Zum Inhalt springen

„Lesestein (Geomorphologie)“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Begriff: Geologie wenigstens mit Überschrift - gerade wenn es derselbe Begriff sei, gehört das ja nicht hierher
 
(100 dazwischenliegende Versionen von 52 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
'''Lesesteine''' sind, allgemeinsprachlich und in den [[Geowissenschaften]], auf [[Wiese (Grünland)|Wiesen]], [[Weide (Grünland)|Weiden]] und Äckern liegende [[Stein]]e und Blöcke, die keine Verbindung zum [[Anstehendes Gestein|anstehenden Gestein]] haben.
[[Bild:Lesesteine.JPG|left|thumb|180px|Rain mit Lesesteinen in Nordostdeutschland]]'''Lesesteine''' sind die von [[Acker|Äckern]], [[Wiese (Grünfläche)|Wiese]]n und [[Weideland|Weiden]] zusammengetragenen, aufgelesenen [[Stein]]e und [[Block|Blöcke]], die auf dem Boden liegen und keine Verbindung zum anstehenden [[Gestein]] haben. Diese sind durch [[Geophysik|geophysikalische]], [[Bodenmechanik|bodenmechanische]] Vorgänge infolge der [[Eiszeit]] und nach strengen [[Winter]]n an die Oberfläche gelangt und werden, da sie die [[Bodenbearbeitung]] stören, durch "Ablesen" beseitigt.


== Begriff ==
Man findet diese in Form von so genannten ''[[Lesesteinhaufen]]'' z. B. häufig auf [[Grundmoräne]]n oder [[Endmoräne]]n. Häufig sind sie in [[Rain]]e integriert. Oft gelten Lesesteinhaufen auch als seltene beziehungsweise wertvolle Lebensräume und sind daher [[Naturschutz|naturschutzrechtlich]] geschützt, da sie ein bedeutender [[Biotop|Lebensraum]] für [[Reptilien]], [[Insekten]] und [[Pflanzen]] sind. Oftmals entwickelt sich aus einem Lesesteinhaufen auch ein kleines [[Gehölz]] oder [[Gebüsch]].
Lesesteine wurden durch die Verwitterung aus dem Gesteinsverband gelockert und durch die [[Erosion (Geologie)|Erosion]] oder durch [[Bodenmechanik|bodenmechanische]] Vorgänge, aber auch durch die [[Bodenbearbeitung]] an die Erdoberfläche gebracht. Da sie die Bodenbearbeitung stören und die Produktivität der bearbeiteten Fläche mindern, werden sie durch ''Ablesen'' beseitigt und an Feldrändern gesammelt oder abgefahren. In besonders steinreichen Gegenden werden sie zu [[Lesesteinhaufen]], Lesesteinwällen oder [[Trockenmauerwerk|Trockenmauern]] aufgeschichtet.

Da durch die fortschreitende [[Bodenerosion]] und durch [[Auffrieren]] (vor allem in den eiszeitlichen Lockergesteinen) laufend neue Steine an die Erdoberfläche kommen (umgangssprachlich: ''nachwachsen''), muss das Ablesen wiederholt werden.

== Geologie ==
[[Geologe]]n nutzen Lesesteine für die [[Kartierung (Geowissenschaften)#Geologie|geologische Kartierung]] in weitgehend ebenem Gelände ohne [[Aufschluss (Geologie)|Aufschlüsse]]. Durch die statistische Verteilung der verschiedenen Gesteinsarten, aus denen die Lesesteine bestehen, kann auf das unterhalb des [[Boden (Bodenkunde)|Bodens]] jeweils [[Anstehendes Gestein|anstehende Gestein]] geschlossen werden. Diese Methode nennt sich ''[[Lesesteinkartierung]].''<ref>{{Internetquelle |url=http://www.geodz.com/deu/d/Lesesteine |titel=Lesesteine |hrsg=Lexikon Geografie, Lexikon Geologie, Lexikon Geodäsie, Topologie & Geowissenschaften |zugriff=2017-04-07}}</ref>

== Naturschutz und Biotope ==
[[Lesesteinhaufen]] und -wälle aus Lesesteinen gelten als seltene und wertvolle Lebensräume und sind daher regional [[Naturschutz|naturschutzrechtlich]] geschützt (z.&nbsp;B. Schleswig-Holstein und Brandenburg), da sie wichtige [[Biotop|Lebensräume]] für [[Kriechtiere]], [[Insekten]], kleine Säugetiere und [[Pflanzen]] sind. Oftmals entwickelt sich aus einem Lesesteinhaufen auch ein kleines [[Unterholz|Gehölz]] oder [[Gebüsch]].

<gallery class="center" widths="150" caption="Lesesteine">
Lesesteinhaufen, Königswald, Potsdam.jpg|[[Lesesteinhaufen]] im [[Naturschutzgebiet Sacrower See und Königswald]] (Potsdam)
Lesesteine.JPG|Rain mit Lesesteinwall in Nordostdeutschland
Dolmen verdier.jpg|Lesesteine auf dem [[Dolmen von Verdier Petit]]
Ezraa Lesestein.jpg|Lesesteinmauern aus [[Basalt]] umgeben Olivenbäume. [[Hauran]]-Gebiet in Syrien
</gallery>

== Lesestein als Baustein {{Anker|Lesestein}} ==
{{Hauptartikel|Feldstein (Baumaterial)}}
Lesesteine wurden in vielen ländlichen Regionen der Welt (z. B. Irland, Mediterrangebiete) bei günstiger physikalisch-technischer Eignung neben Bruchsteinen zum Bau von Häusern (z. B. [[Trullo|Trulli]]), Speichern und Unterständen verwendet. Sehr verbreitet ist bzw. war das Aufschichten von Lesesteinen an den Grundstücks- und Weidegebietsgrenzen zu Trockenmauern oder die Verwendung in Terrassenmauern an Hängen. Diese können unter Umständen als kulturhistorische Landschaftselemente gelten und schützenswert sein.<ref>Jürgen Peters, Burkhard Klinkhammer: ''Kulturhistorische Landschaftselemente. Systematisieren, kartieren und planen – Untersuchungen in Brandenburg.'' In: ''Naturschutz und Landschaftsplanung.'' Jg. 32, Nr. 5. Stuttgart 2000, S. 147–152.</ref>

In den eiszeitlich beeinflussten Regionen Nordostdeutschlands, in denen kein Festgestein ansteht, sondern die Lesesteine aus den eiszeitlichen Lockergesteinen stammen, werden Lesesteine meist (auch umgangssprachlich) als [[Feldstein (Baumaterial)|Feldsteine]] bezeichnet. Da sie durch den glazialen Transport meist gut gerundet sind, lassen sie sich nicht schichten, sondern werden in Lesesteinhaufen oder -wällen bzw. Feldsteinhaufen gesammelt. Sie dienten in diesen Regionen vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein häufig als Baumaterial für Umfassungsmauern. Für das Herausarbeiten von Feldsteinquadern für Kirchen und Türme sind sie in der Regel zu klein, während die für Feldsteinquader geeigneten [[Findling]]e zu schwer sind, um noch „aufgelesen“ werden zu können.

Der Begriff ''Feldstein'' wird daher weniger im Sinne des geomorphologischen Begriffs Lesestein verwendet, sondern ist in erster Linie als Bezeichnung für einen [[Naturwerkstein]] in der [[Architektur]] ([[Feldsteinkirche]]n) und im [[Bauwesen]] (Feldsteinmauern) verbreitet.<ref>Hillert Ibbeken: ''Die mittelalterlichen Feld- und Bruchsteinkirchen im Fläming.'' Berlin Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-8305-0039-4.</ref>

== Siehe auch ==
* [[Geröll]]

== Literatur ==
* [[Gotthard Meinel]], [[Maik Netzband]]: ''Lexikon der Geowissenschaften''. Band 3: ''Instr bis Nor.'' [[Spektrum Akademischer Verlag]], Heidelberg / Berlin 2001, ISBN 3-8274-0422-3.

== Einzelnachweise ==
<references />

== Weblinks ==
{{Commonscat|Fieldstones|Lesestein|audio=1|video=1}}
* [[Elisabeth von Falkenhausen]]: {{Webarchiv |url=http://www.prignitz-entdecken.de/highlights/feldsteine/feldsteine.html |archive-is=20130211213148 |text=Lesesteine und Feldsteinbauten in der Prignitz}}, auch veröffentlicht in: ''Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Priegnitz'', Band 10, Perleberg 2010, S.&nbsp;5&nbsp;ff. ([http://www.geschichtsverein-prignitz.de/10.pdf#5 PDF; 2&nbsp;MB])

[[Kategorie:Verwitterung]]
[[Kategorie:Feldstein (Baumaterial)]]

Aktuelle Version vom 24. Januar 2024, 12:30 Uhr

Lesesteine sind, allgemeinsprachlich und in den Geowissenschaften, auf Wiesen, Weiden und Äckern liegende Steine und Blöcke, die keine Verbindung zum anstehenden Gestein haben.

Lesesteine wurden durch die Verwitterung aus dem Gesteinsverband gelockert und durch die Erosion oder durch bodenmechanische Vorgänge, aber auch durch die Bodenbearbeitung an die Erdoberfläche gebracht. Da sie die Bodenbearbeitung stören und die Produktivität der bearbeiteten Fläche mindern, werden sie durch Ablesen beseitigt und an Feldrändern gesammelt oder abgefahren. In besonders steinreichen Gegenden werden sie zu Lesesteinhaufen, Lesesteinwällen oder Trockenmauern aufgeschichtet.

Da durch die fortschreitende Bodenerosion und durch Auffrieren (vor allem in den eiszeitlichen Lockergesteinen) laufend neue Steine an die Erdoberfläche kommen (umgangssprachlich: nachwachsen), muss das Ablesen wiederholt werden.

Geologen nutzen Lesesteine für die geologische Kartierung in weitgehend ebenem Gelände ohne Aufschlüsse. Durch die statistische Verteilung der verschiedenen Gesteinsarten, aus denen die Lesesteine bestehen, kann auf das unterhalb des Bodens jeweils anstehende Gestein geschlossen werden. Diese Methode nennt sich Lesesteinkartierung.[1]

Naturschutz und Biotope

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lesesteinhaufen und -wälle aus Lesesteinen gelten als seltene und wertvolle Lebensräume und sind daher regional naturschutzrechtlich geschützt (z. B. Schleswig-Holstein und Brandenburg), da sie wichtige Lebensräume für Kriechtiere, Insekten, kleine Säugetiere und Pflanzen sind. Oftmals entwickelt sich aus einem Lesesteinhaufen auch ein kleines Gehölz oder Gebüsch.

Lesestein als Baustein

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lesesteine wurden in vielen ländlichen Regionen der Welt (z. B. Irland, Mediterrangebiete) bei günstiger physikalisch-technischer Eignung neben Bruchsteinen zum Bau von Häusern (z. B. Trulli), Speichern und Unterständen verwendet. Sehr verbreitet ist bzw. war das Aufschichten von Lesesteinen an den Grundstücks- und Weidegebietsgrenzen zu Trockenmauern oder die Verwendung in Terrassenmauern an Hängen. Diese können unter Umständen als kulturhistorische Landschaftselemente gelten und schützenswert sein.[2]

In den eiszeitlich beeinflussten Regionen Nordostdeutschlands, in denen kein Festgestein ansteht, sondern die Lesesteine aus den eiszeitlichen Lockergesteinen stammen, werden Lesesteine meist (auch umgangssprachlich) als Feldsteine bezeichnet. Da sie durch den glazialen Transport meist gut gerundet sind, lassen sie sich nicht schichten, sondern werden in Lesesteinhaufen oder -wällen bzw. Feldsteinhaufen gesammelt. Sie dienten in diesen Regionen vom Mittelalter bis in die Neuzeit hinein häufig als Baumaterial für Umfassungsmauern. Für das Herausarbeiten von Feldsteinquadern für Kirchen und Türme sind sie in der Regel zu klein, während die für Feldsteinquader geeigneten Findlinge zu schwer sind, um noch „aufgelesen“ werden zu können.

Der Begriff Feldstein wird daher weniger im Sinne des geomorphologischen Begriffs Lesestein verwendet, sondern ist in erster Linie als Bezeichnung für einen Naturwerkstein in der Architektur (Feldsteinkirchen) und im Bauwesen (Feldsteinmauern) verbreitet.[3]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Lesesteine. Lexikon Geografie, Lexikon Geologie, Lexikon Geodäsie, Topologie & Geowissenschaften, abgerufen am 7. April 2017.
  2. Jürgen Peters, Burkhard Klinkhammer: Kulturhistorische Landschaftselemente. Systematisieren, kartieren und planen – Untersuchungen in Brandenburg. In: Naturschutz und Landschaftsplanung. Jg. 32, Nr. 5. Stuttgart 2000, S. 147–152.
  3. Hillert Ibbeken: Die mittelalterlichen Feld- und Bruchsteinkirchen im Fläming. Berlin Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-8305-0039-4.
Commons: Lesestein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien