„Diagnosebezogene Fallgruppen“ – Versionsunterschied
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'''Diagnosis Related Groups''' (englisch; abgekürzt '''DRG'''; deutsch: '''diagnosebezogene Fallgruppen''') bezeichnen ein [[Klassifikation]]ssystem für ein pauschaliertes Abrechnungsverfahren, mit dem Krankenhausfälle (Patienten) anhand von medizinischen Daten Fallgruppen zugeordnet werden. Zur Fallgruppenbestimmung werden methodische Ähnlichkeiten, die sogenannten Leistungsbezeichner herangezogen. Dies sind etwa Haupt- und Nebendiagnosen, Prozedurencodes oder demographische Variablen. |
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'''DRG''' ist noch gebräuchlich als Abkürzung für die frühere [[Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft]]. |
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DRGs werden seit Mitte der 1980er Jahre in verschiedenen Ländern zur Steuerung der Finanzierung des Gesundheitswesens verwendet. Während in den meisten Ländern die DRGs krankenhausbezogen zur Verteilung staatlicher oder versicherungsbezogener [[Budget]]s verwendet werden, wurde in Deutschland das 2003 eingeführte [[German Diagnosis Related Groups|G-DRG-System]] zu einem [[Fallpauschale]]nsystem umgestaltet und wird seither zur Abrechnung von Preisen für die einzelnen Behandlungstypen der einzelnen Behandlungsfälle verwendet.<ref name="Vera">A. Vera, M. Lüngen: ''Die Reform der Krankenhausfinanzierung in Deutschland und die Auswirkungen auf das Krankenhausmanagement.'' In: ''WiSt - Das Wirtschaftsstudium'', Jahrgang 31, Nr. 11, 2002, S. 638 ff.</ref> Jede Neuaufnahme eines Patienten in Krankenhaus, Rehabilitation und Pflege definiert jeweils einen neuen Fall, der die weitere Behandlung kennzeichnet. Die festgestellten DRG, mit Haupt- und Nebenklassen, werden vom Leistungsträger zum Kostenträger als Abrechnungsgrundlage gemeldet. |
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DRG war auch die Abkürzung der '''Deutschen Raketengesellschaft e.V.''', der späteren [[Hermann-Oberth-Gesellschaft]] e.V. |
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Die Bemessung der Pauschalen erfolgt in Deutschland ebenfalls auf der Grundlage der Verteilung des verfügbaren Gesamtbudgets. Diese Fallgruppen werden nach dem für die Behandlung im Vorjahr ermittelten durchschnittlichen betrieblichen Aufwand bewertet und abgerechnet. Die auf DRG reduzierten Pauschalen stellen ein konsensbasiertes Umlagemodell dar. Sie dienen nicht der Kostenerfassung und nicht der Preisbildung nach den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Kosten der Behandlung. |
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In der Schweiz wurde das Fallpauschalen-System [[SwissDRG]] und die damit verknüpfte neue Spitalfinanzierung am 1. Januar 2012 eingeführt. Die Schweizer Version basiert auf dem System German DRG ([[German Diagnosis Related Groups|G-DRG]]) und wurde angepasst an die Besonderheiten des föderalistisch strukturierten Gesundheitssystems der Schweiz. Zuständig für die Erarbeitung und Weiterentwicklung sowie die Anpassung und Pflege des Schweizer Fallpauschalen-Systems ist die SwissDRG AG. |
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'''DRG''' ist eine Abkürzung aus dem Gesundheitswesen für '''Diagnosis Related Groups''' (Übersetzt: '''Diagnosebezogene Fallgruppen'''). Dabei handelt es sich um eine medizinisch-ökonomische Klassifizierung von Patienten einerseits nach medizinischen Kriterien (Organsystem, Ursache der Erkrankung), andererseits nach dem ökonomischen Ressourcenverbrauch für die Behandlung. Das deutsche DRG-System basiert ursprünglich auf dem Australischen DRG-Katalog und wurde zur Abrechnung von Krankenhausfällen ab 2003 eingeführt. Während in Australien und anderen Ländern mit ähnlichen Klassifikationssystemen die DRGs vor allem zur Bestimmung eines Globalbudgets für das Krankenhaus dienen, wurde es in Deutschland zur Abrechnung einzelner Krankenhausfälle und somit als [[Fallpauschale]]n-System eingeführt. Demnach wird das bisherige verweildauerbezogene Vergütungssystem für Krankenhausbehandlung nach der Anzahl der Behandlungstage, abgelöst durch ein fallbezogenes Vergütungssystem nach der Eingruppierung in eine DRG. |
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== Grundlagen |
== Grundlagen == |
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Im DRG-System werden Patienten anhand medizinischer (Diagnosen, durchgeführte Behandlungen) und demographischer Daten (Alter, Geschlecht sowie das Aufnahmegewicht in Gramm bei Kindern, die jünger sind als 1 Jahr) für Zwecke der Abrechnung in Fallgruppen klassifiziert. Die Fallgruppen dienen jedoch nicht der Bestimmung der ''medizinischen'' Behandlung, sondern die Differenzierung erfolgt aufgrund des in der Vorperiode ermittelten typischen ''Aufwandes (Behandlungskosten)''. Diese Fallgruppen werden mit einer sogenannten [[Bewertungsrelation]] (BR) (engl. ''cost weight'' (cw)) bewertet, in der sich die unterschiedlichen Behandlungskosten der jeweiligen Fallgruppe widerspiegeln. |
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Voraussetzung für die Eingruppierung eines Patienten in eine DRG ist die Verschlüsselung einer Hauptdiagnose und ggf. von behandlungsrelevanten Nebendiagnosen als [[ICD]]-Code sowie der wesentlichen, am Patienten durchgeführten Leistungen (Prozeduren) als [[ICPM]]-Code. Um eine einheitliche Verschlüsselung zu gewährleisten, wurde eigens ein Regelwerk (Deutsche Kodierrichtlinien [[DKR]] erstellt. Aus den Diagnosen und Prozeduren sowie dem Alter, Geschlecht, der Verweildauer und der Entlassungsart (z. B. verlegt, verstorben, normale Entlassung usw.) erfolgt die DRG-Ermittlung über einen vom ''[[Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus]] ([http://inek.customer.msim.de/organisation/drg_institut.htm InEK gGmbH]) '' (siehe auch Web-Link) erstellten und veröffentlichten Algorithmus (Definitionshandbücher). Dieser Algorithmus ist in EDV-Programmen, so genannten [[Groupern]] implementiert, die vom InEK lizenziert werden und über Schnittstellen von der Krankenhaus-EDV eingebunden werden können. |
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== Pauschalabrechnung im Einzelfall == |
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Das InEK erstellt jährlich den Katalog der abrechenbaren DRGs aus den Leistungs- und Kostendaten von freiwillig an der so genannten ''Kalkulation'' teilnehmenden Krankenhäusern. Zusätzlich wird zu jeder DRG ein ''Bewertungsrelation (BR)'' (Synonym:''Kostengewicht, Relativgewicht'') kalkuliert, das den Kostenunterschied der verschiedenen DRGs unterein ander wiederspiegelt. Daher ist das DRG-System in erster Linie eine ökonomische und nur bedingt eine medizinische Klassifikation. |
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Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung des Behandlungsfalles zu einer diagnosebezogenen Fallgruppe sind: |
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* die Hauptdiagnose (bei den GDRG: die für die Krankenhausaufnahme aus der Retrospektive hauptverantwortliche Diagnose, häufig die Grunderkrankung), |
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* im Krankenhaus durchgeführte Prozeduren (Operationen, aufwändige Untersuchungen), |
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* Nebendiagnosen und Komplikationen, die den Behandlungsverlauf maßgeblich (indem ihnen ein Aufwand anzurechnen ist) beeinflussen, |
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* die Beatmungszeit und |
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* patientenbezogene Faktoren wie Alter, Geschlecht der Patienten oder das Geburts- bzw. Aufnahmegewicht bei Frühgeburten und Säuglingen. |
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* sowie Verweildauer, Aufnahmeart (Zuverlegung, Einweisung) und Entlassart (Abverlegung, Tod …) |
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Folgende Schlüsselsysteme werden im Zusammenhang mit den DRG in Deutschland verwendet: |
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Die DRGs werden als eine vierstellige Kombination aus Buchstaben und Ziffern dargestellt, beispielsweise ''F60B'' für ''Kreislauferkrankungen mit akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik ohne äußerst schwere Begleiterkrankungen''. |
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* ICD-Schlüssel für die Diagnosen nach der deutschen Anpassung der [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme]] ([[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] [[ICD-10]], Variante in D. ICD-10-GM) für die Zwecke des {{§|275|SGB_5|juris}} [[Fünftes Buch Sozialgesetzbuch|SGB V]] (Begutachtung und Beratung) verschlüsselt werden. |
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* OPS-Prozeduren-Schlüssel nach dem „[[Operationen- und Prozedurenschlüssel]]“ (OPS) für die Zwecke des {{§|301|SGB_5|juris}} SGB V (Krankenhäuser) nach der Internationalen Klassifikation der medizinischen Prozeduren ([[ICPM]]) verschlüsselt werden. |
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* DRG-Umschlüsselung aus den genannten Basisdaten ICD und OPS in DRG wird veröffentlicht und mit spezieller und in Deutschland auch zwingend zertifizierter [[DRG-Grouper|Grouper-Software]] für die Abrechnung. |
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Ärzte und pflegendes Personal in deutschen Kliniken sind aufgrund der Arbeitsbelastung sowie wachsenden Komplexität und Entwicklung der DRGs, ICD und OPS zunehmend auf die Hilfe von speziell ausgebildetem Fachpersonal angewiesen. Dieses sollte idealerweise eine Kombination aus medizinischem Hintergrundwissen, weiterführenden Kenntnissen zum DRG-System, betriebswirtschaftlichem Sachverstand sowie praxisorientierten EDV-Kompetenzen vereinen. Um den erheblichen abrechnungstechnischen und medizinischen Anforderungen gerecht zu werden, hat sich eine Weiterbildung bereits ausgebildeten medizinischen Fachpersonals oder geeigneten Abrechnungspersonals zur Medizinischen Kodierfachkraft (MKF) etabliert. Hierbei können Absolventen ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer als Qualifikationsnachweis erwerben. So konnte seit 2013 ein strukturierter Ausbildungsstandard etabliert werden. Bereits im Berufsfeld tätige Fachkräfte können bei entsprechender Eignung das IHK-Zertifikat im Rahmen einer Qualifikations-Prüfung erlangen. |
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[[Bild:DRGFormat.png|thumb|DRG-Code]] Die erste Stelle des DRG-Codes bezeichnet das Kapitel (so genannte Hauptdiagnosegruppe, aus dem englichen "Major Diagnostic Categorie (MDC)) nach Organsystem (z.B. MDC 1: Erkrankungen des Nervensystems = "B") bzw, Ursache der Erkrankung (z.B. MDC 21: Verletzungen = "X") unterteilt. Zusätzliche gibt es Sonderfälle (Beatmungsfälle, Transplantationen usw. = "A") sowie so genannte Fehler-DRGs (Falsche Hauptdiagnose, OP passt nicht zur Diagnose usw. = "9") |
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== Geschichte == |
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Die zweite und dritte Stelle des DRG-Codes bezeichnet die Art der Behandlung. 01-39 bezeichnet eine operative Behandlung, 40-59 bezeichnet eine nichtoperative, jedoch invasive Behandlung (z.B. Darmspiegelung) und 60-99 bezeichnet eine rein medizinische Behandlung ohne Eingriffe. |
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=== Entwicklung in den Vereinigten Staaten und Australien === |
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DRG wurden in den USA an der [[Yale-Universität]] von Robert Barclay Fetter und John Devereaux Thompson ab 1967 entwickelt.<ref name="'inquiry1975">J. D. Thompson, R. B. Fetter, C. D. Mross: ''Case mix and resource use.'' In: ''Inquiry.'' 12(4), Dez 1975, S. 300–312.</ref> Sie wurden ursprünglich allerdings nicht als Vergütungssystem entwickelt, sondern als ein reines Patientenklassifikationssystem, das als Managementwerkzeug die Messung, Evaluierung und Steuerung der Behandlungen im Krankenhaus ermöglichen sollte.<ref>A. Vera: ''Die „Industrialisierung“ des Krankenhauswesens durch DRG-Fallpauschalen – eine interdisziplinäre Analyse.'' In: ''Das Gesundheitswesen'', Jahrgang 71, Nr. 3, 2009, S. 161 f. und S. e10 ff.</ref> |
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Die heute verwendeten und entwickelten Lösungen wurden beispielsweise ab 1983 erstmals als prospektives Vergütungssystem und zur Erfassung der beanspruchten Vergütung im [[Medicare (Vereinigte Staaten)|Medicare]]-Programm der USA eingesetzt ([[Accounting]]).<ref>Robert B. Fetter: ''DRGs – Their Design and Development.'' Health Administration Press, Ann Arbor MI 1991, ISBN 0-910701-60-1.</ref><ref>William C. Hsiao, Harvey M. Sapolsky, Daniel L. Dunn, Sanford L. Weiner: [http://content.healthaffairs.org/cgi/reprint/5/2/32.pdf ''Lessons of the New Jersey DRG payment system''.] (PDF; 210 kB) content.healthaffairs.org, 1986.</ref> In [[Australien]] wurde die erste Version 1992 im Bundesstaat Victoria freigegeben. Diese Fassung diente als Referenz für die Implementierung einer gleichartigen Lösung in Deutschland. |
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Die letzte Stelle des DRG-Codes bezeichnet den (ökonomischen) Schweregrad der DRG. Buchstabe "A" kennzeichnet eine aufwändige (teure) Behandlung. Nach unten sind je nach Basis-DRG verschiedene Differenzierungen bis zum Buchstaben "E" möglich. Der Buchstabe "Z" kennzeichnet DRGs, die nicht weiter differenziert sind. |
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DRG dienten in den USA zunächst zur Klassifikation medizinisch ähnlicher Patientenkollektive, erst später wurden daraus Entgeltsysteme durch Hinterlegung mit der Bewertung des Schweregrades der Behandlung und dem Bezug auf die typischen Kosten. Es kam dadurch zur Verschiebung von Anteilen stationärer Leistungen zu [[Poliklinik|ambulanten]] Leistungen. Die amerikanischen DRG der [[Centers for Medicare & Medicaid Services]] (frühere [[Health Care Financing Administration]], HCFA) werden in voller Breite nur für die Bevölkerung über 65 Jahre, die durch das staatliche Medicare-Programm versichert ist, angewendet. |
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Der für die Fallpauschale abzurechnende Preis ergibt sich aus dem kalkulierten Relativgewicht multipliziert mit einem sogannten [[Basisfallwert]], der in den Jahren 2003 und 2004 noch Krankenhausindividuell verhandelt wird, zwischen 2005 und 2007 jedoch schrittweise an einen für das Bundesland einheitlichen Basisfallwert angeglichen wird (''Konvergenzphase''), so dass ab 2007 gleiche Leistungen innerhalb eines Bundeslandes auch einen gleichen Preis haben, unabhängig davon, in welchem Krankenhaus der Patient behandelt wurde. Nach dem noch nicht beschlossenen Referentenentwurf eines 2. Fallpauschalenänderungsgesetzes soll diese Konvergenzphase um ein Jahr verlängert werden. |
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Das Konzept der DRG wurde ursprünglich von Fetter und Thompson ab 1967 auch zur Steuerung klinischer Dienste und zur Messung der Leistung und der [[Qualität]] der medizinischen Leistung entworfen. Der anfangs enthaltene Steuerungsaspekt ([[Scheduling]]) ist in allen heute international bekannten Lösungen verloren gegangen. |
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Da das Deutsche DRG-Sytem weltweit einmalig auch als Abrechnungssystem für einzelne Behandlungsfälle verwendet wird, sind Regelungen für die Berücksichtigung von Außreißerfällen,also extrem lang oder besonders kurz behandelten Fällen, eingeführt worden. Für die meisten DRGs wurde eine obere und untere Genzverweildauern berechnet. Bei Unterschreiten der unteren Grenzverweildauer erfolgt ein Abschlag, bei Überschreiten der oberen Grenzverweildauer erfolgt ein Zuschlag auf den jeweiligen DRG-Preis. Außerdem erfolgt ein Abschlag, wenn der Patient in ein anderes Krankenhaus oder aus einem anderen Krankenhaus verlegt und nicht mindestens bis zur mittleren Verweildauer der abgerechneten DRG behandelt wird. Zu und Abschläge sind als Bewertungsrelationen pro Tag definiert, so dass sich der jeweilige Betrag aus der Multiplikation der relevanten Tage und der Bewertungsrelation mit dem Basisfallwert ergibt. |
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=== Adaption in Deutschland === |
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== Beispiel: == |
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{{Hauptartikel|German Diagnosis Related Groups}} |
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Ein Patient mit akutem Herzinfarkt wurde bis 2002 nach der [[Verweildauer]] und einem, für das Krankenhaus gültigen [[Pflegesatz]] abgerechnet |
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Die [[Selbstverwaltung]]sorgane des deutschen Gesundheitswesens wurden im Jahr 2000 durch die Politik aufgefordert, ein bereits existierendes DRG-System als Grundlage des aufzubauenden deutschen Systems auszuwählen.<ref name="Vera" /> Die Entscheidung fiel auf das System des australischen Bundesstaates [[Victoria (Australien)|Victoria]], genannt „Australian Refined Diagnosis Related Groups“ (AR-DRG). Durch Überarbeitung in jährlichen Abständen soll eine Anpassung an die deutsche Behandlungswirklichkeit erreicht werden. Beauftragt ist damit das im Mai 2001 gegründete [[Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus]] (InEK GmbH) in [[Siegburg]]. |
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(Preis = Verweildauer x Pflegesatz). |
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Seit erster Definition der DRG-Methode gibt es weder im Ursprungsland USA noch in dem als Vorbild betrachteten Australien und auch nicht in Deutschland einen wissenschaftlichen Nachweis, dass das Verfahren die Kosten im Gesundheitswesen dämpft.<ref>{{Literatur |Autor=Antonio Vera |Titel=Die „Industrialisierung“ des Krankenhauswesens durch DRG-Fallpauschalen – eine interdisziplinäre Analyse |Sammelwerk=Gesundheitswesen |Band=71 |Nummer=3 |Verlag=Thieme Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=2009-02-16 |ISSN=0941-3790 |Seiten=e10-e17 |Sprache=de |DOI=10.1055/s-0028-1102941}}</ref> Zu beobachten ist allenfalls ein Verzögern des Anstiegs ohne Änderung der Dynamik. |
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=== Kritik in Deutschland === |
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Mit Einführung des DRG-Systems erfolgt eine Eingruppierung des Patienten in eine DRG, beispielsweise für das Jahr 2004 in die DRG ''F60B Kreislauferkrankungen mit akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik ohne äußerst schwere Begleiterkrankungen''. Die Bewertungsrelation dieser DRG ist 1,08. Für ein Krankenhaus mit einem Basisfallwert von beispielsweise 2.500 € ergäbe sich für die Behandlung ein Preis von |
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{{Siehe auch|Fallpauschale und Sonderentgelt#Kritik am System der Fallpauschalen}} |
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1,08 x 2.500 € = 2.700 €. |
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Das deutsche DRG-System wird seit seinem Inkraftsetzen 2003 unter anderem deswegen kritisiert, weil es zu einer Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und einer damit verbundenen deutlichen Erhöhung der Arbeitsbelastung von Pflegekräften und Ärzten führte. [[Heidrun Gitter]], die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, beurteilt das Fallpauschalensystem als „schlecht für die Patientensicherheit“. Zuvor hatte schon [[Günther Jonitz]] als Präsident der Berliner Ärztekammer geäußert, dass anders als in Australien „in Deutschland die DRGs von Beginn an nicht für die Optimierung, sondern zur Dezimierung von Krankenhäusern implementiert“ worden seien. „Die DRGs waren von Beginn an nicht ausfinanziert und zentrale Bereiche wie Personalentwicklungskosten fehlen vollständig.“ Das DRG-System rege, wie Boris Augurzky vom ''[[RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung]]'' kritisiert, dazu an, möglichst viele stationäre Fälle zu behandeln, und führe so „in ein Hamsterrad“.<ref>Falk Osterloh: ''Krankenhäuser – Reise ins Ungewisse'' In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]'', Heft 3, 17. Januar 2020, S. B 51 – B 55, hier: B 54: ''Kritik am DRG-System''; [https://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=211894 aerzteblatt.de]</ref> |
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Bei Vorliegen relevanter Nebendiagnosen könnte sich auch die DRG '' F60'''A'''' Kreislauferkrankungen mit akutem Myokardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik '''mit''' äußerst schweren Begleiterkrankungen'' ergeben. Deren Bewertungsrelation liegt bei 1,62, der Preis für die Behandlung ergäbe sich somit durch |
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1,62 x 2.500 € = 4.050 €. |
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=== Homogenität der Kosten === |
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==Ziele== |
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Die politischen Ziele der DRG-Einführung sind |
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*die Liegezeit in deutschen Krankenhäusern zu verkürzen, |
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*die Bezahlung von medizinischen Leistungen in den Krankenhäusern zu vereinheitlichen ("gleicher Preis für gleiche Leistung"), |
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*Transparenz und Vergleichbarkeit der Krankenhausleistungen, |
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*Abbau von vermuteten Überkapazitäten im Krankenhausbereich, |
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*und insgesamt Kosteneinsparungen im stationären Bereich |
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Oberstes Ziel bei der jährlichen Weiterentwicklung des G-DRG Systems ist die Wahrung einer möglichst hohen Homogenität in den Fallgruppen in Bezug auf die Kosten und die Verweildauer. Zeitgleich ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus angehalten, eine möglichst geringe Komplexität des Systems anzustreben, was mit einer geringen Anzahl an diagnosebezogenen Fallgruppen einhergeht. Diese beiden Parameter bedingen einander, was die Berechnung der Homogenität im Zeitverlauf verdeutlicht. Seit Herausnahme der Pflegepersonalkosten im Jahr 2020 und der gezielten Reduktion der Fallpauschalen im Jahr 2021, konnte zwar das Ziel der möglichst geringen Komplexität gewahrt werden, die Homogenität der Kosten jedoch sank.<ref>{{Internetquelle |url=https://app.reimbursement.info/ |titel=Krankenhausanalysetool reimbursement.INFO |hrsg=RI Innovation GmbH |datum=2021-06-17 |sprache=de |abruf=2021-06-17}}</ref> |
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== Kritik am DRG-System == |
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*Während in anderen Ländern, die das DRG-System anwenden, von professionellen Dokumentationsassistenten kodiert wird, gilt in Deutschland die Codierung von Diagnosen und Prozeduren noch in erster Linie als Aufgabe des Arztes. Dadurch wird die administrative Tätigkeit der Krankenhausärzte deutlich erhöht, es bleibt weniger Zeit für die Patienten. |
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*Auch im Verwaltungsbereich der Krankenhäuser und Kostenträger steigt der Aufwand. Während bisher der Preis für eine Behandlung relativ einfach durch Multiplikation zu ermitteln war, ist jetzt medizinisches Wissen zur Überprüfung der Abrechnung erforderlich. Im Krankenhausbereich hat sich unter anderem aus diesem Grund ein eigenes Berufsbild ([[Medizincontroller]]) entwickelt. |
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*Während die verweildauerbezogene Abrechnung aus ökonomischer Sicht Anreiz für eine Verzögerung der Behandlung war, ist die Abrechnung nach DRG-Fallpauschalen Anreiz für eine zu frühzeiteitge Entlassung (Stichwort: "Blutige Entlassung") |
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*Die DRGs bilden insbesondere in bestimmten Bereichen (Unfallchirurgie, Kinderheilkunde, u.a.) die tatsächliche Behandlung noch nicht differenziert genug ab, so dass die resultierende Vergütung nicht "sachgerecht" ist. |
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*Ein Fallpauschalensystem bietet Anreize, sich innerhalb von Fallgruppen auf möglichst "einfache" oder standardisierte Fälle zu spezialisieren. Die Versorgung komplexerer Fälle wird dadurch eingeschränkt oder auf andere Abieter verlagert. |
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*Die Teilnahme an der DRG-Kalkulation ist für die Krankenhäuser freiwillig. Dadurch sind die einfließendenden Daten nicht repräsentativ. |
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[[Datei:Homogenität der Kosten des G-DRG Systems seit 2006.jpg|alt=Zur Bemessung der Klassifikationsveränderung, die nach den jährlichen klassifikatorischen Überarbeitungen geschieht, kann die Maßgröße „Homogenitätskoeffizient“ herangezogen werden.|800x800px]] |
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== Entwicklung des Deutschen DRG-Systems== |
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Das DRG-System wird jährlich durch das InEK aufgrund der erhobenen Behandlungs- und Kostendaten weiterentwickelt. Daraus kann sich ergeben: |
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*Differenzierung von DRGs aufgrund von Kostenunterschieden z.B. durch Begleiterkrankungen oder dem Alter, |
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*Zusammenfassung bisher unterschiedlicher DRGs aufgrund fehlender Kostenunterschiede, |
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*die Verwendung von zusätzlichen Kriterien wie Geburtsgewicht, Ein-Tages-Fall, Notfall. |
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*die Beachtung weiterer kostenrelevanter Patientenmerkmale, welche über die ärztlichen Diagnosen hinausgehen (z.B. Handicaps wie [[Analphabet]]iker oder soziale Kriterien wie Arbeits- oder Wohnsitzlosigkeit) |
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=== Umgehungsstrategien === |
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== Einführung in Deutschland == |
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Die inzwischen an einigen Krankenhäusern eingeführten so genannten ''Prä-Kliniken'' betreiben keine [[Triage]] und auch keine Ersteinschätzung, sondern haben die Bestätigung oder Korrektur der Einweisungsdiagnose gegenüber den strukturierten pauschalen Abrechnungsverfahren zum Inhalt. Formal wird der Patient beim Verlassen der Prä-Klinik und Aufnahme in der normalen Klinik unabhängig von der Einweisungsdiagnose als Fall neu und ökonomisch passend zu dem vorgegebenen strukturierten pauschalen Abrechnungsverfahren klassifiziert. |
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Das so genannte Optionsmodell ermöglichte den Krankenhäusern auf freiwillger Basis ihre Abrechnung ab dem 01.01.2003 auf das DRG-SYstem umzustellen. Voraussetzung war neben einer fristgerechten Anmeldung eine abgeschlossene Budgetverhandlung mit den Kostenträgern. Aufgrund zeitlicher Verzögerungen der Bundgetverhandlung fand für die meisten teilnehmenden Kliniken der Umstieg unterjährig statt. |
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=== Adaption in der Schweiz === |
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Gesetzlich ist die Einführung des DRG-System am dem 01.01.2004 verpflichtend vorgesehen. Jedoch ist auch hier die abgeschlossene Budgetverhandlung Voraussetzung so dass bei vielen Kliniken erst im Verlauf des Jahres mit einem Umstieg zu rechnen ist. |
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{{Hauptartikel|SwissDRG}} |
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Im Dezember 2005 entschied sich das zuständige Gremium der [[Schweiz]] zur Einführung eines DRG-Systems auf Grundlage des deutschen Modells. Durch den Prozess der Helvetisierung (Anpassung an die schweizerische Behandlungswirklichkeit) sind daraus die SwissDRG entstanden.<ref>[http://www.swissdrg.org/ SwissDRG AG]</ref> |
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== |
== Casemix == |
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[[Datei:Casemix Entwicklung 2010 - 2018.png|mini|hochkant=2|Die Grafik zeigt die Entwicklung des Casemixvolumens vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2018 in Deutschland]] |
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im DRG-System erhält jeder stationäre Patientenfall ein Kostengewicht (Relativgewicht oder Bewertungsrelation), das den ökonomischen Schweregrad der Behandlung beschreibt. So beträgt beispielsweise das Kostengewicht eines Endoprotheseneingriffes am Kniegelenk (DRG I44B) ohne schwere Komplikationen und Komorbiditäten 2,272, während das Kostengewicht einer Hysterektomie (DRG N21B) ohne schwere Komplikationen und Komorbiditäten bei 1,032 liegt. Der '''Casemix''' bezeichnet die Summe aller erbrachten DRG-Gewichte eines Krankenhauses und gibt Aufschluss darüber, wie viele Patienten mit welchem ökonomischen Schweregrad behandelt wurden. |
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Die Grafik zeigt sowohl die absolute als auch die auf Bundesländer verteilte Entwicklung des Casemix[[volumen]]s vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2018 in Deutschland. Bis zum Jahr 2017 wurde korrelierend mit den steigenden stationären Fallzahlen in Deutschland ein Anstieg des Casemixvolumens verzeichnet. Im Jahr 2018 war diese Entwicklung erstmals rückläufig. |
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DRGs wurden in den USA an der [[Yale-Universität]] von Prof. Fetter 1975 entwickelt. Sie wurden in den USA bereits vor 18 Jahren eingeführt. Es kam dadurch zur Verschiebung von stationären zu mehr [[Ambulante Behandlung|ambulanten]] Leistungen. Es wird geschätzt, dass nach Einführung der DRGs in Deutschland ungefähr 400 von derzeit 2200 [[Krankenhäuser]]n überzählig sein werden. |
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=== Casemix-Entwicklung der Hauptdiagnosegruppen === |
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Seit ungefähr 17 Jahren werden DRGs in Amerika angewendet. Die amerikanischen DRGs der Health Care Financing Administration (HCFA) werden in voller Breite nur für die Bevölkerung über 65 Jahre, die durch das staatliche Medicare-Programm versichert ist, angewendet. |
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Die Casemix-Entwicklung in Deutschland der einzelnen [[Hauptdiagnosegruppe]]n (englisch ''Major Diagnostic Categories'', kurz MDCs) ist in der folgenden Tabelle aufgeführt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bindoc.de/registrierung-statistik-tool |titel=Statistik Tool |hrsg=BinDoc GmbH |abruf=2021-04-20 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20210420151715/https://www.bindoc.de/registrierung-statistik-tool |archiv-datum=2021-04-20 |offline=ja |archiv-bot=2024-11-26 05:06:34 InternetArchiveBot }}</ref> |
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{| class="wikitable" |
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|+ |
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!MDC-Zuordnung |
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!2010 |
|||
!2018 |
|||
!% Änderung |
|||
|- |
|||
|MDC 01 Krankheiten und Störungen des [[Nervensystem]]s |
|||
|1.435.289 |
|||
|1.650.222 |
|||
|15 % |
|||
|- |
|||
|MDC 02 Krankheiten und Störungen des [[Auge]]s |
|||
|213.904 |
|||
|235.174 |
|||
|9,90 % |
|||
|- |
|||
|MDC 03 Krankheiten und Störungen des Ohres, der Nase, des Mundes und des Halses ([[Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde|HNO]]) |
|||
|578.230 |
|||
|624.968 |
|||
|8,10 % |
|||
|- |
|||
|MDC 04 Krankheiten und Störungen der [[Atmungsorgane]] |
|||
|1.122.359 |
|||
|1.321.275 |
|||
|17,70 % |
|||
|- |
|||
|MDC 05 Krankheiten und Störungen des [[Kardiovaskuläres System|Kreislaufsystems]] |
|||
|3.153.994 |
|||
|3.550.944 |
|||
|12,60 % |
|||
|- |
|||
|MDC 06 Krankheiten und Störungen der [[Verdauungstrakt|Verdauungsorgane]] |
|||
|1.780.010 |
|||
|1.932.770 |
|||
|8,60 % |
|||
|- |
|||
|MDC 07 Krankheiten und Störungen an hepatobiliärem System und [[Pankreas]] |
|||
|592.982 |
|||
|680.295 |
|||
|14,70 % |
|||
|- |
|||
|MDC 08 Krankheiten und Störungen an [[Muskulatur|Muskel]]-[[Skelett]]-System und [[Bindegewebe]] |
|||
|3.625.083 |
|||
|3.831.318 |
|||
|5,70 % |
|||
|- |
|||
|MDC 09 Krankheiten und Störungen an [[Haut]], [[Subcutis|Unterhaut]] und [[Weibliche Brust|Mamma]] |
|||
|622.112 |
|||
|700.396 |
|||
|12,60 % |
|||
|- |
|||
|MDC 10 [[Drüse|Endokrine]], [[Ernährung des Menschen|Ernährungs]]- und [[Stoffwechsel]]krankheiten |
|||
|490.168 |
|||
|457.406 |
|||
| −6,70 % |
|||
|- |
|||
|MDC 11 Krankheiten und Störungen der [[Harnorgan]]e |
|||
|672.752 |
|||
|797.634 |
|||
|18,60 % |
|||
|- |
|||
|MDC 12 Krankheiten und Störungen der männlichen [[Geschlechtsorgan]]e |
|||
|243.030 |
|||
|261.400 |
|||
|7,60 % |
|||
|- |
|||
|MDC 13 Krankheiten und Störungen der weiblichen [[Geschlechtsorgan]]e |
|||
|439.922 |
|||
|398.077 |
|||
| −9,50 % |
|||
|- |
|||
|MDC 14 [[Schwangerschaft]], [[Geburt]] und [[Wochenbett]] |
|||
|537.494 |
|||
|647.582 |
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|MDC 18B [[Infektion|Infektiöse]] und [[parasit]]äre Erkrankungen |
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== Siehe auch == |
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Die [[Selbstverwaltung]]sorgane des deutschen Gesundheitswesens waren im Jahr 2000 durch die Politik aufgefordert ein bereits existierendes DRG-System als Grundlage des aufzubauenden deutschen Systems auszuwählen. Die Entscheidung fiel auf das System des australischen Bundesstaates [[Victoria]], genannt 'Australian Refined Diagnosis Related Groups' (AR-DRG). Seitdem wird in jährlichen Abständen durch Überarbeitungen eine Anpassung an die deutsche Behandlungswirklichkeit zu erreichen. Beauftragt ist damit das im Mai 2001 gegründete 'Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus' ([http://inek.customer.msim.de/organisation/drg_institut.htm InEK gGmbH]) in [[Siegburg]]. |
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* [[Base Rate]] |
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* [[PCCL]] |
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* [[Pflegediagnose]] |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* R. Bartkowski, H. Bauer, J. Witte: ''G-DRG Praxiskommentar zum Deutschen Fallpauschalen-System.'' ecomed Medizin, 2007, ISBN 978-3-609-10500-0. |
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* Wolfram Fischer: Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten. Bern 2002 |
* Wolfram Fischer: ''Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten.'' Huber, Bern 2002, ISBN 3-456-83576-0. |
||
* Jens Flintrop: ''Auswirkungen der DRG-Einführung – Die ökonomische Logik wird zum Maß der Dinge.'' In: ''[[Deutsches Ärzteblatt]]'', 2006, 46, 3085; [https://www.aerzteblatt.de/pdf/103/46/a3082.pdf aerzteblatt.de] (PDF; 309 kB) |
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* Peter Indra: ''Die Einführung der SwissDRGs in Schweizer Spitälern und ihre Auswirkungen auf das schweizerische Gesundheitswesen.'' Verlag Schweiz. Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Zürich 2004, ISBN 3-85707-803-0. |
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== Siehe auch == |
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* InEK GmbH (Hrsg.): ''G-DRG Fallpauschalenkatalog 2008.'' ISBN 978-3-940001-11-5. |
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*[[Kostengewicht]] |
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* InEK GmbH (Hrsg.): ''Deutsche Kodierrichtlinien Version 2008.'' ISBN 978-3-940001-12-2. |
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*[[Case Mix]] |
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* Ludwig Kuntz, Stefan Scholtes, Antonio Vera: ''DRG Cost Weight Volatility and Hospital Performance.'' In: ''OR Spectrum.'' Jahrgang 30, Nr. 2, 2008, S. 331–354. |
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*[[Case Mix Index]] |
|||
* Thomas Müller: ''DRG-Basiswissen für Ärzte und Kodierer. Eine kurze Anleitung.'' Medizificon Verlag, Mannheim 2007, ISBN 978-3-9810027-5-1. |
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*[[Base Rate]] |
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* Boris Rapp: ''Praxiswissen DRG – Optimierung von Strukturen und Abläufen.'' Kohlhammer-Verlag, 2007, ISBN 978-3-17-019396-3. |
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*[[Obere Grenzverweildauer]] |
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*[[Untere Grenzverweildauer]] |
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*[[MVD]] |
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*[[ICD-Schlüssel|ICD]] |
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*[[ICPM]] |
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*[[Grouper]] |
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*[[Kodierqualität]] |
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*[[Upcoding]] |
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*Medizinischen Dienste der Krankenversicherung [[MDK]] |
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*[[MDC]] = Major Diagnostic Categories |
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*[[Monistik]] |
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*[[Relativgewichte]] |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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* [http://www.fischer-zim.ch |
* [http://www.fischer-zim.ch/textk-pcs/ Die DRG-Familie] (ZIM) |
||
* [http://www.fischer-zim.ch/text-pcssa/t-ga-C-Grundlagen-PCS-0003.htm Patientenklassifikationssysteme: Grundlagen] (ZIM) |
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* [http://www.uniklinik-freiburg.de/v/geb1/a12bc/de/mit/links.xml Linkliste der Uniklinik Freiburg] |
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* [http://www. |
* [http://www.swissdrg.org/ Swiss DRG] |
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* [http://www.mydrg.de/myDRG_archives/literatur/index.html Literatursammlung zu G-DRG und Begleitforschung] |
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* [http://drg.uni-muenster.de Medizincontrolling / DRG Research Group (Universitätsklinikum Münster)] |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 26. November 2024, 07:06 Uhr
Diagnosis Related Groups (englisch; abgekürzt DRG; deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) bezeichnen ein Klassifikationssystem für ein pauschaliertes Abrechnungsverfahren, mit dem Krankenhausfälle (Patienten) anhand von medizinischen Daten Fallgruppen zugeordnet werden. Zur Fallgruppenbestimmung werden methodische Ähnlichkeiten, die sogenannten Leistungsbezeichner herangezogen. Dies sind etwa Haupt- und Nebendiagnosen, Prozedurencodes oder demographische Variablen.
DRGs werden seit Mitte der 1980er Jahre in verschiedenen Ländern zur Steuerung der Finanzierung des Gesundheitswesens verwendet. Während in den meisten Ländern die DRGs krankenhausbezogen zur Verteilung staatlicher oder versicherungsbezogener Budgets verwendet werden, wurde in Deutschland das 2003 eingeführte G-DRG-System zu einem Fallpauschalensystem umgestaltet und wird seither zur Abrechnung von Preisen für die einzelnen Behandlungstypen der einzelnen Behandlungsfälle verwendet.[1] Jede Neuaufnahme eines Patienten in Krankenhaus, Rehabilitation und Pflege definiert jeweils einen neuen Fall, der die weitere Behandlung kennzeichnet. Die festgestellten DRG, mit Haupt- und Nebenklassen, werden vom Leistungsträger zum Kostenträger als Abrechnungsgrundlage gemeldet.
Die Bemessung der Pauschalen erfolgt in Deutschland ebenfalls auf der Grundlage der Verteilung des verfügbaren Gesamtbudgets. Diese Fallgruppen werden nach dem für die Behandlung im Vorjahr ermittelten durchschnittlichen betrieblichen Aufwand bewertet und abgerechnet. Die auf DRG reduzierten Pauschalen stellen ein konsensbasiertes Umlagemodell dar. Sie dienen nicht der Kostenerfassung und nicht der Preisbildung nach den tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Kosten der Behandlung.
In der Schweiz wurde das Fallpauschalen-System SwissDRG und die damit verknüpfte neue Spitalfinanzierung am 1. Januar 2012 eingeführt. Die Schweizer Version basiert auf dem System German DRG (G-DRG) und wurde angepasst an die Besonderheiten des föderalistisch strukturierten Gesundheitssystems der Schweiz. Zuständig für die Erarbeitung und Weiterentwicklung sowie die Anpassung und Pflege des Schweizer Fallpauschalen-Systems ist die SwissDRG AG.
Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im DRG-System werden Patienten anhand medizinischer (Diagnosen, durchgeführte Behandlungen) und demographischer Daten (Alter, Geschlecht sowie das Aufnahmegewicht in Gramm bei Kindern, die jünger sind als 1 Jahr) für Zwecke der Abrechnung in Fallgruppen klassifiziert. Die Fallgruppen dienen jedoch nicht der Bestimmung der medizinischen Behandlung, sondern die Differenzierung erfolgt aufgrund des in der Vorperiode ermittelten typischen Aufwandes (Behandlungskosten). Diese Fallgruppen werden mit einer sogenannten Bewertungsrelation (BR) (engl. cost weight (cw)) bewertet, in der sich die unterschiedlichen Behandlungskosten der jeweiligen Fallgruppe widerspiegeln.
Pauschalabrechnung im Einzelfall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Maßgebliche Kriterien für die Zuordnung des Behandlungsfalles zu einer diagnosebezogenen Fallgruppe sind:
- die Hauptdiagnose (bei den GDRG: die für die Krankenhausaufnahme aus der Retrospektive hauptverantwortliche Diagnose, häufig die Grunderkrankung),
- im Krankenhaus durchgeführte Prozeduren (Operationen, aufwändige Untersuchungen),
- Nebendiagnosen und Komplikationen, die den Behandlungsverlauf maßgeblich (indem ihnen ein Aufwand anzurechnen ist) beeinflussen,
- die Beatmungszeit und
- patientenbezogene Faktoren wie Alter, Geschlecht der Patienten oder das Geburts- bzw. Aufnahmegewicht bei Frühgeburten und Säuglingen.
- sowie Verweildauer, Aufnahmeart (Zuverlegung, Einweisung) und Entlassart (Abverlegung, Tod …)
Folgende Schlüsselsysteme werden im Zusammenhang mit den DRG in Deutschland verwendet:
- ICD-Schlüssel für die Diagnosen nach der deutschen Anpassung der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (WHO ICD-10, Variante in D. ICD-10-GM) für die Zwecke des § 275 SGB V (Begutachtung und Beratung) verschlüsselt werden.
- OPS-Prozeduren-Schlüssel nach dem „Operationen- und Prozedurenschlüssel“ (OPS) für die Zwecke des § 301 SGB V (Krankenhäuser) nach der Internationalen Klassifikation der medizinischen Prozeduren (ICPM) verschlüsselt werden.
- DRG-Umschlüsselung aus den genannten Basisdaten ICD und OPS in DRG wird veröffentlicht und mit spezieller und in Deutschland auch zwingend zertifizierter Grouper-Software für die Abrechnung.
Ärzte und pflegendes Personal in deutschen Kliniken sind aufgrund der Arbeitsbelastung sowie wachsenden Komplexität und Entwicklung der DRGs, ICD und OPS zunehmend auf die Hilfe von speziell ausgebildetem Fachpersonal angewiesen. Dieses sollte idealerweise eine Kombination aus medizinischem Hintergrundwissen, weiterführenden Kenntnissen zum DRG-System, betriebswirtschaftlichem Sachverstand sowie praxisorientierten EDV-Kompetenzen vereinen. Um den erheblichen abrechnungstechnischen und medizinischen Anforderungen gerecht zu werden, hat sich eine Weiterbildung bereits ausgebildeten medizinischen Fachpersonals oder geeigneten Abrechnungspersonals zur Medizinischen Kodierfachkraft (MKF) etabliert. Hierbei können Absolventen ein Zertifikat der Industrie- und Handelskammer als Qualifikationsnachweis erwerben. So konnte seit 2013 ein strukturierter Ausbildungsstandard etabliert werden. Bereits im Berufsfeld tätige Fachkräfte können bei entsprechender Eignung das IHK-Zertifikat im Rahmen einer Qualifikations-Prüfung erlangen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Entwicklung in den Vereinigten Staaten und Australien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]DRG wurden in den USA an der Yale-Universität von Robert Barclay Fetter und John Devereaux Thompson ab 1967 entwickelt.[2] Sie wurden ursprünglich allerdings nicht als Vergütungssystem entwickelt, sondern als ein reines Patientenklassifikationssystem, das als Managementwerkzeug die Messung, Evaluierung und Steuerung der Behandlungen im Krankenhaus ermöglichen sollte.[3]
Die heute verwendeten und entwickelten Lösungen wurden beispielsweise ab 1983 erstmals als prospektives Vergütungssystem und zur Erfassung der beanspruchten Vergütung im Medicare-Programm der USA eingesetzt (Accounting).[4][5] In Australien wurde die erste Version 1992 im Bundesstaat Victoria freigegeben. Diese Fassung diente als Referenz für die Implementierung einer gleichartigen Lösung in Deutschland.
DRG dienten in den USA zunächst zur Klassifikation medizinisch ähnlicher Patientenkollektive, erst später wurden daraus Entgeltsysteme durch Hinterlegung mit der Bewertung des Schweregrades der Behandlung und dem Bezug auf die typischen Kosten. Es kam dadurch zur Verschiebung von Anteilen stationärer Leistungen zu ambulanten Leistungen. Die amerikanischen DRG der Centers for Medicare & Medicaid Services (frühere Health Care Financing Administration, HCFA) werden in voller Breite nur für die Bevölkerung über 65 Jahre, die durch das staatliche Medicare-Programm versichert ist, angewendet.
Das Konzept der DRG wurde ursprünglich von Fetter und Thompson ab 1967 auch zur Steuerung klinischer Dienste und zur Messung der Leistung und der Qualität der medizinischen Leistung entworfen. Der anfangs enthaltene Steuerungsaspekt (Scheduling) ist in allen heute international bekannten Lösungen verloren gegangen.
Adaption in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Selbstverwaltungsorgane des deutschen Gesundheitswesens wurden im Jahr 2000 durch die Politik aufgefordert, ein bereits existierendes DRG-System als Grundlage des aufzubauenden deutschen Systems auszuwählen.[1] Die Entscheidung fiel auf das System des australischen Bundesstaates Victoria, genannt „Australian Refined Diagnosis Related Groups“ (AR-DRG). Durch Überarbeitung in jährlichen Abständen soll eine Anpassung an die deutsche Behandlungswirklichkeit erreicht werden. Beauftragt ist damit das im Mai 2001 gegründete Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK GmbH) in Siegburg. Seit erster Definition der DRG-Methode gibt es weder im Ursprungsland USA noch in dem als Vorbild betrachteten Australien und auch nicht in Deutschland einen wissenschaftlichen Nachweis, dass das Verfahren die Kosten im Gesundheitswesen dämpft.[6] Zu beobachten ist allenfalls ein Verzögern des Anstiegs ohne Änderung der Dynamik.
Kritik in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das deutsche DRG-System wird seit seinem Inkraftsetzen 2003 unter anderem deswegen kritisiert, weil es zu einer Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und einer damit verbundenen deutlichen Erhöhung der Arbeitsbelastung von Pflegekräften und Ärzten führte. Heidrun Gitter, die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, beurteilt das Fallpauschalensystem als „schlecht für die Patientensicherheit“. Zuvor hatte schon Günther Jonitz als Präsident der Berliner Ärztekammer geäußert, dass anders als in Australien „in Deutschland die DRGs von Beginn an nicht für die Optimierung, sondern zur Dezimierung von Krankenhäusern implementiert“ worden seien. „Die DRGs waren von Beginn an nicht ausfinanziert und zentrale Bereiche wie Personalentwicklungskosten fehlen vollständig.“ Das DRG-System rege, wie Boris Augurzky vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung kritisiert, dazu an, möglichst viele stationäre Fälle zu behandeln, und führe so „in ein Hamsterrad“.[7]
Homogenität der Kosten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Oberstes Ziel bei der jährlichen Weiterentwicklung des G-DRG Systems ist die Wahrung einer möglichst hohen Homogenität in den Fallgruppen in Bezug auf die Kosten und die Verweildauer. Zeitgleich ist das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus angehalten, eine möglichst geringe Komplexität des Systems anzustreben, was mit einer geringen Anzahl an diagnosebezogenen Fallgruppen einhergeht. Diese beiden Parameter bedingen einander, was die Berechnung der Homogenität im Zeitverlauf verdeutlicht. Seit Herausnahme der Pflegepersonalkosten im Jahr 2020 und der gezielten Reduktion der Fallpauschalen im Jahr 2021, konnte zwar das Ziel der möglichst geringen Komplexität gewahrt werden, die Homogenität der Kosten jedoch sank.[8]
Umgehungsstrategien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die inzwischen an einigen Krankenhäusern eingeführten so genannten Prä-Kliniken betreiben keine Triage und auch keine Ersteinschätzung, sondern haben die Bestätigung oder Korrektur der Einweisungsdiagnose gegenüber den strukturierten pauschalen Abrechnungsverfahren zum Inhalt. Formal wird der Patient beim Verlassen der Prä-Klinik und Aufnahme in der normalen Klinik unabhängig von der Einweisungsdiagnose als Fall neu und ökonomisch passend zu dem vorgegebenen strukturierten pauschalen Abrechnungsverfahren klassifiziert.
Adaption in der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Dezember 2005 entschied sich das zuständige Gremium der Schweiz zur Einführung eines DRG-Systems auf Grundlage des deutschen Modells. Durch den Prozess der Helvetisierung (Anpassung an die schweizerische Behandlungswirklichkeit) sind daraus die SwissDRG entstanden.[9]
Casemix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
im DRG-System erhält jeder stationäre Patientenfall ein Kostengewicht (Relativgewicht oder Bewertungsrelation), das den ökonomischen Schweregrad der Behandlung beschreibt. So beträgt beispielsweise das Kostengewicht eines Endoprotheseneingriffes am Kniegelenk (DRG I44B) ohne schwere Komplikationen und Komorbiditäten 2,272, während das Kostengewicht einer Hysterektomie (DRG N21B) ohne schwere Komplikationen und Komorbiditäten bei 1,032 liegt. Der Casemix bezeichnet die Summe aller erbrachten DRG-Gewichte eines Krankenhauses und gibt Aufschluss darüber, wie viele Patienten mit welchem ökonomischen Schweregrad behandelt wurden.
Die Grafik zeigt sowohl die absolute als auch die auf Bundesländer verteilte Entwicklung des Casemixvolumens vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2018 in Deutschland. Bis zum Jahr 2017 wurde korrelierend mit den steigenden stationären Fallzahlen in Deutschland ein Anstieg des Casemixvolumens verzeichnet. Im Jahr 2018 war diese Entwicklung erstmals rückläufig.
Casemix-Entwicklung der Hauptdiagnosegruppen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Casemix-Entwicklung in Deutschland der einzelnen Hauptdiagnosegruppen (englisch Major Diagnostic Categories, kurz MDCs) ist in der folgenden Tabelle aufgeführt.[10]
MDC-Zuordnung | 2010 | 2018 | % Änderung |
---|---|---|---|
MDC 01 Krankheiten und Störungen des Nervensystems | 1.435.289 | 1.650.222 | 15 % |
MDC 02 Krankheiten und Störungen des Auges | 213.904 | 235.174 | 9,90 % |
MDC 03 Krankheiten und Störungen des Ohres, der Nase, des Mundes und des Halses (HNO) | 578.230 | 624.968 | 8,10 % |
MDC 04 Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane | 1.122.359 | 1.321.275 | 17,70 % |
MDC 05 Krankheiten und Störungen des Kreislaufsystems | 3.153.994 | 3.550.944 | 12,60 % |
MDC 06 Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane | 1.780.010 | 1.932.770 | 8,60 % |
MDC 07 Krankheiten und Störungen an hepatobiliärem System und Pankreas | 592.982 | 680.295 | 14,70 % |
MDC 08 Krankheiten und Störungen an Muskel-Skelett-System und Bindegewebe | 3.625.083 | 3.831.318 | 5,70 % |
MDC 09 Krankheiten und Störungen an Haut, Unterhaut und Mamma | 622.112 | 700.396 | 12,60 % |
MDC 10 Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten | 490.168 | 457.406 | −6,70 % |
MDC 11 Krankheiten und Störungen der Harnorgane | 672.752 | 797.634 | 18,60 % |
MDC 12 Krankheiten und Störungen der männlichen Geschlechtsorgane | 243.030 | 261.400 | 7,60 % |
MDC 13 Krankheiten und Störungen der weiblichen Geschlechtsorgane | 439.922 | 398.077 | −9,50 % |
MDC 14 Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett | 537.494 | 647.582 | 20,50 % |
MDC 15 Neugeborene | 491.377 | 574.328 | 16,90 % |
MDC 16 Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems | 117.726 | 119.698 | 1,70 % |
MDC 17 Hämatologische und solide Neubildungen | 278.957 | 297.559 | 6,70 % |
MDC 18A HIV | 8.373 | 5.441 | −35 % |
MDC 18B Infektiöse und parasitäre Erkrankungen | 216.487 | 339.761 | 56,90 % |
MDC 19 Psychische Krankheiten | 42.667 | 75.296 | 76,50 % |
MDC 20 Alkohol- und Drogengebrauch und alkohol- und drogeninduzierte psychische Störungen | 56.304 | 53.379 | −5,20 % |
MDC 21A Polytrauma | 62.273 | 67.684 | 8,70 % |
MDC 21B Verletzungen, Vergiftungen und toxische Wirkungen von Drogen und Medikamenten | 141.537 | 120.984 | −9,20 % |
MDC 22 Verbrennungen | 22.105 | 21.875 | −1,00 % |
MDC 23 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen, und andere Inanspruchnahme des Gesundheitswesens | 41.818 | 49.154 | 17,50 % |
MDC 24 Sonstige DRG | 0 | 105.738 | 100,00 % |
Prä-MDC Sonderfälle (Beatmungsfälle, Transplantationen u. ä.) | 1.630.693 | 1.765.317 | 8,30 % |
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- R. Bartkowski, H. Bauer, J. Witte: G-DRG Praxiskommentar zum Deutschen Fallpauschalen-System. ecomed Medizin, 2007, ISBN 978-3-609-10500-0.
- Wolfram Fischer: Diagnosis Related Groups (DRGs) und Pflege. Grundlagen, Codierungssysteme, Integrationsmöglichkeiten. Huber, Bern 2002, ISBN 3-456-83576-0.
- Jens Flintrop: Auswirkungen der DRG-Einführung – Die ökonomische Logik wird zum Maß der Dinge. In: Deutsches Ärzteblatt, 2006, 46, 3085; aerzteblatt.de (PDF; 309 kB)
- Peter Indra: Die Einführung der SwissDRGs in Schweizer Spitälern und ihre Auswirkungen auf das schweizerische Gesundheitswesen. Verlag Schweiz. Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Zürich 2004, ISBN 3-85707-803-0.
- InEK GmbH (Hrsg.): G-DRG Fallpauschalenkatalog 2008. ISBN 978-3-940001-11-5.
- InEK GmbH (Hrsg.): Deutsche Kodierrichtlinien Version 2008. ISBN 978-3-940001-12-2.
- Ludwig Kuntz, Stefan Scholtes, Antonio Vera: DRG Cost Weight Volatility and Hospital Performance. In: OR Spectrum. Jahrgang 30, Nr. 2, 2008, S. 331–354.
- Thomas Müller: DRG-Basiswissen für Ärzte und Kodierer. Eine kurze Anleitung. Medizificon Verlag, Mannheim 2007, ISBN 978-3-9810027-5-1.
- Boris Rapp: Praxiswissen DRG – Optimierung von Strukturen und Abläufen. Kohlhammer-Verlag, 2007, ISBN 978-3-17-019396-3.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die DRG-Familie (ZIM)
- Patientenklassifikationssysteme: Grundlagen (ZIM)
- Swiss DRG
- Literatursammlung zu G-DRG und Begleitforschung
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b A. Vera, M. Lüngen: Die Reform der Krankenhausfinanzierung in Deutschland und die Auswirkungen auf das Krankenhausmanagement. In: WiSt - Das Wirtschaftsstudium, Jahrgang 31, Nr. 11, 2002, S. 638 ff.
- ↑ J. D. Thompson, R. B. Fetter, C. D. Mross: Case mix and resource use. In: Inquiry. 12(4), Dez 1975, S. 300–312.
- ↑ A. Vera: Die „Industrialisierung“ des Krankenhauswesens durch DRG-Fallpauschalen – eine interdisziplinäre Analyse. In: Das Gesundheitswesen, Jahrgang 71, Nr. 3, 2009, S. 161 f. und S. e10 ff.
- ↑ Robert B. Fetter: DRGs – Their Design and Development. Health Administration Press, Ann Arbor MI 1991, ISBN 0-910701-60-1.
- ↑ William C. Hsiao, Harvey M. Sapolsky, Daniel L. Dunn, Sanford L. Weiner: Lessons of the New Jersey DRG payment system. (PDF; 210 kB) content.healthaffairs.org, 1986.
- ↑ Antonio Vera: Die „Industrialisierung“ des Krankenhauswesens durch DRG-Fallpauschalen – eine interdisziplinäre Analyse. In: Gesundheitswesen. Band 71, Nr. 3. Thieme Verlag, 16. Februar 2009, ISSN 0941-3790, S. e10-e17, doi:10.1055/s-0028-1102941.
- ↑ Falk Osterloh: Krankenhäuser – Reise ins Ungewisse In: Deutsches Ärzteblatt, Heft 3, 17. Januar 2020, S. B 51 – B 55, hier: B 54: Kritik am DRG-System; aerzteblatt.de
- ↑ Krankenhausanalysetool reimbursement.INFO. RI Innovation GmbH, 17. Juni 2021, abgerufen am 17. Juni 2021.
- ↑ SwissDRG AG
- ↑ Statistik Tool. BinDoc GmbH, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2021; abgerufen am 20. April 2021. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.