„Weißwurst“ – Versionsunterschied
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{{Begriffsklärungshinweis|Zur größeren Brühwurstsorte siehe [[Gelbwurst]], zur Kochwurstsorte siehe [[Knackwurst (Braunschweig)]]}} |
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[[Datei:Weißwurst-1.jpg|mini|Münchner Weißwürste mit [[Brezel]] (bairisch „Brezn“) und süßem Senf]] |
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Eine '''Weißwurst''' ist eine [[Brühwurst]] aus fein [[Kutter (Lebensmittelherstellung)|gekuttertem]] [[Kalbfleisch]] (heute auch [[Schweinefleisch]]), Schweinerückenspeck und Gewürzen. Weil das Brät nicht mit [[Nitritpökelsalz]], sondern mit üblichem Kochsalz gesalzen wird, hat die Wurst eine weiße Farbe. Die heute nur noch wenig verbreitete [[Stockwurst]] ist der Weißwurst ähnlich, allerdings besteht sie überwiegend aus Rindfleisch und ist dicker und kürzer. |
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'''Weißwurst''' ist eine helle Brühwurst aus feingemahlenem Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und Gewürzen. Weil die Wurst nicht [[Pökeln|gepökelt]] wird, hat sie eine helle grau-weiße Farbe. |
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Eng verwandt mit der Weißwurst sind [[Wollwurst]] und [[Stockwurst]]. |
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[[Datei:Weisswurst 1 München Marienplatz wiki.JPG|miniatur|hochkant|Weißwurst-Werbung am früheren Gasthaus „Zum Ewigen Licht“ am Münchner Marienplatz]] |
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⚫ | Der Legende nach wurde die Weißwurst im Gasthaus „Zum Ewigen Licht“ am [[Marienplatz (München)|Münchner Marienplatz]] am 22. Februar 1857 (Faschingssonntag) vom Wirtsmetzger Joseph Moser (genannt „Moser Sepp“) eher zufällig bei der Bratwurstherstellung erfunden – als „Fehlfabrikat“. Als Moser die [[Saitling]]e (Schafsdärme) für die Kalbsbratwürstchen ausgingen, während schon die Gäste warteten, soll er seinen Lehrling losgeschickt haben, um neue zu besorgen. Dieser kam aber mit Schweinedärmen zurück, die zu zäh und zu groß für Bratwürste sind. In der Not füllte Moser sie trotzdem mit der fertigen Masse, briet die Würste jedoch nicht, sondern brühte sie in heißem Wasser, weil er Bedenken hatte, dass die Schweinedärme beim Braten platzen könnten. |
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Seltene Zutaten machten die Weißwurst zu einem teuren Essen, denn neben dem Kalbfleisch waren im 19. Jahrhundert auch Zitronen noch nicht leicht zu beschaffen. Außerdem muss der Wurstmasse gestoßenes Eis beigemengt werden, was das Ergebnis besonders zart und locker werden lässt, die Herstellung aber einstmals aufwändig machte. |
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Später wurde die Weißwurst unter anderem durch Brauchtumsfeste wie etwa das [[Oktoberfest]] oder den Münchner Fasching in Verbindung mit dem Stadtnamen weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt. Der Münchner Stadtarchivar [[Richard Bauer (Historiker)|Richard Bauer]] wendet jedoch ein, dass es die Münchner Weißwurst wohl schon vor 1857 gab und sie in Wirklichkeit die Weiterentwicklung einer sehr viel älteren Maibockwurst ist.<ref>{{Internetquelle | url=https://www.dieterwunderlich.de/weisswurst_muenchen.htm | titel=Münchner Weißwurst | titelerg=Geschichte der Weißwurst | autor=Dieter Wunderlich | werk=dieterwunderlich.de | datum=2008 |abruf=2013-01-25}}</ref> So fand er einen Stich aus dem Jahr 1814, der Münchner in einem Bockkeller beim „Zuzeln“ von Weißwürsten zeigt, und konnte in einem alten Metzgerhandbuch einen Eintrag recherchieren, der besagt, {{"|dass die Weißwurst dasselbe ist, wie die Maibockwurst, nur weniger scharf gewürzt und mit geringerem Schweinefleisch-Anteil}}. |
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Vergleichbare Würste, die in heißem Wasser serviert werden, gab es bereits im 14. Jahrhundert in [[Frankreich]]. In französischen Kochbüchern werden sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts „Boudin Blanc“ (Weißwurst) genannt.<ref>[[Richard Bauer (Historiker)|Richard Bauer]]: {{Webarchiv | url=http://www.muenchen.de/Rathaus/dir/stadtarchiv/186762/weisswurst.html | archive-is=20090611233123 | text=''Zum hundertfünfzigsten Jubiläum der Münchner Weißwurst.''}} In: ''Stadtarchiv München.''</ref> |
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=== Herstellung und Zubereitung === |
=== Herstellung und Zubereitung === |
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Münchner Weißwürste werden aus Kalbfleisch, [[Speck|Schweinerückenspeck]], gegartem [[Kalbskopf]]fleisch, [[Flockeneis|Eis-Schnee]]<ref>Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Hrsg.): Lars Gerdes, Barbara Schalch: [https://www.lgl.bayern.de/lebensmittel/warengruppen/wc_08_wurstwaren/et_muenchner_weisswurst.htm Münchner Weißwurst – mit oder ohne Kalbfleisch?] vom 14. Dezember 2021, abgerufen am 6. März 2022.</ref> sowie Kochsalz hergestellt und je nach Rezept mit [[Petersilie]], [[Pfeffer]], [[Zitrone]]npulver, [[Macis]] und [[Zwiebel]]n, auch [[Ingwer]] und [[Schwarzer Kardamom|Kardamom]] gewürzt. Der Muskelfleischanteil muss dabei überwiegen, also zu mindestens 51 % aus Kalbfleisch bestehen. Zu dem entsehnten Fleisch kommt noch das [[Häutelwerk]], das sich aus gekochten, ausgelösten Kalbskopfteilen mit Haut, Bindegewebsteilen von Kälbern und gekochten [[Schwarte (Lebensmittel)|Schwarten]] von jungen Schweinen zusammensetzt. Das Häutelwerk darf nicht mehr als 10 Prozent der Wurstmasse betragen, der Fremdwassergehalt nicht über 25 Prozent, der Fettgehalt nicht über 30 Prozent liegen. |
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Zubereitet werden |
Die fertige Wurstmasse wird in Schweinedärme gefüllt und zu etwa 12–15 cm langen Würsten von 80–90 Gramm Gewicht abgedreht. Sie werden heute bereits in der Metzgerei gebrüht. Zubereitet werden sie, indem man sie etwa 10 Minuten in 70 °C heißem, leicht gesalzenem Wasser erwärmt. In kochendem Wasser platzen sie, verlieren an Geschmack und es besteht die Gefahr, dass sich der Darm nicht mehr ordentlich abpellen lässt. |
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Aus der Zeit vor Erfindung der Kühltechnik stammt die Empfehlung, Weißwürste dürften das Mittagsläuten um 12 Uhr nicht hören. Nach einer anderen Erklärung wurden sie vormittags in den Gaststätten an Handwerker verkauft, die zum Mittagstisch Platz für zahlungskräftigere Kundschaft machen sollten. Heute werden Weißwürste den ganzen Tag über angeboten. |
Aus der Zeit vor der Erfindung der Kühltechnik stammt die Empfehlung, Weißwürste dürften das [[Mittagsläuten]] um 12 Uhr nicht hören.<ref>{{Internetquelle |autor=Markus Fischer |url=https://www.abendblatt.de/ratgeber/wissen/article108044545/Wie-entstand-der-Brauch-Weisswuerste-vor-zwoelf-Uhr-mittags-zu-essen.html |titel=Wie entstand der Brauch, Weißwürste vor zwölf Uhr mittags zu essen |werk=Gute Frage |hrsg=[[Hamburger Abendblatt]] |datum=2011-07-07 |abruf=2022-03-06}}</ref> Nach einer anderen Erklärung wurden sie vormittags in den Gaststätten an Handwerker verkauft, die zum Mittagstisch Platz für zahlungskräftigere Kundschaft machen sollten. Heute werden Weißwürste den ganzen Tag über angeboten, von Bayern aber trotzdem in aller Regel nur zum Zweiten Frühstück gegessen. Mittlerweile werden „Münchner Weißwürste“ überwiegend industriell und außerhalb Münchens hergestellt und vorgebrüht in Dosen oder eingeschweißt weltweit vertrieben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.merkur.de/wirtschaft/aldi-sued-verkauft-muenchner-weisswuerste-aus-schleswig-holstein-sorgt-fuer-aufregung-zr-10198421.html |titel=„Eine Beleidigung für Münchner“: Wirbel um norddeutsche Weißwürste bei Aldi |hrsg=merkur.de |datum=2018-08-31 |abruf=2023-03-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Joachim Krosta |url=https://www.shz.de/lokales/elmshorn-barmstedt/artikel/bayern-loben-die-weisswurst-aus-den-norden-41473780 |titel=Bayern loben die Weißwurst aus den Norden |hrsg=shz.de |datum=2014-09-19 |abruf=2023-03-11}}</ref> |
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Mittlerweile werden „Münchner Weißwürste“ auch industriell und außerhalb Münchens hergestellt und vorgebrüht in Dosen oder eingeschweißt weltweit vertrieben. Diese Würste entsprechen aber nicht dem ursprünglichen Rezept, schon weil sie nur aus Schweinefleisch hergestellt werden. |
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=== Verzehr === |
=== Verzehr === |
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Bei Weißwürsten wird der Darm ''nicht'' mitgegessen. Sie wird entweder „gezuzelt“, d. h. der Inhalt wird mit den Zähnen aus dem Darm gezogen, oder man isst sie, indem man sie zuerst auf dem Teller längs halbiert, so dass der Darm auf der Unterseite intakt bleibt und der Inhalt mit dem Besteck quer heruntergewälzt werden kann. Eine Weißwurst zu häuten und in Scheiben zu schneiden oder komplett mit dem Darm zu verzehren ist unter Weißwurstkennern verpönt. |
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[[Datei:Weißwürste.jpg|mini|Münchner Weißwürste in einer Schüssel mit heißem Wasser]] |
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Münchner Weißwürste werden traditionell mit [[Senf#Süßer Senf|süßem Senf]], Brezn und Weißbier vormittags zur Brotzeit verzehrt. Speziell beim Verzehr in Gaststätten werden, um das Auskühlen zu verhindern, wodurch die Haut sich schnell verfärben würde, die Würste in einer Schüssel mit heißem Wasser serviert. Bei der Weißwurst wird der Darm nicht mitgegessen. Sie wird entweder „gezuzelt“ („gesaugt“), also mit der Hand gefasst und der Inhalt mit den Zähnen aus dem Darm gezogen. Oder sie wird mit Messer und Gabel auf dem Teller längs halbiert, so dass der Darm auf der Unterseite intakt bleibt, und der Inhalt mit dem Besteck quer heruntergewälzt werden kann. Es besteht die Möglichkeit, die Wurst seitlich ein wenig einzuschneiden oder mit der Gabel aufzuschlitzen und die Haut daraufhin in einem Stück von der Wurst zu lösen. Eine Weißwurst kann aber auch, wie die meisten anderen Würste mit Naturdarm, mitsamt der Haut gegessen werden.<ref>{{Internetquelle|url=https://www.sueddeutsche.de/muenchen/150-jahre-weisswurst-geniessen-wie-ein-bayer-essen-wie-ein-kannibale-1.662940 |titel=Genießen wie ein Bayer, essen wie ein Kannibale |werk=sueddeutsche.de |datum=2010-05-11 |abruf=2018-03-20}}</ref> |
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=== Herkunftsbezeichnung === |
=== Herkunftsbezeichnung === |
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Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst |
Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst plante, die „Original Münchner Weißwurst“ bei der [[EU-Kommission]] in Brüssel als [[Herkunftsbezeichnung]] schützen zu lassen, und stellte dazu 2004 einen Antrag beim [[Deutsches Patent- und Markenamt|Deutschen Patent- und Markenamt]] (DPMA). Entsprechend dem Antrag hätten nur in München hergestellte Weißwürste als „Münchner Weißwürste“ angeboten werden dürfen. Deshalb beantragte der Fleischerverband Bayern, das Herstellungsgebiet auf [[Altbayern]] und [[Schwaben]] auszudehnen. Nach vorläufiger Auffassung des DPMA vom 25. Februar 2005 erfüllte nur der Antrag der Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst die Voraussetzungen für die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe.<ref>{{Internetquelle | url=https://register.dpma.de/DPMAregister/blattdownload/marken | titel=DPMA Markenblatt | titelerg=Markenblatt Nr. 8 vom 25.02.2005, Teil 7 | autor= | hrsg=Deutsches Patent- und Markenamt | datum=2005-02-25 |abruf=2013-01-25}}</ref> Am 17. Februar 2009 lehnte das [[Bundespatentgericht (Deutschland)|Bundespatentgericht]] in letzter Instanz diesen Antrag mit der Begründung ab, dass Münchner Weißwürste seit Jahrzehnten mengenmäßig weit überwiegend aus anderen Regionen Bayerns und nicht aus München stammten.<ref>{{Internetquelle | url=https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/bundespatentgericht-keine-exklusivrechte-fuer-die-muenchner-weisswurst-1770101.html | titel=Keine Exklusivrechte für die „Münchner Weißwurst“ | autor= | werk=FAZ.net | datum=2009-02-17 |abruf=2013-01-25}}</ref> |
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=== Entstehung === |
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In der hamburgischen Franzosenzeit (1806 bis 1814) entwickelte der Leibkoch des Marschall [[Louis-Nicolas Davout|Davout]], ausgehend von der aus feinstem Kalbfleisch bereiteten „Boudin blanc“, eine Luxusvariante, die hohen Gästen bei ihren Besuchen oder Hamburger Bürgern zum zweiten Frühstück vorgesetzt wurden. Das Besondere an dieser Wurst war nicht nur das hochwertige Fleisch, die feine Würze und die sorgfältige Zubereitung, sondern auch der beigefügte [[Kaviar]]. Diesen gab es in jener Zeit in Hamburg genug, denn in der [[Elbe]] wurden massenhaft [[Störe]] (Sterlet) gefangen. |
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== Schlesische Weißwurst == |
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===Wertungen=== |
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[[Datei:02016 0322 Schlesische Weißwurst.JPG|mini|Schlesische Weißwurst (''Schläsche Weißwurscht'')]] |
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[[Karl Friedrich von Rumohr]] notierte diese Weißwurst während eines Hamburg-Besuchs für sein 1822 erschienenes Werk „Geist der Kochkunst“, nachdem er sich über den Knoblauchgeschmack italienischer Würste beklagt hatte: ''„Eine überaus feine Variante der französischen weißen Boudins sind die Kalbswürstchen, die ich in einer Hamburger Restauration kennenlernte. Auch wenn ich es im Allgemeinen für einen Fehler halte, das Fleisch von Land- und Meeresgetier zu vermengen, darf ich behaupten, dass diese scheinbar geckenhafte Veredelung des Wurstbräts einen Gaumenschmaus besonderer Güte darstellt.“'' |
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Die [[Schlesien|schlesische]] Weißwurst ([[Schlesisch (deutscher Dialekt)|schlesisch]] '''Schläsche Weißwurscht''') wird traditionell im Dezember gefertigt und zu [[Heiliger Abend|Heiligabend]] und [[Neujahr]] mit einer typisch schlesischen [[Sauce]] (zum Beispiel Fischtunke oder [[Lebkuchensauce]]) verzehrt. Die Wurst selbst besteht vor allem aus [[Kalbfleisch]] (heutzutage oft durch [[Schweinefleisch]] ersetzt oder ergänzt) und Schweine[[speck]], welche beide unter Beigabe von Eis extrem fein [[Kutter (Lebensmittelherstellung)|gekuttert]] und mit Zitronengewürz und Weißwein verfeinert werden. Die Fleischmasse wird in Schweinedünndarm abgefüllt und kann zur besseren Haltbarkeit abgebrüht werden. Die fertige Wurst wird langsam in Wasser erhitzt oder auch in Butter gebraten. Als typisch schlesisches Weihnachtsessen wird diese dann zusammen mit [[Kartoffel]]n, Kartoffelbrei oder Graubrot und [[Sauerkraut]] serviert. Dazu gehört noch Rauchfleisch bzw. geräucherter Schweinebauch. |
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Auch in einer frühen Ausgabe des „Appetitlexikons“ von Habs und Rosner wird unter dem Stichwort ''Wurst'' nach Grütz-, Blut-, Zervelat-, Erbs- und Knoblauchwurst die Weißwurst erwähnt, ''„deren bayerische Variante recht sättigend ist, während die Hamburgische Weiße von ungewöhlicher Feinheit und Delikatesse“'' sei. |
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Anders als die schlesische Weißwurst enthält die [[Polen|polnische]] Weißwurst (''Kiełbasa biała'') typischerweise [[Knoblauch]] und [[Majoran]], letzteres in ihrer [[Großpolen|großpolnischen]], [[Galizische Küche|galizischen]], [[Pommern|pommerschen]] und [[Kujawien|kujawischen]] Variante. Sie ist darüber hinaus etwas gröber und wird nicht nur aus [[Rindfleisch]] oder [[Kalbfleisch]] hergestellt, sondern enthält standardmäßig [[Schweinefleisch]]. Sie ist in Schlesien bekannt und verbreitet. Polnische Weißwurst ist ein zentraler Bestandteil des polnischen [[Ostern|Osterfrühstücks]]. Zu den heißen Würsten reicht man mit Vorliebe Brot, Butter, geriebene [[Rote Bete]] und [[Meerrettich]]. Ferner wird polnische Weißwurst häufig als Einlage in ''[[Żur]]'' gegessen, einer traditionellen Sauerteigsuppe der [[Polnische Küche|polnischen Küche]], oder sie dient, oft mit [[Polnische Sauce (Dunkle Sauce)|Polnischer Sauce]] und Beilagen, als Hauptgang. |
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== Sonstiges == |
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[[Alexandre Dumas (Vater)|Alexandre Dumas]] weist in seinem Wörterbuch der Kochkunst, nachdem er den heldenhaften Charakter des Marschal Davout gelobt hat, auf den „Boudin hambourgeois“ hin und forderte: ''„Mögen meine hochgeschätzten Gourmets aus der Normandie auch darauf bestehen, ihren Boudin blanc mit Bier zu verzehren, ich verlange zu diesem feingestopften Darm ein Glas weißen Burgunders!“'' |
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* Als [[Weißwurstäquator]] bezeichnet man die nördliche Grenze des bayerischen Kulturraums. |
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* Im mitteldeutschen Raum wird die regional verbreitete Kochwurst [[Knappwurst]] alternativ als Weißwurst bezeichnet. |
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== Siehe auch == |
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* [[Augsburger (Wurst)]] |
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Im Laufe des [[19. Jahrhundert|19. Jahrhunderts]] geriet die Hamburger Weißwurst in Vergessenheit, nicht zuletzt, weil all jene Bürger, die sich den französischen Sitten geöffnet hatten, nun lieber schwiegen und allen Erinnerungen an ihre [[Kollaboration]], und seien es auch nur kulinarische, zu tilgen versuchten. |
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== Literatur == |
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* Dominik Seifert, Christoph Rudholzner: ''Das Weißwurst-ABC.'' Allitera, München 2012, ISBN 978-3-86906-554-0. |
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[http://www.food-from-bavaria.de/de/reg_spez/einzelprodukt.php?an=62 Alles zur Weißwurst (Food from Bavaria / Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten)] |
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* Peter M. Lill, Ludwig Markgraf: ''Mythos Weißwurst.'' Knürr, München 1999, ISBN 3-928432-23-0. |
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* Werner Siegert: ''Der kleine aber absolut unentbehrliche Weißwurst-Knigge.'' Literareon im Herbert Utz-Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-1082-7 (auch Ausgaben in englischer und japanischer Sprache). |
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== Weblinks == |
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''Siehe auch:'' [[Weißwurstäquator]] |
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{{Wiktionary}} |
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{{Commonscat|Weisswurst|Weißwürste}} |
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* {{Internetquelle | url=https://www.spezialitaetenland-bayern.de/spezialitaeten/muenchner-weisswurst/| titel=Münchner Weißwurst | titelerg=Verbreitung: Bayern, mit Schwerpunkt in der Landeshauptstadt München | autor= | hrsg=Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten | datum= |abruf=2013-01-25 | kommentar=Spezialitätenland Bayern}} |
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* {{Internetquelle | url=https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/150-jahre-weisswurst-mythos-im-schweinsdarm-1409224.html | titel=150 Jahre Weißwurst. Mythos im Schweinsdarm | autor=Dominik von Glass | werk=FAZ.net | datum=2007-02-15 |abruf=2013-01-25}} |
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* {{Internetquelle| autor=Georg Wedemeyer, Rupp Doinet | titel=Bleiche Schönheit – leider etwas alt | werk=[[Stern (Zeitschrift)|stern]] Nr. 7 |datum=2007-02-17 | url=https://www.stern.de/genuss/essen/weisswurst-bleiche-schoenheit---leider-etwas-alt-3361208.html |abruf=2020-11-06}} |
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* {{Internetquelle | url=https://www.zeit.de/online/2007/08/150-jahre-weisswurst?page=all | titel=Dick, weiß, glibberig | autor=Georg Etscheit | werk=Zeit Online | datum=2007-02-23 |abruf=2013-01-25}} |
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== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Altbayerische Küche]] |
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[[Kategorie:Kochwurst]] |
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[[Kategorie:Norddeutsche Küche]] |
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[[zh:巴伐利亞白香腸]] |
Aktuelle Version vom 9. Januar 2025, 12:57 Uhr

Eine Weißwurst ist eine Brühwurst aus fein gekuttertem Kalbfleisch (heute auch Schweinefleisch), Schweinerückenspeck und Gewürzen. Weil das Brät nicht mit Nitritpökelsalz, sondern mit üblichem Kochsalz gesalzen wird, hat die Wurst eine weiße Farbe. Die heute nur noch wenig verbreitete Stockwurst ist der Weißwurst ähnlich, allerdings besteht sie überwiegend aus Rindfleisch und ist dicker und kürzer.
Münchner Weißwurst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Weißwurst ist eine der bekanntesten Münchner Spezialitäten. Sie wird traditionell frühmorgens hergestellt und vormittags als Imbiss auf Märkten und in Wirtshäusern mit süßem Senf, Brezn und Weißbier verzehrt.
Entstehung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Legende nach wurde die Weißwurst im Gasthaus „Zum Ewigen Licht“ am Münchner Marienplatz am 22. Februar 1857 (Faschingssonntag) vom Wirtsmetzger Joseph Moser (genannt „Moser Sepp“) eher zufällig bei der Bratwurstherstellung erfunden – als „Fehlfabrikat“. Als Moser die Saitlinge (Schafsdärme) für die Kalbsbratwürstchen ausgingen, während schon die Gäste warteten, soll er seinen Lehrling losgeschickt haben, um neue zu besorgen. Dieser kam aber mit Schweinedärmen zurück, die zu zäh und zu groß für Bratwürste sind. In der Not füllte Moser sie trotzdem mit der fertigen Masse, briet die Würste jedoch nicht, sondern brühte sie in heißem Wasser, weil er Bedenken hatte, dass die Schweinedärme beim Braten platzen könnten.
Später wurde die Weißwurst unter anderem durch Brauchtumsfeste wie etwa das Oktoberfest oder den Münchner Fasching in Verbindung mit dem Stadtnamen weit über die Grenzen Münchens hinaus bekannt. Der Münchner Stadtarchivar Richard Bauer wendet jedoch ein, dass es die Münchner Weißwurst wohl schon vor 1857 gab und sie in Wirklichkeit die Weiterentwicklung einer sehr viel älteren Maibockwurst ist.[1] So fand er einen Stich aus dem Jahr 1814, der Münchner in einem Bockkeller beim „Zuzeln“ von Weißwürsten zeigt, und konnte in einem alten Metzgerhandbuch einen Eintrag recherchieren, der besagt, „dass die Weißwurst dasselbe ist, wie die Maibockwurst, nur weniger scharf gewürzt und mit geringerem Schweinefleisch-Anteil“.
Vergleichbare Würste, die in heißem Wasser serviert werden, gab es bereits im 14. Jahrhundert in Frankreich. In französischen Kochbüchern werden sie zu Beginn des 19. Jahrhunderts „Boudin Blanc“ (Weißwurst) genannt.[2]
Herstellung und Zubereitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Münchner Weißwürste werden aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck, gegartem Kalbskopffleisch, Eis-Schnee[3] sowie Kochsalz hergestellt und je nach Rezept mit Petersilie, Pfeffer, Zitronenpulver, Macis und Zwiebeln, auch Ingwer und Kardamom gewürzt. Der Muskelfleischanteil muss dabei überwiegen, also zu mindestens 51 % aus Kalbfleisch bestehen. Zu dem entsehnten Fleisch kommt noch das Häutelwerk, das sich aus gekochten, ausgelösten Kalbskopfteilen mit Haut, Bindegewebsteilen von Kälbern und gekochten Schwarten von jungen Schweinen zusammensetzt. Das Häutelwerk darf nicht mehr als 10 Prozent der Wurstmasse betragen, der Fremdwassergehalt nicht über 25 Prozent, der Fettgehalt nicht über 30 Prozent liegen.
Die fertige Wurstmasse wird in Schweinedärme gefüllt und zu etwa 12–15 cm langen Würsten von 80–90 Gramm Gewicht abgedreht. Sie werden heute bereits in der Metzgerei gebrüht. Zubereitet werden sie, indem man sie etwa 10 Minuten in 70 °C heißem, leicht gesalzenem Wasser erwärmt. In kochendem Wasser platzen sie, verlieren an Geschmack und es besteht die Gefahr, dass sich der Darm nicht mehr ordentlich abpellen lässt.
Aus der Zeit vor der Erfindung der Kühltechnik stammt die Empfehlung, Weißwürste dürften das Mittagsläuten um 12 Uhr nicht hören.[4] Nach einer anderen Erklärung wurden sie vormittags in den Gaststätten an Handwerker verkauft, die zum Mittagstisch Platz für zahlungskräftigere Kundschaft machen sollten. Heute werden Weißwürste den ganzen Tag über angeboten, von Bayern aber trotzdem in aller Regel nur zum Zweiten Frühstück gegessen. Mittlerweile werden „Münchner Weißwürste“ überwiegend industriell und außerhalb Münchens hergestellt und vorgebrüht in Dosen oder eingeschweißt weltweit vertrieben.[5][6]
Verzehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Münchner Weißwürste werden traditionell mit süßem Senf, Brezn und Weißbier vormittags zur Brotzeit verzehrt. Speziell beim Verzehr in Gaststätten werden, um das Auskühlen zu verhindern, wodurch die Haut sich schnell verfärben würde, die Würste in einer Schüssel mit heißem Wasser serviert. Bei der Weißwurst wird der Darm nicht mitgegessen. Sie wird entweder „gezuzelt“ („gesaugt“), also mit der Hand gefasst und der Inhalt mit den Zähnen aus dem Darm gezogen. Oder sie wird mit Messer und Gabel auf dem Teller längs halbiert, so dass der Darm auf der Unterseite intakt bleibt, und der Inhalt mit dem Besteck quer heruntergewälzt werden kann. Es besteht die Möglichkeit, die Wurst seitlich ein wenig einzuschneiden oder mit der Gabel aufzuschlitzen und die Haut daraufhin in einem Stück von der Wurst zu lösen. Eine Weißwurst kann aber auch, wie die meisten anderen Würste mit Naturdarm, mitsamt der Haut gegessen werden.[7]
Herkunftsbezeichnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst plante, die „Original Münchner Weißwurst“ bei der EU-Kommission in Brüssel als Herkunftsbezeichnung schützen zu lassen, und stellte dazu 2004 einen Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Entsprechend dem Antrag hätten nur in München hergestellte Weißwürste als „Münchner Weißwürste“ angeboten werden dürfen. Deshalb beantragte der Fleischerverband Bayern, das Herstellungsgebiet auf Altbayern und Schwaben auszudehnen. Nach vorläufiger Auffassung des DPMA vom 25. Februar 2005 erfüllte nur der Antrag der Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst die Voraussetzungen für die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe.[8] Am 17. Februar 2009 lehnte das Bundespatentgericht in letzter Instanz diesen Antrag mit der Begründung ab, dass Münchner Weißwürste seit Jahrzehnten mengenmäßig weit überwiegend aus anderen Regionen Bayerns und nicht aus München stammten.[9]
Schlesische Weißwurst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die schlesische Weißwurst (schlesisch Schläsche Weißwurscht) wird traditionell im Dezember gefertigt und zu Heiligabend und Neujahr mit einer typisch schlesischen Sauce (zum Beispiel Fischtunke oder Lebkuchensauce) verzehrt. Die Wurst selbst besteht vor allem aus Kalbfleisch (heutzutage oft durch Schweinefleisch ersetzt oder ergänzt) und Schweinespeck, welche beide unter Beigabe von Eis extrem fein gekuttert und mit Zitronengewürz und Weißwein verfeinert werden. Die Fleischmasse wird in Schweinedünndarm abgefüllt und kann zur besseren Haltbarkeit abgebrüht werden. Die fertige Wurst wird langsam in Wasser erhitzt oder auch in Butter gebraten. Als typisch schlesisches Weihnachtsessen wird diese dann zusammen mit Kartoffeln, Kartoffelbrei oder Graubrot und Sauerkraut serviert. Dazu gehört noch Rauchfleisch bzw. geräucherter Schweinebauch.
Polnische Weißwurst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anders als die schlesische Weißwurst enthält die polnische Weißwurst (Kiełbasa biała) typischerweise Knoblauch und Majoran, letzteres in ihrer großpolnischen, galizischen, pommerschen und kujawischen Variante. Sie ist darüber hinaus etwas gröber und wird nicht nur aus Rindfleisch oder Kalbfleisch hergestellt, sondern enthält standardmäßig Schweinefleisch. Sie ist in Schlesien bekannt und verbreitet. Polnische Weißwurst ist ein zentraler Bestandteil des polnischen Osterfrühstücks. Zu den heißen Würsten reicht man mit Vorliebe Brot, Butter, geriebene Rote Bete und Meerrettich. Ferner wird polnische Weißwurst häufig als Einlage in Żur gegessen, einer traditionellen Sauerteigsuppe der polnischen Küche, oder sie dient, oft mit Polnischer Sauce und Beilagen, als Hauptgang.
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Als Weißwurstäquator bezeichnet man die nördliche Grenze des bayerischen Kulturraums.
- Im mitteldeutschen Raum wird die regional verbreitete Kochwurst Knappwurst alternativ als Weißwurst bezeichnet.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dominik Seifert, Christoph Rudholzner: Das Weißwurst-ABC. Allitera, München 2012, ISBN 978-3-86906-554-0.
- Peter M. Lill, Ludwig Markgraf: Mythos Weißwurst. Knürr, München 1999, ISBN 3-928432-23-0.
- Werner Siegert: Der kleine aber absolut unentbehrliche Weißwurst-Knigge. Literareon im Herbert Utz-Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-1082-7 (auch Ausgaben in englischer und japanischer Sprache).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Münchner Weißwurst. Verbreitung: Bayern, mit Schwerpunkt in der Landeshauptstadt München. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, abgerufen am 25. Januar 2013 (Spezialitätenland Bayern).
- Dominik von Glass: 150 Jahre Weißwurst. Mythos im Schweinsdarm. In: FAZ.net. 15. Februar 2007, abgerufen am 25. Januar 2013.
- Georg Wedemeyer, Rupp Doinet: Bleiche Schönheit – leider etwas alt. In: stern Nr. 7. 17. Februar 2007, abgerufen am 6. November 2020.
- Georg Etscheit: Dick, weiß, glibberig. In: Zeit Online. 23. Februar 2007, abgerufen am 25. Januar 2013.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Dieter Wunderlich: Münchner Weißwurst. Geschichte der Weißwurst. In: dieterwunderlich.de. 2008, abgerufen am 25. Januar 2013.
- ↑ Richard Bauer: Zum hundertfünfzigsten Jubiläum der Münchner Weißwurst. ( vom 11. Juni 2009 im Webarchiv archive.today) In: Stadtarchiv München.
- ↑ Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (Hrsg.): Lars Gerdes, Barbara Schalch: Münchner Weißwurst – mit oder ohne Kalbfleisch? vom 14. Dezember 2021, abgerufen am 6. März 2022.
- ↑ Markus Fischer: Wie entstand der Brauch, Weißwürste vor zwölf Uhr mittags zu essen. In: Gute Frage. Hamburger Abendblatt, 7. Juli 2011, abgerufen am 6. März 2022.
- ↑ „Eine Beleidigung für Münchner“: Wirbel um norddeutsche Weißwürste bei Aldi. merkur.de, 31. August 2018, abgerufen am 11. März 2023.
- ↑ Joachim Krosta: Bayern loben die Weißwurst aus den Norden. shz.de, 19. September 2014, abgerufen am 11. März 2023.
- ↑ Genießen wie ein Bayer, essen wie ein Kannibale. In: sueddeutsche.de. 11. Mai 2010, abgerufen am 20. März 2018.
- ↑ DPMA Markenblatt. Markenblatt Nr. 8 vom 25.02.2005, Teil 7. Deutsches Patent- und Markenamt, 25. Februar 2005, abgerufen am 25. Januar 2013.
- ↑ Keine Exklusivrechte für die „Münchner Weißwurst“. In: FAZ.net. 17. Februar 2009, abgerufen am 25. Januar 2013.