„Wiedenbrück“ – Versionsunterschied
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{{Begriffsklärungshinweis|Zum deutschen Maler siehe [[Hans Schmitz-Wiedenbrück]].}} |
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'''Wiedenbrück''' ist eine ehemals selbständige [[Stadt]] in [[Nordrhein-Westfalen]], die [[1970]] im Zuge der [[Kommunalreform]] mit der Stadt [[Rheda]] und den umliegenden [[Gemeinde]]n [[Batenhorst]], Lintel, [[Nordrheda-Ems]] und [[St. Vit]] zur Stadt [[Rheda-Wiedenbrück]] zusammengeschlossen wurde. |
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{{Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Deutschland |
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Die Stadtteile von [[Rheda-Wiedenbrück]] sind durch die Autobahn A 2 voneinander getrennt. |
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| Ortsteil = Wiedenbrück |
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| Gemeindeart = Stadt |
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| Gemeindename = Rheda-Wiedenbrück |
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| Alternativanzeige-Gemeindename = |
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| Ortswappen = |
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| Breitengrad = 51/50/00/N |
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| Längengrad = 8/18/19/E |
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| Bundesland = Nordrhein-Westfalen |
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| Höhe-Präfix = ca. |
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| Höhe = 70 <!--www.tim-online.nrw.de--> |
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| Fläche = 10.57 |
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| Einwohner = 22006 |
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| Einwohner-Stand-Datum = 2022-01-01 |
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| Einwohner-Quelle = <ref name="Einwohner">{{Internetquelle |url=https://www.kreis-guetersloh.de/unser-kreis/unsere-region/zahlen-daten-fakten/zdf-broschuere-2022-internet-ds.pdf |titel=Der Kreis Gütersloh: Zahlen | Daten | Fakten 2022 |format=PDF; 7,34 MB |abruf=2022-11-13}}</ref> |
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| Eingemeindungsdatum = 1970-01-01 |
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| Postleitzahl1 = 33378 |
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| Postleitzahl2 = |
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| Vorwahl1 = 05242 |
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| Vorwahl2 = |
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| Lagekarte = Ortsteile Rheda-Wiedenbrück - Wiedenbrück.svg |
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| Lagekarte-Beschreibung = |
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[[Datei:Wiedenbrück, Altstadt.JPG|miniatur|Altstadt von Wiedenbrück mit Emssee und St. Aegidius (Mitte) sowie St. Marien (links)]] |
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[[Datei:2007-07-30,04, Rheda-Wiedenbrück, Emssee, St.Aegidiuskirche.JPG|miniatur|Emssee und St. Aegidius]] |
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[[Datei:Wiedenbrück, Lange Straße 89-95.JPG|miniatur|Wiedenbrück, Dielenhäuser in der Langen Straße]] |
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'''Wiedenbrück''' war eine selbständige [[Stadt]] in [[Nordrhein-Westfalen]], die 1970 im Zuge der [[Gebietsreform|Kommunalreform]] mit der Stadt [[Rheda]] und den umliegenden [[Gemeinde]]n [[Batenhorst]], [[Lintel (Rheda-Wiedenbrück)|Lintel]], [[Nordrheda-Ems]] und [[St. Vit]] zur Stadt [[Rheda-Wiedenbrück]] zusammengeschlossen wurde. |
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Die ehemals selbständigen Städte Rheda und Wiedenbrück sind durch die [[Bundesautobahn 2]], die jedoch nicht die historische Grenze zwischen den beiden Stadtteilen bildet, voneinander getrennt. |
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[[Image:Wiedenbrück, Stadtkern, Luftaufnahme.jpg|thumb|Wiedenbrück, historischer Stadtkern]] |
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== Geschichte == |
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[[Image:Wiedenbrück, Lange Straße 89-95.JPG|thumb| Wiedenbrück, Dielenhäuser in der Langen Straße]] |
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Im Jahre 785 wird hier die erste Urpfarrkirche vermutet. Ausgrabungen belegen die Entstehung einer [[Querhaus]][[basilika (Bautyp)|basilika]] spätestens um 900. Die [[Dendrochronologie|dendrochronologische]] Untersuchung von zwei Baumsärgen, die nördlich von [[St. Aegidius (Wiedenbrück)|St. Aegidius]] gefunden wurden, ergab die Jahre 907/923 und 926/42. |
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König [[Otto I. (HRR)|Otto I.]] erteilte im Jahr [[952]] dem Osnabrücker Bischof das [[Marktrecht|Markt-]], [[Münzrecht|Münz-]] und [[Zollrecht]] für Wiedenbrück. Vom Jahr 985 ist eine in Wiedenbrück ausgestellte Urkunde von [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] für das Kloster in Meschede bekannt. Einige Historiker vermuten, dass es hier zu dieser Zeit einen Königshof gegeben hat, was aber nicht belegt werden kann. Es bestand die Gastungspflicht des Bischofs von Osnabrück. |
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''Bild: Luftaufnahme vom historischen Stadtkern Wiedenbrück aus dem Jahr 2004. Links die Marienkirche (mit Franziskanerkloster) in der Mitte die Pfarrkirche St. Aegidius, rechts, halb verdeckt, die ev. Kreuzkirche. Der Stadtkern ist heute noch von der [[Ems]] und der "Umflut" umschlossen, die Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung waren. |
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Im Vordergrund beginnt mit dem Emssee das ehemalige Gelände der Landesgartenschau (jetzt [[Flora Westfalica]]).'' |
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Im Jahre 1225 erhielt Bischof [[Engelbert I. von Isenberg|Engelbert von Osnabrück]] die [[Gogericht]]e zu Wiedenbrück und anderen Städten. Dies ist einer der Ausgangspunkte der Entwicklung des [[Hochstift Osnabrück|Hochstifts Osnabrück]] zu einem Territorialstaat des Bischofs von Osnabrück. Aus den Jahren um 1230 sind die ältesten Münzen aus Wiedenbrück überliefert. Wiedenbrück hatte 1231 ''den Status einer [[Civitas]]'' (halbautonome Verwaltungseinheit) bzw. wurde so genannt; Schöffen wurden in den Gerichtsumstand gewählt und ein Siegel angekündigt. |
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==Geschichte== |
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Im Jahre 1249 wurde die Neustadt gegründet, ein Jahr später wurde erstmals die [[Amt Reckenberg|Burg Reckenberg]] genannt. |
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Im Jahr [[758]] erfolgt die erste Nennung von Wiedenbrück. [[785]] wird hier die erste Urpfarrkirche vermutet, die das Zentrum eines Missionsgebietes bildet. [[860]] wird der Wiedenbrücker Sprengel als zum [[Bistum Osnabrück]] gehörig genannt. |
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Um 1462 entstand in Wiedenbrück eine erste Stadtverfassung nach dem Vorbild von Osnabrück. 1543 wurde Wiedenbrück durch [[Hermann Bonnus]], einen Beauftragten des Bischofs [[Franz von Waldeck]], [[Reformation|reformiert]]. 1565 galt Wiedenbrück als überwiegend lutherisch. Im selben Jahr wurden im [[Bielefelder Rezess]] die Grenzen zwischen dem [[Amt Reckenberg]], zu welchem Wiedenbrück zählt, und dem benachbarten [[Rheda]] festgelegt; so wurden erstmals zwei selbständige Hoheitsbereiche anerkannt. |
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Kaiser [[Otto I. (HRR)|Otto]] er teilt im Jahr [[952]] dem Osnabrücker Bischof das [[Marktrecht|Markt-]], [[Münzrecht|Münz-]] und [[Zollrecht]] für Wiedenbrück. Vom Jahr [[985]] sind in Wiedenbrück ausgestellte Urkunden von [[Otto III. (HRR)|Otto III.]] bekannt, vermutlich hat es hier in dieser Zeit einen Königshof gegeben. |
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Nachdem im Jahr 1624/25 erste Schritte zu einer [[Gegenreformation]] erfolgten, wurde Wiedenbrück im Jahr 1626 im Laufe des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] von den Dänen besetzt. Als 1628 der Bischof [[Franz Wilhelm von Wartenberg]] seine Regierung antrat, setzte er die Gegenreformation fort. |
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[[1225]] erhält Bischof Engelbert von Osnabrück die [[Gogerichte]] zu Wiedenbrück und anderen Städten. Dies ist einer der Ausgangspunkte der Entwicklung des Osnabrücker Bistums zu einem weltlichen Staat. Aus den Jahren um [[1230]] sind die ältesten Münzen aus Wiedenbrück überliefert. Wiedenbrück wird [[1231]] ''civitas'' genannt, Schöffen werden in den Gerichtsumstand gewählt und ein Siegel angekündigt. |
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Im Jahr [[1249]] wird die Neustadt gegründet, ein Jahr später wird erstmals die [[Amt Reckenberg (Hochstift Osnabrück)|Burg Reckenberg]] genannt. |
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Im Jahr 1637 entstand in Wiedenbrück eines der ältesten Gymnasien der Region, das ''Gymnasium Marianum'', eine sechsklassige lateinische Schule und Vorläufer des späteren [[Ratsgymnasium Rheda-Wiedenbrück|Ratsgymnasiums Wiedenbrück]]. 1644 wurde durch Bischof Franz Wilhelm das Franziskanerkloster gegründet. Drei Jahre später wurde Wiedenbrück im Juli 1647 von den Schweden eingenommen, aber nach Schleifung der Festung nach zwei Monaten wieder geräumt. Als 1648 in Münster und Osnabrück der [[Westfälischer Friede|Westfälische Friede]] ausgehandelt wurde, schrieb dieser für das [[Hochstift Osnabrück]] die wechselnde Abfolge je eines katholischen und eines lutherischen Bischofs aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg vor. |
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Um 1462 entsteht in Wiedenbrück eine erste Stadtverfassung nach dem Vorbild von Osnabrück. [[1543]] wird Wiedenbrück durch [[Hermann Bonnus]], einen Beauftragten des Bischofs Franz von Waldeck, [[Reformation|reformiert]]. [[1565]] gilt Wiedenbrück als überwiegend evangelisch. Im gleichen Jahr werden im [[Bielefelder Rezess]] die Grenzen zwischen dem Amt Reckenberg, zu welchem Wiedenbrück zählt, und dem benachbarten [[Rheda]] festgelegt, so werden erstmals zwei selbständige Hoheitsbereiche anerkannt. |
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Im Jahr 1664 begann nach Aufforderung [[Ernst August (Hannover)|Ernst Augusts I.]] die Wiederbefestigung der Stadt. 1716 wurden die letzten städtischen Kupfermünzen geprägt. |
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Nachdem im Jahr [[1624]]/25 erste Schritte zu einer [[Gegenreformation]] erfolgten wird Wiedenbrück im Jahr [[1626]] im Laufe des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]] von den Dänen besetzt. Als [[1628]] der Fürstbischof [[Franz Wilhelm von Wartenberg]] seine Regierung antritt, setzt er die Gegenreformation fort. Aber bereits [[1633]] wird Wiedenbrück von den [[Schweden]] besetzt, Wartenberg muss fliehen und seine Politik wird rückgängig gemacht. |
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Im Jahr 1726 wurde ein neues Amtshaus auf dem Reckenberg errichtet. |
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Im Jahr [[1637]] entsteht in Wiedenbrück eines der ältesten Gymnasien der Region, das ''Gymnasium Marianum'', eine sechsklassige lateinische Schule und Vorläufer des späteren [[Ratsgymnasium Rheda-Wiedenbrück|Ratsgymnasiums Wiedenbrück]]. [[1644]] wird durch Bischof Wartenberg das Franziskanerkloster gegründet. Drei Jahre später wird [[1647]] Wiedenbrück von den Schweden eingenommen und zerstört. Als [[1648]] in Münster und Osnabrück der [[Westfälischer Friede|Westfälische Friede]] ausgehandelt wird, schreibt dieser für das Hochstift Osnabrück die wechselnde Abfolge je eines katholischen und eines evangelischen Bischofs aus dem Haus der [[Welfen]] vor. |
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Im Jahr [[1664]] beginnt nach Aufforderung [[Ernst August (Calenberg)|Ernst August I.]] die Wiederbefestigung der Stadt. [[1716]] werden die letzten städtischen Kupfermünzen geprägt. |
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2007-06-09-,04, Wiedenbrück, Reckenberg, Zufahrt.JPG|Brücke zum Reckenberg |
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2007-06-09-,05, Wiedenbrück, Reckenberg.JPG|Reckenberg (ehemalige Kreisverwaltung) |
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Als Folge der Umwandlung des Hochstifts in das Fürstentum Osnabrück wurde Wiedenbrück 1802 vorerst [[Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg|Kur-Hannover]] zugeschlagen. |
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Im Jahr [[1726]] wird ein neues Amtshaus auf dem Reckenberg errichtet. Als Folge der Säkularisation wird Wiedenbrück vorerst [[Hannover (Land)|Kur-Hannover]] zugeschlagen. Als das Fürstentum [[1803]] in der Säkularisation aufgehoben wird, gerät der Kirchenbesitz in weltliche Hände. [[1807]] fällt die Stadt an das [[Königreich Westfalen]]. Das Kapitel des Kollegiatenstifts wird [[1810]] aufgehoben, das Amt Reckenberg mit Wiedenbrück werden nach dem [[Wiener Kongress]] an [[Preußen]] abgetreten und [[1816]] der neuen [[Provinz Westfalen]] zugeordnet. Damit trennt sich Wiedenbrück vom Bistum Osnabrück, die katholischen Gemeinden des ehemaligen Osnabrücker Amtes Reckenberg kommen zum [[Bistum Paderborn]]. |
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Von 1807 bis 1813 gehörte die Stadt zum [[Königreich Westphalen]] und war in dieser Zeit Sitz des [[Kanton Wiedenbrück|Kantons Wiedenbrück]]. Das Kapitel des Kollegiatenstifts wurde 1810 aufgehoben. Das Amt Reckenberg mit Wiedenbrück kam nach dem [[Wiener Kongress]] an [[Preußen]] und wurde 1815 der neuen [[Provinz Westfalen]] zugeordnet. Damit trennte sich Wiedenbrück vom [[Bistum Osnabrück]]; die katholischen Gemeinden des ehemaligen Osnabrücker Amtes Reckenberg kamen zum [[Erzbistum Paderborn|Bistum Paderborn]]. |
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Seit |
Seit 1816 war die Stadt [[Sitz (juristische Person)|Sitz]] des nach ihr benannten [[Kreis Wiedenbrück|Kreises Wiedenbrück]]. 1837 erhielt Wiedenbrück die preußische revidierte Städteordnung und wurde dadurch zu einer amtsfreien Stadt.<ref>[https://books.google.de/books?id=cRk_AAAAcAAJ&hl=de&pg=RA1-PA45#v=onepage&q&f=false Amtsblatt der Regierung Minden 1837, S. 45]</ref> |
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Im Jahr 1940 beschlagnahmte die damalige Regierung alle Bronzeglocken, damit deren wertvolles Metall der Rüstungsindustrie zufallen konnte. Die Glocken von St. Aegidius mussten im Februar 1942 ausgebaut werden. Nur eine einzige Glocke (die kleinste Glocke der Marienkirche) durfte in der Stadt verbleiben. |
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==Kultur und Sehenswürdigkeiten== |
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===Bauwerke=== |
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'''[[St. Aegidiuskirche Wiedenbrück|Kath. Pfarrkiche St. Aegidius]].''' |
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Im Rahmen der Kommunalreform (§ 4 [[Gesetz zur Neugliederung des Kreises Wiedenbrück und von Teilen des Kreises Bielefeld]]) wurde Wiedenbrück am 1. Januar 1970 mit der benachbarten Stadt Rheda und weiteren Gemeinden zur neuen Stadt Rheda-Wiedenbrück zusammengeschlossen.<ref>{{Literatur|Autor=Martin Bünermann|Titel=Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen|Jahr=1970|Verlag=Deutscher Gemeindeverlag|Ort=Köln|Seiten=110}}</ref> Im Jahr 1973 entstand der neue [[Kreis Gütersloh]], der Sitz der Kreisverwaltung verblieb noch bis 1997 in Wiedenbrück. |
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'''Kath. Kirche St. Marien.''' |
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Wegen des angeschlossenen [[Kloster]]s der [[Franziskaner]] heißt diese Kirche bei den Einheimischen auch "Paterskirche". |
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St. Marien ist eine Wallfahrtskirche. |
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[[Image:St. Aegidiuskirche Wiedenbrück.JPG|thumb|Turm der Pfarrkirche St. Aegidius]] |
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[[Image:Marienkirche Wiedenbrük.jpg|thumb|Marienkirche. Der Torbogen verbindet Kirche und Franziskanerkloster.]] |
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'''Franziskanerkloster.''' |
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Das [[Franziskanerkloster Wiedenbrück]] als Kloster des [[Franziskaner]]ordens besteht in Wiedenbrück seit 1644. Es wurde durch Bischof Wartenberg im Jahr 1644 gegründet. |
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Ab 2006 siedelt das bundesweite [[Noviziat]] von [[Nürnberg]] nach Wiedenbrück über. |
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Die Franziskaner sind auch die Bewahrer der bekannten ''Wiedenbrücker Kreuztracht'' am [[Karfreitag]]. |
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== Kultur und Sehenswürdigkeiten == |
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'''Wohnbauten.''' |
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=== Bauwerke === |
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Das für seine Geschlossenheit einst berühmte Stadtbild wurde durch Abbrüche und Neubauten leider vielfach empfindlich gestört. Jedoch ging der Abriss- und Neubauwahn in den siebziger Jahren nicht so weit wie in Rheda, wo einheitliche und geschlossene Straßenbilder kaum noch vorhanden sind. Die Zahl älterer Wohnhäuser im historischem Stadtkern ist noch immer beachtlich. Hierbei handelt es sich zumeist um giebelständige Fachwerk-[[Dielenhaus|Dielenhäuser]], die zum Teil mit Schnitzereien versehen sind. Charakteristisch für diese Bauten ist die hohe zweigeschossige Diele, die an der Straße durch ein großes Tor erschlossen wird. |
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{{siehe auch|Liste der Baudenkmäler in Rheda-Wiedenbrück}} |
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Trotz ihrer auf den ersten Blick großen Ähnlichkeit mit dem ländlichen [[Fachhallenhaus]] kann man hier kaum von Ackerbürgerhäusern sprechen. Nach neuesten Erkenntnissen stellen sie keine Weiterentwicklung des Hallenhauses dar, sondern entstanden aus dem so genannten Einhaus, das zunächst nur über einen großen Raum verfügte. Später wurde dieser durch Stubeneinbauten verkleinert. Hinzu kommt, dass diese Bauten zumeist von Handwerkern bewohnt wurden. Die Landwirtschaft wurde lediglich im Nebenerwerb betrieben und diente vor allem der Eigenversorgung. Das Vieh war, anders als im Bauernhaus, in eigenständigen Gebäuden auf dem rückwärtigen Grundstück untergebracht. Wie auch andere westfälische Kleinstädte (siehe [[Blomberg]]) war Wiedenbrück vor allem eine Stadt des Handwerks und zum Teil auch des Handels, aber keine [[Ackerbürgerstadt]] im eigentlichen Sinne. |
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==== Kirchen ==== |
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'''[[St. Aegidius (Wiedenbrück)|St. Aegidius]]''' ist die katholische Pfarrkirche im historischen Ortskern. |
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'''[[St. Marien (Wiedenbrück)|Kath. Kirche St. Marien]]'''. |
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Erwähnenswerte Gebäude: |
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Wegen des angeschlossenen [[Kloster]]s der [[Franziskaner (OFM)]] heißt diese Kirche bei den Einheimischen auch „Paterskirche“ oder „Franziskanerkirche“. St. Marien ist eine Wallfahrtskirche. Die Kirche wurde 2008 umfangreich renoviert. |
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'''[[St. Pius (Wiedenbrück)|Kath. Kirche St. Pius]]'''. |
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*'''Rietberger Straße 6, 8'''. Altes Künstlerhaus, mit aufwändigen Außenschnitzereien, Fachwerk. |
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Die Kirche der zweiten, jüngeren katholischen Gemeinde. |
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*'''Katthagen 2'''. Dreigeschossiges Giebelhaus mit beschnitzten Füllbrettern, bezeichnet 1624. |
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*'''In der Halle 2'''. 1567 errichtet, mit Utlucht und geschnitzten Fächerrosetten. 1963 umgebaut |
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*'''In der Halle 4'''. Dreigeschossiges, 1513 d. Giebelhaus. Das Erdgeschoss z.T. massiv erneuert. Das Giebeldreieck und OG über Knaggen vorkragend |
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*'''Kirchplatz 1'''. Mitte 16. Jh. Gebälk mit reichem Ornamentschmuck. Utlucht bezeichnet 1610. |
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*'''Kirchstraße 10''' (Fuchshöhle). 1686 nach dem großen Brand errichtet. Mit Utlucht und hübschem Barockportal. |
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*'''Klingelbrink 25'''. 1582 bezeichnet, jedoch stark verändert. Mit reich verziertem Torbogen. [[Image:Wiedenbrück, Lange Straße 93, Knagge.JPG|thumb|Wiedenbrück, Stützbalken (Knagge) mit dem Motiv - Mariä Verkündigung]], [[Image:Wiedenbrück, Klingelbrink 25.JPG|thumb|Klingelbrink 25, ehemaliges Dielenhaus mit reich verziertem Deelentor]] |
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*'''Mönchstraße 12'''. 1665. |
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'''[[Franziskanerkloster Wiedenbrück|Franziskanerkloster]]''' |
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In der Langen Straße finden sich zahlreiche gut erhaltene Fachwerkbauten des frühen 17. Jh. Besonders schön ist die Baugruppe Nrn. 27 - 35. An älteren Einzelbauten sind hervorzuheben: |
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Das Kloster besteht in Wiedenbrück seit 1644. Es wurde durch Bischof Wartenberg im Jahr 1644 gegründet. Ab 2006 siedelt das bundesweite [[Noviziat]] von [[Nürnberg]] nach Wiedenbrück über. |
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Die Franziskaner sind auch die Bewahrer der bekannten [[Wiedenbrücker Kreuztracht]] am [[Karfreitag]]. |
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'''[[St. Johannes (Wiedenbrück)|St. Johannes]]''' ist eine syrisch-orthodoxe Kirche. |
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*'''Lange Straße 12'''. Giebelhaus mit Utlucht und Taubandknaggen von 1583. |
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*'''Lange Straße 38''' (Haus Ottens). Mächtiges Giebelhaus mit Speichergeschoss, errichtet 1635. Die Gefache sind mit einer Ziegel imitierenden Bemalung versehen. Das Erdgeschoss ist durch einen Ladeneinbau stark gestört. |
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*'''Lange Straße 41'''. Der angebl. nach einem Umbau wieder eingefügte Torbogen 1598 bezeichnet. |
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*'''Lange Straße 50''' (Heimatmuseum). Giebelhaus mit reich beschnitztem Torbogen und figürlichen Knaggen, bezeichnet 1591. 1782 umgebaut |
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*'''Lange Straße 55'''. Vierständerbau mit Auslucht, diese 1565 bezeichnet. Um 1980 völlig erneuert. |
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*'''Lange Straße 60''' (Ankervilla), vermutlich das älteste erhaltene Haus der Stadt; angeblich 1473 errichtet. Jetzt ein Restaurant. |
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*'''Lange Straße 72'''. Bezeichnet 1614. Die Gefache sind mit Backsteinen im Zierverband ausgefüllt. |
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*'''Lange Straße 88'''. 1592 bezeichnet. Am Giebel Taubandknaggen, der Torbogen und die Schwelle mit Ranken beschnitzt. |
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*'''Lange Straße 89'''. bezeichnet 1616. |
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*'''Lange Straße 93'''. 1559 bezeichnet. Mit z.T. beschnitzten viertelkreisförmigen Fußbändern und Taubandknaggen. |
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*'''Lange Straße 95'''. Bezeichnet 1607. |
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'''Evangelische [[Kreuzkirche (Wiedenbrück)|Kreuzkirche]]''' in der Nähe des Reckenberges. |
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Die Stadt seit dem Mittelalter mit einer Stadtmauer und vorgelagertem Zwinger umgeben. 1664 mit Erdwällen und Bastionen festungsartig ausgebaut. Von der Zwingermauer nur noch der sogen. '''[[Pulverturm (Wiedenbrück)|Pulverturm]]''' am Mühlenwall vorhanden. Halbrunder Schalenturm aus Backstein und niedrigen Hosenscharten, der mit Hilfe von Hakenbüchsen verteidigt werden konnte. Wohl noch 15. oder frühes 16. Jh. |
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St. Aegidiuskirche Wiedenbrück.JPG|Turm der Pfarrkirche St. Aegidius |
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St. Aegidiuskirche, Wiedenbrück, Kanonenkugel.jpg|Einschuss aus dem Dreißigjährigen Krieg an St. Aegidius |
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St. Marien (Wiedenbrück)-2010.jpg|St. Marien mit Marienstatue, rechts das Franziskanerkloster |
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2008-09-21,03b, St. Pius-Kirche Wiedenbrück.jpg|St. Pius |
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Rheda-Wiedenbrück, Kreuzkirche.jpg|Kreuzkirche Wiedenbrück |
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Syrisch-orthodoxe Kirche St. Johannes (Wiedenbrück) 2.jpg|St. Johannes |
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==== Wohnbauten ==== |
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Das für seine Geschlossenheit einst berühmte [[Stadtbild]] wurde durch Abbrüche und Neubauten vielfach gestört. Jedoch ging die Umgestaltung der Innenstadt hin zu Neubauten in den siebziger Jahren nicht so weit wie im Ortsteil [[Rheda]]. |
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Ehemaliges Gelände der Landesgartenschau mit verbindendem Charakter zwischen den Stadtteilen. |
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Als besonders schmerzlich wird der Verlust des für die Stadtgeschichte bedeutenden [[Schönhof (Wiedenbrück)|Schönhofes]] empfunden, der 1968 dem Ausbau der Wasserstraße weichen musste. Er wurde anschließend im [[Westfälisches Freilichtmuseum Detmold|Westfälischen Freilichtmuseum Detmold]] wiederaufgebaut. In der jüngeren Vergangenheit hat man sich bemüht, Stadtreparatur zu betreiben und es ist durchaus gelungen, erforderliche Neubauten besser einzupassen. |
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Die Zahl älterer Wohnhäuser im [[Historischer Stadtkern|historischen Stadtkern]] ist noch immer beachtlich. Hierbei handelt es sich zumeist um giebelständige Fachwerk-[[Dielenhaus|Dielenhäuser]], die zum Teil mit Schnitzereien versehen sind. Charakteristisch für diese Bauten ist die hohe zweigeschossige Diele, die an der Straße durch ein großes Tor erschlossen wird. |
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== Literatur== |
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Trotz ihrer auf den ersten Blick großen Ähnlichkeit mit dem ländlichen [[Fachhallenhaus]] kann man hier kaum von [[Ackerbürger]]häusern sprechen. Nach neuesten Erkenntnissen stellen sie keine Weiterentwicklung des Hallenhauses dar, sondern entstanden aus dem so genannten Einhaus, das zunächst nur über einen großen Raum verfügte. Später wurde dieser durch Stubeneinbauten verkleinert. Hinzu kommt, dass diese Bauten zumeist von Handwerkern bewohnt wurden. Die Landwirtschaft wurde lediglich im Nebenerwerb betrieben und diente vor allem der Eigenversorgung. Das Vieh war, anders als im Bauernhaus, in eigenständigen Gebäuden auf dem rückwärtigen Grundstück untergebracht. Wie auch andere westfälische Kleinstädte (siehe [[Blomberg]]) war Wiedenbrück vor allem eine Stadt des Handwerks und zum Teil auch des Handels, aber keine Ackerbürgerstadt im eigentlichen Sinne. |
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*Heinrich Gräfenstein: ''Rheda-Wiedenbrück Die Doppelstadt'' (Bildband), Verlag H. Gieselmann |
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*Paul Breimann: ''Wiedenbrück und seine Altstadt''. Wiedenbrück o.J. |
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==== Erwähnenswerte Gebäude ==== |
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*Günter Brüning: ''Kreisheimstätte Wiedenbrück 1953–2003 - Haus und Wohnung für Jedermann.'' Verlag für Regionalgeschichte, 2004; ISBN 3895344974 |
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[[Datei:Wiedenbrück,Künstlerhaus.JPG|miniatur|links|Künstlerhaus]] |
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*Heribert Griesenbrock: ''Wiedenbrück - Franziskanerkloster und Marienkirche'' (Schnell, Kunstführer 1768) Schnell & Steiner, München/Zürich 1989; ISBN 3795454794 |
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[[Datei:2007-06-09-,11, Wiedenbrück,Künstlerhaus, Erker.JPG|miniatur|hochkant|Künstlerhaus: ein Erker]] |
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*Uwe Lobbedey: ''St. Aegidius zu Wiedenbrück'' (Westfälische Kunststätten, Heft 49). Westfälischer Heimatbund, Münster 1988 |
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[[Datei:Wiedenbrück, Ratskeller, Schnitzerei,.jpg|miniatur|Fachwerkschnitzerei am ''Ratskeller'']] |
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*Annelore Michels: ''Wiedenbrück - Bilder erzählen von der Vergangenheit'', Geiger-Verlag, 1997; ISBN 3895703621 |
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* ''Katthagen 2''. Dreigeschossiges Giebelhaus mit beschnitzten Füllbrettern, bezeichnet 1624. |
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*Georg Wagner: ''Dorfschullehrer von damals - Der Volks- und Rektoratschullehrer Hermann Wagner (1878-1920) aus Wiedenbrück und seine Familie'', Waxmann, 1990; ISBN 3893259694 |
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* ''In der Halle 2''. 1567 errichtet, mit Utlucht und geschnitzten Fächerrosetten. 1963 umgebaut |
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* ''In der Halle 4''. Dreigeschossiges, 1513 d. Giebelhaus. Das Erdgeschoss z. T. massiv erneuert. Das Giebeldreieck und OG über Knaggen vorkragend |
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* ''Kirchplatz 1''. Mitte 16. Jh. Gebälk mit reichem Ornamentschmuck. Utlucht bezeichnet 1610. |
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* ''Kirchstraße 10'' (Fuchshöhle). 1686 nach dem großen Brand errichtet. Mit Utlucht und hübschem Barockportal. |
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* ''Klingelbrink 25''. 1582 bezeichnet, jedoch stark verändert. Mit reich verziertem Torbogen. |
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* ''Mönchstraße 12''. 1665. |
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* ''Rietberger Straße 6, 8''. Altes Künstlerhaus, mit aufwändigen Außenschnitzereien, Fachwerk. Dahinter, in der Hoetgergasse, das neue ''[[Wiedenbrücker Schule]] Museum'' in der Werkstatt des Künstlerhauses |
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'''In der Langen Straße''' finden sich zahlreiche gut erhaltene Fachwerkbauten des frühen 17. Jahrhunderts. Besonders schön ist die Baugruppe Nummern 27–35. An älteren Einzelbauten sind hervorzuheben: |
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* ''Lange Straße 12''. Giebelhaus mit Utlucht und Taubandknaggen von 1583. |
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* ''Lange Strasse 27.''(Pilgerhaus). Derzeit ältestes Fachwerkhaus Wiedenbrücks aus dem Jahr 1417. Mehrfach umgebaut. Großer Umbau im Jahr 1602. Gilt als das zweitälteste Fachwerkhaus in Westfalen. |
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* ''Lange Straße 38.'' (Haus Ottens). Mächtiges Giebelhaus mit Speichergeschoss, errichtet 1635. Die Gefache waren mit einer Ziegel imitierenden Bemalung versehen. Nach einem Besitzerwechsel und auf Grund massiver Schäden wurde das höchste Fachwerkhaus der Altstadt von 2009 bis 2011 grundlegend und mit hohem Aufwand saniert. |
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* ''Lange Straße 41''. Der angeblich nach einem Umbau wieder eingefügte Torbogen ist mit 1598 bezeichnet. |
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* ''Lange Straße 50'' (ehemaliges Heimatmuseum). Giebelhaus mit reich beschnitztem Torbogen und figürlichen Knaggen, bezeichnet mit 1591. 1782 umgebaut |
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* ''Lange Straße 55''. Vierständerbau mit Auslucht, diese 1565 bezeichnet. Um 1980 völlig erneuert. |
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* ''Lange Straße 60'' (Ankervilla), das derzeit zweit-älteste bekannte Haus der Stadt wurde 1468 errichtet. Es dient jetzt als Café. |
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* ''Lange Straße 72''. Bezeichnet 1614. Die Gefache sind mit Backsteinen im Zierverband ausgefüllt. |
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* ''Lange Straße 88''. 1592 bezeichnet. Am Giebel Taubandknaggen, der Torbogen und die Schwelle mit Ranken beschnitzt. |
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* ''Lange Straße 89''. bezeichnet 1616. |
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* ''Lange Straße 93''. 1559 bezeichnet. Mit z. T. beschnitzten viertelkreisförmigen Fußbändern und Taubandknaggen. |
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* ''Lange Straße 95''. Bezeichnet 1607. |
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* ''Marktplatz'' Historisches Rathaus (mit Standesamt). |
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Wiedenbrück, Lange Straße 93, Knagge.JPG|Wiedenbrück, Stützbalken (Knagge) mit dem Motiv – Mariä Verkündigung |
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2007-05-27,07, Heimatmuseum Wiedenbrück, Tor.JPG|ehem. Heimatmuseum |
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2007-05-27,09, Heimatmuseum Wiedenbrück, Schnitzerei am Torbogen.JPG|Schnitzerei (ehem. Heimatmuseum) |
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2006-09-23,06, Wiedenbrück, Stadt, Haus Ottens.jpg|Haus Ottens |
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[[Datei:2007-05-27,04, Betender Landmann, doppel.jpg|miniatur|hochkant|Betender Landmann]] |
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[[Datei:Wiedenbrück, Neue Mühle.JPG|miniatur|rechts|Denkmal „Neue Mühle“]] |
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[[Datei:Rheda-Wiedenbrück Kriegerdenkmal Wilhelm I.jpg|miniatur|hochkant|Kriegerdenkmal in Wiedenbrück]] |
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[[Datei:Kriegerdenkmal Wiedenbrück, 1939-1945.jpg|miniatur|hochkant|Kriegerdenkmal an St. Aegidius mit Detailansichten]] |
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[[Datei:Pulverturm Wiedenbrück, Innen.jpg|miniatur|Pulverturm, Innenansicht]] |
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=== Skulpturen und Sehenswürdigkeiten im öffentlichen Raum === |
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==== Betender Landmann ==== |
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Die Brunnenskulptur auf dem Marktplatz von Wiedenbrück zeigt einen Betenden. Der Sockel trägt zwischen den zwei Wasserbecken die eingemeißelte Inschrift „Betender Landmann“. |
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Die Statue wurde von [[Ernst Osterrath]] gestiftet, dem Wiedenbrücker Ehrenbürger (1901), der von 1882 bis 1892 Landrat des Landkreises Wiedenbrück war, 1898–1902 Oberregierungsrat zu Schleswig und seit 1902 „Vortragender Rat“ im Preußischen Kultusministerium zu Berlin. Hier traf er den aus Wiedenbrück stammenden akademischen Bildhauer [[Bernhard Heising]], dessen Arbeiten ihn sehr interessierten und dessen Standbild (1902) des bedeutenden Bauernführers [[Schorlemer-Alst]] in Münster vor dem Landeshaus er bewunderte. Da Heisings Engagement für die Arbeiterbewegung (als Werkstudent hatte er sein Studium weitgehend finanziert) ihm bekannt war und er seiner Heimatstadt Wiedenbrück als Zeichen seiner Freundschaft und Dankbarkeit ein ähnlich großes Denkmal stiften wollte, stellte er Heising die paradox anmutende Aufgabe, einen „betenden Arbeiter“ zu machen. Heising zeigt in seinem Werk programmatisch, dass Arbeiter sich in ihrer Freizeit (daher die Tiroler Pfeife) im eigenen Garten beim Angelusläuten sehr innig Gott zuwenden können, wenn maßvolle Arbeitszeiten, Eigentum und religiöses Umfeld gegeben sind. Schnell hieß im Volksmund jedoch der „Arbeiter“ nur noch „Landmann“. |
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Die Skulptur wurde gemeinsam mit dem Marktbrunnen am 1. November 1903 offiziell eingeweiht. Die Geschichte Wiedenbrücks als Handwerkerstadt mit ihren vielen Gilden und die tiefe Religiosität der Bevölkerung kommen in diesem Kunstwerk zum Ausdruck. |
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Die Brunnenfigur erlebte eine wechselhafte Geschichte. Während des Ersten Weltkrieges wurde sie zur Gewinnung von Rüstungsgut demontiert und sollte eingeschmolzen werden. Sie entging diesem Schicksal, da sie zufällig in einer Berliner Gießerei vom Wiedenbrücker Kaufmann Felix Plöger entdeckt und unversehrt nach Wiedenbrück gebracht wurde. |
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Im Zweiten Weltkrieg hat man die Figur abermals demontiert und tatsächlich eingeschmolzen. Ein vorsorglich angefertigter Gipsabdruck ermöglichte eine Wiederherstellung der beliebten Figur. In Wiedenbrück war 1950 nämlich unbekannt, dass von der Familie der Nachkommen Heising zu Bad Driburg seit vielen Jahren das große ursprüngliche Gipsmodell für den Bronzeguss gehütet wurde. Der Bildhauer [[Bernd Hartmann (Bildhauer)|Bernd Hartmann]] fertigte also nach dem späteren Gipsabdruck einen Neuguss an, der im Dezember 1951 feierlich an seinem alten Standort eingeweiht wurde. |
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==== Neue Mühle ==== |
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Drei Mühlräder, die nach dem historischen Vorbild rekonstruiert wurden, erinnern am Mühlenwall/Ecke Rektoratsstraße an die „Neue Mühle“, eine Getreidemühle, die hier von 1250 bis 1969 stand. Die Kombination von drei Mühlrädern war und ist sehr selten. |
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Die Mühlräder wurden von Mühlenbauer Karl Rohlfing ([[Stemwede]]) gebaut. Jedes der Räder hat einen Durchmesser von knapp fünf Metern, wobei insgesamt etwa 2500 Schrauben für diese Konstruktion verarbeitet wurden. Die Mühlräder werden durch die „Umflut“ angetrieben, einen alten künstlich angelegten Abzweig der [[Ems]], der gemeinsam mit dieser den historischen Stadtkern von Wiedenbrück umfließt und Teil der ehemaligen Stadtbefestigung bildete. |
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Das Denkmal wurde der Stadt durch Franz-Josef Krane gestiftet und am 8. Juni 2007 eingeweiht. |
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Im Sommer 2008 wurde der Umriss des Mühlengebäudes in die Pflasterung des Mühlenwalls eingearbeitet. Durch diese Umgestaltung entstanden der Stadt Kosten von 50.000 €. Am 5. September 2008 wurde auf dem Platz ein Mühlstein aufgestellt, der in der 1888 abgebrannten Brennerei „Auf dem Schilde“ benutzt wurde. |
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Die Mühlräder sind durch eine Panzerglasscheibe gesichert, da man festgestellt hat, dass Kinder gerne auf die Mauer klettern und versuchen nach den Mühlrädern zu greifen. |
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==== Kriegerdenkmal 1864–1871 ==== |
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In unmittelbarer Nachbarschaft der Mühlräder steht das Kriegerdenkmal, das am 4. Juni 1893 vom Krieger- und Landwehrverein Wiedenbrück aufgestellt wurde. Das Denkmal zeigt [[Wilhelm I. (Deutsches Reich)|Kaiser Wilhelm I.]] und ist den „Tapferen Kämpfern für Deutschlands Einheit und Größe“ gewidmet. Laut Inschrift „Starben den Heldentod für König und Vaterland“ in den Feldzügen 1864–1866 sechs, im [[Deutsch-Französischer Krieg|Deutsch-Französischen Krieg 1870/71]] acht Männer aus Wiedenbrück. Sie sind namentlich aufgeführt. Der Entwurf des Denkmals stammt von dem [[Herzebrock|westfälischen]] Bildhauer und Wiener Kunstprofessor [[Caspar von Zumbusch|Caspar Ritter von Zumbusch]]. Die Kaiserstatue wurde von Bildhauer [[Christoph Siebe]] aus hellgelbem [[Wrexen]]er-[[Sandstein]] und der Sockel von [[Franz Anton Goldkuhle]] in rotem [[Solling]]-Sandstein ausgeführt. Beide Bildhauer entstammen der [[Wiedenbrücker Schule]].<ref>{{Webarchiv|url=http://www.wiedenbruecker-schule.org/kunstler-a-z/christoph-siebe-bildhauer-geb-1mai-1849-gest-21april-1912/ |wayback=20081205095739 |text=Archivierte Kopie |archiv-bot=2019-05-23 14:23:08 InternetArchiveBot }}</ref> |
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==== Mahnmal 1914–1945 ==== |
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An der Wand von [[St. Aegidius (Wiedenbrück)|St. Aegidius]] sind auf einer transparenten Tafel die Namen der Bürger verzeichnet, die Opfer der beiden Weltkriege und der NS-Gewaltherrschaft wurden. So werden auch die Namen der [[Deportation|deportierten jüdischen]] Wiedenbrücker aufgeführt. |
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Davor steht als [[Mahnmal]] gegen Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung eine Säule des Bildhauers [[Hubert Hartmann]]. |
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==== Wehrbauten ==== |
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Die Stadt war seit dem Mittelalter mit einer [[Stadtmauer]] und vorgelagertem [[Zwinger (Architektur)|Zwinger]] umgeben. Von dieser Anlage ist nur noch der so genannte ''[[Pulverturm (Wiedenbrück)|Pulverturm]]'' am Mühlenwall vorhanden. Er ist ein halbrunder [[Schalenturm]] aus [[Backstein]] mit niedrigen [[Hosenscharte]]n, der mit Hilfe von [[Arkebuse|Hakenbüchsen]] verteidigt werden konnte. Er stammt wohl noch aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert. Auch die noch erhaltenen Umflut (siehe oben – „Neue Mühle“) gehört zusammen mit der Ems zu den ehemaligen Wehranlagen. |
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Die Stadt Wiedenbrück wurde im 16./17. Jahrhundert zur bischöflich-osnabrückischen Landesfestung in niederländischer Festungsbaumanier ausgebaut. Sie war seinerzeit neben Lippstadt eine der stärksten Festungen zwischen Rhein und Weser. Von diesen umfangreichen Festungsanlagen (Stadttore, Mauer, Hauptwall, Bastionen, Ravelins, Wallgraben) ist im engeren Sinne kein Relikt erhalten geblieben. Selbst Festungspläne sind bisher nicht auffindbar. Die erste Vollendung der Landesfestung im Jahre 1647 ging mit der Belagerung (und der Kapitulation) durch die Schweden einher. Die außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer gelegenen Festungswerke ließ der schwedischen General Hans Christoph von Königsmarck schleifen bzw. ‚einschlichten‘. |
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Die Neubefestigung (Karte von C.L. Reinhold von 1766) der bischöflich-osnabrückischen Landesfestung Wiedenbrück in ihrer zweiten Ausführung von 1664 lehnte sich unzweifelhaft exakt an die von 1647 an. Im Jahr 1766 ist die Stadt nach dem ersten vermessenen Plan durch den Landvermesser Christian Ludolph Reinhold bereits zum größten Teil entfestigt. |
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Auf der Grundlage sehr intensiver Forschung durch den Militärhistoriker Ernstjosef Weber (1923–2012) entstanden 5 Modelle im Maßstab 1:1000, die die Entwicklung der Landesfestung von 1550 bis 1766 zeigen. Auf dieser Grundlage entwickelte der Herzebrocker Bildhauer Hans-Bernhard Vielstädte ein Stadtmodell von 1647 in Bronze. Die Bronzeplatte des Stadtmodells, weiter dekoriert mit Wappen, Inschriften und Signets befindet sich vor dem historischen Rathaus auf dem Marktplatz. Das Modell dient den Besuchern und Einheimischen zur historischen Orientierung über den historischen Stadtkern und seiner ehemaligen Ausdehnung. Ein farbiges Modell, das die Situation der Stadt von 1630 zeigt, ist im Wiedenbrücker Schule Museum in der stadtgeschichtlichen Abteilung zu sehen. |
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==== Flora Westfalica ==== |
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Die [[Flora Westfalica]] ist das ehemalige Gelände der Landesgartenschau (von 1988) mit verbindendem Charakter zwischen den Stadtteilen. |
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==== Westfalia-Museum ==== |
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Das [[Westfalia-Museum]] war das Werksmuseum von [[Westfalia-Automotive]]. Es stellte von 1979 und 2009 Fahrzeuge und andere Dinge mit Schwerpunkt auf Anhängern, Wohnmobilen und Pkw aus. |
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== Persönlichkeiten == |
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=== Ehrenbürger (Auswahl) === |
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* 1901 [[Ernst Osterrath]] (1851–1925) |
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=== Söhne und Töchter der Stadt === |
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* [[Franz Wilhelm Harsewinkel]] (1796–1872), Geometer, Regierungskondukteur, Maler und Zeichenlehrer |
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* [[Walther Tecklenborg]] (1876–1965), Franziskaner, Maler und Genealoge |
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* [[Eduard Goldkuhle]] (1878–1953), Maler |
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* [[Wilhelm Moormann]] (1882–1914), Bildhauer |
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* [[Ludwig Pellengahr]] (1882–1973), Jurist und Ministerialbeamter |
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* [[Fritz Burmann]] (1892–1945), Maler |
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* [[Hans Rinsch]] geborener ''von der Heiden'' (1893–1974), Apotheker und Politiker (CDU) |
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* [[Peter Winkelnkemper (Politiker)|Peter Winkelnkemper]] (1902–1944), Politiker |
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* [[Bernd Hartmann (Bildhauer)|Bernd Hartmann]] (1905–1972), Bildhauer und Kirchenkünstler |
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* [[Horst Klein (SS-Mitglied)|Horst Klein]] (1910–nach 1947), Jurist und SS-Führer |
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* [[Wolfgang Bodenbender]] (1935–2025), Verwaltungsbeamter und Politiker (SPD) |
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* [[Toni Pierenkemper]] (1944–2019), Wirtschafts- und Sozialhistoriker |
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* [[Hermann-Josef Rapp]] (* 1944), Forstmann und Naturschützer |
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* [[Christoph Fuchs (Mediziner)|Christoph Fuchs]] (* 1945), Mediziner, Ministerialdirigent und Medizinfunktionär |
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* [[Peter Meyer (Unternehmer)|Peter Meyer]] (* 1949), Manager und ehemaliger ADAC-Präsident |
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* [[Johannes Bultmann]] (* 1960), Kulturmanager |
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* [[André Kuper]] (* 1960), Politiker (CDU), Bürgermeister der Stadt Rietberg, Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen |
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* [[Tim Krohn]] (* 1965), Schriftsteller |
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* [[Ralph Brinkhaus]] (* 1968), Steuerberater und Politiker (CDU), von September 2018 bis Februar 2022 Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag |
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* [[Ulrich von Zons]] (* 1968), Jurist und Politiker (AfD), Mitglied des Bundestags |
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== Trivia == |
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* [[Schöner aus Wiedenbrück]] ist eine regionale Apfelsorte. |
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== Literatur == |
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* Paul Breimann: ''Wiedenbrück und seine Altstadt''. Wiedenbrück o. J. |
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* Günter Brüning: ''Kreisheimstätte Wiedenbrück 1953–2003 – Haus und Wohnung für Jedermann.'' Verlag für Regionalgeschichte, 2004, ISBN 3-89534-497-4. |
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* [[Franz Flaskamp]] (Hrsg.): ''Das Taufbuch I (1625/32) der westfälischen Kirchengemeinde Wiedenbrück'' (= ''Quellen und Forschungen zur Natur und Geschichte des Kreises Wiedenbrück.'' 42. Heft). Druck und Verlag von Wilhelm Hanhardt, 1938. |
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* Heinrich Gräfenstein: ''Rheda-Wiedenbrück – Die Doppelstadt'' (Bildband). Verlag H. Gieselmann, Bielefeld 1996 |
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* Heribert Griesenbrock: ''Wiedenbrück – Franziskanerkloster und Marienkirche.'' (Schnell, Kunstführer 1768) Schnell & Steiner, München/Zürich 1989, ISBN 3-7954-5479-4. |
|||
* Peter Johanek (Hrsg.): ''Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen.'' Stuttgart 2006, ISBN 3-520-27303-9, S. 889–892. |
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* Uwe Lobbedey: ''St. Aegidius zu Wiedenbrück.'' Westfälischer Heimatbund, Münster 1988. (Westfälische Kunststätten, Heft 49) |
|||
* Christian Loefke (Hrsg.): ''Die Konskription der Eigenbehörigen der Stadt Wiedenbrück 1602 bis 1734'' (= ''Quellen und Forschungen zur Familien- und Höfegeschichte aus dem Kreis Gütersloh'', Band 1). Herausgegeben vom Kreisarchiv Gütersloh. Books on Demand, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7543-2900-9. |
|||
* Annelore Michels: ''Wiedenbrück – Bilder erzählen von der Vergangenheit.'' Geiger-Verlag, 1997, ISBN 3-89570-362-1. |
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* Brigitte Spieker: ''Wiedenbrück. Zentrum sakraler Kunst zwischen 1860 bis 1940''. Wiedenbrücker Schule, Museum für Kunst- und Stadtgeschichte, Rheda-Wiedenbrück 2024. |
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* Josef Temme: ''Lebensbilder Wiedenbrücker Häuser.'' Band 1–5, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89534-766-5. |
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* Georg Wagner: ''Dorfschullehrer von damals – Der Volks- und Rektoratschullehrer Hermann Wagner (1878–1920) aus Wiedenbrück und seine Familie.'' Waxmann, 1990, ISBN 3-89325-969-4. |
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* ''1200 Jahre Christengemeinde in Wiedenbrück.'' Herausgegeben von der Pfarrgemeinde St. Ägidius in Rheda-Wiedenbrück, 1985, S. 57. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|Wiedenbrück}} |
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*[http://www.rheda-wiedenbrueck.de/ Stadt Rheda-Wiedenbrück] |
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{{Wikisource|Rheda-Wiedenbrück}} |
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*[http://www.heimatverein-wiedenbrueck.de/ Heimatverein Wiedenbrück] |
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* [https://www.rheda-wiedenbrueck.de/ Stadt Rheda-Wiedenbrück] |
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* [https://heimatverein-wiedenbrueck.de/ Heimatverein Wiedenbrück] |
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* {{LWLGDK|264980|Kulturlandschaftlich bedeutsamer Stadt- und Ortskern Rheda-Wiedenbrück, Ortsteil Wiedenbrück}} |
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== Einzelnachweise == |
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{{Navigationsleiste Stadtteile von Rheda-Wiedenbrück}} |
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<references /> |
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{{Navigationsleiste Stadtteile von Rheda-Wiedenbrück}} |
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{{Navigationsleiste Ämter und amtsfreie Gemeinden im Kreis Wiedenbrück (1969)}} |
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{{Koordinate Artikel|51_50_00_N_08_18_19_E_type:city_region:DE-NW|51° 50' 00" N, 08° 18' 19" E}} |
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{{SORTIERUNG:Wiedenbruck}} |
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[[nds:Wienbrügge]] |
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[[Kategorie:Geographie (Rheda-Wiedenbrück)]] |
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[[Kategorie:Ort im Kreis Gütersloh]] |
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[[Kategorie:Ehemalige Gemeinde (Kreis Gütersloh)]] |
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[[Kategorie:Hansestadt]] |
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[[Kategorie:Geschichte (Osnabrück)]] |
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[[Kategorie:Bistum Osnabrück]] |
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[[Kategorie:Ehemalige Kreisstadt in Nordrhein-Westfalen]] |
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[[Kategorie:Ort an der Ems]] |
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[[Kategorie:Gemeindeauflösung 1970]] |
Aktuelle Version vom 10. Juni 2025, 06:57 Uhr
Wiedenbrück Stadt Rheda-Wiedenbrück
| |
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Koordinaten: | 51° 50′ N, 8° 18′ O |
Höhe: | ca. 70 m |
Fläche: | 10,57 km² |
Einwohner: | 22.006 (1. Jan. 2022)[1] |
Bevölkerungsdichte: | 2.082 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1970 |
Postleitzahl: | 33378 |
Vorwahl: | 05242 |
![]() Lage von Wiedenbrück in Rheda-Wiedenbrück
|
Wiedenbrück war eine selbständige Stadt in Nordrhein-Westfalen, die 1970 im Zuge der Kommunalreform mit der Stadt Rheda und den umliegenden Gemeinden Batenhorst, Lintel, Nordrheda-Ems und St. Vit zur Stadt Rheda-Wiedenbrück zusammengeschlossen wurde.
Die ehemals selbständigen Städte Rheda und Wiedenbrück sind durch die Bundesautobahn 2, die jedoch nicht die historische Grenze zwischen den beiden Stadtteilen bildet, voneinander getrennt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahre 785 wird hier die erste Urpfarrkirche vermutet. Ausgrabungen belegen die Entstehung einer Querhausbasilika spätestens um 900. Die dendrochronologische Untersuchung von zwei Baumsärgen, die nördlich von St. Aegidius gefunden wurden, ergab die Jahre 907/923 und 926/42.
König Otto I. erteilte im Jahr 952 dem Osnabrücker Bischof das Markt-, Münz- und Zollrecht für Wiedenbrück. Vom Jahr 985 ist eine in Wiedenbrück ausgestellte Urkunde von Otto III. für das Kloster in Meschede bekannt. Einige Historiker vermuten, dass es hier zu dieser Zeit einen Königshof gegeben hat, was aber nicht belegt werden kann. Es bestand die Gastungspflicht des Bischofs von Osnabrück.
Im Jahre 1225 erhielt Bischof Engelbert von Osnabrück die Gogerichte zu Wiedenbrück und anderen Städten. Dies ist einer der Ausgangspunkte der Entwicklung des Hochstifts Osnabrück zu einem Territorialstaat des Bischofs von Osnabrück. Aus den Jahren um 1230 sind die ältesten Münzen aus Wiedenbrück überliefert. Wiedenbrück hatte 1231 den Status einer Civitas (halbautonome Verwaltungseinheit) bzw. wurde so genannt; Schöffen wurden in den Gerichtsumstand gewählt und ein Siegel angekündigt. Im Jahre 1249 wurde die Neustadt gegründet, ein Jahr später wurde erstmals die Burg Reckenberg genannt.
Um 1462 entstand in Wiedenbrück eine erste Stadtverfassung nach dem Vorbild von Osnabrück. 1543 wurde Wiedenbrück durch Hermann Bonnus, einen Beauftragten des Bischofs Franz von Waldeck, reformiert. 1565 galt Wiedenbrück als überwiegend lutherisch. Im selben Jahr wurden im Bielefelder Rezess die Grenzen zwischen dem Amt Reckenberg, zu welchem Wiedenbrück zählt, und dem benachbarten Rheda festgelegt; so wurden erstmals zwei selbständige Hoheitsbereiche anerkannt.
Nachdem im Jahr 1624/25 erste Schritte zu einer Gegenreformation erfolgten, wurde Wiedenbrück im Jahr 1626 im Laufe des Dreißigjährigen Krieges von den Dänen besetzt. Als 1628 der Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg seine Regierung antrat, setzte er die Gegenreformation fort.
Im Jahr 1637 entstand in Wiedenbrück eines der ältesten Gymnasien der Region, das Gymnasium Marianum, eine sechsklassige lateinische Schule und Vorläufer des späteren Ratsgymnasiums Wiedenbrück. 1644 wurde durch Bischof Franz Wilhelm das Franziskanerkloster gegründet. Drei Jahre später wurde Wiedenbrück im Juli 1647 von den Schweden eingenommen, aber nach Schleifung der Festung nach zwei Monaten wieder geräumt. Als 1648 in Münster und Osnabrück der Westfälische Friede ausgehandelt wurde, schrieb dieser für das Hochstift Osnabrück die wechselnde Abfolge je eines katholischen und eines lutherischen Bischofs aus dem Haus Braunschweig-Lüneburg vor.
Im Jahr 1664 begann nach Aufforderung Ernst Augusts I. die Wiederbefestigung der Stadt. 1716 wurden die letzten städtischen Kupfermünzen geprägt.
Im Jahr 1726 wurde ein neues Amtshaus auf dem Reckenberg errichtet.
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Brücke zum Reckenberg
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Reckenberg (ehemalige Kreisverwaltung)
Als Folge der Umwandlung des Hochstifts in das Fürstentum Osnabrück wurde Wiedenbrück 1802 vorerst Kur-Hannover zugeschlagen. Von 1807 bis 1813 gehörte die Stadt zum Königreich Westphalen und war in dieser Zeit Sitz des Kantons Wiedenbrück. Das Kapitel des Kollegiatenstifts wurde 1810 aufgehoben. Das Amt Reckenberg mit Wiedenbrück kam nach dem Wiener Kongress an Preußen und wurde 1815 der neuen Provinz Westfalen zugeordnet. Damit trennte sich Wiedenbrück vom Bistum Osnabrück; die katholischen Gemeinden des ehemaligen Osnabrücker Amtes Reckenberg kamen zum Bistum Paderborn.
Seit 1816 war die Stadt Sitz des nach ihr benannten Kreises Wiedenbrück. 1837 erhielt Wiedenbrück die preußische revidierte Städteordnung und wurde dadurch zu einer amtsfreien Stadt.[2]
Im Jahr 1940 beschlagnahmte die damalige Regierung alle Bronzeglocken, damit deren wertvolles Metall der Rüstungsindustrie zufallen konnte. Die Glocken von St. Aegidius mussten im Februar 1942 ausgebaut werden. Nur eine einzige Glocke (die kleinste Glocke der Marienkirche) durfte in der Stadt verbleiben.
Im Rahmen der Kommunalreform (§ 4 Gesetz zur Neugliederung des Kreises Wiedenbrück und von Teilen des Kreises Bielefeld) wurde Wiedenbrück am 1. Januar 1970 mit der benachbarten Stadt Rheda und weiteren Gemeinden zur neuen Stadt Rheda-Wiedenbrück zusammengeschlossen.[3] Im Jahr 1973 entstand der neue Kreis Gütersloh, der Sitz der Kreisverwaltung verblieb noch bis 1997 in Wiedenbrück.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bauwerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kirchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]St. Aegidius ist die katholische Pfarrkirche im historischen Ortskern.
Kath. Kirche St. Marien. Wegen des angeschlossenen Klosters der Franziskaner (OFM) heißt diese Kirche bei den Einheimischen auch „Paterskirche“ oder „Franziskanerkirche“. St. Marien ist eine Wallfahrtskirche. Die Kirche wurde 2008 umfangreich renoviert.
Kath. Kirche St. Pius. Die Kirche der zweiten, jüngeren katholischen Gemeinde.
Franziskanerkloster Das Kloster besteht in Wiedenbrück seit 1644. Es wurde durch Bischof Wartenberg im Jahr 1644 gegründet. Ab 2006 siedelt das bundesweite Noviziat von Nürnberg nach Wiedenbrück über. Die Franziskaner sind auch die Bewahrer der bekannten Wiedenbrücker Kreuztracht am Karfreitag.
St. Johannes ist eine syrisch-orthodoxe Kirche.
Evangelische Kreuzkirche in der Nähe des Reckenberges.
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Turm der Pfarrkirche St. Aegidius
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Einschuss aus dem Dreißigjährigen Krieg an St. Aegidius
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St. Marien mit Marienstatue, rechts das Franziskanerkloster
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St. Pius
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Kreuzkirche Wiedenbrück
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St. Johannes
Wohnbauten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das für seine Geschlossenheit einst berühmte Stadtbild wurde durch Abbrüche und Neubauten vielfach gestört. Jedoch ging die Umgestaltung der Innenstadt hin zu Neubauten in den siebziger Jahren nicht so weit wie im Ortsteil Rheda. Als besonders schmerzlich wird der Verlust des für die Stadtgeschichte bedeutenden Schönhofes empfunden, der 1968 dem Ausbau der Wasserstraße weichen musste. Er wurde anschließend im Westfälischen Freilichtmuseum Detmold wiederaufgebaut. In der jüngeren Vergangenheit hat man sich bemüht, Stadtreparatur zu betreiben und es ist durchaus gelungen, erforderliche Neubauten besser einzupassen.
Die Zahl älterer Wohnhäuser im historischen Stadtkern ist noch immer beachtlich. Hierbei handelt es sich zumeist um giebelständige Fachwerk-Dielenhäuser, die zum Teil mit Schnitzereien versehen sind. Charakteristisch für diese Bauten ist die hohe zweigeschossige Diele, die an der Straße durch ein großes Tor erschlossen wird. Trotz ihrer auf den ersten Blick großen Ähnlichkeit mit dem ländlichen Fachhallenhaus kann man hier kaum von Ackerbürgerhäusern sprechen. Nach neuesten Erkenntnissen stellen sie keine Weiterentwicklung des Hallenhauses dar, sondern entstanden aus dem so genannten Einhaus, das zunächst nur über einen großen Raum verfügte. Später wurde dieser durch Stubeneinbauten verkleinert. Hinzu kommt, dass diese Bauten zumeist von Handwerkern bewohnt wurden. Die Landwirtschaft wurde lediglich im Nebenerwerb betrieben und diente vor allem der Eigenversorgung. Das Vieh war, anders als im Bauernhaus, in eigenständigen Gebäuden auf dem rückwärtigen Grundstück untergebracht. Wie auch andere westfälische Kleinstädte (siehe Blomberg) war Wiedenbrück vor allem eine Stadt des Handwerks und zum Teil auch des Handels, aber keine Ackerbürgerstadt im eigentlichen Sinne.
Erwähnenswerte Gebäude
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- Katthagen 2. Dreigeschossiges Giebelhaus mit beschnitzten Füllbrettern, bezeichnet 1624.
- In der Halle 2. 1567 errichtet, mit Utlucht und geschnitzten Fächerrosetten. 1963 umgebaut
- In der Halle 4. Dreigeschossiges, 1513 d. Giebelhaus. Das Erdgeschoss z. T. massiv erneuert. Das Giebeldreieck und OG über Knaggen vorkragend
- Kirchplatz 1. Mitte 16. Jh. Gebälk mit reichem Ornamentschmuck. Utlucht bezeichnet 1610.
- Kirchstraße 10 (Fuchshöhle). 1686 nach dem großen Brand errichtet. Mit Utlucht und hübschem Barockportal.
- Klingelbrink 25. 1582 bezeichnet, jedoch stark verändert. Mit reich verziertem Torbogen.
- Mönchstraße 12. 1665.
- Rietberger Straße 6, 8. Altes Künstlerhaus, mit aufwändigen Außenschnitzereien, Fachwerk. Dahinter, in der Hoetgergasse, das neue Wiedenbrücker Schule Museum in der Werkstatt des Künstlerhauses
In der Langen Straße finden sich zahlreiche gut erhaltene Fachwerkbauten des frühen 17. Jahrhunderts. Besonders schön ist die Baugruppe Nummern 27–35. An älteren Einzelbauten sind hervorzuheben:
- Lange Straße 12. Giebelhaus mit Utlucht und Taubandknaggen von 1583.
- Lange Strasse 27.(Pilgerhaus). Derzeit ältestes Fachwerkhaus Wiedenbrücks aus dem Jahr 1417. Mehrfach umgebaut. Großer Umbau im Jahr 1602. Gilt als das zweitälteste Fachwerkhaus in Westfalen.
- Lange Straße 38. (Haus Ottens). Mächtiges Giebelhaus mit Speichergeschoss, errichtet 1635. Die Gefache waren mit einer Ziegel imitierenden Bemalung versehen. Nach einem Besitzerwechsel und auf Grund massiver Schäden wurde das höchste Fachwerkhaus der Altstadt von 2009 bis 2011 grundlegend und mit hohem Aufwand saniert.
- Lange Straße 41. Der angeblich nach einem Umbau wieder eingefügte Torbogen ist mit 1598 bezeichnet.
- Lange Straße 50 (ehemaliges Heimatmuseum). Giebelhaus mit reich beschnitztem Torbogen und figürlichen Knaggen, bezeichnet mit 1591. 1782 umgebaut
- Lange Straße 55. Vierständerbau mit Auslucht, diese 1565 bezeichnet. Um 1980 völlig erneuert.
- Lange Straße 60 (Ankervilla), das derzeit zweit-älteste bekannte Haus der Stadt wurde 1468 errichtet. Es dient jetzt als Café.
- Lange Straße 72. Bezeichnet 1614. Die Gefache sind mit Backsteinen im Zierverband ausgefüllt.
- Lange Straße 88. 1592 bezeichnet. Am Giebel Taubandknaggen, der Torbogen und die Schwelle mit Ranken beschnitzt.
- Lange Straße 89. bezeichnet 1616.
- Lange Straße 93. 1559 bezeichnet. Mit z. T. beschnitzten viertelkreisförmigen Fußbändern und Taubandknaggen.
- Lange Straße 95. Bezeichnet 1607.
- Marktplatz Historisches Rathaus (mit Standesamt).
-
Wiedenbrück, Stützbalken (Knagge) mit dem Motiv – Mariä Verkündigung
-
ehem. Heimatmuseum
-
Schnitzerei (ehem. Heimatmuseum)
-
Haus Ottens




Skulpturen und Sehenswürdigkeiten im öffentlichen Raum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Betender Landmann
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Brunnenskulptur auf dem Marktplatz von Wiedenbrück zeigt einen Betenden. Der Sockel trägt zwischen den zwei Wasserbecken die eingemeißelte Inschrift „Betender Landmann“.
Die Statue wurde von Ernst Osterrath gestiftet, dem Wiedenbrücker Ehrenbürger (1901), der von 1882 bis 1892 Landrat des Landkreises Wiedenbrück war, 1898–1902 Oberregierungsrat zu Schleswig und seit 1902 „Vortragender Rat“ im Preußischen Kultusministerium zu Berlin. Hier traf er den aus Wiedenbrück stammenden akademischen Bildhauer Bernhard Heising, dessen Arbeiten ihn sehr interessierten und dessen Standbild (1902) des bedeutenden Bauernführers Schorlemer-Alst in Münster vor dem Landeshaus er bewunderte. Da Heisings Engagement für die Arbeiterbewegung (als Werkstudent hatte er sein Studium weitgehend finanziert) ihm bekannt war und er seiner Heimatstadt Wiedenbrück als Zeichen seiner Freundschaft und Dankbarkeit ein ähnlich großes Denkmal stiften wollte, stellte er Heising die paradox anmutende Aufgabe, einen „betenden Arbeiter“ zu machen. Heising zeigt in seinem Werk programmatisch, dass Arbeiter sich in ihrer Freizeit (daher die Tiroler Pfeife) im eigenen Garten beim Angelusläuten sehr innig Gott zuwenden können, wenn maßvolle Arbeitszeiten, Eigentum und religiöses Umfeld gegeben sind. Schnell hieß im Volksmund jedoch der „Arbeiter“ nur noch „Landmann“.
Die Skulptur wurde gemeinsam mit dem Marktbrunnen am 1. November 1903 offiziell eingeweiht. Die Geschichte Wiedenbrücks als Handwerkerstadt mit ihren vielen Gilden und die tiefe Religiosität der Bevölkerung kommen in diesem Kunstwerk zum Ausdruck.
Die Brunnenfigur erlebte eine wechselhafte Geschichte. Während des Ersten Weltkrieges wurde sie zur Gewinnung von Rüstungsgut demontiert und sollte eingeschmolzen werden. Sie entging diesem Schicksal, da sie zufällig in einer Berliner Gießerei vom Wiedenbrücker Kaufmann Felix Plöger entdeckt und unversehrt nach Wiedenbrück gebracht wurde.
Im Zweiten Weltkrieg hat man die Figur abermals demontiert und tatsächlich eingeschmolzen. Ein vorsorglich angefertigter Gipsabdruck ermöglichte eine Wiederherstellung der beliebten Figur. In Wiedenbrück war 1950 nämlich unbekannt, dass von der Familie der Nachkommen Heising zu Bad Driburg seit vielen Jahren das große ursprüngliche Gipsmodell für den Bronzeguss gehütet wurde. Der Bildhauer Bernd Hartmann fertigte also nach dem späteren Gipsabdruck einen Neuguss an, der im Dezember 1951 feierlich an seinem alten Standort eingeweiht wurde.
Neue Mühle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Drei Mühlräder, die nach dem historischen Vorbild rekonstruiert wurden, erinnern am Mühlenwall/Ecke Rektoratsstraße an die „Neue Mühle“, eine Getreidemühle, die hier von 1250 bis 1969 stand. Die Kombination von drei Mühlrädern war und ist sehr selten.
Die Mühlräder wurden von Mühlenbauer Karl Rohlfing (Stemwede) gebaut. Jedes der Räder hat einen Durchmesser von knapp fünf Metern, wobei insgesamt etwa 2500 Schrauben für diese Konstruktion verarbeitet wurden. Die Mühlräder werden durch die „Umflut“ angetrieben, einen alten künstlich angelegten Abzweig der Ems, der gemeinsam mit dieser den historischen Stadtkern von Wiedenbrück umfließt und Teil der ehemaligen Stadtbefestigung bildete.
Das Denkmal wurde der Stadt durch Franz-Josef Krane gestiftet und am 8. Juni 2007 eingeweiht. Im Sommer 2008 wurde der Umriss des Mühlengebäudes in die Pflasterung des Mühlenwalls eingearbeitet. Durch diese Umgestaltung entstanden der Stadt Kosten von 50.000 €. Am 5. September 2008 wurde auf dem Platz ein Mühlstein aufgestellt, der in der 1888 abgebrannten Brennerei „Auf dem Schilde“ benutzt wurde.
Die Mühlräder sind durch eine Panzerglasscheibe gesichert, da man festgestellt hat, dass Kinder gerne auf die Mauer klettern und versuchen nach den Mühlrädern zu greifen.
Kriegerdenkmal 1864–1871
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In unmittelbarer Nachbarschaft der Mühlräder steht das Kriegerdenkmal, das am 4. Juni 1893 vom Krieger- und Landwehrverein Wiedenbrück aufgestellt wurde. Das Denkmal zeigt Kaiser Wilhelm I. und ist den „Tapferen Kämpfern für Deutschlands Einheit und Größe“ gewidmet. Laut Inschrift „Starben den Heldentod für König und Vaterland“ in den Feldzügen 1864–1866 sechs, im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 acht Männer aus Wiedenbrück. Sie sind namentlich aufgeführt. Der Entwurf des Denkmals stammt von dem westfälischen Bildhauer und Wiener Kunstprofessor Caspar Ritter von Zumbusch. Die Kaiserstatue wurde von Bildhauer Christoph Siebe aus hellgelbem Wrexener-Sandstein und der Sockel von Franz Anton Goldkuhle in rotem Solling-Sandstein ausgeführt. Beide Bildhauer entstammen der Wiedenbrücker Schule.[4]
Mahnmal 1914–1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An der Wand von St. Aegidius sind auf einer transparenten Tafel die Namen der Bürger verzeichnet, die Opfer der beiden Weltkriege und der NS-Gewaltherrschaft wurden. So werden auch die Namen der deportierten jüdischen Wiedenbrücker aufgeführt. Davor steht als Mahnmal gegen Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung eine Säule des Bildhauers Hubert Hartmann.
Wehrbauten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Stadt war seit dem Mittelalter mit einer Stadtmauer und vorgelagertem Zwinger umgeben. Von dieser Anlage ist nur noch der so genannte Pulverturm am Mühlenwall vorhanden. Er ist ein halbrunder Schalenturm aus Backstein mit niedrigen Hosenscharten, der mit Hilfe von Hakenbüchsen verteidigt werden konnte. Er stammt wohl noch aus dem 15. oder frühen 16. Jahrhundert. Auch die noch erhaltenen Umflut (siehe oben – „Neue Mühle“) gehört zusammen mit der Ems zu den ehemaligen Wehranlagen.
Die Stadt Wiedenbrück wurde im 16./17. Jahrhundert zur bischöflich-osnabrückischen Landesfestung in niederländischer Festungsbaumanier ausgebaut. Sie war seinerzeit neben Lippstadt eine der stärksten Festungen zwischen Rhein und Weser. Von diesen umfangreichen Festungsanlagen (Stadttore, Mauer, Hauptwall, Bastionen, Ravelins, Wallgraben) ist im engeren Sinne kein Relikt erhalten geblieben. Selbst Festungspläne sind bisher nicht auffindbar. Die erste Vollendung der Landesfestung im Jahre 1647 ging mit der Belagerung (und der Kapitulation) durch die Schweden einher. Die außerhalb der mittelalterlichen Stadtmauer gelegenen Festungswerke ließ der schwedischen General Hans Christoph von Königsmarck schleifen bzw. ‚einschlichten‘.
Die Neubefestigung (Karte von C.L. Reinhold von 1766) der bischöflich-osnabrückischen Landesfestung Wiedenbrück in ihrer zweiten Ausführung von 1664 lehnte sich unzweifelhaft exakt an die von 1647 an. Im Jahr 1766 ist die Stadt nach dem ersten vermessenen Plan durch den Landvermesser Christian Ludolph Reinhold bereits zum größten Teil entfestigt.
Auf der Grundlage sehr intensiver Forschung durch den Militärhistoriker Ernstjosef Weber (1923–2012) entstanden 5 Modelle im Maßstab 1:1000, die die Entwicklung der Landesfestung von 1550 bis 1766 zeigen. Auf dieser Grundlage entwickelte der Herzebrocker Bildhauer Hans-Bernhard Vielstädte ein Stadtmodell von 1647 in Bronze. Die Bronzeplatte des Stadtmodells, weiter dekoriert mit Wappen, Inschriften und Signets befindet sich vor dem historischen Rathaus auf dem Marktplatz. Das Modell dient den Besuchern und Einheimischen zur historischen Orientierung über den historischen Stadtkern und seiner ehemaligen Ausdehnung. Ein farbiges Modell, das die Situation der Stadt von 1630 zeigt, ist im Wiedenbrücker Schule Museum in der stadtgeschichtlichen Abteilung zu sehen.
Flora Westfalica
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Flora Westfalica ist das ehemalige Gelände der Landesgartenschau (von 1988) mit verbindendem Charakter zwischen den Stadtteilen.
Westfalia-Museum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Westfalia-Museum war das Werksmuseum von Westfalia-Automotive. Es stellte von 1979 und 2009 Fahrzeuge und andere Dinge mit Schwerpunkt auf Anhängern, Wohnmobilen und Pkw aus.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ehrenbürger (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1901 Ernst Osterrath (1851–1925)
Söhne und Töchter der Stadt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz Wilhelm Harsewinkel (1796–1872), Geometer, Regierungskondukteur, Maler und Zeichenlehrer
- Walther Tecklenborg (1876–1965), Franziskaner, Maler und Genealoge
- Eduard Goldkuhle (1878–1953), Maler
- Wilhelm Moormann (1882–1914), Bildhauer
- Ludwig Pellengahr (1882–1973), Jurist und Ministerialbeamter
- Fritz Burmann (1892–1945), Maler
- Hans Rinsch geborener von der Heiden (1893–1974), Apotheker und Politiker (CDU)
- Peter Winkelnkemper (1902–1944), Politiker
- Bernd Hartmann (1905–1972), Bildhauer und Kirchenkünstler
- Horst Klein (1910–nach 1947), Jurist und SS-Führer
- Wolfgang Bodenbender (1935–2025), Verwaltungsbeamter und Politiker (SPD)
- Toni Pierenkemper (1944–2019), Wirtschafts- und Sozialhistoriker
- Hermann-Josef Rapp (* 1944), Forstmann und Naturschützer
- Christoph Fuchs (* 1945), Mediziner, Ministerialdirigent und Medizinfunktionär
- Peter Meyer (* 1949), Manager und ehemaliger ADAC-Präsident
- Johannes Bultmann (* 1960), Kulturmanager
- André Kuper (* 1960), Politiker (CDU), Bürgermeister der Stadt Rietberg, Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen
- Tim Krohn (* 1965), Schriftsteller
- Ralph Brinkhaus (* 1968), Steuerberater und Politiker (CDU), von September 2018 bis Februar 2022 Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag
- Ulrich von Zons (* 1968), Jurist und Politiker (AfD), Mitglied des Bundestags
Trivia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Schöner aus Wiedenbrück ist eine regionale Apfelsorte.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Paul Breimann: Wiedenbrück und seine Altstadt. Wiedenbrück o. J.
- Günter Brüning: Kreisheimstätte Wiedenbrück 1953–2003 – Haus und Wohnung für Jedermann. Verlag für Regionalgeschichte, 2004, ISBN 3-89534-497-4.
- Franz Flaskamp (Hrsg.): Das Taufbuch I (1625/32) der westfälischen Kirchengemeinde Wiedenbrück (= Quellen und Forschungen zur Natur und Geschichte des Kreises Wiedenbrück. 42. Heft). Druck und Verlag von Wilhelm Hanhardt, 1938.
- Heinrich Gräfenstein: Rheda-Wiedenbrück – Die Doppelstadt (Bildband). Verlag H. Gieselmann, Bielefeld 1996
- Heribert Griesenbrock: Wiedenbrück – Franziskanerkloster und Marienkirche. (Schnell, Kunstführer 1768) Schnell & Steiner, München/Zürich 1989, ISBN 3-7954-5479-4.
- Peter Johanek (Hrsg.): Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. Stuttgart 2006, ISBN 3-520-27303-9, S. 889–892.
- Uwe Lobbedey: St. Aegidius zu Wiedenbrück. Westfälischer Heimatbund, Münster 1988. (Westfälische Kunststätten, Heft 49)
- Christian Loefke (Hrsg.): Die Konskription der Eigenbehörigen der Stadt Wiedenbrück 1602 bis 1734 (= Quellen und Forschungen zur Familien- und Höfegeschichte aus dem Kreis Gütersloh, Band 1). Herausgegeben vom Kreisarchiv Gütersloh. Books on Demand, Norderstedt 2022, ISBN 978-3-7543-2900-9.
- Annelore Michels: Wiedenbrück – Bilder erzählen von der Vergangenheit. Geiger-Verlag, 1997, ISBN 3-89570-362-1.
- Brigitte Spieker: Wiedenbrück. Zentrum sakraler Kunst zwischen 1860 bis 1940. Wiedenbrücker Schule, Museum für Kunst- und Stadtgeschichte, Rheda-Wiedenbrück 2024.
- Josef Temme: Lebensbilder Wiedenbrücker Häuser. Band 1–5, Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-89534-766-5.
- Georg Wagner: Dorfschullehrer von damals – Der Volks- und Rektoratschullehrer Hermann Wagner (1878–1920) aus Wiedenbrück und seine Familie. Waxmann, 1990, ISBN 3-89325-969-4.
- 1200 Jahre Christengemeinde in Wiedenbrück. Herausgegeben von der Pfarrgemeinde St. Ägidius in Rheda-Wiedenbrück, 1985, S. 57.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stadt Rheda-Wiedenbrück
- Heimatverein Wiedenbrück
- Kulturlandschaftlich bedeutsamer Stadt- und Ortskern Rheda-Wiedenbrück, Ortsteil Wiedenbrück bei LWL-GeodatenKultur des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Der Kreis Gütersloh: Zahlen | Daten | Fakten 2022. (PDF; 7,34 MB) Abgerufen am 13. November 2022.
- ↑ Amtsblatt der Regierung Minden 1837, S. 45
- ↑ Martin Bünermann: Die Gemeinden des ersten Neugliederungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Deutscher Gemeindeverlag, Köln 1970, S. 110.
- ↑ Archivierte Kopie ( des vom 5. Dezember 2008 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.