„Marchfeld“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Jesi (Diskussion | Beiträge) →Literatur: BKL-Link |
|||
(204 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Weiterleitungshinweis|Marchland|Zum österreichischen Historiker siehe [[Franz Krones von Marchland]].}} |
|||
Das '''Marchfeld''' ist eine etwa 900 km² große Schotterebene im südlichen [[Weinviertel]] ([[Niederösterreich]]), westlich der [[March (Fluss)|March]]. Es beginnt unmittelbar östlich von [[Wien]] und erstreckt sich im Norden bis [[Břeclav|Lundenburg]] und [[Hodonín|Göding]]. Im Norden und Westen wird es vom Hügelland des Weinviertels, dessen höchste Erhebung die [[Leiser Berge]] sind, begrenzt, die letzten Ausläufer der [[Karpaten]]. Es ist geologisch der nördliche Teil des [[Wiener Becken]]s, das in kleinen Teilen auch nach [[Tschechien]] und in die [[Slowakei]] hineinreicht. Es ist ungefähr identisch mit dem [[Bezirk Gänserndorf]]. |
|||
{{österreichbezogen}} |
|||
{{Positionskarte | Österreich Niederösterreich|lat=48/15 |long=16/40<!-- geonames.org Marchfeld region, ÖK/geonam (5.) 48/11/9 16/42/25 ist etwas sehr südlich; war 48/17/0/N 16/38/0/E woher? --> |region=AT-3 |dim=60000 |float=right |width=260 |maptype = relief |label= Marchfeld }} |
|||
Das '''Marchfeld''' ist eine etwa 900 km² große [[Tegel (Gestein)|Tegel]]- und Schotterebene, die den östlich an [[Wien]] grenzenden Teil [[Niederösterreich]]s bildet, eine der größten Ebenen [[Österreich]]s. Geologisch ist das Marchfeld die Nordhälfte des [[Wiener Becken]]s, das entlang der Donau etwa 60 Kilometer breit ist und nach Norden schmäler wird. |
|||
Der namensgebende Fluss im Osten ist die [[March (Fluss)|March]] (von „Mark, Grenze“<ref>{{Literatur |Autor=[[Johann Andreas Schmeller]] |Titel=Bayerisches Wörterbuch |Band=2 |Datum=1828 |Kapitel=Die March |Seiten=612 ff. |Online=https://archive.org/details/bayerischeswrt02schmuoft/page/612}}</ref>), dem Grenzfluss Österreichs zur [[Slowakei]], also in der Bedeutung „Gebiet/Ebene am Grenzfluss“, wo sich die Ebene unter dem Namen [[Záhorie (Landschaft)|Záhorie]] fortsetzt und in die [[Kleine Karpaten|Kleinen]] bzw. [[Weiße Karpaten|Weißen Karpaten]] übergeht, dort zieht sie sich bis zur [[Tschechische Republik|tschechischen]] Grenze bei [[Hodonín]]. Im Süden wird das Gebiet von der [[Donau]] und ihren Auen (z. B. [[Lobau]]) begrenzt, im Norden wird vom Wiener [[Bisamberg]] bis [[Angern an der March]] vom [[Hügelland]] des [[Weinviertel]]s. (In der offiziellen Vierteleinteilung Niederösterreichs, nicht aber in der Alltagswahrnehmung, gehört das Marchfeld zum Weinviertel.) Der flache österreichische Uferstreifen der March bis [[Hohenau an der March|Hohenau]] und dem Dreiländereck zählt ebenfalls noch zum erweiterten Marchfeld. |
|||
==Landschaftsbeschreibung== |
|||
Das Wiener Becken war im [[Tertiär (Geologie)|Tertiär]] eine weite, einige hundert Meter tiefe [[Meeresbucht]], die langsam von den [[Sedimentation|Ablagerungen]] der einmündenden Flüsse zugeschüttet wurde. Der auf diesen Ablagerungen gedeihende [[Urwald]] versank in den [[Eiszeit]]en und [[Zwischeneiszeit]]en. Vor Einbruch des Wiener Beckens und Aufwölbung der [[Alpen]] lag hier 50 Millionen Jahre lang das [[Molassemeer]], das weitere 20 Millionen Jahre für seinen Rückzug und das Absetzen von [[Brackwasser]]schichte bis zur Austrocknung des Pannonischen Sees brauchte. |
|||
Das Marchfeld ist ungefähr deckungsgleich mit dem größeren, südlichen Teil des [[Bezirk Gänserndorf|Bezirks Gänserndorf]] ([[Gänserndorf]] ist der Hauptort des Marchfeldes) und fungiert traditionell als Gemüselieferant Wiens und „[[Kornkammer]] Österreichs“. Wirtschaftlich ist es seit den 1930er-Jahren durch seine Erdöl- und [[Erdgas]]-Vorkommen bedeutsam, architektonisch unter anderem durch mehrere [[Barock]]kirchen, Stadtplätze und die [[Marchfeldschlösser]]. |
|||
Der [[Kleiner Wagram|kleine Wagram]] teilt das Marchfeld in die südliche, fruchtbare Praterterrasse und nördlich die [[Gänserndorfer Terrasse]] und Schlosshofer Platte: [[Pleistozän|diluviale]] [[Schotter]]körper mit einer dünnen [[Humus]]schicht darüber und [[Flugsand]], ursprünglich eine mit Sträuchern bedeckte [[Heide (Landschaft)|Heide]]. Das Marchfeld ist nicht nur geografisch und politisch ein [[Mark|Grenzgebiet]], sondern auch landschaftlich, zwischen baltischer und pannonischer Zone. Emmerich Schaffran schreibt: „''Schon in den stadtseitigen Hängen des [[Wienerwald]]es zeigen sich in mancher Pflanze, in mancher Insektenart und besonders im [[Klima]] die ersten Vorboten des pannonischen Gebietes und noch deutlicher wird dies in der Umgebung von [[Hainburg an der Donau|Hainburg]], wo sehr hohe Sommertemperaturen kalten und stürmischen Wintertagen gegenüberstehen, und wo nicht, wie im zentralen und westlichen Europa, besonders im Gebiet des baltischen Klimas, die Niederschläge mehr gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt sind, sondern sich in scharf abgegrenzte Regen- und Trockenzeiten scheiden. (...) Oftmals weicht der [[Föhre]]nwald niedrigem, [[Macchie|macchia]]artigem Dorngestrüpp, durchsetzt mit verbogenen Zerr-[[Eiche]]n und [[Ginster]]büschen; da und dort treten als weitere Zeugen des nahen [[Steppenklima]]s feinstielige Federgräser, [[Schwertlilie|Zwergschwertlilien]] und [[Wacholder]]stauden auf. Ebenso sind die großen und mitunter schwer passierbaren [[Au]]en zwischen [[Petronell]] und [[Bad Deutsch-Altenburg|Deutsch Altenburg]], sowie gegenüber von Hainburg und bei [[Wolfsthal]] zum größten Teil aus pontischen Bäumen, Büschen und Gräsern gebildet.''“ |
|||
Das Marchfeld war Thema der [[Niederösterreichische Landesausstellung|Niederösterreichischen Landesausstellung]] 2022, die in [[Schloss Marchegg]] stattfand. |
|||
Nur vereinzelt, vor allem zwischen [[Gänserndorf]] und [[Oberweiden]], hat sich die ursprüngliche [[Heidelandschaft]] (-> www.sandduene.at) erhalten (die [[Weikendorfer Remise]] mit dem „Sandberg“ war 1910 eines der ersten nö. [[Naturschutzgebiet]]e und [[1959]] Vollnaturschutzgebiet); die kleinen Sümpfe, [[Moor]]e und [[Teich]]e aber sind beinahe restlos verschwunden. Das größte [[Gewässer]], der [[Rußbach (Fluss in Niederösterreich)|Rußbach]], der das Marchfeld, von Nordwesten kommend und bei Hainburg in die [[Donau]] mündend, in zwei Hälften teilt, ist ein trübes, eingedämmtes [[Rinnsal]], dem erst in jüngster Zeit, als er in den [[Marchfeldkanal]] integriert wurde, ein paar neu angelegte [[Biotop]]e zugestanden wurden. |
|||
== Landschaftsbeschreibung == |
|||
Trotz seiner Stellung als „Kornkammer Österreichs“ ist das Marchfeld mit einem durchschnittlichen Jahres[[niederschlag]] unter 550 mm das trockenste Gebiet [[Österreich]]s. Dem sinkenden [[Grundwasserspiegel]] wurde mit einem [[Kanal (Wasserbau)|Kanal]], dem [[Marchfeldkanal]], begegnet, der [[Versteppung]] durch [[Windabtrag]] des [[Humus]] mit [[Windschutzgürtel]]n. |
|||
[[Datei:Morava austria slovakia.jpg|mini|Auenlandschaft an der [[March (Fluss)|March]]]] |
|||
[[Datei:Ernst Eck - Marchfeld vom Bisamberg - 1230 - Österreichische Galerie Belvedere.jpg|mini|Ernst Eck: Blick vom [[Bisamberg (Berg)|Bisamberg]] ins Marchfeld (1910)]] |
|||
Das Wiener Becken ist ein Senkungsgebiet zwischen [[Ostalpen]] und Karpaten, das im [[Tertiär (Geologie)|Tertiär]] eine weite, einige hundert Meter tiefe [[Meeresbucht]] war. Sie wurde langsam von den [[Sedimentation|Ablagerungen]] der einmündenden Flüsse zugeschüttet und zu einem bis sechs Kilometer tiefen [[Sedimentbecken]]. Der auf diesen Ablagerungen gedeihende [[Urwald]] versank in den [[Eiszeiten]] und [[Zwischeneiszeit]]en. Vor Einbruch des Wiener Beckens und Aufwölbung der [[Alpen]] lag hier 50 Millionen Jahre lang das [[Molasse]]-Meer, das weitere 20 Millionen Jahre für seinen Rückzug und das Absetzen von [[Brackwasser]]schichten bis zur Austrocknung des [[Pannonische Tiefebene|Pannonischen Sees]] brauchte. |
|||
Der [[Wagram|Kleine Wagram]] teilt das Marchfeld in die südliche, fruchtbare Praterterrasse und die nördliche [[Gänserndorfer Terrasse]] und Schlosshofer Platte: [[Pleistozän|diluviale]] [[Schotter]]körper mit einer dünnen [[Humus]]schicht darüber und [[Flugsand]], ursprünglich eine mit Sträuchern bedeckte [[Heide (Landschaft)|Heide]]. Das Marchfeld ist nicht nur geografisch und politisch ein [[Grenze|Grenzgebiet]], sondern auch landschaftlich, zwischen baltischer und pannonischer Zone. |
|||
Überdüngt und zerkultiviert, weist das Marchfeld nicht allzu viel „bemerkenswerte“ [[Pflanzenwelt|Flora]] und [[Fauna]] auf. [[Leopoldsdorf im Marchfelde|Leopoldsdorf]] beheimatet eine wildbiologische Station, aber Großtrappen, deren Vorfahren nach Einführung des [[Raps]]anbaus um [[1920]] im [[Seewinkel]] eingewandert waren, sind vom Aussterben bedroht: [[1977]] wurden 33 Stück gezählt, [[1996]] sieben und [[2000]] fünf - ein [[Hahn]] und vier [[Henne]]n. Die [[Bisamratte]]n freilich ([[1905]] von einem böhmischen Grafen nach [[Europa]] importiert und seither in Verbreitung begriffen) können sich über den Ausbau des [[Rußbach (Fluss in Niederösterreich)|Rußbaches]] zum [[Marchfeldkanal]] freuen. In den Marchsümpfen bei [[Marchegg]] findet man noch Störche. |
|||
[[Emmerich Schaffran]] schreibt: {{Zitat|Schon in den stadtseitigen Hängen des [[Wienerwald]]es zeigen sich in mancher Pflanze, in mancher Insektenart und besonders im Klima die ersten Vorboten des pannonischen Gebietes und noch deutlicher wird dies in der Umgebung von [[Hainburg an der Donau|Hainburg]], wo sehr hohe Sommertemperaturen kalten und stürmischen Wintertagen gegenüberstehen, und wo nicht, wie im zentralen und westlichen Europa, besonders im Gebiet des baltischen Klimas, die Niederschläge mehr gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt sind, sondern sich in scharf abgegrenzte Regen- und Trockenzeiten scheiden. […] Oftmals weicht der [[Föhre]]nwald niedrigem, [[Macchie|macchiaartigem]] Dorngestrüpp, durchsetzt mit verbogenen Zerr-[[Eiche]]n und [[Ginster]]büschen; da und dort treten als weitere Zeugen des nahen [[Steppe]]nklimas feinstielige Federgräser, [[Schwertlilie|Zwergschwertlilien]] und [[Wacholder]]stauden auf. Ebenso sind die großen und mitunter schwer passierbaren [[Flussaue|Auen]] zwischen [[Petronell]] und [[Bad Deutsch-Altenburg|Deutsch Altenburg]], sowie gegenüber von Hainburg und bei [[Wolfsthal]] zum größten Teil aus pontischen Bäumen, Büschen und Gräsern gebildet.}} |
|||
==Geschichte== |
|||
[[Datei:Weikendorfer Remise (025).jpg|mini|Weikendorfer Remise]] |
|||
===[[Frühgeschichte]] bis [[Altertum]]=== |
|||
Nur vereinzelt, vor allem zwischen [[Gänserndorf]] und [[Oberweiden]], hat sich die ursprüngliche [[Heidelandschaft]] erhalten. Die [[Weikendorfer Remise]] war 1927 das erste österreichische [[Naturschutzgebiet (Österreich)|Naturschutzgebiet]],<ref>[http://marktcheck.greenpeace.at/uploads/media/Sandtrail.pdf Natura Trails: Pannonische Sanddünen] (PDF; 266 kB).</ref> die Sandberge Oberweiden wurden 1961 zum Naturschutzgebiet erklärt.<ref>[http://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/publikationen/CP025.pdf Umweltbundesamt: ''Naturschutz im pannonischen Raum''] (PDF; 908 kB).</ref> Mit Verordnung der Europaschutzgebiete „Pannonische Sanddünen“ und „Sandboden und Praterterrasse“ steht der gesamte Bereich unter Schutz.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.noe.gv.at/bilder/d36/broschuere_13_pann_sandduenen.pdf |text=Broschüre Europaschutzgebiete „Pannonische Sanddünen“ und „Sandboden und Praterterrasse“ |wayback=20160118153834 |archiv-bot=}} (PDF; 9,4 MB).</ref> Die kleinen Sümpfe, [[Moor]]e und [[Teich]]e aber sind beinahe restlos verschwunden. Das größte [[Gewässer]], der [[Rußbach (Donau)|Rußbach]], der das Marchfeld, von Nordwesten kommend und bei Hainburg in die [[Donau]] mündend, in zwei Hälften teilt, ist ein trübes, eingedämmtes Rinnsal, dem erst in jüngster Zeit, als er in den [[Marchfeldkanal]] integriert wurde, ein paar neu angelegte [[Biotop]]e zugestanden wurden. |
|||
Die ersten Marchfelder hausten in [[Wohngrube]]n, betrieben [[Ackerbau]] und [[Viehzucht]]: [[Bronzezeit]]liche Funde bei [[Deutsch Wagram|Wagram]], [[Orth an der Donau]] und [[Mannsdorf]] sprechen von dieser [[Frühgeschichte|Frühzeit]]. Das Marchfeld zählt zur [[Aunjenitzkultur]] (nach [[Unetice]] bei [[Prag]]). |
|||
Obwohl [[Überdüngung|überdüngt]] und zerkultiviert, weist das Marchfeld kleinflächig bemerkenswerte [[Pflanzenwelt|Flora]] und [[Fauna]] auf. Daher wurden im östlichen Marchfeld die Europaschutzgebiete [[Pannonische Sanddünen]] sowie [[Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse]] ausgewiesen, an die im Osten die [[Europaschutzgebiete March-Thaya-Auen]] angrenzen. [[Leopoldsdorf im Marchfelde|Leopoldsdorf]] beheimatet eine wildbiologische Station, da im Nahbereich [[Großtrappe]]n, deren Vorfahren nach Einführung des [[Raps]]anbaus um 1920 im [[Seewinkel]] eingewandert waren, vorkommen. Diese sind vom Aussterben bedroht: 1977 wurden 33 Stück gezählt, 1996 sieben und 2000 fünf – ein Hahn und vier Hennen. 2009 wurden drei Hähne und neun Hennen gezählt.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.grosstrappe.at/files/downloads/Raab_2010_Egretta_51.pdf |text=Archivierte Kopie |wayback=20111018022911 |archiv-bot=}}</ref> Der Herbstbestand 2012 betrug elf Vögel. Die [[Bisamratte]]n freilich (1905 von einem böhmischen Grafen nach Europa importiert und seither in Verbreitung begriffen) können sich über den Ausbau des Rußbaches zum Marchfeldkanal freuen. In den Marchsümpfen bei [[Marchegg]] findet man noch [[Störche]]. |
|||
„''Mit dem Ende des [[Pleistozän|Diluviums]] beginnt die dauerhafte Besiedlung, beispielsweise längs des niedrigsten Wagram und entlang einem jahrhundertelang bedeutsamen, heute verschwundenen Verkehrsarm der Donau: [[Leopoldau]], [[Kagran]], [[Hirschstetten]], [[Aspern]], [[Eßling]], [[Groß-Enzersdorf]], [[Sachsengang]], [[Wittau]], [[Orth an der Donau|Orth]], [[Wagram]], [[Eckartsau]] und [[Markthof]] sind hier zu nennen. Das [[Orther Heimatmuseum]] (...) enthält eine Reihe von Fundgegenständen, vor allem aus dem Voll[[neolithikum]], die dem '[[Lengyeltypus]]' der jüngeren [[Steinzeit]] zugeschrieben worden sind.''“ ([[Pia Maria Plechl]]) |
|||
== Landwirtschaft == |
|||
Die uralte [[Bernsteinstraße]] spaltete sich bei [[Draßburg]] im [[Burgenland]], um dann einerseits über [[Baden bei Wien|Baden]], Wien und die heutige Schnellbahntrasse Richtung [[Angern an der March|Angern]] und andererseits über [[Carnuntum]] und am [[March (Fluss)|March]]tal entlang das Marchfeld einzuklammern; bei [[Stillfried]], einem der bedeutendsten archäologischen Fundorte Österreichs, treffen sich die Äste wieder. |
|||
[[Datei:Dürnkrut5.jpg|mini|Bei [[Dürnkrut]] ]] |
|||
In der Region herrscht ein [[pannonisches Klima]], das sich vor allem durch mäßig kalte Winter und heiße Sommer auszeichnet. Das Marchfeld eignet sich durch das vorherrschende Klima besonders gut für die [[Gemüse]]produktion und ist mit einer Gesamtanbaufläche von circa 7.000 Hektar die bedeutendste Gemüseanbauregion Niederösterreichs.<ref>[https://www.bmlrt.gv.at/land/lebensmittel/trad-lebensmittel/feldfruechte/marchfeld_gemuese.html Marchfeld Gemüse] auf www.bmlrt.gv.at.</ref> Das Marchfeld ist daher der Gemüselieferant Wiens, flächenmäßig am bedeutendsten sind [[Zwiebel]]n (''Allium cepa''), [[Pisum sativum|Grünerbse]] (''Pisum sativum''), [[Karotte]] (''Daucus carota ssp. sativus''), [[Spargel]] (''Asparagus officinalis L''), [[Spinat]] (''Spinacia oleracae''), [[Schnittbohne]]n (''Phaseolus vulgaris'') und [[Gemüsekohl|Kraut]]. Vom finanziellen Ertrag ist auch der [[Erdbeere|Erdbeeranbau]] bedeutend. Das Marchfeld wird traditionell auch als die „Kornkammer Österreichs“ bezeichnet, da es bis in das 19. Jahrhundert von der Getreidewirtschaft dominiert wurde. Der [[Getreideanbau]] ist immer noch bedeutend. Das Marchfeld entwickelte sich aber neben dem Gemüseanbau auch zum Hauptanbaugebiet für [[Zuckerrübe]]n mit [[Zuckerfabrik]]en in [[Zuckerfabrik Dürnkrut|Dürnkrut]] (stillgelegt), [[Zuckerfabrik Leopoldsdorf|Leopoldsdorf]] und [[Zuckerfabrik Hohenau|Hohenau]] (stillgelegt). |
|||
Trotz seiner Stellung als traditionelle „[[Kornkammer]] Österreichs“ ist das Marchfeld mit einem durchschnittlichen Jahres[[niederschlag]] unter 550 Millimetern das trockenste Gebiet [[Österreich]]s. Dem sinkenden [[Grundwasserspiegel]] infolge der [[Übernutzung]] des Grundwasserkörpers wurde mit einem [[Kanal (Wasserbau)|Kanal]], dem im Jahr 1992 in Betrieb genommenen [[Marchfeldkanal]], begegnet.<ref>Hannes Batik, Christiane Breznik: ''Marchfeldkanal in Floridsdorf – Information, Öffentlichkeit, Planung.'' Institut für Landschaftsgestaltung und Gartenbau der Universität für Bodenkultur, Wien 1992.</ref> Der [[Versteppung]] durch [[Äolischer Transport|Windabtrag]] des [[Humus]] soll mit [[Windschutzstreifen]] begegnet werden. |
|||
Die ersten uns namentlich bekannten Siedler waren, etwa bis zum 4. Jhdt. v.Chr., die [[Illyrer]], die eine [[Wallburg]] auf dem [[Braunsberg (Berg)|Braunsberg]] jenseits der Donau hinterlassen haben. |
|||
{{Klimatabelle |
|||
| TABELLE = |
|||
| DIAGRAMM TEMPERATUR = |
|||
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG = |
|||
| DIAGRAMM NIEDERSCHLAG HÖHE = 250 |
|||
| QUELLE = https://www.meteomean.com/de/climate/ganserndorf |
|||
| Überschrift = |
|||
| Ort = Gänserndorf |
|||
<!-- durchschnittliche Höchsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --> |
|||
| hmjan = 2.0 |
|||
| hmfeb = 4.5 |
|||
| hmmär = 9.7 |
|||
| hmapr = 15.7 |
|||
| hmmai = 20.7 |
|||
| hmjun = 24.0 |
|||
| hmjul = 26.1 |
|||
| hmaug = 25.4 |
|||
| hmsep = 21.0 |
|||
| hmokt = 15.0 |
|||
| hmnov = 8.1 |
|||
| hmdez = 3.6 |
|||
<!-- durchschnittliche Niedrigsttemperatur für den jeweiligen Monat in °C --> |
|||
| lmjan = -4.0 |
|||
| lmfeb = -2.6 |
|||
| lmmär = 0.2 |
|||
| lmapr = 4.5 |
|||
| lmmai = 8.9 |
|||
| lmjun = 12.4 |
|||
| lmjul = 13.7 |
|||
| lmaug = 13.3 |
|||
| lmsep = 9.7 |
|||
| lmokt = 5.0 |
|||
| lmnov = 1.5 |
|||
| lmdez = -1.8 |
|||
<!-- durchschnittliche Temperatur für den jeweiligen Monat in °C --> |
|||
| avjan = -1.0 |
|||
| avfeb = 0.9 |
|||
| avmär = 4.9 |
|||
| avapr = 10.1 |
|||
| avmai = 14.8 |
|||
| avjun = 18.2 |
|||
| avjul = 19.9 |
|||
| avaug = 19.3 |
|||
| avsep = 15.3 |
|||
| avokt = 10.0 |
|||
| avnov = 4.8 |
|||
| avdez = 0.9 |
|||
<!-- durchschnittliche Niederschlagsmenge für den jeweiligen Monat in mm --> |
|||
| nbjan = 35.0 |
|||
| nbfeb = 36.0 |
|||
| nbmär = 40.0 |
|||
| nbapr = 46.0 |
|||
| nbmai = 64.0 |
|||
| nbjun = 78.0 |
|||
| nbjul = 78.0 |
|||
| nbaug = 70.0 |
|||
| nbsep = 48.0 |
|||
| nbokt = 42.0 |
|||
| nbnov = 49.0 |
|||
| nbdez = 44.0 |
|||
<!-- durchschnittliche Anzahl täglicher Sonnenstunden für den jeweiligen Monat in h/d --> |
|||
| shjan = 2.0 |
|||
| shfeb = 2.0 |
|||
| shmär = 4.0 |
|||
| shapr = 6.0 |
|||
| shmai = 8.0 |
|||
| shjun = 8.0 |
|||
| shjul = 9.0 |
|||
| shaug = 7.0 |
|||
| shsep = 7.0 |
|||
| shokt = 4.0 |
|||
| shnov = 2.0 |
|||
| shdez = 1.0 |
|||
<!-- durchschnittliche Wassertemperatur (Meere, Seen u.ä.) für den jeweiligen Monat in °C --> |
|||
| wtjan = |
|||
| wtfeb = |
|||
| wtmär = |
|||
| wtapr = |
|||
| wtmai = |
|||
| wtjun = |
|||
| wtjul = |
|||
| wtaug = |
|||
| wtsep = |
|||
| wtokt = |
|||
| wtnov = |
|||
| wtdez = |
|||
<!-- durchschnittliche Regentage für den jeweiligen Monat in d --> |
|||
| rdjan = 15.0 |
|||
| rdfeb = 14.0 |
|||
| rdmär = 13.0 |
|||
| rdapr = 13.0 |
|||
| rdmai = 13.0 |
|||
| rdjun = 14.0 |
|||
| rdjul = 13.0 |
|||
| rdaug = 13.0 |
|||
| rdsep = 10.0 |
|||
| rdokt = 13.0 |
|||
| rdnov = 14.0 |
|||
| rddez = 15.0 |
|||
<!-- durchschnittliche Luftfeuchtigkeit für den jeweiligen Monat in % --> |
|||
| lfjan = |
|||
| lffeb = |
|||
| lfmär = |
|||
| lfapr = |
|||
| lfmai = |
|||
| lfjun = |
|||
| lfjul = |
|||
| lfaug = |
|||
| lfsep = |
|||
| lfokt = |
|||
| lfnov = |
|||
| lfdez = |
|||
}} |
|||
== Geschichte == |
|||
{{Hauptartikel|Geschichte des Marchfelds}} |
|||
Aus der [[La-Tène-Zeit]] wurden [[Kelten|keltische]] Gräber in [[Untersiebenbrunn]] und [[Marchegg]] gefunden, in [[Untersiebenbrunn]] ebenfalls eine [[Wohngrube]], darin „''eine große Silbermünze mit der Aufschrift COBROVOMARUS. Der fraglos gegen die Zeitenwende zu immer stärker werdende Einfluß der [[Römisches Reich|Römer]] ist manifest, die Untersiebenbrunner Münze trägt sichtlich den latinisierten Namen eines bodenständigen Stammes-, vielleicht [[Gaufürst]]en, der das Recht des [[Münzherr]]n besaß und des [[Silbergeld]]es zum gleichberechtigten [[Handel]] mit den Römern bedurfte.''“ (Plechl) |
|||
1260 schlug hier [[Ottokar II. Přemysl]] von [[Böhmen]] [[Bela IV.]] von [[Ungarn]]. Ottokar fiel 1278 knapp nördlich des Marchfelds in der [[Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen]] gegen [[Rudolf I. (HRR)|Rudolf von Habsburg]]. Im 16. Jahrhundert siedelten sich (ähnlich wie im Burgenland) Kroaten an, die die Volksgruppe der [[Marchfeldkroaten]] bildete, die sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts halten konnte. 1809 kämpfte Österreich bei [[Schlacht bei Aspern|Aspern]] und [[Schlacht bei Wagram|(Deutsch-)Wagram]] gegen [[Napoléon]]. 1837 wurde im Marchfeld die [[Kaiser-Ferdinand-Nordbahn]] als erste Dampfeisenbahn Österreichs in Betrieb genommen. 1870 wurden die [[Laaer Ostbahn]] und die [[Marchegger Ostbahn]] eröffnet. (Die Bahnstrecken erscheinen auf Plänen wie mit dem Lineal schnurgerade durch das Marchfeld gezogen.) 1918 / 1919 verbrachte ''der ehemalige Träger der Krone'',<ref>Zitat aus dem [[Habsburgergesetz]]</ref> [[Karl I. (Österreich-Ungarn)|Karl I.]], auf [[Schloss Eckartsau]] vor der Emigration die letzten Wochen im Inland. Geografisch zählen die unverbauten Randgebiete des [[Floridsdorf|21.]] und des [[Donaustadt|22. Bezirks]] von [[Wien]], beide am linken Donauufer, zum Marchfeld. |
|||
=== Kunst und Theater === |
|||
Im Jahre [[6]] n. Chr. haben die Römer an zwei Stellen bei [[Carnuntum]] versuchsweise die Donau überquert und [[Brückenkopf|Brückenköpfe]] gebildet: Bei [[Stopfenreuth]] gab es in der [[Au]] das „[[Öde Schloss]]“, eigentlich ein Materiallager; Überreste finden sich noch. Nordwestlich von [[Engelhartstetten]] wurden die [[Umriss]]e eines [[Marschlager]]s (Wallumfang: 700 x 700 m) entdeckt. Die [[Markomannen]] unter König [[Marbod]] erheben sich zugleich mit den [[Pannonier]]n, aber im Jahre [[8]] kommt es zu einem Freundschaftsvertrag mit Marbod, die Markomannen werden „[[Klientelvolk]]“. |
|||
In Strasshof eröffnete am 19. September 2015 das '''Kulturzentrum Marchfeld Strasshof''' ('''KUMST'''). Die Feierlichkeiten wurden u. a. mit der Aufführung einer Operette begangen: Ein von [[Carl Millöcker]] und [[Ludwig Anzengruber]] für das Wiener [[Harmonietheater]] in Alsergrund konzipiertes Werk – ''Der Sackpfeifer'' – erlebte dabei seine Uraufführung, da es zu Lebzeiten der Autoren noch nicht auf die Bühne gelangt war. |
|||
=== Marchfeldschlösser === |
|||
[[Datei:Marchegg Schloss.jpg|mini|[[Schloss Marchegg]]; eines der „[[Marchfeldschlösser]]“]] |
|||
Unter dem Begriff „[[Marchfeldschlösser]]“ bzw. „Marchfelder Schlösserreich“ werden sechs im Marchfeld gelegene [[Schloss (Architektur)|Schlösser]] touristisch vermarktet. Die Schlösser sind ''[[Schloss Hof|Hof]], [[Schloss Niederweiden|Niederweiden]], [[Schloss Orth|Orth]]''/[[Nationalpark Donauauen|Nationalparkzentrum]], ''[[Schloss Marchegg|Marchegg]], [[Schloss Eckartsau|Eckartsau]]'', sowie ''[[Schloss Obersiebenbrunn|Obersiebenbrunn]]'' (nur der Gartenpavillon).<ref>Region Marchfeld: [https://www.regionmarchfeld.at/freizeit/schloesser/ ''Marchfelder Schlösserreich'']; abgerufen am 7. Juni 2018.</ref> |
|||
=== Kleinregion === |
|||
[[166]] n. Chr. durchbrechen [[Quaden]], [[Langobarden]], Markomannen und [[sarmatische Jazygen]] von Norden her die römische Donaufront bis [[Aquileia]]. [[Marc Aurel]] überquert [[171]] die Donau, und [[174]] siegen die Römer schließlich in der „[[Regenwunderschlacht]]“ (christliche Soldaten hätten um erfrischenden Regen gebetet, der prompt gefallen wäre - offiziell war das [[Christentum]] in [[Rom]] erst nach dem [[Toleranzedikt von Mailand]] [[313]] erlaubt, [[330]] wurde es [[Staatsreligion]]). Römische [[Kastell]]e wurden in [[Stillfried]], [[Sachsengang]], [[Siebenbrunn]] und [[Stopfenreuth]] errichtet, zeitweise mit insgesamt 20.000 Mann Besatzung. |
|||
[[Kleinregionen in Niederösterreich|Kleinregionen]] sind Zusammenschlüsse von niederösterreichischen Gemeinden auf freiwilliger Basis, die die regionale Zusammenarbeit verbessern sollen. Im Oktober 2006 wurde der Verein MAREV und damit die Kleinregion Marchfeld gegründet. Zur Kleinregion ''Marchfeld'' zählen sich die Gemeinden [[Aderklaa]], [[Andlersdorf]], [[Deutsch-Wagram]], [[Eckartsau]], [[Engelhartstetten]], [[Gänserndorf]], [[Glinzendorf]], [[Groß-Enzersdorf]], [[Großhofen]], [[Haringsee]], [[Lassee]], [[Leopoldsdorf im Marchfeld]], [[Mannsdorf an der Donau]], [[Marchegg]], [[Markgrafneusiedl]], [[Obersiebenbrunn]], [[Orth an der Donau]], [[Parbasdorf]], [[Raasdorf]], [[Strasshof an der Nordbahn]], [[Untersiebenbrunn]], [[Weiden an der March]] und [[Weikendorf]] zusammengeschlossen.<ref>[https://www.regionmarchfeld.at/ Website der Region Marchfeld]</ref> |
|||
== Siehe auch == |
|||
Aber schon [[188]] werden die [[Kastell]]e aufgegeben, und Friede mit den Markomannen geschlossen. Es folgen ([[258]]-[[260]]) erneute Kämpfe mit Markomannen und Quaden, um [[350]] dringen die [[Heruler]] in das Gebiet des Marchfeldes ein, andere folgen. Um [[370]] werden die Kastelle wieder errichtet. |
|||
* ''[[Marchfeld Competition Forum]]'' |
|||
== Literatur == |
|||
Das römische Reich zerfällt nun. [[395]] dringen Markomannen, Quaden und [[Alanen]] bis an die [[Adriatisches Meer|Adria]] vor, während nördlich der Donau um [[400]] die [[Ostgoten]], vor allem [[Rugier]], die vor den [[Hunnen]] zurückweichen, gegen den [[Limes (Grenzwall)|Limes]] vordringen - das heutige [[Weinviertel|Wein-]] und [[Waldviertel]] wird bis [[488]] zum „[[Rugiland]]“, der Name bleibt noch bis ins 10. Jahrhundert üblich. |
|||
* Friedrich Heller, Anna Bibersteiner: ''Das Marchfeld bildlich besprochen.'' Norbertus, Wien 1986. |
|||
* Karl Lukan: ''Das Weinviertelbuch.'' Jugend und Volk, Wien 1992, ISBN 3-224-17610-5. |
|||
* [[Pia Maria Plechl]]: ''Das Marchfeld.'' Herold, Wien 1969. |
|||
* Otto Schilder (Red.): ''Der politische Bezirk Gänserndorf in Wort und Bild.'' |
|||
* Edgar Weyrich: ''Der politische Bezirk Floridsdorf-Umgebung.'' Deutscher Verlag für Jugend und Volk, Wien 1924 / Gänserndorf 1970. |
|||
* Otto Schilder: ''Land an March und Donau.'' Kulturverein Marchfeld, Gänserndorf 1975. |
|||
* Herbert Eigner: ''Das Marchfeld.'' Sutton Verlag, Erfurt 2013. |
|||
* Laf Wurm: ''Mein Marchfeld.'' Verlag alex-buch, Groß-Enzersdorf 2014. |
|||
Spezielles: |
|||
* [[Gustav Holzmann (Geograph)|Gustav Holzmann]]: ''Die Verstädterung des Marchfeldes.'' Verlag Notring der wissenschaftlichen Verbände Österreichs, Wien 1959. |
|||
* [[Hans Hörler (Pädagoge)|Hans Hörler]]: ''Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf.'' Bezirksschulrat Gänserndorf, Gänserndorf 1951. |
|||
* [[Hans Schukowitz]]: ''Kriegs- und Schlachtensagen aus dem Marchfelde.'' Zeitschrift der Vereines für Volkskunde, Berlin 1899. |
|||
* [[Günther Schwab]]: ''Der Wind über den Feldern.'' Scheuermann, Wien 1942. |
|||
* Johann Wenzel: ''Sagen von der Hainburger Pforte.'' Selbstverlag, Hainburg 1928. |
|||
== Weblinks == |
|||
Im [[Kunsthistorischen Museum]] ist der „[[Schatz von Untersiebenbrunn]]“ zu besichtigen. [[1910]] nordöstlich der [[Untersiebenbrunn]]er Kirche in einer Sandgrube gefunden (und gleich teilweise geplündert), handelt es sich dabei um das Grab der „lahmen Fürstin“, zw. [[400]] und [[420]] beerdigt. |
|||
{{commonscat|Marchfeld}} |
|||
{{Wiktionary|Marchfeld}} |
|||
{{Wikivoyage}} |
|||
* [http://www.regionmarchfeld.at Homepage der LEADER Region Marchfeld ] |
|||
* [http://www.sandduene.at Informationen zur Heidelandschaft] |
|||
* [https://marchfeld.weinviertel.at/ Marchfeld im Weinviertel] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
[[433]] lassen sich die [[Hunnen]] im Marchfeld nieder, [[453]] zerfällt das [[Hunnenreich]] nach [[Attila]]s Tod und die [[Heruler]] (oder „[[Eruler]]“) dringen ein. [[488]] wird die römische Zivilbevölkerung nach [[Italien]] abgeführt, [[508]] verdrängen die [[Langobarden]] ([[489]] aus dem mitteldeutschen Raum eingewandert) die [[Heruler]] und werden nach der [[Völkerwanderung]] selbst wiederum durch die [[Ostgoten]] verdrängt. Im frühen 6. Jhdt. schreibt [[Bischof Jordanes]] in der „Gotengeschichte“ von „[[Margo plano]]“. |
|||
<references /> |
|||
{{Navigationsleiste Kleinregionen in Niederösterreich}} |
|||
Dann kommen die [[Langobarden]] von [[Böhmen]] her, geben das Gebiet aber [[567]] aufgrund eines Vertrages mit den [[Awaren]], einem Reitervolk aus [[Innerasien]], auf und ziehen [[568]] nach [[Italien]]. Die [[Awaren]] wiederum werden in drei Feldzügen ([[791]] - [[796]]) [[Karl der Große|Karls des Großen]] abgedrängt. |
|||
{{Normdaten|TYP=g|GND=4037464-6|LCCN=no2017151366|VIAF=239878042}} |
|||
Auch die erste planmäßige [[Besiedlung]] des Marchfelds um [[800]] ist Karl zu danken; die Bevölkerung ist bayrisch und sächsisch: Soldaten wurden an einem Donauarm, „Gang“, stationiert, der noch heute [[Sachsengang]] heißt (die Burg scheint erst [[1160]] auf). |
|||
Der [[Sage]] nach soll [[Sachsengang]] ursprünglich ein See gewesen sein, in dem ein später von einem [[Apostel]], vielleicht der heilige [[Severin]], getöteter [[Drachen]] gehaust hätte; die Leute hätten dann über das Vieh Steine und Erde gehäuft, bis der See zugeschüttet gewesen sei. Wahrscheinlich stammt der künstliche Berg, auf dem die Burg steht, von einer [[Erdburg]]. Bei [[Groß-Enzersdorf]] fand man auf einer Gasthofsmauer das Bild eines [[Lindwurm]]s ... und [[1021]] erhielt das bayrische [[Kloster Weihenstephan]] [[Sachsengang]]. |
|||
[[865]] dürfte Erzbischof [[Adalwin]] von Salzburg die erste [[Orth]]er Kirche eröffnet haben. |
|||
[[881]] treffen [[Magyaren]] und [[Baiern]] bei Wien zusammen, [[901]] datiert der erste Überfall der [[Magyaren]] auf die [[Bauer]]n; [[907]] [[Schlacht von Pressburg]]; die [[Magyaren]] beherrschen in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts das Marchfeld. [[955]] werden sie bei der [[Schlacht auf dem Lechfeld]] vernichtend geschlagen. |
|||
===[[Mittelalter]]=== |
|||
Zwischen [[996]] und [[1000]] kommen das Marchfeld und die Gegend um Baden („Neumark“, auch: „Ungarische Mark“) zur Mark [[Ostarrichi]] und das Marchfeld zählt damit zu den Kerngebieten Österreichs. |
|||
Nach der endgültigen Zurückwerfung der inzwischen christianisierten Ungarn [[1042]]/[[1043]] wurde das Marchfeld erneut besiedelt: Die [[Babenberger]], [[Ostfranken|ostfränkischer]] Herkunft, holen ihre Landsleute heran. „''Alle Orte des Bezirkes mit Ausnahme von [[Kämpfendorf]] (zu [[Leopoldsdorf]] gehörig), [[Franzensdorf]] (nach [[1830]]), [[Fuchsenbigl]] ([[1787]]), [[Strasshof]] ([[1908]]) und [[Silberwald]] ([[1923]]) gehen in ihrer Anlage in die [[Kolonisationszeit]] des 11. und 12. Jahrhunderts zurück.''“ (Schilder) Strasshof, erstmals [[1280]] urkundlich erwähnt, verschwand im 15. Jahrhundert wieder, [[Franzensdorf]] wurde anstelle des bei einer Flutkatastrophe zerstörten [[Kimmerleinsdorf]] neu errichtet. |
|||
Das Marchfelddorf ist geprägt von der fränkischen Besiedlung. „''Der [[Franke]] liebt im Gegensatz zum [[Bayer]]n '''nicht''' den [[Einzelhof]], sondern suchte stets den Zusammenschluss im Dorf. Den großen [[Vierseithof]] des bayrischen Bauern, dieses wahre [[Kastell]] bäuerlichen Stolzes, kennt der Franke nicht. Er ist geselliger und siedelt im Ortsverband. (...) (Das) macht die Landschaft so einsam, überall fehlt die Belebung durch den Einzelhof. Wenn heute solche öfters vorkommen, so sind sie dann Zutaten des 19. Jahrhunderts und entbehren der ethnographischen Zugehörigkeit. Das fränkische Bauernhaus ist ebenerdig und steht mit der [[Giebel (Bauteil)|Giebelseite]] parallel zur Straße. Der Wohntrakt, verbunden mit [[Stall]] und (oder) [[Tenne]] steht somit senkrecht zu ihr. Im typischen fränkischen [[Straßendorf]] reihen sich dann in oft einförmiger Länge Giebelhaus neben Giebelhaus. Doch entsteht dann eine Belebung, wenn der Hof zum [[Doppelhakenhof]] weiterentwickelt wird, das heißt, wenn zwei derartige Bauten parallel zueinander und damit zugleich auch senkrecht zur Straße stehen und durch eine Mauer mit einem großen rundbogigen Tor verbunden werden. Charakteristisch für das fränkische Dorf ist die aus der Längsstraße herausgehobene Ausweitung zum [[Anger]].''“ (Schaffran) |
|||
An vielen Stellen kann man versunkene Dörfer erahnen: Zwischen „''[[1012]] und [[1899]] gab es 152 Hochwässer, wovon 48 katastrophale Folgen hatten. 13 Orte fielen den Donaufluten zum Opfer''“ (Schilder): „''Die Siedlungen auf der Linie (...) von [[Groß-Enzersdorf]] über [[Orth]] und [[Pframa]] bis [[Stopfenreuth]] zählen zu den ältesten, die noch bestehen. Die weiter südlich, donauwärts gelegenen etwa fünfzehn Dörfer seien restlos zugrunde gegangen...''“ (Mander) So gab es zwischen [[Orth]] und [[Eckartsau]] ein [[Eitzelsau]] (in einer Sage heißt es „''Die Turmspitze der Kirche von Eitzelsau aber ist bei niedererm Wasserstand in einem Teiche nächst des Orther [[Ziegelofen]]s sichtbar''“ (Hörler)), zwischen Orth und Pframa lag [[Gang]] (Matthias Mander beschreibt Expeditionen nach Gang und [[Wolfswerde]] in seinem Roman „Wüstungen“), zu Groß-Enzersdorf zählte [[Matzneusiedl]], und noch [[1830]] wird während einer zwei Tage tobenden Flut in Folge eines [[Eisstoß]]es die Ortschaft [[Kimmerleinsdorf]] vollkommen zerstört und später südwestlich, an höherer Stelle, als [[Franzensdorf]] wieder aufgebaut. Auch [[March (Fluss)|March]] und [[Rußbach (Fluss in Niederösterreich)|Rußbach]] stellten Bedrohungen dar, mit denen gerechnet werden musste. Viele andere Orte wurden in einem der ungezählten Kriege planiert oder sind einfach, von der [[Pest]] entvölkert, verfallen. Insgesamt sind 72 namentlich bekannte Orte Wüstungen. |
|||
[[1058]] findet auf dem „Maharafeld“ eine Fürstenhochzeit statt: Judith, die Tochter von Kaiser [[Heinrich III. (HRR)|Heinrich III.]], wird mit dem ungarischen Prinzen [[Salomon (Ungarn)|Salomon]] vermählt. |
|||
Nach dem [[Reichskrieg]] von [[1064]] werden im Marchfeld [[Burg]]en, u. a. in [[Jedenspeigen]], [[Angern an der March|Angern]], [[Weiden|Weiden]], [[Engelhartstetten]], [[Orth]], [[Eckartsau]], [[Gänserndorf]], [[Stopfenreuth]] und [[Kopfstetten]], sowie [[Wehrkirche]]n errichtet. |
|||
Das 13. Jahrhundert macht das Marchfeld wieder zum Schlachtfeld. Mit dem Tod [[Friedrich II. (Österreich)|Friedrichs II.]] des Streitbaren im Jahre [[1246]] erlischt das Geschlecht der [[Babenberger]], und es herrscht [[Raubritter]]-[[Anarchie]]. |
|||
Am 12. Juli [[1260]] schlägt [[Ottokar II. (Böhmen)|Ottokar II. von Böhmen]] bei [[Schlacht bei Kressenbrunn|Groißenbrunn]] [[Bela IV.|Bela von Ungarn]], als Gedenken für diesen Sieg wird [[1268]] [[Marchegg]] errichtet: Die 10.000 Menschen, für die die Stadt (und die viel zu große Stadtmauer) konzipiert war, kamen allerdings nie nach [[Marchegg]]. [[1336]] war die Stadt beinahe menschenleer. |
|||
Und am 26. August [[1278]] siegt [[Rudolf I. (HRR)|Rudolf von Habsburg]] gegen Ottokar in der berühmten [[Schlacht auf dem Marchfeld]] (tatsächlich handelt es sich um die größte Ritterschlacht aller Zeiten), die die 650-jährige Herrschaft der [[Habsburg]]er in Österreich etablierte: Je 30.000 Mann prallen in drei Schlachten zusammen und veranlassen [[Franz Grillparzer]] zur berühmtesten literarischen Nennung des Gebiets: |
|||
::„''Das Feld, das rings sich breitet, heißet Marchfeld '' |
|||
::''Ein Schlachtfeld, wie sich leicht kein zweites findet,'' |
|||
::''Doch auch ein Erntefeld, Gott sei gedankt!''“ |
|||
[[1291]] dringen die Ungarn bis gegen Wien vor. Eine Überlieferung aus [[Markgrafneusiedl]] berichtet vom Schrecken, den diese Einfälle verbreiteten: „''Einst hielten in dieser Wartburg [[Ritter]] und [[Reisiger|Reisige]] eines Grafen Bamberg Wache gegen die Einfälle der [[Magyaren]]. Die wachhabenden Ritter und Reiter lebten von dem Erträgnis der 600 [[Joch]] [[Ackerland]], die auch diesem [[Graf]]en gehörten. Brachen die Magyaren über das Marchwasser in das ebene Land ein und kündeten durch rauchende Dörfer ihre Zugstraßen und ihr Nahen an, dann verließen die Neusiedler ihre Hütten und nahmen durch unterirdische Gänge (Erdställe) ihre Zuflucht in die von Rittern und Reisigen besetzte Wartburg....''“ (nach Weyrich) |
|||
Diese Burg ist nicht mit der heute noch zu sehenden Ruine der Martinskirche identisch, die in den napoleonischen Kriegen noch Bedeutung erlangte, 1817 zur Windmühle umgebaut wurde und 1862 abbrannte. Erdställe sind auch andersweitig, etwa in Oberweiden, Unter- und Obersiebenbrunn, als Versteck vor Feinden oder als Kultstätten bezeugt. Näheres findet man u. a. bei Karl Lukan, ''Das Weinviertelbuch'', Wien 1992. |
|||
In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird das Marchfeld von Überschwemmungen, Eisstößen, Heuschrecken und schließlich auch noch vom schwarzen Tod heimgesucht. |
|||
„''Als im Marchfelde die Pest wütete, fanden die Leute von Stripfing ein unreines Hemd auf der Friedhofsmauer. Eingedenk alter Kunde, vergrub es der Nachtwächter unter einem Feldkreuz, und von der Stunde an war die Seuche erloschen. Wie es aber Nacht wurde, da schritt ein unheimlicher, rabenschwarzer Geselle durch die menschenleeren Gassen. Er war mager wie eine Vogelscheuche und trug eine blutrote Hahnenfeder auf dem Hute. Ohne lange zu fragen, schlich er von Haus zu Haus und suchte sein zurückgelassenes Hemd. Doch er fand es nicht. Schon wollte er das Dorf verlassen, da begegnete ihm der Nachtwächter. Flugs fiel er ihn an und riß ihm das Hemd vom Leibe. Damit ging er zum Brunnen, wusch es dort und brannte seine glutheißen Krallen hinein. Hierauf rief er mit Donnerstimme durch den stillen Ort:''“ |
|||
:‚''Stripfing, Stripfing, du sollst's wissen,'' |
|||
:''jetzt folgt arges Blutvergießen.''‘ |
|||
''Am nächsten Tag kamen die [[Hussiten]] in den Ort und töteten die von der Pest verschont Gebliebenen. Das Hemd mit dem Teufelsmal aber hing auf des Nachtwächters Hellebarde.''“ |
|||
(aus: Pöttinger) |
|||
Die Daten der Hussiteneinfälle decken sich übrigens nicht mit Pestepidemien - gab es kleinere, ist eine andere Seuche gemeint oder einfach dichterische Freiheit? Dennoch werden Pest und Krieg in den Sagen mit gutem Grund miteinander verknüpft. |
|||
„''Hat nun der Himmel Seuchen, Hungersnot oder Krieg über die Menschen verhängt, so verkündet er dies durch die lallende Kugel. Im Marchfelde hat man sie in der Türken- und Schwedenzeit, dann in den schrecklichen Pestjahren, in der Huzulennot und zuletzt im unseligen Neunerjahr gesehen. Es ist eine Feuerkugel etwa so groß wie ein Kinderkopf, und Tage, Wochen vor Einbruch des Unglückes rollt sie lallend durch die Straßen und Gassen. Einige wollen dieses Lallen auch verstanden haben: Es sei eine Weissagung für die Frommen, wie lange der Jammer andauern und wie er enden werde.''“ (Schukowitz) [[Huzulen]] = [[Kuruzen|Kuruzzen]]. Die rollenden, oft flammenden Kugeln, die in einigen Sagen auftauchen, erklärt Johann Wenzel als den „Gaukler“, „''eine bis einen Meter Durchmesser erreichende Staude mit vielen sparrigen Ästchen aus der Gattung Raphanus Raphanistrum, die, vom Herbstwinde getrieben, infolge ihrer kugelförmigen Gestalt über die Felder und Wege rollt, wobei die harten Zweiglein ein in der Stille der Nacht wohl hörbares Geräusch verursachen''“, eine andere Theorie spricht von Kugelblitzen. |
|||
Zu Beginn des [[15. Jahrhundert]]s gerät das Land infolge der vorangegangenen Erbteilungen ins Chaos. „''Im Jahre 1407 bemächtigte sich der berüchtigte Sokol der Stadt Laa, trotzte einer Belagerung durch den Herzog ([[Albrecht II. (HRR)|Albrecht V.]]) und nahm sogar eine gegen ihn entsandte Schar gefangen. Die Macht dieses mährischen Ritters wurde immer größer, er baute im Marchfeld mit den Städten Zistersdorf und Marchegg als Zentrum ein kleines Reich auf und beherrschte das Land bis vor die Tore Wien. (...) Es scheint geradezu, als ob damals die Abenteurer aus ganz Europa in Österreich zusammengeströmt wären. Jeder kleine Adelige führte seinen Privatkrieg, viele scheuten sich nicht, dem Landesfürsten Fehdebriefe zu schicken, es herrschte das vollendete Chaos. Vor allem die Bewohner des flachen Landes litten schrecklich unter diesen Zuständen, denn die Städte und befestigten Märkte konnten hinter ihren Mauern wenigstens das Leben der Einwohner sichern. Der Bauer aber wußte niemals, ob er nicht des Nachts ausgeraubt oder auf dem Feld erschlagen werden würde.''“ (Gutkas) |
|||
Der Sokol („Falke“), [[Johann vom Lamberg]], war nicht der einzige Räuber im Marchfeld: Zu den anderen zählen etwa der mährische Ritter Heinrich [[von Kunstadt]], der „Dürrteufel“, und [[Leonhard Arberger]], der erst 1450 vertrieben wurde. Der Orther Gamareth Fronauer verschanzte sich vier Wochen lang in der [[Großschweinbarth]]er Kirche und schaffte zuletzt die Karriere vom Raubritter zum Kaiserlichen Rat. |
|||
[[1409]] plünderte Kaspar Schwemmsdeich aus Ungarn Schönkirchen, und Herr von Scharfeneck brandschatzte die Orte von Marchegg bis Wien. |
|||
Vom Raubritterunwesen berichtet der Volksmund: „''Von dem ehemals k. u. k. [[Schloss Niederweiden|Jagdschloß Niederweiden]] gelangt man in 15 Minuten, wenn man den Fasangarten durchschritten hat, zu den Trümmerresten des alten Grafenweiden. Ein mehrere Meter hoher Schutthaufen, der jetzt schon ganz mit Wald überwachsen ist, bietet uns die Überreste einer einstigen starken Burg. Dass die Burg nicht wenig befestigt war, erkennt man daraus, dass sich um dieselbe in weitem Umkreise drei große und vier kleinere Graben und Wälle herumziehen, die heute noch deutlich zu unterscheiden sind. Bei der Burg befand sich ein Pfarrort mit einer Pfarrkirche. Von Grafenweiden ist außer Ruinen nichts mehr vorhanden. Von den vielen Räubern zur Zeit Kaiser Friedrichs III. hatte sich einer - Leonhard Arberger und sein Weib Gertraud geborene von Rohr - der Burg bemächtigt und das Land ringsum geplündert, bis endlich die Burg im Jahre 1450 erobert und die Räuber, bei 900 Köpfen, getötet wurden. Was bei der mehrmaligen Belagerung nicht zu Grunde gegangen, wurde die Beute der Ungarn und auch der Türken.''“ (nach: Blätter für Landeskunde 1886) Dem Ehepaar wurde schließlich der hochnotpeinliche Prozess gemacht, aber hundert Jahre lang wollte niemand die Burg haben. |
|||
1446 wird die Orther Kirche von Ulrich Eitzinger und Georg von Kuenring erobert und in Brand gesteckt. „''1448 wurde die Räuberburg des Pankraz in Neiern (zwischen Marchegg und Dürnkrut gelegen) erstürmt und zerstört, ein Jahr später sein Bruder mit vielen Räubern gehängt.''“ (Hörler) Erst 1450 bringt ein Feldzug des Grafen [[Ulrich von Cilli]] Erleichterung. |
|||
Zwischendurch, 1426 bis 1432, waren die Marchfelder Ortschaften auch noch den Hussiten ausgeliefert. |
|||
1450 wird die erste Wiener Donaubrücke gebaut. Neue Verkehrswege und -möglichkeiten werden damit eröffnet, die Mauteintreibung verliert an Bedeutung und Sachsengang am Donauübergang Fischamend-Schönau („''Nur bei Schönau und Deutsch-Altenburg setzt der 20 bis 50 m hohe Steilrand des rechten Donauufers aus, deshalb waren dort die Übergänge für den Fernhandel und für militärische Operationen.''“ (Schilder)) wird zur ruhigen Landburg. |
|||
===Neuzeit=== |
|||
Das Marchfeld kann nun als christianisiert gelten. Die Kirche von Kopfstetten etwa steht, dem Durchfahrenden nicht sichtbar, am Ende einer [[Sackgasse|Sackstraße]], inmitten einer locker bewaldeten Wiese auf einem mittelalterlichen [[Hausberg]]: Bis 1462 stand hier eine mit „Burgstall“ bezeichnete [[Burg]]; erst darauf folgte die Kirche und siedelte die heilige Jungfrau an. Die heutige Kirche wurde 1769 erbaut. Einst war Kopfstetten ein [[Marienwallfahrtsort]], und die dem hl. Bartholomäus geweihte Kirche hieß „Maria Schutz“; Wegstationen sind noch zu erkennen. Dies genügt, aufmerksam zu werden: Marienverehrung entwickelte sich oft an ehemals heidnischen Kultstätten. Der Sage nach soll Attila, der Hunnenkönig, in dieser begraben worden sein, doch hätten ihn die Hunnen bald wieder ausgegraben und an einen unbekannten Ort verschleppt. Später hören wir, dass ein türkischer Feldherr hier liegen sollte und seine Soldaten den Hügel mit ihren Turbanen aufgeschüttet hätten. Wenn auch beide Geschichten ohne weiteres ins Reich der Sage zu verweisen sind - Attila ruht aller Wahrscheinlichkeit nach in seinen Kernlanden, weit im heutigen Ungarn - steht es außer Frage, dass es sich um einen uralten Kultplatz handelt. In der Tat wurde 1966 beim Aushub eines Kellers ein römischer Altarstein - bemerkenswert für einen Ort nördlich der Donau - gefunden, der auf ein Quellheiligtum hinweist: Früher lag hier ein Sumpf. |
|||
Weitere Marienverehrungsstätten finden sich bei Zwerndorf (Marieneiche) und, die bedeutendste, beim Marienbründl in Groißenbrunn. |
|||
„''Als [[Schloss Hof|Schloß Hof]] von den [[Türken]] geplündert wurde, drangen die Soldaten auch in die alte Marienkapelle des Schlosses und einer vermaß sich, nach dem Gnadenbild seinen Speer zu schleudern, so dass des Jesukindes Nase durchbohrt wurde. Allsogleich floß aber warmes Blut aus der Wunde und das Bild hing tags darauf im Walde bei Groißenbrunn an einer Buche. Die Stelle war aber geweiht seit alters her und es quoll heilsames Wasser aus dem Hügel, das gegen allerlei Augenkrankheiten von Nutzen war. Einmal genas durch das ‚Wunderbrünnl‘ auch eine sehr vornehme Frau und die ließ an dem Orte ein würdiges Gotteshaus erbauen, das genannt wurde ‚Liebfrau in allen Nöten‘. Nun kamen in der Folge aus allen Orten des Marchfeldes und auch weit herauf aus Ungarn fromme Wallfahrer, die sich Gnade erflehten von der Gottesmutter. Das Jesukind aber, das die Liebefrau auf den Armen trägt, blutet noch ab und zu aus seiner Wunde, besonders dann, wenn dem Lande Unglück droht.''“ (Hörler, Sagen) |
|||
Ein seltsames Detail bleibt zu erwähnen: dass ausgerechnet das für einen Marchfeldort wasserreiche Groißenbrunn - schon Prinz Eugen hatte das Wasser der Teiche zu den Brunnen von Niederweiden umleiten lassen - 1929 die erste Wasserleitung des Bezirks erhielt. (In Gänserndorf etwa begann man erst 1956 mit dem Bau.) |
|||
1477 zerstört der ungarische König [[Matthias Corvinus]] 40 Orte des Marchfeldes, fünf Jahre später nochmals. |
|||
1529 übersetzen die Türken bei [[Bad Deutsch-Altenburg|Deutsch-Altenburg]] die Donau und stecken in der Folge Schloss Orth und Marchegg in Brand - beides Besitztümer des Grafen [[Niklas Graf Salm|Niklas von Salm]], der die Verteidigung Wiens führte. Dabei wurde ihm durch einen Steinwurf der rechte Schenkel zertrümmert, er befehligte von der Tragbahre weiter: Die Türken traten am 16.10. den Rückzug an, Salm aber erlitt am Bein den Brand und starb 1530 auf seinem Stammschloss, dem Salmhof. Die Sage berichtet: „''Außer Marchegg steht ein alter Bau, der Salmhof, bei dem es zur Nachtzeit nicht geheuer ist. Droht dem Lande Gefahr, so zucken vor dem Gutshofe gespenstische Flammen auf und erschrecken jeden, der dort vorbei muß. Zuweilen dringt das Gemurmel vieler Stimmen an das Ohr des nächtlichen Wanderers. Läßt sich aber dumpfes Waffengeklirr und wildes Pferdegestampf vernehmen, so erscheinen im Vollmondlichte silberne Ritter in blanker Rüstung und stürmen aus dem alten Gemäuer gegen Sonnenuntergang. Da sagen die Leute, Graf Salm befehlige wieder seine tapferen Kürassiere und ziehe gegen die Türken. Jedoch mit dem Schlachtruf: ‚Rettet Wien!‘ verklingt dann der schauerliche Kriegslärm. Manchmal sieht man auch, wie vier Männer einen Sarg den Todererweg zur Salmau hinabtragen. Sie verscharren ihn dort unter einer alten Zitterpappel und kehren den Weg wieder zurück, den sie genommen.''“ (Pöttinger) Todererwege heißen nach Pöttinger „''die toten, d.h. graslosen Wege, worauf die Türken gezogen sein sollen.''“ (Wo ist Salms Grab? womöglich unter einer Pappel?) |
|||
Die Türken kamen aber auch zu Wasser: „''Mehr als 400 Schiffe, die berüchtigten ‚Nassaren‘, kamen donauaufwärts, und ihre Besatzung verköstigte sich ausnahmslos von dem, was sie den Uferbewohnern abnehmen konnte. Im Orther Pfarrgedenkbuch kann man nachlesen, dass von ihnen die meisten Ortschaften in Asche gelegt, der größte Teil des Landesvolkes durch das Schwert aufgerieben oder in Gefangenschaft fortgeführt wurde, worauf sodann nach dem Frieden diese fast verheerte Gegend durch die aus Bosnien und Kroatien hergerufenen Siedler wieder besetzt wurde.''“ (Plechl) Aus Obersiebenbrunn weiß man, dass 186 Personen in die Sklaverei genommen wurden. |
|||
1530 beginnt die Grundherrschaft Orth mit der Ansiedlung von vor den Türken geflohenen Kroaten: 50 Orte im Marchfeld waren kroatisch. Das entvölkerte Marchegg wird im Jahr darauf mit schwäbischen Siedlern belebt. |
|||
Die Bauernaufstände um 1524-26 und 1596/97 dringen nicht ins Marchfeld vor, hingegen finden die Religionsstreitigkeiten auch hier Raum: Um 1540 ist das Marchfeld überwiegend protestantisch, um 1600 wieder großteils katholisch. |
|||
1603 wurde eine Weikendorferin vom Landgericht Marchegg wegen Zauberei verbrannt. (1604 soll eine Obersiebenbrunnerin in Marchegg als Hexe verbrannt worden sein. Dieselbe?) |
|||
Hexen hausen (oder nisten) auf Bäumen. Eine „stolze Föhre“ bei Marchegg soll eine gute Fee beherbergt haben, eine andere, bei Strasshof, 1871 abgestorben und gefällt, „''hatte keinen Gipfel, sondern die Äste standen aufwärts und bildeten oben eine Fläche, als wären sie mit der Baumschere beschnitten gewesen''“ (Pöttinger) - also ein idealer Tanzboden. |
|||
„''In der Familie eines Hauses in Wagram a.d. Donau war eine Tochter, die nicht ganz geheuer war (soll heißen: die eine Hexe war). Bei der Wagramer Mühle steht noch heute ein alter Birnbaum, der der Sage nach mehrere hundert Jahre alt sein soll und auf dem die bösen Geister gehaust und die Hexen getanzt haben sollen. Einst hütete ein Bursche unter diesem Baum die Pferde, als die Hexen auf ihm ihren Unfug trieben. Die anderen Hexen nahmen dem obenerwähnten Mädchen, das ja als Hexe unter ihnen weilte, eine Rippe heraus und ‚haben damit gestuckt‘ (das heißt: warfen damit Ball). Die Rippe fiel herunter und der Bursche hob sie auf. (Er war natürlich auch verhext, sonst hätte er sie nicht finden können.) Am nächsten Tage hat das Mädchen die Schafe herausgelassen und ist auf der Gasse stehengeblieben. Der Bursche ging vorüber und fragte: ‚Wie geht es dir mit der Hollerrippen?‘ (Die Hexen hatten dem Mädchen als Ersatz eine Holunderrippe eingesetzt.) Da fiel das Mädchen um und war mausetot. Der Bursche aber durfte sich abends nicht mehr blicken lassen.''“ (Weyrich) |
|||
1605 äschern ungarische [[Haiduken|Haiducken]] Haringsee ein. |
|||
Am 11./12. August 1621 verwüsten im Zuge des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) ungarische Scharen die Gegend von Zistersdorf. 20 Dörfer sollen eingeäschert worden sein, sodass der Feuerschein bis Wien sichtbar war. |
|||
Am 4. April 1645 fielen die Schweden ein, der Heerführer [[Lennart Torstenson]] drang bis Wien vor. [[Eckartsau]] ging in Flammen auf, Orth wurde geplündert. Erst im August 1646 zogen sie wieder ab. „''Eine Bestandaufnahme der Verwüstungen zeigt, dass am Ende des Dreißigjährigen Krieges 58 % der Häuser im Weinviertel verloren gingen, im Marchfeld sollen 8065 Häuser verödet sein.''“ (aus: Chronik Leopoldsdorf) |
|||
Dazu kommt 1679-82 eine weitere Pestepidemie (in Lassee sterben 140 Menschen, in Leopoldsdorf nur 3), sodass am Ende des 17. Jahrhunderts das ganze Marchfeld nur mehr um die 6.000 Einwohner hat, während es in Blütezeiten 65.000 gewesen waren; wiederum werden Kroaten im Marchfeld angesiedelt. |
|||
1683: Türkenbelagerung - und die Polen (zum Wiener Entsatz gekommen) plündern und brandschatzen am 2. August [[Gänserndorf]]. |
|||
1685 erwirbt Graf Starhemberg die Herrschaft Grafenweiden: 1693 wird Niederweiden erbaut. |
|||
1700 erbaut [[Jakob Prandtauer]] Kirche und Pfarrhof von [[Weikendorf]] - im Schloss findet sich das Marchfeldmuseum. |
|||
[[Prinz Eugen von Savoyen|Prinz Eugen]], der als Dank für die Türkensiege von [[Karl VI. (HRR)|Karl VI.]] Schloss Obersiebenbrunn bekam, klagte bald, dass die Herrschaft zu wenig Jagdwild enthielt, und wechselte nach [[Schloss Hof]] und [[Niederweiden]] ([[Johann Bernhard Fischer von Erlach]], [[Lucas von Hildebrandt]]). |
|||
Die Ungarn erheben sich nun gegen die Habsburgerherrschaft: Sie betrachten ihren Kampf als heilige Sache und werden [[Kuruzzen]] genannt (curuczi = Kreuzfahrer). Ab 1703 finden Kuruzzeneinfälle unter Rakoczy auch über der Donau statt („Kruzitürken“: Kuruzzen und Türken), am 27. August 1705 „''überfielen sie in einer Abteilung von drei Fähnlein [[Breitstetten]], [[Liomersdorf]] sowie [[Obersiebenbrunn|Ober-]] und [[Untersiebenbrunn]] und trieben etwa 8000 Stück Vieh in Richtung March. Schon bei [[Groißenbrunn]] nahm Oberst Dillherr, der Kommandant an der March, mit 500 Mann den Ungarn nach kurzem Geplänkel den ganzen Raub wieder ab.''“ (aus: Chronik Leopoldsdorf) |
|||
1706 stürmen Ungarn unter Graf Simon Forgatsch den Ort [[Zistersdorf]] und ermorden im Schloss 400 Menschen. Schätzungen zufolge gingen 80 % (!) der Marchfelder Bevölkerung durch die Kuruzzen zugrunde. Darauf, 1712-1714, folgt wieder die Pest. |
|||
Auch in Friedenszeiten war die Welt nicht besser. Hörler malt ein Zeitbild von 1721: „''Im Oktober ging Simon Böhm, ein Gänserndorfer aus dem Hause Nr. 51, von Auersthal nach Hause. Da er quer über die Felder ging und vielleicht auch nicht ganz nüchtern war, kam er in die Netze, die Peter Deodat, Freiherr Beckher von Wallhorn, zum Lerchenfang aufgestellt hatte. Der Baron, schon 1702 in den niederösterreichischen Herrenstand aufgenommen, also ein mächtiger Herr, jähzornig obendrein, ließ den Bauern fangen, prügeln und in einem Hundezwinger in Ketten legen. Vom Pfarrer aus Schönkirchen ist eine Bestätigung erhalten, dass er dem Simon Böhm im Hundezwinger die Sterbesakramente gab, und von den Wundärzten aus Wolkersdorf liegen Atteste auf über die Art der Verletzungen. Böhm erholte sich wieder, er mußte über richterlichen Befehl freigelassen werden.''“ |
|||
24. September 1754: Anlässlich einer Prunkjagd in Schlosshof wurden 800 Hirsche, 1000 Hasen, 130 Füchse und 60 Wildschweine als Jagdbeute bereitgestellt. |
|||
Unter [[Maria Theresia]] werden 1770 großangelegte Aufforstungen begonnen: Robinien, Eschen und (angeblich 98.000) Pappeln werden gepflanzt („Gänserndorfer Wald“), um Erdverwehungen zu verhindern. Aber noch 1829 heißt es in der „Kirchlichen Topographie“: „''In der viert Stunden breiten Strecke von Markgraf Neusiedl bis Oberweiden ist kein Baum, keine Quelle, kein Haus außer einem fast in der Mitte liegenden Schäferhofe; nichts zeigt sich dem Blicke in dieser Sandwüste als röthliches Heidegras. Noch vor wenigen Jahren durchzog diese Gegend, wie durch Ägyptens Wüsten, Niemand allein; immer, und wenigstens des Nachts, gesellten sich Mehrere zusammen, denn der Nahme des Schäferhofes Siehdichfür (hier soll einst ein seiner Sündhaftigkeit wegen versunkenes Kloster gelegen haben, Anm.) erinnerte jeden Reisenden, auf seiner Huth zu seyn vor den fürchterlichen Sand- und Staubwolken und dem hier lauernden schlechten Gesindel.''“ (zitiert nach Lukan) Und: „''Ein Teil des Marchfeldes ist (...) unfruchtbar und dürr (...), dass man eher in eine Wüste, als in die Kornkammer der Hauptstadt versetzt zu sein glaubt. Auf diesem undankbaren Boden gedeiht kaum schlechtes Heidekraut, geschweige denn andere Pflanzen (...).''“ (W.C.W. Blumenbach, Neueste Landeskunde von NÖ, (1834) Erst die späteren Schwarzföhrenbepflanzungen waren erfolgreich. |
|||
Das Gebiet zwischen Obersiebenbrunn und Gänserndorf ist heute aufgeforstet, die riesige Siedlung Gänserndorf-Süd breitet sich darin immer mehr aus, der Safaripark nimmt weiteren Raum ein. Der Boden in diesem Gebiet ist noch immer sandig, die Erdschichte manchmal unglaublich dünn. Nördlich des Gänserndorfer Waldes sind die Felder steinig und wenig fruchtbar; der Begriff „Kornkammer“ kann nur für das südliche Marchfeld gelten. 1761 führt Pfarrer [[Johann Eberhard Jungblut]] aus [[Prinzendorf bei Mistelbach]] Kartoffeln aus Holland ein; diese Früchte setzen sich rasch durch. |
|||
==Seit [[1800]]== |
|||
[[Napoleon]] hat seine Spuren im Marchfeld unter anderem auch auf zwei Bäumen hinterlassen. Bei Engelhartstetten stand die Napoleonbuche, wo ein altes Weib der Legende nach dem Kaiser die Niederlage von [[Aspern]] (21. und 22. Mai 1809) prophezeiht hat. Der wütende Bonaparte warf einen Dolch nach dem Weibe, traf die Buche und das Loch ist heute noch zu sehen. Diese Niederlage war aber bedeutungslos, in der [[Schlacht bei Wagram]] (bei [[Deutsch-Wagram]]) gelang Napoleon wenige Tage später ein entscheidender Sieg. |
|||
„''In der Nähe von Gänserndorf steht die alte Napoleonföhre. Es war am 4. und 6. Juli 1809, als bei Wagram eine große Schlacht stattfand. Nach der Schlacht legte sich Napoleon unter den Schatten einer großen Föhre nieder. Da vernahm er ein Sausen durch die Luft, und eine Kugel durchbohrte seinen Dreispitz und blieb im Stamme stecken. Zum Dank für diese Rettung ließ Napoleon daselbst einen Denkstein errichten und die Föhre führte fortab seinen Namen.''“ (Mailly) |
|||
„''Am Abend des 5. Juli 1809 drang ein Bataillon Sachsen als Gefolgsleute Bonapartes von zwei Seiten in das heißumkämpfte Deutsch-Wagram ein und traf auf dem Anger wieder zusammen. Aufgrund der hellen Uniformen und der deutschen Flüche hielt jede Formation die andere für Österreicher und eröffnete das Feuer... Napoleon, über dieses Mißgeschick erbost, hat den Rest des sächsischen Korps aufgelöst. 'Mit solchen Leuten kann man keinen Krieg führen.' ''“ (Heller) |
|||
1829: Gründung der k. k. privilegierten Ersten Donaudampfschiffahrtsgesellschaft (bedeutsam war die Anlegestelle in Orth; in Eckartsau gab es eine eigene Anlegestelle für die kaiserliche Familie). |
|||
1830: Eisstoß, Wasser bis in die Höhe von Leopoldsdorf, 10 Tage dauerte die Überschwemmung; Kimmerleinsdorf ertrank in den Fluten - an seine Stelle trat [[Franzensdorf]]. |
|||
1831: Choleraepidemie. Ein Deutsch Altenburger Chronist berichtet: „''Unsere Nachbarn, die sonst gutmütigen Stopfenreuther, warteten am jenseitigen Ufer mit Säbeln und Hacken, wenn jemand hinüber kam, um ihn zu erschlagen.''“ |
|||
23. November 1837: Inbetriebnahme der k. k . a. p. (kaiserlich königlich ausschließlich privilegierten) Kaiser Ferdinand-Nordbahn mit einer Geschwindigkeit von 34 km/h. Sie fuhr zuerst von Floridsdorf nach Deutsch Wagram (40 Minuten), später vom Prater nach Brünn. 10.000 Eisenbahnarbeiter waren dabei im Einsatz. An Wochentagen verkehrten täglich zwei Züge, an Sonntagen vier. Ab 1939 führt sie bis Gänserndorf. |
|||
1844: Eröffnung der Dürnkruter Zuckerfabrik, der 1902 die Leopoldsdorfer folgte. Die Zuckerrüben wurden noch aus Mähren eingeführt. |
|||
1862: Hochwasser und Beginn der Donauregulierung, die seit 1810 in Planung gewesen war. |
|||
1866 war der [[Rußbach (Fluss in Niederösterreich)|Rußbach]] die Demarkationslinie zwischen Preußen und Österreich: „''Zwischen Weikendorf und Oberweiden steht im freien Aehrenfeld ein schmiedeeisernes Kreuz, um das herum preussische Soldaten begraben liegen, die 1866 an der Cholera starben. So oft nun im Marchfeld Manöver gehalten werden, hört man aus diesen Soldatengräbern Schlachtgesänge schallen, sagt das Volk. Es ist, als ob die Krieger hier nicht tatenlos ruhen könnten. Sie werden einmal alle bewaffnet auferstehen, wenn es an der Zeit ist. Die Landmädchen legen gerne Feldblumen auf diese Hügel. Über Nacht trägt sie aber der Wind davon. Auch die Gräberblumen wollen hier nicht gedeihen. Sie müßten wohl von heimatlicher Erde sein!''“ (Schukowitz) |
|||
1870: Eröffnung der Bahnlinie Wien - Marchegg. (Ein baureifes Projekt, das südliche Marchfeld durch eine Linie [[Jedlesee]]-[[Devín|Theben]] zu erschließen, scheiterte am Börsenkrach von 1873). |
|||
1886: Eröffnung der ersten Dampftramway: Wien - [[Groß-Enzersdorf]] (später Straßenbahn, heute Autobus 26 A). |
|||
1899: erster österreichischer Radfahrerweg von Floridsdorf über Deutsch-Wagram nach [[Bockfließ]]. |
|||
1899: erste Lagerhausgenossenschaften. Im selben Jahr zerstört ein Hochwasser den in Bau befindlichen Marchfeldschutzdamm und den halben Ort Wagram a.d. Donau... bereits sind erste Klagen von Gemeinden über Verminderung des Grundwassers zu hören. 1905 wird der Damm („Hubertusdamm“) fertiggestellt. |
|||
1901 wird Gänserndorf Sitz einer Bezirksbehörde. Der Bezirk Gänserndorf nahm damals nur die Osthälfte des Marchfeldes ein, etwa entlang der Linie Witzelsdorf - Bad Pirawarth. Die linke Hälfte war der Bezirk „Floridsdorf-Umgebung“ und inkludierte Teile des heutigen „Wien-Umgebung“. 1904 wurden nö. Gemeinden wie [[Stadlau]], Aspern, [[Kagran]] und [[Hirschstetten]] dem transdanubischen Wiener Bezirk [[Floridsdorf]] einverleibt, heute bilden ebendiese Ortschaften den Bezirk [[Donaustadt]]. |
|||
1908: Eröffnung der „Landesbahn“ Siebenbrunn - Engelhartstetten, die von der „Staatsbahn“ Wien - Marchegg abzweigt. Eine weitere Abzweigung bei Breitstetten, nach Orth führend, wird nach dem 2. Weltkrieg nach der Eröffnung des Postautobusverkehrs für den Personenverkehr aufgelöst. |
|||
1913: Im Marchfeld wird der Film „Geheimnis der Lüfte“ gedreht (Buch: Erich Klein), die erste Produktion der vom später berühmten Erich Pommer geleiteten „Wiener-Autoren-Film“. In der „Fackel“ 384/385 vom Oktober 1913 zitiert und kommentiert Karl Kraus eine als Nachricht aufgemachte Zeitungsanzeige unter dem Titel „Ein mysteriöser Fund auf dem Marchfeld“, die unter anderem die folgenden „Köpfe“ enthielt: |
|||
Die Untersuchung. - Beunruhigung in der ländlichen Bevölkerung. - Eine Gerichtskommission aus Wien. - Der Fall bleibt mysteriös. - Der Lokalaugenschein. - Der Tote muß aus einer kolossalen Höhe herabgefallen sein. - Die Recherchen erfolglos. - Eine Unterredung mit Detektiv B. - Meister Illner wird Detektiv B. unterstützen. - Der Hangar des mysteriösen Luftschiffes - an der ungarischen Grenze. - Ein Geständnis des Schuldigen?... |
|||
Die Anzeige liefert also die Auflösung des Rätsels gleich mit. Wie haben sich die Zeiten geändert! Das Marchfeld aber scheint nur noch selten zu Filmehren gekommen zu sein. (Gustav Ucickys [[Postmeister]], 1940, soll die verschneiten Felder für Russland genommen haben.) |
|||
1938 wird der Bezirk Gänserndorf anlässlich der Schaffung von Groß-Wien mit Breitenlee, Eßling, Süßenbrunn sowie dem bis dahin zum II. Bezirk gehörenden Kaisermühlen zum XXII. Bezirk („Groß-Enzersdorf“, ab 1954 „Donaustadt“) - die Ostgrenze verlief entlang [[Glinzendorf]], [[Rutzendorf]], Franzensdorf, [[Andlersdorf]], [[Probstdorf]] und [[Mannsdorf]]. Die Ausbaupläne der Nazis für Groß-Wien sahen u. a. eine S-Bahn-Linie bis Franzensdorf vor. Von 1946 bis 1955 wurden in langwierigen Verhandlungen die heutigen Bezirks- und Landesgrenzen geschaffen. |
|||
1940: Pläne, zwischen der Gänserndorfer „Siedlung“ und Silberwald ein Konzentrationslager zu bauen, wurden verworfen: Die Beschaffung des nötigen Trinkwassers, die Beseitigung der Fäkalien und die zu hohen Grundstückablösen verhinderten das Vorhaben. |
|||
1941: In Strasshof wird ein Durchgangslager für so genannte [[Ostarbeiter]] errichtet; man schätzt, dass ca. 15.000 ungarische Juden unter menschenunwürdigen Bedingungen hier zusammengeführt, registriert und an „Arbeitsstätten“ verteilt wurden. Im Ortsfriedhof von Strasshof wurden 231 ehemalige Lagerinsassen in einem Massengrab bestattet. |
|||
1959 wird der „Sandberg“ bei Oberweiden, eine Sanddüne, Vollnaturschutzgebiet. |
|||
1962 bricht nicht nur der Rußbachdamm (und 1963 wieder), sondern es wird auch, am 17. Januar, die Schnellbahn nach Gänserndorf eröffnet: Nun kann man mit 100 km/h durchs Marchfeld rasen. |
|||
Mit der Eröffnung der Donaubrücke bei Hainburg 1972 (schon 1848 war eine Kriegsbrücke bei Deutsch-Altenburg errichtet worden) wird die Stopfenreuther [[Rollfähre|Fähre]] ebenso hinfällig wie die kleine, von Orth nach Deutsch Haslau über den Strom führende. |
|||
Am 28. September 1973 bringen arabische Terroristen vier jüdische Geiseln am Bahnhof Marchegg in ihre Gewalt und erzwingen die Schließung des Transitlagers [[Schönau]] für sowjetische Emigranten. |
|||
1982 wird mit dem seit 1962 projektierten Bau des [[Marchfeldkanal|Marchfeldkanals]] begonnen. Er war schon äußerst riskant, da der Grundwasserspiegel in den Jahren 1983 und 1984 um je 50 cm sank. (Frühere Projekte: Altvatter-Projekt (1870), Podhargsky-Projekt (undatiert, nahm bereits auf den geplanten [[Donau-Oder-Kanal]] Bedacht), Mitterndorfer (1901)) |
|||
Aus der Kosten-Nutzen-Analyse (1977) „''Je nach Ablauf der Frontdurchgänge unterliegt die Witterung mehr dem gemäßigten mitteleuropäischen oder dem kontinentalen pannonischen Klima. Letzteres schiebt sich bei osteuropäischen Wetterlagen weit über das Marchfeld gegen den Westen vor. Die Winter sind dann kalt und schneearm, die Sommer heiß, niederschlagsarm, von Trockenperioden begleitet. Im 60-jährigen Mittel sind 81 Prozent der Niederschläge vegetationswirksam.''“ Von den 1000 km² im Marchfeld werden 680 landwirtschaftlich genutzt - jede Pflanze braucht 600 kg Wasser, um 1 kg Trockensubstanz anzureichern, jährlich werden 20.000.000 m³ Grundwasser zur Beregnung hochgepumpt. Zugleich regnet es im Marchfeld um 20 % weniger als in Wien. Seit 1970 hatte sich der Grundwasserspiegel jährlich um 10 - 20 cm gesenkt. Im Herbst 1992 wird das erste Teilstück des Kanals eröffnet: 25 km neues Bachbett des Rußbaches wurde errichtet und 40 km vorhandenes verbessert und erweitert. 1998 droht dem Projekt der Konkurs. |
|||
1984: Besetzer in der [[Stopfenreuther Au]] gegen das geplante Donaukraftwerk bei Hainburg erzwingen eine „Nachdenkpause“ und letztlich die Absetzung des Projektes. |
|||
1997: Überschwemmungen aufgrund heftiger Regenfälle. Weiterhin Meldungen über die Austrocknung des Gebietes. |
|||
==Literatur== |
|||
* div., ''Chronik Marktgemeinde Leopoldsdorf im Marchfeld'', 1996 |
|||
* div., ''Dehio-Handbuch Niederösterreich nördlich der Donau'', Wien 1990 |
|||
* div., ''Festschrift anläßlich der Markterhebung und Wappenverleihung der Marktgemeinde Leopoldsdorf im Marchfelde'', Leopoldsdorf 1988 |
|||
* div., ''Festschrift 700 Jahre Marchegg'', Marchegg 1968 |
|||
* Friedrich Heller/Anna Bibersteiner, ''Das Marchfeld bildlich besprochen'', Wien 1986 |
|||
* Karl Gutkas, ''Geschichte des Landes Nö., St.Pölten'' 1983 |
|||
* Gustav Holzmann, ''Die Verstädterung des Marchfeldes'', Wien 1959 |
|||
* Hans Hörler, ''Gänserndorfer Chronik'', Gänserndorf 1969 |
|||
* Hans Hörler, ''Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf, Gänserndorf'' 1951 |
|||
* Karl Lukan, ''Das Weinviertelbuch'', Jugend und Volk Verlag [[Wien]] [[1992]] ISBN 3-224-17610-5 |
|||
* Anton Mailly, ''N.ö. Sagen'', Leipzig-Gohlis 1926 |
|||
* Matthias Mander, ''Wüstungen'', [[Styria Verlag]] [[Graz]]-Wien-Köln 1985 ISBN 3-222-11639-3 |
|||
* Franz Müllner, ''Aus der Geschichte des Kurortes Bad Deutsch-Altenburg'', Bad Deutsch-Altenburg 1962 |
|||
* Pia Maria Plechl, ''Das Marchfeld'', [[Herold Verlag]] Wien 1969 |
|||
* Josef Pöttinger, ''N.ö. Volkssagen'', Wien 1953 |
|||
* Emmerich Schaffran, ''Die Porta Hungarica'', Wien 1960 |
|||
* Manfred Scheuch, ''Historischer Atlas Österreich'', [[Brandstätter Verlag]] Wien 1994 ISBN 3-85447-544-6 |
|||
* Otto Schilder, ''Der politische Bezirk Gänserndorf in Wort und Bild'', Gänserndorf 1970 (über 850 Seiten!) |
|||
* Otto Schilder, ''Land an March und Donau'', Gänserndorf 1975 |
|||
* Hans Schukowitz, ''Kriegs- und Schlachtensagen aus dem Marchfelde'', Zeitschrift der Vereines für Volkskunde, Berlin IX/1899 |
|||
* Günther Schwab, ''Der Wind über den Feldern'', Ravensburg o.J. |
|||
* Silberstein, ''Denksäulen im Gebiete der Kultur und Literatur'', Wien 1879 |
|||
* Soldan-Heppe, ''Geschichte der Hexenprozesse'', neu hg. von Max Bauer, Hanau o.J. |
|||
* Edgar Weyrich, ''Der politische Bezirk Floridsdorf-Umgebung'', Wien-Leipzig-New York 1924 |
|||
* Johann Wenzel, ''Sagen von der Hainburger Pforte'', Hainburg 1928 |
|||
==Weblinks== |
|||
* www.metamovie.de [http://www.metamovie.de] |
|||
{{Koordinate Artikel|48_17.1560633236345_N_16_37.9156494140625_E_type:landmark_region:AT|48° 17' N, 16° 38' O}} |
|||
[[Kategorie:Region in Europa]] |
|||
[[Kategorie:Region in Niederösterreich]] |
[[Kategorie:Region in Niederösterreich]] |
||
[[Kategorie:Historische Landschaft]] |
|||
[[Kategorie:Historisches Territorium (Österreich)]] |
[[Kategorie:Historisches Territorium (Österreich)]] |
||
[[Kategorie:Geographie (Bezirk Gänserndorf)]] |
|||
[[Kategorie:Kleinregion in Niederösterreich]] |
|||
[[eo:Moravia Kampo]] |
|||
[[pl:Morawskie Pole]] |
Aktuelle Version vom 21. März 2025, 19:58 Uhr
Das Marchfeld ist eine etwa 900 km² große Tegel- und Schotterebene, die den östlich an Wien grenzenden Teil Niederösterreichs bildet, eine der größten Ebenen Österreichs. Geologisch ist das Marchfeld die Nordhälfte des Wiener Beckens, das entlang der Donau etwa 60 Kilometer breit ist und nach Norden schmäler wird.
Der namensgebende Fluss im Osten ist die March (von „Mark, Grenze“[1]), dem Grenzfluss Österreichs zur Slowakei, also in der Bedeutung „Gebiet/Ebene am Grenzfluss“, wo sich die Ebene unter dem Namen Záhorie fortsetzt und in die Kleinen bzw. Weißen Karpaten übergeht, dort zieht sie sich bis zur tschechischen Grenze bei Hodonín. Im Süden wird das Gebiet von der Donau und ihren Auen (z. B. Lobau) begrenzt, im Norden wird vom Wiener Bisamberg bis Angern an der March vom Hügelland des Weinviertels. (In der offiziellen Vierteleinteilung Niederösterreichs, nicht aber in der Alltagswahrnehmung, gehört das Marchfeld zum Weinviertel.) Der flache österreichische Uferstreifen der March bis Hohenau und dem Dreiländereck zählt ebenfalls noch zum erweiterten Marchfeld.
Das Marchfeld ist ungefähr deckungsgleich mit dem größeren, südlichen Teil des Bezirks Gänserndorf (Gänserndorf ist der Hauptort des Marchfeldes) und fungiert traditionell als Gemüselieferant Wiens und „Kornkammer Österreichs“. Wirtschaftlich ist es seit den 1930er-Jahren durch seine Erdöl- und Erdgas-Vorkommen bedeutsam, architektonisch unter anderem durch mehrere Barockkirchen, Stadtplätze und die Marchfeldschlösser.
Das Marchfeld war Thema der Niederösterreichischen Landesausstellung 2022, die in Schloss Marchegg stattfand.
Landschaftsbeschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Wiener Becken ist ein Senkungsgebiet zwischen Ostalpen und Karpaten, das im Tertiär eine weite, einige hundert Meter tiefe Meeresbucht war. Sie wurde langsam von den Ablagerungen der einmündenden Flüsse zugeschüttet und zu einem bis sechs Kilometer tiefen Sedimentbecken. Der auf diesen Ablagerungen gedeihende Urwald versank in den Eiszeiten und Zwischeneiszeiten. Vor Einbruch des Wiener Beckens und Aufwölbung der Alpen lag hier 50 Millionen Jahre lang das Molasse-Meer, das weitere 20 Millionen Jahre für seinen Rückzug und das Absetzen von Brackwasserschichten bis zur Austrocknung des Pannonischen Sees brauchte.
Der Kleine Wagram teilt das Marchfeld in die südliche, fruchtbare Praterterrasse und die nördliche Gänserndorfer Terrasse und Schlosshofer Platte: diluviale Schotterkörper mit einer dünnen Humusschicht darüber und Flugsand, ursprünglich eine mit Sträuchern bedeckte Heide. Das Marchfeld ist nicht nur geografisch und politisch ein Grenzgebiet, sondern auch landschaftlich, zwischen baltischer und pannonischer Zone.
Emmerich Schaffran schreibt:
„Schon in den stadtseitigen Hängen des Wienerwaldes zeigen sich in mancher Pflanze, in mancher Insektenart und besonders im Klima die ersten Vorboten des pannonischen Gebietes und noch deutlicher wird dies in der Umgebung von Hainburg, wo sehr hohe Sommertemperaturen kalten und stürmischen Wintertagen gegenüberstehen, und wo nicht, wie im zentralen und westlichen Europa, besonders im Gebiet des baltischen Klimas, die Niederschläge mehr gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt sind, sondern sich in scharf abgegrenzte Regen- und Trockenzeiten scheiden. […] Oftmals weicht der Föhrenwald niedrigem, macchiaartigem Dorngestrüpp, durchsetzt mit verbogenen Zerr-Eichen und Ginsterbüschen; da und dort treten als weitere Zeugen des nahen Steppenklimas feinstielige Federgräser, Zwergschwertlilien und Wacholderstauden auf. Ebenso sind die großen und mitunter schwer passierbaren Auen zwischen Petronell und Deutsch Altenburg, sowie gegenüber von Hainburg und bei Wolfsthal zum größten Teil aus pontischen Bäumen, Büschen und Gräsern gebildet.“

Nur vereinzelt, vor allem zwischen Gänserndorf und Oberweiden, hat sich die ursprüngliche Heidelandschaft erhalten. Die Weikendorfer Remise war 1927 das erste österreichische Naturschutzgebiet,[2] die Sandberge Oberweiden wurden 1961 zum Naturschutzgebiet erklärt.[3] Mit Verordnung der Europaschutzgebiete „Pannonische Sanddünen“ und „Sandboden und Praterterrasse“ steht der gesamte Bereich unter Schutz.[4] Die kleinen Sümpfe, Moore und Teiche aber sind beinahe restlos verschwunden. Das größte Gewässer, der Rußbach, der das Marchfeld, von Nordwesten kommend und bei Hainburg in die Donau mündend, in zwei Hälften teilt, ist ein trübes, eingedämmtes Rinnsal, dem erst in jüngster Zeit, als er in den Marchfeldkanal integriert wurde, ein paar neu angelegte Biotope zugestanden wurden.
Obwohl überdüngt und zerkultiviert, weist das Marchfeld kleinflächig bemerkenswerte Flora und Fauna auf. Daher wurden im östlichen Marchfeld die Europaschutzgebiete Pannonische Sanddünen sowie Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse ausgewiesen, an die im Osten die Europaschutzgebiete March-Thaya-Auen angrenzen. Leopoldsdorf beheimatet eine wildbiologische Station, da im Nahbereich Großtrappen, deren Vorfahren nach Einführung des Rapsanbaus um 1920 im Seewinkel eingewandert waren, vorkommen. Diese sind vom Aussterben bedroht: 1977 wurden 33 Stück gezählt, 1996 sieben und 2000 fünf – ein Hahn und vier Hennen. 2009 wurden drei Hähne und neun Hennen gezählt.[5] Der Herbstbestand 2012 betrug elf Vögel. Die Bisamratten freilich (1905 von einem böhmischen Grafen nach Europa importiert und seither in Verbreitung begriffen) können sich über den Ausbau des Rußbaches zum Marchfeldkanal freuen. In den Marchsümpfen bei Marchegg findet man noch Störche.
Landwirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Region herrscht ein pannonisches Klima, das sich vor allem durch mäßig kalte Winter und heiße Sommer auszeichnet. Das Marchfeld eignet sich durch das vorherrschende Klima besonders gut für die Gemüseproduktion und ist mit einer Gesamtanbaufläche von circa 7.000 Hektar die bedeutendste Gemüseanbauregion Niederösterreichs.[6] Das Marchfeld ist daher der Gemüselieferant Wiens, flächenmäßig am bedeutendsten sind Zwiebeln (Allium cepa), Grünerbse (Pisum sativum), Karotte (Daucus carota ssp. sativus), Spargel (Asparagus officinalis L), Spinat (Spinacia oleracae), Schnittbohnen (Phaseolus vulgaris) und Kraut. Vom finanziellen Ertrag ist auch der Erdbeeranbau bedeutend. Das Marchfeld wird traditionell auch als die „Kornkammer Österreichs“ bezeichnet, da es bis in das 19. Jahrhundert von der Getreidewirtschaft dominiert wurde. Der Getreideanbau ist immer noch bedeutend. Das Marchfeld entwickelte sich aber neben dem Gemüseanbau auch zum Hauptanbaugebiet für Zuckerrüben mit Zuckerfabriken in Dürnkrut (stillgelegt), Leopoldsdorf und Hohenau (stillgelegt).
Trotz seiner Stellung als traditionelle „Kornkammer Österreichs“ ist das Marchfeld mit einem durchschnittlichen Jahresniederschlag unter 550 Millimetern das trockenste Gebiet Österreichs. Dem sinkenden Grundwasserspiegel infolge der Übernutzung des Grundwasserkörpers wurde mit einem Kanal, dem im Jahr 1992 in Betrieb genommenen Marchfeldkanal, begegnet.[7] Der Versteppung durch Windabtrag des Humus soll mit Windschutzstreifen begegnet werden.
Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Gänserndorf
|
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1260 schlug hier Ottokar II. Přemysl von Böhmen Bela IV. von Ungarn. Ottokar fiel 1278 knapp nördlich des Marchfelds in der Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen gegen Rudolf von Habsburg. Im 16. Jahrhundert siedelten sich (ähnlich wie im Burgenland) Kroaten an, die die Volksgruppe der Marchfeldkroaten bildete, die sich bis Mitte des 19. Jahrhunderts halten konnte. 1809 kämpfte Österreich bei Aspern und (Deutsch-)Wagram gegen Napoléon. 1837 wurde im Marchfeld die Kaiser-Ferdinand-Nordbahn als erste Dampfeisenbahn Österreichs in Betrieb genommen. 1870 wurden die Laaer Ostbahn und die Marchegger Ostbahn eröffnet. (Die Bahnstrecken erscheinen auf Plänen wie mit dem Lineal schnurgerade durch das Marchfeld gezogen.) 1918 / 1919 verbrachte der ehemalige Träger der Krone,[8] Karl I., auf Schloss Eckartsau vor der Emigration die letzten Wochen im Inland. Geografisch zählen die unverbauten Randgebiete des 21. und des 22. Bezirks von Wien, beide am linken Donauufer, zum Marchfeld.
Kunst und Theater
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Strasshof eröffnete am 19. September 2015 das Kulturzentrum Marchfeld Strasshof (KUMST). Die Feierlichkeiten wurden u. a. mit der Aufführung einer Operette begangen: Ein von Carl Millöcker und Ludwig Anzengruber für das Wiener Harmonietheater in Alsergrund konzipiertes Werk – Der Sackpfeifer – erlebte dabei seine Uraufführung, da es zu Lebzeiten der Autoren noch nicht auf die Bühne gelangt war.
Marchfeldschlösser
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter dem Begriff „Marchfeldschlösser“ bzw. „Marchfelder Schlösserreich“ werden sechs im Marchfeld gelegene Schlösser touristisch vermarktet. Die Schlösser sind Hof, Niederweiden, Orth/Nationalparkzentrum, Marchegg, Eckartsau, sowie Obersiebenbrunn (nur der Gartenpavillon).[9]
Kleinregion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kleinregionen sind Zusammenschlüsse von niederösterreichischen Gemeinden auf freiwilliger Basis, die die regionale Zusammenarbeit verbessern sollen. Im Oktober 2006 wurde der Verein MAREV und damit die Kleinregion Marchfeld gegründet. Zur Kleinregion Marchfeld zählen sich die Gemeinden Aderklaa, Andlersdorf, Deutsch-Wagram, Eckartsau, Engelhartstetten, Gänserndorf, Glinzendorf, Groß-Enzersdorf, Großhofen, Haringsee, Lassee, Leopoldsdorf im Marchfeld, Mannsdorf an der Donau, Marchegg, Markgrafneusiedl, Obersiebenbrunn, Orth an der Donau, Parbasdorf, Raasdorf, Strasshof an der Nordbahn, Untersiebenbrunn, Weiden an der March und Weikendorf zusammengeschlossen.[10]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedrich Heller, Anna Bibersteiner: Das Marchfeld bildlich besprochen. Norbertus, Wien 1986.
- Karl Lukan: Das Weinviertelbuch. Jugend und Volk, Wien 1992, ISBN 3-224-17610-5.
- Pia Maria Plechl: Das Marchfeld. Herold, Wien 1969.
- Otto Schilder (Red.): Der politische Bezirk Gänserndorf in Wort und Bild.
- Edgar Weyrich: Der politische Bezirk Floridsdorf-Umgebung. Deutscher Verlag für Jugend und Volk, Wien 1924 / Gänserndorf 1970.
- Otto Schilder: Land an March und Donau. Kulturverein Marchfeld, Gänserndorf 1975.
- Herbert Eigner: Das Marchfeld. Sutton Verlag, Erfurt 2013.
- Laf Wurm: Mein Marchfeld. Verlag alex-buch, Groß-Enzersdorf 2014.
Spezielles:
- Gustav Holzmann: Die Verstädterung des Marchfeldes. Verlag Notring der wissenschaftlichen Verbände Österreichs, Wien 1959.
- Hans Hörler: Sagen, Schwänke und andere Volkserzählungen aus dem Bezirk Gänserndorf. Bezirksschulrat Gänserndorf, Gänserndorf 1951.
- Hans Schukowitz: Kriegs- und Schlachtensagen aus dem Marchfelde. Zeitschrift der Vereines für Volkskunde, Berlin 1899.
- Günther Schwab: Der Wind über den Feldern. Scheuermann, Wien 1942.
- Johann Wenzel: Sagen von der Hainburger Pforte. Selbstverlag, Hainburg 1928.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Johann Andreas Schmeller: Bayerisches Wörterbuch. Band 2, 1828, Die March, S. 612 ff. (archive.org).
- ↑ Natura Trails: Pannonische Sanddünen (PDF; 266 kB).
- ↑ Umweltbundesamt: Naturschutz im pannonischen Raum (PDF; 908 kB).
- ↑ Broschüre Europaschutzgebiete „Pannonische Sanddünen“ und „Sandboden und Praterterrasse“ ( vom 18. Januar 2016 im Internet Archive) (PDF; 9,4 MB).
- ↑ Archivierte Kopie ( vom 18. Oktober 2011 im Internet Archive)
- ↑ Marchfeld Gemüse auf www.bmlrt.gv.at.
- ↑ Hannes Batik, Christiane Breznik: Marchfeldkanal in Floridsdorf – Information, Öffentlichkeit, Planung. Institut für Landschaftsgestaltung und Gartenbau der Universität für Bodenkultur, Wien 1992.
- ↑ Zitat aus dem Habsburgergesetz
- ↑ Region Marchfeld: Marchfelder Schlösserreich; abgerufen am 7. Juni 2018.
- ↑ Website der Region Marchfeld