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„Sansculottes“ – Versionsunterschied

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[[Datei:France, 1793 (NYPL b14896507-1237371) (Vinkhuijzen collection of military uniforms) Cropped. Zur Geschichte der Kostüme. Münchener Bilderbogen. Mitglieder der Kommune. (1793–1794.) French revolution sans-culottes.jpg|mini|''Mitglieder der [[Französische Revolution #Durch Volkserhebung zum Nationalkonvent|Kommune]]''. Kolorierter Stich aus dem Jahr 1912. Zu sehen sind Männer mit [[Kokarde (Abzeichen)|Kokarden]], in [[Phrygische Mütze|Jakobinermützen]] und links in langen Hosen („ohne [[Culotte]]“) bzw. rechts mit Kniebundhosen. ]]
[[Bild:sansculottes.jpg|right|framed|Die Sansculottes, 1789]]
[[Datei:Ralph Earl - Elijah Boardman - WGA7452.jpg|mini|Zum Vergleich eine Kniebundhose oder Culotte ([[Elijah Boardman]] auf einem Gemälde von [[Ralph Earl]], 1789)]]
Mit '''Sansculottes''' (auch dt. ''Sansculotten'', von franz. ''ohne [[Kniebundhose]], [[Culotte]]'', selbst abgeleitet von ''cul'' 'Boden, Hintern') wurden in der Zeit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] ([[1789]]-[[1799]]) die Pariser Arbeiter und Kleinbürger bezeichnet, die im Gegensatz zu den von Adligen getragenen Kniehosen (sog. [[Culotte]]s) stattdessen lange Hosen trugen, wie sie zur Arbeit geeignet waren. Sansculottes sind demnach Menschen, die von körperlicher Arbeit leben. Die Sansculottes wurden politisch einflussreich, weil sie die Jakobiner unterstützten, allerdings verfolgten sie etwas unterschiedliche politische Ziele.
Als '''Sansculottes''' (auch deutsch ''Sansculotten'', von französisch ''ohne [[Kniebundhose]], [[Culotte]]'') wurden in der Zeit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] (1789–1799) die Pariser Arbeiter und Kleinbürger bezeichnet, die im Gegensatz zu den von Adligen getragenen Kniebundhosen oftmals lange Hosen trugen. Die Sansculottes wurden politisch einflussreich, weil sie die [[Jakobiner]] unterstützten, allerdings verfolgten sie unterschiedliche politische Ziele.



== Politische Bedeutung ==
== Politische Bedeutung ==
Sansculotte war zunächst ein Spottbild, entwickelte sich aber schnell zur gebräuchlichen Bezeichnung für die revoltierenden Frühproletarier, die in das Revolutionsgeschehen eingriffen. Oft erkannte man die Sansculottes auch an der ''Jakobinermütze'' (einer [[Phrygische Mütze|phrygischen Mütze]]) und der gegenseitigen Anrede mit ''Citoyen'' – „Bürger“ statt wie bisher mit ''Monsieur'' – „mein Herr“.

Sansculotte war zunächst ein Spottname, entwickelte sich aber schnell zur gebräuchlichen Bezeichnung für die revoltierenden Proletarier, die in das Revolutionsgeschehen eingriffen. Oft erkannte man die Sansculottes auch an der 'Jakobinermütze' (eine [[Phrygische Mütze]]) und der gegenseitigen Anrede mit ''Citoyen'' "Bürger" statt wie bisher mit ''Monsieur'' "Herr".


Während der Jahre der Revolution etablierten sich die Sansculottes schnell als feste Größe. Sie bestanden vor allem aus Kleinbürgern und Arbeitern und vertraten die eigentliche Volksherrschaft.
Während der Jahre der Revolution etablierten sich die Sansculottes schnell als feste Größe. Sie bestanden vor allem aus Kleinbürgern und Arbeitern und vertraten die eigentliche Volksherrschaft.


Politisch organisiert waren sie in den Sektionen von Paris und im Gemeinderat der Stadt Paris. Von hier aus wurden immer wieder Volksaufstände organisiert.
Politisch organisiert waren sie in den [[Sektionen (Paris)|Sektionen]] von Paris und im Gemeinderat der Stadt Paris. Von hier aus wurden immer wieder Volksaufstände organisiert, z. B. der [[Aufstand der Pariser Sansculotten vom 31. Mai bis zum 2. Juni 1793]].

In der Zeit der [[Terrorherrschaft]] unterstützten die Sansculotten die Jakobiner, weil sie hier ihre Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit verwirklicht sahen. Die Jakobiner hatten Höchstpreise für Lebensmittel festgesetzt, um während des Krieges die Versorgung der Armee und der Bevölkerung zu sichern. Damit war auch für die Sansculottes der Lebensunterhalt gesichert. Außerdem sah die Verfassung des Jahres 1793, die nie umgesetzt wurde, vor, dass es eine staatliche Unterstützung für Arme und ein staatliches Schulwesen gab, was elementare Interessen dieser Unterschichten betraf.


In der Zeit der [[Großer Terror (Frankreich)|Terrorherrschaft]] 1793/94 unterstützten die Sansculotten die Jakobiner, weil sie hier ihre Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit verwirklicht sahen. Die Jakobiner hatten [[Höchstpreis]]e für Lebensmittel festgesetzt, um während des [[Erster Koalitionskrieg|Ersten Koalitionskrieges]] die Versorgung der Armee und der Bevölkerung zu sichern. Damit war auch für die Sansculottes der Lebensunterhalt gesichert. Außerdem sah die [[Französische Verfassung (1793)|Verfassung des Jahres 1793]], die allerdings nie umgesetzt wurde, eine staatliche Unterstützung für Arme und ein staatliches Schulwesen vor, was elementare Interessen dieser Unterschichten betraf.
Andererseits wurde während der Terrorherrschaft auch die politische Tätigkeit in den Sektionen eingeschränkt, wodurch die Jakobiner Unterstützung verloren. Als im Sommer 1794 zu den Höchstpreisen auch noch
Höchstlöhne eingeführt wurden, trennten sich die Wege von Jakobinern und Sansculotten. Beim Sturz Robespierres am 9. Thermidor schickten nur wenige Sektionen ihre Kämpfer, um die Jakobinerherrschaft zu retten. So kam es zum Ende der Terrorherrschaft, gleichzeitig verloren aber auch die Sansculottes ihren politischen Einfluss.


Andererseits wurde während der Terrorherrschaft auch die politische Tätigkeit in den Sektionen eingeschränkt. Als im Sommer 1794 auch [[Höchstlohn|Höchstlöhne]] eingeführt wurden, trennten sich die Wege von Jakobinern und Sansculotten. Beim Sturz [[Robespierre]]s am [[9. Thermidor]] schickten nur wenige Sektionen ihre Kämpfer, um die Jakobinerherrschaft zu retten. So kam es zum Ende der Terrorherrschaft, gleichzeitig verloren aber auch die Sansculottes ihren politischen Einfluss.
Weiterhin aber forderten die Sansculottes Brot und die Verfassung des Jahres 1793.


In den Aufständen während des [[Germinal (Monat)|Germinal]] und im [[Prairialaufstand]] 1795 forderten die Sansculottes erneut Brot und die Verfassung des Jahres 1793.
Nach den Sansculottes wurden die [[Sansculottiden]] benannt, die Ergänzungstage im [[Republikanischer Kalender|Republikanischen Kalender]].
[[Datei:Sans-Culottes.jpg|mini|Bewaffnete Sansculottes]]


== Sansculottiden ==
==Pantalons und Culottes==


Mit einem Dekret vom 5. Oktober 1793 wurden die 5 bzw. 6 Ergänzungstage im [[Republikanischer Kalender|Republikanischen Kalender]] nach den Sansculottes benannt, die [[Sansculottiden]]. Sie lagen jährlich in etwa zwischen dem 17. und 23. September.
Das französische Wort für lange Hose ''pantalons'' stammte vom Italienischen ''[[Pantalone]]'', einer bekannten [[Commedia dell'arte]]-Figur, deren Name wiederum von [[San Pantaleone]] herrührt, einem in Venedig populären christlichen Heiligen.


== Siehe auch ==
Die langen ''Pantalons'' wurden in weiten Kreisen üblich und verdrängten die ''Culottes'' fast. Erst in der Zeit des [[Französisches_Konsulat|Konsulats]] ab [[1799]] (General Bonaparte, der zukünftige Kaiser [[Napoléon|Napoleon I.]], herrschte schon als '[[Erster Konsul]]', de facto als Staats- und Regierungschef) versöhnte sich das Bürgertum wieder mit dem Adel, und die Mode wandte sich verächtlich vom Symbol der Revolutionsjahre, der Kleidung der Sansculottes, ab – allerdings nur für kurze Zeit. Um 1820, nach der Wiederherstellung der königlichen [[Bourbonen]]-Dynastie, hatten sich die ''Pantalons'' endgültig durchgesetzt.
* [[Tricoteuses]], militante Aktivistinnen aus dem Kreis der Sansculottes
* [[Enragés]], eine radikale Splittergruppe der Sansculottes


==Quellen==
== Literatur ==
* [[Albert Soboul]]: ''Die Sektionen von Paris im Jahre II.'' Bearbeitet und herausgegeben von [[Walter Markov]]. Rütten & Loening, Berlin 1962.
(unvollständig)
* Albert Soboul: ''Französische Revolution und Volksbewegung: die Sansculotten. Die Sektionen von Paris im Jahre II'' (= ''[[edition suhrkamp]].'' 960). Bearbeitet und herausgegeben von Walter Markov. 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-518-10960-X.
*[http://www.etymonline.com/index.php?search=pantaloon&searchmode=none EtymologyOnLine- sehe auch (Sans-)culotte]


==Sonstige Literatur ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Sans-culottes|Sansculottes}}
* [[Albert Soboul]], [[Walter Markov]]: ''"Die Sektionen von Paris im Jahre II"'', Rütten & Loening 1962
* [http://www.etymonline.com/index.php?allowed_in_frame=0&search=Sansculotte&searchmode=none ''Sansculotte''.] In: ''EtymologyOnLine'' (englisch)
* Albert Soboul, Walter Markov: ''"Französische Revolution und Volksbewegung: die Sansculotten: die Sektionen von Paris im Jahre II"'', Suhrkamp 1989, ISBN 3-518-10960-X


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[[Kategorie:Französische Revolution]]


[[Kategorie:Organisation (Französische Revolution)]]
[[cs:Sansculoti]]
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[[it:Sanculotti]]
[[ja:サン・キュロット]]
[[nl:Sansculotten]]
[[pl:Sankiuloci]]
[[pt:Sans-culottes]]

Aktuelle Version vom 15. August 2024, 23:43 Uhr

Mitglieder der Kommune. Kolorierter Stich aus dem Jahr 1912. Zu sehen sind Männer mit Kokarden, in Jakobinermützen und links in langen Hosen („ohne Culotte“) bzw. rechts mit Kniebundhosen.
Zum Vergleich eine Kniebundhose oder Culotte (Elijah Boardman auf einem Gemälde von Ralph Earl, 1789)

Als Sansculottes (auch deutsch Sansculotten, von französisch ohne Kniebundhose, Culotte) wurden in der Zeit der Französischen Revolution (1789–1799) die Pariser Arbeiter und Kleinbürger bezeichnet, die im Gegensatz zu den von Adligen getragenen Kniebundhosen oftmals lange Hosen trugen. Die Sansculottes wurden politisch einflussreich, weil sie die Jakobiner unterstützten, allerdings verfolgten sie unterschiedliche politische Ziele.

Politische Bedeutung

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Sansculotte war zunächst ein Spottbild, entwickelte sich aber schnell zur gebräuchlichen Bezeichnung für die revoltierenden Frühproletarier, die in das Revolutionsgeschehen eingriffen. Oft erkannte man die Sansculottes auch an der Jakobinermütze (einer phrygischen Mütze) und der gegenseitigen Anrede mit Citoyen – „Bürger“ statt wie bisher mit Monsieur – „mein Herr“.

Während der Jahre der Revolution etablierten sich die Sansculottes schnell als feste Größe. Sie bestanden vor allem aus Kleinbürgern und Arbeitern und vertraten die eigentliche Volksherrschaft.

Politisch organisiert waren sie in den Sektionen von Paris und im Gemeinderat der Stadt Paris. Von hier aus wurden immer wieder Volksaufstände organisiert, z. B. der Aufstand der Pariser Sansculotten vom 31. Mai bis zum 2. Juni 1793.

In der Zeit der Terrorherrschaft 1793/94 unterstützten die Sansculotten die Jakobiner, weil sie hier ihre Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit verwirklicht sahen. Die Jakobiner hatten Höchstpreise für Lebensmittel festgesetzt, um während des Ersten Koalitionskrieges die Versorgung der Armee und der Bevölkerung zu sichern. Damit war auch für die Sansculottes der Lebensunterhalt gesichert. Außerdem sah die Verfassung des Jahres 1793, die allerdings nie umgesetzt wurde, eine staatliche Unterstützung für Arme und ein staatliches Schulwesen vor, was elementare Interessen dieser Unterschichten betraf.

Andererseits wurde während der Terrorherrschaft auch die politische Tätigkeit in den Sektionen eingeschränkt. Als im Sommer 1794 auch Höchstlöhne eingeführt wurden, trennten sich die Wege von Jakobinern und Sansculotten. Beim Sturz Robespierres am 9. Thermidor schickten nur wenige Sektionen ihre Kämpfer, um die Jakobinerherrschaft zu retten. So kam es zum Ende der Terrorherrschaft, gleichzeitig verloren aber auch die Sansculottes ihren politischen Einfluss.

In den Aufständen während des Germinal und im Prairialaufstand 1795 forderten die Sansculottes erneut Brot und die Verfassung des Jahres 1793.

Bewaffnete Sansculottes

Mit einem Dekret vom 5. Oktober 1793 wurden die 5 bzw. 6 Ergänzungstage im Republikanischen Kalender nach den Sansculottes benannt, die Sansculottiden. Sie lagen jährlich in etwa zwischen dem 17. und 23. September.

  • Tricoteuses, militante Aktivistinnen aus dem Kreis der Sansculottes
  • Enragés, eine radikale Splittergruppe der Sansculottes
  • Albert Soboul: Die Sektionen von Paris im Jahre II. Bearbeitet und herausgegeben von Walter Markov. Rütten & Loening, Berlin 1962.
  • Albert Soboul: Französische Revolution und Volksbewegung: die Sansculotten. Die Sektionen von Paris im Jahre II (= edition suhrkamp. 960). Bearbeitet und herausgegeben von Walter Markov. 2. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-518-10960-X.
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