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„Mützenich (Monschau)“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Deutschland
{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem ''Mützenich '' genannten Stadtteil von Monschau, für die gleichnamige Gemeinde im Kreis Bitburg siehe [[Mützenich]]}}
| Ortsteil = Mützenich
| Gemeindeart = Stadt
| Gemeindename = Monschau
| Ortswappen = DEU Mützenich (Nordeifel) COA.svg
| Breitengrad = 50/34//N
| Längengrad = 6/13//E
| Bundesland = Nordrhein-Westfalen
| Höhe = 584 <!-- Quelle: Geodatenzentrum -->
| Höhe-Bezug = DE-NHN
| Fläche = 9.89
| Einwohner = 1999
| Einwohner-Stand-Datum = 2016-04
| Einwohner-Quelle = <ref name="EinwohnerMonschau" />
| Eingemeindungsdatum = 1972-01-01
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| Lagekarte-Beschreibung =
| Bild = Mützenich, kerk foto8 2015-04-15 16.14.jpg
| Bild-Beschreibung = Kirche St. Bartholomäus
}}


'''Mützenich''' ist ein nordwestlicher Stadtteil von [[Monschau]] in der [[Städteregion Aachen]] und neben [[Rückschlag (Monschau)|Rückschlag]], [[Ruitzhof]], [[Exklave Roetgen/Lammersdorf|Roetgen/Lammersdorf]] und [[Münsterbildchen]] eine von fünf deutschen [[Exklave]]n zwischen [[Deutschland]] und [[Belgien]].
[[Bild:Mützenichwappen.jpg|left|thumb|Wappen von Mützenich]]
'''Mützenich''' ist ein nordwestlicher Stadtteil von [[Monschau]] im [[Kreis Aachen]] mit 2.221 Einwohnern (Stand: 31. Dezember 2004).


== Lage ==
[[Bild: Kaiser_Karls_Bettstatt.JPG|thumb|Kaiser Karls Bettstatt]]
[[Datei:Neue Exklaven durchVennbahntrasse.JPG|mini|hochkant|Die belgische Vennbahntrasse und die daraus resultierenden Exklaven]]
Mützenich liegt an der belgischen Grenze, im Einzugsbereich des [[Hohes Venn|Hohen Venns]], unterhalb der höchsten Erhebung des [[Kreis Aachen|Kreises Aachen]], dem Stehling (659 Meter ü. NN).
Mützenich liegt an der [[Grenze zwischen Belgien und Deutschland|belgischen Grenze]] im Einzugsbereich des [[Hohes Venn|Hohen Venns]], unterhalb der höchsten Erhebung der Städteregion Aachen, des [[Steling]]s ({{Höhe|658|DE-NHN}}).


Der Verlauf der Trasse der ehemaligen [[Vennbahn]] und späterem [[Vennbahn (Radweg)|Vennbahnradweg]] macht Mützenich neben anderen Ortsteilen wie beispielsweise [[Ruitzhof]], [[Rückschlag (Monschau)|Rückschlag]] und [[Münsterbildchen]] zu Exklaven Deutschlands, da sie komplett von Belgien umschlossen sind. Die Vennbahntrasse selbst ist ebenso wie einige zuvor zu Mützenich gehörende Waldgebiete durch die Bestimmungen des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]] seit 1920 belgisches Hoheitsgebiet. Rechts und links der Trasse sind im Gelände die Grenzsteine zu finden.<ref>[https://01gb.grenzsteine-nrw.de/abteilung1/deutschland---belgien-vennbahn-ab-1920/index.html ''Grenzsteine der belgischen Exklaven der Vennbahn, von der Grenze von der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien''], Beschreibung auf grenzsteine-nrw.de</ref>
Der Ortsname Mützenich weist möglicherweise auf eine römische Ansiedlung hin: Mutiniacum. Um 1783 wurde unter einem Knüppeldamm im Venn die Leiche eines römischen [[Legionär|Legionärs]] in voller Rüstung gefunden. Der römische Helm ist Teil des Gemeindewappens. Mützenich ist eines der sehenswürdigsten Dörfer [[Nordrhein-Westfalen|Nordrhein-Westfalens]] und wurde mehrfach mit dem Titel "Golddorf" ausgezeichnet. Industrie und Gewerbe sind nicht ansässig bzw. sehr gering. Das Geschäftsleben bestimmen hauptsächlich kleinere Handwerksbetriebe und eine Vielzahl von Milch- und Fleischbauern. Der größte Teil der Bevölkerung arbeitet hauptsächlich in [[Aachen]] und Umgebung. Nur wenige arbeiten ortsnah in Imgenbroich im Gewerbepark. Auch ist ein großer Teil der Bevölkerung aus Aachen und Umgebung zugezogen.


== Geschichte ==
Mützenich ist als beliebtes Ziel für Langläufer bekannt. Zahlreiche [[Loipe|Loipen]] führen - oft abseits der Wege - in idyllischer Ruhe entlang des hohen Venns. Von Mützenich aus führen viele Wanderwege in das "[[Hohes Venn|Hohe Venn]]", einem Hochvenn auf etwa 600 - 650 Meter Höhe mit [[Palsen]] ( früher irrtümlich [[Pingo]]s) aus der Eiszeit. Mützenich ist von Aachen in ca. 20 Min zu erreichen.
=== Ortsgeschichte ===
Der Ortsname Mützenich weist möglicherweise auf eine römische Ansiedlung hin: Mutiniacum. Um 1783 wurde unter einem Knüppeldamm im Venn die Leiche eines römischen [[Römische Legion|Legionärs]] in voller Rüstung gefunden. Der römische Helm ist Teil des Gemeindewappens.


Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges plante Belgien, die durch die Vennbahn entstandene Exklave zu annektieren, ließ diese Pläne aber im April 1949 wieder fallen.<ref>[[Bettina Blank]]: ''Die westdeutschen Länder und die Entstehung der Bundesrepublik.'' München 1995, S. 220 ([http://books.google.de/books?id=Kfo4mYc_mE4C&pg=PA219&lpg=PA219&dq=luxemburg+grenzver%C3%A4nderungen&source=bl&ots=GqfCoP2fDA&sig=xJL_LPmo-ObYElkys6Ud0ZZXKfs&hl=de&ei=17kuSvepNc-N_Qa77v24Cg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=7#PPA219,M1]).</ref>
Ein markanter Punkt ca. 1 km nördlich des Ortes ist ''Kaiser-Karls-Bettstatt'', unweit des Stehlings, von wo aus einer der Hauptwege ins Hohe Venn führt. Die Legende besagt: Als Kaiser [[Karl der Große]] sich eines Tages auf der Jagd verirrte, soll er an diesem Findling sein unfreiwilliges Nachtlager aufgeschlagen haben. Mit etwas Fantasie sind Einkerbungen zu erkennen, wo ein Körper mit Kopf und Füßen aufgelegen haben könnte. Nach diesem Abdruck hätte diese Gestalt allerdings fast 3 m groß sein müssen.


{{Siehe auch|Belgische Annexionspläne nach dem Zweiten Weltkrieg}}
[[Bild:Palsen_bei_mützenich.jpg|750px|center|thumb|[[Palsen]] bei Mützenich mit Moortümpel]]


In der Nachkriegszeit war der Ort eine Hochburg des Kaffeeschmuggels von Belgien nach Deutschland. An der sogenannten [[Aachener Kaffeefront]] kamen zahlreiche Menschen durch Schusswaffengebrauch auch westdeutscher Zöllner ums Leben.<ref>[[Wolfgang Trees]]: ''Schmuggler, Zöllner und die Kaffeepanzer. Die wilden Nachkriegsjahre an der deutschen Westgrenze. Wie es damals war.'' S. 172 f, S. 180 f</ref> Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen mehr als 100 Bewohner wegen Schmuggels. Im Prozess stellte sie dar, dass fast die gesamte männliche Jugend Mützenichs Kaffee schmuggelte. 1952 wurden 52 Personen angeklagt und 46 verurteilt. Wegen Spielermangels musste daraufhin der örtliche Fußballverein absteigen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.spiegel.de/einestages/schmuggel-in-der-nachkriegszeit-a-948482.html |titel=Schmuggel in der Nachkriegszeit: Kaffeepanzer im Bohnenkampf |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2009-09-07 |abruf=2015-02-27}}</ref>
{{Vorlage:Navigationsleiste Monschauer Stadtteile}}


Bis Ende 1971 gehörte Mützenich als eigenständige [[Gemeinde (Deutschland)|Gemeinde]] zum damaligen [[Kreis Monschau]] und zum damaligen [[Regierungsbezirk Aachen]]. Durch das [[Aachen-Gesetz (1971)|Aachen-Gesetz]] wurden am 1. Januar 1972 sowohl der Kreis als auch der Regierungsbezirk aufgelöst und Mützenich in die Stadt Monschau eingegliedert.<ref>{{BibISBN|3170032631|Seite=309}}</ref>
[[Kategorie: Monschau]]


Mützenich wurde mehrfach mit dem Titel [[Unser Dorf hat Zukunft|„Golddorf“]] ausgezeichnet.
[[la:Mutiniacum]]

=== Wappen ===
{{Wappenbeschreibung
|Kurzdarstellung = Wappen der früheren Gemeinde Mützenich
|Blasonierung = In Grün über gekreuzten silbernen (weißen) Torfspaten im Schildfuß ein goldener (gelber) Römerhelm, dieser belegt mit einem Mann, der mit einem Drachen kämpft; oben aus dem Helm wachsend zwei je nach links und rechts gerichtete goldene (gelbe) Schlangen.
|Quelle = [https://www.muetzenich.net/03-Tourismus/index.php Wappen auf der Website von Mützenich]
|Begründung = Das von Josef Decku entworfene Wappen wurde 1962 vom [[Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen|nordrhein-westfälischen Innenminister]] verliehen. Der Helm erinnert an die um 1783 unter einem Knüppeldamm im [[Hohes Venn|Venn]] gefundene Leiche eines [[Römische Legion|römischen Legionärs]] in voller Rüstung; die Torfspaten stehen für den früheren [[Torfabbau]] im Ortsgebiet.}}

=== Flugpionier ===
Im Jahre 1909 ließ der Luftfahrtpionier [[Erich Offermann]] (1885–1930) bei Mützenich einen Hügel für Flugexperimente aufschütten. 1910 begann er dort mit Flugversuchen. Der Hügel liegt heute überwuchert auf belgischem Staatsgebiet. 1959 war dieser Hügel vom belgischen Historiker Jean de Walque fälschlicherweise als „Feldherrenhügel“ eines römischen Heerlagers interpretiert worden.<ref>{{Literatur |Autor=Pejo Weiß |Titel=Der "Fliegerberg" im Venn bei Mützenich |Sammelwerk=Das Monschauer Land |Band=24 |Datum=1996 |Seiten=64-68}}</ref>

== Brauchtum ==
Seit 1864 pilgern Mützenicher [[Römisch-katholische Kirche|Katholiken]] alljährlich am ersten Wochenende im Mai, mit Ausnahme der Zeit zwischen 1939 und 1945, zur 31 km entfernten belgischen [[Wallfahrtsstätte Moresnet-Chapelle]].<ref>{{cite web |url=https://www.muetzenich.net/01-Ort/brauchtum.php |title=Brauchtum und Feste in Mützenich |accessdate=2022-05-01 |publisher=IT-Service Winnie Bauer}}</ref>

== Wirtschaft und Infrastruktur ==
Neben einer Vielzahl privater Pensionen gibt es mehrere Hotels und Restaurants, Einzelhandelsgeschäfte, verschiedene Handwerksbetriebe und einige Milch- und Fleischbauern. Der größte Teil der Bevölkerung arbeitet allerdings in der näheren Umgebung oder in [[Aachen]].

Mützenich ist von Aachen mit dem PKW in etwa 40 Minuten zu erreichen. Außerdem verkehren die [[Aachener Verkehrsverbund|AVV]]-Buslinien 85 und 385 nach Monschau, [[Kalterherberg]], [[Imgenbroich]] und [[Eupen]]. Zusätzlich verkehrt wochentags zu bestimmten Zeiten der ''NetLiner'' der [[Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG|ASEAG]].<ref name="netliner" />

{| class="wikitable"
|- class="hintergrundfarbe6"
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! Betreiber
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{{Linienverlauf AVV|85|ZeigeBetreiber=ja}}
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|}

== Baudenkmäler ==
Die 1847/1848 erbaute [[Neugotik|neugotische]] [[St. Bartholomäus (Mützenich)|Pfarrkirche St. Bartholomäus]] wurde 1954/1955 um einen Erweiterungsbau ergänzt. Sie verfügt über [[Glasmalerei|Buntglasfenster]] von [[Trude Dinnendahl-Benning]] (1961).<ref>{{Internetquelle| autor = | url = http://www.glasmalerei-ev.net/pages/b2396/b2396.shtml| titel = Monschau-Mützenich, Kath. Kirche St. Bartholomäus| werk = Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e.&nbsp;V.| datum = | zugriff = 2021-02-20}}</ref>

{{Siehe auch|Liste der Baudenkmäler in Mützenich}}

== Tourismus ==
[[Datei:Kaiser Karls Bettstatt.JPG|mini|Kaiser Karls Bettstatt]]

Mützenich ist ein beliebtes Ziel für Wanderer, Radfahrer, Jogger und Ski-Langläufer. Viele Wanderwege führen in das [[Hohes Venn|Hohe Venn]], ein [[Hochmoor]] auf etwa 600 bis 650 Meter Höhe<!-- mit [[Palsen]] (früher irrtümlich [[Pingo]]s) aus der Eiszeit&nbsp;– siehe Bildkommentar unten-->, und in das Naturschutzgebiet ''Gebirgsbach Rur''.<ref>{{WDPA|555520750|Gebirgsbach Rur bei Monschau}}</ref>

Ein markanter Punkt ungefähr einen Kilometer nördlich des Ortes ist ''Kaiser Karls Bettstatt'' unweit des [[Steling]]s, von wo aus einer der Hauptwege ins Hohe Venn führt. Die Legende besagt: Als Kaiser [[Karl der Große]] sich eines Tages auf der Jagd verirrte, soll er an diesem Quarzitblock sein unfreiwilliges Nachtlager aufgeschlagen haben. Mit etwas Fantasie sind Einkerbungen zu erkennen, wo ein Körper mit Kopf und Füßen aufgelegen haben könnte.<ref name="wdr">{{cite web |url=https://www1.wdr.de/archiv/karlsjahr/karlsjahr130.html |title=Kaiser Karls Bettstatt. Mützenich in der Eifel |accessdate=2020-12-13 |publisher=WDR}}</ref> Nach diesem Abdruck hätte diese Gestalt allerdings fast drei Meter groß sein müssen.

Auch für die Namensgebung Mützenichs muss, mit einem Augenzwinkern, Karl herhalten: Als ihm, auf der Bettstatt liegend, einer seiner Bediensteten gegen die Kälte eine Kopfbedeckung hinhielt, soll er entgegnet haben: „Mütze nich“.<ref name="wdr"/> In dem in Mundart abgehaltenen Dorflied ''E Dörpsche lid im Monscher Land'' („Ein Dörfchen liegt im Monschauer Land“) wird hingegen die Namensfindung auf den oft strengen Westwind zurückgeführt, der den Menschen die Mützen wegriss: ''„un daropp ewischlisch, häisst dat Dorp nu Mötzenisch“'' („und darum ewiglich heißt das Dorf nun Mützenich“).
<!-- Palsa gibt es nur im Permafrost! Bitte klären, dann ggf. wieder einblenden.
{{Panorama|Brackvenn.jpg|500|[[Palsen]] bei Mützenich mit Moortümpel}}-->

== Weblinks ==
{{Commonscat|Mützenich, Monschau|Mützenich|audio=0|video=0}}
* [https://www.gv-mon.de/muetzenich/ ''Mützenich''], Porträt und Historie auf der Website des Geschichtsvereins des Monschauer Landes
* [https://www.muetzenich.net/ Informationen zum Stadtteil]
* [https://www.heimatverein-muetzenich.de/ Heimatverein Mützenich 1998 e. V.]

== Einzelnachweise ==
<references>
<ref name="EinwohnerMonschau">
{{Internetquelle
|url=https://www.breitbandausschreibungen.de/downloadFile/Doc/7155_Markterkundung%20Monschau%20Frist%2012.07.2016.pdf
|titel=Anlage 2: Ortsübersicht mit Einwohnerzahlen (Stand Ende April 2016)
|werk=Markterkundung zur Breitbandversorgung im Stadtgebiet Monschau
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|datum=2016-06-01
|seiten=5
|abruf=2021-03-17
|format=PDF; 2,4&nbsp;MB
}}
</ref>
<ref name="netliner">
{{Internetquelle
|url=https://www.aseag.de/fahrplan/netliner/monschau
|titel=Der NetLiner - mobil in Monschau
|werk=aseag.de
|hrsg=[[Aachener Straßenbahn und Energieversorgungs-AG|ASEAG]]
|abruf=2021-03-17
}}
</ref>
</references>

{{Navigationsleiste Stadtteile von Monschau}}

{{Normdaten|TYP=g|GND=1024419312|VIAF=260386917}}

{{SORTIERUNG:Mutzenich (Monschau)}}
[[Kategorie:Ortsteil von Monschau]]
[[Kategorie:Exklave]]
[[Kategorie:Ehemalige Gemeinde (Städteregion Aachen)]]
[[Kategorie:Gemeindeauflösung 1972]]

Aktuelle Version vom 10. Februar 2025, 16:34 Uhr

Mützenich
Stadt Monschau
Wappen von Mützenich
Koordinaten: 50° 34′ N, 6° 13′ OKoordinaten: 50° 34′ 0″ N, 6° 13′ 0″ O
Höhe: 584 m ü. NHN
Fläche: 9,89 km²
Einwohner: 1999 (Apr. 2016)[1]
Bevölkerungsdichte: 202 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1972
Postleitzahl: 52156
Vorwahl: 02472
Kirche St. Bartholomäus
Kirche St. Bartholomäus

Mützenich ist ein nordwestlicher Stadtteil von Monschau in der Städteregion Aachen und neben Rückschlag, Ruitzhof, Roetgen/Lammersdorf und Münsterbildchen eine von fünf deutschen Exklaven zwischen Deutschland und Belgien.

Die belgische Vennbahntrasse und die daraus resultierenden Exklaven

Mützenich liegt an der belgischen Grenze im Einzugsbereich des Hohen Venns, unterhalb der höchsten Erhebung der Städteregion Aachen, des Stelings (658 m ü. NHN).

Der Verlauf der Trasse der ehemaligen Vennbahn und späterem Vennbahnradweg macht Mützenich neben anderen Ortsteilen wie beispielsweise Ruitzhof, Rückschlag und Münsterbildchen zu Exklaven Deutschlands, da sie komplett von Belgien umschlossen sind. Die Vennbahntrasse selbst ist ebenso wie einige zuvor zu Mützenich gehörende Waldgebiete durch die Bestimmungen des Versailler Vertrags seit 1920 belgisches Hoheitsgebiet. Rechts und links der Trasse sind im Gelände die Grenzsteine zu finden.[2]

Der Ortsname Mützenich weist möglicherweise auf eine römische Ansiedlung hin: Mutiniacum. Um 1783 wurde unter einem Knüppeldamm im Venn die Leiche eines römischen Legionärs in voller Rüstung gefunden. Der römische Helm ist Teil des Gemeindewappens.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges plante Belgien, die durch die Vennbahn entstandene Exklave zu annektieren, ließ diese Pläne aber im April 1949 wieder fallen.[3]

In der Nachkriegszeit war der Ort eine Hochburg des Kaffeeschmuggels von Belgien nach Deutschland. An der sogenannten Aachener Kaffeefront kamen zahlreiche Menschen durch Schusswaffengebrauch auch westdeutscher Zöllner ums Leben.[4] Die Staatsanwaltschaft ermittelte gegen mehr als 100 Bewohner wegen Schmuggels. Im Prozess stellte sie dar, dass fast die gesamte männliche Jugend Mützenichs Kaffee schmuggelte. 1952 wurden 52 Personen angeklagt und 46 verurteilt. Wegen Spielermangels musste daraufhin der örtliche Fußballverein absteigen.[5]

Bis Ende 1971 gehörte Mützenich als eigenständige Gemeinde zum damaligen Kreis Monschau und zum damaligen Regierungsbezirk Aachen. Durch das Aachen-Gesetz wurden am 1. Januar 1972 sowohl der Kreis als auch der Regierungsbezirk aufgelöst und Mützenich in die Stadt Monschau eingegliedert.[6]

Mützenich wurde mehrfach mit dem Titel „Golddorf“ ausgezeichnet.

Wappen der früheren Gemeinde Mützenich
Wappen der früheren Gemeinde Mützenich
Blasonierung: „In Grün über gekreuzten silbernen (weißen) Torfspaten im Schildfuß ein goldener (gelber) Römerhelm, dieser belegt mit einem Mann, der mit einem Drachen kämpft; oben aus dem Helm wachsend zwei je nach links und rechts gerichtete goldene (gelbe) Schlangen.“[7]
Wappenbegründung: Das von Josef Decku entworfene Wappen wurde 1962 vom nordrhein-westfälischen Innenminister verliehen. Der Helm erinnert an die um 1783 unter einem Knüppeldamm im Venn gefundene Leiche eines römischen Legionärs in voller Rüstung; die Torfspaten stehen für den früheren Torfabbau im Ortsgebiet.

Im Jahre 1909 ließ der Luftfahrtpionier Erich Offermann (1885–1930) bei Mützenich einen Hügel für Flugexperimente aufschütten. 1910 begann er dort mit Flugversuchen. Der Hügel liegt heute überwuchert auf belgischem Staatsgebiet. 1959 war dieser Hügel vom belgischen Historiker Jean de Walque fälschlicherweise als „Feldherrenhügel“ eines römischen Heerlagers interpretiert worden.[8]

Seit 1864 pilgern Mützenicher Katholiken alljährlich am ersten Wochenende im Mai, mit Ausnahme der Zeit zwischen 1939 und 1945, zur 31 km entfernten belgischen Wallfahrtsstätte Moresnet-Chapelle.[9]

Wirtschaft und Infrastruktur

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Neben einer Vielzahl privater Pensionen gibt es mehrere Hotels und Restaurants, Einzelhandelsgeschäfte, verschiedene Handwerksbetriebe und einige Milch- und Fleischbauern. Der größte Teil der Bevölkerung arbeitet allerdings in der näheren Umgebung oder in Aachen.

Mützenich ist von Aachen mit dem PKW in etwa 40 Minuten zu erreichen. Außerdem verkehren die AVV-Buslinien 85 und 385 nach Monschau, Kalterherberg, Imgenbroich und Eupen. Zusätzlich verkehrt wochentags zu bestimmten Zeiten der NetLiner der ASEAG.[10]

Linie Betreiber Verlauf
85 ASEAG Imgenbroich – / Monschau Altstadt – Mützenich – Reichenstein – Kalterherberg Kirche – Kalterherberg Oberdorf – Kleinfrankreich
385 ASEAG / TEC Eupen Bushof – Ternell Naturzentrum (B) – Mützenich (D) – Monschau – Kalterherberg Kirche – Kalterherberg Bf (AVV-Tarif gilt nur im deutschen Streckenabschnitt)
NetLiner
Monschau
ASEAG NetLiner: Fährt 30 min. nach der Buchung. Fährt Mo–Fr von 8–12 Uhr und von 15–21 Uhr. Bedient: Monschau Altstadt, Imgenbroich, Konzen, Mützenich, Kalterherberg, Höfen, Alzen, Rohren, und Widdau

Die 1847/1848 erbaute neugotische Pfarrkirche St. Bartholomäus wurde 1954/1955 um einen Erweiterungsbau ergänzt. Sie verfügt über Buntglasfenster von Trude Dinnendahl-Benning (1961).[11]

Kaiser Karls Bettstatt

Mützenich ist ein beliebtes Ziel für Wanderer, Radfahrer, Jogger und Ski-Langläufer. Viele Wanderwege führen in das Hohe Venn, ein Hochmoor auf etwa 600 bis 650 Meter Höhe, und in das Naturschutzgebiet Gebirgsbach Rur.[12]

Ein markanter Punkt ungefähr einen Kilometer nördlich des Ortes ist Kaiser Karls Bettstatt unweit des Stelings, von wo aus einer der Hauptwege ins Hohe Venn führt. Die Legende besagt: Als Kaiser Karl der Große sich eines Tages auf der Jagd verirrte, soll er an diesem Quarzitblock sein unfreiwilliges Nachtlager aufgeschlagen haben. Mit etwas Fantasie sind Einkerbungen zu erkennen, wo ein Körper mit Kopf und Füßen aufgelegen haben könnte.[13] Nach diesem Abdruck hätte diese Gestalt allerdings fast drei Meter groß sein müssen.

Auch für die Namensgebung Mützenichs muss, mit einem Augenzwinkern, Karl herhalten: Als ihm, auf der Bettstatt liegend, einer seiner Bediensteten gegen die Kälte eine Kopfbedeckung hinhielt, soll er entgegnet haben: „Mütze nich“.[13] In dem in Mundart abgehaltenen Dorflied E Dörpsche lid im Monscher Land („Ein Dörfchen liegt im Monschauer Land“) wird hingegen die Namensfindung auf den oft strengen Westwind zurückgeführt, der den Menschen die Mützen wegriss: „un daropp ewischlisch, häisst dat Dorp nu Mötzenisch“ („und darum ewiglich heißt das Dorf nun Mützenich“).

Commons: Mützenich – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Anlage 2: Ortsübersicht mit Einwohnerzahlen (Stand Ende April 2016). (PDF; 2,4 MB) In: Markterkundung zur Breitbandversorgung im Stadtgebiet Monschau. Stadt Monschau, die Bürgermeisterin, 1. Juni 2016, S. 5, abgerufen am 17. März 2021.
  2. Grenzsteine der belgischen Exklaven der Vennbahn, von der Grenze von der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien, Beschreibung auf grenzsteine-nrw.de
  3. Bettina Blank: Die westdeutschen Länder und die Entstehung der Bundesrepublik. München 1995, S. 220 ([1]).
  4. Wolfgang Trees: Schmuggler, Zöllner und die Kaffeepanzer. Die wilden Nachkriegsjahre an der deutschen Westgrenze. Wie es damals war. S. 172 f, S. 180 f
  5. Schmuggel in der Nachkriegszeit: Kaffeepanzer im Bohnenkampf. In: Spiegel Online. 7. September 2009, abgerufen am 27. Februar 2015.
  6. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 309 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF; 41,1 MB]).
  7. Wappen auf der Website von Mützenich
  8. Pejo Weiß: Der "Fliegerberg" im Venn bei Mützenich. In: Das Monschauer Land. Band 24, 1996, S. 64–68.
  9. Brauchtum und Feste in Mützenich. IT-Service Winnie Bauer, abgerufen am 1. Mai 2022.
  10. Der NetLiner - mobil in Monschau. In: aseag.de. ASEAG, abgerufen am 17. März 2021.
  11. Monschau-Mützenich, Kath. Kirche St. Bartholomäus. In: Forschungsstelle Glasmalerei des 20. Jahrhunderts e. V. Abgerufen am 20. Februar 2021.
  12. Gebirgsbach Rur bei Monschau in der World Database on Protected Areas (englisch)
  13. a b Kaiser Karls Bettstatt. Mützenich in der Eifel. WDR, abgerufen am 13. Dezember 2020.