„Indizierung“ – Versionsunterschied
Erscheinungsbild
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K →Weblinks: Link zu bpjm.com hinzugefügt - Privatseite mit Listen aller indizierten Trägermedien |
K typo |
||
(299 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''Indizierung''' bezeichnet |
|||
''Dieser Artikel behandelt das Indizierungsverfahren bei der [[Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien]]. Zu weiteren Bedeutungen des Begriffs "Indizierung" siehe [[Indizierung (Begriffsklärung)]]'' |
|||
---- |
|||
* das Aufnehmen eines Werkes in ein Register (Index) |
|||
Mit dem Begriff '''Indizierung''' (= amtlicher Sprachgebrauch, daneben auch: Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien) ist in Deutschland die Einschränkung von Abgabe und Verbreitung bestimmter als jugendgefährdend eingestufter Medien gemeint. Der Begriff ''Indizierung'' bedeutet "in einen [[Index]] aufnehmen"; der Begriff ''Index'' für ein Verzeichnis verbotener Werke geht auf den [[Index Librorum Prohibitorum]] zurück, das Verzeichnis der für Katholiken verbotenen Bücher. Umgangssprachlich aber nicht amtlich wird die Liste jugendgefährdender Medien als Rote oder [[Schwarze Liste]] bezeichnet. |
|||
** etwa eine [[Schwarze Liste]] |
|||
*** die [[Liste der jugendgefährdenden Medien]] im Speziellen |
|||
**** siehe auch [[Indizierung von Hip-Hop-Musik in Deutschland]] |
|||
* die Aufnahme eines Dateisystems in einen Suchindex, siehe [[Desktopsuche]] |
|||
Die in Artikel 5 des deutschen [[Grundgesetz]]es geschützte Freiheit der Meinungsäußerung und der [[Kunst]] sind nicht schrankenlos gewährleistet. Neben den allgemeinen Gesetzen und einigen Tatbeständen des [[Strafgesetzbuch]]es bilden eine Schranke auch die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend (Artikel 5 Absatz 2 GG). Die verwaltungsrechtliche Indizierung von Literatur und anderen Medien wird durch eine europaweit einzigartige Institution, der [[Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien]] (BPjM; früher ''Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften'', BPjS) durchgeführt. |
|||
* die Nummerierung von Objekten in einer Matrix, siehe [[Indexmenge (Mathematik)]] |
|||
Die BPjM kann grundsätzlich alle Arten von Medien indizieren. Sie ist jedoch nicht für [[Tageszeitung]]en, das [[Fernsehen]] und den [[Hörfunk]] zuständig. Ebenfalls nicht indiziert werden Filme und Computerspiele, die eine Alterskennzeichnung der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft ([[Freiwillige_Selbstkontrolle_der_Filmwirtschaft|FSK]]) oder der Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle ([[USK]]) tragen. |
|||
* die Druckmessung einer Kolbenmaschine: [[Zylinderdruckindizierung]] |
|||
Die BPjS/BPjM hat seit ihrer Gründung [[1954]] rund 15.000 Werke als jugendgefährdend indiziert. Auf der aktuellen Schwarzen Liste stehen rund 5.300 Medientitel. Dies sind rund 2.500 indizierte [[Buch]]titel, [[Broschüre]]n und [[Comic]]s und etwa ebensoviele [[Filmkunst|Videofilme]]. Dazu kommen mehrere hundert [[Computerspiel]]e, Internetangebote und andere indizierte Medien. |
|||
* Ermittlung der Leistung von Dampflokomotiven, siehe [[Indizierfahrt]] |
|||
== Das Indizierungsverfahren == |
|||
* in der Medizin indizierte Diagnostik oder Therapie, siehe [[Indikation]] |
|||
Im Indizierungsverfahren prüft die [[Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien]] auf ''Antrag'' eines Jugendamts oder auf ''Anregung'' eines anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe, ob eine Schrift, ein Film, ein Computerspiel oder sonstiges Medium die in § 18 oder § 15 JSchG bezeichneten jugendgefährdenden Inhalte hat. ''Anträge'' führen stets zu Prüfungsverfahren durch die BPjM, bei ''Anregungen'' liegt es im Ermessen der Prüfstelle, ob sie tätig wird. Es dürfen nur vom Gesetz ermächtigte Stellen ''Anträge'' stellen (in der Praxis sind dies hauptsächlich [[Jugendamt|Jugendämter]]). |
|||
'''Siehe auch:''' |
|||
In besonderen Fällen (§ 21 Absatz 5 JuSchG) kann die BpjM auf Veranlassung des Vorsitzenden auch ohne einen Antrag von Amts wegen tätig werden. |
|||
{{Wiktionary|Indizierung}} |
|||
Nach § 18 Absatz 1 JSchG sind '''jugendgefährdend''' Medien, "die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden." Beispielhaft hierzu nennt das Gesetz solche, die "unsittlich sind, verrohend wirken, oder zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen". |
|||
{{Wiktionary|indizieren}} |
|||
{{Begriffsklärung}} |
|||
Besonders bei Filmen und [[Computerspiel]]en ist die Basis für die Indizierung meist ein hoher Grad an direkter (visueller) Gewalt. Die Vermeidung der Indizierung führt insbesondere bei Computerspielen zu "zensierten" lokalisierten Versionen für den deutschen Markt und "unzensierten" Versionen für den internationalen Markt. Die Hersteller bzw. Lizenznehmer unterstützen so aus freien Stücken den Jugendschutz in Deutschland und haben daher eigene Instanzen errichtet, denen Medien vorgelegt werden (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft FSK, Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle USK). Als gewaltverherrlichend geltende Sequenzen und Elemente werden kritisch beleuchtet und gegebenenfalls entfert. In Computerspielen werden manchmal Menschliche Charaktere gegen "Roboter" ausgetauscht. |
|||
Nach § 15 Absatz 2 JSchG unterliegen bestimmte Medieninhalte wegen ihrer offensichtlichen Jugendgefährdung schon '''kraft Gesetzes''' einer beschränkten Verbreitung, ohne das es einer Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Schriften bedürfte. Dazu zählen z.B. |
|||
*die nach [[Strafgesetzbuch]] verbotenen Inhalte wie [[Volksverhetzung]], Anleitung zu Straftaten, Gewaltverherrlichung und -verharmlosung, Aufstachelung zum Rassenhass, Pornographie, |
|||
*Medien, die den Krieg verherrlichen oder |
|||
*Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen. |
|||
Da indessen einem Medium nicht immer gleich angesehen werden kann, dass es einen nach § 15 Absatz 2 JSchG beschriebenen Inhalt hat, kann die Bundesprüfstelle zur Klarstellung auch solche Medien indizieren. Demzufolge hat die Bundesprüfstelle auch [[Holocaustleugnung|holocaustleugnende]] Medien, die eigentlich den Straftatbestand der [[Volksverhetzung]] oder den der [[Verunglimpfung]] des Andenkens Verstorbener erfüllen, zu denen die [[Staatsanwaltschaft]]en aber keinen Täter zur Verantwortung ziehen konnten, in die Liste der jugendgefährdenden Schriften eingetragen. |
|||
Verfahrensbeteiligte wie Urheber, Hersteller oder Inhaber von Nutzungsrechten an dem Medium werden von dem Indizierungsantrag bzw. der Anregung zur Indizierung in Kenntnis gesetzt. Ihnen wird [[rechtliches Gehör]] gewährt. Hat ein Objekt eine Alterskennzeichnung durch die [[Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft]] oder die [[Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle]] erhalten, stellt dies ein Verfahrenshindernis dar, die Bundesprüfstelle darf dann kein Indizierungsverfahren durchführen. Die eigentliche Prüfung von Indizierungsanträgen daraufhin, ob eine Jugendgefährdung vorliegt, erfolgt in den Entscheidungsgremien der Bundesprüfstelle. |
|||
=== Die Entscheidungsgremien === |
|||
Die Entscheidung, ob ein Medium jugendgefährdend ist, wird durch das '''12er-Gremium''' oder das '''3er-Gremium gefällt'''. In diesen Gremien sind sowohl Beisitzer aus Einrichtungen des Jugenschutzes wie auch aus dem Kreis der Kunst bzw. dem Bereich der Wirtschaft beteiligt. Die Beisitzer sind ehrenamtlich tätig. Die Gremien sind in in ihrer Entscheidung frei und an Weisungen nicht gebunden. |
|||
Das '''12er-Gremium''' setzt sich zusammen aus |
|||
*Der Vorsitzenden (oder der stellvertretenden Vorsitzenden) und Beisitzern aus den Gruppen |
|||
*Kunst |
|||
*Literatur |
|||
*Buchhandel und Verlegerschaft |
|||
*Anbieter von Bildträgern und Telemedien |
|||
*Träger der freien Jugendhilfe |
|||
*Träger der öffentlichen Jugendhilfe |
|||
*Lehrerschaft |
|||
*Kirchen |
|||
*sowie in jeder Sitzung jeweils 3 Vertreter aus den für den Jugendschutz zuständigen Landesministerien, die im Turnus wechseln. |
|||
Die Verhandlung, an der Verfahrensbeteiligte oder Personen, die sie mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt haben, teilnehmen können, ist mündlich. Sie ist nicht öffentlich, die Vorsitzende kann aber anderen Personen die Anwesenheit gestatten. |
|||
Die Indizierung bedarf einer '''Mehrheit von 2/3''' der Stimmen. Wird diese Mehrheit nicht erreicht, ist der Indizierungsantrag abgelehnt. In Fällen, in welchen die Bundesprüfstelle nur in der nach Gesetz gestatteten äußersten Minimalbesetzung (9 Personen) tagt, muss eine qualifizierte Mehrheit von 7 Personen sich für die Indizierung aussprechen, sonst kommmt sie nicht zustande. |
|||
Das '''3er-Gremium''' ist nur zuständig in Fällen, in denen die Jugendgefährdung '''offensichtlich''' ist. Mindestens ein Beisitzer in diesem Gremium muss aus entweder dem Bereich "Kunst" oder "Literatur" oder "Buchhandel und Verlegerschaft" oder "Anbieter von Bildträgern und Telemedien" angehören. Die Entscheidung für eine Indizierung muss '''einstimmig''' erfolgen, sonst ist der Indizierungsantrag abgelehnt. |
|||
Gegen die Indizierungsentscheidung kann der Verfahrensbeteiligte Klage im [[Verwaltungsgericht]]sweg erheben. |
|||
=== Die Liste === |
|||
Die Liste der jugendgefährdenden Medien (umgangssprachlich: Index) wird nur bei so genannten Trägermedien (also solchen, deren Inhalt nicht virtuell sondern gegenständlich gespeichert ist) veröffentlicht. Bei sogenannten Telemedien unterbleibt eine Veröffentlichung, um einen Werbeeffekt zu vermeiden. Die Veröffentlichung ist auch dritten Personen verboten. |
|||
Eine Indizierung hat nach dem JSchG für 25 Jahre Bestand, danach muss das Medium aus der Liste der jugendgefährdenden Schriften gestrichen werden, es sei denn, dass die Bundesprüfstelle zu der Auffassung gelangt, die Jugendgefährdung liege weiterhin vor. Sie muss dann ein neues Verfahren durchführen. |
|||
Verfahrensbeteiligte können, wenn sich die Sach- oder Rechtslage geändert hat, nach § 51 [[Verwaltungsverfahrensgesetz]] (VwVfG) einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem Ziel der Listenstreichung stellen. |
|||
==Rechtsfolgen == |
|||
Indizierte Medien dürfen Kindern und Jugendlichen weder verkauft, noch überlassen oder sonstwie zugänglich gemacht werden. Sie dürfen nicht mehr beworben werden und nicht im Versandhandel vertrieben werden. Indizierte Videofilme und Computerspiele dürfen nur noch in Geschäften angeboten werden, die Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind, indizierte Bücher dürfen in der Buchhandlung nur unter der Ladentheke angeboten werden. Strittig ist, ob eine kritische Rezension von jugendgefährdenden Medien möglich ist. Denn die für die Rechtsfolgen zuständigen [[Staatsanwaltschaft]]en haben sich in ihrer Einschätzung zur Zulässigkeit einer kritischen Rezension von indizierten Medien nicht einhellig festgelegt. |
|||
Indizierungen bestehen für 25 Jahre (so schreibt es das neue Jugendschutzgesetz vor), dann werden sie aus der Liste gestrichen oder müssen einem neuen Verfahren unterworfen werden. Bei Änderung der Sach- und Rechtslage kann ein Verfahrensbeteiligter auch vor der Frist einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen. |
|||
== Kritik == |
|||
=== Vergleich zu anderen Staaten === |
|||
Eine Institution wie die deutsche BPjM, die so weitreichende Einschränkungen bezüglich Werbung, Verleih, Verkauf und Versand jugendgefährdender Medien aussprechen kann, besteht in keiner anderen westlichen [[Demokratie]]. Dennoch ist nach Ansicht von Kritikern des deutschen Indizierungsverfahrens die Jugend Europas außerhalb Deutschlands nicht erkennbar auffälliger im Hinblick auf jugendgefährdende Beeinflussungen als die Jugend in Deutschland. |
|||
Als mögliche Alternative zur derzeitigen deutschen Indizierungspraxis vorgeschlagen und auch in Deutschland seit dem 1. April 2003 mit dem deutschen Jugendschutzgesetz praktiziert, wird die Alterskennzeichnung von Medien (insbesondere Computerspiele, Videofilme und DVD's) sowie deren geregelte Abgabe nach entsprechendem Altersnachweis durch den Kunden. Durch dieses Verfahren kommt man auch den Interessen [[Erwachsener|Erwachsene]] entgegen. In verschiedenen anderen Staaten (z.B. USA) wird dies ähnlich gehandhabt, dort erhalten als jugendgefährdend eingestufte Bücher z.B. einen Aufkleber "ab 18" und können von Erwachsenen ganz normal im Buchladen erworben werden. |
|||
=== Kritik an den Rechtsfolgen === |
|||
Durch die weitreichenden Rechtsfolgen der Indizierung (siehe oben) stellt diese nach Meinung vieler Kritiker eine zu starke Einschränkung der [[Redefreiheit|Rede-]] und [[Pressefreiheit]], [[Paternalismus|paternalistische]] [[Vormund|Bevormundung]] und "[[Zensur]]" dar. Denn obwohl die Indizierung in Deutschland nur den Zugang durch Jugendliche unterbinden soll, wird durch sie in der Praxis auch für Erwachsene der Zugang zu den indizierten Werken stark erschwert. |
|||
Der Hauptgrund dafür ist das Werbeverbot. Über das Werbeverbot hinaus ist selbst die Besprechung oder bloße Erwähnung indizierter Werke in anderen Medien rechtlich problematisch, und auch in rechtlich eigentlich einwandfreien Situationen setzt bei Journalisten (die ja keine Juristen sind) oft die "Schere im Kopf" ein, und man verzichtet auf die Erwähnung des Werkes, um keinen Ärger zu bekommen. Indizierte Bücher dürfen nicht im Bestand einer Buchhandlung sein (der Verkauf unter der Ladentheke ist erlaubt, findet aber in der Praxis wegen des Werbeverbots kaum statt). Auch im Versandhandel dürfen indizierte Medien nur unter strengen Auflagen verkauft werden. Für ein indiziertes Buch bedeutet das, dass es praktisch tot ist und vom Markt verschwindet. |
|||
Das Werbeverbot für indizierte Medien ist allerdings nicht das beabsichtigte Ziel der Indizierungsverfahren, sondern ihre rechtliche Konsequenz. Nach eigenem Bekunden will die Bundesprüfstelle durch die Indizierung jugendgefährdender Medien das Bewusstsein dafür schärfen, dass es Inhalte gibt, die nicht nur ungeeignet, sondern darüber hinaus schädlich für Kinder und Jugendliche sein können. |
|||
Dieses sollte in Konsequenz eigentlich den gesellschaftlichen Diskurs insbesondere über Gewaltdarstellungen in den Medien entfachen. Dieser Diskurs findet in der Praxis aber nur selten statt. Ein Grund hierfür ist die Unsicherheit darüber, was öffentlich über die Indizierungsverfahren berichtet werden darf. Diese Unsicherheit ist darauf zurückzuführen, dass sich die für die Durchsetzung der strafbewehrten Beschränkungen zuständigen [[Staatsanwaltschaft]]en bislang nicht einhellig dazu geäußert haben, ob eine kritische Rezension eines indizierten Mediums zulässig ist oder aus ihrer Sicht gegen das Werbeverbot verstößt. Hier wäre eine Klarstellung von Seiten der Strafverfolgungsbehörden hilfreich. |
|||
=== Kritik an der Spruchpraxis === |
|||
Betrachtet man ältere Einträge auf der Liste indizierter Medien, erscheinen nach Meinung von Kritikern die Begründungen für die ursprüngliche Indizierung aus heutiger Sicht als wenig nachvollziehbare "Moralpanik-Reaktionen" (vgl. [[River Raid]]). |
|||
Jedoch hat sich unzweifelhaft die Spruchpraxis der Bundesprüfstelle über die Jahrzehnte hinweg geändert und sich den gesellschaftlichen Anschauungen angepasst. Die Indizierungen in den 1950er und 1960er Jahren, aber auch die aus den Anfängen des Computerspielezeitalters sind unter dem Blickwinkel der damaligen Zeit zu beurteilen und auf die Gegenwart nicht übertragbar. |
|||
=== Die Bundesprüfstelle im Spiegel der Berichterstattung === |
|||
Dass das Indizierungsverfahren ein sehr rechtsförmiges, dem Gerichtsprozess angepasstes Verfahren ist, spiegelt sich in den Medien häufig überhaupt nicht. Als seien Artikel 5 Absatz 1 GG (in welchem auch die Pressefreiheit geschützt ist) und Artikel 5 Absatz 2 GG mit seinen Einschränkungen der Freiheitsrechte auf gegenläufige Positionen festgelegt, bevorzugten und bevorzugen viele [[Journalist]]en den Schulterschluss mit denen, die die Medienfreiheit des Artikel 5 Absatz 1 GG für sich ebenfalls in Anspruch nehmen. Wie das umgesetzt wird, belegen u.a. auch einige der unten zitierten Weblinks: Die Berichterstattung erfolgt im Stil des [[Feuilleton]]s, dem man am ehesten eine von Emotionalität getragene Darstellungsweise und eine überzogene Wortwahl nachsieht. |
|||
== Einzelne Fälle == |
|||
=== Josefine Mutzenbacher === |
|||
Zu dem Buch ''"Josefine Mutzenbacher. Die Geschichte einer Wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt"'' siehe: [[Josefine Mutzenbacher]]. |
|||
=== Wahrheit für Deutschland === |
|||
Zu dem Buch ''"Wahrheit für Deutschland - Die Schuldfrage des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]]"'' siehe den Artikel zu dem Autor [[Udo Walendy]]. |
|||
=== Bullenklöten === |
|||
Der [[Comic]]-Band "Dicke Dödel, Bullenklöten" von [[Ralf König]], gegen den [[1994]] ein Indizierungsantrag gestellt worden war, wurde von der Bundesprüfstelle nicht indiziert, da nach Auffassung des Gremiums die Freiheit der Kunst (Artikel 5 Grundgesetz) in diesem Fall höher zu bewerten war als die vom Antragsteller vermutete Jugendgefährdung. Siehe dazu auch [http://www.maennerschwarm.de/koeporno.html Entscheidung zur Nichtindizierung von "Dicke Dödel, Bullenklöten"]. |
|||
=== Das kleine Arschloch === |
|||
Auch im Fall des Indizierungsantrags zu dem Comic-Band "Schöner Leben mit dem [[Das kleine Arschloch|kleinen Arschloch]]" von [[Walter Moers]] wurde - trotz eines Abschnitts, der gegen Behinderte polemisierte, der Kunstcharakter insgesamt höher bewertet als die Jugendgefährdung. |
|||
=== Die Ärzte === |
|||
Auch Musik kann jugendgefährdend sein. So wurden beispielsweise die Musikalben der deutschen Punk/Pop-Band [[Die Ärzte]] "Debil" (1984) und "Die Ärzte" (1986) wegen der darin vorkommenden Liedtexte indiziert. |
|||
=== Die Indizierung so genannter "FKK-Magazine" === |
|||
In den [[1990er|90er Jahren]] häuften sich Beschwerden bei [[Jugendschutz]]einrichtungen über Magazine, deren einziger Bestandteil Nacktbildaufnahmen von Kindern waren, bei denen die Präsentation der [[Pubertät|vorpubertären]] Geschlechtsteile in exponierter Form im Vordergrund stand. Die Zeitschriften ("Sonnenfreunde" und "Jung und frei") wurden von den herausgebenden Verlagen als "FKK-Magazine" tituliert. Diese Magazine standen aber in keinerlei Bezug zu der [[FKK]]-Bewegung, die ihre eigenen Publikationsorgane hat. |
|||
[[1996]] hat die Bundesprüfstelle wegen der Fokussierung der Abbildungen auf die Geschlechtsteile der darin präsentierten nackten Kinder Indizierungen ausgesprochen und dies damit begründet, dass eine Gefahr bestehe, dass die Aufnahmen bei Jugendlichen "[[Pädophilie|pädophile]] Neigungen" hervorrufen oder verstärken. |
|||
Die Indizierung [http://www.itp-arcados.net/sonder/vogue/blick.vogue1999pa.html einer einzelnen Ausgabe der Modezeitschrift "Vogue"] aus dem gleichen Grund wurde indessen vom 12er-Gremium der Bundesprüfstelle wieder aufgehoben, da die im Mittelteil des Heftes eingefügten Fotografien künstlerisch gestaltet waren. |
|||
Im Fall einer Online-Dia-Show mit Nacktaufnahmen hat das [[Verwaltungsgericht]] [[Köln]] die Indizierungsentscheidung der Bundesprüfstelle aufgehoben. (siehe dazu: [http://fkk-online.de/vgurteil/]). |
|||
Kritiker bezweifeln den vermuteten Wirkungszusammenhang von exponiert dargestellten Nacktaufnahmen und Jugendgefährdung. Bestehe dieser aber tatsächlich, so beschränke er sich vermutlich nicht auf Jugendliche. Der Weg über den Jugendschutz und das Mittel der Indizierung seien daher von vornherein zweifelhaft. Seit April 2003 unterliegen Medien, die Kinder oder Jugendliche in unnatürlicher, geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen, kraft Gesetzes den Vertriebsbeschränkungen des Jugendschutzgesetzes. |
|||
=== Counter-Strike === |
|||
Als die Bundesprüfstelle im Frühjahr 2002 den [[Taktik-Shooter]] [[Counter-Strike]] nicht indizierte, erhielt sie aus der Szene der Computer-Spieler zwar große positive Resonanz. Kritik löste diese Entscheidung allerdings bei Bundeskanzler [[Gerhard Schröder]] sowie der damaligen [[Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend|Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend]], [[Christine Bergmann]] aus. |
|||
== Weblinks == |
|||
*[http://www.bundespruefstelle.de Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien] |
|||
*[http://www.jugendmedienschutz.de/sec3/item3a.htm#4 Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften] (teilweise überholte Informationen) |
|||
*[http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/17203/1.html Telepolis: ''50 Jahre gegen "Schmutz und Schund"''] |
|||
*[http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/4158/1.html Telepolis: ''Kinder sind Pornos''] |
|||
*[http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/993/33960/ "Das saubere Dutzend"], [[Süddeutsche Zeitung]] vom 23. Juni 2004 |
|||
*[http://www.excalibur-videogames.de/links/bpjs.htm Jugendschutz und Zensur in Deutschland] |
|||
*[http://www.thrashcan.net/thrashcan/front/zensurspe.html Musikzensur in Deutschland] |
|||
*[http://www.censuriana.de/main.htm Zensur und Verbote in den populärkulturellen Medien Deutschlands] (Institut für Soziologie der [[Universität Münster]], 2000) |
|||
* [http://www.bpjm.com/ Private Seite mit einer nahezu vollständigen Liste aller indizierten Trägermedien] |
|||
{{Rechtshinweis}} |
Aktuelle Version vom 19. Januar 2024, 18:14 Uhr
Indizierung bezeichnet
- das Aufnehmen eines Werkes in ein Register (Index)
- etwa eine Schwarze Liste
- die Liste der jugendgefährdenden Medien im Speziellen
- siehe auch Indizierung von Hip-Hop-Musik in Deutschland
- die Liste der jugendgefährdenden Medien im Speziellen
- etwa eine Schwarze Liste
- die Aufnahme eines Dateisystems in einen Suchindex, siehe Desktopsuche
- die Nummerierung von Objekten in einer Matrix, siehe Indexmenge (Mathematik)
- die Druckmessung einer Kolbenmaschine: Zylinderdruckindizierung
- Ermittlung der Leistung von Dampflokomotiven, siehe Indizierfahrt
- in der Medizin indizierte Diagnostik oder Therapie, siehe Indikation
Siehe auch:
Wiktionary: Indizierung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: indizieren – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen