dokumente. Band 2, Beck, München 1987, ISBN 3-928127-94-2, S. 47.
- ↑ Walter Brandmüller: Galilei und die Kirche oder Das Recht auf Irrtum. Pustet Verlag, Regensburg 1982, ISBN 3-7917-0743-4.
- ↑ Albrecht Fölsing: Galileo Galilei: Ein Prozess ohne Ende. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1996, ISBN 3-499-60118-4.
- ↑ Matthias Dorn: Das Problem der Autonomie der Naturwissenschaften bei Galilei. Verlag Franz Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07127-X, S. 75 f.
- ↑ John Milton: Areopagitica. In: Ernest Sirluck (Hrsg.): Complete Prose Works. Band 2. New Haven 1959, S. 538.
- ↑ Die Diskussion um die Relevanz des Inhaltes des Dialogo wird bis heute geführt. Man vergleiche beispielsweise mit der vorwiegend skeptischen Auffassung in S. Drake: 1. The Title Page and Preface of Galileo’s «Dialogue». S. 5–21. In: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2. Toronto, Buffalo/London 1999.
- ↑ Peter Markl: Es genügt dem Mathematiker. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven) In: Wiener Zeitung. 11. Juni 1999, abgerufen am 19. November 2013.
- ↑ Ansprache von Johannes Paul II. an die Teilnehmer der Vollversammlung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften vom 31. Oktober 1992. Bei: vatican.va. Abgerufen am 5. Februar 2010.
- ↑ Vatikan setzt Galileo Galilei ein Denkmal. Auf: Spiegel online. 9. März 2008.
- ↑ Vatikan verwehrt Wissenschaftler seine Statue. Focus vom 16. November 2013.
- ↑ Aus Religion und Gesellschaft. In: DLF. 28. Nov. 2008. (Nachrichten in der Reihe „Tag für Tag“), 09:45 Uhr.
- ↑ So etwa die Darstellung in E. Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit – Band 1. (Erstveröffentlichung des 2. Buchs 1928). (dtv) 16. Auflage, München 2005: Daraus sind die folgenden angegebenen Wortlaute von Seite 384.
- ↑ So der Wortlaut in K. Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 36.
- ↑ Siehe S. 65 von R. Dugas: Galilée. Kap. IV (S. 61–89) in: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954.
- ↑ Der Wortlaut und diese Gruppierungen sind entnommen: B. Russell: Die Philosophie des Abendlandes. Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 439, Kap. 6: Der Aufschwung der Naturwissenschaft.
- ↑ So entnommen E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft. § 56 (S. 357), dort aber im Kontext zu J. Kepler gesetzt, so aber auch auf Galilei übertragbar. Der letzte Punkt (Abstraktion).
- ↑ Ebenso U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Band 127 (3), 1982. Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte. Darin § 5 (Galileis Bedeutung für die Physik), ab Seite 220, auch als ‹Galileische Methode› bezeichnet.
- ↑ Zum ersten Punkt siehe insbes. A. Mudrys Kommentar zu Galileis Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische. S. 422 in A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005.
- ↑ U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. (Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte). Der Slogan ist dort auf Seite 212.
- ↑ Siehe E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: (Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft), § 84 (S. 375), § 99 (S. 384) und § 133 (S. 406).
- ↑ In diesem ‚zweistufigen‘ Sinn U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Seite 227. (Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.) Ebenso heißt es dort, S. 224: «Indem Galilei zeigte, dass die Bewegung durchaus als Quantität aufgefasst und so einer mathematischen Behandlung zugänglich gemacht werden konnte, entdeckte er im Phänomen der Bewegung ein neues Anwendungsgebiet der archimedischen Methode und schuf die mathematische Kinematik.»
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seiten 212 und 213.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 113 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, (Engelmann) Leipzig 18911, auf Seite 88 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ R. Dugas: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, S. 71.
- ↑ Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 199.
- ↑ Siehe U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. (hier in der Literatur → Einzelne Aspekte), Seite 223.
- ↑ Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 199; und R. Dugas: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, S. 71.
- ↑ Siehe R. Dugas: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, S. 71.
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seiten 247 f.
- ↑ K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995, S. 174
- ↑ Siehe exemplarisch E. Husserl, Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie (1936). Neu herausgegeben in der Meiner-Ausgabe (3. Auflage) Hamburg 1996, S. 22 (§ 9: Galileis Mathematisierung der Natur).
- ↑ Diese Unterscheidung des Naturverständnisses findet sich etwa ab Seite 164 (Kapitel 4: Neuzeitliches Naturverständnis) in: K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995.
- ↑ Aber auch in G. Schiemann, Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne. Darmstadt 1997, Seite 37: Galileis Verständnis der Mechanik als Naturwissenschaft.
- ↑ Aber auch in G. Schiemann: Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne. Darmstadt 1997, Seite 65 (Galileis Szientismus).
- ↑ K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995, S. 170, S. 239.
- ↑ Siehe auch R. Gatto (2017): ‹It’s impossible to Deceive Nature› Galileo’s Le mecaniche. (Siehe in der hier angegebenen Literatur → Einzelne Aspekte). Kap. 2: The definition of mechanics in the short version. S. 74 f.
- ↑ Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée. In der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 439 (Kap. 1: Dans lequel on void le Preface qui monstre l’utilité des Machines / In welchem man das Vorwort einsieht, das die Nützlichkeit der Maschinen zeigt). Hervorhebung im Zitat nachträglich ergänzt.
- ↑ Siehe dazu E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil I: Das Erbgut des Altertums. § 39 (S. 36).
- ↑ Siehe Kap. 3 (Galileo's Scientific Story) in P. Machamer: Galileo Galilei. Entry 2011 in Stanford Encyclopedia of Philosophy. Hier unter Weblinks → Überblicksseiten.
- ↑ K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995: S. 169 (hieraus der Wortlaut).
- ↑ Siehe Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 101.
- ↑ P. Feyerabend: Naturphilosophie. In: A. Diemer, I. Frenzel: Philosophie. Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958. S. 203–227. Feyerabend sieht in dieser Befreiung von der vierfachen Ursachenfindung für jeder Bewegung in der Natur den Grundstein der neuen Bewegungslehre und, wie er in Seite 208 sagt, der ‹galileischen Dynamik›.
- ↑ G. Schiemann: Wahrheitsgewissheitsverlust – Hermann von Helmholtz’ Mechanismus im Anbruch der Moderne. Darmstadt 1997, Seite 68: Galileis Szientismus.
- ↑ G. Galilei: Geschichte und Demonstrationen rund um die Sonnenflecken. (1613). Dritter Brief von Herrn Galileo Galilei an Herrn Markus Welser über die Sonnenflecken, Seite 101. In der Übersetzung von H. Blumenberg (Genesis des Kopernikanischen Weltbildes, 1981, S. 501) und abgedruckt in G. Schiemann: Wahrheitsgewissheitsverlust. Darmstadt 1997, S. 65.
- ↑ S. Drake: Galileo’s Explorations in Science. S. 38, in: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1. Toronto, Buffalo/London 1999.
- ↑ Dieses Argument der Gleichförmigkeit aller Materie wird auf Seite 56 f. von S. Drake: Galileo’s Language: Mathematics and Poetry in a New Science herausgehoben, um damit auch Galileis Stilmittel der sprachlichen Überzeugungskunst zu illustrieren. Kap. 4 (S. 50–62) in: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1. Toronto/Buffalo/London 1999.
- ↑ Seite 94 in der deutschen Ausgabe, hrsg. u. übers. v. E. Strauss. (Teubner) Leipzig 1891. (Hervorhebungen im Zitat ergänzt).
- ↑ Wortlaute entnommen den Anmerkungen von A. v. Oettingen, S. 260, in G. Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen über zwei neue Wissenszweige, die Mechanik und die Fallgesetze betreffend. (1638). Deutsche Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 18911 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 113 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ B. Russell: Die Philosophie des Abendlandes. Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 442, Kap. 6: Der Aufschwung der Naturwissenschaft.
- ↑ U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. (hier in der Literatur → Einzelne Aspekte), Seite 213.
- ↑ Siehe dazu E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft. § 94 (S. 382).
- ↑ Die Wortlaute sind dem Original G. Galilei Unterredungen und mathematische Demonstrationen (1638/1891) am dritten Tag, S. 21 f., zu entnehmen. In der Ausgabe von Arthur von Oettingen, hier in der Literatur→Schriften.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 18911, auf Seite 22 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seite 235.
- ↑ Siehe Clifford Truesdell: History of Classical Mechanics – Part I, to 1800. In: Die Naturwissenschaften. Nr. 63 (2), 1976: S. 53–62. Hierin heißt es auf Seite 57 zu diesem Prinzip (Original auf Englisch): «Galileo nahm an, dass die Bewegungen der Wurfobjekte aus unabhängigen horizontalen und vertikalen Bewegungen zusammengesetzt wären. Daraus folgerte er, dass die Bahnkurve der Projektile immer eine Parabel sein müsste. Dieses äußerst ungenaue Gesetz, das Reibung, Wind und Eigendrehung vernachlässigt, bildete die Grundlage für sämtliche ballistische Tabellen der nachkommenden Jahrhunderte.»
- ↑ E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil IV: Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft. § 108 (S. 390) und § 115 (S. 393).
- ↑ In eigenen Worten handle es sich bei der Zerlegung in unabhängige Komponenten um ein «kaum fassliches Verhalten». Die Argumentation und der oben genannte Wortlaut ist zu finden im vierten Tag der Discorsi, Galilei (1638/1891), siehe Schriften hier in der Literatur. Seite 85 und folgende.
- ↑ Siehe Kap. 3 (Galileo's Scientific Story) in P. Machamer: Galileo Galilei. Entry 2011 in Stanford Encyclopedia of Philosophy. Hier unter Weblinks → Überblicksseiten.
- ↑ Siehe dazu das Buridan-Zitat in Anm. 6, S. 83 in: P. Feyerabend: Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften. Englische Originaltitel: Realismus and Instrumentalism: Comments on the Logic of Factural Report (1969). Kap. 5 der Schrift Realismus und Instrumentalismus zur Logik der Unterstützung durch Tatsachen. Vieweg, Wiesbaden 1978.
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seiten 263 f.
- ↑ Seite 213 in U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. (1982). Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Siehe E. J. Dijksterhuis: Die Mechanisierung des Weltbildes. Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. Teil I.: Das Erbgut des Altertums. Abschnitt II: Griechisches philosophisches Denken über die Natur. E: Der Aristotelismus. d): Natürliche und erzwungene Bewegungen. §§ 31 (S. 308) und 34 (S. 30).
- ↑ S. Drake: Motion and Mechanics. S. 294 in: Mathematics and Discovery in Galileo’s Physics. S. 292–306; und S. Drake, S. 35 in: The Organizing Theme of the ‹Dialogue›. S. 21–37. In S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2. Toronto/Buffalo/London 1999.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 18901, auf Seite 57 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ S. 176 in: S. Drake: Galileo’s New Science of Motion. S. 171–187 in S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 2. Toronto/Buffalo/London 1999. Dort heißt es (übersetzt aus dem Englischen): „Im Gegensatz zur peripatetischen Tradition, aber in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der antiken pseudo-Aristotelischen Schrift Mechanische Probleme, konnten nach Galilei verschiedene Bestrebungen in demselben Körper existieren, die eine einzige resultierende Bewegung hervorrufen.“
- ↑ Der Wortlaut ist K. Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 71, entnommen.
- ↑ Siehe insbes. S. 112 in M. Elazar, Kap. 11: Fabri’s Assimilation Strategies. S. 107–117. In Michael Elazar: Honoré Fabri and the Concept of Impetus. A Bridge between Paradigms. Springer, Dordrecht 2011.
- ↑ Diese Bemerkungen und das folgende Zitat Descartes’ sind R. Dugas: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, S. 14 und S. 145, entnommen.
- ↑ Abgedruckt auch in C. Adam, P. Tannery, t. II: Oeuvres de Descartes. Paris 1898, S. 380 (No. 146). Übersetzung nach C. Wohlers: René Descartes – Der Briefwechsel mit Marin Mersenne. Felix Meiner, Hamburg 2020. S. 237.
- ↑ É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908, § 4 (L’usage du principe du levier) betont den vereinheitlichenden Charakter des Werks Galileis im überlieferten Hebelprinzip, wie es schon Lagrange Méchanique Analytique 3(1853) zur Statik festgestellt hatte.
- ↑ E. J. Dijksterhuis: Galileo Galilei. (1983), in: Die Mechanisierung des Weltbildes. (Hier unter Literatur → Einzelne Aspekte: §§ 95 u. 111; S. 382 u. 392).
- ↑ R. Dugas: Galilée. Kap. IV (S. 61–89) in: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, diskutiert die gegensätzlichen Auffassungen zur Dynamik in Abschn. 1, Seite 62. Als Galilei-kritische Kommentare werden neben den Studien von P. Duhem, welche Dugas in einzelnen Merkmalen zur Mechanik ebenso kritisch fortsetzt, auch die Studien von P. Tannery genannt.
- ↑ E. Mach: Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch - kritisch dargestellt. 3. Auflage, Brockhaus, Leipzig 1897, S. 119.
- ↑ Eine ‹objektive kausale Einstellung zum Kosmos› und ‹Originalität› in der mechanischen Untersuchungen bekundet A. Einstein: Vorwort zu Galileis ‹Dialogo›. (1952), S. vii und xvi in S. Drake: Dialogue. (1632/1967), in den hier angegebenen Schriften.
- ↑ Galilei sei mit der Allgemeingültigkeit seiner mechanischen Ergebnisse für die Physik dessen ‹bedeutendster Begründer›: Seite 206 in U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. (1982). Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ I. Szabó (1977/1996), hier in der Literatur → Einzelne Aspekte. Kap. A2 (Die Anfänge der Mechanik), Seite 47.
- ↑ Seite 384 in: E. Friedell: Kulturgeschichte der Neuzeit – Band 1. (Erstveröffentlichung des 2. Buchs 1928). (dtv) 16. Auflage, München 2005.
- ↑ Dieses Bild wird vor allem vertreten in P. Duhem (1905), ab Seite 260, hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ S. Drake: Mathematics, Astronomy, and Physics in the Work of Galileo. S. 64 in: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1. Toronto/Buffalo/London 1999. Darin wird das besondere Durchsetzungsvermögen der Konzeptionen durch Galileis Wirken hervorgehoben, die man als „revolutionär“ bezeichnen mag.
- ↑ Siehe etwa R. Dugas: A History of Mechanics. Ins Englische übertragen von J. R. Maddox, nach dem franz. Original von 1955. Dover, New York 1988. Darin Kap. 2: Galileo and Torricelli, ab Seite 129, § 1 (Galileo’s Statics). Hierin wird die Originalität der Statik nicht ausgesprochen, hingegen als wesentliches Stadium zur ‹Ausbildung der Klassischen Mechanik› begriffen.
- ↑ É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908, § 4: L’usage du principe du levier. Hierin wird hingegen die Originalität der Statik nicht ausgesprochen.
- ↑ J. Klug (1900), in der hier angegebenen Literatur → Einzelne Aspekte, Seite 13, orientiert an der historischen Einschätzung Lagranges, die aus der ersten Auflage der Mécanique Analytique von 1788 stammt, aber ab der 2. Auflage fehlt.
- ↑ Zum Galilei-Pendel siehe bspw. F. Bader, F. Dorn: Physik 11 – Ausgabe A, Gymnasium Sek II. 10. Druckausgabe. Schroedel-Verlag, Hannover 2006, Seite 66.
- ↑ Zur Goldenen Regel der Mechanik siehe etwa G. Boysen, H. Muckenfuß, H.-J. Wiesmann (Hrsg.): Physik für Gymnasien – Gesamtausgabe. Cornelsen, Berlin 2000, Seite 201.
- ↑ E. J. Dijksterhuis: Galileo Galilei. (1983) in: Die Mechanisierung des Weltbildes. Hier unter Literatur → Einzelne Aspekte: §§ 103 u. 117; S. 387 u. 395.
- ↑ B. Russell: Die Philosophie des Abendlandes. Übersetzung des englischen Originals von E. Fischer-Werneke und R. Gillischewski. Koch-Verlag, Berlin/Darmstadt 1953, S. 443, Kap. 6: Der Aufschwung der Naturwissenschaft.
- ↑ É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908. Teil 1, Seite 5 (Kap. I: Études des Statique: Un mot sur la mécanique péripatéticienne.) und Seite 57 (Kap. III: Le principe du travail virtuel. § 1: Poids et vitesse.).
- ↑ P. Duhem (1905), ab Seite 255, hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ J. Klug (1900), hier in der Literatur → Einzelne Aspekte, Seite 3 f.: Einleitung: Rückblick auf die Zeiten vor Galilei; I. Aristoteles und Archimedes.
- ↑ Siehe hier Abschnitt Neuzeitliches Naturverständnis für die Vereinheitlichung zur gesamten Natur. Siehe auch hier Kompensationsprinzip und Erhaltung der mechanischen Energie.
- ↑ Siehe dazu die Rekonstruktion in É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908, Kap. 1 (Le Levier), § 4 (L’usage du principe du levier), S. 30, daraus auch Abb. (2).
- ↑ Ein antreibendes ‚Moment‘, so würde Galilei es sagen, siehe dazu den Abschnitt Moment hier.
- ↑ Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée, in der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 451 (Kap. 4: Dans lequel l’un des principes generaux des Mechaniques est expliqué / In welchem ein allgemeines Prinzip der Mechaniken erklärt wird). Hervorhebung im Zitat nachträglich ergänzt.
- ↑ Man vgl. dazu die entsprechende Rekonstruktion in Szabó (1977/1996), Seite 64 (A5: Der philosophische Streit um das wahre Kraftmaß), in der hier angeg. Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée, in der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 459 (Kap. 6, II. Addition: De la Romaine, de la Balance, et du Levier / Von der Balkenwaage, der Drehwaage und vom Hebel).
- ↑ P. Duhem (1905), Seite 249; hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Siehe dazu auch Gatto (2017), hier in der Literatur → Einzelne Aspekte: S. 76, 87.
- ↑ Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée, in der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 454 (Kap. 5, Où l’on void quelques avertissemens sur le discours precedent / Worin man einige Verwarnungen zur vorigen Auseinandersetzung sieht). Die Hervorhebung wurde nachträglich ergänzt.
- ↑ Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée. In der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 458 (Kap. VI, De la Romaine, de la Balance, et du Levier / Von der Balkenwaage, der Drehwaage und vom Hebel). Die Hervorhebung wurde nachträglich ergänzt.
- ↑ Siehe den italienischen Wortlaut in Galilei: Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze. (S. 216), Giornata Terza (1638); und in der Übersetzung in der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 27 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 30 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ Man vergleiche sowohl die Passage in A. v. Oettingen: Engelmann, Leipzig 18911, Seite 30, als auch den anmerkenden Kommentar auf S. 124. Auch die folgenden Wortlaute finden sich auf derselben Seite.
- ↑ Siehe dazu R. Dugas: A History of Mechanics. Engl. Ausgabe des französ. Originals von 1955. Dover, New York 1988, Seite 130, Teil 2: The Formation of Classical Mechanics. Kap. II: Galilei and Torricelli.
- ↑ P. Duhem (1905), Seite 255. Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen. (1638/18911), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der Literatur → Schriften: Seite 30.
- ↑ P. Duhem (1905), Seite 245; hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Seite 63 von R. Dugas: Galilée. Kap. IV (S. 61–89) in: La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954.
- ↑ Siehe etwa den Eintrag Hemmungspendel (Galilei-Pendel) im Schulportal leifiphysik.de (abgerufen am 17. Dezember 2023).
- ↑ Siehe auch I. Szabó (1977/1996), hier in der Literatur → Einzelne Aspekte. Kap. A2: Die Anfänge der Mechanik. Seite 52 f.
- ↑ Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen. (1638/18911), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der Literatur → Schriften: Seite 19 f.
- ↑ Wiedergegeben in É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908: Seite 2: Introduction – Un Mot sur la Mécanique Péripatèticienne.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 59 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ Wortlaut aus G. Galilei (1638/1891)1, S. 69 (siehe hier Literatur → Schriften).
- ↑ Siehe Kap. 3 (Galileo's Scientific Story) in P. Machamer: Galileo Galilei. Entry 2011 in Stanford Encyclopedia of Philosophy. Hier unter Weblinks → Überblicksseiten.
- ↑ E. Mach: Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch-kritisch dargestellt. 3. Auflage, Brockhaus, Leipzig 1897: S. 200.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 58 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 58 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ Ausführliche Diskussion dieses Punktes findet sich vor allem in C. Vilain: La Méchanique de Christian Huygens – La Relativité du mouvement au XVII.Siècle. Paris 1996. Chap. 2 (Relativité Galiléen).
- ↑ Siehe Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische (1632/1987). A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. Siehe Schriften hier in der Literatur, Seiten 193 und 217.
- ↑ Siehe P. Feyerabend: Naturphilosophie. Seite 210 in: A. Diemer, I. Frenzel: Philosophie. Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958.
- ↑ Siehe v. a. C. Vilain: La Méchanique de Christian Huygens – La Relativité du mouvement au XVII.Siècle. Kap. 5 und 7. Paris 1996.
- ↑ A. Einstein: Vorwort zu Galileis ‹Dialogo›. (1952), S. x in S. Drake: Dialogue. (1632/1967), in den hier angegebenen Schriften.
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seiten 215 f.
- ↑ Stillman Drake: Galilei. Herder, Freiburg 1999.
- ↑ Julian B. Barbour: Absolute or Relative Motion? Cambridge University Press, Cambridge (GB) 1999.
- ↑ Roberto Torretti: The Philosophy of Physics. Cambridge University Press, Cambridge 1999.
- ↑ E. J. Dijksterhuis: The Mechanization of the World Picture. Oxford University Press, 1961, S. 357.
Neudruck: Die Mechanisierung des Weltbildes. IV, 121, Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1983. - ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 18911, auf Seite 57 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ P. Feyerabend: Naturphilosophie. In: A. Diemer, I. Frenzel: Philosophie. Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958, S. 210. Das erste explizite Vorkommen der geradlinige Bewegung kommt erst durch das Werk von C. Huygens hinzu.
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seiten 238 f.
- ↑ Siehe dazu § 3 (Die Aristotelische Bewegungslehre.), S. 80 f. in: P. Feyerabend: Der wissenschaftstheoretische Realismus und die Autorität der Wissenschaften. Kap. 5 der Schrift Realismus und Instrumentalismus zur Logik der Unterstützung durch Tatsachen. Vieweg, Wiesbaden 1978.
- ↑ In A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur), Seite 192.
- ↑ Alexandre Koyré: Études galiléennes. (3 Bde.). Hermann, Paris 1939.
- ↑ Stillman Drake: Galileo At Work. His Scientific Biography. University of Chicago Press, Chicago 1978, ISBN 0-226-16226-5.
- ↑ Digitalisiert zugänglich gemacht von der Nationalbibliothek in Florenz und dem Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, z. B. imss.fi.it.
- ↑ Siehe Seite 25 in: Anna Mudry: Annäherungen an Galileo Galilei. Einleitung des Bandes 1 von Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005.
- ↑ So auch Galilei selbst in Unterredungen und mathematische Demonstrationen (1638/1890), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der Literatur → Schriften: Seite 75.
- ↑ Seite 76 und S. 84 in: G. Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen. (1638/1890), hrsg. v. A. v. Oettingen, in der Literatur → Schriften.
- ↑ Siehe dazu das Original G. Galilei: Unterredungen und mathematische Demonstrationen (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der Literatur → Schriften: S. 93–125.
- ↑ Siehe dazu etwa A. Hüttemann: Naturgesetze. S. 140. Kap. 6 in: A. Bartels, M. Stöckler (Hrsg.): Wissenschaftstheorie – ein Studienbuch. Mentis, Paderborn 2007.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 96 (siehe Schriften hier in der Literatur), Herv. im ital. Original nachträglich ergänzt.
- ↑ Szabo (1977/1996), Seite 351 (B1: Galileis Festigkeitslehre), in der hier angeg. Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Karl-Eugen Kurrer: Die Anfänge der Festigkeitslehre bei Galilei. Momentum-Magazin, 6. März 2014.
- ↑ Siehe im Original G. Galilei: Unterredungen. (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der Literatur → Schriften: S. 96.
- ↑ Siehe insbes. I. Szabó: Geschichte der mechanischen Prinzipien. ( 1977/1996), in der hier angeg. Literatur → Einzelne Aspekte, S. 390 folgende, C: Die Vollendung der Balkentheorie durch Navier und die Einführung des Spannungstensors durch Cauchy.
- ↑ Siehe G. Galilei (1638/1890): Unterredungen. In der Literatur → Schriften: S. 94 f.
- ↑ Siehe auch die Schwerpunkt-Annahme in Galileis Le Mecaniche (1593/1634) und in Marin Mersenne (1634): Les Mécaniques de Galilée, in der hier angegebenen Literatur → Schriften: Seite 445: Supposition III: ‹Das Zentrum der Schwere zweier gleich schwerer Körper ist auf der geraden Linien, welche die Schwerpunkte der besagten Körper verbindet.›
- ↑ Siehe im Original G. Galilei: Unterredungen. (1638/1890), hrsg. v. A. Oettingen, in der Literatur → Schriften: S. 100; sowie die Anm. d. Hrsg., ebd., S. 134.
- ↑ Zu den Balkengleichungen siehe E. Brommundt, G. Sachs: Technische Mechanik – Eine Einführung. 2. Auflage, Springer, Berlin / Heidelberg / New York 1991, Seite 139.
- ↑ I. Szabó: Geschichte der mechanischen Prinzipien (1977/1996), in der hier angeg. Literatur → Einzelne Aspekte: S. 352–354, IV.B : Die Balkentheorie im 17. und 18. Jahrhundert.
- ↑ In der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Leipzig 1890, auf Seite 123 (siehe Schriften hier in der Literatur).
- ↑ Walter Hehl: Galileo Galilei kontrovers. Kapitel Die frühen Fernrohre und Fernrohrbeobachter. Springer, 2017.
- ↑ MARS, GALILAEI. ( vom 10. Mai 2010 im Internet Archive). In: Mars Gazetteer. National Science Space Data Center. Abgerufen am 4. April 2010.
Planetary Map Index. In: USGS Astrogeology Science Center. Abgerufen am 4. April 2010. - ↑ Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen – Erweiterte Edition. Teil I und II. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-946292-26-5, doi:10.3372/epolist2018.
- ↑ Leben des Galilei (1962) bei IMDb.
- ↑ Lamp at Midnight (1966) bei IMDb.
- ↑ Galileo (1975) bei IMDb.
- ↑ Joachim Gatterer, Jessica Alexandra Micheli (Hrsg.): Ivo Barnabò Micheli. Poesie der Gegensätze. Cinema radicale. Folio-Verlag, Wien/Bozen 2015, S. 90–100.
Anmerkungen
- ↑ Hinter dem Namen verbirgt sich ein Wortspiel, das Galilei bewusst als eine ‹Verballhornung› eingesetzt hat: Einerseits spielt er auf den spätantiken Aristoteliker Simplicius an, andererseits auf einen leichtgläubigen Charakter von geringem Verstand. Siehe dazu K. Fischer (2015), hier unter Literatur → Biographien. S. 218.
- ↑ Die meisten einführenden Quellen, die in diesem Abschnitt genannt werden, unterscheiden dabei nicht genauer zwischen ‚induktiver‘, ‚experimenteller‘ und ‚empirischer‘ Methode.
- ↑ Charakteristisch für diese Einordnung Galileis in das Zeitalter ist etwa folgende Formulierung: «Einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erneuerung des Denkens lieferten die oberitalienischen Universitäten Padua, Bologna, Pavia mit ihrer Pflege des Averroismus und Alexandrismus und der für die aristotelische Tradition typischen Realitätsbezogenheit und empirischen Forschung. In dieser geistigen Umgebung, insbesondere der paduanischen Schule, wurden die Grundlagen der neuzeitlichen Wissenschaftsmethode gelegt; aus ihrer Ideenwelt erwuchsen die Arbeiten Galileo Galileis, mit denen er, was das Studium der Fall- und Wurfgesetze betrifft, einen der größten Beiträge zur Entstehung der neuzeitlichen Physik leistete.» Seite 163 f. von K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995.
- ↑ «Aus dem von Galilei 1593 verfaßten Traktat Le Mechaniche, der wahrscheinlich auch seinen Vorlesungen an der Universität Padua 1597–1598 über Aristoteles’ Mechanik zugrunde lag, geht hervor, dass er die Mechanik nicht länger als Lehre von der Überlistung der Natur versteht wie Aristoteles, sondern als Lehre von der geschickten Natur.» Seite 170 von K. Gloy: Das Verständnis der Natur – Erster Band: Die Geschichte des wissenschaftlichen Denkens. Beck, München 1995. In derselben Schrift (S. 160) wird auf die Herkunft des griechischen Wortes mechaná (List, Mittel, Überlistung, Kunstgriff) hingewiesen, um die traditionelle Vorstellung des äußeren Eingriffs in die Natur zu verdeutlichen: «Als mēchanaí wurden vorzugsweise Wundermaschinen bezeichnet, die zwar gemäß der Natur (katá phýsin) funktionierten, deren Ursache (aítion) aber verborgen blieb und daher den Effekt des Wunders hatte […].»
- ↑ «Wäre nun Galilei ein traditioneller Philosoph gewesen, so hätte er sich sofort überlegen müssen, warum das Gesehene eine Täuschung ist. Denn nach gängiger Kosmologie war ein Himmelskörper vollkommen und sphärisch und bestand aus einer anderen Substanz als die Erde; im Mond einen Körper von gleicher Beschaffenheit wie die Erde zu sehen, ging nicht an.» Seite 211 in U. Niederer: Galileo Galilei und die Entwicklung der Physik. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Band 127 (3), 1982. Hier in der Literatur → Einzelne Aspekte.
- ↑ Das ist im Kern bereits die These des quadratischen Wachstums der Höhen in gleichen Zeitintervallen , wie es die gleichmäßige Beschleunigung auszeichnet. Formal beinhaltet sie die Entwicklung
- für ℕ0.
- ↑ Die zitierte Aussage entspricht dem Streckengesetz , wobei die Momentangeschwindigkeit der beschleunigten Bewegung zur Zeit bezeichnet. In dieser Form findet man es auch heute noch in Schulbüchern: siehe etwa F. Bader, F. Dorn: Physik 11 – Ausgabe A, Gymnasium Sek II. 10. Druckausgabe. Schroedel-Verlag, Hannover 2006, Seite 26.
- ↑ Er gibt Wissenschaftshistoriker, allen voran der Galilei-Experte Paul Feyerabend, die deswegen die These unterstreichen, Galilei wäre in keiner Weise begrifflich ‚klarer‘ oder ‚rationaler‘ als seine Aristotelischen Vorgänger gewesen, sondern er habe vielmehr alternative (kontrainduktive) Grundbegriffe entwickelt, welche die bis dahin behauptete Notwendigkeit der traditionellen empirischen Ergebnisse aufhebt. Diese Relativierung der Beobachtungssprache Galileis zeichne den entscheidenden wissenschaftlichen Fortschritt in Galileis Werk aus. Galilei ersetze somit eine ‚natürliche Interpretation‘ der Wirklichkeit durch eine andere. Man vergleiche dazu P. Feyerabend: Wider den Methodenzwang. Suhrkamp, Neuausgabe, Frankfurt am Main 1983. Deutsche Übersetzung des englischen Originals Against Method von 1976. Darin Bezug auf Galilei Kap. 6 und 7.
- ↑ Exemplarisch dafür liest sich die konditionale Aussage über die Kreisform der Fallbewegung im Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, das ptolemäische und das kopernikanische (1632/1987). Seite 252 in A. Mudry (Hrsg.): Galileo Galilei: Schriften, Briefe, Dokumente – Band 1. VMA, München 1987, Wiesbaden 2005, (siehe Schriften hier in der Literatur): «Dies würde sich mit Notwendigkeit ergeben, wenn bewiesen wäre, dass der Erdball sich kreisförmig bewegt; dass diese Beweis erbracht sei, behaupte ich aber nicht.»
- ↑ Der Begriff der ‹Galileischen Dynamik› ist P. Feyerabend: Naturphilosophie entnommen. In: A. Diemer, I. Frenzel: Philosophie. Fischer-Lexikon, Frankfurt am Main / Hamburg 1958. S. 208.
- ↑ Von wandelnden Unsachlichkeiten, Nebensächlichkeiten und Einseitigkeiten berichtet E. J. Dijksterhuis: Galileo Galilei. (1983), in: Die Mechanisierung des Weltbildes (hier unter Literatur → Einzelne Aspekte: § 77; S. 371). Eine besondere Verzerrung finde in populären Darstellungen statt, wo oft eine Art «Galileimythos» errichtet werde: «Dieses Bild wird entworfen und lebendig gehalten durch Schriftsteller über moderne Physik, die das Bedürfnis nach einer historischen Einleitung haben, die sich aber nicht die Mühe genommen haben, die einfache Pflicht der Exaktheit zu füllen, welche darin besteht, die gemachten Mitteilungen an der historischen Quelle zu prüfen.»
- ↑ Dieser erste Punkt betrifft zugleich den historisch schwierigsten. Mit J.-L. Lagrange und R. Dugas gesprochen, muss der Ursprung des Prinzips der virtuellen Geschwindigkeiten dennoch bei Galilei gefunden werden, der erstmals «in der Lage war, [die Untersuchung der schiefen Ebenen] besser zu machen als seine Vorgänger», um damit die Dynamik auf die Statik der Momente zu vereinheitlichen (siehe R. Dugas: A History of Mechanics. (Dover, New York 1988. Darin Kap. 2: Galileo and Torricelli. Seite 130, § 1 (Galileo’s Statics), daraus der Wortlaut; und J.-L. Lagrange: Mécanique Analytique. 3. Auflage (hrsg. v. M. J. Bertrand), 1. Teil, § 6, S. 8).
- ↑ J. L. Lagrange bemerkt in seinem historischen Einleitungskapitel der Mécanique Analytique (Première partie: la statique, Section première: § 6, S. 8, in der 3. Auflage von 1853) dazu (ins Deutsche übersetzt): «In den Mécaniques von Galilei, erstmals im Französischen durch Pater Mersenne im Jahr 1634 veröffentlicht, wird das Gleichgewicht auf einer schiefen Ebene auf das eines Hebels mit zwei gleichen Hebelarmen zurückgeführt […], indem das einem angewinkelten Hebelarm anbrachte Gewicht so betrachtet wird, als wäre es an einem entsprechend horizontalen angehängt […] Man kann sagen, dass hier wohl der erste direkte Beweis vorliegt, der vom Gleichgewicht auf einer schiefen Ebene erhältlich sein dürfte». Außerdem heißt es in § 16, S. 18: «Galilei hat dann [das Prinzip der virtuellen Arbeit] an der schiefen Ebene wiedererkannt wie auch an den Maschinen, die davon abhängig sind, und er hat es als eine allgemeine Eigenart des Gleichgewichts von Maschinen bemerkt.»
- ↑ Dass diese Reduktion in allen Fällen gelingt, ist der Teil, der Galileis Verdienst in der Mechanik im Besonderen ausmacht. Das wird entweder das Prinzip der virtuellen Geschwindigkeit genannt, wenn als punktuelle Größe dem Prinzip zugrunde liegt (so v. a. in Lagrange (1853)3). Mit der Masse m erhält dieser Term (bei Descartes, Wallis und Newton) die Bedeutung des Impulses . Wenn hingegen als punktuelle Größe dem Prinzip zugrunde liegt, so wird hierin explizit die antreibende Kraft hervorgehoben. Man spricht dann vom Prinzip der virtuellen Leistung mit der Leistung (‚puissance‘) . Sie wird von Galilei selbst weithin mit dem ‚Moment‘ identifiziert, bleibt aber in diesen Hinsichten zunächst indifferent (siehe dazu Duhem (1905), hier unter Literatur → Einzelne Aspekte: S. 48; Dugas (1954): La Mécanique au XVIIe Siècle. Dunod, Paris 1954, (IV.3: Concepts Galiléens, S. 73; sowie J. Klug (1900), hier unter Literatur → Einzelne Aspekte: S. 40).
- ↑ In Bezug auf die Drehbewegung wird hierbei die Variation der Leistungsgröße informell dargestellt. Es bleibt zum besseren Verständnis zu beachten, dass in Galileis Erläuterung ein Kraftwirkung proportional zur Geschwindigkeit (Axiom des Aristoteles) und nicht zur Geschwindigkeitsänderung (Beschleunigung) angenommen wird. Siehe dazu auch E. J. Dijksterhuis (1983), hier unter Literatur → Einzelne Aspekte; Teil IV (Die Geburt der klassischen Naturwissenschaft): §§ 91, 96, S. 380, 383.
- ↑ An derselben Stelle identifiziert Galilei die Horizontale als den geometrischen Ort, an dem ein Körper ‹keinen Impuls› erfährt, da er sich dem Weltmittelpunkt (der allgemeine Schwerpunkt in damaliger Mechanik) weder nähert noch entfernt. Auf dieser Position ist der Körper gegenüber Bewegungen «indifferent», d. h., er könne sich gleichförmig bewegen oder in Ruhe bleiben. Diese Idee der Äquipotentiallinie ist also bei Galilei mit seiner Bedeutung des Trägheitsprinzips verbunden. Dieser Erhaltungsgedanke wird später von seinem Schüler E. Torricelli zu einem mechanischen Prinzip erhoben. Es besagt: ‹In allen körperlichen Zusammensetzungen sinkt der gemeinsame Schwerpunkt nicht, sondern bleibt statisch erhalten.› Sämtliche hier genannte Wortlaute aus Galilei: Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze. S. 217, Giornata Terza (1638); und in der Übersetzung in der deutschen Ausgabe nach A. v. Oettingen, Engelmann, Leipzig 18911, auf Seite 28 (siehe Schriften hier in der Literatur). Siehe auch É. Jouguet: Lectures de Mécanique. Gauthier-Villars, Paris 1908, Teil 1, Seite 61: Études des Statique: Le principe du travail virtuel.
- ↑ Galilei meint also das Verhältnis für verschiedene Höhen und , das hier lauten muss . Auch aus diesem Grunde blieben die Energiegrößen und für Galilei noch außer Reichweite.
- ↑ Galilei versteht somit in diesem energetischen Fall das Moment als heutige Arbeitsgröße . Siehe dazu v. a. J.-L. Lagrange: Mécanique Analytique. 3. Auflage, hrsg. v. M. J. Bertrand. 1. Teil, § 16, S. 18: Section première: Sur les différents principes de la Statique. Und § 16, S. 18: Troisème Section: Propietés Generales de l’Équilibre d’un système de Corps.
- ↑ Der Begriff ‹Axiom des Aristoteles› ist P. Duhem: Les Origines de la Statique – 2. Teil. Paris 1906: Note A (Sur l’Axiome d’Aristote), ab Seite 291, entnommen.
- ↑ Das Argument wird formal in E. Mach: Die Mechanik in ihrer Entwickelung – historisch-kritisch dargestellt. 3. Auflage (Brockhaus) Leipzig 1897, S. 200, präzisiert: Die beiden Körper wären beim freien Fall unterschiedlich stark beschleunigt, würden folglich unterschiedlichen Erdbeschleunigungen unterliegen. Das ergäbe dann eine Beschleunigungsdifferenz und eine resultierende Schwingungsdauer .
- ↑ Die Impetustheorie kann bis auf Albert von Sachsen und J. Buridan zurückverfolgt werden. Siehe dazu insbes. P. Duhem: Études sur Léonard de Vinci. S. 1–52, Kap. 1:Albert de Saxe. Paris 1906. Der Einfluss bis Galilei wird dokumentiert in P. Duhem: Les Origines de la Statique. 1. Teil, Paris 1905, Kap. XI: Galileo Galilei. S. 236–263.
- ↑ Heute spricht man von einer Äquipotentialfläche. Der prinzipielle Charakter dieser rein statischen Aussage wurde von Galileis Schüler E. Torricelli zu einem nach ihm benannten mechanischen Prinzip erhoben.
- ↑ Siehe etwa S. 13, 38 und S. 56 in: S. Drake: Essays on Galileo and the History and Philosophy of Science. Volume 1. Toronto/Buffalo/London 1999. In Kap. 2 (Part IV): Kepler and Galileo, ab S. 340, heißt es dazu explizit (hier aus dem Englischen übersetzt): «In dem Maße, wie Galileo eine Physik der Planetenbewegungen in Aussicht hatte, war es auch eine Physik, welche beständige Kreisbewegung als das zu Erwartende herausstellt. Der Unterschied kann so gesehen werden: Keplers Programm verfehlte das Ziel, weil er dachte, dass die neue Astronomie irgendwie durch einen Rückgriff auf die alte Physik erklärt werden könnte; und Galileis Programm verfehlte das Ziel, weil er dachte, dass die neue Physik durch die alte Lehrmeinung unterstützt werden könne, dass die himmlischen Bewegungen keine weitere Erklärung nötig hätten.»
- ↑ Es blieb nicht aus, dass Galilei einige der von ihm beschriebenen und als Beleg für die Korrektheit seiner Theorien ausgegebenen Experimente niemals selbst durchgeführt zu haben schien. Das gilt in wesentlichen Punkten als widerlegt (siehe Betrug und Fälschung in der Wissenschaft).
- ↑ Viviani (1654), hier in der Literatur → Biographien, Kap. IX, S. 219, behauptet, Galilei sei der Erste gewesen, der das Pendel zur Zeitmessung herangezogen hätte.
- ↑ Galileis Schriften sind überwiegend frei von Quellen- und Autorenangaben, wenn man einmal von dem Verweis auf „den Aristoteles“, „den Plato“, aber auch im Einzelnen auf Archimedes oder auf Luca Valerio absieht. Das ist ein bewusst gewähltes Stilmittel, wie es auch schon Descartes für seinen populärwissenschaftlichen Stil gebraucht hat.
- ↑ Aus dem Inhalt des ‹ersten und zweiten Tages› der Discorsi Galileis geht hervor, dass Galilei die weit verbreiteten ‚Mechanischen Probleme‘ nach Pseudo-Aristoteles – Archytas (d. i. die sogenannte Mechanica, siehe etwa in der englischen Ausgabe Works of Aristotle – Vol. VI, S. 850–858, hrsg. von D. Ross, Oxford 1913. Online: Textarchiv – Internet Archive) ebenso gründlich untersucht hat, wie es etwa Galileis Zeitgenosse Bernardino Baldi in seinen damals bekannten und postum veröffentlichten In mechanica Aristotelis problemata exercitationes (1621) Kommentarband getan hatte. Siehe zu diesem Hintergrund den Online-Zugang E. Nenci (2011) sowie T. N. Winter (2007). Galilei knüpft an diese Fragen ebenso an. In den Discorsi (1638/1890), deutsche Ausgabe nach A. v. Oettingen, Seite 112, wird etwa diese Frage der Bruchfestigkeit aus den 'Mechanischen Problemen' nach Aristoteles direkt angesprochen. Zum generellen historischen Kontext und den konzeptionellen Voraussetzungen auch für Galilei siehe v. a. P. Duhem: Ètudes sur Leonard de Vinci – Première Serie. A. Hermann, Paris 1906. Darin v. a. Seiten 156 und 214.
- ↑ Das ist in diesem Fall in Worten das Momenten-Gleichgewicht des Hebels
- ↑ Den heute mit Neutralfaser bezeichneten Bereich (zurückgehend auf Jakob Bernoulli) verschwindender Zug- bzw. Druckspannung ordnete er am unteren Rand des eingespannten Balkens statt in der Mitte des Balkenquerschnittes an. Korrekturen dieses Irrtums konnten sich im 17. und 18. Jahrhundert nicht durchsetzen; erst Anfang des 19. Jahrhunderts sorgte Naviers Umsetzung des Youngschen linearen Elastizitätsmoduls für präzise allgemeine Ergebnisse.
- ↑ Im italienischen Original von Galilei als ‹resistenza› bezeichnet. Siehe dazu die Anmerkungen des Hrsg., S. 133 f. in G. Galilei: Unterredungen. (1638/1890), übersetzt und kommentiert von A. v. Oettingen, in der Literatur → Schriften.
- ↑ Die korrekten Gesetzmäßigkeiten, die den (linearen) Elastizitätsmodul des Materials mitberücksichtigen, lauten entsprechend
- und .
Personendaten | |
---|---|
NAME | Galilei, Galileo |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom |
GEBURTSDATUM | 15. Februar 1564 |
GEBURTSORT | Pisa |
STERBEDATUM | 8. Januar 1642 |
STERBEORT | Arcetri bei Florenz |
- Wikipedia:Gesprochener Artikel
- Wikipedia:Exzellent
- Galileo Galilei
- Astronom (16. Jahrhundert)
- Astronom (17. Jahrhundert)
- Sonnenforscher
- Hochschullehrer (Universität Pisa)
- Hochschullehrer (Universität Padua)
- Philosoph der Frühen Neuzeit
- Mathematiker (16. Jahrhundert)
- Mathematiker (17. Jahrhundert)
- Physiker (16. Jahrhundert)
- Physiker (17. Jahrhundert)
- Persönlichkeit der Lichtmikroskopie
- Ballistiker
- Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur (16. Jahrhundert)
- Ingenieur, Erfinder, Konstrukteur (17. Jahrhundert)
- Aufklärer
- Universalgelehrter
- Person (Großherzogtum Toskana)
- Italienische Geschichte (17. Jahrhundert)
- Mitglied der Accademia dei Lincei
- Mitglied der Accademia della Crusca
- Person als Namensgeber für einen Marskrater
- Person als Namensgeber für einen Mondkrater
- Autor
- Literatur (Italienisch)
- Literatur (17. Jahrhundert)
- Sachbuchautor (Physik)
- Sachliteratur (Astronomie)
- Historische Person (Italien)
- Geboren 1564
- Gestorben 1642
- Mann