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„Geschichte des Waldes in Mitteleuropa: Auswirkung der Eiszeiten“ – Versionsunterschied

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#REDIRECT [[Geschichte des Waldes in Mitteleuropa]]

In der Pliozän begannen vor 4 Mio. Jahren extreme Klimaschwankungen. Im [[Pleistozän]] fanden diese Schwankungen ihren Höhepunkt in mehreren ausgedehnten [[Eiszeiten]], die vor 10.000 Jahren in Mitteleuropa endeten.

==Auswirkungen der Eiszeiten==
Im Verlauf der Kaltzeiten sank die Duchschnittstemperatur in Mitteleuropa um bis zu 12° C. Die Schneegrenze sank in den [[Alpen]] um 1200 bis 1400 m. Zwischen den Alpengletschern und dem [[Inlandeis]] aus Skandinavien mit einer Mächtigkeit von bis zu 3000 m verblieb ein nur 270 km schmaler, eisfreier Gürtel.

Mitteleuropa war zu dieser Zeit waldfrei, bis auf lokale Waldsteppen und -tundren aus frostharten [[Birken]] und [[Kiefern]]. Nach ihrer Leitart, der Silberwurz (Dyras octopetala), wird von sogenannten Dyras-Floren gesprochen.

===Aussterbewellen===
Im Gegensatz zum nordamerikanischen Kontinent versperrten in Europa Gebirgszüge die Rückzugsbewegung der vor den Eismassen weichenden Waldgesellschaften. Diese Barriere führte in Europa zu Aussterben etlicher Arten.
Gleich zu den frühen Eiszeiten verschwanden [[Rosskastanie]] (Aesculum hippocastaneum) und Amberbaum (Liquidambar). Die nächste Eiszeit führte zum Erlöschen von [[Mammutbaum]] (Sequoia), Schirmtanne (Cryptomeria), [[Lebensbaum]] (Thuja), [[Tulpenbaum]] (Liriodendron) und [[Douglasien]] (Pseudotsuga). Hemlock (Tsuga), Hickory (Carya), [[Eßkastanie]] (Castanea) und Walnuß (Juglans) starben während der letzten Eiszeiten in Mitteleuropa aus.

Auch von den zahlreichen [[Eiche|Eichen]]-arten konnten in Deutschland und Mitteleuropa nur drei wieder aus den Refugienräumen zurückkehren, nämlich Stiel- (Quercus robur), Trauben- (Q. petraea) und Flaumeiche (Q. pubescens). Zum Vergleich: in Nordamerika existieren über 80 Eichenarten. Andere Arten büßten während ihrer Rückwanderung erheblich in ihrer innerartlichen genetischen Diversität ein wie die [[Weißtanne]] (Abies alba).

===Refugien===
Die Waldflora wurde durch den klimatischen Wechsel langsam zurückgedrängt. Die Refugien lagen aber nicht ausschließlich nur im Süden Europas. Auch an der heutigen Atlantikküste zwischen England und Frankreich konnten einige wenige Baumarten in Waldsteppen die Kälteperiode überdauern.
Eine weitere Rückzugsmöglichkeit ergab sich in den Osten und Südosten Europas. Im Gegensatz zu Skandinavien blieben weite Teile Russlands und der Karpaten eisfrei. So konnten auch hier einige Arten überdauern. Klassisches Rückzugsgebiet blieb jedoch der Mittelmeerraum, wo das Mittelmeer für ein ausgeglicheneres Klima sorgte und die stark zerklüfteten Bergzüge verschiedene Restpopulationen abschotteten.


== Die Nacheiszeit - Rückwanderung der Baumarten==
Im jüngsten Abschnitt des Quartärs, dem [[Holozän]] vor 10.000 Jahren, begann die Rückwanderung der Wälder in die baumlosen, postglazialen Steppen. Diese Rückwanderung vollzog sich baumartenindividuell. Bestimmend für die Geschwindigkeit, mit der die Baumarten das freigewordene Areal erschlossen, waren z.B. Samengewicht, Frosthärte und Fähigkeit zur Nährstoffaufnahme. Das Bild dieser Wanderbewegung läßt sich aus den Pollenanalysen der [[Moore]] rekonstruieren. Die Analysen werden in 12 Pollenzonen eingeteilt.


=== Rückwanderung===
In den frühen Interglazialen ist eine relativ ungeordnete Rückbesiedlung durch die Baumarten zu beobachten. Einen Sukzessionsablauf wie heute vorhanden schien noch nicht ausgeprägt zu sein. Erst in den späteren Warmphasen ist die Dominanz unterschiedlicher Baumarten erkennbar. Dabei spielt die Höhe und die Geschwindigkeit des Temperaturanstieges eine wichtige Rolle.
Die Neubesiedlung der waldleeren Flächen durch die überlebenden Baumarten nach der letzten Vereisung vollzieht sich in 12 Phasen. Kenntnis über die Rückbesiedlung werden aus den Pollenablagerungen in den Mooren gewonnen. Es wird von sogenannten Pollenzonen gesprochen.

====Späte arktische Periode bis Alleröd====
Diese umfaßt die Pollenzonen I bis IV und entspricht dem Zeitraum der Altsteinzeit (12.000 bis 8.000 v. Chr.). Pionierart der frühen Nacheiszeit sind verschiedene Weidearten (Salix), die vor allem in der Pollenzone I und II häufig vertreten sind. Auch Birken- (Betula) und Kiefernarten (Pinus) fassen wieder in Mitteleuropa Fuß. Kurzfristige Temperaturschwanken in dieser Zeit stoppen ein weiteres Vordringen des Waldes (Pollenzone IV).

====Vorwärmzeit und Frühe Wärmzeit====
In der Vorwärmzeit, entsprechend dem Beginn der Mittelsteinzeit sind Birken und Kiefern dominierende Arten. Ab dieser Zeit treten keine Kälterückschläge mehr auf. Die Hasel (Corylus) verbreitet sich rasant und findet unter den lichten Kiefernbestände günstige Wuchsbedingungen.

====Mittlere Wärmezeit====
Zum Ende der Mittleren Steinzeit steigen die Durchschnittstemperaturen merklich an. Vegetationskundlich wird auch vom Beginn des Atlantikums gesprochen. Arten mit schwereren Samen gelingt es die Refugienräume zu verlassen. Diese sind meist anspruchsvoll betreffend der Nährstoffversorgung und wärmeliebende. Vor allem [[Eiche|Eichen]] (Quercus) und [[Ulme|Ulmen]] (Ulmen) verdrängen die bisherigen Baumarten. Insbesondere die wenig schattenresistente und im Alter nicht mehr so wüchsige Kiefer wird auf ärmere Sandstandorte und Moore abgedrängt. Die Eiche bildet nun mit der Hasel die Bestände in Mitteleuropa.

Während der Jungsteinzeit, was der Pollenzone VIII und IX entspricht, wandern weitere wärmeliebende Laubgehölze aus ihren Refugien in Südeuropa zurück nach Mitteleuropa. Linden (Tilia), Ahorne (Acer) und Eschen (Fraxinus) bereichern die vorhandenen Bestände. Die Durchschnittstemperaturen liegen nun 2-3°C höher als heute. Die [[Flaumeiche]] (Quercus pubescens) erreicht wieder Deutschland. Erlenbrücher (Alnus glutinosa) entstehen in den sumpfigen Niederungen und [[Fichten]] (Picea abies) erreichen den Harz.

====Späte Wärmezeit====
In der späten Wärmezeit, zum Ende der Pollenzone IX kommt es zu einer Abkühlung und das Klima wird humider. Zum ersten Mal seit der letzten Eiszeit sind nun [[Rotbuche]] (Fagus sylvatica), [[Hainbuche]] (Carpinus betulus) und [[Weißtanne]] (Abies alba) wieder nachweisbar.

Während der Bronzezeit (Pollenzone X) sinkt die Durchschnittstemperatur weiter. Buchen dringen in die bisher eichendominierten Bestände ein. In der Eisenzeit ab 1000 v. Chr. verdrängt die Buche die Eiche auf fast allen Standorten. Begünstigt durch das humide, ozeanische Klima in Mitteleuropa und der Fähigkeit auch noch im hohen Alter entsprechende Lebensraum einzunehmen wird die Buche (hohe Plastizität der Krone) zur dominierenden Baumart. Auf den trockeneren Standorten (Niederschlag < 500mm/a) im Osten übernimmt die Hainbuche diese Rolle.

In den Mittelgebirgen entwickelt sich der [[Bergmischwald]] durch das Eindringen der Buche. Der äußerst schattentoleranten Tanne gelingt es ebenfalls in diesen Wäldern Fuß zu fassen und sich auf einigen Standorten gegenüber Fichten und Buchen durchzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich eine [[potentiell natürliche Vegetation]] ein, die ohne menschlichen Einfluss wohl auch heute noch so erhalten geblieben wäre.

====Nachwärmezeit====
Durch die abnehmende Durchschnittstemperatur kommt es zur Disjunktion einiger Verbreitungsareale, z.B. der Flaumeiche. Nun macht sich zunehmend der Einfluss seßhafter menschlicher Besiedlungsformen bemerkbar. Neben lokalen Rodungen finden sich in den oberen Pollenzonen (XI und XII) Samen von Ackerbegleitkräutern.


====Literatur====
* Strasburger, Eduard: ''Lehrbuch der Botanik''. Berlin, Spektrum, Akademischer Verlag 1999 (1007 S.)
* Küster, Hansjörg: ''Geschichte des Waldes: von der Urzeit bis zur Gegenwart''. München, Beck 1998 (266 S.)
* Lang, Gerhard: ''Quartäre Vegetationsgeschichte Europas''. Jena, Stuttgart, Fischer 1994 (462 S.)

[[Kategorie:Land- & Forstwirtschaft]]

Aktuelle Version vom 25. Dezember 2008, 21:16 Uhr