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„Emil Hácha“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Emil Hácha 5.jpg|thumb|Emil Hácha (1940er Jahre)]]
'''Emil Hácha''' (* [[12. Juni]] [[1872]] in [[Trhové Sviny]], † [[1. Juni]] [[1945]] in [[Prag]]) war ein tschechischer Politiker und Präsident des [[Protektorat Böhmen und Mähren|Protektorats Böhmen und Mähren]].
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F051623-0206, Berlin, Besuch Emil Hacha, Gespräch mit Hitler.jpg|mini|Hácha mit [[Adolf Hitler|Hitler]] und [[Hermann Göring|Göring]] (Berlin, 1939)]]
[[Datei:Declaration 1939.jpg|mini|Die deutsch-tschechoslowakische Erklärung vom 15. März 1939<ref>''Die Nachwirkungen von München. Oktober 1938 – März 1939'' (= ''Akten zur deutschen auswärtigen Politik. 1918–1945.'' Serie D: ''1937–1945.'' Bd. 4, {{ZDB|400668-9}}). Vandenhoeck & Ruprecht u. a., Göttingen u. a. 1951, S. 235.</ref> mit den Unterschriften von Adolf Hitler, Ribbentrop, Dr. E. Hácha und Dr. Chvalkovsky.]]
'''Emil Hácha''' (* [[12. Juli]] [[1872]] in [[Trhové Sviny]]; † [[27. Juni]] [[1945]] in [[Prag]]) war ein [[Tscheche|tschechischer]] [[Jurist]], [[Politiker]], [[Lyriker]], [[Übersetzer]] und gewählter [[Liste der Präsidenten der Tschechoslowakei|Präsident]] der [[Tschecho-Slowakische Republik|Tschecho-Slowakischen Republik]] (1938–1939). Mit der Errichtung des [[Protektorat Böhmen und Mähren|Protektorats Böhmen und Mähren]] zum 15. März 1939 wurde er zum Oberhaupt der formal autonomen Verwaltung dieses Gebiets des [[Großdeutsches Reich|Großdeutschen Reiches]] bestimmt. Als Staatspräsident<ref>[[Miroslav Kárný]]: ''Protektorat Böhmen und Mähren.'' In: [[Wolfgang Benz]], [[Hermann Graml]], [[Hermann Weiß (Historiker)|Hermann Weiß]] (Hrsg.): ''[[Enzyklopädie des Nationalsozialismus]].'' 3., korrigierte Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-91805-1, [https://books.google.de/books?id=0VYIpdDakB4C&pg=PA656 S. 656].</ref> amtierte Hácha bis zum Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] 1945.


== Leben ==
Hácha war von Ausbildung Jurist und von [[1925]]-[[1938]] Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts der [[Tschechoslowakei]]. Nach dem [[Münchner Abkommen]] und dem darauf folgenden Rücktritt von [[Edvard Beneš]] wurde Hácha am [[30. November]] [[1938]] zum Präsidenten der [[Tschechoslowakei]] gewählt.
Hácha absolvierte das Studium der [[Rechtswissenschaft]]en an der [[Karls-Universität]] Prag und schloss dieses 1896 mit dem Doktorgrad ab. Anschließend arbeitete er als Jurist für den [[Böhmischer Landtag|Böhmischen Landesausschuss]].


Kurz nach dem Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] wurde er zum Rat des österreichischen [[Verwaltungsgerichtshof (Österreich)|Verwaltungsgerichtshofes]], ab 1918 war er Mitglied und in den Jahren 1925–1938 Präsident des [[Oberstes Verwaltungsgericht (Tschechien)|Obersten Verwaltungsgerichts]] der [[Tschechoslowakei]]. Nach dem [[Münchner Abkommen]] und dem darauf folgenden Rücktritt von [[Edvard Beneš]] wurde Hácha am 30. November 1938 von der Nationalversammlung (mit 273 Stimmen bei 39 Enthaltungen) und dem Senat zum dritten Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt.
Nach der Unabhängigkeitserklärung der [[Slowakei]] wurde er am [[14. März]] [[1939]] zu Verhandlungen mit [[Hitler]] nach Berlin bestellt und von diesem und [[Göring]] derart massiv unter Druck gesetzt ("háchaisiert", wie Hitler eine solche Behandlung in Zukunft nannte), bis er nach einem Herzanfall der Besetzung seines Landes durch deutsche Truppen zustimmte. Nach dem Einmarsch wurde der übrig gebliebene Teil der Tschechoslowakei zum [[Protektorat Böhmen und Mähren]] erklärt, als dessen Staatspräsident Hácha ab dem [[16. März]] [[1939]] fungierte.


Nach der [[Unabhängigkeitserklärung]] der [[Erste Slowakische Republik|Slowakei]] wurde er am 14. März 1939 zu Verhandlungen mit [[Adolf Hitler]] nach [[Berlin]] bestellt und von diesem und [[Hermann Göring]] u.&nbsp;a. unter Androhung der Bombardierung tschechischer Städte so massiv unter Druck gesetzt („háchaisiert“, wie Hitler eine solche Behandlung später nannte), dass er nach einem Schwächeanfall am frühen Morgen des 15. März der Besetzung seines Landes durch deutsche Truppen zustimmte. Nach dem Münchner Abkommen, bei dem die Tschechoslowakei das mehrheitlich deutsch besiedelte [[Sudetenland]] an das [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|Deutsche Reich]] [[Abtretung (Völkerrecht)|abtreten]] musste, weiteren Gebietsverlusten an [[Ungarn]] ([[Oberungarn]]) und [[Polen]] ([[Olsagebiet]]), der Abspaltung der Slowakei und dem deutschen Einmarsch wurde das übrig gebliebene Gebiet der Tschechoslowakei („[[Zerschlagung der Rest-Tschechei|Rest-Tschechei]]“) am 16. März 1939 zum „[[Protektorat Böhmen und Mähren]]“ erklärt. Hácha fungierte nunmehr als „Oberhaupt der autonomen Verwaltung“, die tatsächlich dem deutschen [[Reichsprotektor in Böhmen und Mähren]] unterstand.<ref>[[Jörg K. Hoensch]]: ''Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart.'' 3., aktualisierte und ergänzte Auflage. C. H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41694-2, [https://books.google.de/books?id=9Mv9U-zaJ_QC&pg=PA434 S. 434]: {{"|Die dem Protektorat zugestandene autonome Selbstverwaltung mit einem Präsidenten und einer eigenen Regierung grenzte Hitler von Anfang an so eng ein, daß sich in der Praxis bald die absolute Weisungsbefugnis des Reichsprotektors und seiner dem skrupellosen, ambitiösen [[Karl Hermann Frank|K. H. Frank]] unterstellten Verwaltung ergab.}}</ref>
Hácha bemühte sich in den ersten Jahren noch darum, möglichst viel für die tschechische Bevölkerung herauszuholen, und stand zunächst auch noch in Kontakt mit dem Exil. Ab [[1941]] wurde er von der Besatzungsmacht immer stärker isoliert und resignierte. In Folge seines sich ständig verschlechternden Gesundheitszustandes (er litt unter [[Arteriosklerose]]) war er ab 1943 faktisch nicht mehr in der Lage, das Amt auszuüben, wurde aber von der deutschen Besatzungsmacht als Symbol weiter benötigt und benutzt. Nach der Befreiung Prags wurde er am [[12. Mai]] [[1945]] verhaftet und starb später weniger in einem Gefängniskrankenhaus.


Zunächst stand Hácha auch noch in Kontakt mit der [[Tschechoslowakische Exilregierung|Exilregierung]] unter [[Edvard Beneš]] in London. Ab 1941 wurde er von der [[Besatzungsmacht]] immer stärker isoliert und unter Druck gesetzt. Infolge seines sich ständig verschlechternden Gesundheitszustandes (er litt unter [[Arteriosklerose]]) war er ab 1943 kaum noch in der Lage, sein Amt auszuüben, wurde aber von der deutschen Besatzungsmacht als Symbol weiter benötigt und benutzt. Nach dem Abzug der [[Wehrmacht]] und der Wiederherstellung der Tschechoslowakei 1945 wurde er am 13. Mai 1945 im [[Schloss Lány]] in Untersuchungshaft genommen. Er starb wenige Wochen später unter nicht ganz geklärten Umständen im Krankenhaus des [[Gefängnis Pankrác|Gefängnisses Pankrác]].


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== Einzelnachweise ==
<references />


== Literatur ==
[[en:Emil Hácha]]
* {{Munzinger|00000000841|Emil Hacha||in: ''Internationales Biographisches Archiv'' 17/1947 vom 14. April 1947}}

== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|119463903}}
* {{Pressemappe|FID=pe/006865}}

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Aktuelle Version vom 23. Mai 2022, 10:00 Uhr

Emil Hácha (1940er Jahre)
Hácha mit Hitler und Göring (Berlin, 1939)
Die deutsch-tschechoslowakische Erklärung vom 15. März 1939[1] mit den Unterschriften von Adolf Hitler, Ribbentrop, Dr. E. Hácha und Dr. Chvalkovsky.

Emil Hácha (* 12. Juli 1872 in Trhové Sviny; † 27. Juni 1945 in Prag) war ein tschechischer Jurist, Politiker, Lyriker, Übersetzer und gewählter Präsident der Tschecho-Slowakischen Republik (1938–1939). Mit der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren zum 15. März 1939 wurde er zum Oberhaupt der formal autonomen Verwaltung dieses Gebiets des Großdeutschen Reiches bestimmt. Als Staatspräsident[2] amtierte Hácha bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945.

Hácha absolvierte das Studium der Rechtswissenschaften an der Karls-Universität Prag und schloss dieses 1896 mit dem Doktorgrad ab. Anschließend arbeitete er als Jurist für den Böhmischen Landesausschuss.

Kurz nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er zum Rat des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes, ab 1918 war er Mitglied und in den Jahren 1925–1938 Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts der Tschechoslowakei. Nach dem Münchner Abkommen und dem darauf folgenden Rücktritt von Edvard Beneš wurde Hácha am 30. November 1938 von der Nationalversammlung (mit 273 Stimmen bei 39 Enthaltungen) und dem Senat zum dritten Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt.

Nach der Unabhängigkeitserklärung der Slowakei wurde er am 14. März 1939 zu Verhandlungen mit Adolf Hitler nach Berlin bestellt und von diesem und Hermann Göring u. a. unter Androhung der Bombardierung tschechischer Städte so massiv unter Druck gesetzt („háchaisiert“, wie Hitler eine solche Behandlung später nannte), dass er nach einem Schwächeanfall am frühen Morgen des 15. März der Besetzung seines Landes durch deutsche Truppen zustimmte. Nach dem Münchner Abkommen, bei dem die Tschechoslowakei das mehrheitlich deutsch besiedelte Sudetenland an das Deutsche Reich abtreten musste, weiteren Gebietsverlusten an Ungarn (Oberungarn) und Polen (Olsagebiet), der Abspaltung der Slowakei und dem deutschen Einmarsch wurde das übrig gebliebene Gebiet der Tschechoslowakei („Rest-Tschechei“) am 16. März 1939 zum „Protektorat Böhmen und Mähren“ erklärt. Hácha fungierte nunmehr als „Oberhaupt der autonomen Verwaltung“, die tatsächlich dem deutschen Reichsprotektor in Böhmen und Mähren unterstand.[3]

Zunächst stand Hácha auch noch in Kontakt mit der Exilregierung unter Edvard Beneš in London. Ab 1941 wurde er von der Besatzungsmacht immer stärker isoliert und unter Druck gesetzt. Infolge seines sich ständig verschlechternden Gesundheitszustandes (er litt unter Arteriosklerose) war er ab 1943 kaum noch in der Lage, sein Amt auszuüben, wurde aber von der deutschen Besatzungsmacht als Symbol weiter benötigt und benutzt. Nach dem Abzug der Wehrmacht und der Wiederherstellung der Tschechoslowakei 1945 wurde er am 13. Mai 1945 im Schloss Lány in Untersuchungshaft genommen. Er starb wenige Wochen später unter nicht ganz geklärten Umständen im Krankenhaus des Gefängnisses Pankrác.

Er ist auf dem Vinohrady-Friedhof in Prag begraben.

Einzelnachweise

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  1. Die Nachwirkungen von München. Oktober 1938 – März 1939 (= Akten zur deutschen auswärtigen Politik. 1918–1945. Serie D: 1937–1945. Bd. 4, ZDB-ID 400668-9). Vandenhoeck & Ruprecht u. a., Göttingen u. a. 1951, S. 235.
  2. Miroslav Kárný: Protektorat Böhmen und Mähren. In: Wolfgang Benz, Hermann Graml, Hermann Weiß (Hrsg.): Enzyklopädie des Nationalsozialismus. 3., korrigierte Auflage. Klett-Cotta, Stuttgart 1998, ISBN 3-608-91805-1, S. 656.
  3. Jörg K. Hoensch: Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart. 3., aktualisierte und ergänzte Auflage. C. H. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41694-2, S. 434: „Die dem Protektorat zugestandene autonome Selbstverwaltung mit einem Präsidenten und einer eigenen Regierung grenzte Hitler von Anfang an so eng ein, daß sich in der Praxis bald die absolute Weisungsbefugnis des Reichsprotektors und seiner dem skrupellosen, ambitiösen K. H. Frank unterstellten Verwaltung ergab.“
  • Emil Hacha in: Internationales Biographisches Archiv 17/1947 vom 14. April 1947, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)