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„Michaelis-Menten-Theorie“ – Versionsunterschied

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Die '''Michaelis-Menten-Kinetik''' beschreibt die [[Enzymkinetik]] nach folgendem vereinfachendem [[Reaktionsmechanismus|Mechanismus]]: Das freie [[Enzym]] bindet zuerst reversibel an sein [[Substrat (Biochemie)|Substrat]]. Im gebundenen Zustand (Enzym-Substrat-Komplex) wird das Substrat umgewandelt und das Reaktionsprodukt löst sich vom Enzym. Falls der Zerfall des Komplexes in Enzym und Substrat gegenüber der Bildung des Produkts dominiert, gilt nach Einstellung des [[Fließgleichgewicht]]s für die reversible Reaktion das [[Massenwirkungsgesetz]] und die '''Michaelis-Menten-Gleichung''' für die [[Kinetik (Chemie)#Reaktionsgeschwindigkeit|Geschwindigkeit]] der Gesamtreaktion (Substratverbrauch und Produktbildung) in Abhängigkeit von der [[Konzentration (Chemie)|Substratkonzentration]] und weiteren Parametern. Damit kann zum Beispiel die Sättigung der Produktionsgeschwindigkeit von Produkten in enzymatischen Reaktionen erklärt werden.
Die '''Michaelis-Menten-Theorie''' (nach [[Leonor Michaelis]] und [[Maud Menten]] [[1913]]) legt den Grundstein für die [[Enzymkinetik]]. Hier wurde das theoretische Rüstzeug erarbeitet, Enzyme nicht nur hinsichtlich ihrer Aktivität zu charakterisieren, sondern auch die Stoffmenge (Konzentration) zu finden, welche eine den Gegebenheiten angepasste Umwandlung ermöglicht (siehe auch: [[Affinität (Biochemie)]]).


Die ''Michaelis-Menten-Kinetik'' ist nach [[Leonor Michaelis]] und [[Maud Menten]] benannt, die 1913 verbesserte experimentelle und Auswertungsmethoden für die Enzymkinetik demonstrierten.<ref>{{Literatur |Autor=Leonor Michaelis,
Im Allgemeinen sind Enzyme in der Lage, schwankende [[Substrat]][[konzentration]]en auszugleichen, d.&nbsp;h. ein [[Fließgleichgewicht]] („steady state“) dadurch einzustellen, dass sie ihre Tätigkeit dem Angebot anpassen. Ausnahmen hiervon bestätigen die Regel, und dann aus naheliegenden Gründen. So gibt es zwei [[Glucose]]-umwandelnde Enzyme, die [[Glucokinase]] der Leber und der Bauchspeicheldrüse und die [[Glucokinase|Hexokinase]], die in nahezu jeder Zelle vorkommt. Erstere trägt dazu bei, schädliche Schwankungen des [[Blutzucker]]spiegels auszugleichen, indem 1. die Leber die Glukose aus dem Blut aufnimmt und in Form von Glykogen speichert und 2. je nach Glukosekonzentration im Blut eine angemessene Menge Insulin aus der Bauchspeicheldrüse sekretiert wird. Die Hexokinase hingegen arbeitet stets an ihrer Leistungsgrenze, das heißt auch bei niedrigem Blutzucker. Dadurch werden, besonders unter Mangelbedingungen, vorrangig das Hirn und die roten Blutzellen, die auf Glukose als Energiequelle angewiesen sind, mit Energie versorgt. Anders gesagt: die Hexokinase findet auch in Notsituationen stets noch Glucose, arbeitet also mit maximaler Effizienz. So plausibel diese Feststellung erscheint, sie benötigt doch eine etwas eingehendere Behandlung, nicht zuletzt, um damit die Leistung von Leonor Michaelis und Maud Menten zu würdigen.
Maud Leonora Menten |Titel=Die Kinetik der Invertinwirkung |Sammelwerk=Biochemische Zeitschrift |Band=49 |Datum=1913 |ISSN=0366-0753 |URN=nbn:de:hebis:30-1090119 |Seiten=333-369}}</ref> Die Hypothese für den Mechanismus mit dem Komplex als Zwischenprodukt hatte [[Adolphe Wurtz]] bereits 1880 veröffentlicht. Im Jahr 1902 leitete [[Victor Henri]] daraus die Michaelis-Menten-Gleichung ab.<ref>{{Literatur |Autor=Athel Cornish-Bowden |Titel=One hundred years of Michaelis–Menten kinetics |Sammelwerk=Perspectives in Science |Band=4 |Datum=2015-03 |Seiten=3–9 |ISSN=2213-0209 |DOI=10.1016/j.pisc.2014.12.002 |Kommentar=freier Volltext}}</ref>


== Sättigung: das Phänomen ==
== Theoretischer Hintergrund ==
=== Einfache Beschreibung einer enzymatischen Reaktion ===
Im Gegensatz zur Kinetik chemischer Reaktionen gibt es in der Enzymkinetik das Phänomen der '''Sättigung''': bei sehr hohen Substratkonzentrationen kann die Umsatzgeschwindigkeit v nicht weiter gesteigert werden d.&nbsp;h. es wird ein Wert '''V<sub>max</sub>''' erreicht.
Als Biokatalysatoren bilden Enzyme '''E''' mit ihrem Substrat '''S''' einen Komplex '''ES''' (Enzym-Substrat-Komplex), aus dem heraus sich die Reaktion zum Produkt '''P''' vollzieht:<ref>{{Gold Book|Michaelis–Menten kinetics|M03892|Version=2.3.1}}</ref>


:<math>\mathrm E + \mathrm S\,\underset{k_1'}{\overset{k_1}{\rightleftharpoons}}\,\mathrm{ES}\,\underset{k_2'}{\overset{k_2}{\rightleftharpoons}}\,\mathrm{EP}\,\underset{k_3'}{\overset{k_3}{\rightleftharpoons}}\,\mathrm P + \mathrm E</math>
==theoretische Begründung==
Als Biokatalysatoren bilden Enzyme '''E''' mit ihrem Substrat '''S''' einen Komplex '''ES''', aus dem heraus sich die Reaktion zum Produkt vollzieht:


''k''<sub>1</sub> und ''k’''<sub>1</sub> sind die [[Geschwindigkeitskonstante]]n für die Assoziation (Zusammenlagerung) von E und S bzw. die Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes ES. ''k''<sub>2</sub> und ''k’''<sub>2</sub> sind die entsprechenden Konstanten für die Reaktion zum Produkt bzw. die [[Rückreaktion]] zum Substrat. ''k''<sub>3</sub> und ''k’''<sub>3</sub> beschreiben die Dissoziation bzw. Assoziation eines Enzym-Produkt-Komplexes. Diese Rückreaktion ist unter den Bedingungen der Enzymkinetik (kleine Konzentration [P]) vernachlässigbar. Auch ist meist ''k’''<sub>2</sub> viel kleiner als ''k''<sub>3</sub>, sodass die folgende Vereinfachung gerechtfertigt ist:<ref>{{Gold Book|Michaelis–Menten mechanism|M03893|Version=2.3.1}}</ref>
:[[bild:MMenten-frm1.png|Substratumsetzung allgemein]]


:<math>\mathrm E + \mathrm S\,\underset{k_1'}{\overset{k_1}{\rightleftharpoons}}\,\mathrm{ES}\,\overset{k_2}{\rightarrow}\,\mathrm P + \mathrm E</math>


Dieses System lässt sich allgemein durch ein System aus [[Gewöhnliche Differentialgleichung|gewöhnlichen Differentialgleichungen]] beschreiben, welches unter einer der Voraussetzungen [E] >> [S] oder [S] >> [E] näherungsweise analytisch lösbar ist, sonst [[Gewöhnliche Differentialgleichung#Lösung von linearen gewöhnlichen Differenzialgleichungen mittels der numerischen Berechnung|numerisch]].<ref>{{cite journal |author=Chen WW, Niepel M, Sorger PK |title=Classic and contemporary approaches to modeling biochemical reactions |journal=Genes Dev. |volume=24 |issue=17 |pages=1861–75 |year=2010 |month=September |pmid=20810646 |doi=10.1101/gad.1945410 |url=}}</ref> Die Michaelis-Menten-Gleichung gilt unter der weiteren Annahme des Fließgleichgewichtes.
''' k<sub>1</sub>''' und ''' k <sub>-1</sub>''' sind die Geschwindigkeitskonstanten für die Assoziation von E und S bzw. die Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes ES. ''' k<sub>2</sub>''' und ''' k <sub>-2</sub>''' sind die entsprechenden Konstanten für die Reaktion zum Produkt bzw. die Rückreaktion zum Substrat. Diese Rückreaktion findet unter den Bedingungen der Enzymkinetik, d.&nbsp;h. unmittelbar nach Mischung der Komponenten E und S, noch nicht statt (siehe [[Fließgleichgewicht]]). Ferner wird die Umwandlung von ES zu EP (und nicht die spontane Freisetzung von P) gemessen, so dass die folgende Vereinfachung gerechtfertigt ist:


=== Fließgleichgewicht ===
:[[bild:MMenten-frm2.png|Enzymkinetik: k<sub>2</sub> = k<sub>cat</sub>]]
Im Allgemeinen sind Enzyme in der Lage, schwankende [[Substrat (Biochemie)|Substratkonzentrationen]] auszugleichen, d.&nbsp;h. sehr schnell ein [[Fließgleichgewicht]] („steady state“) dadurch einzustellen, dass sie ihre Tätigkeit dem Angebot anpassen. Dies bedeutet, dass die Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes auf der langsameren Zeitskala, die für den Prozess der Produktbildung gültig ist, konstant bleibt. Es gilt also <math>\tfrac{\mathrm d[\mathrm{ES}]}{\mathrm dt} = 0.</math>
Diese Annahme des Fließgleichgewichts wurde von G.E. Briggs und [[John Burdon Sanderson Haldane]] entwickelt. Die Michaelis-Menten-Kinetik ist nur unter Annahme dieses Fließgleichgewichts mit einer konstanten [ES] gültig.


=== Die Michaelis-Menten-Gleichung ===
Hierin ist k<sub>2</sub> ein Maß der maximalen Reaktionsgeschwindigkeit bei Substratsättigung ( V<sub>max</sub>), auch Wechselzahl, molekulare Aktivität, „turnover number“ oder '''k<sub>cat</sub>''' genannt (k<sub>cat</sub> = V<sub>max</sub>/ [Eo]). '''Die [[Michaeliskonstante]] '', die Substratkonzentration bei der Halbsättigung vorliegt''' (die Umsatzgeschwindigkeit also v = V<sub>max</sub>/2 beträgt)'', ergibt sich zu
[[Datei:TUG Mathematik 1.jpg|mini|Die Formeln an der [[Technische Universität Graz|Technischen Universität Graz]].]]


Die aus der Reaktionsgleichung abgeleitete Michaelis-Menten-Kinetik lässt sich allgemein darstellen<ref>Zur Herleitung siehe ''[[:Datei:Enzyme Kinetics.pdf|Enzyme Kinetics]]'' (PDF).</ref> als:
:<math> K_m= {k_{-1} \over k_1} </math>
: <math> v_0 = \frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{K_{\mathrm m} + [\mathrm S]}</math>
''v''<sub>0</sub> gibt hierbei die initiale Reaktionsgeschwindigkeit bei einer bestimmten Substratkonzentration [S] an. ''v''<sub>max</sub> ist die maximale Reaktionsgeschwindigkeit.


Eine Kenngröße für eine enzymatische Reaktion ist die '''Michaeliskonstante'''&nbsp;''K''<sub>m</sub>. Sie hängt von der jeweiligen enzymatischen Reaktion ab. ''K''<sub>m</sub> gibt die Substratkonzentration an, bei der die Umsatzgeschwindigkeit halbmaximal ist (''v''&nbsp;=&nbsp;½·''v''<sub>max</sub>), die also bei Halbsättigung vorliegt.<ref>{{Gold Book|Michaelis constant|M03891|Version=2.3.1}}</ref> Sie ergibt sich als
(Michaelis-Menten Fall, gegeben wenn k<sub>2</sub><< k<sub>1</sub>) oder allgemeiner zu


:<math> K_m= {k_{-1} + k_2 \over k_1} </math>
: <math> K_{\mathrm m} = \frac{k'_1 + k_2}{k_1} </math>


(Briggs Haldane Situation [Zerfallswege von ES/Bildungsweg von ES] für den Fall, dass k <sub>2</sub> gegenüber k <sub>1</sub> nicht vernachlässigt werden kann)
für den Fall, dass ''k''<sub>2</sub> gegenüber ''k''<sub>1</sub> nicht vernachlässigt werden kann (Briggs-Haldane-Situation). Ein Spezialfall („Michaelis-Menten-Fall“) ist gegeben, wenn ''k''<sub>2</sub>&nbsp;<<&nbsp;''k''’<sub>1</sub>. Hierbei vereinfacht sich ''K''<sub>m</sub> zu:


: <math> K_{\mathrm m} = \frac{k'_1}{k_1} </math>
== Sättigungsverlauf: eine Hyperbel zwischen K<sub>m</sub> und V<sub>max</sub> ==
Dies entspricht der [[Dissoziationskonstante]] des Enzym-Substrat-Komplexes. In diesem Fall kann man ''K''<sub>m</sub> also als Maß für die Affinität des Enzyms für das Substrat betrachten.


Eine weitere wichtige Größe ist die [[Wechselzahl]] ''k''<sub>cat</sub>, auch molekulare Aktivität oder „turnover number“ genannt. ''k''<sub>cat</sub> entspricht ''k''<sub>2</sub>, wenn nur ein einziger chemischer Schritt zur Produktbildung führt. Sind es mehrere Reaktionsschritte, so wird ''k''<sub>cat</sub> verwendet, um die Geschwindigkeit alle Schritte vom Enzym-Substrat-Komplex zu freiem Enzym und Produkt zusammenzufassen.<ref>{{Literatur |Autor=Robert A. Copeland |Titel=Enzymes. A Practical Introduction to Structure, Mechanism, and Data Analysis |Auflage=2. |Verlag=Wiley-VCH |Ort=New York |Datum=2000 |ISBN=0-471-35929-7 |Seiten=114}}</ref> Aus der Definition der [[Kinetik (Chemie)|Reaktionsgeschwindigkeit]] ergibt sich, dass
[[bild:EnzKin-hyp.png|thumb|Sättigungshyperbel]]
:<math> v = \frac{\mathrm d[\mathrm P]}{\mathrm dt} = k_\mathrm{cat}[\mathrm{ES}]</math>
und somit
:<math> k_\mathrm{cat} = \frac{{v_\mathrm{max}}}{{[\mathrm E]+[\mathrm{ES}]}}</math>.


=== Vereinfachte Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung ===
Die Sättigungsfunktion eines “Michaelis-Menten Enzyms” lässt sich unter Verwendung der Parameter '''K<sub>m</sub>''' und '''V<sub>max</sub>''' wie folgt formulieren:
Das vorausgesetzte Fließgleichgewicht ermöglicht eine formale Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung aus einer passenden Formulierung des [[Massenwirkungsgesetz]]es (das seinerseits auf kinetischen Überlegungen beruht). Hinreichende Voraussetzungen der Herleitung sind:


:<math> v= {V_{max} \times [S] \over K_m + [S]} </math>
* die Formulierung <math> K_{\mathrm m} = \frac{[E][S]}{[ES]}</math> des Fließgleichgewichts;
* der Zusammenhang <math> [E] = [E]_0 - [ES] </math>; hierbei ist <math>[E]_0</math> die als konstant angenommene Konzentration des Enzyms insgesamt (d.&nbsp;h. mit oder auch ohne gebundenes Substrat);
* die Proportionalität <math>\frac{v_\text{max}}{v} = \frac{[E]_0}{[ES]}</math>.


Die Vorgehensweise erspart nicht nur (wie die im hier vorangehenden Abschnitt genannten Quelle) die Lösung von Differentialgleichungen, sondern auch die explizite Betrachtung der einzelnen Geschwindigkeitskonstanten <math>k_i, k'_i</math>. Ferner macht die genannte Formulierung des Fließgleichgewichts ohne weitere Rechnung verständlich,
Dies ist die ''Michaelis-Menten Beziehung'', d.&nbsp;h. die Gleichung einer Hyperbel mit den folgenden in der Abbildung gezeigten Eigenschaften:
* warum eine kleine Konstante <math>K_{\mathrm m}</math> eine hohe Affinität des Enzyms zum Substrat bedeutet (der Wert des Bruchs fällt bei gegebenem Zähler, wenn der Nenner <math>[ES]</math> wächst), und
* warum die Konstante die Dimension einer Konzentration hat.


{| class="wikitable left mw-collapsible mw-collapsed font-size: 105.3%;"
* Ihre Tangenten entsprechen den Werten V<sub>max</sub> (realer Ast) und K<sub>m</sub> (imaginärer Ast, gestrichelt);
|style="text-align:left; font-size: 95%;"| ''Mathematische Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung''&nbsp;&nbsp;
|-
|
<math>[E] = [E]_0 - [ES] \quad </math> und <math> \quad \frac{v_\text{max}}{v} = \frac{[E]_0}{[ES]} \quad</math> in <math>\quad K_{\mathrm m} = \frac{[E] \cdot [S]}{[ES]} \quad</math> ergibt:


:<math> K_{\mathrm m} = \frac{([E]_0 - [ES])\cdot [S]}{[ES]} = [S] \cdot \frac{[E]_0 - [ES]}{[ES]} = [S] \cdot \left(\frac{[E]_0}{[ES]}-1\right) =
* '''gleicht die Substratkonzentration [S] dem K<sub>m</sub>-Wert, so liegt die Hälfte des ursprünglich vorhandenen Enzyms''' [Eo] '''in Form des Enzym-Substrat-Komplexes [ES] vor''', die andere Hälfte ist frei [E];
[S] \cdot \left(\frac{v_\text{max}}{v}-1\right); \quad \mid:[S] \neq 0 \quad \mid +1 </math>


:<math> \frac{K_{\mathrm m}}{[S]} +1 = \frac{K_{\mathrm m}+[S]}{[S]} = \frac{v_\text{max}}{v} \quad \mid </math>Brüche stürzen<math> \quad \mid \cdot v_\text{max}</math>;
* da die Sättigung asymptotisch angenähert wird, sind hierzu Substratkonzentrationen erforderlich, die mehr als dem zehnfachen K<sub>m</sub>-Wert entsprechen. Im Umkehrschluss gilt:


:<math> \frac{v_\text{max} \cdot [S]}{K_{\mathrm m}+[S]} = v \quad</math> '''(Michaelis-Menten)'''.
* hat man für ein Enzym eine Sättigungshyperbel gemessen, d.&nbsp;h. die Umsatzgeschwindigkeit v als Funktion der Substratkonzentration [S] bestimmt, so lassen sich daraus V<sub>max</sub> (die Aktivität) und K<sub>m</sub> (die reziproke [[Affinität (Biochemie)|Affinität]]) ableiten. Ein relativ neues, einfaches und doch präzises Verfahren zu diesem Zweck ist die direkt-lineare Auftragung ([[Enzymkinetik]]).
|}


== Sättigung der enzymatischen Reaktion ==
* '''Inhibitoren''', darunter wichtige Medikamente und Gifte, ändern die Eigenschaften von Enzymen und können mit den hier eingeführten Methoden näher charakterisiert und in ihrer Wirkungsweise besser verstanden werden:
Im Gegensatz zur Kinetik unkatalysierter Reaktionen gibt es in der Enzymkinetik das Phänomen der '''Sättigung''': bei sehr hohen Substratkonzentrationen kann die Umsatzgeschwindigkeit&nbsp;''v'' nicht weiter gesteigert werden, das heißt, es wird ein Wert ''v''<sub>max</sub> erreicht.
:* „kompetitive“ Inhibitoren erhöhen den K<sub>m</sub>-Wert;
[[Datei:Michaelis-Menten plot.svg|mini|hochkant=2.4|''K''<sub>m</sub> entspricht der Konzentration, für die ''v'' = ½&nbsp;''v''<sub>max</sub> gilt]]
:* „unkompetitive“ Inhibitoren erniedrigen V<sub>max</sub>, verändern den K<sub>m</sub>-Wert aber nicht(!);
:* Inhibitoren vom Mischtyp erhöhen den K<sub>m</sub>-Wert und erniedrigen V<sub>max</sub>
:* als Sonderfall des Mischtyps hat der „nichtkompetitive“ Inhibitor zu gelten, der ausschließlich den V<sub>max</sub>-Wert erniedrigt; bei Einsubstrat-Enzymen kommt er (entgegen verbreiteter Auffassung) nicht vor.


Die Sättigungsfunktion eines „Michaelis-Menten-Enzyms“ lässt sich unter Verwendung der Parameter ''K''<sub>m</sub> und ''v''<sub>max</sub> wie folgt formulieren:
Unter [[Enzymkinetik]] finden sich weitere Merkmale dieser Inhibitionstypen.

: <math> v = \frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{K_\mathrm m + [\mathrm S]} </math>

Diese ''Michaelis-Menten-Beziehung'' ist die Gleichung einer [[Hyperbel (Mathematik)#Hyperbel mit einer Gleichung y=A/x|Hyperbel]].
{| class="wikitable left mw-collapsible mw-collapsed font-size: 105.3%;"
|style="text-align:left; font-size: 95%;"| ''Rechnung zur Klassifikation der Beziehung als Hyperbel''&nbsp;&nbsp;
|-
|
Die Hyperbel <math>\textstyle v = \frac{A}{[S]} = \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{[S]}</math> sei vorgegeben.
*Verschiebung um -K<sub>m</sub> in [S]-Richtung ergibt
:<math>v = \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{[S]-(-K_m)} = \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{[S] +K_m} = \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{K_m +[S]}</math>
* (Nachfolgende) Spiegelung an der [S]-Achse ergibt:
:<math>v = - \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{K_m+[S]}</math>
* (Nachfolgende) Verschiebung um +v<sub>max</sub> in v-Richtung ergibt:
:<math>v \quad = v_\text{max} - \frac {v_\text{max}\cdot K_m}{K_m+[S]} \quad = v_\text{max} \cdot \left(1 - \frac {K_m}{K_m+[S]}\right) \quad = v_\text{max} \cdot \frac {K_m+[S] -K_m}{K_m+[S]} \quad = \frac {v_\text{max} \cdot [S]}{K_m+[S]}; </math>

da die Michaelis-Menten-Beziehung graphisch durch eine Verkettung von Kongruenzabbildungen aus einer Hyperbelgleichung erzeugt werden kann, ist sie selbst eine Hyperbelgleichung.
|}
Sie zeigt folgende Eigenschaften (siehe Abbildung):
* Der ''v''-Wert der waagerechten [[Asymptote]] entspricht ''v''<sub>max</sub>.
{| class="wikitable left mw-collapsible mw-collapsed font-size: 105.3%;"
|style="text-align:left; font-size: 95%;"| ''Rechnung zur Bestimmung der Asymptote''&nbsp;&nbsp;
|-
|
Der Grenzwert lässt sich mit Ausklammern und Kürzen von <math>[S]</math> bestimmen:
:<math>\lim_{[S]\to+\infty} \frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{K_\mathrm m + [\mathrm S]} \quad = \lim_{[S]\to+\infty} \frac{v_\mathrm{max}\cdot [\mathrm S]}{(\frac{K_\mathrm m }{[\mathrm S]} + 1)\cdot [\mathrm S]} \quad = </math><math>\ \frac{v_\mathrm{max}}{0 + 1}\quad = v_\mathrm{max}</math>
|}
* Entspricht die Substratkonzentration [S] dem ''K''<sub>m</sub>-Wert, so liegt die Hälfte des ursprünglich vorhandenen Enzyms E in Form des Enzym-Substrat-Komplexes ES vor, die andere Hälfte ist frei: [ES] = [E] = ½[E]<sub>0</sub>.
:Verallgemeinerung: Ist die Substratkonzentration [S] das <math>\textstyle 0<a</math>-fache von ''K''<sub>m</sub>, so ist die Umsatzgeschwindigkeit <math>v</math> das <math>\textstyle \frac{a}{a+1}</math>-fache von <math>v_\text{max}</math>; weiter ist dann [ES] das <math>\textstyle \frac{a}{a+1}</math>-fache von [E]<sub>0</sub>, und das <math>\textstyle \frac{1}{a+1}</math>-fache von [E]<sub>0</sub> ist freies Enzym (Konzentration [E]). Mit <math>\textstyle a=1</math> folgen für [S] = K<sub>M</sub> die im Abschnitt "Die Michaelis-Menten-Gleichung" genannte halbmaximale Umsatzgeschwindigkeit sowie auch "[ES] = [E] = ½[E]<sub>0</sub>".
{| class="wikitable left mw-collapsible mw-collapsed font-size: 105.3%;"
|style="text-align:left; font-size: 95%;"| ''Rechnung zur Herleitung der genannten Beziehungen''&nbsp;&nbsp;
|-
|
Einsetzen von <math>\quad [S] = a \cdot K_\mathrm m \Leftrightarrow K_\mathrm m = \frac{[S]}{a} \quad </math> in <math> \quad v = \frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{K_\mathrm m + [\mathrm S]} \quad </math> ergibt:

:<math>v = \quad\frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{\frac{[S]}{a} + [S]}

\quad = \quad \frac{v_\mathrm{max} \cdot [\mathrm S]}{(\frac{1}{a} + 1) \cdot [S]}

\quad = \quad\frac{v_\mathrm{max} }{\frac{1+a}{a}}

\quad = \quad v_\mathrm{max} \cdot \frac{a}{a+1}</math>;

für die folgenden Umformungen werden Beziehungen aus dem Abschnitt „Vereinfachte Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung“ verwendet. - Gleichsetzen mit

<math> \quad \frac{v}{v_\mathrm{max} } = \frac{[ES]}{[E]_0} \quad \Leftrightarrow \quad v = v_\mathrm{max} \cdot \frac{[ES]}{[E]_0} \quad </math> ergibt:

<math>v_\mathrm{max} \cdot \frac{[ES]}{[E]_0} \quad = \quad v_\mathrm{max} \cdot \frac{a}{a+1}; \quad \mid :v_\mathrm{max} \quad \mid \cdot [E]_0</math>

:<math>[ES] = [E]_0 \cdot \frac{a}{a+1}</math>;

Einsetzen in <math>[E] = [E]_0 - [ES]</math> ergibt:

:<math>[E] \quad = \quad [E]_0 - [E]_0 \cdot \frac{a}{a+1} \quad = \quad [E]_0 \cdot \left(1-\frac{a}{a+1}\right) \quad = \quad [E]_0 \cdot \frac{a+1-a}{a+1} \quad = \quad [E]_0 \cdot \frac{1}{a+1}</math>;
|}
* Da die Sättigung asymptotisch angenähert wird, sind hierzu Substratkonzentrationen erforderlich, die mehr als dem zehnfachen ''K''<sub>m</sub>-Wert entsprechen. Im Umkehrschluss gilt: Hat man für ein Enzym eine Sättigungshyperbel gemessen, d.&nbsp;h. die Umsatzgeschwindigkeit v als Funktion der Substratkonzentration [S] bestimmt, so lassen sich daraus ''v''<sub>max</sub> (die Aktivität) und ''K''<sub>m</sub> (die reziproke [[Affinität (Biochemie)|Affinität]]) ableiten. Ein relativ neues, einfaches und doch präzises Verfahren zu diesem Zweck ist die direkt-lineare Auftragung (siehe [[Enzymkinetik]] und [[S-System]]).

== Inhibitoren und ihr Einfluss auf die Michaelis-Menten-Kinetik ==
[[Inhibitor]]en, darunter wichtige Medikamente und Gifte, ändern die Eigenschaften von Enzymen und hemmen die enzymatische Reaktion.
[[Aktivator (Biochemie)|Aktivatoren]] erhöhen die enzymatische Aktivität eines Enzyms.
Man kann Inhibitoren in verschiedene Klassen unterteilen (siehe dazu: [[Enzymhemmung]]). Je nach Wirkungsweise des Inhibitors, hat dieser einen unterschiedlichen Einfluss auf die Michaelis-Menten-Gleichung:
:* „kompetitive“ Inhibitoren erhöhen den ''K''<sub>m</sub>-Wert, verändern ''v''<sub>max</sub> jedoch nicht.
:* „unkompetitive“ Inhibitoren (selten anzutreffen) binden spezifisch an den Enzym-Substrat Komplex. Sie senken ''v''<sub>max</sub> und den scheinbaren ''K''<sub>m</sub>-Wert.
:* Inhibitoren vom Mischtyp erhöhen den ''K''<sub>m</sub>-Wert und verringern ''v''<sub>max</sub>
:* als Sonderfall des Mischtyps hat der „nichtkompetitive“ Inhibitor zu gelten, der ausschließlich den ''v''<sub>max</sub>-Wert senkt und den ''K''<sub>m</sub>-Wert unverändert lässt. Bei Einsubstrat-Enzymen kommt dieser Typus nicht vor.

== Literatur ==
* Andrés Illanes: ''Enzyme biocatalysis: principles and applications.'' Springer, Dordrecht 2008, ISBN 978-1-4020-8360-0.
* David L. Nelson, Michael M. Cox: ''Lehninger Biochemie.'' 4. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-68637-8. Kapitel: ''Enzyme''.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Michaelis–Menten kinetics|Michaelis-Menten-Theorie}}
* http://www.chemieunterricht.de/dc2/rk/mm-histo.htm

== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Biochemie]]
[[Kategorie:Enzymkinetik]]


[[en:Michaelis-Menten kinetics]]
[[es:Cinética de Michaelis-Menten]]
[[fr:Équation de Michaelis Menten]]
[[he:קינטיקת מיכאליס-מנטן]]
[[ja:ミカエリス・メンテン式]]
[[nl:Michaelis-Menten]]
[[ru:Уравнение Михаэлиса — Ментен]]
[[sk:Michaelisova konštanta]]
[[sk:Michaelisova konštanta]]
[[sr:Михаелис - Ментен кинетика]]

Aktuelle Version vom 2. Juli 2025, 12:36 Uhr

Die Michaelis-Menten-Kinetik beschreibt die Enzymkinetik nach folgendem vereinfachendem Mechanismus: Das freie Enzym bindet zuerst reversibel an sein Substrat. Im gebundenen Zustand (Enzym-Substrat-Komplex) wird das Substrat umgewandelt und das Reaktionsprodukt löst sich vom Enzym. Falls der Zerfall des Komplexes in Enzym und Substrat gegenüber der Bildung des Produkts dominiert, gilt nach Einstellung des Fließgleichgewichts für die reversible Reaktion das Massenwirkungsgesetz und die Michaelis-Menten-Gleichung für die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion (Substratverbrauch und Produktbildung) in Abhängigkeit von der Substratkonzentration und weiteren Parametern. Damit kann zum Beispiel die Sättigung der Produktionsgeschwindigkeit von Produkten in enzymatischen Reaktionen erklärt werden.

Die Michaelis-Menten-Kinetik ist nach Leonor Michaelis und Maud Menten benannt, die 1913 verbesserte experimentelle und Auswertungsmethoden für die Enzymkinetik demonstrierten.[1] Die Hypothese für den Mechanismus mit dem Komplex als Zwischenprodukt hatte Adolphe Wurtz bereits 1880 veröffentlicht. Im Jahr 1902 leitete Victor Henri daraus die Michaelis-Menten-Gleichung ab.[2]

Theoretischer Hintergrund

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Einfache Beschreibung einer enzymatischen Reaktion

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Als Biokatalysatoren bilden Enzyme E mit ihrem Substrat S einen Komplex ES (Enzym-Substrat-Komplex), aus dem heraus sich die Reaktion zum Produkt P vollzieht:[3]

k1 und k’1 sind die Geschwindigkeitskonstanten für die Assoziation (Zusammenlagerung) von E und S bzw. die Dissoziation des Enzym-Substrat-Komplexes ES. k2 und k’2 sind die entsprechenden Konstanten für die Reaktion zum Produkt bzw. die Rückreaktion zum Substrat. k3 und k’3 beschreiben die Dissoziation bzw. Assoziation eines Enzym-Produkt-Komplexes. Diese Rückreaktion ist unter den Bedingungen der Enzymkinetik (kleine Konzentration [P]) vernachlässigbar. Auch ist meist k’2 viel kleiner als k3, sodass die folgende Vereinfachung gerechtfertigt ist:[4]

Dieses System lässt sich allgemein durch ein System aus gewöhnlichen Differentialgleichungen beschreiben, welches unter einer der Voraussetzungen [E] >> [S] oder [S] >> [E] näherungsweise analytisch lösbar ist, sonst numerisch.[5] Die Michaelis-Menten-Gleichung gilt unter der weiteren Annahme des Fließgleichgewichtes.

Fließgleichgewicht

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Im Allgemeinen sind Enzyme in der Lage, schwankende Substratkonzentrationen auszugleichen, d. h. sehr schnell ein Fließgleichgewicht („steady state“) dadurch einzustellen, dass sie ihre Tätigkeit dem Angebot anpassen. Dies bedeutet, dass die Konzentration des Enzym-Substrat-Komplexes auf der langsameren Zeitskala, die für den Prozess der Produktbildung gültig ist, konstant bleibt. Es gilt also Diese Annahme des Fließgleichgewichts wurde von G.E. Briggs und John Burdon Sanderson Haldane entwickelt. Die Michaelis-Menten-Kinetik ist nur unter Annahme dieses Fließgleichgewichts mit einer konstanten [ES] gültig.

Die Michaelis-Menten-Gleichung

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Die Formeln an der Technischen Universität Graz.

Die aus der Reaktionsgleichung abgeleitete Michaelis-Menten-Kinetik lässt sich allgemein darstellen[6] als:

v0 gibt hierbei die initiale Reaktionsgeschwindigkeit bei einer bestimmten Substratkonzentration [S] an. vmax ist die maximale Reaktionsgeschwindigkeit.

Eine Kenngröße für eine enzymatische Reaktion ist die Michaeliskonstante Km. Sie hängt von der jeweiligen enzymatischen Reaktion ab. Km gibt die Substratkonzentration an, bei der die Umsatzgeschwindigkeit halbmaximal ist (v = ½·vmax), die also bei Halbsättigung vorliegt.[7] Sie ergibt sich als

für den Fall, dass k2 gegenüber k1 nicht vernachlässigt werden kann (Briggs-Haldane-Situation). Ein Spezialfall („Michaelis-Menten-Fall“) ist gegeben, wenn k2 << k1. Hierbei vereinfacht sich Km zu:

Dies entspricht der Dissoziationskonstante des Enzym-Substrat-Komplexes. In diesem Fall kann man Km also als Maß für die Affinität des Enzyms für das Substrat betrachten.

Eine weitere wichtige Größe ist die Wechselzahl kcat, auch molekulare Aktivität oder „turnover number“ genannt. kcat entspricht k2, wenn nur ein einziger chemischer Schritt zur Produktbildung führt. Sind es mehrere Reaktionsschritte, so wird kcat verwendet, um die Geschwindigkeit alle Schritte vom Enzym-Substrat-Komplex zu freiem Enzym und Produkt zusammenzufassen.[8] Aus der Definition der Reaktionsgeschwindigkeit ergibt sich, dass

und somit

.

Vereinfachte Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung

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Das vorausgesetzte Fließgleichgewicht ermöglicht eine formale Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung aus einer passenden Formulierung des Massenwirkungsgesetzes (das seinerseits auf kinetischen Überlegungen beruht). Hinreichende Voraussetzungen der Herleitung sind:

  • die Formulierung des Fließgleichgewichts;
  • der Zusammenhang ; hierbei ist die als konstant angenommene Konzentration des Enzyms insgesamt (d. h. mit oder auch ohne gebundenes Substrat);
  • die Proportionalität .

Die Vorgehensweise erspart nicht nur (wie die im hier vorangehenden Abschnitt genannten Quelle) die Lösung von Differentialgleichungen, sondern auch die explizite Betrachtung der einzelnen Geschwindigkeitskonstanten . Ferner macht die genannte Formulierung des Fließgleichgewichts ohne weitere Rechnung verständlich,

  • warum eine kleine Konstante eine hohe Affinität des Enzyms zum Substrat bedeutet (der Wert des Bruchs fällt bei gegebenem Zähler, wenn der Nenner wächst), und
  • warum die Konstante die Dimension einer Konzentration hat.
Mathematische Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung  

und in ergibt:

Brüche stürzen;
(Michaelis-Menten).

Sättigung der enzymatischen Reaktion

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Im Gegensatz zur Kinetik unkatalysierter Reaktionen gibt es in der Enzymkinetik das Phänomen der Sättigung: bei sehr hohen Substratkonzentrationen kann die Umsatzgeschwindigkeit v nicht weiter gesteigert werden, das heißt, es wird ein Wert vmax erreicht.

Km entspricht der Konzentration, für die v = ½ vmax gilt

Die Sättigungsfunktion eines „Michaelis-Menten-Enzyms“ lässt sich unter Verwendung der Parameter Km und vmax wie folgt formulieren:

Diese Michaelis-Menten-Beziehung ist die Gleichung einer Hyperbel.

Rechnung zur Klassifikation der Beziehung als Hyperbel  

Die Hyperbel sei vorgegeben.

  • Verschiebung um -Km in [S]-Richtung ergibt
  • (Nachfolgende) Spiegelung an der [S]-Achse ergibt:
  • (Nachfolgende) Verschiebung um +vmax in v-Richtung ergibt:

da die Michaelis-Menten-Beziehung graphisch durch eine Verkettung von Kongruenzabbildungen aus einer Hyperbelgleichung erzeugt werden kann, ist sie selbst eine Hyperbelgleichung.

Sie zeigt folgende Eigenschaften (siehe Abbildung):

  • Der v-Wert der waagerechten Asymptote entspricht vmax.
Rechnung zur Bestimmung der Asymptote  

Der Grenzwert lässt sich mit Ausklammern und Kürzen von bestimmen:

  • Entspricht die Substratkonzentration [S] dem Km-Wert, so liegt die Hälfte des ursprünglich vorhandenen Enzyms E in Form des Enzym-Substrat-Komplexes ES vor, die andere Hälfte ist frei: [ES] = [E] = ½[E]0.
Verallgemeinerung: Ist die Substratkonzentration [S] das -fache von Km, so ist die Umsatzgeschwindigkeit das -fache von ; weiter ist dann [ES] das -fache von [E]0, und das -fache von [E]0 ist freies Enzym (Konzentration [E]). Mit folgen für [S] = KM die im Abschnitt "Die Michaelis-Menten-Gleichung" genannte halbmaximale Umsatzgeschwindigkeit sowie auch "[ES] = [E] = ½[E]0".
Rechnung zur Herleitung der genannten Beziehungen  

Einsetzen von in ergibt:

;

für die folgenden Umformungen werden Beziehungen aus dem Abschnitt „Vereinfachte Herleitung der Michaelis-Menten-Gleichung“ verwendet. - Gleichsetzen mit

ergibt:

;

Einsetzen in ergibt:

;
  • Da die Sättigung asymptotisch angenähert wird, sind hierzu Substratkonzentrationen erforderlich, die mehr als dem zehnfachen Km-Wert entsprechen. Im Umkehrschluss gilt: Hat man für ein Enzym eine Sättigungshyperbel gemessen, d. h. die Umsatzgeschwindigkeit v als Funktion der Substratkonzentration [S] bestimmt, so lassen sich daraus vmax (die Aktivität) und Km (die reziproke Affinität) ableiten. Ein relativ neues, einfaches und doch präzises Verfahren zu diesem Zweck ist die direkt-lineare Auftragung (siehe Enzymkinetik und S-System).

Inhibitoren und ihr Einfluss auf die Michaelis-Menten-Kinetik

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Inhibitoren, darunter wichtige Medikamente und Gifte, ändern die Eigenschaften von Enzymen und hemmen die enzymatische Reaktion. Aktivatoren erhöhen die enzymatische Aktivität eines Enzyms. Man kann Inhibitoren in verschiedene Klassen unterteilen (siehe dazu: Enzymhemmung). Je nach Wirkungsweise des Inhibitors, hat dieser einen unterschiedlichen Einfluss auf die Michaelis-Menten-Gleichung:

  • „kompetitive“ Inhibitoren erhöhen den Km-Wert, verändern vmax jedoch nicht.
  • „unkompetitive“ Inhibitoren (selten anzutreffen) binden spezifisch an den Enzym-Substrat Komplex. Sie senken vmax und den scheinbaren Km-Wert.
  • Inhibitoren vom Mischtyp erhöhen den Km-Wert und verringern vmax
  • als Sonderfall des Mischtyps hat der „nichtkompetitive“ Inhibitor zu gelten, der ausschließlich den vmax-Wert senkt und den Km-Wert unverändert lässt. Bei Einsubstrat-Enzymen kommt dieser Typus nicht vor.
  • Andrés Illanes: Enzyme biocatalysis: principles and applications. Springer, Dordrecht 2008, ISBN 978-1-4020-8360-0.
  • David L. Nelson, Michael M. Cox: Lehninger Biochemie. 4. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-68637-8. Kapitel: Enzyme.
Commons: Michaelis-Menten-Theorie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Leonor Michaelis, Maud Leonora Menten: Die Kinetik der Invertinwirkung. In: Biochemische Zeitschrift. Band 49, 1913, ISSN 0366-0753, S. 333–369, urn:nbn:de:hebis:30-1090119.
  2. Athel Cornish-Bowden: One hundred years of Michaelis–Menten kinetics. In: Perspectives in Science. Band 4, März 2015, ISSN 2213-0209, S. 3–9, doi:10.1016/j.pisc.2014.12.002 (freier Volltext).
  3. Eintrag zu Michaelis–Menten kinetics. In: IUPAC (Hrsg.): Compendium of Chemical Terminology. The “Gold Book”. doi:10.1351/goldbook.M03892 – Version: 2.3.1.
  4. Eintrag zu Michaelis–Menten mechanism. In: IUPAC (Hrsg.): Compendium of Chemical Terminology. The “Gold Book”. doi:10.1351/goldbook.M03893 – Version: 2.3.1.
  5. Chen WW, Niepel M, Sorger PK: Classic and contemporary approaches to modeling biochemical reactions. In: Genes Dev. 24. Jahrgang, Nr. 17, September 2010, S. 1861–75, doi:10.1101/gad.1945410, PMID 20810646.
  6. Zur Herleitung siehe Enzyme Kinetics (PDF).
  7. Eintrag zu Michaelis constant. In: IUPAC (Hrsg.): Compendium of Chemical Terminology. The “Gold Book”. doi:10.1351/goldbook.M03891 – Version: 2.3.1.
  8. Robert A. Copeland: Enzymes. A Practical Introduction to Structure, Mechanism, and Data Analysis. 2. Auflage. Wiley-VCH, New York 2000, ISBN 0-471-35929-7, S. 114.