„Übereignung“ – Versionsunterschied
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Unter '''Übereignung''' (oder '''Eigentumsübertragung''') versteht man im [[Sachenrecht]] die [[Rechtsgeschäft|rechtsgeschäftliche]] Übertragung des [[Eigentum]]s an einer [[Sache (Recht)|Sache]] von einer [[Person#Recht|Person]] auf eine andere. Die Übereignung ist somit eine [[Verfügung]]. In Österreich und der Schweiz wird auch der Ausdruck '''[[Veräußerung]]''' verwendet, in Deutschland sind die Bezeichnungen nicht deckungsgleich. |
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==Übereignung beweglicher Sachen== |
== Übereignung beweglicher Sachen == |
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⚫ | Die Übereignung beweglicher Sachen erfolgt durch Einigung und Übergabe. Es genügt also nicht eine bloße Willensübereinstimmung der Vertragspartner (Einigung), sondern die Übereignung muss grundsätzlich durch einen Realakt nach außen erkennbar werden (Übergabe). Der Einigung mit dem Berechtigten ist die Einigung mit dem nach {{§|185|bgb|juris}} BGB [[Verfügungsermächtigung|ermächtigten]] Nichtberechtigten gleich. |
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[[Dingliche Einigung|Einigung]] bezeichnet die inhaltliche Übereinstimmung der auf die Übereignung gerichteten Willenserklärungen des Veräußerers und des Erwerbers. Bei beweglichen [[Sachen]] unterliegt die Einigung keiner besonderen Form, kann bis zur Übergabe jederzeit widerrufen werden (Umkehrschluss aus {{§|873|bgb|juris}} Abs. 2 BGB und {{§|956|bgb|juris}} Abs. 1 S. 2 BGB) oder nur unter Bedingung erklärt werden (→ [[Eigentumsvorbehalt (Deutschland)|Eigentumsvorbehalt]]). |
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[[Übergabe (Sachenrecht)|Übergabe]] ist der Verlust jeder Form des [[Besitz]]es beim Veräußerer in Verbindung mit der Verschaffung irgendeiner Form des Besitzes beim Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers. Der Besitz wird in der Regel durch Verschaffung des [[Besitz (Deutschland)#Unmittelbarer und mittelbarer Besitz|unmittelbaren Eigenbesitzes]] eingeräumt. |
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Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache (etwa weil er sie vorher gemietet oder geliehen hatte) genügt gem. {{§|929|bgb|juris}} Satz 2 BGB die bloße Einigung. Man spricht dann von der '''Übereignung kurzerhand''' (lat. ''[[brevi manu]] traditio''). |
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Will der Veräußerer Besitz behalten (→ [[Sicherungsübereignung]]; Finanzierung durch [[Sale-Lease-Back]]-Verfahren), so muss er dem Erwerber durch Vereinbarung eines [[Besitzkonstitut]]s (dt. [[Besitzmittlungsverhältnis]]; z. B. Leihvertrag bei Sicherungsübereignung oder „Leasing“vertrag bei Rückmietverkauf) [[Besitz (Deutschland)#Unmittelbarer und mittelbarer Besitz|mittelbaren Besitz]] verschaffen; er selbst bleibt unmittelbarer Besitzer, vgl. {{§|930|bgb|juris}}, {{§|868|bgb|juris}} BGB. Befindet sich die Sache im Besitz eines Dritten (etwa weil sie der Veräußerer verliehen hat), so tritt an die Stelle der Übergabe die [[Abtretung (Deutschland)|Abtretung]] des [[Herausgabeanspruch]]s gegen den Dritten, {{§|931|bgb|juris}} BGB. |
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Einigung ist - ein vom Grundgeschäft (z.B. dem [[Kaufvertrag|Kauf]]) zu trennendes (vgl. [[Abstraktionsprinzip]]) - dingliches [[Rechtsgeschäft]] zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber. Es unterliegt keiner besonderen Form. Die Einigung kann bei beweglichen Sachen bedingt erklärt werden (vgl. [[Eigentumsvorbehalt]]). |
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Als Übergabe gilt auch, wenn der Veräußerer keinen Besitz hat und den unmittelbaren Besitzer anweist, dem Erwerber den unmittelbaren Besitz zu verschaffen und der unmittelbare Besitzer dies tut (sog. '''Geheißerwerb'''). |
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Übergabe ist die Verschaffung des [[Besitz]]es. Der Besitz wird in der Regel durch Verschaffung des [[Besitz#Unmittelbarer und mittelbarer Besitz|unmittelbaren Eigenbesitzes]] eingeräumt. Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache (etwa weil er sie vorher gemietet oder geliehen hatte) genügt ausnahmsweise die bloße Einigung. Man spricht dann von der '''Übereignung kurzer Hand''' (lat.: ''brevi manu traditio''). Will der Veräußerer den Besitz behalten (etwa weil er mit der Übereignung sogleich Leasingnehmer werden soll, sog. sale- and-lease-back-Finanzierung), so muss er dem Erwerber durch Vereinbarung eines [[Besitzkonstitut]]s (dt. Besitzmittlungsverhältnis; im Beispielsfall: des Leasingvertrags) [[Besitz#Unmittelbarer und mittelbarer Besitz|mittelbaren Besitz]] verschaffen. Befindet sich die Sache im Besitz eines Dritten (etwa weil sie der Veräußerer verliehen hat), so tritt an die Stelle der Übergabe die [[Abtretung]] des Herausgabeanspruchs gegen den Dritten. |
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Der französische Code civil unterscheidet nicht zwischen [[Verpflichtungsgeschäft]] und [[Verfügungsgeschäft]]. Gemäß {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006436716&cidTexte=LEGITEXT000006070721|3=Art. 1196 Abs. 1 C. civ.}} geht das [[Eigentum]] an einer Sache grundsätzlich schon mit Vertragsabschluss über, wovon die Vertragsparteien aber gem. {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006436716&cidTexte=LEGITEXT000006070721|3=Art. 1196 Abs. 2 F. 1 C. civ.}} durch einen vereinbarten [[Eigentumsvorbehalt (Deutschland)#Frankreich|Eigentumsvorbehalt]] abweichen können. |
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Ausnahmen von der automatischen Eigentumsübertragung können abgesehen davon auch gem. {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006436716&cidTexte=LEGITEXT000006070721|3=Art. 1196 Abs. 2 F. 2 C. civ.}} in der Natur der Sache liegen: so erfolgt die Eigentumsübertragung bei zukünftig entstehenden Sachen (z. B. Ertrag einer Ernte) erst mit dem Entstehen der Sache. Auch das Gesetz kann {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006436716&cidTexte=LEGITEXT000006070721|3=Art. 1196 Abs. 2 F. 3 C. civ.}} Ausnahmen vorsehen, was beispielsweise bei einer [[Gattungsschuld#Frankreich|Gattungsschuld]] der Fall ist: gem. {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006441320&cidTexte=LEGITEXT000006070721&dateTexte=20180108&categorieLien=id&oldAction=|3=Art. 1585 Hs. 1 C. civ.}} wird das Eigentum erst bei der Konkretisierung durch Abwiegen, Abzählen oder Abmessen übertragen. |
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Der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung ist im französischen Recht vor allem für den [[Zufälliger Untergang#Frankreich|zufälligen Untergang]] wichtig, welcher nach {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006436716&cidTexte=LEGITEXT000006070721|3=Art. 1196 Abs. 3 S. 1 C. civ.}} grundsätzlich dem Eigentümer angerechnet wird. |
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Das Eigentum an beweglichen Sachen kann unter bestimmten Bedingungen auch vom Nichtberechtigten, also dem Nichteigentümer wirksam erworben werden. Diese - auf den ersten Blick für den Laien seltsam anmutende Möglichkeit - gründet in der tatsächlichen Erfahrung, dass Eigentum und Besitz an einer beweglichen Sache häufig von verschiedenen Personen ausgeübt werden und es dem Erwerber schlicht unmöglich sein wird, zuverlässig nachzuprüfen, ob der Besitzer seinerseits bei dem oft weit in der Vergangenheit liegenden Erwerbsvorgang wirksam Eigentum erworben hat. Erwerb vom Nichtberechtigten (auch '''gutgläubiger Erwerb''' genannt) setzt neben dem guten Glauben an das Eigentum des Veräußerers deshalb stets auch einen auf dem Besitz beruhenden Rechtsschein voraus. Unter dieser Voraussetzung wird das volle, unbelastete Eigentum erworben. Erfolgte die Übereignung allerdings unentgeltlich (also beispielsweise in Vollzug einer [[Schenkung]]), so ist er einem [[Bereicherungsrecht|bereichungsrechtlichen]] Rückübereignungsanspruch des alten Eigentümers ausgesetzt. |
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=== Erwerb vom Nichtberechtigten === |
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{{Anker|Gutgläubiger Erwerb}} |
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==== Deutsches Recht ==== |
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Guter Glaube an das Eigentum des Veräußerers wird durch die Kenntnis und (anders als im Grundstücksrecht) die grobfahrlässige Nichtkenntnis der Nichtberechtigung ausgeschlossen. Dabei vermutet das Gesetz den guten Glauben, so dass im Streitfall derjenige, der Erwerb vom Nichtberechtigten bestreitet, zu beweisen hat, dass sich der Erwerber nicht in gutem Glauben befunden hat. |
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In [[Deutschland]] ist der [[Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten#Deutsches Recht|gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten]] in den §§ 932–936 BGB geregelt. |
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==== Österreichisches Recht ==== |
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In [[Österreich]] regelt {{§|367|ABGB|RIS-B|DokNr=NOR40070091}} [[Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|ABGB]] den [[Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten#Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch|gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten]]. |
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==== Niederländisches Recht ==== |
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Der Rechtsschein für die Eigentümerstellung des Nichtberechtigten knüpft grundsätzlich am unmittelbaren Besitz an. In den oben genannten Fällen der Übereignung durch Schaffung eines Besitzkonstituts oder durch Abtretung des Herausgabeanspruchs kommt Erwerb vom Nichtberechtigten daher erst dann in Betracht, wenn die Sache zusätzlich dem Erwerber übergeben wird oder er den Besitz von dem Dritten erlangt. Ein Rechtsschein durch unmittelbaren Besitzes wird aber als <u>wichtige Ausnahme</u> nicht geschaffen, wenn die Sache dem Eigentümer [[Abhandenkommen|abhandengekommen]] war. |
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Im Burgerlijk Wetboek (BW) richtet sich der Eigentumserwerb von beweglichen Sachen hauptsächlich nach Artikel 3:86 BW. Erforderlich ist wie im deutschen Recht die Übergabe (Art. 3:90 ff. BW) und die Gutgläubigkeit (Art. 3:11 BW). Wird die Sache unentgeltlich, also ohne Gegenleistung übergeben, ist der gutgläubige Eigentumserwerb im niederländischen Recht ausgeschlossen (Art. 3:86 Abs. 1 BW). Auch eine unangemessene Gegenleistung wie ein symbolischer Euro schließt den Eigentumsübergang aus. Die Schwelle wird bei etwa 50 % des eigentlichen Erwerbes gesehen. |
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==== Französisches Recht ==== |
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==Übereignung von Immobilien== |
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Im [[Code civil]] sieht {{§§|URL|2=https://www.legifrance.gouv.fr/affichCodeArticle.do?idArticle=LEGIARTI000006441437&cidTexte=LEGITEXT000006070721&dateTexte=20180108|3=Art. 1599 C. civ.}} vor, dass der Verkauf einer fremden Sache an einen [[Guter Glaube|gutgläubigen]] Käufer (''acquéreur de bonne foi'') zu Schadensersatzansprüchen des ursprünglichen Eigentümers führen kann. Zwar spricht die Norm von einer [[Unwirksamkeit]], doch steht das Anfechtungsrecht dafür nur dem Käufer zu (sog. ''nullité relative''). |
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== Übereignung unbeweglicher Sachen == |
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Die Übereignung von unbeweglichen Sachen ([[Grundstück]]e und [[Wohnungseigentum (Deutschland)|Eigentumswohnungen]]) richtet sich nach {{§|873|bgb|juris}}, §{{§|925|bgb|juris}} ff. BGB. |
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===Erwerb vom Berechtigten=== |
=== Erwerb vom Berechtigten === |
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=== Erwerb vom Nichtberechtigten === |
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==== Guter Glaube ==== |
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⚫ | Guter Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs {{§|892|bgb|juris}} BGB und damit an die Eigentümerstellung des Veräußerers ist ausgeschlossen, wenn ein [[Widerspruch (Recht)|Widerspruch]] gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist oder der Erwerber die Unrichtigkeit kennt. Anders als beim Erwerb beweglicher Sachen vom Nichtberechtigten schadet nach deutschem Recht hier die grobfahrlässige Nichtkenntnis nicht. Die Redlichkeit des Erwerbers wird vermutet. Der wahre Berechtigte muss im Streitfall die Unredlichkeit beweisen. |
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⚫ | Geschützt ist der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Bestehens der dort eingetragenen Rechte und des Nichtbestehens nicht eingetragener oder gelöschter, eintragungsfähiger dinglicher Rechte und [[Verfügungsbeschränkung]]en. Nicht geschützt ist der Glaube an tatsächliche Angaben im Grundbuch (wie etwa Grundstücksgröße oder Grundstücksart), an die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten (etwa Beruf und Alter des Eigentümers) und an das Nichtbestehen nicht eintragungsfähiger Rechte (insbesondere öffentlich-rechtlicher Belastungen). |
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=== Andere Staaten === |
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==== Frankreich ==== |
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Im französischen [[Privatrecht]] erfolgt die Übertragung von Grundeigentum aufgrund einer formlosen Einigung, die regelmäßig Bestandteil des Kaufvertrages ist. Eine Trennung zwischen schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) und dinglichen Verfügungsgeschäft (dingliche Einigung) so wie es das deutsche Zivilrecht verlangt, ist in [[Frankreich]] nicht erforderlich (sog. [[Kausalprinzip (Recht)|Kausalprinzip]]). Der Erwerber erlangt kraft des Kaufvertrages Eigentum am Grundstück. Eine Eintragung ins Grundbuch kann freiwillig erfolgen, ist aber keine zwingende Voraussetzung. |
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⚫ | Guter Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs und damit an die Eigentümerstellung des Veräußerers ist ausgeschlossen, wenn ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist oder der Erwerber die Unrichtigkeit kennt. Anders als beim Erwerb beweglicher Sachen vom Nichtberechtigten schadet nach deutschem Recht hier die |
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In Italien erfolgt die Übertragung von Grundstücken aufgrund eines formbedürftigen (schriftlichen) Kaufvertrages (d. h. das [[Kausalprinzip (Recht)|Kausalprinzip]]). Das Trennungs- und [[Abstraktionsprinzip]] ist ebenfalls nicht bekannt. Die Eintragung ins Grundbuch dient lediglich der Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten. |
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==== Großbritannien ==== |
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====Rechtsschein durch unrichtiges Grundbuch==== |
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In Regionen, in denen ein sog. Grundstücksregister besteht, ist die Eintragung in ein solches beim Erwerb eines Grundstückes eine zwingende Erwerbsvoraussetzung. In den Gebieten (meist ländliche Regionen), in denen es kein Register gibt, muss der Verkäufer dem Erwerber eine [[Privaturkunde|privatschriftliche]], entweder gesiegelte oder vor Zeugen unterzeichnete [[Auflassung]]surkunde (''deed of conveyance'') aushändigen. Von Amts wegen wird dann geprüft, ob der Veräußerer verfügungsberechtigt ist (''investigation of title''). Erst wenn dieses Prüfungsverfahren abgeschlossen ist, erwirbt der Käufer Eigentum am Grundstück. |
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== Siehe auch == |
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⚫ | Geschützt ist der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Bestehens der dort eingetragenen Rechte und des Nichtbestehens nicht eingetragener oder gelöschter, eintragungsfähiger dinglicher Rechte und |
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* [[Vindicatio]] |
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* [[Abstraktionsprinzip]] |
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==Weblinks== |
== Weblinks == |
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{{Rechtshinweis}} |
{{Rechtshinweis}} |
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[[Kategorie:Sachenrecht]] |
[[Kategorie:Sachenrecht (Deutschland)|Ubereignung]] |
Aktuelle Version vom 27. September 2024, 17:13 Uhr
Unter Übereignung (oder Eigentumsübertragung) versteht man im Sachenrecht die rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums an einer Sache von einer Person auf eine andere. Die Übereignung ist somit eine Verfügung. In Österreich und der Schweiz wird auch der Ausdruck Veräußerung verwendet, in Deutschland sind die Bezeichnungen nicht deckungsgleich.
Übereignung beweglicher Sachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Übereignung beweglicher Sachen (Fahrnis) ist in den §§ 929 ff. BGB geregelt.
Erwerb vom Berechtigten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Übereignung beweglicher Sachen erfolgt durch Einigung und Übergabe. Es genügt also nicht eine bloße Willensübereinstimmung der Vertragspartner (Einigung), sondern die Übereignung muss grundsätzlich durch einen Realakt nach außen erkennbar werden (Übergabe). Der Einigung mit dem Berechtigten ist die Einigung mit dem nach § 185 BGB ermächtigten Nichtberechtigten gleich.
Deutsches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einigung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einigung bezeichnet die inhaltliche Übereinstimmung der auf die Übereignung gerichteten Willenserklärungen des Veräußerers und des Erwerbers. Bei beweglichen Sachen unterliegt die Einigung keiner besonderen Form, kann bis zur Übergabe jederzeit widerrufen werden (Umkehrschluss aus § 873 Abs. 2 BGB und § 956 Abs. 1 S. 2 BGB) oder nur unter Bedingung erklärt werden (→ Eigentumsvorbehalt).
Übergabe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Übergabe ist der Verlust jeder Form des Besitzes beim Veräußerer in Verbindung mit der Verschaffung irgendeiner Form des Besitzes beim Erwerber auf Veranlassung des Veräußerers. Der Besitz wird in der Regel durch Verschaffung des unmittelbaren Eigenbesitzes eingeräumt.
Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache (etwa weil er sie vorher gemietet oder geliehen hatte) genügt gem. § 929 Satz 2 BGB die bloße Einigung. Man spricht dann von der Übereignung kurzerhand (lat. brevi manu traditio).
Will der Veräußerer Besitz behalten (→ Sicherungsübereignung; Finanzierung durch Sale-Lease-Back-Verfahren), so muss er dem Erwerber durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts (dt. Besitzmittlungsverhältnis; z. B. Leihvertrag bei Sicherungsübereignung oder „Leasing“vertrag bei Rückmietverkauf) mittelbaren Besitz verschaffen; er selbst bleibt unmittelbarer Besitzer, vgl. § 930, § 868 BGB. Befindet sich die Sache im Besitz eines Dritten (etwa weil sie der Veräußerer verliehen hat), so tritt an die Stelle der Übergabe die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen den Dritten, § 931 BGB.
Als Übergabe gilt auch, wenn der Veräußerer keinen Besitz hat und den unmittelbaren Besitzer anweist, dem Erwerber den unmittelbaren Besitz zu verschaffen und der unmittelbare Besitzer dies tut (sog. Geheißerwerb).
Französisches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der französische Code civil unterscheidet nicht zwischen Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsgeschäft. Gemäß Art. 1196 Abs. 1 C. civ. geht das Eigentum an einer Sache grundsätzlich schon mit Vertragsabschluss über, wovon die Vertragsparteien aber gem. Art. 1196 Abs. 2 F. 1 C. civ. durch einen vereinbarten Eigentumsvorbehalt abweichen können.
Ausnahmen von der automatischen Eigentumsübertragung können abgesehen davon auch gem. Art. 1196 Abs. 2 F. 2 C. civ. in der Natur der Sache liegen: so erfolgt die Eigentumsübertragung bei zukünftig entstehenden Sachen (z. B. Ertrag einer Ernte) erst mit dem Entstehen der Sache. Auch das Gesetz kann Art. 1196 Abs. 2 F. 3 C. civ. Ausnahmen vorsehen, was beispielsweise bei einer Gattungsschuld der Fall ist: gem. Art. 1585 Hs. 1 C. civ. wird das Eigentum erst bei der Konkretisierung durch Abwiegen, Abzählen oder Abmessen übertragen.
Der Zeitpunkt der Eigentumsübertragung ist im französischen Recht vor allem für den zufälligen Untergang wichtig, welcher nach Art. 1196 Abs. 3 S. 1 C. civ. grundsätzlich dem Eigentümer angerechnet wird.
Erwerb vom Nichtberechtigten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Deutsches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland ist der gutgläubige Erwerb vom Nichtberechtigten in den §§ 932–936 BGB geregelt.
Österreichisches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Österreich regelt § 367 ABGB den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten.
Niederländisches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Burgerlijk Wetboek (BW) richtet sich der Eigentumserwerb von beweglichen Sachen hauptsächlich nach Artikel 3:86 BW. Erforderlich ist wie im deutschen Recht die Übergabe (Art. 3:90 ff. BW) und die Gutgläubigkeit (Art. 3:11 BW). Wird die Sache unentgeltlich, also ohne Gegenleistung übergeben, ist der gutgläubige Eigentumserwerb im niederländischen Recht ausgeschlossen (Art. 3:86 Abs. 1 BW). Auch eine unangemessene Gegenleistung wie ein symbolischer Euro schließt den Eigentumsübergang aus. Die Schwelle wird bei etwa 50 % des eigentlichen Erwerbes gesehen.
Französisches Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Code civil sieht Art. 1599 C. civ. vor, dass der Verkauf einer fremden Sache an einen gutgläubigen Käufer (acquéreur de bonne foi) zu Schadensersatzansprüchen des ursprünglichen Eigentümers führen kann. Zwar spricht die Norm von einer Unwirksamkeit, doch steht das Anfechtungsrecht dafür nur dem Käufer zu (sog. nullité relative).
Übereignung unbeweglicher Sachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Übereignung von unbeweglichen Sachen (Grundstücke und Eigentumswohnungen) richtet sich nach § 873, §§ 925 ff. BGB.
Erwerb vom Berechtigten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Übereignung von Grundstücken erfolgt durch formbedürftige, bedingungsfeindliche Einigung (hier Auflassung genannt) und Eintragung im Grundbuch. Die Eintragung im Grundbuch hat bei unbeweglichen Sachen dieselbe Bedeutung wie der Realakt der Übergabe bei beweglichen Sachen.
Erwerb vom Nichtberechtigten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch Grundstücke können vom Nichtberechtigten wirksam zu Eigentum erworben werden, wenn der Inhalt des Grundbuchs unrichtig ist, denn der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs ist beim rechtsgeschäftlichen Erwerb geschützt.
Guter Glaube
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Guter Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs § 892 BGB und damit an die Eigentümerstellung des Veräußerers ist ausgeschlossen, wenn ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist oder der Erwerber die Unrichtigkeit kennt. Anders als beim Erwerb beweglicher Sachen vom Nichtberechtigten schadet nach deutschem Recht hier die grobfahrlässige Nichtkenntnis nicht. Die Redlichkeit des Erwerbers wird vermutet. Der wahre Berechtigte muss im Streitfall die Unredlichkeit beweisen.
Rechtsschein durch unrichtiges Grundbuch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschützt ist der gute Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich des Bestehens der dort eingetragenen Rechte und des Nichtbestehens nicht eingetragener oder gelöschter, eintragungsfähiger dinglicher Rechte und Verfügungsbeschränkungen. Nicht geschützt ist der Glaube an tatsächliche Angaben im Grundbuch (wie etwa Grundstücksgröße oder Grundstücksart), an die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten (etwa Beruf und Alter des Eigentümers) und an das Nichtbestehen nicht eintragungsfähiger Rechte (insbesondere öffentlich-rechtlicher Belastungen).
Andere Staaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im französischen Privatrecht erfolgt die Übertragung von Grundeigentum aufgrund einer formlosen Einigung, die regelmäßig Bestandteil des Kaufvertrages ist. Eine Trennung zwischen schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag) und dinglichen Verfügungsgeschäft (dingliche Einigung) so wie es das deutsche Zivilrecht verlangt, ist in Frankreich nicht erforderlich (sog. Kausalprinzip). Der Erwerber erlangt kraft des Kaufvertrages Eigentum am Grundstück. Eine Eintragung ins Grundbuch kann freiwillig erfolgen, ist aber keine zwingende Voraussetzung.
Italien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Italien erfolgt die Übertragung von Grundstücken aufgrund eines formbedürftigen (schriftlichen) Kaufvertrages (d. h. das Kausalprinzip). Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip ist ebenfalls nicht bekannt. Die Eintragung ins Grundbuch dient lediglich der Verhinderung eines gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten.
Großbritannien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Regionen, in denen ein sog. Grundstücksregister besteht, ist die Eintragung in ein solches beim Erwerb eines Grundstückes eine zwingende Erwerbsvoraussetzung. In den Gebieten (meist ländliche Regionen), in denen es kein Register gibt, muss der Verkäufer dem Erwerber eine privatschriftliche, entweder gesiegelte oder vor Zeugen unterzeichnete Auflassungsurkunde (deed of conveyance) aushändigen. Von Amts wegen wird dann geprüft, ob der Veräußerer verfügungsberechtigt ist (investigation of title). Erst wenn dieses Prüfungsverfahren abgeschlossen ist, erwirbt der Käufer Eigentum am Grundstück.