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„Hassprediger“ – Versionsunterschied

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Als '''Hassprediger''' (zusammengesetzt aus [[Hass]] und [[Prediger]]) werden vor allem Geistliche und seltener Politiker bezeichnet, die zu Feindschaft und [[Hate Speech|Hass aufstacheln]] oder direkt zu Gewalttaten aufrufen<ref name="klimke">Daniela Klimke: ''Exklusion in der Marktgesellschaft''. VS Verlag, 2008, ISBN 3-531-15452-4, S. 207 ([http://books.google.at/books?id=0K0Wv7sNZ1cC&pg=PA207&dq=Hassprediger&lr=lang_de&num=100&client=opera&sig=ACfU3U1hWcFwJr0c0n-0T4zmCapXGVQ3BQ GoogleBooks])</ref> und dabei in ihren Reden oder Schriften aufwiegelnde und [[hetze]]rische Rhetorik<ref> {{Webarchiv |url=http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=64620 |wayback=20070507120038 |text=''Großbritannien: Kirche gegen Hassprediger-Gesetz''}} auf ''[[Radio Vatikan]]'', 2. Februar 2006</ref> verwenden. Der Ausdruck wurde vom Duden 2006 aufgenommen und kann als politischer [[Kampfbegriff]] verwendet und empfunden werden. Er wurde Gegenstand verschiedener juristischer Auseinandersetzungen.
Der [[Kampfbegriff]] '''Hassprediger''' ist eine im Jahr [[2004]] aus dem journalistischen Umfeld in die öffentliche politische Debatte in [[Deutschland]] gebrachte Bezeichnung für Personen, denen vorgeworfen wird, unter religiöser Verbrämung volksverhetzend aktiv zu sein. Der Begriff wird dabei primär auf ausländische, in Deutschland lebende Personen bezogen, wobei zudem auch ein [[Islamismus|islamistisches]] Umfeld impliziert wird. Der Begriff „Hassprediger" ist allerdings etwas älter. Er tauchte bereits in den [[1980er Jahre]]n als deskriptive Bezeichnung für Wortführer militanter amerikanischer Gruppen auf - zum Beispiel der [[Nation of Islam]].


== Begriffsgeschichte und -verwendung ==
===Deutschland===
Nachdem der Begriff seit Ende des 19. Jahrhunderts sporadisch in verschiedenen Zusammenhängen Verwendung gefunden hatte, etwa in der Folge des sogenannten [[Kulturkampf]]es<ref>[[Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland]], Band 105, 1890, S. 543, vgl. [http://books.google.de/books?id=3OIYAQAAIAAJ&q=Hassprediger&dq=Hassprediger&hl=de&sa=X&ei=BAAWVO36E8S_ygPj0ILwDA&ved=0CC4Q6AEwAw Google Bücher], abgerufen am 14. September 2014</ref> und durch den Philosophen [[Karl Christian Friedrich Krause]], der Krieg- und Hassprediger als „Heerde<!-- sic! --> der Ansteckungen“<ref>Anschauungen oder Lehren und Entwürfe zur Höherbildung des Menschheitlebens, Band 1, Leipzig, O. Schulze, 1890–1902, S. 123, [http://books.google.de/books?id=abJUAAAAYAAJ&q=Hassprediger&dq=Hassprediger&hl=de&sa=X&ei=kvMVVIOdKeS6ygPIkoHoDg&ved=0CCQQ6AEwAQ online] in [[Google Bücher]], abgerufen am 14. September 2014</ref> sah, wurde er im späten 20. Jahrhundert auch im Kontext als [[Fanatismus|fanatisch]] wahrgenommener Vertreter des politischen [[Islam]] benutzt, beispielsweise in einem Leserbrief von 1979 über [[Ajatollah]] [[Ruhollah Chomeini|Chomeini]].<ref>Leserbrief ''Nur noch Abscheu'' in: ''[[Der Spiegel]]'', Nr. 48/1979, Seite 7 – zur Titelgeschichte in Nr. 46/1979, ''Das Chaos des Ajatollah Chomeini''</ref>
In Deutschland wurde mit dieser Bezeichnung ursprünglich [[Metin Kaplan]] belegt, der Anführer der verbotenen Organisation [[Kalifatsstaat]]. Kaplan rief vor allem zu Hass und Gewalt gegen seinen „abtrünnigen" Gesinnungsgenossen [[Halil Ibrahim Sofu]] auf. Er gilt als Anstifter eines Attentats auf seinen Konkurrenten und wurde dafür rechtskräftig verurteilt. Hass und Gewalt soll er außerdem gegen [[Christen]] und [[Juden]] im allgemeinen und die [[Türkei]] im Besonderen gepredigt haben.


Seitdem steigerte sich die Häufigkeit der Verwendung im Jahre 2004, insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um das [[Zuwanderungsgesetz]], der Debatte um [[Ausweisung]]smöglichkeiten im Rahmen des [[Aufenthaltsgesetz]]es für Ausländer insbesondere des islamistischen Umfelds, denen als sogenannte [[Gefährder]] Angriffe auf die [[freiheitliche demokratische Grundordnung]] Deutschlands vorgeworfen werden, und den medienwirksamen Fällen des Imams [[Metin Kaplan]] aus Köln und des Predigers der [[Mevlana-Moschee (Berlin)|Mevlana-Moschee in Berlin]] in der sogenannten [[Mevlana-Moschee (Berlin)#„Hassprediger“-Affäre|„Hassprediger-Affäre“]].<ref name="klimke" /><ref>Manfred Behr: ''Exemplarische Bildanalyse zu „Unheimliche Gäste“, Titelbild des FOCUS, Nr. 48 vom 22. November 2004''. In: Universität Leipzig – Institut für Kunstpädagogik: [http://www.uni-leipzig.de/~studart/forschung/tagungsarchiv/dokumente/broschuere-netz.pdf Tagung »MenschKunstBildung« – Material der Vorkonferenz vom 3. und 4. Dezember 2004] (PDF) S. 24–25</ref>
Bekannt wurden auch die Hasspredigten des Hamburger Imams [[Mohammed Fazazi]], dessen Predigten drei der vier Selbstmordpiloten der [[Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA]] regelmäßig anhörten.


Der Kabarettist [[Dieter Nuhr]] unterlag im Mai 2015 in einem Gerichtsverfahren, mit dem er erreichen wollte, von Erhat Toka nicht als Hassprediger bezeichnet zu werden.<ref name="welt-141141284">{{Internetquelle |url=http://www.welt.de/vermischtes/article141141284/Muslim-darf-Nuhr-als-Hassprediger-bezeichnen.html |titel=Muslim darf Nuhr als „Hassprediger“ bezeichnen |werk=[[Die Welt#Online-Ausgabe|welt.de]] |hrsg=Axel Springer SE |datum=2015-05-19 |abruf=2018-10-07}}</ref>
===Großbritannien===
Der islamische Hassprediger [[Abu Hamza]], der eine Londoner Moschee in ein Rekrutierungslager für [[Al-Qaida]] verwandelt haben soll, wurde im Februar 2006 zu sieben Jahren Haft verurteilt. Der 47-jährige Ägypter mit britischer Staatsbürgerschaft wurde schuldig befunden, [[Muslim]]e zu Mord und [[Rassenhass]] aufgestachelt zu haben.


Der Begriff wurde ebenso in Bezug auf Vertreter einiger christlicher Konfessionen benutzt. Im ''[[Der Spiegel|Spiegel]]'' erfolgte die erste Begriffsverwendung dieser Art 1994 in einem Artikel über [[Christlicher Fundamentalismus|fundamentalistische Christen]] in den Vereinigten Staaten. Dort wurde der Abtreibungsgegner und Prediger [[John Burt (Abtreibungsgegner)|John Burt]] von [[Matthias Matussek]] als „Prediger des Hasses“ bezeichnet.<ref>{{Der Spiegel|ID=13684192|Autor=Matthias Matussek|Titel=USA – Ein Gott, eine Nation|Jahr=1994|Nr=43|Seiten=162–176|Kommentar=über den Vormarsch der fundamentalistischen Christen}}</ref> Das gleiche Magazin bezeichnete 2011 [[Terry Jones (Prediger)|Terry Jones]] als Hassprediger, der durch seinen [[Kontroverse um die geplante Koranverbrennung 2010|Aufruf zu Koranverbrennungen]] erhebliche [[Kontroverse]]n auslöste.<ref>[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,754682,00.html ''US-Hassprediger fordert Vergeltung''] Spiegel Online vom 2. April 2011</ref> [[Spiegel Online]] bezeichnete im Oktober 2012 Autoren der [[Katholischer Traditionalismus|katholisch-traditionalistischen]] und [[Rechtsextremismus|rechtsextremen]] Website ''[[kreuz.net]]'' als Hassprediger.<ref>[http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/kreuz-net-hetzt-gegen-schwule-muslime-und-protestanten-a-859698.html Frank Patalong: ''Kreuz.net – Scheinheilige Hassprediger''], Spiegel Online, 5.&nbsp;Oktober 2012</ref> Im März 2014 wurde [[Fred Phelps]], der Gründer der [[Westboro Baptist Church]], in der ''taz'' so genannt.<ref>[http://www.taz.de/Nachruf-auf-Fred-Phelps/!135356/ ''Der Hassprediger aus Topeka''], [[die tageszeitung]], 21.&nbsp;März 2014</ref>
Im August 2005 verbot das britische Innenministerium dem Hassprediger [[Omar Bakri Mohammed]] die Rückkehr nach Großbritannien. Der gebürtige Syrer ist der Anführer der radikalislamischen [[Al-Muhajiroun]]-Gruppe. Der 45-jährige Bakri lebte zuvor 20 Jahre lang in Großbritannien. Er hatte sich mehrfach zustimmend zu [[Selbstmordanschlag|Selbstmordanschlägen]] im [[Naher Osten|Nahen Osten]] geäußert und sich geweigert, die [[Terroranschläge am 7. Juli 2005 in London]] zu verurteilen. Er sagte zudem, er würde als Muslim keinen anderen Muslim mit Terrorabsichten verraten.


Die Verwendung des Begriffs war in Deutschland Gegenstand verschiedener Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Kölner Erzbischof [[Joachim Meisner|Joachim Kardinal Meisner]] und dem Kölner Kabarettisten [[Jürgen Becker (Kabarettist)|Jürgen Becker]] sowie dem Kölner Bundestagsabgeordneten [[Volker Beck]] ([[Bündnis 90/Die Grünen]]). Meisner hatte gegen die Anwendung des Begriffs auf ihn geklagt. Becker akzeptierte eine [[einstweilige Verfügung]] des [[Landgericht Köln|Landgerichts Köln]], die ihm die Verwendung des Begriffs untersagte, während der Streit mit Beck in einer außergerichtlichen Einigung der beiden Parteien endete.<ref>[http://www.domradio.com/aktuell/artikel_38141.html ''Außergerichtliche Einigung – Meisner und Beck legen „Hassprediger“-Streit bei''] im [[Domradio]], 5. Februar 2008 (abgerufen am 5. Februar 2008)</ref>
Die Videos [[Abu Qatada]]s wurden in der Wohnung von [[Mohammed Atta]] gefunden.


Der [[Duden]] hat das Wort erstmals 2006 in die 24. Auflage des Bandes ''Die deutsche Rechtschreibung'' aufgenommen<ref> {{Webarchiv |url=http://www.marketingwerkstatt.com/downloads/scriptnewsaugust2006.pdf |wayback=20100415191007 |text=Script-Info August 2006}} (PDF; 3,1&nbsp;MB) Zeitschrift des Schweizer Texterinnen- und Texterverband, marketingwerkstatt.com (mit einem widersprüchlichen Tippfehler 23. und 24. Ausgabe)</ref> und definiert den Hassprediger als jemanden, „der in seiner Funktion als Prediger zu Hass und Gewalt aufruft“.<ref>[https://www.duden.de/rechtschreibung/Hassprediger Abfrage „Hassprediger“] auf Duden.de am 20. Juni 2008</ref> Seitdem wird der Begriff häufig in der politischen und medialen Auseinandersetzung mit Geistlichen oder Anführern verschiedener Religionsgemeinschaften verwendet, oftmals im Zusammenhang mit dem Vorwurf des religiösen [[Fundamentalismus]], prototypisch bezogen auf den [[Islam]].<ref>Tobias Schwarz: ''Bedrohung, Gastrecht, Integrationspflicht: Differenzkonstruktionen im deutschen Ausweisungsdiskurs'', transcript 2010, S. 201, [https://www.google.de/books/edition/Bedrohung_Gastrecht_Integrationspflicht/TnzJBAAAQBAJ?hl=de&gbpv=1&dq=hassprediger&pg=PA200&printsec=frontcover online] in [[Google Bücher]]</ref>
===Irak===
In ähnlicher Weise wird in den [[USA]] der irakische Schiiten-Fuehrer [[Muqtada as-Sadr]] oft als "Radical Cleric", manchmal sogar als "Terror Cleric" bezeichnet.


Einige Regelungen des durch Artikel 1 des [[Zuwanderungsgesetz]]es vom 30. Juli 2004 neu eingeführten und am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen [[Aufenthaltsgesetz]]es entstanden auf Basis der politischen Diskussion über die „Hassprediger-Affäre“ und den Umgang mit Hasspredigern im islamischen Umfeld.<ref>{{Internetquelle |autor=Abdul-Ahmad Rashid |url=https://www.zdf.de/kultur/forum-am-freitag/hassprediger-in-deutschen-moscheen-100.html |titel=Hassprediger in deutschen Moscheen. Die Gesetzeslage für Abschiebungen |werk=Forum am Freitag |hrsg=ZDF |datum=2011-06-17 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20171107015927/https://www.zdf.de/kultur/forum-am-freitag/hassprediger-in-deutschen-moscheen-100.html |archiv-datum=2017-11-07 |abruf=2017-11-05 |offline=ja}}</ref> §§&nbsp;54 und 55 AufenthG a.&nbsp;F. ermöglichten es, Ausländer auszuweisen, die eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung unterstützten oder ihr angehörten oder die zu Hass und Gewalt gegen Teile der Bevölkerung aufriefen. Die Ausweisung von offen zu Hass und Gewalt aufrufenden Ausländern wurde durch eine [[Ausweisung#Rechtslage bis 31. Dezember 2015|Ermessungsausweisung]] (§&nbsp;55 AufenthG a.&nbsp;F.) nach Ermessen der Ausländerbehörde ermöglicht.<ref>{{Internetquelle |autor=Jan Schneider |url=http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/dossier-migration/56351/zuwanderungsgesetz-2005?p=all |titel=Rückblick: Zuwanderungsgesetz 2005 |hrsg=Bundeszentrale für politische Bildung |datum=2007-05-15 |abruf=2017-11-05}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.buzer.de/gesetz/4752/al0-8191.htm |titel=Fassung § 54 AufenthG a.F. bis 28.08.2007 (geändert durch Artikel 1 G. v. 19.08.2007 BGBl. I S. 1970) |abruf=2025-03-01}}</ref> Diese Bestimmungen wurden zum 1. Januar 2016 in eine Abwägung von Ausweisungs- und Bleibeinteressen nach {{§|53|aufenthg_2004|juris}}, {{§|54|aufenthg_2004|juris}} und {{§|55|aufenthg_2004|juris}} AufenthG umgewandelt (siehe hierzu: [[Ausweisung#Rechtslage seit 1. Januar 2016|Rechtslage zur Ausweisung seit 1. Januar 2016]]). Gegenüber Hasspredigern können zudem Regelungen zum Tragen kommen, die zum Umgang mit sogenannten „[[Gefährder]]n“ getroffen wurden.
===USA: Christliche Fundamentalisten und NOI===
Als Hassprediger werden aber auch christlich-fundamentalistische Prediger, wie der Baptistenprediger [[Fred Phelps]] bezeichnet, der vor allem durch seine extremen und [[Homophobie|homophoben]] Äußerungen eine Protestwelle sowie eine Verfassungsdebatte auslöste. Er bezeichnete unter anderem den [[Hurrikan Katrina]] als Geschenk Gottes, gefallene US-Soldaten als Schwuchteln oder [[Aids]] als eine gerechte gottgewollte Strafe.


== Gesetzeslage ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}


== Einzelnachweise ==
=== Bundesrepublik Deutschland ===

Im Rahmen des 2004 für die Bundesrepublik Deutschland beschlossenen [[Zuwanderungsgesetz]]es wurde der Tatbestand zudem separat ins Ausländerrecht aufgenommen. Eine Person ausländischer Nationalität, die „''in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet.''“ (§55 Abs. 2 Nr 8b ZuWG) ist nun - neben der strafrechtlichen Sanktionierung - auch von Ausweisung bedroht.

=== Großbritannien ===
Ein Gesetzesvorhaben der englischen Regierung, nach dem Hassprediger hätten bestraft werden können, wurde Anfang 2006 mit 283 zu 282 Stimmen wegen Bedenken bezüglich der Meinungsfreiheit vom Parlament abgelehnt.

=== Russland ===
In [[Russland]] wurde [[1997]] ein Gesetz gegen „Religionen, die Intoleranz und Hass predigen“ erlassen. [[2004]] wurden unter diesem Gesetz die [[Zeugen Jehovas]] in [[Moskau]] verboten.<ref>[[New York Times]]: ''Moscow Court Bans Jehovah's Witnesses From Practicing in City'', 27. März 2004</ref>

== Siehe auch ==
*[[Volksverhetzung]]

== Quellen ==
<references />
<references />


{{Rechtshinweis}}
{{Rechtshinweis}}
[[Kategorie:Propaganda]]
[[Kategorie:2004]]


[[Kategorie:Diskriminierung]]
[[af:Haatspraak]]
[[en:Hate speech]]
[[fi:Kiihotus kansanryhmää vastaan]]
[[ja:ヘイトスピーチ]]
[[nl:Hatespeech]]
[[pl:Mowa nienawiści]]
[[sr:Говор мржње]]
[[sv:Hets mot folkgrupp]]

Aktuelle Version vom 1. März 2025, 08:40 Uhr

Als Hassprediger (zusammengesetzt aus Hass und Prediger) werden vor allem Geistliche und seltener Politiker bezeichnet, die zu Feindschaft und Hass aufstacheln oder direkt zu Gewalttaten aufrufen[1] und dabei in ihren Reden oder Schriften aufwiegelnde und hetzerische Rhetorik[2] verwenden. Der Ausdruck wurde vom Duden 2006 aufgenommen und kann als politischer Kampfbegriff verwendet und empfunden werden. Er wurde Gegenstand verschiedener juristischer Auseinandersetzungen.

Begriffsgeschichte und -verwendung

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Nachdem der Begriff seit Ende des 19. Jahrhunderts sporadisch in verschiedenen Zusammenhängen Verwendung gefunden hatte, etwa in der Folge des sogenannten Kulturkampfes[3] und durch den Philosophen Karl Christian Friedrich Krause, der Krieg- und Hassprediger als „Heerde der Ansteckungen“[4] sah, wurde er im späten 20. Jahrhundert auch im Kontext als fanatisch wahrgenommener Vertreter des politischen Islam benutzt, beispielsweise in einem Leserbrief von 1979 über Ajatollah Chomeini.[5]

Seitdem steigerte sich die Häufigkeit der Verwendung im Jahre 2004, insbesondere im Zusammenhang mit der Diskussion um das Zuwanderungsgesetz, der Debatte um Ausweisungsmöglichkeiten im Rahmen des Aufenthaltsgesetzes für Ausländer insbesondere des islamistischen Umfelds, denen als sogenannte Gefährder Angriffe auf die freiheitliche demokratische Grundordnung Deutschlands vorgeworfen werden, und den medienwirksamen Fällen des Imams Metin Kaplan aus Köln und des Predigers der Mevlana-Moschee in Berlin in der sogenannten „Hassprediger-Affäre“.[1][6]

Der Kabarettist Dieter Nuhr unterlag im Mai 2015 in einem Gerichtsverfahren, mit dem er erreichen wollte, von Erhat Toka nicht als Hassprediger bezeichnet zu werden.[7]

Der Begriff wurde ebenso in Bezug auf Vertreter einiger christlicher Konfessionen benutzt. Im Spiegel erfolgte die erste Begriffsverwendung dieser Art 1994 in einem Artikel über fundamentalistische Christen in den Vereinigten Staaten. Dort wurde der Abtreibungsgegner und Prediger John Burt von Matthias Matussek als „Prediger des Hasses“ bezeichnet.[8] Das gleiche Magazin bezeichnete 2011 Terry Jones als Hassprediger, der durch seinen Aufruf zu Koranverbrennungen erhebliche Kontroversen auslöste.[9] Spiegel Online bezeichnete im Oktober 2012 Autoren der katholisch-traditionalistischen und rechtsextremen Website kreuz.net als Hassprediger.[10] Im März 2014 wurde Fred Phelps, der Gründer der Westboro Baptist Church, in der taz so genannt.[11]

Die Verwendung des Begriffs war in Deutschland Gegenstand verschiedener Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner und dem Kölner Kabarettisten Jürgen Becker sowie dem Kölner Bundestagsabgeordneten Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen). Meisner hatte gegen die Anwendung des Begriffs auf ihn geklagt. Becker akzeptierte eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln, die ihm die Verwendung des Begriffs untersagte, während der Streit mit Beck in einer außergerichtlichen Einigung der beiden Parteien endete.[12]

Der Duden hat das Wort erstmals 2006 in die 24. Auflage des Bandes Die deutsche Rechtschreibung aufgenommen[13] und definiert den Hassprediger als jemanden, „der in seiner Funktion als Prediger zu Hass und Gewalt aufruft“.[14] Seitdem wird der Begriff häufig in der politischen und medialen Auseinandersetzung mit Geistlichen oder Anführern verschiedener Religionsgemeinschaften verwendet, oftmals im Zusammenhang mit dem Vorwurf des religiösen Fundamentalismus, prototypisch bezogen auf den Islam.[15]

Einige Regelungen des durch Artikel 1 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 neu eingeführten und am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes entstanden auf Basis der politischen Diskussion über die „Hassprediger-Affäre“ und den Umgang mit Hasspredigern im islamischen Umfeld.[16] §§ 54 und 55 AufenthG a. F. ermöglichten es, Ausländer auszuweisen, die eine den Terrorismus unterstützende Vereinigung unterstützten oder ihr angehörten oder die zu Hass und Gewalt gegen Teile der Bevölkerung aufriefen. Die Ausweisung von offen zu Hass und Gewalt aufrufenden Ausländern wurde durch eine Ermessungsausweisung (§ 55 AufenthG a. F.) nach Ermessen der Ausländerbehörde ermöglicht.[17][18] Diese Bestimmungen wurden zum 1. Januar 2016 in eine Abwägung von Ausweisungs- und Bleibeinteressen nach § 53, § 54 und § 55 AufenthG umgewandelt (siehe hierzu: Rechtslage zur Ausweisung seit 1. Januar 2016). Gegenüber Hasspredigern können zudem Regelungen zum Tragen kommen, die zum Umgang mit sogenannten „Gefährdern“ getroffen wurden.

Wiktionary: Hassprediger – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. a b Daniela Klimke: Exklusion in der Marktgesellschaft. VS Verlag, 2008, ISBN 3-531-15452-4, S. 207 (GoogleBooks)
  2. Großbritannien: Kirche gegen Hassprediger-Gesetz (Memento vom 7. Mai 2007 im Internet Archive) auf Radio Vatikan, 2. Februar 2006
  3. Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, Band 105, 1890, S. 543, vgl. Google Bücher, abgerufen am 14. September 2014
  4. Anschauungen oder Lehren und Entwürfe zur Höherbildung des Menschheitlebens, Band 1, Leipzig, O. Schulze, 1890–1902, S. 123, online in Google Bücher, abgerufen am 14. September 2014
  5. Leserbrief Nur noch Abscheu in: Der Spiegel, Nr. 48/1979, Seite 7 – zur Titelgeschichte in Nr. 46/1979, Das Chaos des Ajatollah Chomeini
  6. Manfred Behr: Exemplarische Bildanalyse zu „Unheimliche Gäste“, Titelbild des FOCUS, Nr. 48 vom 22. November 2004. In: Universität Leipzig – Institut für Kunstpädagogik: Tagung »MenschKunstBildung« – Material der Vorkonferenz vom 3. und 4. Dezember 2004 (PDF) S. 24–25
  7. Muslim darf Nuhr als „Hassprediger“ bezeichnen. In: welt.de. Axel Springer SE, 19. Mai 2015, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  8. Matthias Matussek: USA – Ein Gott, eine Nation. In: Der Spiegel. Nr. 43, 1994, S. 162–176 (online – über den Vormarsch der fundamentalistischen Christen).
  9. US-Hassprediger fordert Vergeltung Spiegel Online vom 2. April 2011
  10. Frank Patalong: Kreuz.net – Scheinheilige Hassprediger, Spiegel Online, 5. Oktober 2012
  11. Der Hassprediger aus Topeka, die tageszeitung, 21. März 2014
  12. Außergerichtliche Einigung – Meisner und Beck legen „Hassprediger“-Streit bei im Domradio, 5. Februar 2008 (abgerufen am 5. Februar 2008)
  13. Script-Info August 2006 (Memento vom 15. April 2010 im Internet Archive) (PDF; 3,1 MB) Zeitschrift des Schweizer Texterinnen- und Texterverband, marketingwerkstatt.com (mit einem widersprüchlichen Tippfehler 23. und 24. Ausgabe)
  14. Abfrage „Hassprediger“ auf Duden.de am 20. Juni 2008
  15. Tobias Schwarz: Bedrohung, Gastrecht, Integrationspflicht: Differenzkonstruktionen im deutschen Ausweisungsdiskurs, transcript 2010, S. 201, online in Google Bücher
  16. Abdul-Ahmad Rashid: Hassprediger in deutschen Moscheen. Die Gesetzeslage für Abschiebungen. In: Forum am Freitag. ZDF, 17. Juni 2011, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. November 2017; abgerufen am 5. November 2017.
  17. Jan Schneider: Rückblick: Zuwanderungsgesetz 2005. Bundeszentrale für politische Bildung, 15. Mai 2007, abgerufen am 5. November 2017.
  18. Fassung § 54 AufenthG a.F. bis 28.08.2007 (geändert durch Artikel 1 G. v. 19.08.2007 BGBl. I S. 1970). Abgerufen am 1. März 2025.