„Le-Sage-Gravitation“ – Versionsunterschied
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Die '''Le-Sage-Gravitation''' ist eine einfache [[Mechanische Erklärungen der Gravitation|mechanische Gravitationserklärung]], die das [[Newtonsches Gravitationsgesetz|Gravitationsgesetz]] von [[Isaac Newton|Newton]] begründen sollte. Sie wurde von [[Nicolas Fatio de Duillier]] (1690) und [[Georges-Louis Le Sage]] (1748) entworfen. |
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<div align="justify">[[Isaac Newton]] selbst hatte zwar das [[Gravitation]]sgesetz entdeckt, aber er erklärte nicht, warum Gravitation in dieser Form überhaupt existiert. Ein Versuch, eine solche Erklärung zu liefern, ist die '''Le-Sage-Theorie der Gravitation'''. |
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Da Fatios Arbeit weithin unbekannt war und unveröffentlicht blieb, war es Le Sages Version der Theorie, die gegen Ende des [[19. Jahrhundert]]s im Zusammenhang mit der damals neu entwickelten [[Kinetische Gastheorie|kinetischen Theorie der Gase]] zum Gegenstand erwachenden Interesses wurde. Obwohl einige Forscher außerhalb des [[Mainstream]]s die Theorie weiterhin untersuchen, wird sie vor allem aufgrund der von [[James Clerk Maxwell]] (1875) und [[Henri Poincaré]] (1908) hervorgebrachten Einwände als überholt und ungültig eingestuft. |
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== Zur Historie == |
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Diese Gravitationstheorie wurde erstmals von einem engen Freund Newtons, dem [[Genf]]er Mathematiker [[Nicolas Fatio de Duillier]] (1664-1753), bereits um 1690 in "De la Cause de la Pesanteur" (Über die Ursache der Schwere) entwickelt<ref name="fatio">Fatio de Duillier, N.: "Briefe Nr. 2570 und 2582", 1690, Huygens Oeuvres, Vol. IX</ref>. Unabhängig von Fatio stellte der ebenfalls aus Genf stammende Physiker [[Georges-Louis Le Sage]] (1724-1803) in "Essai de Chymie Mechanique" (1758) bzw. in "Lucrèce Newtonien" (1784) ein sehr ähnliches Modell auf. <ref>Le Sage, G.L.: "Essai de Chymie Méchanique", 1758, Académie Royale des Sciences, Belles-Lettres et Arts de Rouen, Privatdruck um 1761.</ref><ref>Le Sage, G.L.: "Lucrèce Newtonien", 1784, Memoires de l’Academie Royale des Sciences et Belles Lettres de Berlin</ref> |
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Obwohl Fatios Version teilweise sogar weiterentwickelter war als die von Le Sage, war es das Werk dieses Autors, das in erster Linie bekannt wurde, deshalb bezeichnet man die Theorie auch als die „Le-Sage-Theorie der Gravitation“. Andere bekannte Bezeichnungen sind Stoß-, Schatten- oder Teilchengravitation (Pushing, Shadow oder Particle Gravity). |
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== Grundzüge der Theorie == |
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Die Theorie fand zu Beginn wenig Anklang, aber sie erreichte im [[19. Jahrhundert]] immer mehr Zuspruch. Sie beeinflusste [[John Herapath]] in seinen Überlegungen zur [[Kinetische Gastheorie|kinetischen Gastheorie]]. Aus dieser entwickelte dann wiederum [[William Thomson, 1. Baron Kelvin|Lord Kelvin]] eine überarbeitete Version von Le Sages Gravitationstheorie. Auch [[Hendrik Antoon Lorentz]] versuchte um 1900, diese Theorie gangbar zu machen. Einer ausführlichen Kritik wurde sie von [[James Clerk Maxwell]], [[Henri Poincaré]] und in neuerer Zeit auch von [[Richard Feynman]] unterzogen. Zur Historie und Kritik siehe: |
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[[Datei:Pushing1.svg|links|mini|<div class="center">B1: Kräftegleichgewicht<br />Keine Bewegung</div>]] |
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Zehe<ref name="zehe">Zehe, Horst: "Die Gravitationstheorie des Nicolas Fatio de Duillier", 1980, Gerstenberg Verlag Hildesheim;</ref>, |
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Die Grundannahme der Theorie ist die Existenz eines [[Raum (Physik)|Raumes]], der weitgehend [[Isotropie|isotrop]] von einem [[Strahlung]]sfeld ausgefüllt ist, das aus diversen [[Teilchen (Physik)|Teilchen (Korpuskeln)]] oder [[Welle]]n besteht. Diese bewegen sich mit konstanter, sehr hoher Geschwindigkeit geradlinig in alle möglichen Richtungen. Trifft ein Teilchen auf einen Körper, überträgt es einen [[Impuls (Physik)|Impuls]] auf ihn. Ist nur ein Körper A vorhanden, ist dieser einem gleichmäßigen [[Druck (Physik)|Druck]] ausgesetzt, er befindet sich also aufgrund der in alle Richtungen wirkenden Stöße in einem [[Kräftegleichgewicht]] und wird sich nicht bewegen (siehe Abbildung B1). |
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Aronson<ref name="aronson">Aronson, S.,"The gravitational theory of Georges-Louis Le Sage", 1964, The Natural Philosopher 3, 51.</ref>, |
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[[Datei:Pushing2.png|mini|<div class="center">B2: Abschirmung<br />Körper „ziehen“ sich an</div>]] |
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Kelvin<ref name="kelvin">Thomson, W. (Lord Kelvin) (1873). "On the Ultramundane Corpuscles of Le Sage", Phil. Mag., 4th ser. 45, 321-332.</ref>, |
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Ist jedoch ein zweiter Körper B vorhanden, wirkt dieser wie ein Schirm, denn aus Richtung B wird A von weniger Teilchen getroffen, als von der anderen Seite, wobei das Gleiche auch umgekehrt gilt. A und B verschatten einander (B2) und dadurch entsteht ein Unterdruck auf den einander zugewandten Seiten. Es entsteht somit eine scheinbar anziehende [[Kraft]], die genau in Richtung des jeweils anderen Körpers wirkt. Die Theorie basiert daher nicht auf dem Konzept der [[Gravitation|Anziehung]], sondern wird zur Klasse der [[Mechanische Erklärungen der Gravitation|Drucktheorien oder kinetischen Gravitationerklärungen]] gezählt. |
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Maxwell<ref name="maxwell">Maxwell, J.C., 1875, "Atom", Encyclopedia Britannica, Ninth Ed., pp. 38-47.</ref>, |
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Poincaré<ref name="poincare">Poincaré, H.: "Wissenschaft und Methode", 1908, Xenomos, Neuausgabe 2003, S. 186-191.</ref> |
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;Natur der Kollisionen |
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Im [[20. Jahrhundert]] gab es vor allem durch diese Kritik und auch dem Aufstieg der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie]] [[Albert Einstein|Einsteins]] nur noch wenige Befürworter von Modellen dieser Art. Trotzdem gibt es einige Versuche, abseits des Mainstreams die Theorie wieder gangbar zu machen. |
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[[Datei:Pushing3.svg|links|mini|<div class="center">B3: Entgegengerichtete Ströme</div>]] |
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Wenn die [[Stoß (Physik)|Kollisionen]] zwischen Körper A und den Teilchen völlig [[Elastizität (Physik)|elastisch]] sind, wäre die Intensität der reflektierten Teilchen genauso hoch wie die der einströmenden, sodass keine Kraft in Richtung A resultieren würde. Das Gleiche würde passieren, wenn ein zweiter Körper B vorhanden wäre, der als Schirm für Teilchen wirken würde, die in Richtung A fliegen. Die zwischen den Körpern reflektierten Teilchen würden den Schatteneffekt vollkommen aufheben. Um also eine gravitative Wirkung zwischen den Körpern zuzulassen, muss die [[kinetische Energie]] der Teilchen von der Materie vollständig oder zumindest teilweise [[Absorption (Physik)|absorbiert]] werden, oder sie müssen derart modifiziert werden, dass ihr Impuls nach der Kollision abgenommen hat: Nur dann überwiegt der Impuls der einströmenden Teilchen gegenüber dem Impuls der von den Körpern reflektierten Teilchen (B3). |
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;Proportionalität zu 1/r² |
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== Grundzüge der Theorie == |
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[[Datei:Pushing4.svg|mini|<div class="center">B4: Zu- und Abnahme der Dichte in jedem Sphärenabschnitt</div>]] |
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Stellt man sich um einen Körper eine Kugeloberfläche (Sphäre) vor, die sowohl von den reflektierten als auch von den einströmenden Teilchen durchquert werden muss, wird ersichtlich, dass die Größe der Sphäre proportional zum Quadrat der Entfernung zunimmt. Die Anzahl der betreffenden Teilchen in diesen größer werdenden Abschnitten bleibt jedoch gleich und somit sinkt deren Dichte. Die Gravitationswirkung verhält sich also, dem [[Abstandsgesetz]] gemäß, umgekehrt zum Quadrat der Entfernung zu den jeweiligen Massen (B4). Diese Analogie zu [[Optik|optischen]] Effekten wie der Abnahme der [[Strahlungsintensität]] mit 1/r² oder der [[Schatten]]bildung wurde schon von Fatio und Le Sage angegeben. |
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;Proportionalität zur Masse |
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Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich vorerst nur eine Kraft, deren Stärke proportional zur [[Flächeninhalt|Oberfläche]] oder dem [[Volumen]] ist. Die Gravitation ist jedoch neben dem Volumen auch von der [[Dichte]] und somit von der [[Masse (Physik)|Masse]] abhängig. Um also diese beobachtete [[Äquivalenzprinzip (Physik)|Proportionalität zur Masse]] zu erreichen, wurde angenommen, dass die [[Materie (Physik)|Materie]] größtenteils aus leerem Raum besteht und die als sehr klein angenommenen Teilchen die Körper mühelos durchdringen können. Das heißt, die Teilchen durchdringen die Körper, wechselwirken mit ''allen'' Bestandteilen der Materie, werden teilweise abgeschirmt oder absorbiert und treten geschwächt wieder hinaus. Dadurch wird bei Annahme entsprechender Durchdringungsfähigkeit zumindest innerhalb einer bestimmten Messgenauigkeit eine der Masse proportionale Schattenwirkung der Körper erreicht. Das Ergebnis (B5): Zwei Körper verschatten einander und es ergibt sich ein analoges Bild zu B2. |
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[[Datei:Pushing5.png|zentriert|gerahmt|<div class="center">B5: Durchdringung, Schwächung und Proportionalität zur Masse</div>]] |
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== Fatio == |
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[[Datei:Fatio.jpg|hochkant|mini|<div class="center">Nicolas Fatio</div>]] |
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[[Nicolas Fatio de Duillier]] präsentierte 1690 die erste Fassung seiner Gedanken über Gravitation in einem Brief an [[Christiaan Huygens]].<ref group="A">Fatio (1690)</ref> Unmittelbar darauf verlas er dessen Inhalt bei einer Sitzung der [[Royal Society]] in [[London]]. In den folgenden Jahren entwarf Fatio mehrere [[Manuskript]]e seines Hauptwerks ''De la Cause de la Pesanteur''. Auch schrieb er 1731 ein in Latein abgefasstes Lehrgedicht mit demselben Thema.<ref group="C" name="notice">Prevost (1805)</ref> Einige [[Fragment (Literatur)|Fragmente]] dieser Manuskripte wurden später von Le Sage erworben, der sie zu veröffentlichen versuchte, aber damit keinen Erfolg hatte. Und so dauerte es bis 1929, als [[Karl Bopp (Mathematikhistoriker)|Karl Bopp]] eine Kopie eines vollständigen Manuskripts veröffentlichte.<ref group="A">Fatio (1701)</ref> Eine weitere Version der Theorie wurde 1949 von Bernard Gagnebin veröffentlicht, der aus den Fragmenten von Le Sage das Werk zu rekonstruieren versuchte.<ref group="A" name="fatio">Fatio (1743)</ref> Die folgende Beschreibung beruht hauptsächlich auf der Bopp-Edition (die u. a. die „Probleme I–IV“ beinhaltet) und der Darstellung von Zehe.<ref group="C" name="zehe">Zehe (1980)</ref> |
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=== Einige Aspekte der Theorie === |
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==== Fatios Pyramide (Problem I) ==== |
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[[Datei:Fatio1.jpg|links|mini|B6: Fatios Pyramide]] |
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Fatio nahm an, dass das [[Universum]] von winzigen Teilchen ausgefüllt sei, die sich unterschiedslos und [[Translation (Physik)|geradlinig]] mit sehr großer [[Geschwindigkeit]] in alle [[Richtung]]en bewegen. Um seine Gedanken zu veranschaulichen, benutzte er folgendes Bild: Es sei ein Objekt ''C'' gegeben, auf dem sich eine [[Unendlichkeit|unendlich]] kleine [[Flächeninhalt|Fläche]] ''zz'' befindet. Diese Fläche ''zz'' sei der [[Mittelpunkt]] eines [[Kreis (Geometrie)|Kreises]]. Innerhalb dieses Kreises zeichnete Fatio die [[Pyramide (Geometrie)|Pyramide]] ''PzzQ'', in der einige Teilchen in Richtung ''zz'' strömen, und ebenso einige Teilchen, die von ''C'' bereits reflektiert wurden, in Gegenrichtung strömen. Fatio nahm an, dass die durchschnittliche Geschwindigkeit und somit auch die [[Impuls (Physik)|Impulse]] der reflektierten Teilchen geringer seien als die der einströmenden. Das Resultat ist ein [[Fluss (Physik)|Strom]], der alle Körper in Richtung ''zz'' treibt. Einerseits bleibt die Geschwindigkeit des Stromes konstant, andererseits nimmt in größerer Nähe zu ''zz'' dessen Dichte zu. Deshalb ist aufgrund der geometrischen Verhältnisse seine Intensität proportional zu ''1/r²'', wobei ''r'' der Abstand zu ''zz'' ist. Weil unendlich viele solcher Pyramiden um ''C'' vorstellbar sind, gilt diese Proportionalität für den gesamten Bereich um ''C''. |
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==== Reduzierte Geschwindigkeit ==== |
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Um die Behauptung zu rechtfertigen, dass sich die Teilchen mit verminderter Geschwindigkeit nach der Reflexion bewegen, unterbreitete Fatio folgende Vorschläge: |
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* Die gewöhnliche Materie, oder die Teilchen, oder beide sind [[Elastizität (Physik)|unelastisch]]. |
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* Die Zusammenstöße sind vollkommen elastisch, aber die Teilchen sind nicht absolut hart, weshalb sie nach dem Stoß [[Vibration|vibrieren]] und an Geschwindigkeit verlieren. |
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* Durch [[Reibung]] beginnen die Teilchen zu [[Rotation (Physik)|rotieren]] und verlieren ebenfalls an Geschwindigkeit. |
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Diese Passagen sind die unverständlichsten Teile von Fatios Theorie, weil er nie klar entscheidet, welche Art von Kollision zu bevorzugen ist. In der letzten Version der Theorie von 1743 kürzte er jedoch diese Passagen und schrieb einerseits den Teilchen ''perfekte Elastizität oder perfekte Federkraft'' zu, und andererseits der Materie ''unvollständige Elastizität'', so dass die Teilchen mit geringerer Geschwindigkeit reflektiert werden. Der Geschwindigkeitsverlust wurde von Fatio äußerst gering angesetzt, um die Gravitationskraft über längere Zeiträume nicht merklich absinken zu lassen. Zusätzlich sah sich Fatio mit einem anderen Problem konfrontiert: Was passiert, wenn die Teilchen untereinander kollidieren? Unelastische Kollisionen würden, selbst wenn keine normale Materie anwesend ist, zu einem ständigen Absinken der Geschwindigkeit führen und deswegen ebenfalls die Gravitationskraft schwächen. Um dieses Problem zu vermeiden, nahm Fatio an, dass der Durchmesser der Teilchen sehr klein gegenüber ihrem gegenseitigen Abstand ist, und deswegen Begegnungen untereinander sehr selten sind. |
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==== Verdichtung ==== |
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Um den Einwand zu entkräften, dass sich durch die geringere Teilchengeschwindigkeit eine Stauung um die Körper bilden könnte, erklärte Fatio, dass die reflektierten Teilchen tatsächlich langsamer seien als die Einströmenden. Daher haben die von außen einströmenden Teilchen zwar eine größere Geschwindigkeit, jedoch ebenso einen größeren Abstand untereinander. Umgekehrt sind die reflektierten Teilchen langsamer, was aber durch eine konstant bleibende Verdichtung ''ausgeglichen'' wird. Die Verdichtung ist also konstant und es kommt zu keiner Stauung. Fatio führte weiter aus, dass durch immer weitergehende Vergrößerung der Geschwindigkeit und Elastizität der Teilchen diese Verdichtung beliebig klein gemacht werden kann. |
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==== Durchlässigkeit der Materie ==== |
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[[Datei:Fatio2.jpg|mini|Kristallgitter ([[Ikosaeder]])]] |
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Um die Proportionalität zur Masse zu erklären, musste Fatio postulieren, dass normale Materie in alle Richtungen gleichmäßig durchlässig für die Teilchen ist. Er skizzierte dazu 3 Modelle: |
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* Er nahm an, dass Materie eine Anhäufung kleiner [[Kugel]]n sei, wobei deren [[Durchmesser]] verschwindend gering gegenüber ihrem gegenseitigen Abstand ist. Aber er verwarf diese Erklärung, weil die Kugeln dazu tendieren müssten, sich immer weiter einander zu nähern. |
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* Dann nahm er an, dass Kugeln durch [[Stab (Statik)|Stäbe]] miteinander verbunden seien und ein [[Kristallstruktur|Kristallgitter]] oder [[Netz (Geometrie)|Netz]] bilden würden. Jedoch verwarf er auch dieses Modell, denn bei Vereinigung verschiedener Netze wäre an den Orten, wo sich die Kugeln sehr nahe beieinander befinden, keine gleichmäßige Durchdringung mehr möglich. |
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* Schließlich entfernte er auch die Kugeln und ließ einzig und allein die Stäbe des Netzes übrig, wobei er den Durchmesser der Stäbe verschwindend gering im Vergleich zu ihrem Abstand machte. So meinte er, eine maximale Durchdringbarkeit gewährleisten zu können. |
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==== Druck der Teilchen (Problem II) ==== |
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Bereits 1690 nahm Fatio an, dass der Druck, der von den Teilchen auf eine ebene Fläche ausgeübt wird, den sechsten Teil des Drucks ausmacht, der bestünde, wenn alle Teilchen senkrecht zur Ebene ausgerichtet wären. Fatio erbrachte einen Beweis für diese Behauptung, indem er den Druck errechnete, der von den Teilchen auf einen bestimmten Punkt zz. ausgeübt wird. Er gelangte schließlich zur Formel <math>p=\rho v^2 zz/6</math>, wobei <math>\rho</math> die Dichte und <math>v</math> die Geschwindigkeit der Teilchen ist. Diese Lösung ist sehr ähnlich der in der kinetischen Gastheorie bekannten Formel <math>p=\rho v^2/3</math>, die von [[Daniel Bernoulli]] 1738 gefunden wurde. Das war das erste Mal, dass die enge Verwandtschaft zwischen den beiden Theorien dargelegt wurde, und das bevor letztere überhaupt entwickelt wurde. Jedoch ist Bernoullis Wert doppelt so groß, weil Fatio für den Impuls bei der Reflexion nicht <math>2mv</math>, sondern <math>mv</math> angesetzt hat. Sein Resultat wäre daher nur bei völlig unelastischen Stößen gültig. Fatio benutzte seine Lösung nicht nur zur Erklärung der Gravitation, sondern auch, um das Verhalten der Gase zu erklären. Er konstruierte ein [[Thermometer]], das den Bewegungszustand der [[Luft]]moleküle und damit die [[Wärme]] messen sollte. Jedoch im Gegensatz zu Bernoulli ''identifizierte'' Fatio die Bewegung der Luftmoleküle nicht mit der Wärme, sondern machte ein anderes Fluid dafür verantwortlich. Es ist jedoch nicht bekannt, ob Bernoulli von Fatio beeinflusst wurde. |
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==== Unendlichkeit (Problem III) ==== |
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In diesem Abschnitt untersuchte Fatio den Begriff der [[Unendlichkeit]] im Zusammenhang mit seiner Theorie. Fatio rechtfertigte viele seiner Betrachtungen mit dem Umstand, dass verschiedene Phänomene ''unendlich kleiner und größer'' als andere sind und viele problematische Effekte der Theorie dadurch auf einen unmessbaren Wert verkleinert werden können. Beispielsweise der Durchmesser der Stäbe ist unendlich kleiner als deren Abstand zueinander; oder die Geschwindigkeit der Teilchen ist unendlich größer als die der Materie; oder der Geschwindigkeitsunterschied zwischen reflektierten und nicht reflektierten Teilchen ist unendlich klein. |
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==== Widerstand des Mediums (Problem IV) ==== |
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Dies ist der [[Mathematik|mathematisch]] anspruchsvollste Teil von Fatios Theorie. Hier versuchte er den [[Strömungswiderstand]] der Teilchenströme für bewegte Körper zu berechnen. Es sei <math>u</math> die Geschwindigkeit der Körper, <math>v</math> die Geschwindigkeit der Teilchen und <math>\rho</math> die Dichte des [[Ausbreitungsmedium]]s. Im Fall <math>v \ll u</math> und <math>\rho = \mathrm{const}</math> errechnete Fatio einen Widerstand von <math>\rho u^2</math>. Im Fall <math>v \gg u</math> und <math>\rho = \mathrm{const}</math> verhält sich der Widerstand wie <math>4/3 \rho uv</math>. Newton folgend, der aufgrund des nicht beobachteten Widerstandes in Bewegungsrichtung eine extrem geringe Dichte jeglichen Mediums forderte, verringerte Fatio die Dichte und folgerte, dies könne kompensiert werden durch Veränderung von <math>v</math> ''umgekehrt proportional zur [[Quadratwurzel]] der Dichte''. Dies folgt aus Fatios Druckformel <math>\rho v^2/6</math>. Nach Zehe war Fatios Versuch, mit Hilfe einer Erhöhung von <math>v</math> den Widerstand in Bewegungsrichtung im Verhältnis zur Gravitationskraft gering zu halten, erfolgreich, denn der Widerstand ist in Fatios Modell proportional zu <math>uv</math>, aber die Gravitationskraft ist proportional zu <math>v^2</math>. |
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=== Rezeption der Theorie === |
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[[Datei:Fatio3.jpg|hochkant=1.3|mini|B8: Unterschriften von Halley, Huygens und Newton auf Fatios Manuskript]] |
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Fatio stand in Kontakt mit einigen der berühmtesten Wissenschaftler seiner Zeit. Einige von ihnen, wie [[Edmond Halley]], [[Christiaan Huygens]] und [[Isaac Newton]], unterzeichneten sein Manuskript. |
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Zwischen Newton und Fatio bestand eine enge persönliche Beziehung zwischen 1690 und 1693, wobei Newtons Bemerkungen über Fatios Theorie sehr unterschiedlich sind. Einerseits schrieb Newton 1692 in einer Stelle seiner eigenen Kopie der Principia, die von Fatio kopiert wurde: |
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{{Zitat |
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|Text=Bei dieser Art von Hypothesen gibt es eine einzige, durch die man die Schwere erklären kann, und die hat sich als erster Hr. Fatio, ein hochbegabter Mathematiker ausgedacht. Und um sie [die Hypothese] aufstellen zu können, ist Vakuum notwendig, da die dünnen Partikeln durch geradlinige, äußerst rasche und gleichförmig fortgesetzte Bewegungen nach allen Richtungen getragen werden müssen und sie [dabei] nur dort Widerstand spüren dürfen, wo sie auf gröbere Partikeln stoßen. |
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|Autor=Isaac Newton |
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|ref=<ref group="C" name="zehe" />}} |
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Andererseits notierte [[David Gregory (Mathematiker)|David Gregory]] in seinem Tagebuch: |
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{{"|Mr. Newton und Mr. Halley lachen über Mr. Fatios Erklärung der Schwere}}<ref group="C" name="zehe" />. Dies wurde angeblich 1691 notiert. Jedoch unterscheidet sich die benutzte Tinte und Schreibfeder erheblich vom Rest des Blattes. Das legt nahe, dass der Eintrag erst später erfolgt ist. Fatio erkannte aber auch an, dass Newton eher dazu tendierte, die wahre Ursache der Gravitation im Willen Gottes zu sehen. Ab 1694 kühlte die Beziehung zwischen den beiden ab. |
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[[Christiaan Huygens]] war der Erste, der über Fatios Theorie informiert wurde, jedoch akzeptierte er sie nie und arbeitete an seiner eigenen Ätherwirbeltheorie weiter. Fatio glaubte, Huygens von der Widerspruchslosigkeit seiner Theorie überzeugt zu haben, jedoch bestritt Huygens dies in einem Brief an [[Gottfried Wilhelm Leibniz]]. Es fand auch eine kurze [[Korrespondenz]] zwischen Fatio und Leibniz statt, vor allem über mathematische Fragen, aber auch über Fatios Theorie. Leibniz kritisierte diese, weil Fatio einen leeren Raum zwischen den Teilchen voraussetzte, eine Annahme, die von Leibniz aus [[Philosophie|philosophischen]] Gründen zurückgewiesen wurde. [[Jakob I Bernoulli]] wiederum zeigte großes Interesse an Fatios Theorie und drängte ihn, diese in einem kompletten Manuskript niederzuschreiben, was auch tatsächlich von Fatio getan wurde. Bernoulli ließ davon eine Kopie anfertigen, die sich in der [[Universitätsbibliothek Basel]] befindet und die Basis für die Bopp-Edition bildet. |
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Trotz allem blieb Fatios Theorie weithin unbekannt, mit wenigen Ausnahmen wie Cramer und Le Sage, weil er nie fähig war, seine Arbeit zu veröffentlichen und er außerdem unter den Einfluss eines fanatischen Teils der [[Kamisarden]] kam und seine öffentliche Reputation dadurch vollständig verloren ging. |
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== Cramer, Redeker == |
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1731<ref group="A">Cramer (1731)</ref> veröffentlichte der [[Schweizer]] [[Mathematiker]] [[Gabriel Cramer]] eine [[Dissertation]], an deren Ende die Zusammenfassung einer Theorie erscheint, welche identisch ist mit der von Fatio (inkl. Netzstruktur, Lichtanalogie und Abschattung etc.), jedoch ohne dass dessen Name aufgeführt wird. Es war Fatio jedoch bekannt, dass Cramer Zugriff auf eine Kopie seines Manuskripts hatte, deshalb warf er ihm vor, seine Theorie nur wiederholt zu haben, ohne sie zu verstehen. Es war ebenfalls Cramer, der später Le Sage auf Fatios Theorie aufmerksam machte. 1736<ref group="A">Redeker (1736)</ref> hatte Franz Albert Redeker, ein [[deutsche]]r [[Arzt]], ebenfalls eine sehr ähnliche Theorie aufgestellt. |
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== Le Sage == |
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[[Datei:Georges-Louis Le Sage.jpg|mini|<div class="center">Georges-Louis Le Sage</div>]] |
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Die erste Ausarbeitung der Theorie, ''Essai sur l'origine des forces mortes'', wurde von Le Sage 1748 an die Akademie der Wissenschaften in Paris geschickt, jedoch abgelehnt und niemals publiziert.<ref group="C" name="notice" /> 1749, also nach Ausarbeitung seiner eigenen Gedanken, wurde er von seinem Lehrer Cramer über die Existenz der Theorie Fatios unterrichtet und 1751 erfuhr er von Redekers Theorie. 1756 wurden erstmals in einer Zeitschrift die Gedanken Le Sages veröffentlicht<ref group="A">Le Sage (1756)</ref> und 1758 sandte er mit ''Essai de Chymie Méchanique'' eine ausführlichere Variante seiner Theorie zu einem Preisausschreiben der Akademie der Wissenschaften. In dieser Arbeit versuchte er sowohl die Natur der Gravitation als auch die der chemischen Affinitäten zu erklären.<ref group="A">Le Sage (1761)</ref> Er gewann den Preis zusammen mit einem Mitbewerber und sicherte sich dadurch die Aufmerksamkeit prominenter Zeitgenossen wie [[Leonhard Euler]]. Eine deutlich erweiterte Ausgabe dieses [[Essay]] wurde 1761 in wenigen Exemplaren gedruckt. Eine für das breitere Publikum zugängliche Arbeit, ''Lucrece Neutonien'', wurde jedoch erst 1784 veröffentlicht.<ref group="A">Le Sage (1782)</ref> Die ausführlichste Zusammenstellung der Theorie, ''Physique Mécanique des Georges-Louis Le Sage'', wurde 1818 [[postum]] von [[Pierre Prevost]] veröffentlicht.<ref group="A">Le Sage (1818)</ref> |
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=== Grundkonzept === |
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Le Sage diskutierte die Theorie sehr detailliert, aber er fügte ihr nichts grundlegend neues hinzu und obwohl er in Besitz einiger Papiere Fatios war, erreichte er laut Zehe oft nicht dessen Niveau.<ref group="C" name="zehe" /> |
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* Le Sage nannte seine Gravitationsteilchen ''ultramundane Korpuskel'', weil er glaubte, dass diese von weit außerhalb des bekannten Weltraums kommen. Die Verteilung dieser Ströme ist außerordentlich isotrop und die Gesetze der Ausbreitung entsprechen denen des [[Licht]]s. |
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* Er argumentierte, dass bei vollständig elastischen Materie-Teilchen-Kollisionen keine Gravitationskraft entstehen würde. So schlug er vor, dass die Teilchen und die Bestandteile der Materie ''absolut hart'' seien, was seiner Meinung nach eine komplizierte Form der Stoßwirkung impliziert, nämlich vollständig unelastisch [[Lotrichtung|senkrecht]] zur Oberfläche normaler Materie, und vollständig elastisch [[tangential]] zur Oberfläche. Er führte weiter aus, dass die reflektierten Teilchen deshalb durchschnittlich nur noch 2/3 der Geschwindigkeit von zuvor besitzen würden. Um unelastische Stöße zwischen den Teilchen zu vermeiden, nahm er wie Fatio an, dass deren Durchmesser sehr viel kleiner als ihr gegenseitiger Abstand sei. |
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* Der Widerstand der Teilchenströme ist proportional zu ''uv'' (wo ''v'' die Geschwindigkeit der Teilchen und u die des Körpers ist), hingegen die Gravitation ist proportional zu ''v²''. Daraus ergibt sich, dass das Verhältnis Widerstand/Gravitation beliebig klein gemacht werden kann durch Erhöhung von ''v''. Er nahm für einige Zeit an, die Teilchen würden sich mit ''c'' (=[[Lichtgeschwindigkeit]]) bewegen, jedoch erhöhte er den Wert später erheblich auf ''10<sup>5</sup>·c''. |
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* Um die Proportionalität zur Masse zu erhalten, entwarf er wie Fatio eine Hypothese, in der Materie eine Käfig- oder Gitterstruktur besitzt, wobei die Gitteratome selbst nur einen Durchmesser besitzen, welcher 10<sup>7</sup> mal kleiner als ihr gegenseitiger Abstand ist. Die Gitteratome selbst sind ebenfalls durchlässig, wobei ihre Stäbe ungefähr 10<sup>20</sup> mal so lang als breit sind. Dadurch könnten die Teilchen praktisch ungehindert durchdringen. |
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* Le Sage versuchte den Abschattungsmechanismus auch zur Erklärung chemischer Effekte zu benutzen, indem er die Existenz vieler verschiedener ultramundaner Teilchenarten von verschiedener Größe postulierte (B9). |
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[[Datei:Lesage1.jpg|zentriert|mini|hochkant=1.8|<div class="center">B9: Le Sages eigene Illustration der ultramundanen Korpuskel</div>]] |
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=== Rezeption der Theorie === |
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Le Sages Ideen wurden zu seiner Zeit nicht sehr positiv aufgenommen, außer von einigen seiner gelehrten Freunde wie [[Pierre Prevost]], [[Charles Bonnet]], [[Jean-André Deluc]] und [[Simon L’Huilier]]. Diese erwähnten und beschrieben Le Sages Theorie in ihren Büchern und Artikeln, welche von ihren Zeitgenossen als sekundäre Quellen benutzt wurden – vor allem wegen des Mangels an veröffentlichten Papieren von Le Sage selbst. |
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;Euler, Daniel Bernoulli, Boscovich |
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[[Leonhard Euler]] merkte 1761 einmal an, dass Le Sages Modell ''unendlich besser'' als die Erklärungen anderer Autoren sei, und hier alle Einwände aufgelöst seien. Später meinte er jedoch, dass die Lichtanalogie keine Bedeutung für ihn habe, da er an die Wellennatur des Lichtes glaubte. Nach weiteren Betrachtungen lehnte er das Modell generell ab und schrieb 1765 an Le Sage: |
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{{Zitat |
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|Text=Je sens encore une-grande répugnance pur cos corpuscules ultra mondains, et j’aimerais toujours mieux d’avouer mon ignorance sur la cause de la gravite, que de recourir a des hypothèses étranges. |
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|Sprache=fr |
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|Autor=Leonhard Euler |
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|Übersetzung=Sie müssen mich entschuldigen, wenn ich eine große Abneigung gegen Ihre ultramundanen Korpuskel habe, und ich werde es immer vorziehen, meine Unkenntnis über die Ursache für Schwerkraft zu gestehen, als auf solch fremdartige Hypothesen zurückzugreifen. |
|||
|ref=<ref group="C">Wolf (1862)</ref>}} |
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[[Daniel Bernoulli]] war 1767 angetan von der Ähnlichkeit zwischen Le Sages Modell und seinen eigenen Gedanken zur kinetischen Theorie der Gase. Jedoch war Bernoulli selbst der Meinung, dass seine eigene Gastheorie nur Spekulation sei, wobei das in noch stärkerem Ausmaß auf Le Sages Theorie zuträfe. Wie sich allerdings im 19. Jahrhundert herausstellte, war Bernoullis Gastheorie im Prinzip korrekt. (S. 30)<ref group="C">Evans (2002)</ref> |
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[[Rugjer Josip Bošković]] erklärte 1771, dass Le Sages Theorie die erste war, welche die Gravitation tatsächlich mit mechanischen Mitteln erklären könne. Jedoch verwarf er das Modell wegen der enormen und ungenutzten Quantität ultramundaner Materie. Zusätzlich lehnte Boscovich die Existenz unmittelbarer Kontaktwirkungen ab und schlug stattdessen abstoßende und anziehende [[Nahwirkung und Fernwirkung|Fernwirkungen]] vor. [[John Playfair]] beschrieb Boscovichs Argumente so:<ref group="C" name="playfair">Playfair (1807)</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=An immense multitude of atoms, thus destined to pursue their never ending journey through the infinity of space, without changing their direction, or returning to the place from which they came, is a supposition very little countenanced by the usual economy of nature. Whence is the supply of these innumerable torrents; must it not involve a perpetual exertion of creative power, infinite both in extent and in duration? |
|||
|Sprache=en |
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|Autor=John Playfair |
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|Übersetzung=Eine immense Anzahl an Atomen, bestimmt dazu ihrer niemals endenden Reise durch die Unendlichkeit des Raumes nachzugehen, ohne ihre Richtung zu verändern, oder jemals zu ihrem Ausgangsort zurückzukehren, ist eine Annahme, die sehr geringe Übereinstimmung mit der üblichen Ökonomie der Natur hat. Wo ist die Quelle dieser unzähligen Ströme; schließt das nicht eine immer währende Ausübung von kreativer Kraft ein, unendlich sowohl in der Ausdehnung als auch der Dauer? |
|||
|ref=<ref group="C" name="playfair" />}} |
|||
;Lichtenberg, Schelling |
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[[Georg Christoph Lichtenberg]] glaubte ursprünglich wie [[René Descartes]], dass jede Erklärung der Naturphänomene auf geradliniger Bewegung und unmittelbarer Kontaktwirkung beruhen müsse, und Le Sages Theorie erfüllte diese Anforderungen.<ref group="A">Lichtenberg (2003)</ref> Er nahm Bezug zu Le Sages Theorie in seinen Vorlesungen über [[Physik]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen|Universität von Göttingen]] und schrieb 1790 über Le Sages Theorie: |
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{{Zitat |
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|Text=Ist es ein Traum, so ist es der größte und erhabenste der je ist geträumt worden, und womit wir eine Lücke in unseren Büchern ausfüllen können, die nur durch einen Traum ausgefüllt werden kann |
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|Autor=Georg Christoph Lichtenberg |
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|ref=<ref group="C" name="zehe" />}} |
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Jedoch um 1796 änderte Lichtenberg seine Meinung, nachdem er mit der Argumentation [[Immanuel Kant]]s konfrontiert wurde, welcher jeden Versuch kritisierte, Anziehung auf Abstoßung zurückzuführen. Nach Kant ist jede Form von Materie unendlich teilbar, woraus sich ergibt, dass die bloße Existenz von ''ausgedehnter'' Materie die Existenz von anziehenden Kräften erfordert, welche die einzelnen Teile zusammenhält. Diese Kraft kann jedoch nicht durch Stöße einer umgebenden Materie begründet werden, da ja die Teile dieser stoßenden Materie selbst wieder zusammengehalten werden müssten. Um diesen [[Zirkelschluss]] zu vermeiden, postulierte Kant neben einer abstoßenden Kraft die Notwendigkeit einer fundamentalen anziehenden Kraft.<ref group="A">Kant (1786)</ref> [[Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling]] wiederum lehnte Le Sages Modell wegen dessen mechanischen [[Materialismus]] ab, wogegen Schelling eine sehr [[Idealismus (Philosophie)|idealistische]] Philosophie vertrat.<ref group="A">Schelling (1797)</ref> |
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;Laplace |
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Teilweise unter Berücksichtigung von Le Sages Theorie versuchte [[Pierre-Simon Laplace]] um 1805 die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der sich ein solches Medium bewegen muss, um im Einklang mit den astronomischen Beobachtungen zu bleiben. Er errechnete, dass die [[Aberration (Gravitation)|Geschwindigkeit der Gravitation]] zumindest 100 Millionen Mal größer als die Lichtgeschwindigkeit sein müsse, um Unregelmäßigkeiten in der Mondumlaufbahn zu vermeiden. Dies war für Laplace und andere überhaupt ein Grund anzunehmen, dass die Newtonsche Gravitation auf [[Nahwirkung und Fernwirkung|Fernwirkung]] beruhe und [[Nahwirkung]]smodelle wie das von Le Sage nicht funktionieren können.<ref group="A">Laplace (1805)</ref> |
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== Kinetische Theorie == |
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Da die Theorien von Fatio, Cramer und Redeker weithin unbekannt blieben, war es Le Sages Theorie, die aufgrund der Entwicklung der [[Kinetische Gastheorie|kinetischen Gastheorie]] durch Clausius, Kelvin und Maxwell eine Neubelebung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr. |
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;Leray |
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Da Le Sages Teilchen nach den Kollisionen an Geschwindigkeit verlieren, müsste aufgrund des [[Energieerhaltungssatz]]es eine große Menge an Energie in interne Energiemodi der Körper konvertiert werden. Dieses Problem ansprechend, entwarf P. Leray 1869 eine Teilchentheorie, in welcher er annimmt, dass die absorbierte Energie von den Körpern teils zur Erzeugung von [[Wärme]], teils zur Erzeugung des [[Magnetismus]] benutzt wird. Er spekulierte, dass dies eine mögliche Antwort auf die Frage sei, woher die Energie der Sterne kommt.<ref group="A">Leray (1869)</ref> |
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;Kelvin, Tait |
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[[Datei:Lord Kelvin.gif|mini|hochkant|<div class="center">Lord Kelvin</div>]] |
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Le Sages eigenes Modell wurde vor allem durch die Arbeit von [[William Thomson, 1. Baron Kelvin|Lord Kelvin]] 1872 im Rahmen der kinetischen Gastheorie modernisiert. Nach einer Zusammenfassung der Theorie erkannte Kelvin, dass die absorbierte Energie ein sehr viel größeres Problem darstellt, als Leray glaubte. Die dabei erzeugte Wärme würde zum [[Glut (Lichtausstrahlung)|Verglühen]] jedes Körper in Sekundenbruchteilen führen. Deswegen schilderte Kelvin einen Mechanismus, welcher in abgewandelter Form bereits von Fatio 1690 entwickelt worden war. Kelvin glaubte, dass die Teilchen nach der Kollision zwar eine Einbuße ihrer [[Translation (Physik)|translatorischen]] Energiekomponente erleiden, also langsamer würden, dafür stärker [[Vibration|vibrieren]] und [[Rotation (Physik)|rotieren]]. Die getroffenen Körper würden sich nicht erhitzen, sondern die Teilchen ''selbst'' würden nach dem Stoß die Energie in Form von erhöhter Vibration und Rotation wieder mit sich forttragen. Dies ist im Zusammenhang mit Kelvins Theorie einer [[Wirbel (Strömungslehre)|Wirbelnatur]] der Materie zu verstehen. Basierend auf seiner Auslegung der Prinzipien von [[Rudolf Clausius|Clausius]], wonach das Verhältnis zwischen den 3 Energiemodi in einem Gas konstant bleibt, nahm er an, dass die Teilchen über kosmische Distanzen hinweg ihre ursprüngliche Energiekonfiguration durch Kollisionen mit anderen Teilchen wiedergewinnen würden und somit die Gravitationswirkung nicht mit der Zeit abnimmt. Kelvin glaubte, dass es deswegen möglich ist, die Teilchen als praktisch unerschöpfliche Energiequelle zu nutzen und damit eine Art [[perpetuum mobile]] zu konstruieren. Aus thermodynamischen Gründen ist eine solche Konstruktion jedoch nicht möglich und Kelvins Auslegung der Theorie von Clausius musste verworfen werden.<ref group="A">Thomson (1873)</ref> |
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Im Anschluss an Kelvin nannte [[Peter Guthrie Tait]] 1876 die Le Sage Theorie die einzig plausible Erklärung der Gravitation, welche bis dahin gefunden wurde.<ref group="A" name="tait">Tait (1876)</ref> Er sagte weiter: |
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{{Zitat |
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|Text=The most singular thing about it is that, if it be true, it will probably lead us to regard all kinds of energy as ultimately Kinetic. |
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|Sprache=en |
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|Autor=Peter Guthrie Tait |
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|Übersetzung=Das bemerkenswerteste daran [an Le Sages Theorie] ist, dass wenn sie richtig ist, sie uns möglicherweise dazu bringen wird, alle Energieformen letztendlich als kinetisch zu betrachten. |
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|ref=<ref group="A" name="tait" />}} |
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;Preston |
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[[Samuel Tolver Preston]] zeigte, dass viele der von Le Sage eingeführten Postulate für die Teilchen, wie die geradlinige Bewegung, spärliche Interaktion etc., unter der Annahme zusammengefasst werden können, dass sie sich – auf kosmischer Ebene – wie ein Gas verhalten, dessen Teilchen eine extrem große mittlere freie Weglänge besitzen. Preston akzeptierte auch Kelvins Vorschlag der internen Bewegungsmodi der Teilchen. Er veranschaulichte Kelvins Modell, indem er es mit der Kollision eines Stahlringes und eines [[Amboss]] verglich. Dieser würde nicht sonderlich beeinträchtigt werden, jedoch der Stahlring würde sehr starken Vibrationen unterworfen sein und deswegen an Geschwindigkeit verlieren. Er argumentierte, dass die mittlere freie Weglänge der Teilchen zumindest die Distanz zwischen den Planeten ausmacht. Bei größeren Distanzen könnten die Teilchen (im Sinne Kelvins) ihre ursprüngliche translatorische Bewegungsgröße durch Kollisionen mit anderen Teilchen wiedergewinnen. Deswegen war er überhaupt der Meinung, ab einer bestimmten Entfernung würde die gravitative Wirkung zwischen 2 Körpern nicht mehr auftreten, und das unabhängig von ihrer Größe.<ref group="A">Preston (1877)</ref> [[Paul Drude]] schlug 1897 vor, dass dies eine Möglichkeit wäre, den Theorien von [[Carl Gottfried Neumann]] und [[Hugo von Seeliger]], welche eine Absorption der Gravitation im leeren Raum vorschlugen, eine physikalische Grundlage zu geben.<ref group="C">Drude (1897)</ref> |
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;Maxwell |
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[[Datei:James Clerk Maxwell big.jpg|mini|hochkant|<div class="center">James Clerk Maxwell</div>]] |
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Eine Besprechung der Le-Sage-Kelvin Theorie wurde 1875 von [[James Clerk Maxwell]] in der [[Encyclopaedia Britannica]] veröffentlicht.<ref group="A" name="maxwell">Maxwell (1875)</ref> Nach der Beschreibung des grundlegenden Mechanismus schrieb er: |
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{{Zitat |
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|Text=Here, then, seems to be a path leading towards an explanation of the law of gravitation, which, if it can be shown to be in other respects consistent with facts, may turn out to be a royal road into the very arcana of science. |
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|Sprache=en |
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|Autor=James Clerk Maxwell |
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|Übersetzung=Hier scheint ein Pfad zu sein, der in Richtung einer Erklärung der Gravitation führt, welcher – wenn gezeigt werden kann, dass er auch in anderer Hinsicht konsistent mit den Fakten ist – sich als der königliche Weg in das eigentliche Geheimnis der Wissenschaft erweisen kann. |
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|ref=<ref group="A" name="maxwell" />}} |
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Dennoch verwarf er das Modell, da gemäß den Gesetzen der [[Thermodynamik]] die [[kinetische Energie]] der Körper sich derjenigen der Teilchen angleichen müsste, wobei die Energie der letzteren sehr viel größer sei als die der Moleküle der Körper. Als Ergebnis dieses Prozesses müssten die Körper in kürzester Zeit verglühen. Kelvins Lösung würde zwar das mechanische Gleichgewicht zwischen den Systemen erhalten, jedoch nicht das thermodynamische. Er schloss: |
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{{Zitat |
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|Text=We have devoted more space to this theory than it seems to deserve, because it is ingenious, and because it is the only theory of the cause of gravitation which has been so far developed as to be capable of being attacked and defended. |
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|Sprache=en |
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|Autor=James Clerk Maxwell |
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|Übersetzung=Wir haben dieser Theorie mehr Raum gewidmet als sie es zu verdienen scheint, weil sie geistreich ist und weil sie die einzige Theorie über die Ursache der Gravitation ist, die bis jetzt so weit entwickelt ist, um tauglich für Angriffe und Verteidigungen zu sein. |
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|ref=<ref group="A" name="maxwell" />}} |
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Maxwell führte weiter aus, dass die Theorie dadurch einen enormen Aufwand an externer Energie beanspruche und deswegen die Energieerhaltung als fundamentales Prinzip der Natur verletze. Preston antwortete auf Maxwells Kritik mit dem Argument, dass die kinetische Energie der einzelnen Teilchen beliebig klein gemacht werden kann, indem ihre Anzahl vergrößert wird und deswegen der Energieunterschied nicht so groß wie von Maxwell angenommen sei. Jedoch wurde diese Frage später von Poincaré detaillierter behandelt, welcher zeigte, dass das thermodynamische Problem weiterhin ungelöst blieb. |
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Fatio und Le Sage stellten sich einen Raum vor, der weitgehend isotrop von einem aus diversen [[Teilchen]] bestehenden [[Strahlungsfeld]] ausgefüllt ist. Diese bewegen sich mit konstanter, sehr hoher Geschwindigkeit geradlinig in alle möglichen Richtungen. |
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;Isenkrahe |
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[[Bild:Pushing1b.jpg|left|frame|<div class="center">B1: Isotroper Druck<br />Keine Bewegung</div>]] |
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[[Caspar Isenkrahe]] veröffentlichte sein Modell erstmals 1879, wobei bis 1915 viele weitere Schriften folgten. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern erarbeitete er eine detailliertere Anwendung der kinetischen Gastheorie im Le Sage Modell. Wie Le Sage argumentierte er, dass die Teilchen ''absolut hart'' seien und deswegen die Stöße elastisch tangential, und unelastisch senkrecht zur Oberfläche der Körper sind und erhielt den gleichen Faktor von 2/3. Jedoch war er der Meinung, dass bei den Stößen ein echter Energieverlust eintrete, und dass deswegen der Energieerhaltungssatz in diesem Bereich nicht mehr anwendbar sei, was jedoch mit den thermodynamischen Grundsätzen unvereinbar war und ist. Isenkrahe erklärte, dass die Energieverluste aufgrund der geringen Anzahl an Kollisionen vernachlässigbar seien. Er kritisierte das Kelvin-Preston-Modell, weil er keinen Grund sah, warum die reflektierten Teilchen stärker vibrieren und rotieren sollten, denn es sei schließlich genauso gut das Gegenteil möglich. Aus der Tatsache, dass nur bei enormer Porosität der Materie die Proportionalität der Gravitation zur Masse aufrechterhalten werden kann, zog er den Schluss, dass der Effekt der [[Wärmeausdehnung]] die Körper schwerer machen müsse. Das geschieht deshalb, weil bei geringerer Dichte eine gegenseitige Abschirmung der Körpermoleküle seltener ist.<ref group="A">Isenkrahe (1879)</ref> |
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Trifft nun ein Teilchen auf einen Körper, überträgt es einigen Impuls auf ihn, sodass er durch dieses ständige Bombardement einer enormen Druckwirkung ausgesetzt ist. Für einen isolierten Körper A wird der Schub aus allen Richtungen gleich ausfallen (B1). Ist jedoch ein zweiter Körper B vorhanden, wirkt dieser wie ein Schirm, d.h. aus Richtung B wird A von weniger Teilchen getroffen als von der anderen Seite, wobei das Gleiche auch umgekehrt gilt. Man könnte sagen, A und B verschatten einander (was auch die richtige Betrachtungsweise ist) und die beiden Körper werden in den (Kern)-Schatten des anderen gestoßen (B2). [[Bild:Pushing2b.jpg|right|frame|<div class="center">B2: Abschirmung<br />Körper "ziehen" sich an</div> ]] Die Theorie basiert daher nicht auf dem Konzept der [[Masse]]nanziehung, sondern gehört zur Klasse der [[Druckgravitationstheorie]]n. |
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Es muss vorab jedoch gleich angemerkt werden (wie von Fatio und Le Sage klar erkannt), dass die Teilchen-Materie-Kollisionen nicht gänzlich [[elastisch]] erfolgen dürfen, denn ansonsten würden die zwischen den Körper hin- und zurückreflektierten Teilchen den Schatteneffekt '''vollkommen aufheben'''. Die [[kinetische Energie]] der Teilchen muss daher von der Materie vollständig oder zumindest teilweise [[Absorption (Physik)|absorbiert]] werden: Nur dann überwiegt der Schub der von "außen" einströmenden gegenüber dem Schub der von den Körpern reflektierten Teilchen. <br style="clear:both;"/> |
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;Rysanek |
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=== Proportionalität zu 1/r² === |
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In einem anderen Modell entwickelte Adalbert Rysanek 1887 eine sehr sorgfältige Analyse der Phänomene, wobei er Maxwells Gesetz der Teilchengeschwindigkeiten in einem Gas berücksichtigte. Er unterschied zwischen einem Lichtäther und einer Gravitationsäther, da nach seinen Berechnungen die Abwesenheit eines Widerstands des Mediums bei der Umlaufbahn des [[Neptun (Planet)|Neptun]] eine untere Geschwindigkeit der Gravitationsteilchen von 5 · 10<sup>19</sup> cm/s erfordert. Ähnliche Argumente wurden von Bock<ref group="A">Bock (1891)</ref> vorgebracht. Wie Leray argumentierte Rysanek, dass die absorbierte Energie die Herkunft der Sonnenenergie erklären könne, wobei zusätzlich die absorbierte Energie ebenfalls an den Lichtäther weitergegeben werde könnte. Jedoch waren diese Angaben zu ungenau, um die Einwände von Maxwell zu entkräften.<ref group="A">Rysanek (1887)</ref> |
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[[Bild:Pushing5b.jpg|left|frame|<div class="center">B3: Verhältnis zu 1/r²</div> ]] |
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Betrachtet man die Richtung der Teilchen, welche auf einen Körper gestoßen sind und geschwächt wurden, ersieht man, dass deren Vorkommen auf einem bestimmten Raumabschnitt mit größere Entfernung zum Körper immer geringer wird (B3). Daraus folgt: Die Grav-Wirkung verhält sich umgekehrt zum Quadrat der Entfernung zu den jeweiligen Massen. Diese Analogie zu [[Optik|optischen]] Effekten wie die Abnahme der Lichtintensität mit 1/r² bzw. der [[Schatten]]bildung wurde schon von Fatio und Le Sage angegeben. |
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;du Bois-Reymond |
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[[Bild:Fatio.jpg|right|frame|<div class="center">B4: Fatios Pyramide</div> ]]Fatio stellte dies in Briefen an [[Christiaan Huygens]] so dar<ref name="zehe" /><ref name="fatio" />: Auf einem Körper C zeichne man die sehr kleine Fläche zz und in einiger Entfernung davon die Punkte P und Q, welche zusammen die Pyramide PCQ ergeben. In PCQ befinden sich nun a) die ungeschwächten, von außen ''nach'' zz strömenden Teilchen; und b) die teilweise geschwächten, von zz ''weg'' strömenden Teilchen. Zieht man nun von der Druckkraft der einströmenden Teilchen die Druckkraft der etwas schwächeren weg strömenen Teilchen ab, resultiert daraus ein nach zz gerichteter Strom, der alle Körper gegen C treibt. Die Teilchen des Stromes kommen sich in Richtung zz immer näher, sodass sich dessen Dichte und somit die Druckkraft des Stromes umgekehrt zum Quadrat der Entfernung zu zz verhält. Und da um den Körper prinzipiell unendlich viele solcher Pyramiden konstruiert werden können, gilt obiges daher für den ganzen Körper. |
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1888 argumentierte [[Paul du Bois-Reymond]] gegen die Le-Sage-Theorie, dass um eine ''exakte'' Massenproportionalität wie in Newtons Modell zu erreichen (was eine unendlich große Durchdringbarkeit voraussetzt), der Druck der Teilchen ebenfalls unendlich groß sein muss. Er berücksichtigte zwar das Argument, dass die Massenproportionalität für sehr große Massen keinesfalls experimentell bestätigt sei, jedoch sah er keinen Grund, die bewährte newtonsche Fernwirkung aufgrund einer bloßen Hypothese aufzugeben. Er führte (wie andere vor ihm) aus, dass unmittelbare Stoßwirkungen selbst völlig unerklärlich seien und im Grund ebenfalls auf Fernwirkungen beruhen. Das Hauptbestreben einer solchen Theorie, alle Fernwirkungen auszuschließen, sei somit nicht verwirklichbar.<ref group="A">Bois-Reymond (1888)</ref> |
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== Wellen == |
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=== Proportionalität zur Masse === |
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Neben der kinetischen Gastheorie wurden auch die im 19. Jahrhundert verwendeten Konzepte von Wellen im [[Äther (Physik)|Äther]] zur Konstruktion ähnlicher Modelle benutzt. Danach wurde versucht, Le Sages Teilchen durch [[elektromagnetische Welle]]n zu ersetzen. Dies geschah in Verbindung mit der Elektronentheorie jener Zeit, in welcher die [[elektrisch]]e Natur der gesamten Materie angenommen wurde. |
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==== a) Durchdringbarkeit ==== |
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;Keller, Boisbaudran |
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Aus dem bisher dargelegten ergibt sich vorerst nur eine Kraft, die proportional der Oberfläche wirkt, wie erreicht man nach ihr aber die für die Gravitation geltende [[Träge Masse|Massenproportionalität]]? Hier hatten Fatio und Le Sage folgende Ideen: |
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1863 veröffentlichten F. und E. Keller eine Gravitationstheorie, in welcher sie einen Le-Sage-Mechanismus in Verbindung mit [[Longitudinalwelle]]n des Äthers entwarfen. Sie nahmen an, dass diese Wellen sich in alle Richtungen ausbreiten und einigen Impuls nach dem Aufschlag auf die Körper verlieren würden, so dass zwischen den Körpern der Druck etwas geringer ausfällt, als von den Außenseiten.<ref group="A">Keller (1863)</ref> 1869 erstellte Lecoq de Boisbaudran praktisch dasselbe Modell wie Leray (Wärme, Magnetismus), jedoch ersetzte er wie Keller die Teilchen durch Longitudinalwellen.<ref group="A">Boisbaudran (1869)</ref> |
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# Die bekannte [[Materie]] besteht größtenteils aus leerem Raum. |
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# Die als sehr klein angenommenen Teilchen können die Körper folglich mühelos durchdringen. D.h. die Teilchen durchdringen die Körper, werden teilweise abgeschirmt bzw. absorbiert und treten deshalb geschwächt wieder hinaus. |
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;Lorentz |
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[[Bild:Pushing3b.jpg|left|frame|<div class="center">B5: Durchdringung und Schwächung</div> ]] |
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[[Datei:Hendrik Antoon Lorentz, in 1916 geschilderd door Menso Kamelingh Onnes.jpg|mini|hochkant|Hendrik Antoon Lorentz]] |
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Das Ergebnis (B5): Die beider Körper verschatten einander und es ergibt sich ein analoges Bild zu B2. Dadurch erhält man eine Abhängigkeit von der [[Dichte]] und erreicht bei Annahme entsprechender Durchdringungsfähigkeit zumindest innerhalb einer bestimmten Messgenauigkeit eine der Masse proportionale Schattenwirkung der Körper. Bei diesen beiden Annahmen handelt es sich nun um Vorhersagen über die Struktur der Materie, welche von der Forschung tatsächlich bestätigt wurden: Denn "normale" Materie besteht (abgesehen von den Feldern) tatsächlich mehr oder weniger aus leerem Raum, und somit können kleine, wechselwirkungsarme Teilchen wie [[Neutrino]]s z. B. den [[Erde (Planet)|Erdball]] mühelos durchdringen. |
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[[Hendrik Antoon Lorentz]] versuchte 1900 die Gravitation mit seiner [[Lorentzsche Äthertheorie|Lorentz-Äthertheorie]] zu vereinbaren. Dabei vermerkte er, dass Le Sages Teilchentheorie nicht mit ihr verträglich sei. Jedoch führte die Entdeckung, dass elektromagnetische Wellen eine Art [[Strahlungsdruck]] erzeugen, und in Form von [[Röntgenstrahlung|Röntgenstrahlen]] Materie relativ einfach durchdringen können, Lorentz auf den Gedanken, die Teilchen durch extrem hochfrequente EM-Strahlen zu ersetzen. Er konnte tatsächlich zeigen, dass durch Abschattung eine anziehende Kraft zwischen geladenen Teilchen (welche als Grundbausteine der Materie aufgefasst wurden) entsteht. Das geschieht allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die ''gesamte'' Strahlungsenergie absorbiert wird. Das war dasselbe fundamentale Problem wie in den Teilchenmodellen. Deswegen verwarf er das Modell und wie er weiter ausführte, wären auch Bahninstabilitäten aufgrund der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen zu erwarten.<ref group="A">Lorentz (1900)</ref> |
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<br style="clear:both;"/> |
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Auf das Thema zurückkommend diskutierte Lorentz 1922 die Erkenntnisse von [[Martin Knudsen]] über das Verhalten von Gasen mit sehr hoher freier Weglänge, welche eine Zusammenfassung sowohl von Le Sages Teilchentheorie als auch seiner eigenen elektromagnetischen Variante folgte. Er wiederholte jedoch seinen Schluss aus 1900: Ohne Absorption gibt es keine Gravitation in dieser Theorie.<ref group="A">Lorentz (1922)</ref> |
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==== b) Gleicher Fall der Körper ==== |
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;J.J. Thomson |
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Le Sage schrieb (nach Aronson)<ref name="aronson" />: |
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1904<ref group="A">Thomson (1911)</ref> zog [[Joseph John Thomson]] ein Le-Sage-Modell auf EM-Basis in Betracht, in dem die Strahlung weit durchdringender als gewöhnliche Röntgenstrahlung ist. Er argumentierte, dass die von Maxwell angeführte Erwärmung vermieden werden kann, wenn angenommen wird, dass die absorbierte Strahlung nicht in Wärme verwandelt, sondern als sekundäre Strahlung von noch viel größerer Durchdringungsfähigkeit re-emittiert wird. Er bemerkte, dass dieser Prozess erklären könnte, woher die Energie der radioaktiven Substanzen kommt. Jedoch meinte er, eine interne Ursache für die [[Radioaktivität]] sei sehr viel wahrscheinlicher. 1911 kam Thomson auf dieses Thema zurück und erklärte, dass diese sekundäre Strahlung sehr ähnlich dem Effekt sei, den elektrisch geladene Teilchen bei der Durchdringung von normaler Materie verursachen, wobei als Sekundärprozess Röntgenstrahlen erzeugt werden.<ref group="A" name="thomson">Thomson (1911)</ref> Er schrieb: |
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:''"Die Teilchen, welche einen Körper in Richtung des anderen stoßen, sind genau diejenigen, deren Gegenpart vom anderen Körper aufgehalten wurden. Umgekehrt sind es genau die Entgegengerichteten, welche den zweiten Körper Richtung des ersten stoßen, somit sind die auf die Körper ausgeübten Kräfte gleich, unabhängig von der Ungleichheit ihrer Massen und dem Unterschied ihrer Formen."'' |
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Um das am gleich schnellen Fall aller Körper zu veranschaulichen: Gegeben seien die Körper A1 und A2, wobei A1 die doppelte Masse besitzt wie A2. Um beide Körper zeichne man eine sphärische Fläche, die von den geradlinig von außen einströmenden Teilchen passiert werden muss, damit sie A1 bzw. A2 treffen und durchqueren können, wobei die Pfeile nur die Teilchen repräsentieren welche auch '''tatsächlich''' auf Atome von A1 und A2 stoßen werden. Sagen wir, sowohl links als auch rechts schlagen bei A1 jeweils 100 Teilchen ein - bei A2 ergibt sich aufgrund der halben Masse somit ein Wert von jeweils 50. <br /> |
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Innerhalb der beiden Sphären platziere man jeweils einen Körper B, der 50% aller Teilchen abschirmt. Auf der linken Seite von A1 treffen nun 100 Teilchen, auf der rechten Seite wegen der 50%igen Abschirmungswirkung nur mehr 50 Teilchen - A1 wird in den Schatten von B getrieben. Bei A2 ergibt sich ein Verhältnis von links: 50 zu rechts 25 - auch hier fällt A2 in den B-Schatten, jedoch nur mehr mit der '''halben''' Intensität, d.h. das Verhältnis von 2:1 bleibt in beiden Situationen völlig gleich. Größere Massen werden von B tatsächlich mit größerer Intensität "angezogen" als kleinere Massen - folglich fallen sie gleich schnell. |
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[[Bild:Pushing7b.jpg|center|frame|<div class="center">B6: Gleicher Fall der Körper</div> ]] |
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{{Zitat |
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=== Wellen statt Teilchen === |
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|Text=It is a very interesting result of recent discoveries that the machinery which Le Sage introduced for the purpose of his theory has a very close analogy with things for which we have now direct experimental evidence […] Röntgen rays, however, when absorbed do not, as far as we know, give rise to more penetrating Rontgen rays as they should to explain attraction, but either to less penetrating rays or to rays of the same kind. |
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|Sprache=en |
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|Autor=Joseph John Thomson |
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|Übersetzung=Es ist ein sehr interessantes Resultat jüngster Entdeckungen, dass die von Le Sage im Dienste seiner Theorie eingeführte Maschinerie eine sehr enge Analogie mit Dingen besitzt, für welche wir jetzt direkte experimentelle Gewissheit haben […] Röntgenstrahlen verursachen jedoch nicht die Entstehung von noch durchdringenderen Röntgenstrahlen, wie sie zur Erzeugung der Anziehung notwendig sind, sondern es entstehen gleiche oder weniger durchdringende Strahlen. |
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|ref=<ref group="A" name="thomson" />}} |
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;Tommasina, Brush |
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Wie Maxwell und [[Bartholi]] herleiteten, übermitteln EM-Wellen, welche auf einen Körper treffen einigen Impuls auf ihn - ein Phänomen, welches als [[Strahlungsdruck|Lichtdruck]] bekannt ist. Einige Abwandlungen von Le Sages' Theorie, die u.a. auf [[Hendrik Lorentz]] basieren, ersetzen dem folgend die Teilchen durch hochfrequente [[elektromagnetische Welle]]n <ref name="aronson" />. Dies wurde deshalb angenommen, da zum damaligen Zeitpunkt die Röntgenstrahlen entdeckt wurden, welche ebenso wie Le Sages Korpuskel, eine beträchtliche Durchdringungsfähigkeit besitzen. Im Gegensatz zu Lorentz ging z. B. [[Charles Brush]]<ref>Brush, C.F. (1911). A kinetic theory of gravitation, Nature 86, 130-132</ref> jedoch von extrem großen Wellenlängen der Strahlung aus (Analog zu [[Radiowellen]], welche ebenfalls sehr durchdringend sind). |
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Im Gegensatz zu Lorentz und Thomson verwendete Thomas Tommasina um 1903<ref group="A">Tommasina (1928)</ref> Wellen mit sehr großer Wellenlänge, kleine Wellenlängen benutzte er zur Erklärung chemischer Effekte. 1911<ref group="A">Brush (1911)</ref> schlug [[Charles Francis Brush]] ebenfalls ein Modell mit Wellen großer Wellenlänge vor, jedoch änderte er später seine Meinung und zog Wellen mit extrem hoher Frequenz vor. |
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== Weitere Einschätzungen == |
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Prinzipiell unterscheiden sich, wie Poincaré anmerkte<ref name="poincare" />, die EM-Feld-Varianten nicht sonderlich von den Teilchentheorien - sie wurde jedoch z. B. von Lorentz in Betracht gezogen, um im Rahmen seiner [[Elektronen]]theorie auch die Gravitation als EM-Phänomen zu erklären. Lorentz verwarf die Theorie jedoch bald - siehe dazu folgenden Abschnitt. |
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=== G. H. Darwin === |
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1905 berechnete [[George Howard Darwin]] die Gravitationskraft zwischen zwei Körpern bei extrem geringen Abständen, um zu sehen, ob bei einem Le-Sage-Modell Abweichungen gegenüber dem Gravitationsgesetz auftreten. Er kam zu dem gleichen Schluss wie Lorentz, dass die Stöße völlig unelastisch sein müssen und im Gegensatz zur Annahme von Le Sage nicht nur bei senkrechter Einstrahlung, sondern auch bei Einstrahlung tangential zur Materieoberfläche. Dies geht einher mit einer Verschärfung der thermischen Problematik. Zusätzlich muss angenommen werden, dass alle elementaren Bestandteile der Materie von derselben Größe sind. Er führte weiter aus, dass die Emission von Licht und damit zusammenhängend der Strahlungsdruck eine genaue Entsprechung des Le Sage Modells darstelle. Ein Körper mit unterschiedlicher Oberflächentemperatur wird sich in Richtung des kälteren Teiles bewegen.<ref group="A">Darwin (1905)</ref> Später schließlich sagte er, dass er die Theorie ernsthaft in Betracht gezogen habe, aber er selbst werde sich nicht weiter mit ihr beschäftigen. Er glaubte nicht, dass irgendein Wissenschaftler sie als den richtigen Weg zu einer Erklärung der Gravitation akzeptiert.<ref group="A">Darwin (1916)</ref> |
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=== Poincaré === |
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== Untersuchungen und Kritik der Theorie == |
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[[Datei:Poincare.jpg|mini|Henri Poincaré]] |
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Teilweise auf den Berechnungen Darwins basierend, veröffentlichte [[Henri Poincaré]] 1908 eine ausführliche Kritik. Er folgerte, dass die Anziehung in einem solchen Modell proportional zu <math>S\sqrt{\rho}v</math> sei, wo ''S'' die Oberfläche aller Moleküle der Erde, ''v'' die Geschwindigkeit der Teilchen und ''ρ'' die Dichte des Mediums ist. Laplace folgend meinte er, dass um die Massenproportionalität zu wahren, die obere Grenze für ''S'' maximal der zehnmillionste Teil der Erdoberfläche ist. Er erklärte, dass der Widerstand proportional zu ''Sρv'' ist und somit das Verhältnis von Widerstand und Anziehung umgekehrt proportional zu ''Sv'' ist. Um den Widerstand im Verhältnis zu Anziehung möglichst gering zu halten, errechnete Poincaré als untere Grenze für die Geschwindigkeit der Teilchen den enormen Wert von ''v''=24·10<sup>17</sup>·''c'' aus, wobei ''c'' die Lichtgeschwindigkeit ist. Da jetzt untere Grenzen für ''Sv'' und ''v'' bekannt sind und auch eine obere Grenze für ''S'' feststeht, kann man daraus die Dichte und somit die Wärme berechnen, welche proportional zu ''Sρv<sup>3</sup>'' ist. Diese reicht aus, um die Erde in jeder Sekunde um 10<sup>26</sup> °C zu erhitzen. Poincaré vermerkte trocken, dass ''„die Erde einen solchen Zustand offenbar nicht lange ertragen würde“''. Poincaré analysierte auch einige Wellenmodelle (Tommasina und Lorentz) und merkte an, dass diese dieselben Probleme wie die Teilchenmodelle haben (enorme Wellengeschwindigkeit, Erwärmung). Nach der Schilderung des auch von Thomson vorgeschlagenen Modells der Re-emission sekundärer Wellen, meinte Poincaré: ''„Zu solch komplizierten Hypothesen wird man genötigt, wenn man die Theorie von Le Sage gangbar machen will.“'' |
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Er fügte an, dass bei vollständiger Absorption im Rahmen des Modells von Lorentz die Erdtemperatur um 10<sup>13</sup> °C pro Sekunde ansteigen würde. Poincaré untersuchte Le Sages Modell auch im Zusammenhang mit dem [[Relativitätsprinzip]], wo die Lichtgeschwindigkeit eine unüberschreitbare Grenzgeschwindigkeit darstellt. Bei der Teilchentheorie merkte er deshalb an, dass es schwierig sei, ein mit dem neuen Relativitätsprinzip zu vereinbarendes Stoßgesetz aufzustellen.<ref group="A">Poincaré (1908)</ref> |
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Diese Theorie hat zu allen Zeiten namhafte Physiker dazu veranlasst, sich mit ihr zu beschäftigen oder sie zu kritisieren. Der erste in dieser Reihe war [[Pierre-Simon Laplace]]. Dieser formulierte seine Kritik in mehreren Briefwechseln mit Le Sage<ref>Evans, J.C. (2002). "Gravity in the century of light: sources, construction and reception of Le Sage's theory of gravitation", in Pushing Gravity: pp. 9-40</ref>. Es folgten u.a. [[James Clerk Maxwell]], [[Henri Poincaré]]. Im folgenden soll auf die Kritik im 18. und 19. Jhd. eingegangen werden, wobei besonders die thermodynamischen Probleme entscheidend waren. |
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=== |
=== David Hilbert === |
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1913 untersuchte [[David Hilbert]] in seinen Vorlesungen für Physik sowohl Le Sages und vor allem Lorentz’ Theorie. Er führte dabei an, dass dessen Theorie nicht funktioniere, da z. B. das Abstandsgesetz nicht mehr gültig sei, wenn der Abstand zwischen den Atomen groß genug im Vergleich zu ihrer Wellenlänge ist. Jedoch [[Erwin Madelung]], ein Kollege Hilberts an der Universität Göttingen, benutzte das lorentzsche Schema zu Erklärung der molekularen Kräfte. Hilbert stufte Madelungs mathematisches Modell als sehr interessant ein, obwohl einige Aussagen nicht experimentell überprüfbar seien.<ref group="C">Corry (1999)</ref> |
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=== Richard Feynman === |
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* '''Bremskraft''' |
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1964 untersuchte [[Richard Feynman]] ebenfalls ein solches Modell, vor allem um herauszufinden, ob es möglich ist, einen Mechanismus für Gravitation ohne den Einsatz komplexer Mathematik zu finden. Jedoch nach Berechnung des Widerstandes, den die Körper in diesem Teilchenmeer erfahren müssen, gab er seine Bemühungen aus denselben Gründen auf (inakzeptable Geschwindigkeit), wie sie vorher geschildert wurden.<ref group="B" name="feynman">Feynman (1964)</ref> Er schloss: |
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{{Zitat |
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Nach Laplace muss ein sich in einem solchen Medium bewegende Körper durch Reibung eine [[Bremswirkung]] erfahren, so wie auch die Hand einen Widerstand erfährt, wenn man sie durch Wasser führt. Sollten dies Teilchen also überhaupt eine Wirkung auf Materie ausüben, dann müsste auch die Erde diesen Widerstand bei ihren Bewegungen um die Sonne spüren. Dies würde zu einer Abbremsung und einer kontinuierlichen ''Verkleinerung'' der [[Umlaufbahn]] führen. Fatio, Le Sage als auch Kelvin zeigten, dass der Widerstand in Bewegungsrichtung in erster Linie vom Verhältnis der Geschwindigkeit der Teilchen und der Materie untereinander abhängig ist. Dieses Problem könnte daher minimiert werden, wenn sich die Teilchen mit mindestens 10<sup>13</sup>''c'' (also weit höher als [[Lichtgeschwindigkeit]]) bewegen würden. |
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|Text=‘Well’, you say, ‘it was a good one, and I got rid of the mathematics for awhile. Maybe I could invent a better one’. Maybe you can, because nobody knows the ultimate. But up to today, from the time of Newton, no one has invented another theoretical description of the mathematical machinery behind this law which does not either say the same thing over again, or make the mathematics harder, or predict some wrong phenomena. So there is no model of the theory of gravitation today, other than the mathematical form. |
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|Sprache=en |
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|Übersetzung=›Gut‹, wirst du sagen, ›es war ein gutes Modell, und ich wurde die Mathematik für eine Weile los. Vielleicht könnte ich ein besseres Modell finden‹. Vielleicht kannst du das, weil niemand alles weiß. Aber von der Zeit Newtons bis jetzt hat keiner eine andere theoretische Beschreibung der mathematischen Maschinerie hinter diesem Gesetz gegeben, welche nicht entweder dieselbe Sache immer nur wiederholt, die Mathematik schwerer gemacht oder einige falsche Phänomene vorausgesagt hat. So gibt es bis heute kein anderes Modell der Gravitationstheorie als in der mathematischen Form.}} |
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== Voraussagen und Kritik == |
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* '''Gravitative Aberration''' |
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=== Materie und Teilchen === |
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;Porosität der Materie |
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Eine grundlegende Vorhersage der Theorie ist die extreme [[Porosität]] der Materie. Wie bereits geschildert, muss Materie großteils aus leerem Raum bestehen, so dass die Teilchen nahezu ungehindert durchdringen können und so alle Bestandteile des Körpers gleichmäßig an der gravitativen Wechselwirkung teilnehmen. Diese Voraussage wurde (in gewisser Weise) im Laufe der Zeit bestätigt. Tatsächlich besteht Materie größtenteils aus leerem Raum (abgesehen von den Feldern) und bestimmte Teilchen wie [[Neutrino]]s können nahezu ungehindert durchdringen. Jedoch die Vorstellung der elementaren Bestandteile der Materie als klassische Entitäten, deren Wechselwirkungen durch direkten Kontakt erfolgen und abhängig sind von deren Form und Größe (zumindest wie das von Fatio bis Poincaré dargestellt wurde), entspricht nicht der Darstellung von [[Elementarteilchen]] in modernen [[Quantenfeldtheorie]]n. |
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;Hintergrundstrahlung |
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Das Problem der [[Aberration (Gravitation)|gravitativen Aberration]] betrifft bestimmte Gravitationstheorien mit endlicher Ausbreitungsgeschwindigkeit des Gravitationsfeldes - und ist eng mit der [[Aberration (Astronomie)|Aberration des Lichts]] verwandt. Bewegt sich die Sonne, verändert sich auch das Gravitationsfeld - diese Veränderung erreicht die Erde bei einer angenommenen Gravitationsgeschwindigkeit von ''c'' jedoch erst nach 8 Minuten - zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Sonne bereits auf einer anderen Position. Diese Diskrepanz zwischen aktueller und scheinbarer Position führt zu einer zusätzlichen Beschleunigung der Erde, welcher zu einer kontinuierlichen ''Vergrößerung'' der Umlaufbahn führt. Nach Laplace würde dieses Problem erst dadurch minimiert, wenn sich die Teilchen mit mindestens 10<sup>10</sup>''c'' bewegen würden. Siehe dazu auch Carlip<ref name="carlip">Carlip, S. [http://www.arxiv.org/pdf/gr-qc/9909087 Aberration and the Speed of Gravity], Pys. Lett. A 267, pp. 81-87, 2000.</ref> und weiter unten den den Abschnitt "Neuere Entwicklungen". |
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Jedes Fatio/Le Sage Modell postuliert die Existenz eines den Raum erfüllenden, [[isotrop]]en [[Fluid]]s oder einer [[Strahlung]] von enormer Intensität und Durchdringungsfähigkeit. Dies hat einige Ähnlichkeit mit der [[Kosmischer Mikrowellenhintergrund|Hintergrundstrahlung]] vor allem in Form des Mikrowellen-Hintergrundes (CMBR). Das CMBR ist tatsächlich eine den Raum erfüllende, isotrope Strahlung, jedoch ist ihre Intensität viel zu gering, genauso wie ihre Durchdringungsfähigkeit. Andererseits besitzen zwar [[Neutrino]]s die nötige Durchdringungsfähigkeit, jedoch ist diese Strahlung nicht isotrop (da einzelne Sterne die Hauptquellen der Neutrinos sind) und ihre Intensität ist noch geringer als die des CMBR. Zusätzlich breiten sich beide Strahlungsarten nicht mit [[Überlichtgeschwindigkeit]] aus, was zumindest nach obigen Berechnungen eine weitere Voraussetzung ist. Von einem modernen Standpunkt aus, und nicht im Zusammenhang mit Fatios Modell, wurde die Möglichkeit von Neutrinos als Überträgerteilchen in einer [[Quantengravitation]] von Feynman in Betracht gezogen und widerlegt.<ref group="B">Feynman (1995)</ref> |
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=== Abschirmung === |
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* '''Gleichheit von Träger und Schwerer Masse - Äquivalenzprinzip''' |
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[[Datei:Pushing6.svg|mini|<div style="text-align:center">B10: Abschirmung der Gravitation</div>]] |
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Dieser Effekt hängt eng mit der vorausgesetzten Porosität und Durchdringbarkeit der Materie zusammen, welche notwendig ist, um die Proportionalität zur Masse aufrechtzuerhalten. Um das genauer auszuführen: Diejenigen Atome, welche nicht mehr von den Teilchen getroffen werden, würden keinen Anteil an der Abschirmung und somit der schweren Masse des Körpers mehr haben (B10, oben). Dieser Effekt kann jedoch durch entsprechende Erhöhung der Porosität der Materie, d. h. durch die Verkleinerung ihrer Bestandteile, beliebig minimiert werden. Somit wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese Bestandteile genau auf einer Linie liegen und sich gegenseitig abschirmen, reduziert (B10, unten). Ganz lässt sich dieser Effekt jedoch nicht ausschalten, denn um eine ''vollständige'' Durchdringbarkeit zu erreichen, dürften die Bestandteile der Materie überhaupt nicht mehr mit den Teilchen wechselwirken, was aber auch das Verschwinden jeglicher Gravitation zur Folge hätte. Das bedeutet, ab einer bestimmten Grenze müsste eine Differenz zwischen träger und schwerer Masse, also eine Abweichung vom [[Äquivalenzprinzip (Physik)|Äquivalenzprinzip]], zu beobachten sein. |
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Jegliche [[Abschirmung (Gravitation)|Abschirmung der Gravitation]] ist also eine Verletzung des Äquivalenzprinzips und folglich unvereinbar mit dem [[Newtonsches Gravitationsgesetz|Gravitationsgesetz]] Newtons als auch der [[Allgemeine Relativitätstheorie|Allgemeinen Relativitätstheorie (ART)]] Einsteins. Bislang wurde jedoch keine Abschirmung der Gravitation beobachtet.<ref group="C">Bertolami (2006)</ref> Für mehr Informationen über den Zusammenhang Le Sage und Abschirmung der Gravitation, siehe Martins.<ref group="C">Martins (1999)</ref><ref group="C">Martins (2002)</ref> |
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Wie Laplace anführt, könnten ab einer bestimmten Größe einer Masse die Teilchen diesen nicht mehr gleichmäßig bzw. vollständig durchdringen - diejenigen [[Atom]]e, welche nicht mehr von den Teilchen getroffen werden, würden keinen Anteil an der Abschirmung und somit der schweren Masse des Körpers mehr haben: d.h. ab einer bestimmen Masse müsste im Gegensatz zu Newton eine Differenz zwischen träger und schwerer Masse, also eine Abweichung vom [[Äquivalenzprinzip (Physik)|Äquivalenzprinzip]], zu beobachten sein. Dieses Problem wurde von Fatio und Le Sage insofern berücksichtigt, indem sie zeigten, dass sowohl die Größe sowohl der Teilchen als auch der Bausteine der Materie beliebig reduziert werden können. Dadurch könne die Durchdringungsfähigkeit beliebig erhöht und diese Effekte jederzeit innerhalb der jeweiligen Grenzen der Messgenauigkeit minimiert werden. Siehe dazu auch den Abschnitt "Neuere Entwicklungen". |
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Bezüglich Isenkrahes Vorschlag einer Verbindung zwischen [[Dichte]], [[Temperatur]] und [[Gewichtskraft]]: Da seine Argumentation auf der Änderung der Dichte beruht, und die Temperatur bei konstanter Dichte gesenkt und erhöht werden kann, impliziert Isenkrahes Theorie keinen grundlegenden Zusammenhang zwischen Temperatur und Gewicht. (Es existiert zwar tatsächlich ein solcher Zusammenhang, jedoch nicht im Sinne von Isenkrahe. Siehe Abschnitt ''Wechselwirkung mit Energie''). Auch die Voraussage einer Beziehung zwischen Dichte und Gewichtskraft konnte experimentell nicht bestätigt werden. |
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* '''Reichweite der Gravitation''' |
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=== Geschwindigkeit === |
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Fatio, Le Sage und Kelvin erkannten, dass diese Theorie für sehr große Massen vom [[Abstandsgesetz]] abweicht, das die Abnahme der Gravitation mit dem Quadrat ihrer Entfernung fordert. Das deswegen, weil die Schattenwirkung nur dann exakt nach 1/r² gilt, wenn die Teilchen keine Wechselwirkung untereinander ausüben - d.h. das Abstandsgesetz ist abhängig von der mittleren freien Weglänge der Teilchen. Kollidieren sie jedoch miteinander, "verwischt" sich der Schatten bei größerer Entfernung. Deswegen postulierten Le Sage und andere, dass die Teilchen jederzeit beliebig klein definiert werden könnten, wodurch sie sich trotz großer Anzahl nur sehr selten begegnen würden - dadurch wäre dieser Effekt minimiert. |
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;Widerstand |
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Eines der Hauptprobleme der Theorie ist, dass ein Körper, der sich relativ zu dem [[Bezugssystem]] bewegt, in dem die Geschwindigkeit der Teilchen in alle Richtungen gleich ist, einen [[Strömungswiderstand|Widerstand]] in Bewegungsrichtung spüren müsste. Das liegt daran, dass die Geschwindigkeit der auf den Körper auftreffenden Teilchen in Bewegungsrichtung größer ist. Analog dazu ist der [[Doppler-Effekt]] bei Wellenmodellen zu beachten. Dieser Widerstand führt zu einer stetigen Verkleinerung der [[Umlaufbahn]] um die Sonne und ist (nach Fatio, Le Sage und Poincaré) proportional zu ''uv'', wo ''u'' die Geschwindigkeit des Körpers und ''v'' die der Teilchen ist. Andererseits ist die Gravitationskraft proportional zu ''v²'', woraus sich ergibt, dass das Verhältnis von Widerstand zur Gravitationskraft proportional zu ''u/v'' ist. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit ''u'' kann der effektive Widerstand also durch Erhöhung von ''v'' beliebig klein gemacht werden. Wie von Poincaré errechnet, muss ''v'' mindestens 24·10<sup>17</sup>·c betragen, also sehr viel größer als die [[Lichtgeschwindigkeit]] sein. Das macht die Theorie unvereinbar mit der Mechanik der [[Spezielle Relativitätstheorie|Speziellen Relativitätstheorie]], in welcher keine Teilchen (oder Wellen) sich schneller als Licht ausbreiten können, denn aufgrund der [[Relativität der Gleichzeitigkeit]] käme es je nach Bezugssystem zu Kausalitätsverletzungen. Selbst wenn superluminale Geschwindigkeiten möglich wären, würde das wieder zu einer enormen Wärmeproduktion führen – siehe unten. |
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;Aberration |
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=== Thermodynamik: === |
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Ein ebenfalls von der Teilchengeschwindigkeit abhängiger Effekt ist die [[Aberration (Gravitation)|Aberration der Gravitation]]. Aufgrund der endlichen Geschwindigkeit der Gravitation kommt es zu Zeitverzögerungen bei der Wechselwirkung der Himmelskörper, welche im Gegensatz zum Widerstand zu einer stetigen ''Vergrößerung'' der Umlaufbahnen führen. Auch hier muss eine größere Geschwindigkeit als die des Lichts angenommen werden. Während Laplace noch eine untere Grenze von 10<sup>7</sup>·c angab, ergaben neuere Beobachtungen eine untere Grenze von 10<sup>10</sup>·c.<ref group="B">Carlip (1999)</ref> Es ist nicht bekannt, ob im Le-Sage-Modell ebenfalls Effekte wie in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|ART]] auftreten, welche diese Form der Aberration kompensieren. |
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=== Reichweite === |
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Wie oben gezeigt wurde, entsteht nur dann ein Schatten, wenn zumindest ein Mindestmaß von Absorption stattfindet bzw. die Stöße nicht völlig elastisch sind. Dies führt aber bei Einbeziehung der Gesetze der [[Thermodynamik]] und damit zusammenhängend des [[Energieerhaltungssatz]]es zu ernsten Problemen - welche von Fatio und Le Sage zu ihrem Zeitpunkt nicht berücksichtigt werde konnten, da diese Erhaltungssätze damals noch nicht bekannt waren. [[William Thomson, 1. Baron Kelvin|Kelvin]]<ref name="kelvin" /> erkannte nämlich, dass die Materie bei unelastischen Stößen durch dieses Teilchenbombardemand innerhalb von Millisekunden verdampfen würde. Er schlug folgenden Ausweg vor: |
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Die Schattenwirkung gilt nur dann exakt nach 1/r², wenn keine Wechselwirkung der Teilchen untereinander auftritt – d. h., das Abstandsgesetz ist abhängig von der mittleren freien Weglänge der Teilchen. Kollidieren sie jedoch miteinander, „verwischt“ sich der Schatten bei größerer Entfernung. Dieser Effekt ist abhängig von dem jeweils vertretenen Modell und den dabei angenommenen internen Energiemodi der Teilchen oder Wellen. Um diesem Problem generell auszuweichen, postulierten Kelvin und andere, dass die Teilchen jederzeit beliebig klein definiert werden könnten, wodurch sie sich trotz großer Anzahl nur sehr selten begegnen würden – dadurch wäre dieser Effekt minimiert. Das Vorhandensein von großräumigen Strukturen im Universum wie [[Galaxienhaufen]] spricht jedenfalls für eine Reichweite der Gravitation über zumindest mehrere Millionen Lichtjahre hinweg. |
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=== Energie === |
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Er nahm an, dass die Zusammenstöße zwischen Teilchen und Materie völlig elastisch seien. Das erscheint vorerst widersinnig, denn dann würde keinerlei Abschirmung und somit keine Gravitation entstehen. Dies versuchte Kelvin zu umgehen, indem er von der durch ihn mitentwickelten [[Kinetische Gastheorie|kinetischen Gastheorie]] ausgehend, den Le Sage-Teilchen 3 Bewegungs-Modi zuschrieb: [[Translation]], [[Vibration]] und [[Rotation]]. Die Teilchen würden nach dem Zusammenstoß mit der Materie etwas von ihrer translatorischen Bewegung '''verlieren''' und rotieren bzw. vibrieren dafür stärker, ihre Gesamtenergie bleibt also erhalten - und somit würde keine Energie auf die Materie übertragen. Da die Translation nun für den Druck entscheidend ist, ergibt sich automatisch die benötigte Schattenwirkung. Bei Kollisionen der Teilchen untereinander könnte nach Kelvin der translatorische Anteil wiederhergestellt werden, wodurch '''insgesamt''' die Stärke des Le-Sage-Teilchenfeldes konstant bliebe. |
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;Absorption |
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Wie in dem historischen Abschnitt erklärt, ist ein weiteres Problem dieses Modells die Absorption von [[Energie]] und somit die Produktion von [[Wärme]]. Aronson gab dafür ein einfaches Beispiel:<ref group="C">Aronson (1964)</ref> |
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* Ist die kinetische Energie der Teilchen kleiner als die der Körper, werden sich die Teilchen nach den Kollisionen mit größerer Geschwindigkeit bewegen und die Körper werden sich ''abstoßen''. |
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* Sind Körper und Teilchen im thermischen Gleichgewicht, entsteht keine Kraft. |
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* Ist die kinetische Energie der Körper kleiner als die der Teilchen, entsteht eine ''anziehende'' Kraft. Aber wie von Maxwell und Poincaré gezeigt, müssten diese unelastische Kollisionen die Körper in Sekundenbruchteilen zur Weißglut bringen, vor allem wenn eine Teilchengeschwindigkeit größer als c angenommen wird. |
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Isenkrahes bewusste Verletzung des [[Energieerhaltungssatz]]es als Lösungsmöglichkeit war genauso unakzeptabel wie Kelvins Anwendung des Theorems von Clausius, was, wie Kelvin selbst bemerkt hat, zu einem [[Perpetuum mobile|Perpetuum-mobile]]-Mechanismus führt. Der Vorschlag eines sekundären Re-Emissionsmechanismus für Wellenmodelle (analog zu Kelvins Veränderung der Energiemodi) erregte das Interesse von J. J. Thomson, wurde jedoch von Maxwell und Poincaré nicht sonderlich ernst genommen. Dabei würden nämlich große Mengen an Energie spontan von einer kalten in eine wärmere Form konvertiert, was eine grobe Verletzung des zweiten Hauptsatzes der [[Thermodynamik]] darstellt. |
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Maxwell<ref name="maxwell" /> hielt dem jedoch entgegen, dass die kinetische Energie und somit auch die Wärme der Teilchen um ein vielfaches höher sein müsse als die der Materie. Gemäß den Grundsätzen der Thermodynamik müssen nun Materie und Teilchen dazu tendieren, zu einem thermodynamischen Gleichgewicht zueinander zu kommen - was gleichbedeutend ist mit einer unerhörten Erwärmung der Materie, wodurch diese folglich in kürzester Zeit vaporisiert würde. D.h. Kelvins Modell (und überhaupt alle Le-Sage-Modelle) würden nach Maxwell den Entropiesatz verletzen - deswegen verwarf er die Theorie. |
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Das Energieproblem wurde ebenfalls im Zusammenhang mit der Idee einer Massenzunahme und der [[Expansionstheorie]] erörtert. [[Iwan Ossipowitsch Jarkowski]] 1888 und [[Ott Christoph Hilgenberg]] 1933 kombinierten ihre Expansionsmodelle mit der Absorption eines Äthers.<ref group="C">Scalera (2003)</ref> Diese Theorie wird jedoch weitgehend nicht mehr als gültige Alternative zur [[Plattentektonik]] angesehen. Darüber hinaus würde aufgrund der [[Äquivalenz von Masse und Energie]] und der Anwendung der von Poincaré errechneten Energieabsorptionswerte der Erdradius in kürzester Zeit beträchtlich zunehmen. |
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Mit diesem Problem verknüpft ist auch die postulierte enorme Teilchengeschwindigkeit: Je höher die Geschwindigkeit der Teilchen, desto größer die [[Wärme]]produktion - womit das angeführte thermodynamische Problem vor allem nach Poincaré sogar noch drastisch verschärft wird. Er errechnete, um eine nennenswerte Bremswirkung zu vermeiden, eine Mindestgeschwindigkeit der Teilchen von dem 24·10<sup>17</sup>-fachen der Lichtgeschwindigkeit. Das würde zu einer Erwärmung der Erde um 10<sup>26</sup> °C pro Sekunde führen. (Wobei Poincaré von unelastischen Stößen ausging, Kelvins Lösungsvorschlag wurde von ihm nicht besprochen)<ref name="poincare" />. |
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;Wechselwirkung |
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=== EM-Wellen === |
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Wie in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|ART]] vorhergesagt und basierend auf experimentellen Bestätigungen, wechselwirkt Gravitation mit jeder Form von Energie und nicht nur mit normaler Materie. Die [[elektrostatisch]]e [[Bindungsenergie]] der [[Nukleon]]en, die Energie der schwachen Wechselwirkung der Nukleonen und die kinetische Energie der Elektronen tragen alle zur schweren Masse eines Atoms bei, wie in Hochpräzisionsmessungen vom [[Eötvös-Experiment|Eötvös-Typ]] nachgewiesen wurde.<ref group="B">Carlip (1997)</ref> Das bedeutet, dass eine schnellere Bewegung der Gasteilchen eine Erhöhung der Gravitationswirkung des Gases bewirkt. Le Sages Theorie sagt ein solches Phänomen nicht voraus, noch tun das die anderen bekannten Variationen der Theorie. |
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== Nicht-gravitative Anwendungen und Analogien == |
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Diese Varianten wie á la Lorentz sind nach Poincaré praktisch den selben Einwänden ausgesetzt wie die Teilchenmodelle. Auch hier müsste aufgrund des [[Doppler-Effekt]]es eine beträchtlich Bremswirkung entstehen und die Erwärmung würde auch hier inakzeptable Werte annehmen. Allerdings fällt hier das Problem der mittleren freien Wegstrecke weg - aufgrund des [[Superpositionsprinzip]]s stören sich die Wellen untereinander nicht. Um Maxwells Thermodynamik-Kritik zu umgehen, schlug u.a. [[Joseph John Thomson]] vor, dass analog zur Passage von elektrisch geladenen Partikel durch Materie, wodurch es zur Erzeugung von noch durchdringenderen Strahlen wie z. B. Röntgenstrahlen kommt, auch in einem Le Sage-Modell die Wellen in noch durchdringenderer Form re-emittiert würden. Thomson schrieb in seinem Artikel "Matter" in der Encyclopedia Britannica 1911<ref>Thomson, J.J., "Matter", Encyclopedia Britannica, 1911 Ed., p. 894-895.</ref> zur Röntgenstrahl-Analogie: |
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;Mock gravity |
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:''Es ist ein sehr interessantes Resultat jüngster Entdeckungen, dass die von Le Sage im Dienste seiner Theorie eingeführte Maschinerie eine sehr enge Analogie mit Dingen besitzt, für welche wir jetzt direkte experimentelle Gewissheit haben.'' |
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[[Lyman Spitzer]] errechnete 1941<ref group="B">Spitzer (1941)</ref>, dass Absorption von Strahlung zwischen zwei [[Staub]]partikeln zu einer scheinbaren Anziehungskraft führt, welche proportional zu 1/r² ist (wobei ihm offensichtlich die analogen Theorien von Le Sage und insbesondere die Untersuchungen von Lorentz zum Strahlungsdruck unbekannt waren). [[George Gamow]], der diesen Effekt als ''mock gravity'' bezeichnete, schlug 1949<ref group="B">Gamow (1949)</ref> vor, dass nach dem [[Urknall]] die [[Temperatur]] der [[Elektron]]en schneller gesunken sei als die Temperatur der Hintergrundstrahlung. Absorption der Strahlung führe zu dem von Spitzer errechneten Le-Sage-Mechanismus zwischen den Elektronen, welcher eine wichtige Rolle bei der [[Galaxie]]nbildung nach dem Urknall gespielt haben soll. Jedoch wurde dieser Vorschlag 1971 von Field<ref group="B">Field (1971)</ref> widerlegt, der zeigte, dass dieser Effekt viel zu klein gewesen ist, da die Elektronen und die Strahlung sich annähernd im thermischen Gleichgewicht befunden haben. Hogan und White schlugen 1986<ref group="B">Hogan (1989)</ref> vor, dass eine Form von mock gravity die Galaxienbildung durch Absorption vorgalaktischen Sternenlichtes beeinflusst hat. Aber 1989<ref group="B">Field (1989)</ref> zeigten Wang und Field, dass jede Form von Mock gravity nicht in der Lage ist, eine ausreichend große Wirkung zustande zu bringen, um die Galaxienformation zu beeinflussen. |
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Allerdings merkte Thomson an, dass Röntgenstrahlen selbst '''nicht''' in noch durchdringenderer Form re-emittiert würden. Poincaré sprach in diesem Zusammenhang von der Absorption primärer, und der Re-Emission sekundärer Strahlen. Sein trockener Kommentar dazu:<ref name="poincare" /> |
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:''Zu solch komplizierten Hypothesen wird man genötigt, wenn man die Theorie von Le Sage gangbar machen will.'' |
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Darüber hinaus stellte er fest, dass auch bei dem Modell von Lorentz durch Absorption eine Erwärmung von 10<sup>13</sup> °C pro Sekunde entstehen müsste. Auch Lorentz verwarf die Theorie bereits vorher deswegen. |
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;Plasma |
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=== Zusammenfassung === |
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Der Le-Sage-Mechanismus wurde als signifikanter Faktor im Verhalten [[Komplexes Plasma|komplexer Plasmen]]<ref group="B">Siehe {{Internetquelle |autor=Carsten Killer |url=http://carsten-killer.de/Home_d/Dusty%20Plasmas_d.html |titel=Staubige Plasmen - eine Einführung |datum=2016-08 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20180221161901/http://carsten-killer.de/Home_d/Dusty%20Plasmas_d.html |archiv-datum=2018-02-21 |abruf=2018-02-21}}</ref> identifiziert. Ignatov zeigte, dass durch unelastische Kollisionen eine anziehende Kraft zwischen zwei in einem kollisionsfreien, [[Nichtthermisches Plasma|nichtthermischen Plasma]] suspendierten Staubkörnern entsteht. Diese Anziehungskraft ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung zwischen den Staubkörnern und kann die [[Coulombsches Gesetz|Coulomb-Abstoßung]] zwischen ihnen ausgleichen.<ref group="B">Ignatov (1996)</ref> |
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;Vakuumenergie |
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Einen wirklichen Einfluss auf die Mainstream-Physik hatte die Le-Sage-Gravitation über drei Jahrhunderte nur gegen Endes des 19. Jhds.. Die Analogie zur [[Kinetische Gastheorie|kinetischen Gastheorie]] machte sie um 1870 wieder modern. Ein weiteres tat dann die um 1900 entdeckte durchdringende Wirkung der [[Röntgenstrahlen]] und die Erkenntnis, dass die Materie tatsächlich praktisch nur aus leerem Raum besteht. Dem durch diese durchaus spektakulären und bestätigten Vorhersagen in Gang gesetzten Aufschwung wurde jedoch durch die Kritik Maxwells und Poincarés ein vorzeitiges Ende bereitet - seitdem gilt diese Theorie als überholt und widerlegt. |
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In der Quantenfeldtheorie wird die Existenz von [[Virtuelles Teilchen|virtuellen Teilchen]] angenommen, welche zum so genannten [[Casimir-Effekt]] führen. [[Hendrik Casimir]] fand heraus, dass bei der Berechnung der [[Vakuumenergie]] zwischen 2 Platten nur Teilchen von bestimmten Wellenlängen auftreten. Deswegen ist die Energiedichte zwischen den Platten geringer als außerhalb, was zu einer scheinbaren Anziehungskraft zwischen den Platten führt. Dieser Effekt hat jedoch eine von der Theorie Fatios sehr verschiedene theoretische Grundlage. |
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== Neuere Entwicklungen == |
== Neuere Entwicklungen == |
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Die Untersuchung von Le Sages Theorie im 19. Jahrhundert identifizierte mehrere eng zusammenhängende Probleme. Dazu zählen die enorme Erwärmung, instabile Umlaufbahnen durch Widerstand und Aberration sowie die nicht beobachtete Abschirmung der Gravitation. Die Erkenntnis dieser Probleme zusammen mit einer generellen Abkehr von kinetischen Gravitationsmodellen resultierte in einem zunehmenden Verlust an Interesse. Schließlich wurden Le Sages und andere Theorien durch Einsteins [[Allgemeine Relativitätstheorie]] verdrängt. |
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Obwohl das Modell nicht mehr als gültige Alternative angesehen wird, werden außerhalb des Mainstreams Versuche zu einer Revitalisierung unternommen, wie die Modelle von Radzievskii und Kagalnikova (1960),<ref group="B">Radzievskii (1960)</ref> Shneiderov (1961),<ref group="B">Shneiderov (1961)</ref> Buonomano and Engels (1976),<ref group="B">Buonomano (1976)</ref> Adamut (1982),<ref group="B">Adamut (1982)</ref> Jaakkola (1996),<ref group="B">Jaakkola (1996)</ref> Van Flandern (1999)<ref group="B">Van Flandern (1999)</ref> und Edwards (2007).<ref group="B">Edwards (2007)</ref> Verschiedene Le-Sage-Modelle und verwandte Themen werden in Edwards et al. diskutiert.<ref group="B">Edwards (2002)</ref> |
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Dass die Le-Sage-Gravitation trotzdem auch heute noch (abseits des Mainstreams) vertreten wird, hat in erster Linie damit zu tun, dass neuerdings durch die Entdeckung der [[Neutrino]]s und der [[Hintergrundstrahlung|Kosmischen Hintergrundstrahlung]] wieder einige Parallelen zu dieser Theorie aufgetaucht sind - welche ebenfalls als Vorhersagen der Le-Sage-Theorie gewertet werden. Bevor es jedoch nicht gelungen ist, die enormen thermodynamischen und durch die Bremswirkung auftretenden Probleme in den Griff zu bekommen, wird diese Theorie weiterhin nur ein Schattendasein fristen. Einige neuere Aktivitäten und aktuelle Probleme seien noch genannt: |
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Ein Arbeitspapier über eine neuartige, nicht verifizierte, quantitative Push-Gravitationstheorie von Danilatos (2020), wurde auf der nicht referierten Zenodo-Plattform des CERN veröffentlicht.<ref group="B">Danilatos (2020)</ref> |
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'''Äquivalenzprinzip und Abschirmung der Gravitation''': Wie oben beschrieben, müsste es in der Le-Sage-Theorie (wie in allen anderen Modellen mit gravitativer Abschirmung) zu Abweichungen vom Äquivalenzprinzip kommen<ref>Bertolami, P´aramos, and Turyshev (2006), “General Theory of Relativity: Will it survive the next decade?” http://arxiv.org/PS_cache/gr-qc/pdf/0602/0602016.pdf</ref>. Auch wenn dieser Effekt nur klein wäre, müssten bestimmte astronomische Ereignisse, wie die Annäherung von [[Planet]]en zu messbaren Veränderungen im Umlauf führen. In diesem Zusammenhang wurde manchmal auch das abweichende Verhalten von Pendeln bei elliptischen Bewegungen ([[Allais-Effekt]]) als Folge einer Gravitationsabschirmung vom Le-Sage-Typ angesehen. [[Quirino Majorana]], ein angesehener Experimentalphysiker, wollte bei seinen Experimenten (1920) tatsächlich nachgewiesen haben, dass Gravitation abschirmbar ist - seine Messergebnisse (für die sich übrigens auch [[Michelson]] interessierte) konnten jedoch bis heute nicht reproduziert werden<ref>Majorana, Q., (1920). “On gravitation. Theoretical and experimental researches”, ''Phil. Mag.'' [ser. 6] '''39''', 488-504.</ref>. Majorana ging davon aus, dass die Gravitationskraft duch den Absorptionskoeffizienten h modifiziert wird. |
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<center><Math> F = \frac{GMm}{r^2} e^{-h \int \rho(r) dr} </Math></center> |
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Da bis jetzt jedoch noch keinerlei Abschirmung gefunden werden konnte, ergibt sich derzeit ein Maximalwert von h = 4.3 x 10<sup>-14</sup> cm²/g<ref> Unnikrishnan and Gillies (2000), Phys Rev D, 61</ref>. |
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== Literatur == |
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'''Geschwindigkeit der Gravitation''': Wie im Kritik-Abschnitt festgestellt, müssten sich die Teilchen wahrscheinlich sehr viel schneller bewegen als das Licht. Diese Annahme von superluminalen Teilchengeschwindigkeiten widerspricht der [[Spezielle Relativitätstheorie|SRT]], die auf der Lichtgeschwindigkeit als die maximal erreichbare Grenzgeschwindigkeit aufgebaut ist. Auch in der [[Allgemeine Relativitätstheorie|ART]] können sich Veränderungen im G-Feld maximal mit c ausbreiten, aber es kommt hier auf Grund des Vorhandenseins von geschwindigkeitsbedingten Effekten, welche dieser [[Aberration (Gravitation)|speziellen Form der Aberration]] entgegen wirken, zu keine Bahninstabilitäten<ref name="carlip" />. Solche Effekte wurden bereits zu Beginn des 20. Jhds. von Poincaré angenommen. Ob solche entgegengerichtete Effekte in der Le-Sage-Gravitation auftreten, ist allerdings nicht bekannt. |
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=== Historische Primärquellen === |
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* {{Literatur |Autor=Bock, Adalbert M. |Titel=Die Theorie der Gravitation von Isenkrahe in ihrer Anwendung auf die Anziehung und Bewegung der Himmelskörper |TitelErg=Dissertation |Ort=München |Datum=1891}} |
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* {{Literatur |Autor=Boisbaudran, Lecoq de |Titel=Note sur la théorie de la pesanteur |Sammelwerk=Comptes Rendus |Band=69 |Datum=1869 |Seiten=703–705 |Online=[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k30260/f705.item Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Du Bois-Reymond, Paul |Titel=Ueber die Unbegreiflichkeit der Fernkraft |Sammelwerk=Naturwissenschaftliche Rundschau |Band=3 |Nummer=14 |Datum=1888 |Seiten=169–176 |Online=[http://www.digizeitschriften.de/resolveppn/GDZPPN001069322 Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Brush, Charles Francis |Titel=A kinetic theory of gravitation |Sammelwerk=Nature |Band=86 |Datum=1911 |Seiten=130–132}} |
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* {{Literatur |Autor=G. Cramer |Titel=Theses Physico-Mathematicae de Gravitate (Dissertation) |Ort=Genf |Datum=1731}} |
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* {{Literatur |Autor=Darwin, George Howard |Titel=The analogy between Lesage’s theory of gravitation and the repulsion of light |Sammelwerk=Proc. Royal Soc. |Band=76 |Datum=1905 |Seiten=387–410 |Online=[http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-56169&I=402&M=imageseule Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Darwin, George Howard |Titel=Introduction to Dynamical Astronomy |Datum=1916}} |
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* {{Literatur |Autor=Fatio de Duillier, Nicolas |Titel=Lettre N° 2570 |Hrsg=Société Hollandaise des Sciences |Sammelwerk=Oeuvres complètes de Christiaan Huygens |Band=9 |Ort=Den Haag |Datum=1690 |Seiten=381–389 |Online=[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k778578/f388.table Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Fatio de Duillier, Nicolas |Titel=Drei Untersuchungen zur Geschichte der Mathematik, in: Schriften der Straßburger Wissenschaftlichen Gesellschaft in Heidelberg |Hrsg=Karl Bopp |Band=10 |Ort=Berlin & Leipzig |Datum=1929 |Kapitel=[[s:fr:De la Cause de la Pesanteur|Die wiederaufgefundene Abhandlung von Fatio de Duillier: De la cause de la Pesanteur]] |Seiten=19–66}} |
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* {{Literatur |Autor=Fatio de Duillier, Nicolas |Titel=De la Cause de la Pesanteur: Mémoire de Nicolas Fatio de Duillier |Sammelwerk=Notes and Records of the Royal Society of London |Band=6 |Datum=1949-05-01 |Seiten=125–160 |DOI=10.1098/rsnr.1949.0018 |Online=[http://rsnr.royalsocietypublishing.org/content/6/2/125 Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Isenkrahe, Caspar |Titel=Das Räthsel von der Schwerkraft: Kritik der bisherigen Lösungen des Gravitationsproblems und Versuch einer neuen auf rein mechanischer Grundlage |Verlag=Friedrich Vieweg und Sohn |Ort=Braunschweig |Datum=1879}} |
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* {{Literatur |Autor=Jarolimek, A. |Titel=Über die Gravitation |Sammelwerk=Wien. Ber. |Band=88 |Datum=1883 |Seiten=897–911}} |
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* {{Literatur |Autor=Kant, Immanuel |Titel=Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft: Dynamik, Lehrsatz 5 |Sammelwerk= |Datum=1786 |Online=[http://philosophiebuch.de/metannat.htm Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Keller, F. A. E. & Keller, É. |Titel=Mémoire sur la cause de la pesanteur et des effets attribués à l’attraction universelle |Sammelwerk=Comptes Rendus |Band=56 |Datum=1863 |Seiten=530–533 |Online=[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k3013s/f530.item Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Laplace, Pierre-Simon |Titel=A Treatise in Celestial Mechanics |Band=4, Buch 10 |Ort=Chelsea (New York) |Datum=1966 |Kapitel=Kapitel 7}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Leray, P. |Titel=Theorie nouvelle de la gravitation |Sammelwerk=Comptes Rendus |Band=69 |Datum=1869 |Seiten=615–621 |Online=[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k30260/f617.item Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Le Sage, Georges-Louis |Titel=Letter à une académicien de Dijon … |Sammelwerk=Mercure de France |Datum=1756 |Seiten=153–171}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Le Sage, Georges-Louis |Titel=Essai de Chymie Méchanique |Sammelwerk= |Verlag=Privatdruck |Ort=Genf |Datum=1761 |Online=[http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k110507m Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Le Sage, Georges-Louis |Titel=Lucrèce Newtonien |Sammelwerk=Memoires de l’Academie Royale des Sciences et Belles Lettres de Berlin |Datum=1784 |Seiten=404–432 |Online=[http://bibliothek.bbaw.de/bibliothek-digital/digitalequellen/schriften/anzeige/index_html?band=03-nouv/1782&seite:int=0495 Online]}} Englische Übersetzung: {{Literatur |Autor=[[Georges-Louis Le Sage]] |Titel=[[s:en:The Le Sage Theory of Gravitation|The Newtonian Lucretius]] |Sammelwerk=Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution |Datum=1898 |Seiten=139–160}} |
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* {{Literatur |Autor=Le Sage, Georges-Louis |Titel=Deux Traites de Physique Mécanique |Hrsg=P. Prévost |Verlag=J. J. Paschoud |Ort=Genf/Paris |Datum=1818 |Kapitel=Physique Mécanique des Georges-Louis Le Sage |Seiten=1–186}} |
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* {{Literatur |Autor=Lichtenberg, Georg Christoph |Titel=Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, II. mathematisch-physikalische Klasse |Hrsg=Horst Zehe, Wiard Hinrichs |Band=1 |Verlag=Vandenhoeck & Ruprecht |Ort=Göttingen |Datum=2003 |Kapitel=Ist es ein Traum, so ist es der größte und erhabenste der je ist geträumt worden …}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Lorentz, Hendrik |Titel=[[s:en:Considerations on Gravitation|Considerations on Gravitation]] |Sammelwerk=Proc. Acad. Amsterdam |Band=2 |Datum=1900 |Seiten=559–574}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Lorentz, Hendrik |Titel=Lectures On Theoretical Physics |Verlag=Macmillan and Co. |Ort=London |Datum=1922 |Online=[http://www.archive.org/details/lecturesontheore031600mbp Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Maxwell, James Clerk |Titel=[[s:en:Encyclopædia Britannica, Ninth Edition/Atom|Atom]] |Sammelwerk=Encyclopedia Britannica |Band=3 |Datum=1875 |Seiten=38–47}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Poincaré, Henri |Titel=La dynamique de l’électron |Sammelwerk=Revue générale des sciences pures et appliquées |Band=19 |Datum=1908 |Seiten=386–402 |Online=[http://www.univ-nancy2.fr/poincare/bhp/pdf/hp1908rg.pdf Online]}} Deutsche Übersetzung in: {{Literatur |Autor=Poincaré, Henri |Titel=Wissenschaft und Methode |Verlag=Xenomos |Ort=Berlin |Datum=2003 |ISBN=3-936532-31-1}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Preston, Samuel Tolver |Titel=On some dynamical conditions applicable to LeSage’s theory of gravitation |Sammelwerk=Phil. Mag., fifth ser. |Band=4 |Nummer=24 |Datum=1877 |Seiten=206–213 |DOI=10.1080/14786447708639322}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Preston, Samuel Tolver |Titel=On some dynamical conditions applicable to LeSage’s theory of gravitation |Sammelwerk=Phil. Mag., fifth ser. |Band=4 |Nummer=26 |Datum=1877 |Seiten=364–375 |DOI=10.1080/14786447708639355}} |
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* {{Literatur |Autor=Redeker, Franz Albert |Titel=De causa gravitatis meditatio |Sammelwerk=Lemgoviae ex officina Meyeriana |Datum=1736}} |
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* {{Literatur |Autor=Rysánek, Adalbert |Titel=Versuch einer dynamischen Erklärung der Gravitation |Sammelwerk=Repertorium der Physik |Band=24 |Datum=1887 |Seiten=90–115}} |
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* {{Literatur |Autor=Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph |Titel=Ideen zu einer Philosophie der Natur |Datum=1797 |Kapitel=Einige Bemerkungen über die mechanische Physik des Herrn le Sage |Seiten=296–308}} |
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* {{Literatur |Autor=Tait, Peter Guthrie |Titel=Lectures on some recent advances in physical science with a special lecture on force |Verlag=Macmillan and Co. |Ort=London |Datum=1876 |Online=[http://www.archive.org/details/lecturesonsomere00taitrich Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Tommasina, Thomas |Titel=La Physique de la Gravitation |Verlag=Gauthier-Villars |Ort=Paris |Datum=1928}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Thomson, William (Lord Kelvin) |Titel=On the ultramundane corpuscles of Le Sage |Sammelwerk=Phil. Mag. |Band=45 |Datum=1873 |Seiten=321–332 |Online=[http://www.hti.umich.edu/cgi/t/text/pageviewer-idx?idno=aat1571.0005.001&c=umhistmath&cc=umhistmath&seq=81&size=s&view=image Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Thomson, J. J. |Titel=Electricity and matter |Verlag=Archibald Constable & Co., Ltd. |Ort=Westminster |Datum=1904 |Online=[http://www.archive.org/details/electricitymatte00thomiala Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Thomson, J. J. |Titel=[[s:en:1911 Encyclopædia Britannica/Matter|Matter]] |Sammelwerk=Encyclopædia Britannica |Datum=1911 |Seiten=891–895}} |
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; Einzelnachweise zur historischen Primärliteratur |
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Verschiedene, auch neuere Le-Sage-Modelle können in Edwards, et al<ref>''Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation'', M. R. Edwards (ed.), 2002, Montreal: C. Roy Keys Inc.</ref> gefunden werden (wobei hinzugefügt werden muss, dass einige nicht den gültigen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen). |
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<references group="A" /> |
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=== Primärquellen === |
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* {{Literatur |Autor=Adâmuți, I. A. |Titel=The screen effect of the earth in the TETG. Theory of a screening experiment of a sample body at the equator using the earth as a screen |Sammelwerk=Nuovo Cimento C |Band=5 |Nummer=2 |Datum=1982 |Seiten=189–208 |DOI=10.1007/BF02509010}} |
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<!--See http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Footnotes for an explanation of how to generate footnotes using the <ref(erences/)> tags--> |
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* {{Literatur |Autor=Buonomano, V. & Engel, E. |Titel=Some speculations on a causal unification of relativity, gravitation, and quantum mechanics |Sammelwerk=Int. J. Theor. Phys. |Band=15 |Nummer=3 |Datum=1976 |Seiten=231–246 |DOI=10.1007/BF01807095}} |
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<references/> |
|||
* {{Literatur |Autor=Carlip, Steve |Titel=Kinetic Energy and the Equivalence Principle |Sammelwerk=Am. J. Phys. |Band=66 |Nummer=5 |Datum=1997 |Seiten=409–413 |arXiv=gr-qc/9909014 |DOI=10.1119/1.18885}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Carlip, Steve |Titel=Aberration and the Speed of Gravity |Sammelwerk=Phys. Lett. A |Band=167 |Nummer=2–3 |Datum=1999 |Seiten=81–87 |arXiv=gr-qc/9909087 |DOI=10.1016/S0375-9601(00)00101-8}} |
|||
* {{Literatur |Titel=Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation |Hrsg=Edwards, M. R. |Verlag=C. Roy Keys Inc. |Ort=Montreal |Datum=2002 |ISBN=0-9683689-7-2}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Edwards, M.R. |Titel=Photon-Graviton Recycling as Cause of Gravitation |Sammelwerk=Apeiron |Band=14 |Nummer=3 |Datum=2007 |Seiten=214–233 |Online=[http://redshift.vif.com/JournalFiles/V14NO3PDF/V14N3EDW.pdf Online]}} |
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* {{Literatur |Autor=Feynman, R. P. |Titel=The Character of Physical Law, The 1964 Messenger Lectures |Datum=1967 |Seiten=37–39}} |
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* {{Literatur |Autor=Feynman, R. P. |Titel=Feynman Lectures on Gravitation |Verlag=Addison-Wesley |Ort=Reading |Datum=1995 |Seiten=23–28}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Field, G. B. |Titel=Instability and waves driven by radiation in interstellar space and in cosmological models |Sammelwerk=[[The Astrophysical Journal]] |Band=165 |Datum=1971 |Seiten=29–40 |bibcode=1971ApJ...165...29F}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Field, G.B. & Wang, B. |Titel=Galaxy formation by mock gravity with dust? |Sammelwerk=The Astrophysical Journal |Band=346 |Datum=1989 |Seiten=3–11 |bibcode=1989ApJ...346....3W}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Gamow, George |Titel=On relativistic cosmogony |Sammelwerk=Reviews of modern physics |Band=21 |Nummer=3 |Datum=1949 |Seiten=367–373 |DOI=10.1103/RevModPhys.21.367 |Online=[http://prola.aps.org/abstract/RMP/v21/i3/p367_1 Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Hogan, C.J. |Titel=Mock gravity and cosmic structure |Sammelwerk=The Astrophysical Journal |Band=340 |Datum=1989 |Seiten=1–10 |bibcode=1989ApJ...340....1H}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Ignatov, A.M. |Titel=Lesage gravity in dusty plasma |Sammelwerk=Plasma Physics Reports |Band=22 |Nummer=7 |Datum=1996 |Seiten=585–589}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Jaakkola, T. |Titel=Action-at-a-distance and local action in gravitation: discussion and possible solution of the dilemma |Sammelwerk=Apeiron |Band=3 |Datum=1996 |Seiten=61–75 |Online=[http://redshift.vif.com/JournalFiles/Pre2001/V03NO3PDF/V03N3JAA.PDF Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Radzievskii, V.V. & Kagalnikova, I.I. |Titel=The nature of gravitation |Sammelwerk=Vsesoyuz. Astronom.-Geodezich. Obsch. Byull. |Band=26 |Nummer=33 |Datum=1960 |Seiten=3–14}} Englische Übersetzung: U.S. government technical report: FTD TT64 323; TT 64 11801 (1964), Foreign Tech. Div., Air Force Systems Command, Wright-Patterson AFB, Ohio. |
|||
* {{Literatur |Autor=Shneiderov, A. J. |Titel=On the internal temperature of the earth |Sammelwerk=Bollettino di Geofisica Teorica ed Applicata |Band=3 |Datum=1961 |Seiten=137–159}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Spitzer, L. |Titel=The dynamics of the interstellar medium; II. Radiation pressure |Sammelwerk=The Astrophysical Journal |Band=94 |Datum=1941 |Seiten=232–244 |bibcode=1941ApJ....94..232S}} |
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* {{Literatur |Autor=Van Flandern, Tom |Titel=Dark Matter, Missing Planets and New Comets |Verlag=North Atlantic Books |Ort=Berkeley |Datum=1999 |Seiten=Chapters 2–4}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Danilatos, Gerasimos |Titel=Novel quantitative push gravity theory poised for verification |Sammelwerk=Zenodo |Datum=2020 |Online=[https://zenodo.org/record/4284106 Online]}} |
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;Einzelnachweise zur Primärliteratur |
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== Bücher und Externe Links == |
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<references group="B" /> |
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* '''Bücher:''' |
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:* Poincaré, H.: '''Wissenschaft und Methode''', Xenomos, Neuausgabe 2003, ISBN 3-936532-31-1; S. 186-191. <small>(Ausführliche Analyse und Kritik der Theorie)</small> |
|||
:* Feynman, R.: '''Vorlesungen über Physik''', Bd.1; 4. Aufl. 2001, ISBN 3-486-25680-7; S. 114-115. <small>(Knappe Kritik der Theorie aufgrund der Bremswirkung)</small>. |
|||
:* Zehe, H.: '''Die Gravitationstheorie des Nicolas Fatio de Duillier''', Gerstenberg, 1980; ISBN 3-8067-0862-2. <small>(Sehr ausführliche historische Analyse von Fatio's Gravitationstheorie)</small> |
|||
:* Edwards, M.R. (edit.): '''Pushing Gravity:''' New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation, Apeiron, 2002; ISBN 0-9683689-7-2. <small>(Beinhaltet einen historischen Überblick über Le Sage's Theorie und einige neue Le Sage-artige Modelle)</small>. |
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=== Sekundärquellen === |
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* '''Externe Links''' |
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* {{Literatur |Autor=Aronson, S. |Titel=The gravitational theory of Georges-Louis Le Sage |Sammelwerk=The Natural Philosopher |Band=3 |Datum=1964 |Seiten=51–74}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Bertolami, O. & Paramos, J. & Turyshev, S. G. |Titel=General Theory of Relativity: Will it survive the next decade? |Sammelwerk=Lasers, Clocks, and Drag-Free: Technologies for Future Exploration in Space and Tests of Gravity |Datum=2006 |Seiten=27–67 |arXiv=gr-qc/0602016v2}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Chabot, H. |Titel=Nombre et approximations dans la théorie de la gravitation de Lesage |Sammelwerk=Actes des Journées de Peirescq "La pensée numérique", Sciences et Techniques en Perspective, 2ème série |Band=8 |Datum=2004 |Seiten=179–198 |Online=[http://www.peiresc.org/New%20site/Actes.Dhombres/Chabot.pdf Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Corry, L. |Titel=David Hilbert between Mechanical and Electromagnetic Reductionism |Sammelwerk=Archive for History of Exact Sciences |Band=53 |Nummer=6 |Datum=1999 |Seiten=489–527 |Online=[http://www.tau.ac.il/~corry/publications/articles/pdf/reductionism.pdf Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Drude, Paul |Titel=Ueber Fernewirkungen |Sammelwerk=Beilage zu den Annalen der Physik und Chemie |Band=298 |Nummer=12 |Datum=1897 |Seiten=I-XLIX |DOI=10.1002/andp.18972981220}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Evans, J. C. |Titel=Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation |Hrsg=Edwards, M.R. |Verlag=C. Roy Keys Inc. |Ort=Montreal |Datum=2002 |Kapitel=Gravity in the century of light: sources, construction and reception of Le Sage's theory of gravitation |Seiten=9–40}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Isenkrahe, Caspar |Titel=Über die Rückführung der Schwere auf Absorption und die daraus abgeleiteten Gesetze |Sammelwerk=Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik |Band=6 |Ort=Leipzig |Datum=1892 |Seiten=161–204 |Online=[http://quod.lib.umich.edu/cgi/t/text/pageviewer-idx?c=umhistmath&cc=umhistmath&idno=acd4263.0002.001&view=image&seq=622 Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Martins, de Andrade, R. |Titel=The Expanding Worlds of General Relativity (Einstein Studies) |Hrsg=Goemmer, H., Renn, J., and Ritter, J. |Band=7 |Verlag=Birkhäuser |Ort=Boston |Datum=1999 |Kapitel=The search for gravitational absorption in the early 20th century |Seiten=3–44}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Martins, de Andrade, R. |Titel=Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation |Hrsg=Edwards, M.R. |Verlag=C. Roy Keys Inc. |Ort=Montreal |Datum=2002 |Kapitel=Gravitational absorption according to the hypotheses of Le Sage and Majorana |Seiten=239–258}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Playfair, J. |Titel=[[s:en:Notice de la Vie et des Ecrits de George Louis Le Sage (English)|Notice de la Vie et des Ecrits de George Louis Le Sage]] |Sammelwerk=Edinburgh Review |Datum=1807 |Seiten=137–153}} |
|||
* {{Literatur |Titel=Notice de la Vie et des Ecrits de George Louis Le Sage |Hrsg=Prevost, Pierre |Verlag=J. J. Paschoud |Ort=Geneva & Paris |Datum=1805 |Online=[http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN526449152 Online]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=[[John Shipley Rowlinson|Rowlinson, J. S.]] |Titel=Le Sage's Essai de Chymie Méchanique |Sammelwerk=Notes Rec. R. Soc. London |Band=57 |Datum=2003 |Seiten=35–45 |DOI=10.1098/rsnr.2003.0195 |JSTOR=3557680}} |
|||
* {{Literatur |Titel=Why expanding Earth? – A book in honour of O.C. Hilgenberg |Hrsg=Scalera, G. and Jacob, K.-H. |Verlag=INGV |Ort=Rome |Datum=2003}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Taylor, W. B. |Titel=Kinetic Theories of Gravitation |Sammelwerk=Smithsonian report |Datum=1876 |Seiten=205–282}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Wolf, R. |Titel=George-Louis Le Sage |Sammelwerk=Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz |Band=4 |Datum=1862 |Seiten=173–192 |Online=[http://books.google.com/books?id=2kMLAAAAIAAJ&pg=PA173 Google Books]}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Zehe, H. |Titel=Die Gravitationstheorie des Nicolas Fatio de Duillier |Verlag=Gerstenberg Verlag |Ort=Hildesheim |Datum=1980 |ISBN=3-8067-0862-2}} |
|||
* {{Literatur |Autor=Zenneck, Jonathan |Titel=Gravitation |Sammelwerk=Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen |Band=5 |Nummer=1 |Verlag=B.G. Teubner |Ort=Leipzig |Datum=1903 |Seiten=25–67 |Online=[http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN360709532 Online]}} |
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;Einzelnachweise zur Sekundärliteratur |
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:* '''Zur Historie:''' |
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<references group="C" /> |
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::* Fatio de Duillier, N.: [http://www.mahag.com/grav/bopp.php De la Cause de la Pesanteur], 1690-1701, Bopp edition. <small>In pp. 19-22 befindet sich eine Einführung von Bopp (in deutsch). Fatio's paper beginnt auf p. 22 (in französisch).</small> |
|||
::* Fatio de Duillier, N.: [http://www.journals.royalsoc.ac.uk/link.asp?id=bn57l77831121738 De la Cause de la Pesanteur], 1690-1743, Gagnebin edition. <small>Für eine Einführung von Gagnebin, siehe [http://www.journals.royalsoc.ac.uk/link.asp?id=jk4r118n28qr1u12 Introduction]</small> |
|||
::* Fatio de Duillier, N.: "Briefe Nr. [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k778578/f388.table 2570] und [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k778578/f414.table 2582]", 1690, <small>(Fatio sendete in diesen Briefen Auszüge aus seinem Werk "De la Cause de la Pesanteur" an Huygens. Dieser antwortete in Brief Nr. [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k778578/f398.table 2572]. Französisch)</small> |
|||
::* Le Sage, G.L.: 1758, [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k110507m/f8.item Essai de Chymie Méchanique] <small>(Le Sage's erste und ausführlichste Darstellung seiner Therien über Gravitation und Chemie. <u>Vollständig</u> eingescannte Version auf 121 Seiten. Für die handgeschriebene Einleitung siehe [http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k110507m/f1.item hier], französisch)</small> |
|||
::* Le Sage, G.L.: 1784, [http://bibliothek.bbaw.de/bibliothek-digital/digitalequellen/schriften/anzeige/index_html?band=03-nouv/1782&seite:int=0495 Lucrece Netwonien] <small>(Im Gegensatz zum "Essai" geht es hier ausschließlich um Gravitation. <u>Vollständig</u> eingescannte Version auf 29 Seiten., französisch)</small> |
|||
::* Thomson, W. (1873). [http://www.hti.umich.edu/cgi/t/text/pageviewer-idx?idno=aat1571.0005.001&c=umhistmath&cc=umhistmath&seq=81&size=s&view=image "On the Ultramundane Corpuscles of Le Sage"] <small>(Mit dieser Arbeit läutete Kelvin die Renaissance der Le Sage-Theorie im 19 Jhd. ein)</small> |
|||
::* Darwin, G.H. (1905). [http://visualiseur.bnf.fr/CadresFenetre?O=NUMM-56169&I=402&M=imageseule The analogy between Lesage’s theory of gravitation and the repulsion of light] <small>(Ausführliche, mathematische Kritik an Le Sage)</small> |
|||
::* Thomson, J.J. (1911): [http://en.wikisource.org/w/index.php?title=User:Tim_Starling/ScanSet_TIFF_demo&vol=17&page=EC7A910 “Matter”, Encyclopædia Britannica 1911, p. 891-895] <small>Free, public-domain resource aus [http://en.wikisource.org/wiki/User:Tim_Starling Tim Starling's Wikisource page]. Für einen Überblick, siehe [http://en.wikisource.org/wiki/1911_Encyclop%C3%A6dia_Britannica Wikisource 1911 Encyclopædia Britannica]</small> |
|||
::* Brush, C.F. (1911). [http://www.rexresearch.com/brush/brush~1.htm A kinetic theory of gravitation], <small>(Frühes Beispiel einer EM-Feld-Variante der Theorie)</small> |
|||
::* Aronson, S. (1964). [http://mgi.my100megs.com/LeSage.html “The gravitational theory of Georges-Louis Le Sage”], The Natural Philosopher 3, 51. <small>(Darstellung der Geschichte der Theorie im 18. und 19. Jhd.)</small> |
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== Weblinks == |
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:* '''Andere Links zum Thema:''' |
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{{Commonscat|Le Sage gravity|Le-Sage-Gravitation}} |
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::* www.mathpages.com [http://www.mathpages.com/home/kmath131/kmath131.htm LeSage's Shadows], [http://www.mathpages.com/home/kmath426/kmath426.htm Omni-Directional Flux], [http://www.mathpages.com/home/kmath181/kmath181.htm Comments on Fatio and Lesage], [http://www.mathpages.com/home/kmath041/kmath041.htm Nicolas Fatio and the Cause of Gravity] . <small>(Sehr kritische Analysen der Le Sage-Theorie.)</small> |
|||
* [http://www.mathpages.com/home/kmath131/kmath131.htm LeSage's Shadows] |
|||
::* Arp, H.: [http://www.haltonarp.com/?Page=Abstracts&ArticleId=2 The Impetus of Le Sage-Gravity]. <small>(Eine Pro-Le Sage-Arbeit des Astrophysikers vom Max-Planck-Institut, Garching.)</small> |
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* [http://www.mathpages.com/home/kmath426/kmath426.htm Omni-Directional Flux] |
|||
::* Homepage zu [http://redshift.vif.com/BookBlurbs/PushingGravity.htm#Preface Pushing Gravity] <small>(englisch)</small> |
|||
* [http://www.mathpages.com/home/kmath610/kmath610.htm Kinetic Pressure and Tetrode’s Star] |
|||
::* Maurer, H. [http://www.mahag.com/grav/gravall.php Das Abstoßungsprinzip] <small>(Ausführliche Darstellung und Erörterung).</small> |
|||
* [http://www.mathpages.com/home/kmath041/kmath041.htm Nicolas Fatio and the Cause of Gravity] |
|||
::* Schauer, H. [http://www.hansschauer.de/html/dir6/index.html Perspektiven einer Korpuskulartheorie der Gravitation] <small>(Ausführliche Darstellung und Erörterung).</small> |
|||
* [http://www.mathpages.com/home/kmath181/kmath181.htm Fatio, Le Sage and the camisards] |
|||
* [http://www.mathpages.com/home/kmath209/kmath209.htm Historical Assessments of the Fatio-Lesage Theory] |
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[[Kategorie:Physik]] |
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[[Kategorie:Gravitation]] |
[[Kategorie:Gravitation]] |
||
[[Kategorie:Überholte Theorie]] |
[[Kategorie:Überholte Theorie (Physik)]] |
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{{Exzellent|15. Oktober 2007|37668242}} |
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[[en:Le Sage's theory of gravitation]] |
Aktuelle Version vom 3. Februar 2025, 23:19 Uhr
Die Le-Sage-Gravitation ist eine einfache mechanische Gravitationserklärung, die das Gravitationsgesetz von Newton begründen sollte. Sie wurde von Nicolas Fatio de Duillier (1690) und Georges-Louis Le Sage (1748) entworfen.
Da Fatios Arbeit weithin unbekannt war und unveröffentlicht blieb, war es Le Sages Version der Theorie, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der damals neu entwickelten kinetischen Theorie der Gase zum Gegenstand erwachenden Interesses wurde. Obwohl einige Forscher außerhalb des Mainstreams die Theorie weiterhin untersuchen, wird sie vor allem aufgrund der von James Clerk Maxwell (1875) und Henri Poincaré (1908) hervorgebrachten Einwände als überholt und ungültig eingestuft.
Grundzüge der Theorie
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Keine Bewegung
Die Grundannahme der Theorie ist die Existenz eines Raumes, der weitgehend isotrop von einem Strahlungsfeld ausgefüllt ist, das aus diversen Teilchen (Korpuskeln) oder Wellen besteht. Diese bewegen sich mit konstanter, sehr hoher Geschwindigkeit geradlinig in alle möglichen Richtungen. Trifft ein Teilchen auf einen Körper, überträgt es einen Impuls auf ihn. Ist nur ein Körper A vorhanden, ist dieser einem gleichmäßigen Druck ausgesetzt, er befindet sich also aufgrund der in alle Richtungen wirkenden Stöße in einem Kräftegleichgewicht und wird sich nicht bewegen (siehe Abbildung B1).

Körper „ziehen“ sich an
Ist jedoch ein zweiter Körper B vorhanden, wirkt dieser wie ein Schirm, denn aus Richtung B wird A von weniger Teilchen getroffen, als von der anderen Seite, wobei das Gleiche auch umgekehrt gilt. A und B verschatten einander (B2) und dadurch entsteht ein Unterdruck auf den einander zugewandten Seiten. Es entsteht somit eine scheinbar anziehende Kraft, die genau in Richtung des jeweils anderen Körpers wirkt. Die Theorie basiert daher nicht auf dem Konzept der Anziehung, sondern wird zur Klasse der Drucktheorien oder kinetischen Gravitationerklärungen gezählt.
- Natur der Kollisionen

Wenn die Kollisionen zwischen Körper A und den Teilchen völlig elastisch sind, wäre die Intensität der reflektierten Teilchen genauso hoch wie die der einströmenden, sodass keine Kraft in Richtung A resultieren würde. Das Gleiche würde passieren, wenn ein zweiter Körper B vorhanden wäre, der als Schirm für Teilchen wirken würde, die in Richtung A fliegen. Die zwischen den Körpern reflektierten Teilchen würden den Schatteneffekt vollkommen aufheben. Um also eine gravitative Wirkung zwischen den Körpern zuzulassen, muss die kinetische Energie der Teilchen von der Materie vollständig oder zumindest teilweise absorbiert werden, oder sie müssen derart modifiziert werden, dass ihr Impuls nach der Kollision abgenommen hat: Nur dann überwiegt der Impuls der einströmenden Teilchen gegenüber dem Impuls der von den Körpern reflektierten Teilchen (B3).
- Proportionalität zu 1/r²

Stellt man sich um einen Körper eine Kugeloberfläche (Sphäre) vor, die sowohl von den reflektierten als auch von den einströmenden Teilchen durchquert werden muss, wird ersichtlich, dass die Größe der Sphäre proportional zum Quadrat der Entfernung zunimmt. Die Anzahl der betreffenden Teilchen in diesen größer werdenden Abschnitten bleibt jedoch gleich und somit sinkt deren Dichte. Die Gravitationswirkung verhält sich also, dem Abstandsgesetz gemäß, umgekehrt zum Quadrat der Entfernung zu den jeweiligen Massen (B4). Diese Analogie zu optischen Effekten wie der Abnahme der Strahlungsintensität mit 1/r² oder der Schattenbildung wurde schon von Fatio und Le Sage angegeben.
- Proportionalität zur Masse
Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich vorerst nur eine Kraft, deren Stärke proportional zur Oberfläche oder dem Volumen ist. Die Gravitation ist jedoch neben dem Volumen auch von der Dichte und somit von der Masse abhängig. Um also diese beobachtete Proportionalität zur Masse zu erreichen, wurde angenommen, dass die Materie größtenteils aus leerem Raum besteht und die als sehr klein angenommenen Teilchen die Körper mühelos durchdringen können. Das heißt, die Teilchen durchdringen die Körper, wechselwirken mit allen Bestandteilen der Materie, werden teilweise abgeschirmt oder absorbiert und treten geschwächt wieder hinaus. Dadurch wird bei Annahme entsprechender Durchdringungsfähigkeit zumindest innerhalb einer bestimmten Messgenauigkeit eine der Masse proportionale Schattenwirkung der Körper erreicht. Das Ergebnis (B5): Zwei Körper verschatten einander und es ergibt sich ein analoges Bild zu B2.

Fatio
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Nicolas Fatio de Duillier präsentierte 1690 die erste Fassung seiner Gedanken über Gravitation in einem Brief an Christiaan Huygens.[A 1] Unmittelbar darauf verlas er dessen Inhalt bei einer Sitzung der Royal Society in London. In den folgenden Jahren entwarf Fatio mehrere Manuskripte seines Hauptwerks De la Cause de la Pesanteur. Auch schrieb er 1731 ein in Latein abgefasstes Lehrgedicht mit demselben Thema.[C 1] Einige Fragmente dieser Manuskripte wurden später von Le Sage erworben, der sie zu veröffentlichen versuchte, aber damit keinen Erfolg hatte. Und so dauerte es bis 1929, als Karl Bopp eine Kopie eines vollständigen Manuskripts veröffentlichte.[A 2] Eine weitere Version der Theorie wurde 1949 von Bernard Gagnebin veröffentlicht, der aus den Fragmenten von Le Sage das Werk zu rekonstruieren versuchte.[A 3] Die folgende Beschreibung beruht hauptsächlich auf der Bopp-Edition (die u. a. die „Probleme I–IV“ beinhaltet) und der Darstellung von Zehe.[C 2]
Einige Aspekte der Theorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fatios Pyramide (Problem I)
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Fatio nahm an, dass das Universum von winzigen Teilchen ausgefüllt sei, die sich unterschiedslos und geradlinig mit sehr großer Geschwindigkeit in alle Richtungen bewegen. Um seine Gedanken zu veranschaulichen, benutzte er folgendes Bild: Es sei ein Objekt C gegeben, auf dem sich eine unendlich kleine Fläche zz befindet. Diese Fläche zz sei der Mittelpunkt eines Kreises. Innerhalb dieses Kreises zeichnete Fatio die Pyramide PzzQ, in der einige Teilchen in Richtung zz strömen, und ebenso einige Teilchen, die von C bereits reflektiert wurden, in Gegenrichtung strömen. Fatio nahm an, dass die durchschnittliche Geschwindigkeit und somit auch die Impulse der reflektierten Teilchen geringer seien als die der einströmenden. Das Resultat ist ein Strom, der alle Körper in Richtung zz treibt. Einerseits bleibt die Geschwindigkeit des Stromes konstant, andererseits nimmt in größerer Nähe zu zz dessen Dichte zu. Deshalb ist aufgrund der geometrischen Verhältnisse seine Intensität proportional zu 1/r², wobei r der Abstand zu zz ist. Weil unendlich viele solcher Pyramiden um C vorstellbar sind, gilt diese Proportionalität für den gesamten Bereich um C.
Reduzierte Geschwindigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um die Behauptung zu rechtfertigen, dass sich die Teilchen mit verminderter Geschwindigkeit nach der Reflexion bewegen, unterbreitete Fatio folgende Vorschläge:
- Die gewöhnliche Materie, oder die Teilchen, oder beide sind unelastisch.
- Die Zusammenstöße sind vollkommen elastisch, aber die Teilchen sind nicht absolut hart, weshalb sie nach dem Stoß vibrieren und an Geschwindigkeit verlieren.
- Durch Reibung beginnen die Teilchen zu rotieren und verlieren ebenfalls an Geschwindigkeit.
Diese Passagen sind die unverständlichsten Teile von Fatios Theorie, weil er nie klar entscheidet, welche Art von Kollision zu bevorzugen ist. In der letzten Version der Theorie von 1743 kürzte er jedoch diese Passagen und schrieb einerseits den Teilchen perfekte Elastizität oder perfekte Federkraft zu, und andererseits der Materie unvollständige Elastizität, so dass die Teilchen mit geringerer Geschwindigkeit reflektiert werden. Der Geschwindigkeitsverlust wurde von Fatio äußerst gering angesetzt, um die Gravitationskraft über längere Zeiträume nicht merklich absinken zu lassen. Zusätzlich sah sich Fatio mit einem anderen Problem konfrontiert: Was passiert, wenn die Teilchen untereinander kollidieren? Unelastische Kollisionen würden, selbst wenn keine normale Materie anwesend ist, zu einem ständigen Absinken der Geschwindigkeit führen und deswegen ebenfalls die Gravitationskraft schwächen. Um dieses Problem zu vermeiden, nahm Fatio an, dass der Durchmesser der Teilchen sehr klein gegenüber ihrem gegenseitigen Abstand ist, und deswegen Begegnungen untereinander sehr selten sind.
Verdichtung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um den Einwand zu entkräften, dass sich durch die geringere Teilchengeschwindigkeit eine Stauung um die Körper bilden könnte, erklärte Fatio, dass die reflektierten Teilchen tatsächlich langsamer seien als die Einströmenden. Daher haben die von außen einströmenden Teilchen zwar eine größere Geschwindigkeit, jedoch ebenso einen größeren Abstand untereinander. Umgekehrt sind die reflektierten Teilchen langsamer, was aber durch eine konstant bleibende Verdichtung ausgeglichen wird. Die Verdichtung ist also konstant und es kommt zu keiner Stauung. Fatio führte weiter aus, dass durch immer weitergehende Vergrößerung der Geschwindigkeit und Elastizität der Teilchen diese Verdichtung beliebig klein gemacht werden kann.
Durchlässigkeit der Materie
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Um die Proportionalität zur Masse zu erklären, musste Fatio postulieren, dass normale Materie in alle Richtungen gleichmäßig durchlässig für die Teilchen ist. Er skizzierte dazu 3 Modelle:
- Er nahm an, dass Materie eine Anhäufung kleiner Kugeln sei, wobei deren Durchmesser verschwindend gering gegenüber ihrem gegenseitigen Abstand ist. Aber er verwarf diese Erklärung, weil die Kugeln dazu tendieren müssten, sich immer weiter einander zu nähern.
- Dann nahm er an, dass Kugeln durch Stäbe miteinander verbunden seien und ein Kristallgitter oder Netz bilden würden. Jedoch verwarf er auch dieses Modell, denn bei Vereinigung verschiedener Netze wäre an den Orten, wo sich die Kugeln sehr nahe beieinander befinden, keine gleichmäßige Durchdringung mehr möglich.
- Schließlich entfernte er auch die Kugeln und ließ einzig und allein die Stäbe des Netzes übrig, wobei er den Durchmesser der Stäbe verschwindend gering im Vergleich zu ihrem Abstand machte. So meinte er, eine maximale Durchdringbarkeit gewährleisten zu können.
Druck der Teilchen (Problem II)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits 1690 nahm Fatio an, dass der Druck, der von den Teilchen auf eine ebene Fläche ausgeübt wird, den sechsten Teil des Drucks ausmacht, der bestünde, wenn alle Teilchen senkrecht zur Ebene ausgerichtet wären. Fatio erbrachte einen Beweis für diese Behauptung, indem er den Druck errechnete, der von den Teilchen auf einen bestimmten Punkt zz. ausgeübt wird. Er gelangte schließlich zur Formel , wobei die Dichte und die Geschwindigkeit der Teilchen ist. Diese Lösung ist sehr ähnlich der in der kinetischen Gastheorie bekannten Formel , die von Daniel Bernoulli 1738 gefunden wurde. Das war das erste Mal, dass die enge Verwandtschaft zwischen den beiden Theorien dargelegt wurde, und das bevor letztere überhaupt entwickelt wurde. Jedoch ist Bernoullis Wert doppelt so groß, weil Fatio für den Impuls bei der Reflexion nicht , sondern angesetzt hat. Sein Resultat wäre daher nur bei völlig unelastischen Stößen gültig. Fatio benutzte seine Lösung nicht nur zur Erklärung der Gravitation, sondern auch, um das Verhalten der Gase zu erklären. Er konstruierte ein Thermometer, das den Bewegungszustand der Luftmoleküle und damit die Wärme messen sollte. Jedoch im Gegensatz zu Bernoulli identifizierte Fatio die Bewegung der Luftmoleküle nicht mit der Wärme, sondern machte ein anderes Fluid dafür verantwortlich. Es ist jedoch nicht bekannt, ob Bernoulli von Fatio beeinflusst wurde.
Unendlichkeit (Problem III)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In diesem Abschnitt untersuchte Fatio den Begriff der Unendlichkeit im Zusammenhang mit seiner Theorie. Fatio rechtfertigte viele seiner Betrachtungen mit dem Umstand, dass verschiedene Phänomene unendlich kleiner und größer als andere sind und viele problematische Effekte der Theorie dadurch auf einen unmessbaren Wert verkleinert werden können. Beispielsweise der Durchmesser der Stäbe ist unendlich kleiner als deren Abstand zueinander; oder die Geschwindigkeit der Teilchen ist unendlich größer als die der Materie; oder der Geschwindigkeitsunterschied zwischen reflektierten und nicht reflektierten Teilchen ist unendlich klein.
Widerstand des Mediums (Problem IV)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dies ist der mathematisch anspruchsvollste Teil von Fatios Theorie. Hier versuchte er den Strömungswiderstand der Teilchenströme für bewegte Körper zu berechnen. Es sei die Geschwindigkeit der Körper, die Geschwindigkeit der Teilchen und die Dichte des Ausbreitungsmediums. Im Fall und errechnete Fatio einen Widerstand von . Im Fall und verhält sich der Widerstand wie . Newton folgend, der aufgrund des nicht beobachteten Widerstandes in Bewegungsrichtung eine extrem geringe Dichte jeglichen Mediums forderte, verringerte Fatio die Dichte und folgerte, dies könne kompensiert werden durch Veränderung von umgekehrt proportional zur Quadratwurzel der Dichte. Dies folgt aus Fatios Druckformel . Nach Zehe war Fatios Versuch, mit Hilfe einer Erhöhung von den Widerstand in Bewegungsrichtung im Verhältnis zur Gravitationskraft gering zu halten, erfolgreich, denn der Widerstand ist in Fatios Modell proportional zu , aber die Gravitationskraft ist proportional zu .
Rezeption der Theorie
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Fatio stand in Kontakt mit einigen der berühmtesten Wissenschaftler seiner Zeit. Einige von ihnen, wie Edmond Halley, Christiaan Huygens und Isaac Newton, unterzeichneten sein Manuskript.
Zwischen Newton und Fatio bestand eine enge persönliche Beziehung zwischen 1690 und 1693, wobei Newtons Bemerkungen über Fatios Theorie sehr unterschiedlich sind. Einerseits schrieb Newton 1692 in einer Stelle seiner eigenen Kopie der Principia, die von Fatio kopiert wurde:
„Bei dieser Art von Hypothesen gibt es eine einzige, durch die man die Schwere erklären kann, und die hat sich als erster Hr. Fatio, ein hochbegabter Mathematiker ausgedacht. Und um sie [die Hypothese] aufstellen zu können, ist Vakuum notwendig, da die dünnen Partikeln durch geradlinige, äußerst rasche und gleichförmig fortgesetzte Bewegungen nach allen Richtungen getragen werden müssen und sie [dabei] nur dort Widerstand spüren dürfen, wo sie auf gröbere Partikeln stoßen.“
Andererseits notierte David Gregory in seinem Tagebuch: „Mr. Newton und Mr. Halley lachen über Mr. Fatios Erklärung der Schwere“[C 2]. Dies wurde angeblich 1691 notiert. Jedoch unterscheidet sich die benutzte Tinte und Schreibfeder erheblich vom Rest des Blattes. Das legt nahe, dass der Eintrag erst später erfolgt ist. Fatio erkannte aber auch an, dass Newton eher dazu tendierte, die wahre Ursache der Gravitation im Willen Gottes zu sehen. Ab 1694 kühlte die Beziehung zwischen den beiden ab.
Christiaan Huygens war der Erste, der über Fatios Theorie informiert wurde, jedoch akzeptierte er sie nie und arbeitete an seiner eigenen Ätherwirbeltheorie weiter. Fatio glaubte, Huygens von der Widerspruchslosigkeit seiner Theorie überzeugt zu haben, jedoch bestritt Huygens dies in einem Brief an Gottfried Wilhelm Leibniz. Es fand auch eine kurze Korrespondenz zwischen Fatio und Leibniz statt, vor allem über mathematische Fragen, aber auch über Fatios Theorie. Leibniz kritisierte diese, weil Fatio einen leeren Raum zwischen den Teilchen voraussetzte, eine Annahme, die von Leibniz aus philosophischen Gründen zurückgewiesen wurde. Jakob I Bernoulli wiederum zeigte großes Interesse an Fatios Theorie und drängte ihn, diese in einem kompletten Manuskript niederzuschreiben, was auch tatsächlich von Fatio getan wurde. Bernoulli ließ davon eine Kopie anfertigen, die sich in der Universitätsbibliothek Basel befindet und die Basis für die Bopp-Edition bildet.
Trotz allem blieb Fatios Theorie weithin unbekannt, mit wenigen Ausnahmen wie Cramer und Le Sage, weil er nie fähig war, seine Arbeit zu veröffentlichen und er außerdem unter den Einfluss eines fanatischen Teils der Kamisarden kam und seine öffentliche Reputation dadurch vollständig verloren ging.
Cramer, Redeker
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1731[A 4] veröffentlichte der Schweizer Mathematiker Gabriel Cramer eine Dissertation, an deren Ende die Zusammenfassung einer Theorie erscheint, welche identisch ist mit der von Fatio (inkl. Netzstruktur, Lichtanalogie und Abschattung etc.), jedoch ohne dass dessen Name aufgeführt wird. Es war Fatio jedoch bekannt, dass Cramer Zugriff auf eine Kopie seines Manuskripts hatte, deshalb warf er ihm vor, seine Theorie nur wiederholt zu haben, ohne sie zu verstehen. Es war ebenfalls Cramer, der später Le Sage auf Fatios Theorie aufmerksam machte. 1736[A 5] hatte Franz Albert Redeker, ein deutscher Arzt, ebenfalls eine sehr ähnliche Theorie aufgestellt.
Le Sage
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Die erste Ausarbeitung der Theorie, Essai sur l'origine des forces mortes, wurde von Le Sage 1748 an die Akademie der Wissenschaften in Paris geschickt, jedoch abgelehnt und niemals publiziert.[C 1] 1749, also nach Ausarbeitung seiner eigenen Gedanken, wurde er von seinem Lehrer Cramer über die Existenz der Theorie Fatios unterrichtet und 1751 erfuhr er von Redekers Theorie. 1756 wurden erstmals in einer Zeitschrift die Gedanken Le Sages veröffentlicht[A 6] und 1758 sandte er mit Essai de Chymie Méchanique eine ausführlichere Variante seiner Theorie zu einem Preisausschreiben der Akademie der Wissenschaften. In dieser Arbeit versuchte er sowohl die Natur der Gravitation als auch die der chemischen Affinitäten zu erklären.[A 7] Er gewann den Preis zusammen mit einem Mitbewerber und sicherte sich dadurch die Aufmerksamkeit prominenter Zeitgenossen wie Leonhard Euler. Eine deutlich erweiterte Ausgabe dieses Essay wurde 1761 in wenigen Exemplaren gedruckt. Eine für das breitere Publikum zugängliche Arbeit, Lucrece Neutonien, wurde jedoch erst 1784 veröffentlicht.[A 8] Die ausführlichste Zusammenstellung der Theorie, Physique Mécanique des Georges-Louis Le Sage, wurde 1818 postum von Pierre Prevost veröffentlicht.[A 9]
Grundkonzept
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Le Sage diskutierte die Theorie sehr detailliert, aber er fügte ihr nichts grundlegend neues hinzu und obwohl er in Besitz einiger Papiere Fatios war, erreichte er laut Zehe oft nicht dessen Niveau.[C 2]
- Le Sage nannte seine Gravitationsteilchen ultramundane Korpuskel, weil er glaubte, dass diese von weit außerhalb des bekannten Weltraums kommen. Die Verteilung dieser Ströme ist außerordentlich isotrop und die Gesetze der Ausbreitung entsprechen denen des Lichts.
- Er argumentierte, dass bei vollständig elastischen Materie-Teilchen-Kollisionen keine Gravitationskraft entstehen würde. So schlug er vor, dass die Teilchen und die Bestandteile der Materie absolut hart seien, was seiner Meinung nach eine komplizierte Form der Stoßwirkung impliziert, nämlich vollständig unelastisch senkrecht zur Oberfläche normaler Materie, und vollständig elastisch tangential zur Oberfläche. Er führte weiter aus, dass die reflektierten Teilchen deshalb durchschnittlich nur noch 2/3 der Geschwindigkeit von zuvor besitzen würden. Um unelastische Stöße zwischen den Teilchen zu vermeiden, nahm er wie Fatio an, dass deren Durchmesser sehr viel kleiner als ihr gegenseitiger Abstand sei.
- Der Widerstand der Teilchenströme ist proportional zu uv (wo v die Geschwindigkeit der Teilchen und u die des Körpers ist), hingegen die Gravitation ist proportional zu v². Daraus ergibt sich, dass das Verhältnis Widerstand/Gravitation beliebig klein gemacht werden kann durch Erhöhung von v. Er nahm für einige Zeit an, die Teilchen würden sich mit c (=Lichtgeschwindigkeit) bewegen, jedoch erhöhte er den Wert später erheblich auf 105·c.
- Um die Proportionalität zur Masse zu erhalten, entwarf er wie Fatio eine Hypothese, in der Materie eine Käfig- oder Gitterstruktur besitzt, wobei die Gitteratome selbst nur einen Durchmesser besitzen, welcher 107 mal kleiner als ihr gegenseitiger Abstand ist. Die Gitteratome selbst sind ebenfalls durchlässig, wobei ihre Stäbe ungefähr 1020 mal so lang als breit sind. Dadurch könnten die Teilchen praktisch ungehindert durchdringen.
- Le Sage versuchte den Abschattungsmechanismus auch zur Erklärung chemischer Effekte zu benutzen, indem er die Existenz vieler verschiedener ultramundaner Teilchenarten von verschiedener Größe postulierte (B9).

Rezeption der Theorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Le Sages Ideen wurden zu seiner Zeit nicht sehr positiv aufgenommen, außer von einigen seiner gelehrten Freunde wie Pierre Prevost, Charles Bonnet, Jean-André Deluc und Simon L’Huilier. Diese erwähnten und beschrieben Le Sages Theorie in ihren Büchern und Artikeln, welche von ihren Zeitgenossen als sekundäre Quellen benutzt wurden – vor allem wegen des Mangels an veröffentlichten Papieren von Le Sage selbst.
- Euler, Daniel Bernoulli, Boscovich
Leonhard Euler merkte 1761 einmal an, dass Le Sages Modell unendlich besser als die Erklärungen anderer Autoren sei, und hier alle Einwände aufgelöst seien. Später meinte er jedoch, dass die Lichtanalogie keine Bedeutung für ihn habe, da er an die Wellennatur des Lichtes glaubte. Nach weiteren Betrachtungen lehnte er das Modell generell ab und schrieb 1765 an Le Sage:
« Je sens encore une-grande répugnance pur cos corpuscules ultra mondains, et j’aimerais toujours mieux d’avouer mon ignorance sur la cause de la gravite, que de recourir a des hypothèses étranges. »
„Sie müssen mich entschuldigen, wenn ich eine große Abneigung gegen Ihre ultramundanen Korpuskel habe, und ich werde es immer vorziehen, meine Unkenntnis über die Ursache für Schwerkraft zu gestehen, als auf solch fremdartige Hypothesen zurückzugreifen.“
Daniel Bernoulli war 1767 angetan von der Ähnlichkeit zwischen Le Sages Modell und seinen eigenen Gedanken zur kinetischen Theorie der Gase. Jedoch war Bernoulli selbst der Meinung, dass seine eigene Gastheorie nur Spekulation sei, wobei das in noch stärkerem Ausmaß auf Le Sages Theorie zuträfe. Wie sich allerdings im 19. Jahrhundert herausstellte, war Bernoullis Gastheorie im Prinzip korrekt. (S. 30)[C 4]
Rugjer Josip Bošković erklärte 1771, dass Le Sages Theorie die erste war, welche die Gravitation tatsächlich mit mechanischen Mitteln erklären könne. Jedoch verwarf er das Modell wegen der enormen und ungenutzten Quantität ultramundaner Materie. Zusätzlich lehnte Boscovich die Existenz unmittelbarer Kontaktwirkungen ab und schlug stattdessen abstoßende und anziehende Fernwirkungen vor. John Playfair beschrieb Boscovichs Argumente so:[C 5]
“An immense multitude of atoms, thus destined to pursue their never ending journey through the infinity of space, without changing their direction, or returning to the place from which they came, is a supposition very little countenanced by the usual economy of nature. Whence is the supply of these innumerable torrents; must it not involve a perpetual exertion of creative power, infinite both in extent and in duration?”
„Eine immense Anzahl an Atomen, bestimmt dazu ihrer niemals endenden Reise durch die Unendlichkeit des Raumes nachzugehen, ohne ihre Richtung zu verändern, oder jemals zu ihrem Ausgangsort zurückzukehren, ist eine Annahme, die sehr geringe Übereinstimmung mit der üblichen Ökonomie der Natur hat. Wo ist die Quelle dieser unzähligen Ströme; schließt das nicht eine immer währende Ausübung von kreativer Kraft ein, unendlich sowohl in der Ausdehnung als auch der Dauer?“
- Lichtenberg, Schelling
Georg Christoph Lichtenberg glaubte ursprünglich wie René Descartes, dass jede Erklärung der Naturphänomene auf geradliniger Bewegung und unmittelbarer Kontaktwirkung beruhen müsse, und Le Sages Theorie erfüllte diese Anforderungen.[A 10] Er nahm Bezug zu Le Sages Theorie in seinen Vorlesungen über Physik an der Universität von Göttingen und schrieb 1790 über Le Sages Theorie:
„Ist es ein Traum, so ist es der größte und erhabenste der je ist geträumt worden, und womit wir eine Lücke in unseren Büchern ausfüllen können, die nur durch einen Traum ausgefüllt werden kann“
Jedoch um 1796 änderte Lichtenberg seine Meinung, nachdem er mit der Argumentation Immanuel Kants konfrontiert wurde, welcher jeden Versuch kritisierte, Anziehung auf Abstoßung zurückzuführen. Nach Kant ist jede Form von Materie unendlich teilbar, woraus sich ergibt, dass die bloße Existenz von ausgedehnter Materie die Existenz von anziehenden Kräften erfordert, welche die einzelnen Teile zusammenhält. Diese Kraft kann jedoch nicht durch Stöße einer umgebenden Materie begründet werden, da ja die Teile dieser stoßenden Materie selbst wieder zusammengehalten werden müssten. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, postulierte Kant neben einer abstoßenden Kraft die Notwendigkeit einer fundamentalen anziehenden Kraft.[A 11] Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling wiederum lehnte Le Sages Modell wegen dessen mechanischen Materialismus ab, wogegen Schelling eine sehr idealistische Philosophie vertrat.[A 12]
- Laplace
Teilweise unter Berücksichtigung von Le Sages Theorie versuchte Pierre-Simon Laplace um 1805 die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der sich ein solches Medium bewegen muss, um im Einklang mit den astronomischen Beobachtungen zu bleiben. Er errechnete, dass die Geschwindigkeit der Gravitation zumindest 100 Millionen Mal größer als die Lichtgeschwindigkeit sein müsse, um Unregelmäßigkeiten in der Mondumlaufbahn zu vermeiden. Dies war für Laplace und andere überhaupt ein Grund anzunehmen, dass die Newtonsche Gravitation auf Fernwirkung beruhe und Nahwirkungsmodelle wie das von Le Sage nicht funktionieren können.[A 13]
Kinetische Theorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da die Theorien von Fatio, Cramer und Redeker weithin unbekannt blieben, war es Le Sages Theorie, die aufgrund der Entwicklung der kinetischen Gastheorie durch Clausius, Kelvin und Maxwell eine Neubelebung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr.
- Leray
Da Le Sages Teilchen nach den Kollisionen an Geschwindigkeit verlieren, müsste aufgrund des Energieerhaltungssatzes eine große Menge an Energie in interne Energiemodi der Körper konvertiert werden. Dieses Problem ansprechend, entwarf P. Leray 1869 eine Teilchentheorie, in welcher er annimmt, dass die absorbierte Energie von den Körpern teils zur Erzeugung von Wärme, teils zur Erzeugung des Magnetismus benutzt wird. Er spekulierte, dass dies eine mögliche Antwort auf die Frage sei, woher die Energie der Sterne kommt.[A 14]
- Kelvin, Tait

Le Sages eigenes Modell wurde vor allem durch die Arbeit von Lord Kelvin 1872 im Rahmen der kinetischen Gastheorie modernisiert. Nach einer Zusammenfassung der Theorie erkannte Kelvin, dass die absorbierte Energie ein sehr viel größeres Problem darstellt, als Leray glaubte. Die dabei erzeugte Wärme würde zum Verglühen jedes Körper in Sekundenbruchteilen führen. Deswegen schilderte Kelvin einen Mechanismus, welcher in abgewandelter Form bereits von Fatio 1690 entwickelt worden war. Kelvin glaubte, dass die Teilchen nach der Kollision zwar eine Einbuße ihrer translatorischen Energiekomponente erleiden, also langsamer würden, dafür stärker vibrieren und rotieren. Die getroffenen Körper würden sich nicht erhitzen, sondern die Teilchen selbst würden nach dem Stoß die Energie in Form von erhöhter Vibration und Rotation wieder mit sich forttragen. Dies ist im Zusammenhang mit Kelvins Theorie einer Wirbelnatur der Materie zu verstehen. Basierend auf seiner Auslegung der Prinzipien von Clausius, wonach das Verhältnis zwischen den 3 Energiemodi in einem Gas konstant bleibt, nahm er an, dass die Teilchen über kosmische Distanzen hinweg ihre ursprüngliche Energiekonfiguration durch Kollisionen mit anderen Teilchen wiedergewinnen würden und somit die Gravitationswirkung nicht mit der Zeit abnimmt. Kelvin glaubte, dass es deswegen möglich ist, die Teilchen als praktisch unerschöpfliche Energiequelle zu nutzen und damit eine Art perpetuum mobile zu konstruieren. Aus thermodynamischen Gründen ist eine solche Konstruktion jedoch nicht möglich und Kelvins Auslegung der Theorie von Clausius musste verworfen werden.[A 15]
Im Anschluss an Kelvin nannte Peter Guthrie Tait 1876 die Le Sage Theorie die einzig plausible Erklärung der Gravitation, welche bis dahin gefunden wurde.[A 16] Er sagte weiter:
“The most singular thing about it is that, if it be true, it will probably lead us to regard all kinds of energy as ultimately Kinetic.”
„Das bemerkenswerteste daran [an Le Sages Theorie] ist, dass wenn sie richtig ist, sie uns möglicherweise dazu bringen wird, alle Energieformen letztendlich als kinetisch zu betrachten.“
- Preston
Samuel Tolver Preston zeigte, dass viele der von Le Sage eingeführten Postulate für die Teilchen, wie die geradlinige Bewegung, spärliche Interaktion etc., unter der Annahme zusammengefasst werden können, dass sie sich – auf kosmischer Ebene – wie ein Gas verhalten, dessen Teilchen eine extrem große mittlere freie Weglänge besitzen. Preston akzeptierte auch Kelvins Vorschlag der internen Bewegungsmodi der Teilchen. Er veranschaulichte Kelvins Modell, indem er es mit der Kollision eines Stahlringes und eines Amboss verglich. Dieser würde nicht sonderlich beeinträchtigt werden, jedoch der Stahlring würde sehr starken Vibrationen unterworfen sein und deswegen an Geschwindigkeit verlieren. Er argumentierte, dass die mittlere freie Weglänge der Teilchen zumindest die Distanz zwischen den Planeten ausmacht. Bei größeren Distanzen könnten die Teilchen (im Sinne Kelvins) ihre ursprüngliche translatorische Bewegungsgröße durch Kollisionen mit anderen Teilchen wiedergewinnen. Deswegen war er überhaupt der Meinung, ab einer bestimmten Entfernung würde die gravitative Wirkung zwischen 2 Körpern nicht mehr auftreten, und das unabhängig von ihrer Größe.[A 17] Paul Drude schlug 1897 vor, dass dies eine Möglichkeit wäre, den Theorien von Carl Gottfried Neumann und Hugo von Seeliger, welche eine Absorption der Gravitation im leeren Raum vorschlugen, eine physikalische Grundlage zu geben.[C 6]
- Maxwell

Eine Besprechung der Le-Sage-Kelvin Theorie wurde 1875 von James Clerk Maxwell in der Encyclopaedia Britannica veröffentlicht.[A 18] Nach der Beschreibung des grundlegenden Mechanismus schrieb er:
“Here, then, seems to be a path leading towards an explanation of the law of gravitation, which, if it can be shown to be in other respects consistent with facts, may turn out to be a royal road into the very arcana of science.”
„Hier scheint ein Pfad zu sein, der in Richtung einer Erklärung der Gravitation führt, welcher – wenn gezeigt werden kann, dass er auch in anderer Hinsicht konsistent mit den Fakten ist – sich als der königliche Weg in das eigentliche Geheimnis der Wissenschaft erweisen kann.“
Dennoch verwarf er das Modell, da gemäß den Gesetzen der Thermodynamik die kinetische Energie der Körper sich derjenigen der Teilchen angleichen müsste, wobei die Energie der letzteren sehr viel größer sei als die der Moleküle der Körper. Als Ergebnis dieses Prozesses müssten die Körper in kürzester Zeit verglühen. Kelvins Lösung würde zwar das mechanische Gleichgewicht zwischen den Systemen erhalten, jedoch nicht das thermodynamische. Er schloss:
“We have devoted more space to this theory than it seems to deserve, because it is ingenious, and because it is the only theory of the cause of gravitation which has been so far developed as to be capable of being attacked and defended.”
„Wir haben dieser Theorie mehr Raum gewidmet als sie es zu verdienen scheint, weil sie geistreich ist und weil sie die einzige Theorie über die Ursache der Gravitation ist, die bis jetzt so weit entwickelt ist, um tauglich für Angriffe und Verteidigungen zu sein.“
Maxwell führte weiter aus, dass die Theorie dadurch einen enormen Aufwand an externer Energie beanspruche und deswegen die Energieerhaltung als fundamentales Prinzip der Natur verletze. Preston antwortete auf Maxwells Kritik mit dem Argument, dass die kinetische Energie der einzelnen Teilchen beliebig klein gemacht werden kann, indem ihre Anzahl vergrößert wird und deswegen der Energieunterschied nicht so groß wie von Maxwell angenommen sei. Jedoch wurde diese Frage später von Poincaré detaillierter behandelt, welcher zeigte, dass das thermodynamische Problem weiterhin ungelöst blieb.
- Isenkrahe
Caspar Isenkrahe veröffentlichte sein Modell erstmals 1879, wobei bis 1915 viele weitere Schriften folgten. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern erarbeitete er eine detailliertere Anwendung der kinetischen Gastheorie im Le Sage Modell. Wie Le Sage argumentierte er, dass die Teilchen absolut hart seien und deswegen die Stöße elastisch tangential, und unelastisch senkrecht zur Oberfläche der Körper sind und erhielt den gleichen Faktor von 2/3. Jedoch war er der Meinung, dass bei den Stößen ein echter Energieverlust eintrete, und dass deswegen der Energieerhaltungssatz in diesem Bereich nicht mehr anwendbar sei, was jedoch mit den thermodynamischen Grundsätzen unvereinbar war und ist. Isenkrahe erklärte, dass die Energieverluste aufgrund der geringen Anzahl an Kollisionen vernachlässigbar seien. Er kritisierte das Kelvin-Preston-Modell, weil er keinen Grund sah, warum die reflektierten Teilchen stärker vibrieren und rotieren sollten, denn es sei schließlich genauso gut das Gegenteil möglich. Aus der Tatsache, dass nur bei enormer Porosität der Materie die Proportionalität der Gravitation zur Masse aufrechterhalten werden kann, zog er den Schluss, dass der Effekt der Wärmeausdehnung die Körper schwerer machen müsse. Das geschieht deshalb, weil bei geringerer Dichte eine gegenseitige Abschirmung der Körpermoleküle seltener ist.[A 19]
- Rysanek
In einem anderen Modell entwickelte Adalbert Rysanek 1887 eine sehr sorgfältige Analyse der Phänomene, wobei er Maxwells Gesetz der Teilchengeschwindigkeiten in einem Gas berücksichtigte. Er unterschied zwischen einem Lichtäther und einer Gravitationsäther, da nach seinen Berechnungen die Abwesenheit eines Widerstands des Mediums bei der Umlaufbahn des Neptun eine untere Geschwindigkeit der Gravitationsteilchen von 5 · 1019 cm/s erfordert. Ähnliche Argumente wurden von Bock[A 20] vorgebracht. Wie Leray argumentierte Rysanek, dass die absorbierte Energie die Herkunft der Sonnenenergie erklären könne, wobei zusätzlich die absorbierte Energie ebenfalls an den Lichtäther weitergegeben werde könnte. Jedoch waren diese Angaben zu ungenau, um die Einwände von Maxwell zu entkräften.[A 21]
- du Bois-Reymond
1888 argumentierte Paul du Bois-Reymond gegen die Le-Sage-Theorie, dass um eine exakte Massenproportionalität wie in Newtons Modell zu erreichen (was eine unendlich große Durchdringbarkeit voraussetzt), der Druck der Teilchen ebenfalls unendlich groß sein muss. Er berücksichtigte zwar das Argument, dass die Massenproportionalität für sehr große Massen keinesfalls experimentell bestätigt sei, jedoch sah er keinen Grund, die bewährte newtonsche Fernwirkung aufgrund einer bloßen Hypothese aufzugeben. Er führte (wie andere vor ihm) aus, dass unmittelbare Stoßwirkungen selbst völlig unerklärlich seien und im Grund ebenfalls auf Fernwirkungen beruhen. Das Hauptbestreben einer solchen Theorie, alle Fernwirkungen auszuschließen, sei somit nicht verwirklichbar.[A 22]
Wellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben der kinetischen Gastheorie wurden auch die im 19. Jahrhundert verwendeten Konzepte von Wellen im Äther zur Konstruktion ähnlicher Modelle benutzt. Danach wurde versucht, Le Sages Teilchen durch elektromagnetische Wellen zu ersetzen. Dies geschah in Verbindung mit der Elektronentheorie jener Zeit, in welcher die elektrische Natur der gesamten Materie angenommen wurde.
- Keller, Boisbaudran
1863 veröffentlichten F. und E. Keller eine Gravitationstheorie, in welcher sie einen Le-Sage-Mechanismus in Verbindung mit Longitudinalwellen des Äthers entwarfen. Sie nahmen an, dass diese Wellen sich in alle Richtungen ausbreiten und einigen Impuls nach dem Aufschlag auf die Körper verlieren würden, so dass zwischen den Körpern der Druck etwas geringer ausfällt, als von den Außenseiten.[A 23] 1869 erstellte Lecoq de Boisbaudran praktisch dasselbe Modell wie Leray (Wärme, Magnetismus), jedoch ersetzte er wie Keller die Teilchen durch Longitudinalwellen.[A 24]
- Lorentz

Hendrik Antoon Lorentz versuchte 1900 die Gravitation mit seiner Lorentz-Äthertheorie zu vereinbaren. Dabei vermerkte er, dass Le Sages Teilchentheorie nicht mit ihr verträglich sei. Jedoch führte die Entdeckung, dass elektromagnetische Wellen eine Art Strahlungsdruck erzeugen, und in Form von Röntgenstrahlen Materie relativ einfach durchdringen können, Lorentz auf den Gedanken, die Teilchen durch extrem hochfrequente EM-Strahlen zu ersetzen. Er konnte tatsächlich zeigen, dass durch Abschattung eine anziehende Kraft zwischen geladenen Teilchen (welche als Grundbausteine der Materie aufgefasst wurden) entsteht. Das geschieht allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die gesamte Strahlungsenergie absorbiert wird. Das war dasselbe fundamentale Problem wie in den Teilchenmodellen. Deswegen verwarf er das Modell und wie er weiter ausführte, wären auch Bahninstabilitäten aufgrund der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen zu erwarten.[A 25]
Auf das Thema zurückkommend diskutierte Lorentz 1922 die Erkenntnisse von Martin Knudsen über das Verhalten von Gasen mit sehr hoher freier Weglänge, welche eine Zusammenfassung sowohl von Le Sages Teilchentheorie als auch seiner eigenen elektromagnetischen Variante folgte. Er wiederholte jedoch seinen Schluss aus 1900: Ohne Absorption gibt es keine Gravitation in dieser Theorie.[A 26]
- J.J. Thomson
1904[A 27] zog Joseph John Thomson ein Le-Sage-Modell auf EM-Basis in Betracht, in dem die Strahlung weit durchdringender als gewöhnliche Röntgenstrahlung ist. Er argumentierte, dass die von Maxwell angeführte Erwärmung vermieden werden kann, wenn angenommen wird, dass die absorbierte Strahlung nicht in Wärme verwandelt, sondern als sekundäre Strahlung von noch viel größerer Durchdringungsfähigkeit re-emittiert wird. Er bemerkte, dass dieser Prozess erklären könnte, woher die Energie der radioaktiven Substanzen kommt. Jedoch meinte er, eine interne Ursache für die Radioaktivität sei sehr viel wahrscheinlicher. 1911 kam Thomson auf dieses Thema zurück und erklärte, dass diese sekundäre Strahlung sehr ähnlich dem Effekt sei, den elektrisch geladene Teilchen bei der Durchdringung von normaler Materie verursachen, wobei als Sekundärprozess Röntgenstrahlen erzeugt werden.[A 28] Er schrieb:
“It is a very interesting result of recent discoveries that the machinery which Le Sage introduced for the purpose of his theory has a very close analogy with things for which we have now direct experimental evidence […] Röntgen rays, however, when absorbed do not, as far as we know, give rise to more penetrating Rontgen rays as they should to explain attraction, but either to less penetrating rays or to rays of the same kind.”
„Es ist ein sehr interessantes Resultat jüngster Entdeckungen, dass die von Le Sage im Dienste seiner Theorie eingeführte Maschinerie eine sehr enge Analogie mit Dingen besitzt, für welche wir jetzt direkte experimentelle Gewissheit haben […] Röntgenstrahlen verursachen jedoch nicht die Entstehung von noch durchdringenderen Röntgenstrahlen, wie sie zur Erzeugung der Anziehung notwendig sind, sondern es entstehen gleiche oder weniger durchdringende Strahlen.“
- Tommasina, Brush
Im Gegensatz zu Lorentz und Thomson verwendete Thomas Tommasina um 1903[A 29] Wellen mit sehr großer Wellenlänge, kleine Wellenlängen benutzte er zur Erklärung chemischer Effekte. 1911[A 30] schlug Charles Francis Brush ebenfalls ein Modell mit Wellen großer Wellenlänge vor, jedoch änderte er später seine Meinung und zog Wellen mit extrem hoher Frequenz vor.
Weitere Einschätzungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]G. H. Darwin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1905 berechnete George Howard Darwin die Gravitationskraft zwischen zwei Körpern bei extrem geringen Abständen, um zu sehen, ob bei einem Le-Sage-Modell Abweichungen gegenüber dem Gravitationsgesetz auftreten. Er kam zu dem gleichen Schluss wie Lorentz, dass die Stöße völlig unelastisch sein müssen und im Gegensatz zur Annahme von Le Sage nicht nur bei senkrechter Einstrahlung, sondern auch bei Einstrahlung tangential zur Materieoberfläche. Dies geht einher mit einer Verschärfung der thermischen Problematik. Zusätzlich muss angenommen werden, dass alle elementaren Bestandteile der Materie von derselben Größe sind. Er führte weiter aus, dass die Emission von Licht und damit zusammenhängend der Strahlungsdruck eine genaue Entsprechung des Le Sage Modells darstelle. Ein Körper mit unterschiedlicher Oberflächentemperatur wird sich in Richtung des kälteren Teiles bewegen.[A 31] Später schließlich sagte er, dass er die Theorie ernsthaft in Betracht gezogen habe, aber er selbst werde sich nicht weiter mit ihr beschäftigen. Er glaubte nicht, dass irgendein Wissenschaftler sie als den richtigen Weg zu einer Erklärung der Gravitation akzeptiert.[A 32]
Poincaré
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Teilweise auf den Berechnungen Darwins basierend, veröffentlichte Henri Poincaré 1908 eine ausführliche Kritik. Er folgerte, dass die Anziehung in einem solchen Modell proportional zu sei, wo S die Oberfläche aller Moleküle der Erde, v die Geschwindigkeit der Teilchen und ρ die Dichte des Mediums ist. Laplace folgend meinte er, dass um die Massenproportionalität zu wahren, die obere Grenze für S maximal der zehnmillionste Teil der Erdoberfläche ist. Er erklärte, dass der Widerstand proportional zu Sρv ist und somit das Verhältnis von Widerstand und Anziehung umgekehrt proportional zu Sv ist. Um den Widerstand im Verhältnis zu Anziehung möglichst gering zu halten, errechnete Poincaré als untere Grenze für die Geschwindigkeit der Teilchen den enormen Wert von v=24·1017·c aus, wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist. Da jetzt untere Grenzen für Sv und v bekannt sind und auch eine obere Grenze für S feststeht, kann man daraus die Dichte und somit die Wärme berechnen, welche proportional zu Sρv3 ist. Diese reicht aus, um die Erde in jeder Sekunde um 1026 °C zu erhitzen. Poincaré vermerkte trocken, dass „die Erde einen solchen Zustand offenbar nicht lange ertragen würde“. Poincaré analysierte auch einige Wellenmodelle (Tommasina und Lorentz) und merkte an, dass diese dieselben Probleme wie die Teilchenmodelle haben (enorme Wellengeschwindigkeit, Erwärmung). Nach der Schilderung des auch von Thomson vorgeschlagenen Modells der Re-emission sekundärer Wellen, meinte Poincaré: „Zu solch komplizierten Hypothesen wird man genötigt, wenn man die Theorie von Le Sage gangbar machen will.“
Er fügte an, dass bei vollständiger Absorption im Rahmen des Modells von Lorentz die Erdtemperatur um 1013 °C pro Sekunde ansteigen würde. Poincaré untersuchte Le Sages Modell auch im Zusammenhang mit dem Relativitätsprinzip, wo die Lichtgeschwindigkeit eine unüberschreitbare Grenzgeschwindigkeit darstellt. Bei der Teilchentheorie merkte er deshalb an, dass es schwierig sei, ein mit dem neuen Relativitätsprinzip zu vereinbarendes Stoßgesetz aufzustellen.[A 33]
David Hilbert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1913 untersuchte David Hilbert in seinen Vorlesungen für Physik sowohl Le Sages und vor allem Lorentz’ Theorie. Er führte dabei an, dass dessen Theorie nicht funktioniere, da z. B. das Abstandsgesetz nicht mehr gültig sei, wenn der Abstand zwischen den Atomen groß genug im Vergleich zu ihrer Wellenlänge ist. Jedoch Erwin Madelung, ein Kollege Hilberts an der Universität Göttingen, benutzte das lorentzsche Schema zu Erklärung der molekularen Kräfte. Hilbert stufte Madelungs mathematisches Modell als sehr interessant ein, obwohl einige Aussagen nicht experimentell überprüfbar seien.[C 7]
Richard Feynman
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1964 untersuchte Richard Feynman ebenfalls ein solches Modell, vor allem um herauszufinden, ob es möglich ist, einen Mechanismus für Gravitation ohne den Einsatz komplexer Mathematik zu finden. Jedoch nach Berechnung des Widerstandes, den die Körper in diesem Teilchenmeer erfahren müssen, gab er seine Bemühungen aus denselben Gründen auf (inakzeptable Geschwindigkeit), wie sie vorher geschildert wurden.[B 1] Er schloss:
‘Well’, you say, ‘it was a good one, and I got rid of the mathematics for awhile. Maybe I could invent a better one’. Maybe you can, because nobody knows the ultimate. But up to today, from the time of Newton, no one has invented another theoretical description of the mathematical machinery behind this law which does not either say the same thing over again, or make the mathematics harder, or predict some wrong phenomena. So there is no model of the theory of gravitation today, other than the mathematical form.
„›Gut‹, wirst du sagen, ›es war ein gutes Modell, und ich wurde die Mathematik für eine Weile los. Vielleicht könnte ich ein besseres Modell finden‹. Vielleicht kannst du das, weil niemand alles weiß. Aber von der Zeit Newtons bis jetzt hat keiner eine andere theoretische Beschreibung der mathematischen Maschinerie hinter diesem Gesetz gegeben, welche nicht entweder dieselbe Sache immer nur wiederholt, die Mathematik schwerer gemacht oder einige falsche Phänomene vorausgesagt hat. So gibt es bis heute kein anderes Modell der Gravitationstheorie als in der mathematischen Form.“
Voraussagen und Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Materie und Teilchen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Porosität der Materie
Eine grundlegende Vorhersage der Theorie ist die extreme Porosität der Materie. Wie bereits geschildert, muss Materie großteils aus leerem Raum bestehen, so dass die Teilchen nahezu ungehindert durchdringen können und so alle Bestandteile des Körpers gleichmäßig an der gravitativen Wechselwirkung teilnehmen. Diese Voraussage wurde (in gewisser Weise) im Laufe der Zeit bestätigt. Tatsächlich besteht Materie größtenteils aus leerem Raum (abgesehen von den Feldern) und bestimmte Teilchen wie Neutrinos können nahezu ungehindert durchdringen. Jedoch die Vorstellung der elementaren Bestandteile der Materie als klassische Entitäten, deren Wechselwirkungen durch direkten Kontakt erfolgen und abhängig sind von deren Form und Größe (zumindest wie das von Fatio bis Poincaré dargestellt wurde), entspricht nicht der Darstellung von Elementarteilchen in modernen Quantenfeldtheorien.
- Hintergrundstrahlung
Jedes Fatio/Le Sage Modell postuliert die Existenz eines den Raum erfüllenden, isotropen Fluids oder einer Strahlung von enormer Intensität und Durchdringungsfähigkeit. Dies hat einige Ähnlichkeit mit der Hintergrundstrahlung vor allem in Form des Mikrowellen-Hintergrundes (CMBR). Das CMBR ist tatsächlich eine den Raum erfüllende, isotrope Strahlung, jedoch ist ihre Intensität viel zu gering, genauso wie ihre Durchdringungsfähigkeit. Andererseits besitzen zwar Neutrinos die nötige Durchdringungsfähigkeit, jedoch ist diese Strahlung nicht isotrop (da einzelne Sterne die Hauptquellen der Neutrinos sind) und ihre Intensität ist noch geringer als die des CMBR. Zusätzlich breiten sich beide Strahlungsarten nicht mit Überlichtgeschwindigkeit aus, was zumindest nach obigen Berechnungen eine weitere Voraussetzung ist. Von einem modernen Standpunkt aus, und nicht im Zusammenhang mit Fatios Modell, wurde die Möglichkeit von Neutrinos als Überträgerteilchen in einer Quantengravitation von Feynman in Betracht gezogen und widerlegt.[B 2]
Abschirmung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Dieser Effekt hängt eng mit der vorausgesetzten Porosität und Durchdringbarkeit der Materie zusammen, welche notwendig ist, um die Proportionalität zur Masse aufrechtzuerhalten. Um das genauer auszuführen: Diejenigen Atome, welche nicht mehr von den Teilchen getroffen werden, würden keinen Anteil an der Abschirmung und somit der schweren Masse des Körpers mehr haben (B10, oben). Dieser Effekt kann jedoch durch entsprechende Erhöhung der Porosität der Materie, d. h. durch die Verkleinerung ihrer Bestandteile, beliebig minimiert werden. Somit wird die Wahrscheinlichkeit, dass diese Bestandteile genau auf einer Linie liegen und sich gegenseitig abschirmen, reduziert (B10, unten). Ganz lässt sich dieser Effekt jedoch nicht ausschalten, denn um eine vollständige Durchdringbarkeit zu erreichen, dürften die Bestandteile der Materie überhaupt nicht mehr mit den Teilchen wechselwirken, was aber auch das Verschwinden jeglicher Gravitation zur Folge hätte. Das bedeutet, ab einer bestimmten Grenze müsste eine Differenz zwischen träger und schwerer Masse, also eine Abweichung vom Äquivalenzprinzip, zu beobachten sein.
Jegliche Abschirmung der Gravitation ist also eine Verletzung des Äquivalenzprinzips und folglich unvereinbar mit dem Gravitationsgesetz Newtons als auch der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) Einsteins. Bislang wurde jedoch keine Abschirmung der Gravitation beobachtet.[C 8] Für mehr Informationen über den Zusammenhang Le Sage und Abschirmung der Gravitation, siehe Martins.[C 9][C 10]
Bezüglich Isenkrahes Vorschlag einer Verbindung zwischen Dichte, Temperatur und Gewichtskraft: Da seine Argumentation auf der Änderung der Dichte beruht, und die Temperatur bei konstanter Dichte gesenkt und erhöht werden kann, impliziert Isenkrahes Theorie keinen grundlegenden Zusammenhang zwischen Temperatur und Gewicht. (Es existiert zwar tatsächlich ein solcher Zusammenhang, jedoch nicht im Sinne von Isenkrahe. Siehe Abschnitt Wechselwirkung mit Energie). Auch die Voraussage einer Beziehung zwischen Dichte und Gewichtskraft konnte experimentell nicht bestätigt werden.
Geschwindigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Widerstand
Eines der Hauptprobleme der Theorie ist, dass ein Körper, der sich relativ zu dem Bezugssystem bewegt, in dem die Geschwindigkeit der Teilchen in alle Richtungen gleich ist, einen Widerstand in Bewegungsrichtung spüren müsste. Das liegt daran, dass die Geschwindigkeit der auf den Körper auftreffenden Teilchen in Bewegungsrichtung größer ist. Analog dazu ist der Doppler-Effekt bei Wellenmodellen zu beachten. Dieser Widerstand führt zu einer stetigen Verkleinerung der Umlaufbahn um die Sonne und ist (nach Fatio, Le Sage und Poincaré) proportional zu uv, wo u die Geschwindigkeit des Körpers und v die der Teilchen ist. Andererseits ist die Gravitationskraft proportional zu v², woraus sich ergibt, dass das Verhältnis von Widerstand zur Gravitationskraft proportional zu u/v ist. Bei einer bestimmten Geschwindigkeit u kann der effektive Widerstand also durch Erhöhung von v beliebig klein gemacht werden. Wie von Poincaré errechnet, muss v mindestens 24·1017·c betragen, also sehr viel größer als die Lichtgeschwindigkeit sein. Das macht die Theorie unvereinbar mit der Mechanik der Speziellen Relativitätstheorie, in welcher keine Teilchen (oder Wellen) sich schneller als Licht ausbreiten können, denn aufgrund der Relativität der Gleichzeitigkeit käme es je nach Bezugssystem zu Kausalitätsverletzungen. Selbst wenn superluminale Geschwindigkeiten möglich wären, würde das wieder zu einer enormen Wärmeproduktion führen – siehe unten.
- Aberration
Ein ebenfalls von der Teilchengeschwindigkeit abhängiger Effekt ist die Aberration der Gravitation. Aufgrund der endlichen Geschwindigkeit der Gravitation kommt es zu Zeitverzögerungen bei der Wechselwirkung der Himmelskörper, welche im Gegensatz zum Widerstand zu einer stetigen Vergrößerung der Umlaufbahnen führen. Auch hier muss eine größere Geschwindigkeit als die des Lichts angenommen werden. Während Laplace noch eine untere Grenze von 107·c angab, ergaben neuere Beobachtungen eine untere Grenze von 1010·c.[B 3] Es ist nicht bekannt, ob im Le-Sage-Modell ebenfalls Effekte wie in der ART auftreten, welche diese Form der Aberration kompensieren.
Reichweite
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schattenwirkung gilt nur dann exakt nach 1/r², wenn keine Wechselwirkung der Teilchen untereinander auftritt – d. h., das Abstandsgesetz ist abhängig von der mittleren freien Weglänge der Teilchen. Kollidieren sie jedoch miteinander, „verwischt“ sich der Schatten bei größerer Entfernung. Dieser Effekt ist abhängig von dem jeweils vertretenen Modell und den dabei angenommenen internen Energiemodi der Teilchen oder Wellen. Um diesem Problem generell auszuweichen, postulierten Kelvin und andere, dass die Teilchen jederzeit beliebig klein definiert werden könnten, wodurch sie sich trotz großer Anzahl nur sehr selten begegnen würden – dadurch wäre dieser Effekt minimiert. Das Vorhandensein von großräumigen Strukturen im Universum wie Galaxienhaufen spricht jedenfalls für eine Reichweite der Gravitation über zumindest mehrere Millionen Lichtjahre hinweg.
Energie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Absorption
Wie in dem historischen Abschnitt erklärt, ist ein weiteres Problem dieses Modells die Absorption von Energie und somit die Produktion von Wärme. Aronson gab dafür ein einfaches Beispiel:[C 11]
- Ist die kinetische Energie der Teilchen kleiner als die der Körper, werden sich die Teilchen nach den Kollisionen mit größerer Geschwindigkeit bewegen und die Körper werden sich abstoßen.
- Sind Körper und Teilchen im thermischen Gleichgewicht, entsteht keine Kraft.
- Ist die kinetische Energie der Körper kleiner als die der Teilchen, entsteht eine anziehende Kraft. Aber wie von Maxwell und Poincaré gezeigt, müssten diese unelastische Kollisionen die Körper in Sekundenbruchteilen zur Weißglut bringen, vor allem wenn eine Teilchengeschwindigkeit größer als c angenommen wird.
Isenkrahes bewusste Verletzung des Energieerhaltungssatzes als Lösungsmöglichkeit war genauso unakzeptabel wie Kelvins Anwendung des Theorems von Clausius, was, wie Kelvin selbst bemerkt hat, zu einem Perpetuum-mobile-Mechanismus führt. Der Vorschlag eines sekundären Re-Emissionsmechanismus für Wellenmodelle (analog zu Kelvins Veränderung der Energiemodi) erregte das Interesse von J. J. Thomson, wurde jedoch von Maxwell und Poincaré nicht sonderlich ernst genommen. Dabei würden nämlich große Mengen an Energie spontan von einer kalten in eine wärmere Form konvertiert, was eine grobe Verletzung des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik darstellt.
Das Energieproblem wurde ebenfalls im Zusammenhang mit der Idee einer Massenzunahme und der Expansionstheorie erörtert. Iwan Ossipowitsch Jarkowski 1888 und Ott Christoph Hilgenberg 1933 kombinierten ihre Expansionsmodelle mit der Absorption eines Äthers.[C 12] Diese Theorie wird jedoch weitgehend nicht mehr als gültige Alternative zur Plattentektonik angesehen. Darüber hinaus würde aufgrund der Äquivalenz von Masse und Energie und der Anwendung der von Poincaré errechneten Energieabsorptionswerte der Erdradius in kürzester Zeit beträchtlich zunehmen.
- Wechselwirkung
Wie in der ART vorhergesagt und basierend auf experimentellen Bestätigungen, wechselwirkt Gravitation mit jeder Form von Energie und nicht nur mit normaler Materie. Die elektrostatische Bindungsenergie der Nukleonen, die Energie der schwachen Wechselwirkung der Nukleonen und die kinetische Energie der Elektronen tragen alle zur schweren Masse eines Atoms bei, wie in Hochpräzisionsmessungen vom Eötvös-Typ nachgewiesen wurde.[B 4] Das bedeutet, dass eine schnellere Bewegung der Gasteilchen eine Erhöhung der Gravitationswirkung des Gases bewirkt. Le Sages Theorie sagt ein solches Phänomen nicht voraus, noch tun das die anderen bekannten Variationen der Theorie.
Nicht-gravitative Anwendungen und Analogien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mock gravity
Lyman Spitzer errechnete 1941[B 5], dass Absorption von Strahlung zwischen zwei Staubpartikeln zu einer scheinbaren Anziehungskraft führt, welche proportional zu 1/r² ist (wobei ihm offensichtlich die analogen Theorien von Le Sage und insbesondere die Untersuchungen von Lorentz zum Strahlungsdruck unbekannt waren). George Gamow, der diesen Effekt als mock gravity bezeichnete, schlug 1949[B 6] vor, dass nach dem Urknall die Temperatur der Elektronen schneller gesunken sei als die Temperatur der Hintergrundstrahlung. Absorption der Strahlung führe zu dem von Spitzer errechneten Le-Sage-Mechanismus zwischen den Elektronen, welcher eine wichtige Rolle bei der Galaxienbildung nach dem Urknall gespielt haben soll. Jedoch wurde dieser Vorschlag 1971 von Field[B 7] widerlegt, der zeigte, dass dieser Effekt viel zu klein gewesen ist, da die Elektronen und die Strahlung sich annähernd im thermischen Gleichgewicht befunden haben. Hogan und White schlugen 1986[B 8] vor, dass eine Form von mock gravity die Galaxienbildung durch Absorption vorgalaktischen Sternenlichtes beeinflusst hat. Aber 1989[B 9] zeigten Wang und Field, dass jede Form von Mock gravity nicht in der Lage ist, eine ausreichend große Wirkung zustande zu bringen, um die Galaxienformation zu beeinflussen.
- Plasma
Der Le-Sage-Mechanismus wurde als signifikanter Faktor im Verhalten komplexer Plasmen[B 10] identifiziert. Ignatov zeigte, dass durch unelastische Kollisionen eine anziehende Kraft zwischen zwei in einem kollisionsfreien, nichtthermischen Plasma suspendierten Staubkörnern entsteht. Diese Anziehungskraft ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung zwischen den Staubkörnern und kann die Coulomb-Abstoßung zwischen ihnen ausgleichen.[B 11]
- Vakuumenergie
In der Quantenfeldtheorie wird die Existenz von virtuellen Teilchen angenommen, welche zum so genannten Casimir-Effekt führen. Hendrik Casimir fand heraus, dass bei der Berechnung der Vakuumenergie zwischen 2 Platten nur Teilchen von bestimmten Wellenlängen auftreten. Deswegen ist die Energiedichte zwischen den Platten geringer als außerhalb, was zu einer scheinbaren Anziehungskraft zwischen den Platten führt. Dieser Effekt hat jedoch eine von der Theorie Fatios sehr verschiedene theoretische Grundlage.
Neuere Entwicklungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Untersuchung von Le Sages Theorie im 19. Jahrhundert identifizierte mehrere eng zusammenhängende Probleme. Dazu zählen die enorme Erwärmung, instabile Umlaufbahnen durch Widerstand und Aberration sowie die nicht beobachtete Abschirmung der Gravitation. Die Erkenntnis dieser Probleme zusammen mit einer generellen Abkehr von kinetischen Gravitationsmodellen resultierte in einem zunehmenden Verlust an Interesse. Schließlich wurden Le Sages und andere Theorien durch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie verdrängt.
Obwohl das Modell nicht mehr als gültige Alternative angesehen wird, werden außerhalb des Mainstreams Versuche zu einer Revitalisierung unternommen, wie die Modelle von Radzievskii und Kagalnikova (1960),[B 12] Shneiderov (1961),[B 13] Buonomano and Engels (1976),[B 14] Adamut (1982),[B 15] Jaakkola (1996),[B 16] Van Flandern (1999)[B 17] und Edwards (2007).[B 18] Verschiedene Le-Sage-Modelle und verwandte Themen werden in Edwards et al. diskutiert.[B 19]
Ein Arbeitspapier über eine neuartige, nicht verifizierte, quantitative Push-Gravitationstheorie von Danilatos (2020), wurde auf der nicht referierten Zenodo-Plattform des CERN veröffentlicht.[B 20]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Historische Primärquellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bock, Adalbert M.: Die Theorie der Gravitation von Isenkrahe in ihrer Anwendung auf die Anziehung und Bewegung der Himmelskörper. Dissertation. München 1891.
- Boisbaudran, Lecoq de: Note sur la théorie de la pesanteur. In: Comptes Rendus. Band 69, 1869, S. 703–705 (Online).
- Du Bois-Reymond, Paul: Ueber die Unbegreiflichkeit der Fernkraft. In: Naturwissenschaftliche Rundschau. Band 3, Nr. 14, 1888, S. 169–176 (Online).
- Brush, Charles Francis: A kinetic theory of gravitation. In: Nature. Band 86, 1911, S. 130–132.
- G. Cramer: Theses Physico-Mathematicae de Gravitate (Dissertation). Genf 1731.
- Darwin, George Howard: The analogy between Lesage’s theory of gravitation and the repulsion of light. In: Proc. Royal Soc. Band 76, 1905, S. 387–410 (Online).
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- Fatio de Duillier, Nicolas: Lettre N° 2570. In: Société Hollandaise des Sciences (Hrsg.): Oeuvres complètes de Christiaan Huygens. Band 9. Den Haag 1690, S. 381–389 (Online).
- Fatio de Duillier, Nicolas: Drei Untersuchungen zur Geschichte der Mathematik, in: Schriften der Straßburger Wissenschaftlichen Gesellschaft in Heidelberg. Hrsg.: Karl Bopp. Band 10. Berlin & Leipzig 1929, Die wiederaufgefundene Abhandlung von Fatio de Duillier: De la cause de la Pesanteur, S. 19–66.
- Fatio de Duillier, Nicolas: De la Cause de la Pesanteur: Mémoire de Nicolas Fatio de Duillier. In: Notes and Records of the Royal Society of London. Band 6, 1. Mai 1949, S. 125–160, doi:10.1098/rsnr.1949.0018 (Online).
- Isenkrahe, Caspar: Das Räthsel von der Schwerkraft: Kritik der bisherigen Lösungen des Gravitationsproblems und Versuch einer neuen auf rein mechanischer Grundlage. Friedrich Vieweg und Sohn, Braunschweig 1879.
- Jarolimek, A.: Über die Gravitation. In: Wien. Ber. Band 88, 1883, S. 897–911.
- Kant, Immanuel: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft: Dynamik, Lehrsatz 5. In: . 1786 (Online).
- Keller, F. A. E. & Keller, É.: Mémoire sur la cause de la pesanteur et des effets attribués à l’attraction universelle. In: Comptes Rendus. Band 56, 1863, S. 530–533 (Online).
- Laplace, Pierre-Simon: A Treatise in Celestial Mechanics. 4, Buch 10. Chelsea (New York) 1966, Kapitel 7.
- Leray, P.: Theorie nouvelle de la gravitation. In: Comptes Rendus. Band 69, 1869, S. 615–621 (Online).
- Le Sage, Georges-Louis: Letter à une académicien de Dijon … In: Mercure de France. 1756, S. 153–171.
- Le Sage, Georges-Louis: Essai de Chymie Méchanique. In: . Privatdruck, Genf 1761 (Online).
- Le Sage, Georges-Louis: Lucrèce Newtonien. In: Memoires de l’Academie Royale des Sciences et Belles Lettres de Berlin. 1784, S. 404–432 (Online). Englische Übersetzung: Georges-Louis Le Sage: The Newtonian Lucretius. In: Annual Report of the Board of Regents of the Smithsonian Institution. 1898, S. 139–160.
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- Lichtenberg, Georg Christoph: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, II. mathematisch-physikalische Klasse. Hrsg.: Horst Zehe, Wiard Hinrichs. Band 1. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2003, Ist es ein Traum, so ist es der größte und erhabenste der je ist geträumt worden ….
- Lorentz, Hendrik: Considerations on Gravitation. In: Proc. Acad. Amsterdam. Band 2, 1900, S. 559–574.
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- Preston, Samuel Tolver: On some dynamical conditions applicable to LeSage’s theory of gravitation. In: Phil. Mag., fifth ser. Band 4, Nr. 24, 1877, S. 206–213, doi:10.1080/14786447708639322.
- Preston, Samuel Tolver: On some dynamical conditions applicable to LeSage’s theory of gravitation. In: Phil. Mag., fifth ser. Band 4, Nr. 26, 1877, S. 364–375, doi:10.1080/14786447708639355.
- Redeker, Franz Albert: De causa gravitatis meditatio. In: Lemgoviae ex officina Meyeriana. 1736.
- Rysánek, Adalbert: Versuch einer dynamischen Erklärung der Gravitation. In: Repertorium der Physik. Band 24, 1887, S. 90–115.
- Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Ideen zu einer Philosophie der Natur. 1797, Einige Bemerkungen über die mechanische Physik des Herrn le Sage, S. 296–308.
- Tait, Peter Guthrie: Lectures on some recent advances in physical science with a special lecture on force. Macmillan and Co., London 1876 (Online).
- Tommasina, Thomas: La Physique de la Gravitation. Gauthier-Villars, Paris 1928.
- Thomson, William (Lord Kelvin): On the ultramundane corpuscles of Le Sage. In: Phil. Mag. Band 45, 1873, S. 321–332 (Online).
- Thomson, J. J.: Electricity and matter. Archibald Constable & Co., Ltd., Westminster 1904 (Online).
- Thomson, J. J.: Matter. In: Encyclopædia Britannica. 1911, S. 891–895.
- Einzelnachweise zur historischen Primärliteratur
- ↑ Fatio (1690)
- ↑ Fatio (1701)
- ↑ Fatio (1743)
- ↑ Cramer (1731)
- ↑ Redeker (1736)
- ↑ Le Sage (1756)
- ↑ Le Sage (1761)
- ↑ Le Sage (1782)
- ↑ Le Sage (1818)
- ↑ Lichtenberg (2003)
- ↑ Kant (1786)
- ↑ Schelling (1797)
- ↑ Laplace (1805)
- ↑ Leray (1869)
- ↑ Thomson (1873)
- ↑ a b Tait (1876)
- ↑ Preston (1877)
- ↑ a b c Maxwell (1875)
- ↑ Isenkrahe (1879)
- ↑ Bock (1891)
- ↑ Rysanek (1887)
- ↑ Bois-Reymond (1888)
- ↑ Keller (1863)
- ↑ Boisbaudran (1869)
- ↑ Lorentz (1900)
- ↑ Lorentz (1922)
- ↑ Thomson (1911)
- ↑ a b Thomson (1911)
- ↑ Tommasina (1928)
- ↑ Brush (1911)
- ↑ Darwin (1905)
- ↑ Darwin (1916)
- ↑ Poincaré (1908)
Primärquellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Adâmuți, I. A.: The screen effect of the earth in the TETG. Theory of a screening experiment of a sample body at the equator using the earth as a screen. In: Nuovo Cimento C. Band 5, Nr. 2, 1982, S. 189–208, doi:10.1007/BF02509010.
- Buonomano, V. & Engel, E.: Some speculations on a causal unification of relativity, gravitation, and quantum mechanics. In: Int. J. Theor. Phys. Band 15, Nr. 3, 1976, S. 231–246, doi:10.1007/BF01807095.
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- Carlip, Steve: Aberration and the Speed of Gravity. In: Phys. Lett. A. Band 167, Nr. 2–3, 1999, S. 81–87, doi:10.1016/S0375-9601(00)00101-8, arxiv:gr-qc/9909087.
- Edwards, M. R. (Hrsg.): Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation. C. Roy Keys Inc., Montreal 2002, ISBN 0-9683689-7-2.
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- Feynman, R. P.: Feynman Lectures on Gravitation. Addison-Wesley, Reading 1995, S. 23–28.
- Field, G. B.: Instability and waves driven by radiation in interstellar space and in cosmological models. In: The Astrophysical Journal. Band 165, 1971, S. 29–40, bibcode:1971ApJ...165...29F.
- Field, G.B. & Wang, B.: Galaxy formation by mock gravity with dust? In: The Astrophysical Journal. Band 346, 1989, S. 3–11, bibcode:1989ApJ...346....3W.
- Gamow, George: On relativistic cosmogony. In: Reviews of modern physics. Band 21, Nr. 3, 1949, S. 367–373, doi:10.1103/RevModPhys.21.367 (Online).
- Hogan, C.J.: Mock gravity and cosmic structure. In: The Astrophysical Journal. Band 340, 1989, S. 1–10, bibcode:1989ApJ...340....1H.
- Ignatov, A.M.: Lesage gravity in dusty plasma. In: Plasma Physics Reports. Band 22, Nr. 7, 1996, S. 585–589.
- Jaakkola, T.: Action-at-a-distance and local action in gravitation: discussion and possible solution of the dilemma. In: Apeiron. Band 3, 1996, S. 61–75 (Online [PDF]).
- Radzievskii, V.V. & Kagalnikova, I.I.: The nature of gravitation. In: Vsesoyuz. Astronom.-Geodezich. Obsch. Byull. Band 26, Nr. 33, 1960, S. 3–14. Englische Übersetzung: U.S. government technical report: FTD TT64 323; TT 64 11801 (1964), Foreign Tech. Div., Air Force Systems Command, Wright-Patterson AFB, Ohio.
- Shneiderov, A. J.: On the internal temperature of the earth. In: Bollettino di Geofisica Teorica ed Applicata. Band 3, 1961, S. 137–159.
- Spitzer, L.: The dynamics of the interstellar medium; II. Radiation pressure. In: The Astrophysical Journal. Band 94, 1941, S. 232–244, bibcode:1941ApJ....94..232S.
- Van Flandern, Tom: Dark Matter, Missing Planets and New Comets. North Atlantic Books, Berkeley 1999, S. Chapters 2–4.
- Danilatos, Gerasimos: Novel quantitative push gravity theory poised for verification. In: Zenodo. 2020 (Online).
- Einzelnachweise zur Primärliteratur
- ↑ Feynman (1964)
- ↑ Feynman (1995)
- ↑ Carlip (1999)
- ↑ Carlip (1997)
- ↑ Spitzer (1941)
- ↑ Gamow (1949)
- ↑ Field (1971)
- ↑ Hogan (1989)
- ↑ Field (1989)
- ↑ Siehe Carsten Killer: Staubige Plasmen - eine Einführung. August 2016, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 21. Februar 2018; abgerufen am 21. Februar 2018.
- ↑ Ignatov (1996)
- ↑ Radzievskii (1960)
- ↑ Shneiderov (1961)
- ↑ Buonomano (1976)
- ↑ Adamut (1982)
- ↑ Jaakkola (1996)
- ↑ Van Flandern (1999)
- ↑ Edwards (2007)
- ↑ Edwards (2002)
- ↑ Danilatos (2020)
Sekundärquellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Aronson, S.: The gravitational theory of Georges-Louis Le Sage. In: The Natural Philosopher. Band 3, 1964, S. 51–74.
- Bertolami, O. & Paramos, J. & Turyshev, S. G.: General Theory of Relativity: Will it survive the next decade? In: Lasers, Clocks, and Drag-Free: Technologies for Future Exploration in Space and Tests of Gravity. 2006, S. 27–67, arxiv:gr-qc/0602016v2.
- Chabot, H.: Nombre et approximations dans la théorie de la gravitation de Lesage. In: Actes des Journées de Peirescq "La pensée numérique", Sciences et Techniques en Perspective, 2ème série. Band 8, 2004, S. 179–198 (Online [PDF]).
- Corry, L.: David Hilbert between Mechanical and Electromagnetic Reductionism. In: Archive for History of Exact Sciences. Band 53, Nr. 6, 1999, S. 489–527 (Online [PDF]).
- Drude, Paul: Ueber Fernewirkungen. In: Beilage zu den Annalen der Physik und Chemie. Band 298, Nr. 12, 1897, S. I-XLIX, doi:10.1002/andp.18972981220.
- Evans, J. C.: Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation. Hrsg.: Edwards, M.R. C. Roy Keys Inc., Montreal 2002, Gravity in the century of light: sources, construction and reception of Le Sage's theory of gravitation, S. 9–40.
- Isenkrahe, Caspar: Über die Rückführung der Schwere auf Absorption und die daraus abgeleiteten Gesetze. In: Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik. Band 6. Leipzig 1892, S. 161–204 (Online).
- Martins, de Andrade, R.: The Expanding Worlds of General Relativity (Einstein Studies). Hrsg.: Goemmer, H., Renn, J., and Ritter, J. Band 7. Birkhäuser, Boston 1999, The search for gravitational absorption in the early 20th century, S. 3–44.
- Martins, de Andrade, R.: Pushing Gravity: New Perspectives on Le Sage's Theory of Gravitation. Hrsg.: Edwards, M.R. C. Roy Keys Inc., Montreal 2002, Gravitational absorption according to the hypotheses of Le Sage and Majorana, S. 239–258.
- Playfair, J.: Notice de la Vie et des Ecrits de George Louis Le Sage. In: Edinburgh Review. 1807, S. 137–153.
- Prevost, Pierre (Hrsg.): Notice de la Vie et des Ecrits de George Louis Le Sage. J. J. Paschoud, Geneva & Paris 1805 (Online).
- Rowlinson, J. S.: Le Sage's Essai de Chymie Méchanique. In: Notes Rec. R. Soc. London. Band 57, 2003, S. 35–45, doi:10.1098/rsnr.2003.0195, JSTOR:3557680.
- Scalera, G. and Jacob, K.-H. (Hrsg.): Why expanding Earth? – A book in honour of O.C. Hilgenberg. INGV, Rome 2003.
- Taylor, W. B.: Kinetic Theories of Gravitation. In: Smithsonian report. 1876, S. 205–282.
- Wolf, R.: George-Louis Le Sage. In: Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz. Band 4, 1862, S. 173–192 (Google Books).
- Zehe, H.: Die Gravitationstheorie des Nicolas Fatio de Duillier. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 1980, ISBN 3-8067-0862-2.
- Zenneck, Jonathan: Gravitation. In: Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften mit Einschluss ihrer Anwendungen. Band 5, Nr. 1. B.G. Teubner, Leipzig 1903, S. 25–67 (Online).
- Einzelnachweise zur Sekundärliteratur
- ↑ a b Prevost (1805)
- ↑ a b c d e Zehe (1980)
- ↑ Wolf (1862)
- ↑ Evans (2002)
- ↑ a b Playfair (1807)
- ↑ Drude (1897)
- ↑ Corry (1999)
- ↑ Bertolami (2006)
- ↑ Martins (1999)
- ↑ Martins (2002)
- ↑ Aronson (1964)
- ↑ Scalera (2003)