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„Nemea (Heiligtum)“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Nemea Zeustempel.png|mini|Der hellenistische Zeustempel mit vorgelagertem Altar]]
'''Nemea''' (altgriechisch '''Νεμέα''', d.h. Weideland) ist der Name eines antiken Zeusheiligtums in [[Griechenland]], das in dem gleichnamigen Tal etwa 35 Kilometer südwestlich von [[Korinth]] auf der [[Peloponnes]] liegt. Es war Schauplatz der [[Nemeische Spiele|Nemeischen Spiele]], den ''Nemeen''.
[[Datei:Korinth Isthmus de.svg|mini|Lage von Nemea]]
'''Nemea''' ({{grcS|Νεμέα|de=Weideland}}) ist der Name eines antiken Zeusheiligtums in [[Griechenland]], das in dem gleichnamigen Tal etwa 25 Kilometer südwestlich von [[Korinth]] auf der [[Peloponnes]] liegt. Es war Schauplatz der [[Nemeische Spiele|Nemeischen Spiele]], der ''Nemeen''.


== Mythos ==
[[Bild:Nemea_Zeustempel.png|thumb|Der hellenistische Zeustempel mit vorgelagertem Altar]]


Wie auch jedes andere antike Heiligtum war die Gründung von Nemea und der agonalen Spiele in einen bestimmten mythischen Kontext eingebunden. Es mag zunächst verwundern, dass augenscheinlich zwei [[Aitiologie|Gründungsmythen]] existieren.


So benennen antike Autoren zum einen den [[Heros|Heroen]] [[Herakles]], der als erste seiner zwölf Arbeiten den [[Nemeischer Löwe|nemeischen Löwen]], ein Kind des [[Typhon (Mythologie)|Typhon]] und der [[Echidna (Mythologie)|Echidna]], mit bloßen Händen erwürgte, da dieser mit normalen Waffen nicht verwundet werden konnte. Zum Dank für diesen Sieg stiftete Herakles seinem Vater [[Zeus]] das Heiligtum samt den Spielen. Die Verbindung zwischen der Tötung des Ungeheuers und der Gründung von Nemea fand jedoch erst im 1. Jahrhundert n. Chr. statt, zu einer Zeit also, in der das Heiligtum wohl längst dem Verfall preisgegeben war.
== Mythos ==

Wie auch jedes andere antike Heiligtum war die Gründung von Nema und der agonalen Spiele in einem bestimmten mythischen Kontext eingebunden. Es mag zunächst verwundern, dass augenscheinlich zwei [[Aitiologie]]n zum Gründungsakt existieren. So benennen antike Autoren zum einen den Heroen [[Herakles]], der als erste seiner zwölf Arbeiten den [[Nemeischer Löwe|nemeischen Löwen]], ein Kind des [[Typhon]] und der [[Echidna]], mit bloßen Händen erwürgte. Denn mit normalen Waffen konnte er nicht verwundet werden. Zum Dank über diesen Sieg stiftete Herakles seinem Vater [[Zeus]] das Heiligtum samt der Spiele. Die Verbindung zwischen der Tötung des Ungeheuers und der Gründung von Nemea fand jedoch erst im 1. Jh. n. Chr. statt, zu einer Zeit also, in der das Heiligtum wohl längst dem Verfall preisgegeben war.
Das zweite überlieferte Aition für die Gründung der nemeischen Spiele entspringt dem Sagenkreis der [[Sieben gegen Theben]]. Den nemeischen König Lykurgos, der in mehreren Quellen auch als ein Priester des Zeus genannt wird, hatte ein [[Orakel von Delphi|delphisches Orakel]] davor gewarnt, seinen Sohn Opheltes zu Boden zu legen, ehe er laufen konnte. Lykurgos vertraute der Amme [[Hypsipyle]], der ehemaligen Königin von [[Lemnos]] und Geliebte des [[Iason]], das Kind an. Um den sieben Heerführern, die auf ihrem Weg nach Theben über Nemea kamen, eine Quelle zu zeigen, bettete Hypsipyle das Kind jedoch auf wilden Sellerie. Eine große Schlange erwürgte daraufhin Opheltes, dem der Seher [[Amphiaraos]] den Namen Archemoros, ''Anfang des Todgeschicks'', gab und damit den unheilvollen Ausgang des Feldzugs voraussah. Um die Götter günstig zu stimmen, hielten die Sieben Leichenspiele für Opheltes-Archemoros ab, deren Sieger mit Sellerie bekränzt wurde.
Die zweite überlieferte Erklärungssage für die Gründung der nemeischen Spiele entspringt dem Sagenkreis der [[Sieben gegen Theben]]: Den nemeischen König Lykurgos, der in mehreren Quellen auch als ein Priester des Zeus genannt wird, hatte ein [[Orakel von Delphi|delphisches Orakel]] davor gewarnt, seinen Sohn Opheltes zu Boden zu legen, ehe dieser laufen konnte. Lykurgos vertraute der [[Amme]] [[Hypsipyle]], der ehemaligen Königin von [[Lemnos]] und Geliebten des [[Iason]], das Kind an. Um den sieben Heerführern, die auf ihrem Weg nach Theben über Nemea kamen, eine Quelle zu zeigen, bettete Hypsipyle das Kind jedoch auf wilden [[Sellerie]]. Eine große Schlange erwürgte daraufhin Opheltes, dem der [[Seher]] [[Amphiaraos]] den Namen Archemoros, ''„Anfang des Todgeschicks“'', gab und damit den unheilvollen Ausgang des Feldzugs voraussah. Um die Götter günstig zu stimmen, hielten die Sieben [[Leichenspiele]] für Opheltes-Archemoros ab, deren Sieger mit Sellerie bekränzt wurde.


== Forschungsgeschichte ==
== Forschungsgeschichte ==

Eine der frühesten Grabungen im Bereich von Nemea wurde 1766 mit finanzieller Unterstützung der Londoner [[Society of Dillettanti]] unternommen. Die vornehmliche Suche nach Bauskulpturen des Tempels blieb jedoch erfolglos. Da die Ableitung des hohen Grundwassers zur Zeit der türkischen Herrschaft ausgesetzt wurde, konnten weitere Grabungen erst aufgenommen werden, nachdem ein französisches Ingenieursteam 1883 das Tal entwässert hatte. Die im folgenden Jahr und ebenfalls 1912 von französischen Archäologen unternommenen Anstrengungen zur Freilegung des Heiligtums erzielten jedoch nicht den gewünschten Erfolg, so dass die [[École Française]] in [[Athen]] 1924 ihre Grabungslizenzen für Nemea an die [[American School of Classical Studies]] abtrat. Unter der Leitung von [[Bert Hodge Hill]] und [[Carl Blegen|Carl William Blegen]] wurden in drei Kampagnen umfangreiche Teile des Heiligtums, wie der Altar, das Bad und der westliche Teil des Xenons, entdeckt. Insgesamt wurde das Grabungsareal um mehr als ein Hektar erweitert.
Eine der frühesten Grabungen im Bereich von Nemea wurde 1766 mit finanzieller Unterstützung der Londoner [[Society of Dilettanti]] unternommen. Die vornehmliche Suche nach Bauskulpturen des Tempels blieb jedoch erfolglos. Da die Ableitung des hohen Grundwassers zur Zeit der türkischen Herrschaft ausgesetzt wurde, konnten weitere Grabungen erst aufgenommen werden, nachdem ein französisches Ingenieursteam 1883 das Tal entwässert hatte. Die im folgenden Jahr und ebenfalls 1912 von französischen Archäologen unternommenen Anstrengungen zur Freilegung des Heiligtums erzielten jedoch nicht den gewünschten Erfolg, so dass die [[École française d’Athènes]] 1924 ihre Grabungslizenzen für Nemea an die [[American School of Classical Studies at Athens]] abtrat. Unter der Leitung von [[Bert Hodge Hill]] und [[Carl Blegen]] wurden in drei Kampagnen umfangreiche Teile des Heiligtums, wie der Altar, das Bad und der westliche Teil des Xenons, entdeckt. Insgesamt wurde das Grabungsareal um mehr als ein Hektar erweitert.
In den folgenden Jahrzehnten rückte Nemea aus dem Fokus des archäologischen Interesses. Erst 1962 nahm der amerikanische Archäologe [[Charles K. Williams]] für zwei Jahre die Ausgrabungen wieder auf, wobei er sich insbesondere auf den Zeustempel konzentrierte. Seit 1973 führt die [[University of California, Berkeley]] in kontinuierlichen Kampagnen die Forschungsarbeit am Heiligtum fort. Die Hauptausgrabungen wurden im Jahr 2001 beendet.

In den folgenden Jahrzehnten rückte Nemea aus dem Fokus des archäologischen Interesses. Erst 1962 nahm der amerikanische Archäologe [[Charles K. Williams (Archäologe)|Charles K. Williams]] für zwei Jahre die Ausgrabungen wieder auf, wobei er sich insbesondere auf den Zeustempel konzentrierte. Seit 1973 führt die [[University of California, Berkeley]], in kontinuierlichen Kampagnen die Forschungsarbeit am Heiligtum fort. Die Hauptausgrabungen wurden im Jahr 2001 beendet.


== Das Heiligtum ==
== Das Heiligtum ==
[[Bild:Nemea1.jpg |thumb|right|Der Zeus-Tempel (Zustand 2004).]]
Vom Heiligtum sind noch ein [[Heroon]] (wahrscheinlich des [[Opheltes]]) aus dem frühen 6. Jahrhundert v.Chr. sowie einige [[Schatzhaus|Schatzhäuser]] erhalten, ferner ein grosses [[Bad]] für die Athleten mit mehreren Waschtrögen.


[[Datei:Nemea Badehaus 07-2007.jpg|mini|Das Badehaus im Heiligtum Nemea]]
Die Hauptattraktion des Heiligtums war und ist der [[Tempel]] des [[Zeus]]. Ein erster Bau aus dem 6. Jahrhundert v.Chr. wurde im 5. Jahrhundert zerstört. Etwa 330 v.Chr. wurde mit Material aus [[Kleonai]] ein Neubau im [[Dorische Ordnung|dorischen Stil]] errichtet, dessen Säulen im Inneren der [[Cella]] unten [[Korinthische Ordnung|Korinthisch]] und oben [[Ionische Ordnung|Ionisch]] waren. Eine solche Stilmischung findet man auch im Templen von [[Bassai]] und im Tempel der [[Athena]] von [[Tegea]]. Eine weitere Besonderheit dieses Tempels ist eine Art [[Krypta]] im hinteren Teil der [[Cella]], möglicherweise ein [[Adyton]].
Vom Heiligtum sind noch ein [[Heroon]] (wahrscheinlich des [[Opheltes (Sohn des Lykurgos)|Opheltes]]) aus dem frühen 6. Jahrhundert v. Chr. sowie einige [[Schatzhaus|Schatzhäuser]] erhalten, ferner ein großes [[Badekultur#Griechenland|Bad]] für die Athleten mit mehreren Waschtrögen.

Die Hauptattraktion des Heiligtums war und ist der [[Tempel]] des [[Zeus]]. Ein erster Bau aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. wurde im 5. Jahrhundert zerstört. Etwa 350-330 v. Chr. wurde mit Material aus [[Kleonai]] ein Neubau im [[Dorische Ordnung|dorischen Stil]] errichtet, dessen Säulen im Inneren der [[Cella]] unten [[Korinthische Ordnung|korinthisch]] und oben [[Ionische Ordnung|ionisch]] waren. Eine solche Stilmischung findet man auch im [[Apollontempel bei Bassae]] und im Tempel der [[Athene]] von [[Tegea]]. Weitere Besonderheiten dieses Tempels sind eine Art [[Krypta]] im hinteren Teil der Cella, möglicherweise ein [[Adyton]] und das gänzliche Fehlen eines Opisthodoms, wie es bei einem dorischen Tempel zu erwarten gewesen wäre. Damit ist der Tempel, wie für die Spätklassik häufig vorzufinden, unkanonisch.

<gallery>
Nemea1.jpg|Der Zeus-Tempel (Zustand 2004)
NemeaTemple.jpg|Der Zeus-Tempel (Zustand 2006)
Nemea Tempel des Zeus 07-2007.jpg|Der Zeus-Tempel (Zustand im Juni 2007)
Temple_of_Zeus,_Nemea.jpg|Der Zeus-Tempel (Zustand im Oktober 2011)
</gallery>

Der Tempel wird unter Verwendung der vorhandenen Trümmer rekonstruiert. Der Fortschritt der Arbeiten ist auf den obigen Bildern dokumentiert.


== Das Stadion ==
== Das Stadion ==

[[Bild:Nemea2.jpg |thumb|right|Das Stadion mit der rekonstruierten Startanlage (anlässlich der Nemea 2004)]]
[[Datei:Ancient stadion of Nemea.jpg|mini|Das antike Stadion in Nemea]]
Zum Stadion gehören ein Umkleideraum mit einem Säulenhof sowie ein gewölbter Durchgang als Zugang für die Athleten. In diesem Durchgang sind noch zwei [[Kalos-Inschfrift]]en sichtbar. Der heute sichtbare Bau stammt aus dem 4. Jahrhundert v.Chr. und fasste etwa 40‘000 Zuschauer, die auf dem blossen Erdboden standen. Die Startanlage bestand (wie in [[Isthmia]]) aus hölzernen Pflöcken, an denen Querbalken befestigt waren, die mit einem Seilzug gesenkt werden konnten, um für alle Läufer zugleich die Bahn freizugeben. Die Bahnlänge beträgt ca. 178 m.
Zum Stadion gehören ein Umkleideraum ([[Apodyterion]]) mit einem Säulenhof sowie ein gewölbter Durchgang als Zugang für die Athleten. In diesem Durchgang sind noch zwei [[Kalós-Inschrift]]en sichtbar. Der heute sichtbare Bau stammt aus dem 4.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. und fasste etwa 40.000&nbsp;Zuschauer, die auf dem bloßen Erdboden standen. Die Startanlage bestand (wie in [[Isthmia]]) aus hölzernen Pflöcken, an denen Querbalken befestigt waren, die mit einem Seilzug gesenkt werden konnten, um für alle Läufer zugleich die Bahn freizugeben. Die Bahnlänge beträgt etwa 178&nbsp;m.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Stephen G. Miller (Hrsg.): ''Nemea. A guide to the site and museum''. University Press, Berkeley, Callif. 1990, ISBN 0-520-06799-1 ([https://publishing.cdlib.org/ucpressebooks/view?docId=ft1q2nb0x1&brand=ucpress online])
* Birge, D. E. - L. H. Kraynak - St. G. Miller, Excavations at Nemea, Bd. 1: Topographical and Architectural Studies. The Sacred Square, the Xenon, and the Bath, Berkeley - Los Angeles 1992.
* Miller, St. G., Excavations at Nemea, Bd. 2: The Early Hellenistic Stadium, Berkeley - Los Angeles 2001.
* Stephen G. Miller (Hrsg.): ''Excavations at Nemea''. University Press, Berkeley, Calif. 1992.
# Darice E. Birge u. a.: ''Topographical and Architectural Studies. The Sacred Square, the Xenon, and the Bath''. 1992, ISBN 0-520-07027-5.
* Ders., Nemea. A guide to the site and museum, Athen 2004.
# Stephen G. Miller: ''The Early Hellenistic Stadium''. 2001, ISBN 0-520-07027-5.
# [[Robert Knapp (Historiker)|Robert C. Knapp]] u. a.: ''The coins''. 2005, ISBN 0-520-23169-4.
# Jorge J. Bravo u. a.: ''The shrine of [[Opheltes (Sohn des Lykurgos)|Opheltes]]''. 2018, ISBN 978-0-520-29492-9.
* Christopher Mee, Antony Spawforth: ''Greece. An Oxford Archaeological Guide''. University Press, Oxford 2001, ISBN 0-19-288058-6, Seiten 174–178.
* Stephen G. Miller: ''Nemea. A guide to the site and museum''. Archaeological Receipts Fund, Athens 2004, ISBN 960-214-394-0.
* Bert H. Hill: ''The Temple of Zeus at Nemea''. American School of Classical Studies, Princeton, N.J. 1966.
# ''Text''.
# ''Tafeln''.
* [[Andreas Gutsfeld]], [[Stefan Lehmann]]: ''Vom Wettkampfort zum Kloster. Das Zeusheiligtum von Nemea (Peloponnes) in der Spätantike''. In: ''[[Antike Welt]]. Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte'', Bd. 36 (2005), Seiten 33–41, {{ISSN|0003-570X}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Main Archeological site of Nemea|Heiligtum Nemea}}
* [http://www.nemea.org/ Homepage der Universität Berkeley über Nemea]

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[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz auf dem Peloponnes]]
[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in Europa]]
[[Kategorie:Geographie (Korinthia)]]
[[Kategorie:Heiligtum (antikes Griechenland)]]
[[Kategorie:Tempel des Zeus]]
[[Kategorie:Nemea (Gemeinde)]]
[[Kategorie:Sakralbau auf dem Peloponnes]]


[[el:Δήμος Νεμέας]]
[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in Griechenland]]
[[Kategorie:Peloponnes]]
[[Kategorie:Heiligtum]]

Aktuelle Version vom 7. Mai 2024, 13:29 Uhr

Der hellenistische Zeustempel mit vorgelagertem Altar
Lage von Nemea

Nemea (altgriechisch Νεμέα ‚Weideland‘) ist der Name eines antiken Zeusheiligtums in Griechenland, das in dem gleichnamigen Tal etwa 25 Kilometer südwestlich von Korinth auf der Peloponnes liegt. Es war Schauplatz der Nemeischen Spiele, der Nemeen.

Wie auch jedes andere antike Heiligtum war die Gründung von Nemea und der agonalen Spiele in einen bestimmten mythischen Kontext eingebunden. Es mag zunächst verwundern, dass augenscheinlich zwei Gründungsmythen existieren.

So benennen antike Autoren zum einen den Heroen Herakles, der als erste seiner zwölf Arbeiten den nemeischen Löwen, ein Kind des Typhon und der Echidna, mit bloßen Händen erwürgte, da dieser mit normalen Waffen nicht verwundet werden konnte. Zum Dank für diesen Sieg stiftete Herakles seinem Vater Zeus das Heiligtum samt den Spielen. Die Verbindung zwischen der Tötung des Ungeheuers und der Gründung von Nemea fand jedoch erst im 1. Jahrhundert n. Chr. statt, zu einer Zeit also, in der das Heiligtum wohl längst dem Verfall preisgegeben war.

Die zweite überlieferte Erklärungssage für die Gründung der nemeischen Spiele entspringt dem Sagenkreis der Sieben gegen Theben: Den nemeischen König Lykurgos, der in mehreren Quellen auch als ein Priester des Zeus genannt wird, hatte ein delphisches Orakel davor gewarnt, seinen Sohn Opheltes zu Boden zu legen, ehe dieser laufen konnte. Lykurgos vertraute der Amme Hypsipyle, der ehemaligen Königin von Lemnos und Geliebten des Iason, das Kind an. Um den sieben Heerführern, die auf ihrem Weg nach Theben über Nemea kamen, eine Quelle zu zeigen, bettete Hypsipyle das Kind jedoch auf wilden Sellerie. Eine große Schlange erwürgte daraufhin Opheltes, dem der Seher Amphiaraos den Namen Archemoros, „Anfang des Todgeschicks“, gab und damit den unheilvollen Ausgang des Feldzugs voraussah. Um die Götter günstig zu stimmen, hielten die Sieben Leichenspiele für Opheltes-Archemoros ab, deren Sieger mit Sellerie bekränzt wurde.

Forschungsgeschichte

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Eine der frühesten Grabungen im Bereich von Nemea wurde 1766 mit finanzieller Unterstützung der Londoner Society of Dilettanti unternommen. Die vornehmliche Suche nach Bauskulpturen des Tempels blieb jedoch erfolglos. Da die Ableitung des hohen Grundwassers zur Zeit der türkischen Herrschaft ausgesetzt wurde, konnten weitere Grabungen erst aufgenommen werden, nachdem ein französisches Ingenieursteam 1883 das Tal entwässert hatte. Die im folgenden Jahr und ebenfalls 1912 von französischen Archäologen unternommenen Anstrengungen zur Freilegung des Heiligtums erzielten jedoch nicht den gewünschten Erfolg, so dass die École française d’Athènes 1924 ihre Grabungslizenzen für Nemea an die American School of Classical Studies at Athens abtrat. Unter der Leitung von Bert Hodge Hill und Carl Blegen wurden in drei Kampagnen umfangreiche Teile des Heiligtums, wie der Altar, das Bad und der westliche Teil des Xenons, entdeckt. Insgesamt wurde das Grabungsareal um mehr als ein Hektar erweitert.

In den folgenden Jahrzehnten rückte Nemea aus dem Fokus des archäologischen Interesses. Erst 1962 nahm der amerikanische Archäologe Charles K. Williams für zwei Jahre die Ausgrabungen wieder auf, wobei er sich insbesondere auf den Zeustempel konzentrierte. Seit 1973 führt die University of California, Berkeley, in kontinuierlichen Kampagnen die Forschungsarbeit am Heiligtum fort. Die Hauptausgrabungen wurden im Jahr 2001 beendet.

Das Badehaus im Heiligtum Nemea

Vom Heiligtum sind noch ein Heroon (wahrscheinlich des Opheltes) aus dem frühen 6. Jahrhundert v. Chr. sowie einige Schatzhäuser erhalten, ferner ein großes Bad für die Athleten mit mehreren Waschtrögen.

Die Hauptattraktion des Heiligtums war und ist der Tempel des Zeus. Ein erster Bau aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. wurde im 5. Jahrhundert zerstört. Etwa 350-330 v. Chr. wurde mit Material aus Kleonai ein Neubau im dorischen Stil errichtet, dessen Säulen im Inneren der Cella unten korinthisch und oben ionisch waren. Eine solche Stilmischung findet man auch im Apollontempel bei Bassae und im Tempel der Athene von Tegea. Weitere Besonderheiten dieses Tempels sind eine Art Krypta im hinteren Teil der Cella, möglicherweise ein Adyton und das gänzliche Fehlen eines Opisthodoms, wie es bei einem dorischen Tempel zu erwarten gewesen wäre. Damit ist der Tempel, wie für die Spätklassik häufig vorzufinden, unkanonisch.

Der Tempel wird unter Verwendung der vorhandenen Trümmer rekonstruiert. Der Fortschritt der Arbeiten ist auf den obigen Bildern dokumentiert.

Das antike Stadion in Nemea

Zum Stadion gehören ein Umkleideraum (Apodyterion) mit einem Säulenhof sowie ein gewölbter Durchgang als Zugang für die Athleten. In diesem Durchgang sind noch zwei Kalós-Inschriften sichtbar. Der heute sichtbare Bau stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und fasste etwa 40.000 Zuschauer, die auf dem bloßen Erdboden standen. Die Startanlage bestand (wie in Isthmia) aus hölzernen Pflöcken, an denen Querbalken befestigt waren, die mit einem Seilzug gesenkt werden konnten, um für alle Läufer zugleich die Bahn freizugeben. Die Bahnlänge beträgt etwa 178 m.

  • Stephen G. Miller (Hrsg.): Nemea. A guide to the site and museum. University Press, Berkeley, Callif. 1990, ISBN 0-520-06799-1 (online)
  • Stephen G. Miller (Hrsg.): Excavations at Nemea. University Press, Berkeley, Calif. 1992.
  1. Darice E. Birge u. a.: Topographical and Architectural Studies. The Sacred Square, the Xenon, and the Bath. 1992, ISBN 0-520-07027-5.
  2. Stephen G. Miller: The Early Hellenistic Stadium. 2001, ISBN 0-520-07027-5.
  3. Robert C. Knapp u. a.: The coins. 2005, ISBN 0-520-23169-4.
  4. Jorge J. Bravo u. a.: The shrine of Opheltes. 2018, ISBN 978-0-520-29492-9.
  • Christopher Mee, Antony Spawforth: Greece. An Oxford Archaeological Guide. University Press, Oxford 2001, ISBN 0-19-288058-6, Seiten 174–178.
  • Stephen G. Miller: Nemea. A guide to the site and museum. Archaeological Receipts Fund, Athens 2004, ISBN 960-214-394-0.
  • Bert H. Hill: The Temple of Zeus at Nemea. American School of Classical Studies, Princeton, N.J. 1966.
  1. Text.
  2. Tafeln.
Commons: Heiligtum Nemea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 37° 48′ 29″ N, 22° 42′ 43″ O