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„Palast der Sowjets“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Sovietpalace 1937 msheet.jpg|mini|Briefmarkenblock von 1937 mit dem finalen Entwurf für den Palast der Sowjets]]
Der '''Palast der Sowjets''' (auf [[Russische Sprache|russisch]]: ''Дворец советов''/ Transkription ''Dworjez Sowjetow''; [[Wikipedia:Liste der IPA-Zeichen|Aussprache]]: [{{IPA|dvʌˈrʲets sʌˈvʲetəf}}]) war ein nichtverwirklichtes Bauvorhaben der sowjetischen Regierung in den [[1930er|30er]] Jahren in der [[Sowjetunion|sowjetischen]] Hauptstadt [[Moskau]]. Der Palast wäre nach Fertigstellung, in den 1930ern, mit einer Höhe von 415 m das größte Gebäude der Welt geworden.
Der '''Palast der Sowjets''' ({{ruS|Дворец советов|Dworez Sowetow|IPA=dvʌˈrʲets sʌˈvʲetəf|Audio=Ru-Dvorec-sovetov.ogg}}) war ein nicht verwirklichtes Bauvorhaben der [[Sowjetunion|sowjetischen]] Regierung in den 1930er Jahren in der Hauptstadt [[Moskau]]. Der Palast wäre nach seiner Fertigstellung mit einer Gesamthöhe von 415 Metern das höchste Gebäude der Welt geworden.


Die Ausschreibung um den Entwurf zum Bau des Palastes gewann der Architekt [[Boris Michailowitsch Iofan|Boris Iofan]]. Im Laufe der Geschichte um den Palast gab es immer wieder Änderungen am Baukonzept, sei es das Aussehen oder den Standort des Palastes in Moskau betreffend.
Die Ausschreibung um den Entwurf zum Bau des Palastes gewann der sowjetische Architekt [[Boris Michailowitsch Iofan|Boris Iofan]]<ref name="Naum Gabo and the competition for the Palace of the Soviets Moscow 1931" /> (1891–1976). Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Änderungen des Baukonzept, welche sowohl die Innen- als auch die Außenarchitektur und den Standort in Moskau betrafen.


== Geschichte des Palasts der Sowjets ==
== Geschichte des Palasts der Sowjets ==
=== Vorgeschichte ===
=== Vorgeschichte ===
Nach dem Sturz des Zaren in der [[Februarrevolution 1917|Februarrevolution]] 1917 und der noch im selben Jahr folgenden [[Oktoberrevolution]], in der die [[Bolschewiki]] an die Macht kamen, wurden alle künstlerischen Vereinigungen, die noch aus der Zeit des [[Russisches Kaiserreich|Zarenreiches]] stammten, aufgelöst und in sogenannte ''Freie Staatliche Kunstwerkstätten'' umgewandelt. So entstanden in Moskau 1920, in der Zeit des [[Russischer Bürgerkrieg|russischen Bürgerkrieges]], viele neue künstlerische Vereinigungen, welche sich von der „alten“ Architektur des Zarenreiches abgrenzten. Zu dieser Zeit war auf Grund des noch andauernden Bürgerkrieges an Neubauten nicht zu denken, von den künstlerischen Vereinigungen wurden jedoch immer wieder umfangreiche [[Architektur]]wettbewerbe abgehalten. Der Architekt [[Alexei Wiktorowitsch Schtschussew|Alexei Schtschussew]] erhielt schließlich von der sowjetischen Regierung den Auftrag zum Umbau Moskaus, das durch den Bürgerkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Dieser Auftrag besaß den Namen ''Neues Moskau'' (Новая Москва).<ref name="Selim Chan-Magomedow">Selim Chan-Magomedow: ''Pioniere der sowjetischen Architektur''. Dresden 1983.</ref>
Als sich die Sowjetunion im Jahre 1925 auf der ''Exposition internationale des arts décoratifs et industriels moderns'' in Paris in einem, nach [[Konstantin Melkow]]s Plänen erbauten, „kühnen“ Pavillion präsentierte, wurde dies im Ausland so assoziiert, als sei diese Architektur für den neuen Staat repräsentiv. Diese Architekturrichtung verbreitete sich jedoch erst im Jahre 1925, diese kurze Zeit, als sie das Bauen des Landes bestimmte, waren durch zahlreiche gegeneinander arbeitenden Organisation geprägt. In der OSA (Vereinigung Moderner Architekten)¹ versammelten sich unter [[Alexander Wesnin]] und [[Moisei Ginsburg]] die sogenannten Konstruktivisten, diese suchten nach einer möglichst hohen funktionalität im Bauen suchten. In der ASANOWA (Vereinigung Neuer Architekten)¹ unter [[Janos Matza]] und [[Nikolai Ladowski]] diejenigen, welche sich für eine Wirkund architektonischer Formen auf die menschliche Psyche erkundeten. In der MAO (Moskauer Architektur-Gesellschaft)¹ unter [[Leonid Wesnin]] und [[Alexei Schtschew]] diejenigen, welche sich für eine moderne als auch akademische Architektur eintraten.


Als sich die Sowjetunion im Jahre 1925 auf der ''Exposition internationale des arts décoratifs et industriels moderns'' in [[Paris]] in einem, nach [[Konstantin Stepanowitsch Melnikow|Konstantin Melnikows]] Plänen erbauten, „kühnen“ und „monumentalen“<ref name="Lexikon der Architektur">''Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts''. Hatje, Stuttgart 1983.</ref> Pavillon präsentierte, wurde dies im Ausland und von ausländischen Architekten so interpretiert, als sei diese Architektur für den neuen Staat repräsentativ. Diese Architekturrichtung verbreitete sich jedoch erst 1925. Die kurze Zeitspanne in der sowjetischen Architektur, als dieser Baustil das Bauwesen des Landes bestimmte, wurde anfangs durch zahlreiche gegeneinander arbeitende Vereinigungen geprägt.
Im Jahre 1929 wurde die WOPRA (Allunionsvereinigun Proletarischer Architekten)¹ unter Janos Matza und [[Karo Alabjan]] gegründet, diese Vereinigung sprach sich gegen alle anderen Vereinigungen aus und polemisierte diese auch an und letzlich dazu beitrug, daß im Jahre 1932 alle verschiedenen Vereinigungen aufgelöst wurden. Daraufhin entstand der Verband der Architekten der UdSSR unter der Leitung von Alabjan, Ginsburg, Scholtowski, Ladowski und anderen.


Eine dieser Vereinigungen war die [[OSA-Gruppe|OSA]] (dt.: Vereinigung Moderner Architekten),<ref name="Selim Chan-Magomedow" /> an der unter anderem [[Alexander Alexandrowitsch Wesnin|Alexander Wesnin]] und [[Moisei Jakowlewitsch Ginsburg|Moisei Ginsburg]] teilnahmen, die auch als Konstruktivisten bezeichnet werden. Ziel der Vereinigung war es nach einer möglichst hohen Funktionalität im Bauwesen zu suchen.
Die Phase des ersten Fünfjahresplanes, der zwischen den Jahren 1928 und 1932 abgehandelt wurde, gilt als die Hauptzeit dieser vielen verschiedenen architektonischen Stilrichtungen, die von den Konservativen dominiert wurde. Zu dieser Zeit der Stadplanung prallten die Konzepte der Urbanisierung zur Umgestalltung aller Städte in Siedlungseinheiten von je 50,000 Einwohnern und die Konzepten zur Desurbanisierung, welche vorsahen Städte „aufzulösen“ und diese in beliebig lange Besiedlungslinien umzugestallten. Die Urbanisten wurde dabei von L.Sabsowitsch und den Gebrüdern Wesnin vertreten, die Urbanisten von M. Ochowitsch, Moisei Ginsburg und Iwan Leonidow. Beide Entwürfe waren in der „stürmischen“ Phase der Entstehung einer Industrialisierung, in der UdSSR, mit ihrem raschen Bedarf an neuen Industriegebieten wenig brauchbar. Deshalb rief die sowjetische Regierung den Pragmatiker [[Ernst May]] mit seiner Gruppe im Jahre 1930 von Frankfurt a.M. nach Moskau. Im Zentrum der modernen Architektur, welches sich in Moskau befand, setzten sich bereits im Jahre 1928, im Wettbewerb zum Bau der [[Leninbibliothek]], die leningrader Akademiker [[Wladimir Gelfreich]] und [[Wladimir Schtschuko]] gegen die Gebrüder Wesnin durch.


In der [[ASNOWA]] (dt.: Vereinigung Neuer Architekten),<ref name="Lexikon der Architektur" /> an der unter anderem [[János Mácza]] und [[Nikolai Alexandrowitsch Ladowski|Nikolai Ladowski]] teilnahmen, wurde nach der Wirkung architektonischer Formen auf die menschliche Psyche geforscht.
¹ Vollständige Namen laut <ref>Hatje; ''Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts'', Stuttgart 1983.</ref>

In der MAO (dt. Moskauer Architektur-Gesellschaft),<ref name="Lexikon der Architektur" /> an der unter anderem [[Leonid Wesnin]] und Alexei Schtschussew teilnahmen, trat man für eine sowohl moderne als auch akademische Architektur ein.

1929 wurde die WOPRA ({{lang|ru|Всесоюзное объединение пролетарских архитекторов|Wsessojusnoje objedinenije proletarskich architektorow}}; dt.: Allunionsvereinigung Proletarischer Architekten)<ref name="Lexikon der Architektur" /> unter János Mácza und [[Karo Halabjan]] gegründet. Diese Vereinigung sprach sich gegen alle anderen Vereinigungen aus und polemisierte auch gegen diese und trug letztlich dazu bei, dass 1932 alle verschiedenen Vereinigungen aufgelöst wurden.

Die Phase des ersten [[Fünfjahresplan]]es in den Jahren 1928 bis 1932 gilt als die Hauptzeit dieser vielen verschiedenen architektonischen Stilrichtungen, welche zu dieser Zeit überall in der Sowjetunion angewendet wurden und von den Konservativen dominiert wurden. Zu dieser Zeit prallten die städtebaulichen Konzepte zur Umgestaltung aller Städte in Siedlungseinheiten von je 50.000 Einwohnern und die Konzepte zur Desurbanisierung, welche vorsahen, schon bestehende Städte aufzulösen und diese in beliebig große Besiedlungslinien umzugestalten, aufeinander. Die Urbanisten wurde dabei von L.M. Sabsowitsch und den Gebrüdern Wesnin vertreten, die [[Desurbanisten]] von M. Ochowitsch, Moissei Ginzburg und [[Iwan Iljitsch Leonidow|Iwan Leonidow]].

Im Zentrum der modernen Architektur, welches sich in Moskau befand, setzten sich bereits 1928, im Wettbewerb zum Bau der [[Russische Staatsbibliothek|Lenin-Bibliothek]], die [[Sankt Petersburg|Leningrader]] Akademiker [[Wladimir Georgijewitsch Helfreich|Wladimir Helfreich]] und [[Wladimir Schtschuko]] gegen die Gebrüder Wesnin durch. Beide Entwürfe waren in der stürmischen Phase der [[Industrialisierung]] in der Sowjetunion mit einem raschen Bedarf an neuen Industriegebieten wenig brauchbar. Deshalb rief die sowjetische Regierung den Pragmatiker [[Ernst May]] mit seiner Gruppe im Jahre 1930 von [[Frankfurt am Main]] nach Moskau, damit dieser einen Entwurf zum Bau der Lenin-Bibliothek präsentierte.


=== Planung ===
=== Planung ===
Die Planungen für den Bau eines sogenannten ''Palastes der Sowjets'' wie es in einer Sitzung lautete, der im Stile des [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistischen Klassizismus]] erbaut werden sollte, begannen bereits [[1922]], im Gründungjahr der [[UdSSR]]. Auf dem [[I. Parteitag der KPdSU]] des Jahres 1922 wurden Pläne von [[Josef Stalin]]s potentiellem Rivalen, im Machtkampf um die [[Sowjet]](Räte-)herrschaft, [[Sergei Kirow]] über ein solches Bauvorhaben geäußert.
Die Planungen für den Bau eines ''Palastes der Sowjets'', wie es in einer Sitzung lautete, der im Stile des [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistischen Klassizismus]] erbaut werden sollte, begannen bereits 1922 im Gründungsjahr der Sowjetunion, nachdem auf dem 1.&nbsp;Parteitag der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]] im Jahre 1922 Pläne von [[Josef Stalin]]s potentiellem Rivalen im Machtkampf um die [[Sowjet]](Räte-)herrschaft, [[Sergei Mironowitsch Kirow|Sergei Kirow]], über ein solches Bauvorhaben bekannt wurden. Kirow wollte nicht nur einen Palast bauen lassen, er sprach sich des Weiteren für eine komplette Umgestaltung Moskau aus. Dabei sollte die zaristische Bausubstanz abgerissen werden und nach Fertigstellung des „großen Umbaus“ nicht mehr sichtbar sein.


Der Palast der Sowjets sollte demnach zum Mittelpunkt des sogenannten ''Neuen Moskau'' werden. Dies war ein Projekt zum Umbau der Moskauer Städtebaukultur, die noch aus Gebäuden aus der zaristischen Zeit stammte, in den von der kommunistischen Führung bevorzugten Stil des [[Sozialistischer Realismus|sozialistischen Realismus]] bzw. [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistischen Klassiszismus]]. Moskau sollte neu gebaut werden, da Moskau am 12. März 1918 zur Hauptstadt der Sowjetunion erklärt wurde, und die ''neue'' kommunistische Regierung von ''Petrograd'' (heutiges [[Sankt Petersburg]]), dem Regierungsitz der zaristischen Regierung, nach Moskau in den Kreml am [[Roter Platz|Roten Platz]] zog. Deshalb sollte die neue kommunistische Hauptstadt der Sowjetunion nicht mehr vom [[Zar|zaristischen]], sondern vom neuen [[Sozialismus|sozialistischen]] Baustil geprägt sein und zudem Anstoß für den Bau weiterer Hochhäuser sein. Nach Fertigstellung dieser städtebaulichen Projekte sollte Moskau zu einer idealen [[Sozialismus|sozialistischen]] Stadt werden.
Der Palast der Sowjets sollte zum Mittelpunkt des „Neuen Moskau“ werden, wie das Projekt zum Umbau Moskaus genannt wurde. Es war ein Projekt zum Umbau der historischen Moskauer Städtebaukultur, die größtenteils aus der zaristischen Zeit stammte, in den von der kommunistischen Führung bevorzugten Stil des [[Sozialistischer Realismus|sozialistischen Realismus]] bzw. sozialistischen Klassizismus. Moskau sollte „neu errichtet“ werden, nachdem es am 12.&nbsp;März 1918 zur Hauptstadt der [[Russische SFSR|Russischen SFSR]] erklärt worden war, und die neue kommunistische Regierung von Petrograd (dem heutigen [[Sankt Petersburg]]), dem Regierungssitz der zaristischen Regierung, nach Moskau in den [[Moskauer Kreml|Kreml]] am [[Roter Platz|Roten Platz]] zog. Die neue, kommunistische Hauptstadt der Sowjetunion sollte nicht mehr vom [[zar]]istischen, sondern vom neuen [[Sozialismus|sozialistischen]] Baustil geprägt sein. Kleine Straßenzüge sollten verbreitert werden, um so einen monumentalen Effekt zu erzielen. Nach Fertigstellung dieses städtebaulichen Projektes sollte Moskau zu einer idealtypischen sozialistischen Stadt werden.


Die weiteren Planungen über das ''neue Moskau'' wurden in dem Film ''Moskau'' aus dem Jahr 1939 dokumentiert, der die Städtebauvision über diese ''Idealstadt'' im [[Sozialismus]] in der Sowjetunion aufzeigt.
Die weiteren Planungen über das „neue Moskau“ wurden in dem Film ''Moskau'' aus dem Jahr 1939 dokumentiert, der die Städtebauvision über diese ''Idealstadt'' im Sozialismus in der Sowjetunion aufzeigt.


=== Standort des Palastes ===
=== Standort des Palastes ===
[[Datei:Tverskaia.jpg|mini|Die Twerskaja-Straße in Moskau wurde ursprünglich für den Bau des Palastes vorgesehen]]
Ursprünglich wurde ein Grundstück im Zentrum Moskaus an der Trewerstraße als Standort gewählt. Doch hätte man diesen Vorschlag durchgeführt, wären große bauliche Anstrengungen erforderlich gewesen. Um Platz für den Palast zu schaffen, hätten etliche Wohnhausreihen in der Moskauer Innenstadt niedergerissen werden müssen. Später, auf Grund einer Neubestimmung des Standortes, wurde jedoch der Vorschlag der Gruppe ''Asanowa'' (Vereinigung Neuer Architekten) gewählt, der vorsah, den Palast der Sowjets auf dem direkt am Ufer der [[Moskwa]] westlich des [[Kreml]] gelegenen [[Christ-Erlöser-Kathedrale (Moskau)|Platz der Erlöserkirche]] zu erbauen. Der Platz wurde am Ende des [[19. Jahrhundert]]s anlässlich des Sieges über [[Napoléon Bonaparte]] angelegt. Schließlich wurde am 5. Dezember 1931 das auf dem Platz stehende Kirchenbauwerk von [[Lasar Kaganowitsch]] mit Einverständnis von Stalin gesprengt, um auf dem Grundstück den Palast der Sowjets bauen zu lassen.
[[Datei:Moscow July 2011-7a.jpg|mini|Brückenblick über den Fluss [[Moskwa]] auf die bis 2000 wiederaufgebaute [[Christ-Erlöser-Kathedrale (Moskau)|Christ-Erlöser-Kathedrale]]. Sie wurde 1931 abgerissen, um das Grundstück für den Bau des Sowjet-Palastes zu beräumen.]]
[[Datei:Christ saviour explosion.jpg|mini|Die Sprengung der Kathedrale 1931]]

Ursprünglich wurde für den Palast ein Grundstück im Zentrum Moskaus an der [[Twerskaja-Straße]] als Standort gewählt, welche während der sowjetischen Zeit in „[[Maxim Gorki|Gorki]]-Straße“ umbenannt wurde. Dieser Vorschlag hätte jedoch eine Reihe von großen baulichen Anstrengungen erforderlich gemacht. Um den erforderlichen Platz für den Palast zu schaffen, hätten etliche Wohnhausreihen in der Moskauer Innenstadt niedergerissen werden müssen. Später wurde, nachdem sich Proteste gegen das Abreißen der Hausreihen starkgemacht hatten, der Vorschlag der Gruppe [[ASNOWA]] gewählt. Dieser sah vor, den Palast der Sowjets auf dem direkt am Ufer der [[Moskwa]] westlich des Kremls gelegenen [[Christ-Erlöser-Kathedrale (Moskau)|Platz der Erlöserkirche]] zu erbauen. Der Platz wurde Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts zu Gedenken an den Sieg der russischen Armee über [[Napoléon Bonaparte]] angelegt. Schließlich wurde am 5.&nbsp;Dezember 1931 das auf dem Platz stehende Kirchenbauwerk auf Befehl des Parteiführers [[Lasar Moissejewitsch Kaganowitsch|Lasar Kaganowitsch]] mit Einverständnis von Stalin gesprengt, um auf dem Grundstück den Palast der Sowjets bauen zu lassen. Die Wahl dieses Standortes lässt sich auch als Teil eines Konzepts der Eliminierung konkurrierender [[Herrschaftsarchitektur]] interpretieren – während der Periode des „kämpferischen [[Atheismus]]“ der 1930er Jahre wurden viele dominante Kirchen und Klosterbauten abgerissen, um Platz für sowjetische Großbauten zu schaffen (vgl. etwa [[St. Michaelskloster (Kiew)|Klosterkirche St. Michael]] in [[Kiew]]).


=== Erster Wettbewerb ===
=== Erster Wettbewerb ===
* Offener Wettbewerb, Dezember 1931<ref name="Avantgarde2">{{Literatur |Titel=Avantgarde II 1924–37. Sowjetische Architektur |Verlag=Verlag Gerd Hatje |Ort=Stuttgart |Datum=1993 |ISBN=3-7757-0425-6 |Seiten=113 ff., 214 ff.}}</ref>
Die Wettbewerbe zur Planung des Palastes, sei es die Innenarchitektur sowie die Außenarchitektur wurden in den Jahren 1930 bis 1934 ausgerichtet.
* Engerer Wettbewerb, erste Etappe, März–Juli 1932<ref name="Avantgarde2" />
* Engerer Wettbewerb, zweite Etappe, 1932–33<ref name="Avantgarde2" />
[[Datei:Schuko Palace of Soviets 1932.jpg|mini|Entwurf von 1932]]

Die Wettbewerbe zur Planung des Palastes, sowohl für die Innen- als auch für die Außenarchitektur, wurden ab dem Jahr 1931 ausgerichtet. Laut den damaligen Wettbewerbsregeln sollte der Palast als ein [[monolith]]ischer Komplex und eine kühne Hochhauskomposition mit einem beliebigen Abschluss gestaltet werden. Beim Wettbewerb für den Palast der Sowjets wurden auch Arbeitsentwürfe eingereicht, welche mit konstruktivistischer Architektur nichts zu tun hatten und mit ihrem Symbolgehalt sowie ihrer Monumentalität die Architektur der Sowjetunion in den folgenden Jahren noch deutlich beeinflussen sollten. Ab 1930 wurde in Architektenkreisen immer heftiger darüber gestritten, wie die „richtige“ Architektur im Sozialismus aussehen sollte.

Es gelang der Wettbewerbsjury zu dieser Zeit nicht, zwischen den insgesamt 160 vorgestellten Projekten sowie den 112 eingesendeten Projektentwürfen eine Wahl zu treffen, da sie entweder den Vorstellungen der Jury oder schlichtweg den Wettbewerbsregeln und -anforderungen nicht entsprachen. Dies lag auch daran, dass sich die Vorstellungen der Jury ständig änderten. Die Jury einigte sich schließlich darauf, dass eine vordergründige, nur auf Funktionalität bedachte Bauweise nicht ausreiche, sondern dass das Pathos und die Emotionalität in der Bauweise genauso zu berücksichtigen seien wie die Funktionalität, welche aber auch nicht aus der Bauweise ausgeschlossen wurde. Die ersten Wettbewerbspläne wurden zuerst 1931 der Jury vorgelegt, der auch Stalin selbst angehörte.

Der Wettbewerb wurde als Krönung des von der sowjetischen Regierung aufgestellten Fünfjahresplanes inszeniert. Zu diesem Wettbewerb wurden außer den sowjetischen Architekten, wie zum Beispiel [[Boris Michailowitsch Iofan|Boris Iofan]], auch einige bekannte Architekten aus dem Westen eingeladen.


Laut den damaligen Wettbewerbsregeln sollte der Palast als ein [[Monolithisch|monolithischer]] Komplex und kühne Hochhauskomposition mit einem beliebigen Abschluss gestaltet werden. Beim Wettbewerb für den Palast der Sowjets, wurden auch Arbeiterentwürfe eingereicht, welche mit konstruktivistischer Architektur nichts zu tun hatten und mit ihrem Symbolgehalt sowie ihre Monumentalität die Architektur der UdSSR in den folgenden Jahren noch deutlich beeinflussen sollte.Den Entwurf dazu gewann der im ''Westen'' eher weniger bekannte Architekt [[Boris Michailowitsch Iofan|Boris Iofan]], dem in den Folgejahren weitere Bauprojekte, wie der sowjetische Pavillon bei der [[Expo]] 1937 in Paris, von der sowjetischen Führung übertragen werden sollten. Iofan setzte sich in der Ausschreibung gegen den sehr bekannten französisch-schweizerischen Architekten [[Le Corbusier]] und die beiden deutschen Architekten [[Walter Gropius]] und [[Erich Mendelsohn]] durch. Man könnte diese Entscheidung der Kommission natürlich auch darauf zurückführen, dass Boris Iofan als Bürger der Sowjetunion bei der Ausschreibung bevorzugt wurde.
Den Wettbewerb gewann im Februar 1932<ref name="Avantgarde2" /> der im westlichen Ausland weniger bekannte Architekt Boris Iofan, dessen Entwurf 1934 bestätigt wurde. Er konnte sich in der Ausschreibung gegen den französisch-schweizerischen Architekten [[Le Corbusier]] und die beiden deutschen Architekten [[Walter Gropius]] und [[Erich Mendelsohn]] durchsetzen. Die Entscheidung der Kommission, den Entwurf Boris Iofans zu nehmen, kann natürlich auch darauf zurückgeführt werden, dass Boris Iofan, auf Grund seiner sowjetischen Staatsbürgerschaft, bei der Ausschreibung gegenüber den nicht-sowjetischen Architekten bevorzugt wurde, doch dies konnte nie ganz aufgeklärt werden.<ref name="Lexikon der Architektur" />


=== Baukonzept ===
=== Baukonzept ===
[[Datei:Moscow State University.jpg|mini|Lomonossow-Universität]]
Das Baukonzept sah ein Hochhaus aus drei aufeinander stehenden [[Zylinder (Geometrie)|zylindrischen]] Körpern vor, die auf einem zweistufigen [[Stylobat]] ruhten. Das Gebäude sollte von einer 57 bis 75 m hohen [[Leninstatue]] bekrönt werden. Insgesamt sollte das im Jahre 1937 begonnene Gebäude eine Höhe von 415 m haben. Das Fundament wurde im Jahre 1939 fertiggestellt. 1941 wurde der Bau jedoch auf Grund des [[Zweiter Weltkrieg|Krieges]] eingestellt.<ref>Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931 - 1933: Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur (engl.) ISBN 3-927-87323-3</ref>
[[Datei:Olympiastadion Luschniki 1980.jpg|mini|Lenin-Stadion (1980)]]


Der Palast der Sowjets sollte Teil einer umfassenden baulichen Umstrukurierung Moskaus sein. Bei diesem sollte die historische Ring- und Radialstruktur beibehalten werden. Zusätzliche Prunkbauten, wie die [[Lomonossow-Universität]] auf den Leninbergen (heute: [[Sperlingsberge]]), das [[Pantheon]] '"„Ewiger Ruhm für die großen Menschen des Sowjetlandes“'' oder das Lenin-Stadion (heute: [[Luschniki-Stadion]] vom Traditionsverein [[Spartak Moskau]]) an der Moskwa-Krümmung wurden in dieser Periode geplant. Zusätzlich sollte ein Grüngürtel (Gärten, Parks) bis in das Stadtzentrum dringen.
Der Palast der Sowjets sollte Teil einer umfassenden baulichen Umstrukturierung Moskaus sein, bei dieser sollten aber die historischen Ring- und Radialstrukturen beibehalten werden. Zusätzliche Prunkbauten, wie die [[Lomonossow-Universität]] auf den Leninbergen (heute: [[Sperlingsberge]]), das Pantheon ''„Ewiger Ruhm für die großen Menschen des Sowjetlandes“'' (nicht verwirklicht) oder das Lenin-Stadion (heute: [[Luschniki-Stadion]] des Traditionsvereins [[Spartak Moskau]]) an der Biegung der Moskwa wurden in dieser Periode geplant. Zusätzlich sollten Teile eines Grüngürtels bis in das Stadtzentrum dringen.


Das Baukonzept von Iofan sah ein Hochhaus im Stile der [[Romanik]] vor, welches aus sechs aufeinander stehenden [[Zylinder (Geometrie)|zylindrischen]] Körpern besteht, die, nach oben hin ihren Radius verkleinernd, auf einem zweistufigen [[Stylobat]] ruhen. Insgesamt sollte das 1937 begonnene Gebäude eine Höhe von 415 Meter haben. Weiter sah das Baukonzept vor, das Dach mit einer Statue eines Arbeiters zu krönen; dieser Entwurf wurde jedoch ab 1933 geändert, so dass nun eine 57 bis 75 Meter hohe Statue von [[Lenin]] das Dach krönen sollte. Sie sollte so ausgerichtet werden, dass sie sich mit ihrem Gesicht zu [[Lenin-Mausoleum|Lenins Mausoleum]] auf dem Roten Platz zuwandte. Für die Haupthalle, welche sich am Fuße des Gebäudes befinden sollte, wurden zwei unterschiedlich große Säle vorgesehen. Für den großen Saal wurde eine Kapazität von 20.000 Sitzen und für den kleineren Saal eine Kapazität von 6.000 Sitzen vorgesehen. In den oberen Etagen des Palastes wurde eine Bibliothek mit einem Bestand von 500.000 Büchern vorgesehen. Des Weiteren sollte es im Gebäude sowohl Cafés als auch Restaurants geben. Außer den zwei Hauptsälen wurden vier weitere Konferenzräume vorgesehen. Die Lenin-Statue sollte aus [[Aluminium]] oder [[Chromstahl]] bestehen; die letztendliche Entscheidung darüber, wie hoch die Statue werden soll bzw. welches Material man für die Statue benutzen sollte, wurde nie endgültig getroffen.
Desweiteren sah das Baukonzept vor, auf dem Dach eine Statue zu errichten auf dieser beim ersten Vorschlag [[Wladimir Lenin]] thronen sollte. Doch das damalige Staatsoberhaupt der Sowjetunion, [[Josef Stalin]], begnügte sich anfänglich noch damit, als Statue neben Lenin auf dem Dach des Palastes zu stehen, wie es die geänderten Bauplänen vorsahen. Da Boris Iofan nicht im Stande war, zwei Statuen auf dem Dach zu realisieren, wurde von Stalin angeordnet, dass nur noch er den Abschluss des Bauwerks bilden sollte. Stalin wollte damit sich selbst als Symbol des neuen, über die Welt herrschenden, sowjetischen Arbeiters zeigen.


In Wahrheit spiegelt der Entwurf, den Palast der Sowjets mit der Statue Stalins zu erbauen, jedoch nur die Hierarchiepyramide des [[Stalinismus]] wieder, an dessen Spitze der unbestrittene Führer, Josef Stalin thront. Stalins Entscheidung, die Baupläne so zu ändern, dass er als alleinige Statue an den Abschluss des Palastes gesetzt wird, geben den Äußerungen von [[Nikita Chruschtschow]] über den ''Personenkult um Stalin'' recht.
Stalin begnügte sich anfänglich noch damit, dass eine Statue eines Arbeiters das Dach krönen sollte, später wurden sogar Pläne ausgearbeitet, welche vorsahen, Stalin und Lenin gemeinsam auf dem Dach als Statue aufzubauen. Da Boris Iofan nicht im Stande war, zwei Statuen auf dem Dach zu realisieren, wurde von Stalin angeordnet, dass nur noch eine Figur von ihm selbst den Abschluss des Bauwerks bilden sollte. Stalin wollte damit sich selbst als Symbol für die neuen Idealbilder weltbeherrschender sowjetischer Arbeiter zeigen. In Wahrheit spiegelt der Entwurf, den Palast der Sowjets mit der Statue Stalins zu erbauen, jedoch nur die Hierarchiepyramide des [[Stalinismus]] wider, an dessen Spitze der unbestrittene Führer Josef Stalin thronte. Stalins Entscheidung, die Baupläne so zu ändern, dass er als alleinige Statue an den Abschluss des Palastes gesetzt wird, geben im Nachhinein den Äußerungen von [[Nikita Chruschtschow]] im Jahre 1956 über den von Josef Stalin selbst proklamierten [[Personenkult]] um ihn Recht.


Die sowjetischen Architekten wurden auf dem ''Allunionskongress der Sowjetarchitekten'' im Zusammenhang mit dem Bau des Palastes aufgefordert, die „örtlich bedingten Bauvorhaben“ bei ihren Planungen zu berücksichtigen. Auf diesem Kongress wurde wieder für die Notwendigkeit konstruktivistischer Architektur argumentiert, jedoch auch gleichermaßen das Anwachsen des [[Eklektizismus]] in der Sowjetunion bemängelt. Man versuchte, eine [[Synthese]] der gesamten sowjetischen Künste zu erreichen, indem man Architekten, Maler und Bildhauer gemeinsam an einem beliebigen Projekt arbeiten ließ. Dazu entwickelte sich gleichzeitig ein neues [[Rationalität|rationelles]] Bauverfahren. Dieses Bauverfahren deckte sich sowohl mit den „Großtafelbauten“ als auch mit den „[[Vorfertigung|Präfabrikationen]]“. 1933 entstand die ''Moskauer Akademie der Architektur'', innerhalb derer sich 1935 eine eigene Abteilung für Monumentalmalerei entwickelte.
Bei der neu angesetzten Ausschreibung zum Bau des Palastes, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1956 angesetzt wurden, war keine abschließende Statue mehr vorgesehen.


Der erste Generalbebauungsplan (''Neues Moskau'') von 1935,<ref name="Selim Chan-Magomedow" /> der von der sowjetischen Regierung genehmigt wurde, sah eine Beibehaltung der schon bestehenden ringförmigen Struktur der Stadt vor. In diesem Plan wurden größtenteils Details aus dem Rekonstruktionsplan vom Beginn der 1920er Jahre aufgegriffen. Dabei waren die umfangreichsten Bauvorhaben die [[Metro Moskau|Moskauer Metro]] und der [[Moskau-Wolga-Kanal]]. Das vom später berühmt gewordenen Bauingenieur [[Nikolai Wassiljewitsch Nikitin|Nikolai Nikitin]] entworfene Fundament des Palastes der Sowjets wurde im Jahre 1939 fertiggestellt. 1941 wurde der Bau jedoch auf Grund des [[Zweiter Weltkrieg|Krieges]] eingestellt.
=== Bauliche Probleme ===
Beim Bau des Palastes der Sowjets traten immer wieder Wasserprobleme auf, wie beispielsweise Überschwemmungen aus der nahe gelegenen [[Moskwa]]. Ebenfalls als problematisch erwies sich der sumpfige Moskauer Boden, der nach heutiger architektonischer Sicht mit den heute üblichen Beton-Säulen ausgebaut werden müsste, um einem Gebäude wie dem Palast der Sowjets genügend [[Stabilität]] zu verschaffen, und nicht lediglich ein einfaches Fundament, wie es die Planungen für den Palast vorsahen.


=== Auftretende Probleme ===
Des Weiteren gab es immer wieder Mangel an Kapital bzw. Geld, sei es, um die [[Baustoff]]e oder die Arbeiter zu bezahlen. Bei diesen Auseinandersetzungen um Geld kam es auch immer wieder zu kurzen [[Streik]]s, die aber den weiter Bau nicht ernsthaft beeinträchtigt haben.
Beim Bau des Palastes der Sowjets traten, zunächst beim Ausgraben für den Bau eines Fundamentes, immer wieder Wasserprobleme auf, wie beispielsweise Überschwemmungen durch die nahe gelegene Moskwa. Ebenfalls als problematisch erwies sich der [[sumpf]]ige Moskauer Boden, der ein Fundament mit Pfahlgründung erfordert hätte, um dem Palast genügend [[Standfestigkeit|Stabilität]] zu verschaffen, und nicht lediglich ein einfaches Plattenfundament, wie es die Planungen für den Palast vorgesehen hatten.


Des Weiteren mangelte es immer wieder an Geld für [[Baustoff]]e oder für die Bezahlung der Arbeiter. Bei den Auseinandersetzungen um Geld kam es auch immer wieder zu kurzen [[Streik]]s, die aber den weiteren Bau nicht ernsthaft beeinträchtigt hatten.
== Geschichte um den Palast während und nach dem Krieg ==

== Geschichte um den Palast während des Krieges und nach dem Krieg ==
=== Vorgeschichte ===
=== Vorgeschichte ===
Nach Kriegsbeginn im Jahre 1941 wurden alle Bauvorhaben in den vom Krieg gefährdeten Gebieten, mit Ausnahme der Moskauer Metro, stillgelegt. Dies kann man unter anderem darauf zurückführen, dass die dafür notwendigen Baumaterialien für den Krieg gebraucht wurden. Die ''Moskauer Ateliers'' wurden aufgelöst und die Architekten in sichere Gebiete der Sowjetunion, meistens in die asiatischen Teile, evakuiert.
Ab dem Jahre 1943 wurden in der moskauer Stadtregierung Pläne zum Wiederaufbau der, durch den Krieg, zerstörten Stadt angefertigt. Dabei war man darauf bedacht, die ursprüngliche Stadtsilhouetten wiederherzustellen und Neubauten, vor allem in den altrussischen Kleinstädten, in Größe und Fassadengestaltung anzupassen. In den Großstädten, wie etwa in [[Kiew]] oder [[Kaliningrad]], wurden monumentale Straßenzüge angelegt und historische Hausbestände zerstört. In Moskau bauten man nach dem Krieg an dem begonnenen Palast der Sowjets nicht weiter, sondern entwarf im Jahre 1947 anläßlich der 800jährigen Wiederkehr der Stadtgründung acht Hochhäuser, von denen in den folgenden Jahren sieben realisiert wurden. Solche Turmakzente waren dann in den meisten Städten der UdSSR, nach dem Krieg, wiederzufinden, außer in Leningrad (heutiges [[Sankt Petersburg]]), da man dort die historischen Gebäudereihen durch Hochhäuser nicht beeinträchtigen wollte.<ref>Hatje; ''Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts'', Stuttgart 1983.</ref>


Ab 1943 wurden in der Moskauer Stadtregierung Pläne zum Wiederaufbau der durch [[Luftangriffe auf Moskau|Luftangriffe]] beschädigten Stadt angefertigt. Dabei war man darauf bedacht, die ursprüngliche Stadtsilhouette wiederherzustellen und Neubauten, vor allem in den altrussischen Kleinstädten, in Größe und Fassadengestaltung anzupassen. In den Großstädten, wie etwa in [[Kiew]] oder [[Kaliningrad]], wurden nach dem Krieg monumentale Straßenzüge angelegt und zerstörte historische Hausbestände abgerissen. In Moskau baute man nach dem Krieg an dem begonnenen Palast der Sowjets nicht weiter, sondern entwarf im Jahre 1947 anlässlich der 800-jährigen Wiederkehr der Stadtgründung acht Hochhäuser, von denen in den folgenden Jahren sieben realisiert wurden (siehe [[Sieben Schwestern (Moskau)|Sieben Schwestern]]). Solche Turmakzente waren dann in den meisten Städten der Sowjetunion nach dem Krieg wiederzufinden, außer in Leningrad (heutiges Sankt Petersburg), da man dort die historischen Gebäudereihen nicht durch Hochhäuser beeinträchtigen wollte.<ref name="Lexikon der Architektur" />
Das neue Staatsoberhaupt der Sowjetunion, [[Nikita Chruschtschow]], kritisierte Ende des Jahres 1954 in Moskau die relativ hohen Baukosten des Palastes und die Dekorationssucht. Desweiteren wurde die in der Vorkriegszeit pragtizierte Architektur als Verzerrung des Kulturerbes gebranntmarkt. Es wurde auch die umfassende Industrialisierung und Mechanisierung der gesamten (neuen)Bauarbeiten vorgeschrieben.
Die Planungen für einen Weiterbau des ''Palastes der Sowjets'' wurden auf Grund des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] und weiterer innerpolitischer Probleme auf das Jahre 1956 angesetzt. Ende des Jahres 1955, wurden die Termin auf die Mitte des Jahre 1956 festgelegt, dort sollten die Wettbewerbe über den Weiterbau des Palastes ausgetragen werden. Zu dieser Zeit bestand der Palast aus dem Fundament und einigen Betonstreben.


Der neue Erste Sekretär des [[Kommunistische Partei der Sowjetunion#Zentralkomitee|Zentralkomitees]] der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]], [[Nikita Chruschtschow]], kritisierte Ende des Jahres 1954 in Moskau die relativ hohen Baukosten des Palastes und die Dekorationssucht. Des Weiteren wurde die in der Vorkriegszeit praktizierte Architektur als Verzerrung des Kulturerbes gebrandmarkt. Es wurde auch die umfassende Industrialisierung und Mechanisierung der gesamten Bauarbeiten vorgeschrieben.
Die Planungen für den Weiterbau des Palastes der Sowjets wurden durch den [[XX. Parteitag der KPdSU]], der fand vom 14. Februar bis zum 26. Februar 1956 in Moskau statt, überschattet. Auf diesem Parteitag der Staatspartei KPdSU wurden von dem damaligen [[Staatsoberhaupt]] [[Nikita Chruschtschow]] Stalins Verbrechen erstmals offengelegt, womit die sogenannte [[Tauwetter-Periode]] oder auch [[Entstalinisierung]] begann.
Die Planungen für einen Weiterbau des Palastes der Sowjets wurden auf Grund der Folgen des Zweiten Weltkrieges und weiterer innerpolitischer Probleme auf das Jahr 1956 angesetzt. Ende 1955 wurde der Termin auf Mitte 1956 festgelegt, dann sollten die Wettbewerbe über den Weiterbau des Palastes ausgetragen werden. Zu dieser Zeit bestand der Palast aus dem Fundament und einigen Betonstützen.

Die Planungen über einen Weiterbau des Palastes wurden durch den [[XX. Parteitag der KPdSU]], der vom 14. bis zum 26. Februar 1956 in Moskau stattfand, überschattet. Auf diesem Parteitag wurden von Nikita Chruschtschow Stalins Verbrechen erstmals offengelegt, womit die sogenannte [[Tauwetter-Periode]] oder auch [[Entstalinisierung]] eingeleitet wurde.


=== Zweiter Wettbewerb ===
=== Zweiter Wettbewerb ===
Der zweite Wettbewerb um die Neugestaltung des angefangenen Palastes, zwischen den Jahren 1957¹ und 1959¹, spiegelte deutlich die neuen Abkehr der akademischen und die Hinwendung zur modernen Architektur wider. Trotzdem kam es auch diesmal, wie beim ersten Wettbewerb, nicht zur Realisierung des Projektes. Als sich die Sowjetunion im Jahre 1958 auf der Weltausstallung ([[Expo]]) in Brüssel durch einen Pavillion aus Glas und Stahl präsentierten, der sich somit auch von der akademischen Architektur, welche noch auf der Weltausstallung im Jahre angewandt wurde, abgrenzte. Der im ganze Land neue Bau von standardisierte Wohnungsbau, in aufgelockerter Bauweise, hatten in den folgenden Jahren vorrang.
Der zweite Wettbewerb um die Neugestaltung des angefangenen Palastes, zwischen den Jahren 1957 und 1959,<ref name="Lexikon der Architektur" /> spiegelte deutlich die neuerliche Abkehr von der ''akademischen Architektur'' und die Hinwendung zur ''modernen Architektur'' wider. Es kam trotzdem auch diesmal, wie beim ersten Wettbewerb, nicht zur Realisierung des Projektes. Ein Grund dafür waren die hohen Kosten, die man auf Grund des zur damaligen Zeit anhaltenden Wiederaufbaus der städtebaulichen Strukturen in der Sowjetunion nicht mehr vertreten konnte. Die Sowjetunion präsentierte sich 1958 auf der [[Weltausstellung]] ([[Expo 58]]) in [[Brüssel]] durch einen Pavillon aus Glas und Stahl, der sich somit auch von der ''akademischen Architektur'' abgrenzte, welche noch auf der [[Weltfachausstellung Paris 1937|Pariser Weltausstellung]] im Jahre 1937 angewandt wurde. Der Bau von standardisierten Wohnungsbauten in kosten- und platzsparender Bauweise (sog. „[[Chruschtschowka]]s“) im ganzen Land hatte in den folgenden Jahrzehnten Vorrang. In den 1970er Jahren arbeiteten jedoch wieder verstärkt bildende Künstler mit Architekten zusammen; diese Zusammenarbeit, wie es schon in den 1930er Jahren ablief, ließ auch wieder Architekturdetails der 1930er Jahre auftauchen.


Damit war das Ende des in den [[1920er]] und [[1930er]] Jahren begonnenen Planung des Palastes der Sowjets besiegelt, ebenso wie das des dazu gehörenden großen [[Umbau]]s Moskaus in eine ''Stadt der Sowjets'' mit Repräsentativbauten im Stile des [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistischen Klassizismus]].
Damit war das Ende der in den 1930er Jahren begonnenen Planung des Palastes der Sowjets besiegelt, ebenso wie das des dazugehörenden großen Umbaus der Hauptstadt in eine ''Stadt der Sowjets'' mit Repräsentativbauten im Stile des sozialistischen Klassizismus. Außerdem war bei der neu angesetzten Ausschreibung zum Bau des Palastes 1957 keine abschließende Statue mehr vorgesehen.<ref name="Naum Gabo and the competition for the Palace of the Soviets Moscow 1931">''Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931–1933: Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur''. ISBN 3-927873-23-3 (englisch)</ref>


== Geschichte des Baugeländes nach 1958 ==
¹ Jahreszahlen laut <ref>Hatje; ''Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts'', Stuttgart 1983.</ref>
[[Datei:Schwimmbad Moskwa.jpg|mini|Schwimmbad Moskwa im Jahre 1980]]


Nach dem endgültigen Baustopp des Palastes 1958 wurde in der Moskauer Stadtregierung über die weitere Nutzung des Platzes der Erlöserkirche, auf dem noch das Fundament von 1939 bestand, diskutiert. Es kamen mehrere Vorschläge auf. Einige wollten das Fundament stehen lassen und gegebenenfalls dort etwas Neues erbauen, andere wollten das Fundament abreißen und die Kathedrale wieder aufbauen. Doch als sich nach einer baulichen Überprüfung des Fundamentes herausstellte, dass dieses nicht mehr tragfähig war, wurde auf dem Gelände eine beheizbare Badeanstalt ([[Schwimmbad Moskwa]]) errichtet.
== Geschichte um den Palast der Sowjets nach 1956 ==
[[Bild:Russia-Moscow-Cathedral of Christ the Saviour-6.jpg|thumb|Die wiederaufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale, die für den Bau des Palastes abgerissen worden war]]
Nach dem Baustopp wurde in der Moskauer Stadtregierung um die weitere Nutzung des [[Christ-Erlöser-Kathedrale (Moskau)|Platzes der Erlöserkirche]], auf dem noch das Fundament aus dem Jahre 1939 stand, diskutiert.
Nach einer baulichen Überprüfung der Fundamente hatte sich herausgestellt, dass sie nicht mehr tragfähig waren, worauf auf dem Boden eine beheizbare Badeanstalt errichtet wurde.


[[Datei:The Cathedral of Christ the Saviour in winter, Moscow, Russia.jpg|mini|Die wiederaufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale]]
Nach Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahre 1991 wurde der Wiederaufbau der Kathedrale beschlossen. Das marode Schwimmbad wurde abgerissen und 1992 erfolgte die [[Grundsteinlegung]]. Am 19. August 2000 wurde die Kirche wiedereröffnet.


Nach dem [[Auflösung der UdSSR|Zusammenbruch der Sowjetunion]] 1991 wurde der Wiederaufbau der [[Christ-Erlöser-Kathedrale (Moskau)|Kathedrale]] beschlossen. Das mittlerweile marode Schwimmbad wurde abgerissen und 1992 erfolgte die [[Grundsteinlegung]]. Am 19. August 2000 wurde die Kirche wiedereröffnet. Der Wiederaufbau gehörte zu den großen Bauprojekten des Moskauer Oberbürgermeisters [[Juri Luschkow]] und wurde mit zum Auslöser der häufig als „Wiedergeburt“ bezeichneten [[Rekonstruktion]] hunderter im Stalinismus zerstörter Kirchen, Klöster und Moscheen im Bereich der ehemaligen Sowjetunion.
== Dokumentation über den Palast der Sowjets ==
* ''Das neue Moskau'', ''die Stadt der Sowjets im Film'':
Im Jahre 1939 drehte der sowjetische Regisseur [[Viktor Morgenstern]] den Dokumentarfilm ''Moskau''. Der Film zeigt die Städtebauvision einer von Moskau verkörperten Idealstadt im Sozialismus. Im gesamten Film werden Straßen, wie die Trewerstraße gezeigt, die mehrheitlich nach dem Baustil aus der zaristischen Zeit gebaut wurden. Danach werden diese Straßenszenen nochmals gezeigt, dann aber in dem neuen [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistischen Klassizistischen]] Baustil. Prunkbauten sollten das Stadtbild des ''neuen Moskaus'' prägen.


== Filmdokumentationen ==
Kulissen im Format 1 zu 1 sollten den Zuschauern den Eindruck einer riesigen Stadt verschaffen, die auf Grund von Geldmangel, der auf die ständigen [[Mangelwirtschaft]] zurückzufuhren ist und der fehlenden [[Städtebaukultur]] in der damaligen Sowjetunion nie verwirklichbar gewesen wäre.
1939 drehte der sowjetische [[Regisseur]] [[Wiktor Wiktorowitsch Morgenstern|Wiktor Morgenstern]] beim Studio ''Zentrnautschfilm'', von der Regierung beauftragt, den [[Dokumentarfilm]] ''{{lang|ru|Москва}}'' – zu deutsch: ''Moskau''. Hier wird die zukünftige Städtebauvision einer sozialistischen Idealstadt gezeigt. Er ist Gegenstand von Janina Urussowas [[Monografie]] ''Das neue Moskau. Die Stadt der Sowjets im Film 1917-1941'' (2004). Das „alte Moskau“&nbsp;– Straßen mit historischer Bausubstanz&nbsp;– wird dem „neuen Moskau“ im [[Sozialistischer Klassizismus|sozialistisch-klassizistischen]] Baustil gegenübergestellt. Die Kulissen wurden im Maßstab 1:1 errichtet. Die Pläne wurden aus verschiedenen Gründen (fehlende finanzielle Mittel, [[Zweiter Weltkrieg]], ideologische Wende nach Stalins Tod 1953) in dieser Form niemals vollständig verwirklicht.


Der Palast der Sowjets und andere geplante Umgestaltungen waren auch Thema des 1938 von [[Alexander Iwanowitsch Medwedkin|Alexander Medwedkin]] gedrehten [[Spielfilm]]s ''{{lang|ru|Новая Москва}} (Nowaja Moskwa; ‚Das neue Moskau‘)''. Einer der Filmhelden, ein junger Ingenieur, hat ein „lebendiges Modell“ der geplanten Stadt geschaffen, das er letztendlich großem Erfolg präsentiert. In der Entstehungszeit wurde dieser Film jedoch nicht in den Kinos gezeigt. Er blieb aber erhalten und gelangte erst in den 1990er-Jahren im russischen [[Fernsehen]] zur Erstausstrahlung.<ref>[http://www.landscape-design.ru/articlex.php?c=moscow-193x-194x&p=novaya-moskva Ausschnitte aus ''Das neue Moskau'']</ref>
== Quellen ==
<references />


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Adolf Max Vogt]]: ''Russische und französische Revolutionsarchitektur 1917/1789''. Köln 1974
* Peter Englund (übersetzt von Paul Berf): ''Menschheit am Nullpunkt. Aus dem Abgrund des 20. Jahrhunderts.'', Klett-Cotta, Stuttgart 2001, ISBN 3-608-93547-9
* ''Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931 - 1933:'' Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur (engl.) ISBN 3-927-87323-3
* ''Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931–1933'': Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur. ISBN 3-927873-23-3 (englisch)
* Slavoj Zizek: ''Revolution at the Gates. A Selections of Writings from February to October 1917'' (engl.) ISBN 1-859-84661-0
* Janina Urussowa: ''Das neue Moskau. Die Stadt der Sowjets im Film 1917–1941''. Böhlau, 2002, ISBN 3-412-16601-4
* Selim Chan-Magomedow: ''Pioniere der sowjetischen Architektur''. Dresden 1983
* Janina Urussowa: Das neue Moskau. Die Stadt der Sowjets im Film 1917 - 1941. Böhlau, 2002 ISBN 3412166014
* Peter Noever: ''Tyrannei des Schönen: Architektur der Stalin-Zeit''. Prestel-Verlag, München 1994, ISBN 3-7913-1340-1
* Hatje; ''Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts'', Stuttgart 1983.
* Deyan Sudjic: ''Stalin’s Architect: Power and Survival in Moscow''. [[Thames & Hudson]], London 2022, pp. 118–189. ISBN 978-0-500-34355-5.

== Siehe auch ==
* [[Liste unvollendeter Bauwerke]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Palace of the Soviets|Palast der Sowjets|3=S}}
* [http://www.aktuell.ru/russland/kultur/das_neue_moskau_visionen_werden_wahr_501.html Das neue Moskau: Visionen werden wahr]
* [https://www.spiegel.de/geschichte/architektur-wahnsinn-a-948068.html ''Eine Kirche für den Sozialismus''.] [[einestages]]
* [http://deu.archinform.net/projekte/4478.htm Wettbewerbsentwurf für den Palast der Sowjets]
* [http://www.memorial.de/lang_doku_dt.htm Russland – Das 20. Jahrhundert: Konstanten und Variablen]
* [http://www.muar.ru/ve/2003/moscow/03.htm Internetpräsenz über die Ausschreibung zum Bau des Palastes] (russisch, englisch)
* [http://www.muar.ru/ve/2003/moscow/03.htm Internetpräsenz über die Ausschreibung zum Bau des Palastes] (russisch, englisch)
* [http://www.kommiekomiks.com/stalin-sov.htm ''Stalinist Skyscrapers''] (englisch)
* [http://www.kommiekomiks.com/stalin-sov.htm ''Stalinist Skyscrapers''] (englisch)
* [http://www.time.com/time/magazine/article/0,9171,747172,00.html ''Soviet Palace'' Internetpräsenz von TIME über den Palast der Sowjets] (englisch)
* [https://content.time.com/time/magazine/article/0,9171,747172,00.html ''Soviet Palace'' Internetpräsenz von TIME über den Palast der Sowjets] (englisch)
* [http://faculty-web.at.northwestern.edu/art-history/werckmeister/April_22_1999/ Baupläne über den Palast der Sowjets] (englisch)
* [http://faculty-web.at.northwestern.edu/art-history/werckmeister/April_22_1999/ Baupläne über den Palast der Sowjets] (englisch)
* [http://www.utopia.ru/english/item.phtml?id=105&type=graphics utopia.ru] – Mehrere Baukonzepte von vers. Architekten.
* [http://www.arth.upenn.edu/spr01/282/w6c2i29.htm ''Le Corbusier'', Bilder für die Ausschreibung zum Bau des Palastes der Sowjets, 1931] [http://faculty-web.at.northwestern.edu/art-history/werckmeister/April_22_1999/Corbusier.jpg]
* [http://de.youtube.com/watch?v=mQHVS_IWKRQ youtube-Film sowj. Propagandafilm zur geplanten Architektur in Moskau (1938, 5 min, russ.), mit dem Modell des Palastes der Sowjets]
* [http://www.moderne-regional.de/fachbeitrag-palast-der-sowjets/ Überblick über die Planungsgeschichte] auf moderneREGIONAL


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Moskau]]
<references />
[[Kategorie:Sozialistischer Klassizismus]]


{{SORTIERUNG:Palast Der Sowjets}}
[[ca:Palau dels Soviets]]
[[en:Palace of Soviets]]
[[Kategorie:Bauwerk in Moskau]]
[[Kategorie:Geschichte Moskaus]]
[[es:Palacio de los Soviets]]
[[Kategorie:Geschichte (Sowjetunion)]]
[[de:Palast der Sowjets]]
[[Kategorie:Architektur des Sozialistischen Klassizismus]]
[[ja:ソビエト宮殿]]
[[Kategorie:Architektur (Sowjetunion)]]
[[ru:Дворец советов]]
[[Kategorie:Architekturprojekt]]
[[Kategorie:Zentraler Verwaltungsbezirk (Moskau)]]

Aktuelle Version vom 13. Januar 2025, 10:48 Uhr

Briefmarkenblock von 1937 mit dem finalen Entwurf für den Palast der Sowjets

Der Palast der Sowjets (russisch Дворец советов/? Dworez Sowetow [dvʌˈrʲets sʌˈvʲetəf]) war ein nicht verwirklichtes Bauvorhaben der sowjetischen Regierung in den 1930er Jahren in der Hauptstadt Moskau. Der Palast wäre nach seiner Fertigstellung mit einer Gesamthöhe von 415 Metern das höchste Gebäude der Welt geworden.

Die Ausschreibung um den Entwurf zum Bau des Palastes gewann der sowjetische Architekt Boris Iofan[1] (1891–1976). Im Laufe der Zeit gab es immer wieder Änderungen des Baukonzept, welche sowohl die Innen- als auch die Außenarchitektur und den Standort in Moskau betrafen.

Geschichte des Palasts der Sowjets

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Nach dem Sturz des Zaren in der Februarrevolution 1917 und der noch im selben Jahr folgenden Oktoberrevolution, in der die Bolschewiki an die Macht kamen, wurden alle künstlerischen Vereinigungen, die noch aus der Zeit des Zarenreiches stammten, aufgelöst und in sogenannte Freie Staatliche Kunstwerkstätten umgewandelt. So entstanden in Moskau 1920, in der Zeit des russischen Bürgerkrieges, viele neue künstlerische Vereinigungen, welche sich von der „alten“ Architektur des Zarenreiches abgrenzten. Zu dieser Zeit war auf Grund des noch andauernden Bürgerkrieges an Neubauten nicht zu denken, von den künstlerischen Vereinigungen wurden jedoch immer wieder umfangreiche Architekturwettbewerbe abgehalten. Der Architekt Alexei Schtschussew erhielt schließlich von der sowjetischen Regierung den Auftrag zum Umbau Moskaus, das durch den Bürgerkrieg stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Dieser Auftrag besaß den Namen Neues Moskau (Новая Москва).[2]

Als sich die Sowjetunion im Jahre 1925 auf der Exposition internationale des arts décoratifs et industriels moderns in Paris in einem, nach Konstantin Melnikows Plänen erbauten, „kühnen“ und „monumentalen“[3] Pavillon präsentierte, wurde dies im Ausland und von ausländischen Architekten so interpretiert, als sei diese Architektur für den neuen Staat repräsentativ. Diese Architekturrichtung verbreitete sich jedoch erst 1925. Die kurze Zeitspanne in der sowjetischen Architektur, als dieser Baustil das Bauwesen des Landes bestimmte, wurde anfangs durch zahlreiche gegeneinander arbeitende Vereinigungen geprägt.

Eine dieser Vereinigungen war die OSA (dt.: Vereinigung Moderner Architekten),[2] an der unter anderem Alexander Wesnin und Moisei Ginsburg teilnahmen, die auch als Konstruktivisten bezeichnet werden. Ziel der Vereinigung war es nach einer möglichst hohen Funktionalität im Bauwesen zu suchen.

In der ASNOWA (dt.: Vereinigung Neuer Architekten),[3] an der unter anderem János Mácza und Nikolai Ladowski teilnahmen, wurde nach der Wirkung architektonischer Formen auf die menschliche Psyche geforscht.

In der MAO (dt. Moskauer Architektur-Gesellschaft),[3] an der unter anderem Leonid Wesnin und Alexei Schtschussew teilnahmen, trat man für eine sowohl moderne als auch akademische Architektur ein.

1929 wurde die WOPRA (Всесоюзное объединение пролетарских архитекторов Wsessojusnoje objedinenije proletarskich architektorow; dt.: Allunionsvereinigung Proletarischer Architekten)[3] unter János Mácza und Karo Halabjan gegründet. Diese Vereinigung sprach sich gegen alle anderen Vereinigungen aus und polemisierte auch gegen diese und trug letztlich dazu bei, dass 1932 alle verschiedenen Vereinigungen aufgelöst wurden.

Die Phase des ersten Fünfjahresplanes in den Jahren 1928 bis 1932 gilt als die Hauptzeit dieser vielen verschiedenen architektonischen Stilrichtungen, welche zu dieser Zeit überall in der Sowjetunion angewendet wurden und von den Konservativen dominiert wurden. Zu dieser Zeit prallten die städtebaulichen Konzepte zur Umgestaltung aller Städte in Siedlungseinheiten von je 50.000 Einwohnern und die Konzepte zur Desurbanisierung, welche vorsahen, schon bestehende Städte aufzulösen und diese in beliebig große Besiedlungslinien umzugestalten, aufeinander. Die Urbanisten wurde dabei von L.M. Sabsowitsch und den Gebrüdern Wesnin vertreten, die Desurbanisten von M. Ochowitsch, Moissei Ginzburg und Iwan Leonidow.

Im Zentrum der modernen Architektur, welches sich in Moskau befand, setzten sich bereits 1928, im Wettbewerb zum Bau der Lenin-Bibliothek, die Leningrader Akademiker Wladimir Helfreich und Wladimir Schtschuko gegen die Gebrüder Wesnin durch. Beide Entwürfe waren in der stürmischen Phase der Industrialisierung in der Sowjetunion mit einem raschen Bedarf an neuen Industriegebieten wenig brauchbar. Deshalb rief die sowjetische Regierung den Pragmatiker Ernst May mit seiner Gruppe im Jahre 1930 von Frankfurt am Main nach Moskau, damit dieser einen Entwurf zum Bau der Lenin-Bibliothek präsentierte.

Die Planungen für den Bau eines Palastes der Sowjets, wie es in einer Sitzung lautete, der im Stile des sozialistischen Klassizismus erbaut werden sollte, begannen bereits 1922 im Gründungsjahr der Sowjetunion, nachdem auf dem 1. Parteitag der KPdSU im Jahre 1922 Pläne von Josef Stalins potentiellem Rivalen im Machtkampf um die Sowjet(Räte-)herrschaft, Sergei Kirow, über ein solches Bauvorhaben bekannt wurden. Kirow wollte nicht nur einen Palast bauen lassen, er sprach sich des Weiteren für eine komplette Umgestaltung Moskau aus. Dabei sollte die zaristische Bausubstanz abgerissen werden und nach Fertigstellung des „großen Umbaus“ nicht mehr sichtbar sein.

Der Palast der Sowjets sollte zum Mittelpunkt des „Neuen Moskau“ werden, wie das Projekt zum Umbau Moskaus genannt wurde. Es war ein Projekt zum Umbau der historischen Moskauer Städtebaukultur, die größtenteils aus der zaristischen Zeit stammte, in den von der kommunistischen Führung bevorzugten Stil des sozialistischen Realismus bzw. sozialistischen Klassizismus. Moskau sollte „neu errichtet“ werden, nachdem es am 12. März 1918 zur Hauptstadt der Russischen SFSR erklärt worden war, und die neue kommunistische Regierung von Petrograd (dem heutigen Sankt Petersburg), dem Regierungssitz der zaristischen Regierung, nach Moskau in den Kreml am Roten Platz zog. Die neue, kommunistische Hauptstadt der Sowjetunion sollte nicht mehr vom zaristischen, sondern vom neuen sozialistischen Baustil geprägt sein. Kleine Straßenzüge sollten verbreitert werden, um so einen monumentalen Effekt zu erzielen. Nach Fertigstellung dieses städtebaulichen Projektes sollte Moskau zu einer idealtypischen sozialistischen Stadt werden.

Die weiteren Planungen über das „neue Moskau“ wurden in dem Film Moskau aus dem Jahr 1939 dokumentiert, der die Städtebauvision über diese Idealstadt im Sozialismus in der Sowjetunion aufzeigt.

Standort des Palastes

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Die Twerskaja-Straße in Moskau wurde ursprünglich für den Bau des Palastes vorgesehen
Brückenblick über den Fluss Moskwa auf die bis 2000 wiederaufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale. Sie wurde 1931 abgerissen, um das Grundstück für den Bau des Sowjet-Palastes zu beräumen.
Die Sprengung der Kathedrale 1931

Ursprünglich wurde für den Palast ein Grundstück im Zentrum Moskaus an der Twerskaja-Straße als Standort gewählt, welche während der sowjetischen Zeit in „Gorki-Straße“ umbenannt wurde. Dieser Vorschlag hätte jedoch eine Reihe von großen baulichen Anstrengungen erforderlich gemacht. Um den erforderlichen Platz für den Palast zu schaffen, hätten etliche Wohnhausreihen in der Moskauer Innenstadt niedergerissen werden müssen. Später wurde, nachdem sich Proteste gegen das Abreißen der Hausreihen starkgemacht hatten, der Vorschlag der Gruppe ASNOWA gewählt. Dieser sah vor, den Palast der Sowjets auf dem direkt am Ufer der Moskwa westlich des Kremls gelegenen Platz der Erlöserkirche zu erbauen. Der Platz wurde Ende des 19. Jahrhunderts zu Gedenken an den Sieg der russischen Armee über Napoléon Bonaparte angelegt. Schließlich wurde am 5. Dezember 1931 das auf dem Platz stehende Kirchenbauwerk auf Befehl des Parteiführers Lasar Kaganowitsch mit Einverständnis von Stalin gesprengt, um auf dem Grundstück den Palast der Sowjets bauen zu lassen. Die Wahl dieses Standortes lässt sich auch als Teil eines Konzepts der Eliminierung konkurrierender Herrschaftsarchitektur interpretieren – während der Periode des „kämpferischen Atheismus“ der 1930er Jahre wurden viele dominante Kirchen und Klosterbauten abgerissen, um Platz für sowjetische Großbauten zu schaffen (vgl. etwa Klosterkirche St. Michael in Kiew).

Erster Wettbewerb

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  • Offener Wettbewerb, Dezember 1931[4]
  • Engerer Wettbewerb, erste Etappe, März–Juli 1932[4]
  • Engerer Wettbewerb, zweite Etappe, 1932–33[4]
Entwurf von 1932

Die Wettbewerbe zur Planung des Palastes, sowohl für die Innen- als auch für die Außenarchitektur, wurden ab dem Jahr 1931 ausgerichtet. Laut den damaligen Wettbewerbsregeln sollte der Palast als ein monolithischer Komplex und eine kühne Hochhauskomposition mit einem beliebigen Abschluss gestaltet werden. Beim Wettbewerb für den Palast der Sowjets wurden auch Arbeitsentwürfe eingereicht, welche mit konstruktivistischer Architektur nichts zu tun hatten und mit ihrem Symbolgehalt sowie ihrer Monumentalität die Architektur der Sowjetunion in den folgenden Jahren noch deutlich beeinflussen sollten. Ab 1930 wurde in Architektenkreisen immer heftiger darüber gestritten, wie die „richtige“ Architektur im Sozialismus aussehen sollte.

Es gelang der Wettbewerbsjury zu dieser Zeit nicht, zwischen den insgesamt 160 vorgestellten Projekten sowie den 112 eingesendeten Projektentwürfen eine Wahl zu treffen, da sie entweder den Vorstellungen der Jury oder schlichtweg den Wettbewerbsregeln und -anforderungen nicht entsprachen. Dies lag auch daran, dass sich die Vorstellungen der Jury ständig änderten. Die Jury einigte sich schließlich darauf, dass eine vordergründige, nur auf Funktionalität bedachte Bauweise nicht ausreiche, sondern dass das Pathos und die Emotionalität in der Bauweise genauso zu berücksichtigen seien wie die Funktionalität, welche aber auch nicht aus der Bauweise ausgeschlossen wurde. Die ersten Wettbewerbspläne wurden zuerst 1931 der Jury vorgelegt, der auch Stalin selbst angehörte.

Der Wettbewerb wurde als Krönung des von der sowjetischen Regierung aufgestellten Fünfjahresplanes inszeniert. Zu diesem Wettbewerb wurden außer den sowjetischen Architekten, wie zum Beispiel Boris Iofan, auch einige bekannte Architekten aus dem Westen eingeladen.

Den Wettbewerb gewann im Februar 1932[4] der im westlichen Ausland weniger bekannte Architekt Boris Iofan, dessen Entwurf 1934 bestätigt wurde. Er konnte sich in der Ausschreibung gegen den französisch-schweizerischen Architekten Le Corbusier und die beiden deutschen Architekten Walter Gropius und Erich Mendelsohn durchsetzen. Die Entscheidung der Kommission, den Entwurf Boris Iofans zu nehmen, kann natürlich auch darauf zurückgeführt werden, dass Boris Iofan, auf Grund seiner sowjetischen Staatsbürgerschaft, bei der Ausschreibung gegenüber den nicht-sowjetischen Architekten bevorzugt wurde, doch dies konnte nie ganz aufgeklärt werden.[3]

Lomonossow-Universität
Lenin-Stadion (1980)

Der Palast der Sowjets sollte Teil einer umfassenden baulichen Umstrukturierung Moskaus sein, bei dieser sollten aber die historischen Ring- und Radialstrukturen beibehalten werden. Zusätzliche Prunkbauten, wie die Lomonossow-Universität auf den Leninbergen (heute: Sperlingsberge), das Pantheon „Ewiger Ruhm für die großen Menschen des Sowjetlandes“ (nicht verwirklicht) oder das Lenin-Stadion (heute: Luschniki-Stadion des Traditionsvereins Spartak Moskau) an der Biegung der Moskwa wurden in dieser Periode geplant. Zusätzlich sollten Teile eines Grüngürtels bis in das Stadtzentrum dringen.

Das Baukonzept von Iofan sah ein Hochhaus im Stile der Romanik vor, welches aus sechs aufeinander stehenden zylindrischen Körpern besteht, die, nach oben hin ihren Radius verkleinernd, auf einem zweistufigen Stylobat ruhen. Insgesamt sollte das 1937 begonnene Gebäude eine Höhe von 415 Meter haben. Weiter sah das Baukonzept vor, das Dach mit einer Statue eines Arbeiters zu krönen; dieser Entwurf wurde jedoch ab 1933 geändert, so dass nun eine 57 bis 75 Meter hohe Statue von Lenin das Dach krönen sollte. Sie sollte so ausgerichtet werden, dass sie sich mit ihrem Gesicht zu Lenins Mausoleum auf dem Roten Platz zuwandte. Für die Haupthalle, welche sich am Fuße des Gebäudes befinden sollte, wurden zwei unterschiedlich große Säle vorgesehen. Für den großen Saal wurde eine Kapazität von 20.000 Sitzen und für den kleineren Saal eine Kapazität von 6.000 Sitzen vorgesehen. In den oberen Etagen des Palastes wurde eine Bibliothek mit einem Bestand von 500.000 Büchern vorgesehen. Des Weiteren sollte es im Gebäude sowohl Cafés als auch Restaurants geben. Außer den zwei Hauptsälen wurden vier weitere Konferenzräume vorgesehen. Die Lenin-Statue sollte aus Aluminium oder Chromstahl bestehen; die letztendliche Entscheidung darüber, wie hoch die Statue werden soll bzw. welches Material man für die Statue benutzen sollte, wurde nie endgültig getroffen.

Stalin begnügte sich anfänglich noch damit, dass eine Statue eines Arbeiters das Dach krönen sollte, später wurden sogar Pläne ausgearbeitet, welche vorsahen, Stalin und Lenin gemeinsam auf dem Dach als Statue aufzubauen. Da Boris Iofan nicht im Stande war, zwei Statuen auf dem Dach zu realisieren, wurde von Stalin angeordnet, dass nur noch eine Figur von ihm selbst den Abschluss des Bauwerks bilden sollte. Stalin wollte damit sich selbst als Symbol für die neuen Idealbilder weltbeherrschender sowjetischer Arbeiter zeigen. In Wahrheit spiegelt der Entwurf, den Palast der Sowjets mit der Statue Stalins zu erbauen, jedoch nur die Hierarchiepyramide des Stalinismus wider, an dessen Spitze der unbestrittene Führer Josef Stalin thronte. Stalins Entscheidung, die Baupläne so zu ändern, dass er als alleinige Statue an den Abschluss des Palastes gesetzt wird, geben im Nachhinein den Äußerungen von Nikita Chruschtschow im Jahre 1956 über den von Josef Stalin selbst proklamierten Personenkult um ihn Recht.

Die sowjetischen Architekten wurden auf dem Allunionskongress der Sowjetarchitekten im Zusammenhang mit dem Bau des Palastes aufgefordert, die „örtlich bedingten Bauvorhaben“ bei ihren Planungen zu berücksichtigen. Auf diesem Kongress wurde wieder für die Notwendigkeit konstruktivistischer Architektur argumentiert, jedoch auch gleichermaßen das Anwachsen des Eklektizismus in der Sowjetunion bemängelt. Man versuchte, eine Synthese der gesamten sowjetischen Künste zu erreichen, indem man Architekten, Maler und Bildhauer gemeinsam an einem beliebigen Projekt arbeiten ließ. Dazu entwickelte sich gleichzeitig ein neues rationelles Bauverfahren. Dieses Bauverfahren deckte sich sowohl mit den „Großtafelbauten“ als auch mit den „Präfabrikationen“. 1933 entstand die Moskauer Akademie der Architektur, innerhalb derer sich 1935 eine eigene Abteilung für Monumentalmalerei entwickelte.

Der erste Generalbebauungsplan (Neues Moskau) von 1935,[2] der von der sowjetischen Regierung genehmigt wurde, sah eine Beibehaltung der schon bestehenden ringförmigen Struktur der Stadt vor. In diesem Plan wurden größtenteils Details aus dem Rekonstruktionsplan vom Beginn der 1920er Jahre aufgegriffen. Dabei waren die umfangreichsten Bauvorhaben die Moskauer Metro und der Moskau-Wolga-Kanal. Das vom später berühmt gewordenen Bauingenieur Nikolai Nikitin entworfene Fundament des Palastes der Sowjets wurde im Jahre 1939 fertiggestellt. 1941 wurde der Bau jedoch auf Grund des Krieges eingestellt.

Auftretende Probleme

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Beim Bau des Palastes der Sowjets traten, zunächst beim Ausgraben für den Bau eines Fundamentes, immer wieder Wasserprobleme auf, wie beispielsweise Überschwemmungen durch die nahe gelegene Moskwa. Ebenfalls als problematisch erwies sich der sumpfige Moskauer Boden, der ein Fundament mit Pfahlgründung erfordert hätte, um dem Palast genügend Stabilität zu verschaffen, und nicht lediglich ein einfaches Plattenfundament, wie es die Planungen für den Palast vorgesehen hatten.

Des Weiteren mangelte es immer wieder an Geld für Baustoffe oder für die Bezahlung der Arbeiter. Bei den Auseinandersetzungen um Geld kam es auch immer wieder zu kurzen Streiks, die aber den weiteren Bau nicht ernsthaft beeinträchtigt hatten.

Geschichte um den Palast während des Krieges und nach dem Krieg

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Nach Kriegsbeginn im Jahre 1941 wurden alle Bauvorhaben in den vom Krieg gefährdeten Gebieten, mit Ausnahme der Moskauer Metro, stillgelegt. Dies kann man unter anderem darauf zurückführen, dass die dafür notwendigen Baumaterialien für den Krieg gebraucht wurden. Die Moskauer Ateliers wurden aufgelöst und die Architekten in sichere Gebiete der Sowjetunion, meistens in die asiatischen Teile, evakuiert.

Ab 1943 wurden in der Moskauer Stadtregierung Pläne zum Wiederaufbau der durch Luftangriffe beschädigten Stadt angefertigt. Dabei war man darauf bedacht, die ursprüngliche Stadtsilhouette wiederherzustellen und Neubauten, vor allem in den altrussischen Kleinstädten, in Größe und Fassadengestaltung anzupassen. In den Großstädten, wie etwa in Kiew oder Kaliningrad, wurden nach dem Krieg monumentale Straßenzüge angelegt und zerstörte historische Hausbestände abgerissen. In Moskau baute man nach dem Krieg an dem begonnenen Palast der Sowjets nicht weiter, sondern entwarf im Jahre 1947 anlässlich der 800-jährigen Wiederkehr der Stadtgründung acht Hochhäuser, von denen in den folgenden Jahren sieben realisiert wurden (siehe Sieben Schwestern). Solche Turmakzente waren dann in den meisten Städten der Sowjetunion nach dem Krieg wiederzufinden, außer in Leningrad (heutiges Sankt Petersburg), da man dort die historischen Gebäudereihen nicht durch Hochhäuser beeinträchtigen wollte.[3]

Der neue Erste Sekretär des Zentralkomitees der KPdSU, Nikita Chruschtschow, kritisierte Ende des Jahres 1954 in Moskau die relativ hohen Baukosten des Palastes und die Dekorationssucht. Des Weiteren wurde die in der Vorkriegszeit praktizierte Architektur als Verzerrung des Kulturerbes gebrandmarkt. Es wurde auch die umfassende Industrialisierung und Mechanisierung der gesamten Bauarbeiten vorgeschrieben. Die Planungen für einen Weiterbau des Palastes der Sowjets wurden auf Grund der Folgen des Zweiten Weltkrieges und weiterer innerpolitischer Probleme auf das Jahr 1956 angesetzt. Ende 1955 wurde der Termin auf Mitte 1956 festgelegt, dann sollten die Wettbewerbe über den Weiterbau des Palastes ausgetragen werden. Zu dieser Zeit bestand der Palast aus dem Fundament und einigen Betonstützen.

Die Planungen über einen Weiterbau des Palastes wurden durch den XX. Parteitag der KPdSU, der vom 14. bis zum 26. Februar 1956 in Moskau stattfand, überschattet. Auf diesem Parteitag wurden von Nikita Chruschtschow Stalins Verbrechen erstmals offengelegt, womit die sogenannte Tauwetter-Periode oder auch Entstalinisierung eingeleitet wurde.

Zweiter Wettbewerb

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Der zweite Wettbewerb um die Neugestaltung des angefangenen Palastes, zwischen den Jahren 1957 und 1959,[3] spiegelte deutlich die neuerliche Abkehr von der akademischen Architektur und die Hinwendung zur modernen Architektur wider. Es kam trotzdem auch diesmal, wie beim ersten Wettbewerb, nicht zur Realisierung des Projektes. Ein Grund dafür waren die hohen Kosten, die man auf Grund des zur damaligen Zeit anhaltenden Wiederaufbaus der städtebaulichen Strukturen in der Sowjetunion nicht mehr vertreten konnte. Die Sowjetunion präsentierte sich 1958 auf der Weltausstellung (Expo 58) in Brüssel durch einen Pavillon aus Glas und Stahl, der sich somit auch von der akademischen Architektur abgrenzte, welche noch auf der Pariser Weltausstellung im Jahre 1937 angewandt wurde. Der Bau von standardisierten Wohnungsbauten in kosten- und platzsparender Bauweise (sog. „Chruschtschowkas“) im ganzen Land hatte in den folgenden Jahrzehnten Vorrang. In den 1970er Jahren arbeiteten jedoch wieder verstärkt bildende Künstler mit Architekten zusammen; diese Zusammenarbeit, wie es schon in den 1930er Jahren ablief, ließ auch wieder Architekturdetails der 1930er Jahre auftauchen.

Damit war das Ende der in den 1930er Jahren begonnenen Planung des Palastes der Sowjets besiegelt, ebenso wie das des dazugehörenden großen Umbaus der Hauptstadt in eine Stadt der Sowjets mit Repräsentativbauten im Stile des sozialistischen Klassizismus. Außerdem war bei der neu angesetzten Ausschreibung zum Bau des Palastes 1957 keine abschließende Statue mehr vorgesehen.[1]

Geschichte des Baugeländes nach 1958

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Schwimmbad Moskwa im Jahre 1980

Nach dem endgültigen Baustopp des Palastes 1958 wurde in der Moskauer Stadtregierung über die weitere Nutzung des Platzes der Erlöserkirche, auf dem noch das Fundament von 1939 bestand, diskutiert. Es kamen mehrere Vorschläge auf. Einige wollten das Fundament stehen lassen und gegebenenfalls dort etwas Neues erbauen, andere wollten das Fundament abreißen und die Kathedrale wieder aufbauen. Doch als sich nach einer baulichen Überprüfung des Fundamentes herausstellte, dass dieses nicht mehr tragfähig war, wurde auf dem Gelände eine beheizbare Badeanstalt (Schwimmbad Moskwa) errichtet.

Die wiederaufgebaute Christ-Erlöser-Kathedrale

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 wurde der Wiederaufbau der Kathedrale beschlossen. Das mittlerweile marode Schwimmbad wurde abgerissen und 1992 erfolgte die Grundsteinlegung. Am 19. August 2000 wurde die Kirche wiedereröffnet. Der Wiederaufbau gehörte zu den großen Bauprojekten des Moskauer Oberbürgermeisters Juri Luschkow und wurde mit zum Auslöser der häufig als „Wiedergeburt“ bezeichneten Rekonstruktion hunderter im Stalinismus zerstörter Kirchen, Klöster und Moscheen im Bereich der ehemaligen Sowjetunion.

Filmdokumentationen

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1939 drehte der sowjetische Regisseur Wiktor Morgenstern beim Studio Zentrnautschfilm, von der Regierung beauftragt, den Dokumentarfilm Москва – zu deutsch: Moskau. Hier wird die zukünftige Städtebauvision einer sozialistischen Idealstadt gezeigt. Er ist Gegenstand von Janina Urussowas Monografie Das neue Moskau. Die Stadt der Sowjets im Film 1917-1941 (2004). Das „alte Moskau“ – Straßen mit historischer Bausubstanz – wird dem „neuen Moskau“ im sozialistisch-klassizistischen Baustil gegenübergestellt. Die Kulissen wurden im Maßstab 1:1 errichtet. Die Pläne wurden aus verschiedenen Gründen (fehlende finanzielle Mittel, Zweiter Weltkrieg, ideologische Wende nach Stalins Tod 1953) in dieser Form niemals vollständig verwirklicht.

Der Palast der Sowjets und andere geplante Umgestaltungen waren auch Thema des 1938 von Alexander Medwedkin gedrehten Spielfilms Новая Москва (Nowaja Moskwa; ‚Das neue Moskau‘). Einer der Filmhelden, ein junger Ingenieur, hat ein „lebendiges Modell“ der geplanten Stadt geschaffen, das er letztendlich großem Erfolg präsentiert. In der Entstehungszeit wurde dieser Film jedoch nicht in den Kinos gezeigt. Er blieb aber erhalten und gelangte erst in den 1990er-Jahren im russischen Fernsehen zur Erstausstrahlung.[5]

  • Adolf Max Vogt: Russische und französische Revolutionsarchitektur 1917/1789. Köln 1974
  • Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931–1933: Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur. ISBN 3-927873-23-3 (englisch)
  • Janina Urussowa: Das neue Moskau. Die Stadt der Sowjets im Film 1917–1941. Böhlau, 2002, ISBN 3-412-16601-4
  • Selim Chan-Magomedow: Pioniere der sowjetischen Architektur. Dresden 1983
  • Peter Noever: Tyrannei des Schönen: Architektur der Stalin-Zeit. Prestel-Verlag, München 1994, ISBN 3-7913-1340-1
  • Deyan Sudjic: Stalin’s Architect: Power and Survival in Moscow. Thames & Hudson, London 2022, pp. 118–189. ISBN 978-0-500-34355-5.
Commons: Palast der Sowjets – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Naum Gabo and the competition for the Palace of Soviets Moscow 1931–1933: Eine Ausstellung organisiert von den Berliner Galerien, dem Museum für Moderne Kunst, für Moderne Fotografie und für Moderne Architektur. ISBN 3-927873-23-3 (englisch)
  2. a b c Selim Chan-Magomedow: Pioniere der sowjetischen Architektur. Dresden 1983.
  3. a b c d e f g Lexikon der Architektur des 20. Jahrhunderts. Hatje, Stuttgart 1983.
  4. a b c d Avantgarde II 1924–37. Sowjetische Architektur. Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1993, ISBN 3-7757-0425-6, S. 113 ff., 214 ff.
  5. Ausschnitte aus Das neue Moskau