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„Allerseelen“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|beschäftigt sich mit dem Fest der römisch-katholischen Kirche. Es gibt einen gleichnamigen Roman von [[Cees Nooteboom]], siehe [[Allerseelen (Roman)]], und eine Musikgruppe, siehe [[Allerseelen (Band)]].}}
[[Bild:William-Adolphe Bouguereau (1825-1905) - The Day of the Dead (1859).jpg|thumb|[[William Adolphe Bouguereau]]: ''Le Jour des morts'' (1859)]]
'''Allerseelen''' ([[Lateinische Sprache|lat]].: ''In Commemoratione Omnium Fidelium Defunctorum'') ([[2. November]]) ist im [[Kirchenjahr|Festjahr]] der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] der [[Fest (Liturgie)|Tag]], der dazu gedacht ist, durch [[Gebet]], [[Almosen]] und Fürbitte die Leiden der Armen Seelen (der Verstorbenen im [[Fegefeuer]]) zu erleichtern, und der heute auch zum Gedächtnis der Verstorbenen dient. Das Fest wurde im [[9. Jahrhundert]] zum offiziellen [[Feiertag]] erhoben. Es wird vor allem in den Alpenländern mit zahlreichen [[Brauchtum|Volksbräuchen]] verbunden.


{{Begriffsklärungshinweis}}
Allerseelen folgt auf den Festtag [[Allerheiligen]] am [[1. November]]. In der [[evangelisch]]en Kirche wird der Verstorbenen am [[Ewigkeitssonntag]] gedacht.
[[Datei:All Saints Day, 1984, Oswiecim, Poland Img871.jpg|mini|Geschmückter Friedhof zu Allerseelen in [[Oświęcim]] (1984)]]
An '''Allerseelen''' ({{laS|''[Dies] in commemoratione omnium fidelium defunctorum''}}, „Tag des Gedenkens an alle verstorbenen Gläubigen“) begeht die [[römisch-katholische Kirche]] das Gedächtnis ihrer Verstorbenen. Das Gedächtnis aller Seelen wird im [[Kirchenjahr]] am [[2. November]] als [[Hochfest]] begangen, einen Tag nach dem Hochfest [[Allerheiligen]]. Durch [[Gebet]], [[Fürbitte]], [[Almosen]] und Friedhofsgänge gedenken die Menschen aller [[Arme Seelen|Armen Seelen]] im [[Fegefeuer]] und wenden ihnen [[Ablass|Ablässe]] zu. In der römisch-katholischen Kirche hat der [[Allerseelenablass]] daher eine besondere Bedeutung.


Zum Brauchtum des Allerseelentages gehört die [[Gräbersegnung|Segnung der Gräber]] auf den [[Friedhof|Friedhöfen]]. Sie findet mancherorts am darauffolgenden Wochenende statt, in Ländern, wo Allerheiligen ein arbeitsfreier Feiertag ist, häufig bereits am Nachmittag von Allerheiligen.
In der katholischen Kirche hat der [[Allerseelenablass]] eine besondere Bedeutung.


In Österreich ist der Allerseelentag zwar kein gesetzlicher Feiertag, aber am Allerseelentag findet an den öffentlichen Schulen kein Unterricht statt und an den Universitäten ist der Tag vorlesungsfrei.
[[Feiertage in Österreich|In Österreich]] ist Allerseelen zwar kein gesetzlicher [[Feiertag]], es findet jedoch an den öffentlichen Schulen kein Unterricht statt und an einigen Universitäten ist der Tag vorlesungsfrei.


== Ursprung ==
== Ursprung ==
Der Allerseelentag am 2. November geht auf [[Abt]] [[Odilo von Cluny]] zurück; er hat diesen Gedenktag in allen von Cluny abhängigen [[Kloster|Klöstern]] eingeführt.<ref>Odilo Ringholz: ''Die Einführung des Allerseelentages durch den heiligen Odilo von Cluny''. In: ''Wissenschaftliche Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner-Orden'', Bd. 2 (1881), Nr. 4, S. 248–249.</ref> Das Dekret Odilos aus dem Jahr 998 ist noch erhalten. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert. Für Rom ist er seit Anfang des 14. Jahrhunderts bezeugt. Von Cluny aus verbreitete sich der Allerseelentag in der ganzen [[Lateinische Kirche|lateinischen Kirche]]. Im 15. Jahrhundert wurde es in Valencia dem Priester erlaubt, zu Allerseelen drei heilige Messen an einem Tag zu feiern. Diese Gepflogenheit dehnt sich später auf ganz Spanien und Portugal aus. Aufgrund der vielen Verstorbenen des Ersten Weltkrieges gestattete Benedikt XV. diese Praxis ab 1915 für die gesamte katholische Kirche. Allerseelen ist vor allem in den [[Alpenländer]]n mit zahlreichen [[Christliches Brauchtum|Volksbräuchen]] verbunden.
Der Termin beider Feste, [[Allerheiligen]] und Allerseelen, geht möglicherweise auf [[Samhain]] (''Sommers Ende''), ein vor-christliches Fest am Ende des Herbstes zurück, das im keltischen Kulturkreis das Jahresende bedeutete. Eine andere Theorie führt das Datum auf die am 1. November [[609]] erfolgte Um-Weihe des [[Pantheon (Rom)|römischen Pantheon]] zur christlichen Kirche zurück.


== Römisch-katholische Liturgie ==
Die Festlegung des Allerseelentages auf den 2. November ging - vermutlich zwischen 1024 und 1033 - vom Kloster [[Cluny (Abtei)|Cluny]] und seinem damaligen Abt [[Odilo von Cluny|Odilo]] aus. Von Cluny aus verbreitete sich der Gedenktag in der ganzen katholischen Kirche. Er steht theologisch in enger Verbindung mit der Lehre vom [[Fegefeuer]] (Reinigunsort, Purgatorium) als Läuterungsmöglichkeit der Verstorbenen, die Hilfe von den Lebenden durch Gebet, Fasten und Almosen erhalten.
[[Datei:Allerseelensingen.webm|mini|Video: Allerseelensingen am Allerheiligenabend in [[Kallmuth]], 1982]]
Allerseelen wurde durch die Reform der römisch-katholischen [[Liturgie]] nach dem [[Zweites Vatikanisches Konzil|Zweiten Vatikanischen Konzil]] in der [[Liturgische Rangordnung|liturgischen Rangordnung]] den [[Hochfest]]en des Herrn gleichgestellt und verdrängt in den Jahren, in denen es auf einen Sonntag fällt, den [[Sonntage im Jahreskreis|Sonntag im Jahreskreis]]. Die [[Liturgische Farben|liturgische Farbe]] beim ''Gedächtnis aller Seelen'' ist schwarz oder violett, in der [[Heilige Messe|heiligen Messe]] wird kein [[Gloria]] gesungen; an die Stelle des [[Ruf vor dem Evangelium|Halleluja-Rufs]] tritt ein [[Tractus (Gesang)|Tractus]] oder ein [[Ruf vor dem Evangelium]] ohne ''Halleluja''.


Das [[Missale Romanum]] bot bis 1962 für den Allerseelentag drei verschiedene [[Proprium (Liturgie)|Proprien]]; dabei waren die Lesungstexte und [[Oration]]en verschieden, die übrigen Teile, beginnend mit dem Introitus ''[[Requiem#Requiem aeternam (Proprium)|Requiem aeternam]]'', stimmten überein. Auch gehörte zur Liturgie der heiligen Messe als [[Sequenz (Liturgie)|Sequenz]] der Hymnus ''[[Dies irae]]''; seit der [[Liturgiereform]] kann dieser Hymnus [[ad libitum]] beim [[Stundengebet]] verwendet werden. Bei einer Zelebration der Messe nach dem ''Missale Romanum'' von 1962 kann die Sequenz weiter gesungen werden. Ein Priester durfte an diesem Tag aufgrund einer Verfügung von Papst [[Benedikt XV.]] – wie am Weihnachtsfest – [[Bination|dreimal]] die heilige Messe zelebrieren.
Mit Ende der landwirtschaftlichen Tätigkeiten wandten die Menschen sich mehr häuslichen Fragen zu; Entscheidungen und auch Heiraten wurden oft durch Wahrsagungen entschieden.


Der Ritus der Gräbersegnung ist ein [[Sakramentale]] und gehört liturgisch zu den [[Fromme Übung|frommen Übungen]] ''(pia exercitia)''. Er kann von einem [[Priester (Christentum)|Priester]], einem [[Diakon]] oder einem vom Bischof dazu beauftragten [[Laie (Religion)|Laien]] vorgenommen werden.
Daneben trat das Element von der Rückkehr der Toten; am Jahresende durften die Verstorbenen ihre ehemalige Heimat wieder aufsuchen.
Diesem Besuch sahen die Lebenden mit Ehrfurcht entgegen und stellten Essen für die nächtlichen Gäste bereit.


== Brauchtum ==
Wenn man der oben erwähnten Theorie folgt, wurde, um einen Übergang zur [[Christentum|christlichen Religion]] zu erleichtern, im Jahre [[837]] das keltische Fest unter Papst [[Gregor IV.]] in einen christlichen Feiertag umgewandelt, wobei insbesondere der Bezug zu den Toten aufrechterhalten wurde.
Der Gang zu den von den Angehörigen mit [[Grablicht|Lichtern]] und [[Gesteck]]en geschmückten Gräbern am Allerseelentag ist bereits ab dem Jahre 1578 bezeugt. Die Gräber werden vom Priester mit [[Weihwasser]] besprengt. In der Messfeier werden mancherorts die Namen der im vergangenen Jahr verstorbenen Menschen vorgelesen.


Auf den Friedhöfen im [[Mainz]]er Raum wird die traditionelle Mainzer Kerze, der [[Newweling]], angezündet.
Das mexikanische Totenfest [[Día de los Muertos]] geht auf eine Vermischung des christlichen Allerseelen und [[indigen|indigener]] Traditionen zurück.

Weit verbreitet ist vielerorts die Tradition, an Allerseelen sogenannte „Totenbrote“ zu backen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Zopfgebäcke. Diese Praxis hat möglicherweise einen heidnischen Hintergrund, da es in vorchristlicher Zeit üblich war, Speisen und Getränke an die Gräber der Verstorbenen zu bringen. Auf den Abt von Cluny geht schließlich der Brauch zurück, Bedürftigen an Allerseelen Brot und Wein zu überreichen. Später schenkte man auch Speisen an reichere Leute, die im Gegenzug dazu angehalten wurden, für die Verstorbenen zu beten.

Überhaupt war Allerseelen für die Menschen früher auch magisch konnotiert. So hielt sich lange Zeit hartnäckig die Vorstellung, dass Verstorbene als Geister an diesen Tagen umherwandern und ihre Angehörigen aufsuchen. Das Gedenkfest verband sich also in den Köpfen der Gläubigen durchaus mit Aspekten des Aberglaubens.

Vielerorts, unter anderem auf den britischen Inseln, gab es einen Brauch, bei dem arme Kinder [[Soul cake|Allerseelenkuchen]], sogenannte „Seelen“, erbetteln konnten.<ref>Carl Mengis: Art. ''Arme Seelen''. In: Hanns Bächtold-Stäubli, [[Eduard Hoffmann-Krayer]] (Hrsg.): ''[[Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens]]'', Bd. 1: ''Aal – Butzenmann''. Walter de Gruyter, Berlin 1927, Sp. 584–597, hier Sp. 590–591.</ref><ref>Friedrich Eckstein: Art. ''Kuchen''. In: ''Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens'', Bd. 5: ''Knoblauch – Matthias''. Walter de Gruyter, Berlin 1935, Sp. 645–689, hier Sp. 663.</ref> Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Brauch über irische Auswanderer nach Amerika gelangte und hier die Wurzeln des [[Heischebrauch]]s „Trick or treat“ liegen.

Das mexikanische Totenfest [[Tag der Toten|Día de Muertos]] ging aus einer Vermischung [[Indigene Völker|indigener]] Traditionen mit dem Allerseelentag hervor.

== Staatliches Totengedenken und Gedenktage in anderen Konfessionen ==
* In Deutschland finden zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag am [[Volkstrauertag]] Gedenkstunden im [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]], in allen Bundesländern und den meisten Städten und Gemeinden statt, häufig mit Kranzniederlegungen. Ähnliche Gedenktage gibt es weltweit in zahlreichen Staaten.
* In der [[SELK|Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche]] kann der ''Gedenktag der Entschlafenen'' ebenfalls am 2. November gottesdienstlich begangen werden. In der [[evangelisch]]en Kirche wird der Verstorbenen am [[Totensonntag]] oder Ewigkeitssonntag (letzter Sonntag vor dem Ersten Advent) gedacht.
* In der [[Anglikanische Gemeinschaft|anglikanischen Kirche]] ist der 2. November der Gedenktag der im Glauben Entschlafenen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.churchofengland.org/prayer-and-worship/worship-texts-and-resources/common-worship/churchs-year/lesser-festivals#block-cofe-content |titel=Lesser Festivals |hrsg=The Church of England |datum=2008 |abruf=2024-12-01 |sprache=en}}</ref>
* In der [[Neuapostolische Kirche|Neuapostolischen Kirche]] wird zum Gedenken der Verstorbenen dreimal im Jahr ein [[Entschlafenenwesen der Neuapostolischen Kirche|Gottesdienst für Entschlafene]] gefeiert. Die Gottesdienste finden jeweils am ersten Sonntag im Juli, im März und im November statt. Diese Regelung gilt seit Juli 1954 weltweit.<ref>[http://www.nak.org/de/glaube-kirche/nak-von-a-bis-z/glossar/all/entschlafenengo/ Entschlafenengottesdienst] www.nak.org/de, Glossar, abgerufen am 31. Oktober 2014.</ref>
* In der [[Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien|syrisch-orthodoxen Kirche]] wird der [[Ruhetag aller Verstorbenen]] als Feiertag am [[Ostermontag]] begangen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Allerseelenschlacht]]
* [[Allerseelenkirche]]
* [[Allerseelenablass]]

== Literatur ==
* [[Jürgen Bärsch]]: ''Allerseelen. Studien zu Liturgie und Brauchtum eines Totengedenktages in der abendländischen Kirche.'' (= ''Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen.'' Band 90). Aschendorff, Münster 2004, ISBN 3-402-04069-7.
* Alois Döring: ''Allerseelensingen. Von armen Seelen und aktiver Jenseitsvorsorge.'' In: [[Georg Cornelissen]], Alois Döring, Dagmar Hänel (Hrsg.): ''Feier-Tag Allerheiligen – Zwischen Kerzen und Kommerz.'' (= ''Alltag im Rheinland.'' Sonderheft 2012). LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn 2012, S. 10–15 ([https://web.archive.org/web/20160127210113/https://rheinische-landeskunde.lvr.de//media/ilr/volkskunde/produkte/publikationen_1/alltag_im_rheinland/alltagallerheiligen.pdf PDF]).

== Weblinks ==
{{Commonscat|All Souls|Allerseelen}}
{{Wiktionary}}
* {{DNB-Portal|4264395-8|TEXT=Literatur über|Allerseelen}}
* [https://www.trauer.de/trauer-und-trost/gedenktage/allerseelen Allerseelen]. In: Trauer.de
* [https://www.dbk.de/themen/allerheiligen-allerseelen Allerheiligen und Allerseelen]. Deutsche Bischofskonferenz
* Andreas Laska: [https://www.zdf.de/nachrichten/heute/faq-allerheiligen-allerseelen-102.html ''Allerheiligen und Allerseelen – Von Heiligen, Gräbern und Seelenbrezeln'']. In: [[ZDF|ZDF.de]], 1. November 2019

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Navigationsleiste Liturgisches Jahr}}


{{Normdaten|TYP=s|GND=4264395-8|LCCN=sh85003612}}
[[Kategorie:Kirchenjahr]]
[[Kategorie:Tod]]


[[Kategorie:Sakramentale]]
[[cs:Dušičky]]
[[Kategorie:Totenkult]]
[[en:All Souls' Day]]
[[hr:Dušni dan]]
[[Kategorie:Trauer]]
[[Kategorie:Gedenk-, Feier- oder Aktionstag im November]]
[[it:Commemorazione dei Defunti]]
[[Kategorie:Tag des Kirchenjahres]]
[[ja:死者の日]]
[[Kategorie:Tod (Christentum)]]
[[la:Commemoratio Omnium Fidelium Defunctorum]]
[[Kategorie:Allerheiligen]]
[[lt:Vėlinės]]
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]]
[[nl:Allerzielen]]
[[pl:Zaduszki]]
[[pt:Dia dos fiéis defuntos]]

Aktuelle Version vom 9. April 2025, 23:36 Uhr

Geschmückter Friedhof zu Allerseelen in Oświęcim (1984)

An Allerseelen (lateinisch [Dies] in commemoratione omnium fidelium defunctorum, „Tag des Gedenkens an alle verstorbenen Gläubigen“) begeht die römisch-katholische Kirche das Gedächtnis ihrer Verstorbenen. Das Gedächtnis aller Seelen wird im Kirchenjahr am 2. November als Hochfest begangen, einen Tag nach dem Hochfest Allerheiligen. Durch Gebet, Fürbitte, Almosen und Friedhofsgänge gedenken die Menschen aller Armen Seelen im Fegefeuer und wenden ihnen Ablässe zu. In der römisch-katholischen Kirche hat der Allerseelenablass daher eine besondere Bedeutung.

Zum Brauchtum des Allerseelentages gehört die Segnung der Gräber auf den Friedhöfen. Sie findet mancherorts am darauffolgenden Wochenende statt, in Ländern, wo Allerheiligen ein arbeitsfreier Feiertag ist, häufig bereits am Nachmittag von Allerheiligen.

In Österreich ist Allerseelen zwar kein gesetzlicher Feiertag, es findet jedoch an den öffentlichen Schulen kein Unterricht statt und an einigen Universitäten ist der Tag vorlesungsfrei.

Der Allerseelentag am 2. November geht auf Abt Odilo von Cluny zurück; er hat diesen Gedenktag in allen von Cluny abhängigen Klöstern eingeführt.[1] Das Dekret Odilos aus dem Jahr 998 ist noch erhalten. Bald wurde der Allerseelentag auch außerhalb der Klöster gefeiert. Für Rom ist er seit Anfang des 14. Jahrhunderts bezeugt. Von Cluny aus verbreitete sich der Allerseelentag in der ganzen lateinischen Kirche. Im 15. Jahrhundert wurde es in Valencia dem Priester erlaubt, zu Allerseelen drei heilige Messen an einem Tag zu feiern. Diese Gepflogenheit dehnt sich später auf ganz Spanien und Portugal aus. Aufgrund der vielen Verstorbenen des Ersten Weltkrieges gestattete Benedikt XV. diese Praxis ab 1915 für die gesamte katholische Kirche. Allerseelen ist vor allem in den Alpenländern mit zahlreichen Volksbräuchen verbunden.

Römisch-katholische Liturgie

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Video: Allerseelensingen am Allerheiligenabend in Kallmuth, 1982

Allerseelen wurde durch die Reform der römisch-katholischen Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in der liturgischen Rangordnung den Hochfesten des Herrn gleichgestellt und verdrängt in den Jahren, in denen es auf einen Sonntag fällt, den Sonntag im Jahreskreis. Die liturgische Farbe beim Gedächtnis aller Seelen ist schwarz oder violett, in der heiligen Messe wird kein Gloria gesungen; an die Stelle des Halleluja-Rufs tritt ein Tractus oder ein Ruf vor dem Evangelium ohne Halleluja.

Das Missale Romanum bot bis 1962 für den Allerseelentag drei verschiedene Proprien; dabei waren die Lesungstexte und Orationen verschieden, die übrigen Teile, beginnend mit dem Introitus Requiem aeternam, stimmten überein. Auch gehörte zur Liturgie der heiligen Messe als Sequenz der Hymnus Dies irae; seit der Liturgiereform kann dieser Hymnus ad libitum beim Stundengebet verwendet werden. Bei einer Zelebration der Messe nach dem Missale Romanum von 1962 kann die Sequenz weiter gesungen werden. Ein Priester durfte an diesem Tag aufgrund einer Verfügung von Papst Benedikt XV. – wie am Weihnachtsfest – dreimal die heilige Messe zelebrieren.

Der Ritus der Gräbersegnung ist ein Sakramentale und gehört liturgisch zu den frommen Übungen (pia exercitia). Er kann von einem Priester, einem Diakon oder einem vom Bischof dazu beauftragten Laien vorgenommen werden.

Der Gang zu den von den Angehörigen mit Lichtern und Gestecken geschmückten Gräbern am Allerseelentag ist bereits ab dem Jahre 1578 bezeugt. Die Gräber werden vom Priester mit Weihwasser besprengt. In der Messfeier werden mancherorts die Namen der im vergangenen Jahr verstorbenen Menschen vorgelesen.

Auf den Friedhöfen im Mainzer Raum wird die traditionelle Mainzer Kerze, der Newweling, angezündet.

Weit verbreitet ist vielerorts die Tradition, an Allerseelen sogenannte „Totenbrote“ zu backen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Zopfgebäcke. Diese Praxis hat möglicherweise einen heidnischen Hintergrund, da es in vorchristlicher Zeit üblich war, Speisen und Getränke an die Gräber der Verstorbenen zu bringen. Auf den Abt von Cluny geht schließlich der Brauch zurück, Bedürftigen an Allerseelen Brot und Wein zu überreichen. Später schenkte man auch Speisen an reichere Leute, die im Gegenzug dazu angehalten wurden, für die Verstorbenen zu beten.

Überhaupt war Allerseelen für die Menschen früher auch magisch konnotiert. So hielt sich lange Zeit hartnäckig die Vorstellung, dass Verstorbene als Geister an diesen Tagen umherwandern und ihre Angehörigen aufsuchen. Das Gedenkfest verband sich also in den Köpfen der Gläubigen durchaus mit Aspekten des Aberglaubens.

Vielerorts, unter anderem auf den britischen Inseln, gab es einen Brauch, bei dem arme Kinder Allerseelenkuchen, sogenannte „Seelen“, erbetteln konnten.[2][3] Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Brauch über irische Auswanderer nach Amerika gelangte und hier die Wurzeln des Heischebrauchs „Trick or treat“ liegen.

Das mexikanische Totenfest Día de Muertos ging aus einer Vermischung indigener Traditionen mit dem Allerseelentag hervor.

Staatliches Totengedenken und Gedenktage in anderen Konfessionen

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  • Jürgen Bärsch: Allerseelen. Studien zu Liturgie und Brauchtum eines Totengedenktages in der abendländischen Kirche. (= Liturgiewissenschaftliche Quellen und Forschungen. Band 90). Aschendorff, Münster 2004, ISBN 3-402-04069-7.
  • Alois Döring: Allerseelensingen. Von armen Seelen und aktiver Jenseitsvorsorge. In: Georg Cornelissen, Alois Döring, Dagmar Hänel (Hrsg.): Feier-Tag Allerheiligen – Zwischen Kerzen und Kommerz. (= Alltag im Rheinland. Sonderheft 2012). LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn 2012, S. 10–15 (PDF).
Commons: Allerseelen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Allerseelen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Odilo Ringholz: Die Einführung des Allerseelentages durch den heiligen Odilo von Cluny. In: Wissenschaftliche Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner-Orden, Bd. 2 (1881), Nr. 4, S. 248–249.
  2. Carl Mengis: Art. Arme Seelen. In: Hanns Bächtold-Stäubli, Eduard Hoffmann-Krayer (Hrsg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 1: Aal – Butzenmann. Walter de Gruyter, Berlin 1927, Sp. 584–597, hier Sp. 590–591.
  3. Friedrich Eckstein: Art. Kuchen. In: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5: Knoblauch – Matthias. Walter de Gruyter, Berlin 1935, Sp. 645–689, hier Sp. 663.
  4. Lesser Festivals. The Church of England, 2008, abgerufen am 1. Dezember 2024 (englisch).
  5. Entschlafenengottesdienst www.nak.org/de, Glossar, abgerufen am 31. Oktober 2014.