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„Sensomotorik“ – Versionsunterschied

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Als '''Sensomotorik''' (auch '''Sensumotorik''') bezeichnet man das Zusammenspiel von [[Sinneswahrnehmung|sensorischen]] und [[Motorik|motorischen]] Leistungen. Damit ist die Steuerung und Kontrolle der Bewegungen von [[Lebewesen]] im Zusammenspiel mit Sinnesrückmeldungen gemeint.
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Die Zusammenhänge von Hirn- und Nervenaktivität, sowie Bewegungsabläufen werden in Disziplinen wie der [[Neurowissenschaft]], aber auch in der [[Sportwissenschaft]] untersucht. Der Wiederaufbau von gestörten sensomotorischen Funktionen ist beispielsweise Gegenstand der [[Ergotherapie]] und der [[Physiotherapie]]. Hierbei ist darauf zu achten, dass es natürliche Zeitfenster der motorischen Entwicklung gibt, die für das (Neu/Um)Lernen von Bewegungen besonders geeignet sind. Ist dieses optimale Lernalter verpasst, ist es wesentlich schwerer Bewegungsprozesse mit all ihren Rückkopplungen zu schulen.<ref>J. F. Yang, D. Livingstone, K. Brunton u.&nbsp;a.: ''Training to enhance walking in children with cerebral palsy: are we missing the window of opportunity?'' In: ''Semin Pediatr Neurol.'' Band 20, Nr. 2, Juni 2013, S. 106–115.</ref> Das Konzept der Sensomotorik dient gleichermaßen der Bewegungsschulung und -verbesserung. Es ist ein natürlicher Vorgang, der in der [[Prävention (Lernförderung)|Prävention]] und [[Therapie]] (z.&nbsp;B. [[Kurzer Fuß]]) genutzt werden kann, um Bewegungen und Bewegungsmuster besser durchzuführen. Hierbei spielt die gelernte Reihenfolge der Prozesse und deren Rückkopplung eine wichtige Rolle, da einmal gelernte Schaltprozesse nur durch ''Umlernen'' (schwerer als ''Neulernen'') neu geschaltet werden können. So ist das [[Schnelllesen]] in der Geschwindigkeit dadurch begrenzt, dass beim Lesenlernen zunächst laut gelesen wird, d.&nbsp;h., es wird ein eigentlich unnötiger Umweg über motorische Zentren (Steuerung von [[Kehlkopf]] und [[Lippe]]n) gelernt. Ähnlich ist es beim Sprinten: Auch die schnellsten [[Sprint]]er schaffen nur wenig mehr als 2,2 Doppelschritte/Sekunde, obwohl sie auf dem Standfahrrad bis zu 7 Umdrehungen/Sekunde (was von der Innervation den Doppelschritten annähernd entspricht) schaffen. Da Kleinkinder beim Laufenlernen sehr stark auf Rückkopplungsprozesse im Hinblick auf ihr Gleichgewicht angewiesen sind, ist es dem Sprinter nicht möglich, auch auf einer völlig ebenen Kunststoffbahn ohne solche zeitraubende Rückkopplung auszukommen.<ref>[[Arnd Krüger]]: ''Sprintvermögen und Informationsverarbeitungskapazität des Menschen.'' In: ''Die Lehre der Leichtathletik.'' Band 30, Nr. 44/45, 1979.</ref>
Als '''Sensomotorik''' bezeichnet man die Verbindung von [[Sinneswahrnehmung|sensorischen]] und [[Motorik|motorischen]] Leistungen. Damit ist die unmittelbare Steuerung und Kontrolle der Bewegungen von Lebewesen aufgrund von Sinnesrückmeldungen gemeint. Wahrnehmung des Reizes durch ein Sinnesorgan und motorisches Verhalten stehen in einem direktem Zusammenhang, diese Prozesse verlaufen parallel, wie zum Beispiel zwischen Auge, Ohr und der gezielten Steuerung von Arm-, Fußbewegungen beim Autofahren.
Die Zusammenhänge von Hirn- und Nervenaktivität sowie Bewegungsabläufen werden in Disziplinen wie der [[Neurowissenschaft]], aber auch in der [[Sportwissenschaft]], untersucht. Gerade im sportwissenschaftlichen Bereich der Bewegungslehre und der sportpädagogischen Praxis spielt die Sensomotorik eine zentrale Rolle. Ohne Berücksichtigung der Sensomotorik ist das Erlernen einer bestimmten sportlichen Übung bzw. Bewegung (Bsp. Handstützüberschlag) kaum möglich. Der Wiederaufbau von gestörten sensomotorischen Funktionen ist Gegenstand beispielsweise der [[Ergotherapie]].


Die Entwicklung der frühen sensomotorischen Leistungen im Kindesalter hat [[Jean Piaget]] intensiv erforscht (s. [[Theorie der kognitiven Entwicklung nach Piaget#Stadium der sensomotorischen Intelligenz|Stadium der Sensomotorischen Intelligenz]]). Für das spätere Lernalter sind komplexere psycho-soziale Bedingungen zu berücksichtigen. Für das Erreichen von hochqualifizierten Bewegungen ([[Zirkus]], [[Leistungssport]] etc.) ist es jedoch erforderlich, das jeweils optimale Lernalter (''Window of Opportunity'') zu nutzen.<ref>Arnd Krüger: ''Wann sollen Kinder mit Sport beginnen?'' In: P. Lösche (Hrsg.): ''Göttinger Sozialwissenschaften heute.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990, S. 278–308.</ref>
[[Kategorie:Neurobiologie]]

== Siehe auch ==
* [[Psychomotorik]]
* [[Lokomotorik]]
* [[Statomotorik]]
* [[Somatosensorischer Cortex]]
* [[Motorcortex]]

== Einzelnachweise ==
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==
* H. J. Luhmann: ''Sensomotorische Systeme: Körperhaltung und Bewegung.'' In: [[Rainer Klinke|R. Klinke]], [[Hans-Christian Pape|H. C. Pape]], A. Kurtz, S. Silbernagl (Hrsg.): ''Lehrbuch Physiologie.'' 6., vollst. überarb. Auflage. [[Thieme Verlagsgruppe|Thieme]], Stuttgart/ New York 2009, ISBN 978-3-13-796006-5, S. 757–798.
* Wolfgang Laube: ''Sensomotorisches System.'' Thieme, Stuttgart/ New York 2009, ISBN 978-3-13-148371-3.
* Wolfgang Laube: ''Sensomotorik und Schmerz. Wechselwirkung von Bewegungsreizen und Schmerzempfinden.'' Springer, 2020, ISBN 978-3-662-60511-0.


== Weblinks ==
Ungerer, D.: ''Zur Theorie des sensomotorischen Lernens.'' Hofmann-Verlag, Schorndorf. 1. Aufl.1971.
{{Wikibooks|Sensomotorik im Sportunterricht}}

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[[Kategorie:Neurobiologie]]
[[Kategorie:Motorik]]
[[Kategorie:Wahrnehmung]]

Aktuelle Version vom 25. Oktober 2024, 17:20 Uhr

Als Sensomotorik (auch Sensumotorik) bezeichnet man das Zusammenspiel von sensorischen und motorischen Leistungen. Damit ist die Steuerung und Kontrolle der Bewegungen von Lebewesen im Zusammenspiel mit Sinnesrückmeldungen gemeint.

Wahrnehmung des Reizes durch Sinnesorgane und motorisches Verhalten stehen in direktem Zusammenhang. Diese Prozesse verlaufen parallel, wie z. B. zwischen Auge, Ohr und der gezielten Steuerung von Arm-, Fußbewegungen beim Autofahren. Sensomotorik ist das Zusammenspiel der Sinnessysteme mit den motorischen Systemen.

Die Zusammenhänge von Hirn- und Nervenaktivität, sowie Bewegungsabläufen werden in Disziplinen wie der Neurowissenschaft, aber auch in der Sportwissenschaft untersucht. Der Wiederaufbau von gestörten sensomotorischen Funktionen ist beispielsweise Gegenstand der Ergotherapie und der Physiotherapie. Hierbei ist darauf zu achten, dass es natürliche Zeitfenster der motorischen Entwicklung gibt, die für das (Neu/Um)Lernen von Bewegungen besonders geeignet sind. Ist dieses optimale Lernalter verpasst, ist es wesentlich schwerer Bewegungsprozesse mit all ihren Rückkopplungen zu schulen.[1] Das Konzept der Sensomotorik dient gleichermaßen der Bewegungsschulung und -verbesserung. Es ist ein natürlicher Vorgang, der in der Prävention und Therapie (z. B. Kurzer Fuß) genutzt werden kann, um Bewegungen und Bewegungsmuster besser durchzuführen. Hierbei spielt die gelernte Reihenfolge der Prozesse und deren Rückkopplung eine wichtige Rolle, da einmal gelernte Schaltprozesse nur durch Umlernen (schwerer als Neulernen) neu geschaltet werden können. So ist das Schnelllesen in der Geschwindigkeit dadurch begrenzt, dass beim Lesenlernen zunächst laut gelesen wird, d. h., es wird ein eigentlich unnötiger Umweg über motorische Zentren (Steuerung von Kehlkopf und Lippen) gelernt. Ähnlich ist es beim Sprinten: Auch die schnellsten Sprinter schaffen nur wenig mehr als 2,2 Doppelschritte/Sekunde, obwohl sie auf dem Standfahrrad bis zu 7 Umdrehungen/Sekunde (was von der Innervation den Doppelschritten annähernd entspricht) schaffen. Da Kleinkinder beim Laufenlernen sehr stark auf Rückkopplungsprozesse im Hinblick auf ihr Gleichgewicht angewiesen sind, ist es dem Sprinter nicht möglich, auch auf einer völlig ebenen Kunststoffbahn ohne solche zeitraubende Rückkopplung auszukommen.[2]

Die Entwicklung der frühen sensomotorischen Leistungen im Kindesalter hat Jean Piaget intensiv erforscht (s. Stadium der Sensomotorischen Intelligenz). Für das spätere Lernalter sind komplexere psycho-soziale Bedingungen zu berücksichtigen. Für das Erreichen von hochqualifizierten Bewegungen (Zirkus, Leistungssport etc.) ist es jedoch erforderlich, das jeweils optimale Lernalter (Window of Opportunity) zu nutzen.[3]

Einzelnachweise

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  1. J. F. Yang, D. Livingstone, K. Brunton u. a.: Training to enhance walking in children with cerebral palsy: are we missing the window of opportunity? In: Semin Pediatr Neurol. Band 20, Nr. 2, Juni 2013, S. 106–115.
  2. Arnd Krüger: Sprintvermögen und Informationsverarbeitungskapazität des Menschen. In: Die Lehre der Leichtathletik. Band 30, Nr. 44/45, 1979.
  3. Arnd Krüger: Wann sollen Kinder mit Sport beginnen? In: P. Lösche (Hrsg.): Göttinger Sozialwissenschaften heute. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1990, S. 278–308.
  • H. J. Luhmann: Sensomotorische Systeme: Körperhaltung und Bewegung. In: R. Klinke, H. C. Pape, A. Kurtz, S. Silbernagl (Hrsg.): Lehrbuch Physiologie. 6., vollst. überarb. Auflage. Thieme, Stuttgart/ New York 2009, ISBN 978-3-13-796006-5, S. 757–798.
  • Wolfgang Laube: Sensomotorisches System. Thieme, Stuttgart/ New York 2009, ISBN 978-3-13-148371-3.
  • Wolfgang Laube: Sensomotorik und Schmerz. Wechselwirkung von Bewegungsreizen und Schmerzempfinden. Springer, 2020, ISBN 978-3-662-60511-0.
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