„Tigerhai“ – Versionsunterschied
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! Tigerhai |
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| class="taxo-bild" | [[Image:Tiger shark.png|thumb|300px|Der Tigerhai]] |
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| ''{{Subclassis}}:'' || [[Plattenkiemer]] (Elasmobranchii) |
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| ''{{Superordo}}:'' || [[Echte Haie]] (Galeomorphii) |
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| ''{{Familia}}:'' || [[Requiemhaie]] (Carcharhinidae) |
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| ''{{genus}}:'' || Tigerhaie (''Galeacerdo'') |
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| ''{{Species}}:'' || Tigerhai |
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! [[Nomenklatur (Biologie)|Wissenschaftlicher Name]] |
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| class="taxo-name" | ''Galeocerdo cuvier'' |
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| class="Person" | ([[François Péron|Péron]] & [[Charles Alexandre Lesueur|Lesueur]], 1822) |
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Der '''Tigerhai''' (''Galeocerdo cuvier'') gehört innerhalb der [[Haie]] (Selachii) zur [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Requiemhaie]] (Carcharhinidae). |
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<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --> |
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==Äußeres Erscheinungsbild== |
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{{Taxobox |
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[[Bild:Tigerhai1.JPG|thumb|Tigerhai (Hawaii)]] |
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| Taxon_Name = Tigerhai |
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[[Bild:Gebiss_Tigerhai_1.jpg|thumb|Gebiss eines Tigerhais]] |
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| Taxon_WissName = Galeocerdo cuvier |
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[[Bild:Gebiss_Tigerhai_2.jpg|thumb|Gebiss eines Tigerhais]] |
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| Taxon_Rang = Art |
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[[Bild:Gebiss_Tigerhai_3.jpg|thumb|Gebiss eines Tigerhais]] |
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| Taxon_Autor = ([[François Péron|Péron]] & [[Charles Alexandre Lesueur|Lesueur]], 1822) |
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| Taxon2_Name = Tigerhaie |
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| Taxon2_WissName = Galeocerdo |
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| Taxon2_Rang = Gattung |
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| Taxon2_Autor = [[Johannes Müller (Mediziner)|Müller]] & [[Jakob Henle|Henle]], 1838 |
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| Taxon3_Name = |
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| Taxon3_WissName = Galeocerdonidae |
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| Taxon3_Rang = Familie |
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| Taxon3_Autor = [[Felipe Poey|Poey]], 1875 |
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| Taxon4_Name = Grundhaie |
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| Taxon4_WissName = Carcharhiniformes |
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| Taxon4_Rang = Ordnung |
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| Taxon5_WissName = Galeomorphii |
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| Taxon5_Rang = Überordnung |
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| Taxon6_Name = Haie |
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| Taxon6_WissName = Selachii |
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| Taxon6_Rang = Teilklasse |
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| Bild = Tiger shark.jpg |
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| Bildbeschreibung = |
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Der '''Tigerhai''' (''Galeocerdo cuvier'') ist eine großwüchsige Haiart, die weltweit in tropischen, subtropischen und warm gemäßigten Meeren vorkommt. |
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Der Körper des Tigerhais ist länglich und seine Schnauze auffällig flach, breit und kantig. Der Tigerhai ist der einzige Grauhai, der [[Saugloch|Sauglöcher]] besitzt. Seine Zähne haben die Form eines [[Hahnenkamm]]s. Der Name Tigerhai kommt von der getigerten Musterung der Jungtiere, welche mit zunehmendem Alter verblasst und im Alter nur noch sehr undeutlich oder gar nicht mehr erkennbar ist. Die auffällige Musterung hat für die Jungtiere wahrscheinlich eine Tarnfunktion, denn sie halten sich gewöhnlich in Ufernähe direkt unter der Wasseroberfläche auf. Die Schatten der Wellen zeichnen im flachen Wasser ähnliche Muster wie die der Jungtiere. |
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== Verbreitung == |
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[[Datei:Range Galeocerdo cuvier.png|mini|Verbreitungsgebiete des Tigerhais]] |
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Die Größe des Tigerhais ist mit der des [[Weißer Hai|weißen Hais]] (''Carcharodon carcharias'') vergleichbar. Er wird etwa 5,5 Meter lang, hat jedoch eine weniger massige Form als der weiße Hai. Man nimmt an, dass einige Tiere bis über 7 Meter lang werden können. Sein maximales Alter kann nur geschätzt werden, sicher wird er aber mindestens 12 Jahre alt. Erwachsene Tigerhaie haben auf Grund ihrer Größe keine eigentlichen Feinde. |
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Trübe Gewässer und Regionen, in die Flüsse münden, bevorzugt er. Im westlichen Atlantik reicht das Verbreitungsgebiet von [[Massachusetts]] bis [[Uruguay]] und umfasst auch den [[Golf von Mexiko]] und die [[Karibik]], im östlichen Atlantik kommt er von Marokko und den Kanarischen Inseln mit Sicherheit bis nach Ghana, möglicherweise aber bis Angola vor. Irrgäste, die mit dem [[Golfstrom]] nach Norden zogen, wurden auch bei Island und möglicherweise bei den Britischen Inseln gesichtet. Im [[Indopazifik]] reicht das Verbreitungsgebiet des Tigerhais von Südafrika über den Norden des Indischen Ozeans (mit dem Roten Meer als Nebenmeer) bis nach Japan, Australien, Neuseeland, Hawaii und [[Französisch-Polynesien]]. |
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==Ernährung== |
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Der Tigerhai hat das vielfältigste [[Nahrungsspektrum]] aller Haie. Er ernährt sich von [[Schildkröte]]n, [[Vögel]]n und [[Fische]]n - auch anderen Haien - und kann fast alles fressen. Da neben verschiedenen Beutetieren auch viel Unrat wie Autoreifen, Nägel oder Autoschilder in Tigerhai-Mägen gefunden wurde, war er lange Zeit als "Abfallfresser" verschrien und wurde entsprechend als primitiv bezeichnet. Er gilt neben dem weißen Hai und dem [[Bullenhai]] als der gefährlichste Hai. Die meisten Unfälle beim Schwimmen fallen auf ihn zurück. |
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Vor der [[Malediven]]-Insel Fuvahmuhla (ausgesprochen ''Formula'') sind besonders viele Tigerhaie zu beobachten, und zwar im Tauchplatz „Tiger Zoo“. Dort sind etwa 85 % der Tiere weiblich; sie verbringen im Inselbereich die Schwangerschaft. Mit einer Ultraschall-Sonde identifiziert James Sulikowski von der Oregon State University (USA) die trächtigen Tiere. Er vermutet, dass warme Wassertemperatur und reiches Nahrungsangebot die Entwicklung der Embryonen im Mutterleib fördern.<ref>Tim Kalvelage: ''Unter Tigern.'' In: ''Die Zeit'' Nr. 33, 1. August 2024: S. 33.</ref> Mit einem [[Implantat|implantierten]] neuartigen Sender wird außerdem versucht die Meeresgebiete zu entdecken, in denen die wanderfreudigen Tiere ihre Jungen lebend gebären.<ref>James A Sulikowski, Neil Hammerschlag: ''A novel intrauterine satellite transmitter to identify parturition in large sharks.'' In: ''Sci Adv'' 9, 9, 2023: eadd6340. [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9977171/pdf/sciadv.add6340.pdf PDF.]</ref> |
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==Fortpflanzung== |
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Die Schwangerschaft dauert bei den Tigerhaien zwischen 15 und 16 Monaten. Die Jungtiere kommen mit einer Größe von 50 bis 70 cm zur Welt, die Anzahl pro Wurf liegt bei durchschnittlich 41. [[Kannibalismus]] im Mutterleib ist bei Tigerhaien keine Seltenheit, das älteste der Jungtiere verspeist bereits als Embryo jüngere Geschwister oder unbefruchtete Eier im [[Uterus]]. Die Weibchen scheinen nur alle drei Jahre zu gebären. |
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Im östlichen Pazifik kommt der Tigerhai von Kalifornien bis Peru vor und bevölkert auch die Gebiete um die [[Kokos-Insel (Costa Rica)|Kokos-Insel]], die [[Galapagosinseln]] und die [[Revillagigedo-Inseln]].<ref name="Compagno" /> |
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==Verbreitung== |
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Der Tigerhai kommt weltweit in tropischen und gemäßigten Küstenregionen vor. Trübe Gewässer und Regionen, in die Flüsse münden, bevorzugt er. Man findet ihn jedoch auch in der Nähe von Inselgruppen, wie zum Beispiel [[Hawaii]], [[Tahiti]] oder den [[Galapagos-Inseln]]. |
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== Äußeres Erscheinungsbild == |
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==Verhalten== |
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[[Datei:Fish4258 - Flickr - NOAA Photo Library.jpg|mini|Junger Tigerhai mit deutlich ausgebildeter Fleckung]] |
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Über das [[Verhalten (Biologie)|Verhalten]] dieses Hais ist noch sehr wenig bekannt. Er ist dämmerungs- oder nachtaktiv, schwimmt abends und nachts bis in sehr flache Regionen und zieht sich tagsüber wieder in größere Tiefen zurück. Tigerhaie sind Einzelgänger. Tigerhaie sind sehr neugierig. Die Gefahr, von einem Tigerhai gebissen zu werden, ist wie für alle anderen Haiunfälle gering, obwohl die meisten Unfälle in den [[Tropen]] Tigerhaien zugeschrieben werden müssen. In den hawaiianischen Gewässern, einer Region mit vielen Tigerhaien, kommt es trotz zahlreicher [[Wellenreiten|Surfer]] und Schwimmer in den Hairevieren zu weniger als einem Unfall pro Jahr. |
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Die meisten Tigerhaie bleiben unter einer Länge von 5 Metern, lediglich wenige sehr große Weibchen erreichen eine Länge von mehr als 5,5 Meter. Weibchen werden mit einer Länge von 2,5 bis 3,5 Metern geschlechtsreif, die meisten werden nicht größer als 4,3 m. Männchen sind bei Erreichen der Geschlechtsreife 2,25 bis 2,9 Meter lang und erreichen üblicherweise eine Länge von mindestens 3,7 Metern. Ein riesiges Weibchen, das 1957 im Südchinesischen Meer gefangen wurde, war Berichten zufolge 7,4 Meter lang und wog 3.110 kg. Bei der Geburt haben Tigerhaie eine Länge zwischen 51 und 76 cm.<ref name="Compagno" /> |
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Der Körper des Tigerhais ist länglich, seine Schnauze vergleichsweise kurz, flach, breit und kantig. Die Schnauze ist kürzer als die Breite des Mauls. Der Tigerhai ist grau gefärbt. Der Name kommt von der getigerten Musterung der Jungtiere, welche mit zunehmendem Alter verblasst und im Alter nur noch sehr undeutlich oder gar nicht mehr vorhanden ist."<ref name="Compagno" /> Der deutlichen Musterung der Jungtiere wird oft eine Tarnfunktion zugeschrieben, denn sie halten sich gewöhnlich in Ufernähe direkt unter der Wasseroberfläche auf. Die Schatten der Wellen zeichnen im flachen Wasser ähnliche Muster wie die der Jungtiere. |
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Tigerhaie besitzen große, schlitzförmige [[Spritzloch|Spritzlöcher]]. Die Nasenöffnungen sind klein; ihr Abstand zueinander ist dreimal so groß wie der Durchmesser der Nasenöffnungen. Die [[Labialfurche]]n sind sehr lang; die oberen sind fast doppelt so lang wie die unteren und reichen fast bis zu den Augen. Die Zähne in Ober- und Unterkiefer sind ähnlich. Sie haben etwa die Form eines Hahnenkamms und zeigen eine kräftige Sägung auf und stehen in 18 bis 26 Reihen. Der [[Interdorsalkamm]], ein leistenförmiger Hautkamm zwischen den Rückenflossen, ist deutlich ausgeprägt. Auf dem unteren Schwanzstiel befindet sich auf jeder Seite ein Kiel. Der Brustflossenansatz liegt unterhalb der Lücke zwischen dem dritten und vierten Kiemenschlitz. Die erste Rückenflosse beginnt kurz hinter der Brustflossenbasis. Die zweite Rückenflosse ist deutlich kleiner als die erste; ihre Höhe liegt bei 2/5 oder sie ist noch niedriger. Sie beginnt kurz vor dem Beginn der gleich großen Afterflosse. Diese ist am hinteren Rand tief eingebuchtet.<ref name="Compagno" /> |
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<gallery mode="nolines"> |
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Datei:Galeocerdo cuvier jaws.jpg|alt=|Kiefer |
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Datei:Galeocerdo cuvier jaws2.jpg|alt=|geöffneter Kiefer |
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Datei:Galeocerdo cuvier upper teeth.jpg|alt=|obere Zähne |
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Datei:Galeocerdo cuvier lower teeth.jpg|alt=|untere Zähne |
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</gallery> |
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== Ernährung == |
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[[Datei:Tiger shark teeth.jpg|mini|Zähne eines Tigerhais]] |
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[[Datei:Unsuspecting Albatross (48782250793).jpg|mini|Tigerhai beim Erbeuten eines [[Albatrosse]]s]] |
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Der Tigerhai hat das vielfältigste [[Polyphagie (Ökologie)|Nahrungsspektrum]] aller Haie. Zu seiner Nahrung gehören verschiedene Knochenfische, darunter [[Tarpune]], [[Frauenfische]], [[Aale]], [[Kreuzwelse]], [[Meeräschen]], [[Lippfische]], [[Papageifische]], [[Meerbarben]], [[Stachelmakrelen]], [[Makrelen und Thunfische]], [[Plattfische]], [[Plattköpfe]], [[Flughähne]], [[Fledermausfische]], [[Drückerfische]], [[Igelfische]], [[Kofferfische]] und [[Kugelfische]], andere Knorpelfische wie [[Nagelhaie]], [[Dornhaie]], [[Sägehaie]], [[Engelhaie]], [[Stierkopfhaie]], [[Scharfnasenhaie]], [[Hammerhaie]] und andere [[Requiemhaie]], kleinere Artgenossen sowie verschiedene Rochen. Mehr als alle anderen Haiarten jagt der Tigerhai Meeresreptilien wie [[Meeresschildkröten]] und [[Seeschlangen]]. Auch die [[Meerechse]]n der Galapagosinseln werden gefressen und im Magen eines Exemplars fand man Überreste eines [[Grüner Leguan|Grünen Leguans]]. Seevögel wie [[Sturmvögel]], [[Fregattvögel]], [[Kormorane]] und [[Pelikane]] werden erbeutet, wenn sie auf dem Wasser schwimmen oder beim sehr niedrigen Flug über die Meeresoberfläche, außerdem erschöpfte Zugvögel, die ins Wasser gefallen sind. Zu den Wirbellosen im Beutespektrum der Tigerhaie gehören [[Kraken]], [[Kalmare]], [[Sepien]], [[Langusten]], [[Krabben]], [[Pfeilschwanzkrebse]], große Schnecken, [[Manteltiere]] und Quallen. Hin und wieder werden auch Meeressäuger gefressen: Robben, [[Delfine]], [[Schweinswale]] oder auch kleine Bartenwale, letztere aber möglicherweise nur, wenn sie schon tot sind und als Kadaver an der Meeresoberfläche treiben. Oft werden auch im Meer treibende Kadaver toter Landlebewesen gefressen, darunter Vögel, Ratten, Schweine, Rinder, Schafe, Esel, Hunde, Hyänen, Affen und Menschen.<ref name="Compagno" /> |
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Da neben verschiedenen Beutetieren auch viel Unrat wie Autoreifen, Nägel oder Autoschilder in Tigerhaimägen gefunden wurde, war er lange Zeit als „Abfallfresser“ verschrien. Er gilt neben dem [[Weißer Hai|Weißen Hai]] und dem [[Bullenhai]] als für Menschen gefährliche Haiart. Der Tigerhai ist ein [[Spitzenprädator]].<ref>{{Literatur |Autor=Michael R. Heithaus |Titel=The biology of tiger sharks, Galeocerdo cuvier, in Shark Bay, Western Australia: sex ratio, size distribution, diet, and seasonal changes in catch rates |Sammelwerk=Environmental Biology of Fishes |Band=61 |Datum=2001 |Seiten=25–36 |DOI=10.1023/A:1011021210685 }}</ref> |
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== Fortpflanzung == |
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Der Tigerhai ist [[ovovivipar]]. Die Trächtigkeit dauert bei den Tigerhaien zwischen 13 und 16 Monaten.<ref name="fishbase" /> Junghaie werden im Frühling und im frühen Sommer geboren, auf der Nordhalbkugel von April bis Juni und auf der Südhalbkugel wahrscheinlich von November bis Januar. Pro Wurf kommen 10 bis 82 Junghaie zur Welt, die dann 50 bis 75 cm lang sind. Mit einem Alter von 4 bis 6 Jahren werden sie geschlechtsreif.<ref name="Compagno" /> Tigerhaie können etwa 50 Jahre alt werden.<ref name="fishbase" /> [[Kannibalismus]] im Mutterleib ist bei Tigerhaien keine Seltenheit, das älteste der Jungtiere verspeist bereits als Fötus jüngere Geschwister oder unbefruchtete Eier im jeweiligen [[Gebärmutter|Uterus]]. Die Weibchen scheinen nur alle drei Jahre zu gebären. |
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== Verhalten == |
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Über das genaue [[Verhalten (Biologie)|Verhalten]] dieses Hais ist noch wenig bekannt. Er ist dämmerungs- oder nachtaktiv, schwimmt abends und nachts bis in sehr flache Regionen und zieht sich tagsüber wieder in größere Tiefen zurück. Tigerhaie sind Einzelgänger und sehr neugierig. Die Gefahr, von einem Tigerhai gebissen zu werden, ist wie für alle anderen Haiunfälle gering, obwohl die meisten Haiunfälle in den [[Tropen]] Tigerhaien zuzuschreiben sind. |
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Dieser Hai gilt als einer der gefährlichsten für den Menschen. Die dokumentierten Attacken zeichnen sich durch eine hohe Sterblichkeit der Opfer aus. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Tigerhai umgehend beginnt, seine Beute zu verschlingen und nicht, wie beispielsweise der Weiße Hai, die prädatorische Attacke mit einem Probebiss beginnt.<ref name="Vilcinskas (2011)">[[Andreas Vilcinskas]]: ''[https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=12269208X Haie und Rochen]''. Komet, Köln 2011, ISBN 978-3-86941-137-8, S. 172.</ref> |
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== Systematik == |
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Der Tigerhai wurde 1822 durch den französischen Naturforscher [[Charles-Alexandre Lesueur]] unter der Bezeichnung ''Squalus cuvier'' erstmals wissenschaftlich beschrieben.<ref name="Lesueur" /> 1838 führten [[Johannes Müller (Mediziner)|Johannes Müller]] und [[Jakob Henle]] die Gattung ''Galeocerdo'' ein, die [[Rezent (Biologie)|rezent]] [[monotypisch]] ist, mit dem Tigerhai als einzige heute lebende Art.<ref name="Müller&Henle" /> Der Tigerhai wird in den meisten Quellen in die Familie der [[Requiemhaie]] (Carcharhinidae) gestellt, unterscheidet sich jedoch in einigen Merkmalen deutlich von allen anderen Requiemhaiarten. So ist der Tigerhai [[Ovoviviparie|ovovivipar]], während die Requiemhaie [[Viviparie|vivipar]] sind. Außerdem verfügt er über Spritzlöcher, während sie allen anderen Requiemhaiarten fehlen<ref name="Compagno" /> und die Gattung ''Galeocerdo'' entwickelt sich seit 50 Millionen Jahren eigenständig (siehe [[#Stammesgeschichte|Stammesgeschichte]]).<ref name="Türtscher" /> Nach Naylor und Mitarbeitern ist der Tigerhai die [[Schwesterart]] einer von den Requiemhaien und den [[Hammerhaie]]n (Sphyrnidae) gebildeten [[Klade]]. Schwestergruppe aller drei [[Taxon|Taxa]] zusammen sind die [[Wieselhaie]] (Hemigaleidae).<ref name="Naylor" /> In Eschmeyer’s Catalog of Fishes und in [[FishBase]], wissenschaftliche Datenbanken zur Fischsystematik, wird der Tigerhai deshalb in eine eigenständige, monotypische Familie gestellt, die Galeocerdonidae.<ref>{{CatalogOfFishes|GenID=1456|WissName=Galeocerdo}}</ref><ref name="CoF" /><ref name="fishbase" /> Der Name Galeocerdonidae wurde von Galeocerdini abgeleitet, ein Begriff, den der kubanische Naturforscher [[Felipe Poey]] 1875 für eine Haiunterfamilie geprägt hat.<ref name="Poey" /> |
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== Etymologie == |
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''Galeocerdo'' (Kunstwort) von (gr.) ''galeos'' „Hai“ und ''kerdō'' „Fuchs“. Man beachte, dass das sonst übliche [[Genitiv]]-''i'' beim Namen des Widmungsträgers, [[Georges Cuvier]], fehlt – so dass dieser ungewöhnlicherweise im [[Nominativ]] steht. Die oft vorgenommene Korrektur ''cuvieri'' ist unstatthaft, obwohl die Erstautoren sicherlich so schreiben (oder drucken lassen) wollten – es liegt zwar ein Druckfehler vor, der jedoch nicht korrigiert werden muss, weil er den Sinn nicht verdunkelt (vgl. auch ''[[Pharomachrus mocinno]]''). |
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== Stammesgeschichte == |
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[[Datei:Fósiles de dientes de tiburón tigre (Galeocerdo aduncus), Zuber, Florida, Estados Unidos, 2021-01-19, DD 105-144 FS.jpg|mini|Zähne von ''Galeocerdo aduncus'']] |
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Die Stammesgeschichte der Gattung ''Galeocerdo'' lässt sich anhand versteinerter Zähne bis ins [[Ypresium]] (frühes [[Eozän]]) vor etwa 50 Millionen Jahren zurückverfolgen. Insgesamt wurden 60 ausgestorbene ''Galeocerdo''-Arten beschrieben, von denen nach zahlreichen Zuordnungen zu anderen Gattungen und Arten Anfang 2021 noch 23 valide Arten übrig waren, von denen die meisten aber immer noch zweifelhaft waren. Eine im März 2021 veröffentlichte erneute Untersuchung der Zahnfossilien ergab, dass sich 6 deutlich [[Diagnose (Biologie)|dignostizierbare]] Tigerhaiarten unterschieden lassen, ''Galeocerdo clarkensis'' und ''G. eaglesomei'' aus dem Eozän, ''G. aduncus'', der vom [[Oligozän]] bis zum späten [[Miozän]] lebte, ''G. mayumbensis'' aus dem Miozän, ''G. capellini'' aus dem [[Pliozän]] und die [[Rezent (Biologie)|rezente]] Art ''G. cuvier'', die es seit dem mittleren Miozän gibt.<ref name="Türtscher" /> |
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== Gefährdung == |
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Trotz der recht großen Würfe stellt der dreijährige Fortpflanzungszyklus ein Problem dar, dem hohen Druck der Fischerei standzuhalten. Dieser Hai wird kommerziell gefischt, ist aber auch Ziel von Freizeit-Fischern und stellt dabei meist das Hauptziel dar, landet aber auch als Beifang in den Netzen. Ihre Haut, Leber und Flossen erfahren eine hohe Nachfrage, wobei auch ihr Fleisch und ihre Knorpel Verwendung finden. Ihre Flossen sind vor allem in Hongkong begehrt. Dabei sind die globalen Fangzahlen, Daten zu Bestand und Populationen weitestgehend unbekannt. Problematisch erscheint die fehlende Information von Altersstrukturen von Populationen und deren Trends. Jedoch können einzelne Langzeit-Beobachtungsstudien zu Haifang Aufschluss über die Situation in einzelnen Verbreitungsgebieten geben. In Australien zeigte das ''Queensland Shark Control Program'' seit den 1980er-Jahren einen Rückgang der Fangquoten. Dieser Rückgang wurde auch in New South Wales für die letzten 20 Jahre beobachtet. Signifikant zeigte sich die Verringerung älterer geschlechtsreifer Haie. In Südafrika wurde ein jährlicher Anstieg der gefangenen Tiere um 3 % berichtet. Im [[Arabisches Meer|Arabischen Meer]] wird für die letzten drei Generationen ein Rückgang von 30 % geschätzt, weitere Rückgänge für die künftigen drei Generationen von 2018 bis 2086 werden vermutet.<ref name="IUCN (2018)">{{IUCN|ID=39378|ScientificName=Galeocerdo cuvier|YearAssessed=2018|Assessor=Ferreira, L.C. & Simpfendorfer, C.|Download=2020-04-30}}</ref> |
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Einzelne Aufwärtstrends sollten vorsichtig interpretiert werden, im Fokus sollten die Abwärtstrends stehen. Darum wird der Tigerhai von der [[IUCN]] als [[Rote Liste gefährdeter Arten#Gefährdungskategorien|potenziell gefährdet]] eingestuft, wobei die Bewertung kurz vor der Einstufung ''gefährdet'' liegt.<ref name="IUCN (2018)" /> |
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== Verwendung in der Kunst == |
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Eines der berühmtesten, aber auch umstrittenen Kunstwerke der 1990er Jahre ist ein Werk von [[Damien Hirst]] mit dem Titel ''[[The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living]]'' (übersetzt: ''Die physische Unmöglichkeit des Todes in der Vorstellung eines Lebenden''), welches einen in [[Formaldehyd]] eingelegten Tigerhai in einer Vitrine darstellt.<ref>[https://www.sueddeutsche.de/kultur/damien-hirst-in-der-londoner-tate-modern-gallery-gold-und-silber-lieb-ich-sehr-1.1325559 ''Damien Hirst in der Londoner Tate Modern Gallery – Gold und Silber lieb' ich sehr.''] In: ''Süddeutsche Zeitung.'' 4. April 2012.</ref> |
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== Einzelnachweise == |
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<references> |
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<ref name="CoF"> |
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R. Fricke, W. N. Eschmeyer, R. Van der Laan (Hrsg.): ''Eschmeyer’s Catalog of Fishes Classification.'' 2021. [https://www.calacademy.org/scientists/catalog-of-fishes-classification/ (calacademy.org)] |
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</ref> |
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<ref name="Compagno"> |
|||
Leonard J.V. Compagno: ''FAO SPECIES CATALOGUE, Vol. 4. Sharks of the world - An annotated and illustrated catalogue of shark species known to date - Part 2. Carcharhiniformes.'' FAO, Rom, 1984, ISBN 92-5-101383-7, S. 503–508. |
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</ref> |
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<ref name="fishbase"> |
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{{fishbase|g=galeocerdo|s=cuvier}} |
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</ref> |
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<ref name="Lesueur"> |
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Charles-Alexandre Lesueur: ''Description of a Squalus, of a very large size, which was taken on the coast of New-Jersey.'' In: ''Journal of the Academy of Natural Sciences, Philadelphia.'' v. 2, S. 343–352, Pl. |
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</ref> |
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<ref name="Müller&Henle"> |
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Johannes Müller, [[Jakob Henle]]: ''Ueber die Gattungen der Plagiostomen.'' In: ''Archiv für Naturgeschichte.'' v. 3 (pt. 1), 1837, S. 394–401, 434. |
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</ref> |
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<ref name="Naylor"> |
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Gavin J. P. Naylor, Janine N. Caira, Kirsten Jensen, Kerri A. M. Rosana, Nicolas Straube, Clemens Lakner: ''Elasmobranch Phylogeny: A Mitochondrial Estimate Based on 595 Species.'' In: Jeffrey C. Carrier, John A. Musick, Michael R. Heithaus: ''Biology of Sharks and Their Relatives (Marine Biology).'' CRC Press, 2012, ISBN 978-1-4398-3924-9, S. 39–40. |
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</ref> |
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<ref name="Poey"> |
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Felipe Poey: ''Enumeratio piscium Cubensium (Parte Primera).'' In: ''Anales de la Sociedad Española de Historia Natural, Madrid.'' Band 4, 7. April 1875, S. 75–112 und 6. Oktober 1875, S. 113–161, Pls. 1–3. |
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</ref> |
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<ref name="Türtscher"> |
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Julia Türtscher, Faviel A. López-Romero, Patrick L. Jambura, René Kindlimann, David J. Ward, Jürgen Kriwet: ''Evolution, diversity, and disparity of the tiger shark lineage Galeocerdo in deep time.'' In: ''Paleobiology.'' 2021. [[doi:10.1017/pab.2021.6]] |
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</ref> |
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</references> |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commons|Galeocerdo cuvier|Tigerhai}} |
{{Commons|Galeocerdo cuvier|Tigerhai}} |
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{{Wiktionary}} |
|||
*[http://www.jostimages.de Tigerhaibilder auf jostimages.de] |
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* [https://hai.swiss/datenbank/suche/arten?spec=1021 Tigerhai in der hai.swiss-Datenbank] |
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* {{IUCN2006 |
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* {{IUCN |
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|Einsteller=Simpfendorfer |
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|Year=2006 |
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|Jahr=2000 |
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|ID=39378 |
|ID=39378 |
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| |
|ScientificName=Galeocerdo cuvier |
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|YearAssessed=2000 |
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|Download=11. Mai 2006 |
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|Assessor=Simpfendorfer |
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|Download=2006-05-11 |
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}} |
}} |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Grundhaie]] |
||
[[cs:Žralok tygří]] |
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[[en:Tiger shark]] |
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[[es:Galeocerdo cuvier]] |
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[[fi:Tiikerihai]] |
|||
[[fr:Requin tigre]] |
|||
[[ja:イタチザメ]] |
|||
[[nl:Tijgerhaai]] |
|||
[[pl:Galeocerdo cuvier]] |
|||
[[pt:Tubarão-tigre]] |
|||
[[sv:Tigerhaj]] |
Aktuelle Version vom 7. März 2025, 12:50 Uhr
Tigerhai | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() Tigerhai (Galeocerdo cuvier) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Familie | ||||||||||||
Galeocerdonidae | ||||||||||||
Poey, 1875 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Galeocerdo | ||||||||||||
Müller & Henle, 1838 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Galeocerdo cuvier | ||||||||||||
(Péron & Lesueur, 1822) |
Der Tigerhai (Galeocerdo cuvier) ist eine großwüchsige Haiart, die weltweit in tropischen, subtropischen und warm gemäßigten Meeren vorkommt.
Verbreitung
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Trübe Gewässer und Regionen, in die Flüsse münden, bevorzugt er. Im westlichen Atlantik reicht das Verbreitungsgebiet von Massachusetts bis Uruguay und umfasst auch den Golf von Mexiko und die Karibik, im östlichen Atlantik kommt er von Marokko und den Kanarischen Inseln mit Sicherheit bis nach Ghana, möglicherweise aber bis Angola vor. Irrgäste, die mit dem Golfstrom nach Norden zogen, wurden auch bei Island und möglicherweise bei den Britischen Inseln gesichtet. Im Indopazifik reicht das Verbreitungsgebiet des Tigerhais von Südafrika über den Norden des Indischen Ozeans (mit dem Roten Meer als Nebenmeer) bis nach Japan, Australien, Neuseeland, Hawaii und Französisch-Polynesien.
Vor der Malediven-Insel Fuvahmuhla (ausgesprochen Formula) sind besonders viele Tigerhaie zu beobachten, und zwar im Tauchplatz „Tiger Zoo“. Dort sind etwa 85 % der Tiere weiblich; sie verbringen im Inselbereich die Schwangerschaft. Mit einer Ultraschall-Sonde identifiziert James Sulikowski von der Oregon State University (USA) die trächtigen Tiere. Er vermutet, dass warme Wassertemperatur und reiches Nahrungsangebot die Entwicklung der Embryonen im Mutterleib fördern.[1] Mit einem implantierten neuartigen Sender wird außerdem versucht die Meeresgebiete zu entdecken, in denen die wanderfreudigen Tiere ihre Jungen lebend gebären.[2]
Im östlichen Pazifik kommt der Tigerhai von Kalifornien bis Peru vor und bevölkert auch die Gebiete um die Kokos-Insel, die Galapagosinseln und die Revillagigedo-Inseln.[3]
Äußeres Erscheinungsbild
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Die meisten Tigerhaie bleiben unter einer Länge von 5 Metern, lediglich wenige sehr große Weibchen erreichen eine Länge von mehr als 5,5 Meter. Weibchen werden mit einer Länge von 2,5 bis 3,5 Metern geschlechtsreif, die meisten werden nicht größer als 4,3 m. Männchen sind bei Erreichen der Geschlechtsreife 2,25 bis 2,9 Meter lang und erreichen üblicherweise eine Länge von mindestens 3,7 Metern. Ein riesiges Weibchen, das 1957 im Südchinesischen Meer gefangen wurde, war Berichten zufolge 7,4 Meter lang und wog 3.110 kg. Bei der Geburt haben Tigerhaie eine Länge zwischen 51 und 76 cm.[3]
Der Körper des Tigerhais ist länglich, seine Schnauze vergleichsweise kurz, flach, breit und kantig. Die Schnauze ist kürzer als die Breite des Mauls. Der Tigerhai ist grau gefärbt. Der Name kommt von der getigerten Musterung der Jungtiere, welche mit zunehmendem Alter verblasst und im Alter nur noch sehr undeutlich oder gar nicht mehr vorhanden ist."[3] Der deutlichen Musterung der Jungtiere wird oft eine Tarnfunktion zugeschrieben, denn sie halten sich gewöhnlich in Ufernähe direkt unter der Wasseroberfläche auf. Die Schatten der Wellen zeichnen im flachen Wasser ähnliche Muster wie die der Jungtiere.
Tigerhaie besitzen große, schlitzförmige Spritzlöcher. Die Nasenöffnungen sind klein; ihr Abstand zueinander ist dreimal so groß wie der Durchmesser der Nasenöffnungen. Die Labialfurchen sind sehr lang; die oberen sind fast doppelt so lang wie die unteren und reichen fast bis zu den Augen. Die Zähne in Ober- und Unterkiefer sind ähnlich. Sie haben etwa die Form eines Hahnenkamms und zeigen eine kräftige Sägung auf und stehen in 18 bis 26 Reihen. Der Interdorsalkamm, ein leistenförmiger Hautkamm zwischen den Rückenflossen, ist deutlich ausgeprägt. Auf dem unteren Schwanzstiel befindet sich auf jeder Seite ein Kiel. Der Brustflossenansatz liegt unterhalb der Lücke zwischen dem dritten und vierten Kiemenschlitz. Die erste Rückenflosse beginnt kurz hinter der Brustflossenbasis. Die zweite Rückenflosse ist deutlich kleiner als die erste; ihre Höhe liegt bei 2/5 oder sie ist noch niedriger. Sie beginnt kurz vor dem Beginn der gleich großen Afterflosse. Diese ist am hinteren Rand tief eingebuchtet.[3]
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Kiefer
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geöffneter Kiefer
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obere Zähne
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untere Zähne
Ernährung
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Der Tigerhai hat das vielfältigste Nahrungsspektrum aller Haie. Zu seiner Nahrung gehören verschiedene Knochenfische, darunter Tarpune, Frauenfische, Aale, Kreuzwelse, Meeräschen, Lippfische, Papageifische, Meerbarben, Stachelmakrelen, Makrelen und Thunfische, Plattfische, Plattköpfe, Flughähne, Fledermausfische, Drückerfische, Igelfische, Kofferfische und Kugelfische, andere Knorpelfische wie Nagelhaie, Dornhaie, Sägehaie, Engelhaie, Stierkopfhaie, Scharfnasenhaie, Hammerhaie und andere Requiemhaie, kleinere Artgenossen sowie verschiedene Rochen. Mehr als alle anderen Haiarten jagt der Tigerhai Meeresreptilien wie Meeresschildkröten und Seeschlangen. Auch die Meerechsen der Galapagosinseln werden gefressen und im Magen eines Exemplars fand man Überreste eines Grünen Leguans. Seevögel wie Sturmvögel, Fregattvögel, Kormorane und Pelikane werden erbeutet, wenn sie auf dem Wasser schwimmen oder beim sehr niedrigen Flug über die Meeresoberfläche, außerdem erschöpfte Zugvögel, die ins Wasser gefallen sind. Zu den Wirbellosen im Beutespektrum der Tigerhaie gehören Kraken, Kalmare, Sepien, Langusten, Krabben, Pfeilschwanzkrebse, große Schnecken, Manteltiere und Quallen. Hin und wieder werden auch Meeressäuger gefressen: Robben, Delfine, Schweinswale oder auch kleine Bartenwale, letztere aber möglicherweise nur, wenn sie schon tot sind und als Kadaver an der Meeresoberfläche treiben. Oft werden auch im Meer treibende Kadaver toter Landlebewesen gefressen, darunter Vögel, Ratten, Schweine, Rinder, Schafe, Esel, Hunde, Hyänen, Affen und Menschen.[3]
Da neben verschiedenen Beutetieren auch viel Unrat wie Autoreifen, Nägel oder Autoschilder in Tigerhaimägen gefunden wurde, war er lange Zeit als „Abfallfresser“ verschrien. Er gilt neben dem Weißen Hai und dem Bullenhai als für Menschen gefährliche Haiart. Der Tigerhai ist ein Spitzenprädator.[4]
Fortpflanzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Tigerhai ist ovovivipar. Die Trächtigkeit dauert bei den Tigerhaien zwischen 13 und 16 Monaten.[5] Junghaie werden im Frühling und im frühen Sommer geboren, auf der Nordhalbkugel von April bis Juni und auf der Südhalbkugel wahrscheinlich von November bis Januar. Pro Wurf kommen 10 bis 82 Junghaie zur Welt, die dann 50 bis 75 cm lang sind. Mit einem Alter von 4 bis 6 Jahren werden sie geschlechtsreif.[3] Tigerhaie können etwa 50 Jahre alt werden.[5] Kannibalismus im Mutterleib ist bei Tigerhaien keine Seltenheit, das älteste der Jungtiere verspeist bereits als Fötus jüngere Geschwister oder unbefruchtete Eier im jeweiligen Uterus. Die Weibchen scheinen nur alle drei Jahre zu gebären.
Verhalten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über das genaue Verhalten dieses Hais ist noch wenig bekannt. Er ist dämmerungs- oder nachtaktiv, schwimmt abends und nachts bis in sehr flache Regionen und zieht sich tagsüber wieder in größere Tiefen zurück. Tigerhaie sind Einzelgänger und sehr neugierig. Die Gefahr, von einem Tigerhai gebissen zu werden, ist wie für alle anderen Haiunfälle gering, obwohl die meisten Haiunfälle in den Tropen Tigerhaien zuzuschreiben sind.
Dieser Hai gilt als einer der gefährlichsten für den Menschen. Die dokumentierten Attacken zeichnen sich durch eine hohe Sterblichkeit der Opfer aus. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Tigerhai umgehend beginnt, seine Beute zu verschlingen und nicht, wie beispielsweise der Weiße Hai, die prädatorische Attacke mit einem Probebiss beginnt.[6]
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Tigerhai wurde 1822 durch den französischen Naturforscher Charles-Alexandre Lesueur unter der Bezeichnung Squalus cuvier erstmals wissenschaftlich beschrieben.[7] 1838 führten Johannes Müller und Jakob Henle die Gattung Galeocerdo ein, die rezent monotypisch ist, mit dem Tigerhai als einzige heute lebende Art.[8] Der Tigerhai wird in den meisten Quellen in die Familie der Requiemhaie (Carcharhinidae) gestellt, unterscheidet sich jedoch in einigen Merkmalen deutlich von allen anderen Requiemhaiarten. So ist der Tigerhai ovovivipar, während die Requiemhaie vivipar sind. Außerdem verfügt er über Spritzlöcher, während sie allen anderen Requiemhaiarten fehlen[3] und die Gattung Galeocerdo entwickelt sich seit 50 Millionen Jahren eigenständig (siehe Stammesgeschichte).[9] Nach Naylor und Mitarbeitern ist der Tigerhai die Schwesterart einer von den Requiemhaien und den Hammerhaien (Sphyrnidae) gebildeten Klade. Schwestergruppe aller drei Taxa zusammen sind die Wieselhaie (Hemigaleidae).[10] In Eschmeyer’s Catalog of Fishes und in FishBase, wissenschaftliche Datenbanken zur Fischsystematik, wird der Tigerhai deshalb in eine eigenständige, monotypische Familie gestellt, die Galeocerdonidae.[11][12][5] Der Name Galeocerdonidae wurde von Galeocerdini abgeleitet, ein Begriff, den der kubanische Naturforscher Felipe Poey 1875 für eine Haiunterfamilie geprägt hat.[13]
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Galeocerdo (Kunstwort) von (gr.) galeos „Hai“ und kerdō „Fuchs“. Man beachte, dass das sonst übliche Genitiv-i beim Namen des Widmungsträgers, Georges Cuvier, fehlt – so dass dieser ungewöhnlicherweise im Nominativ steht. Die oft vorgenommene Korrektur cuvieri ist unstatthaft, obwohl die Erstautoren sicherlich so schreiben (oder drucken lassen) wollten – es liegt zwar ein Druckfehler vor, der jedoch nicht korrigiert werden muss, weil er den Sinn nicht verdunkelt (vgl. auch Pharomachrus mocinno).
Stammesgeschichte
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Die Stammesgeschichte der Gattung Galeocerdo lässt sich anhand versteinerter Zähne bis ins Ypresium (frühes Eozän) vor etwa 50 Millionen Jahren zurückverfolgen. Insgesamt wurden 60 ausgestorbene Galeocerdo-Arten beschrieben, von denen nach zahlreichen Zuordnungen zu anderen Gattungen und Arten Anfang 2021 noch 23 valide Arten übrig waren, von denen die meisten aber immer noch zweifelhaft waren. Eine im März 2021 veröffentlichte erneute Untersuchung der Zahnfossilien ergab, dass sich 6 deutlich dignostizierbare Tigerhaiarten unterschieden lassen, Galeocerdo clarkensis und G. eaglesomei aus dem Eozän, G. aduncus, der vom Oligozän bis zum späten Miozän lebte, G. mayumbensis aus dem Miozän, G. capellini aus dem Pliozän und die rezente Art G. cuvier, die es seit dem mittleren Miozän gibt.[9]
Gefährdung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Trotz der recht großen Würfe stellt der dreijährige Fortpflanzungszyklus ein Problem dar, dem hohen Druck der Fischerei standzuhalten. Dieser Hai wird kommerziell gefischt, ist aber auch Ziel von Freizeit-Fischern und stellt dabei meist das Hauptziel dar, landet aber auch als Beifang in den Netzen. Ihre Haut, Leber und Flossen erfahren eine hohe Nachfrage, wobei auch ihr Fleisch und ihre Knorpel Verwendung finden. Ihre Flossen sind vor allem in Hongkong begehrt. Dabei sind die globalen Fangzahlen, Daten zu Bestand und Populationen weitestgehend unbekannt. Problematisch erscheint die fehlende Information von Altersstrukturen von Populationen und deren Trends. Jedoch können einzelne Langzeit-Beobachtungsstudien zu Haifang Aufschluss über die Situation in einzelnen Verbreitungsgebieten geben. In Australien zeigte das Queensland Shark Control Program seit den 1980er-Jahren einen Rückgang der Fangquoten. Dieser Rückgang wurde auch in New South Wales für die letzten 20 Jahre beobachtet. Signifikant zeigte sich die Verringerung älterer geschlechtsreifer Haie. In Südafrika wurde ein jährlicher Anstieg der gefangenen Tiere um 3 % berichtet. Im Arabischen Meer wird für die letzten drei Generationen ein Rückgang von 30 % geschätzt, weitere Rückgänge für die künftigen drei Generationen von 2018 bis 2086 werden vermutet.[14]
Einzelne Aufwärtstrends sollten vorsichtig interpretiert werden, im Fokus sollten die Abwärtstrends stehen. Darum wird der Tigerhai von der IUCN als potenziell gefährdet eingestuft, wobei die Bewertung kurz vor der Einstufung gefährdet liegt.[14]
Verwendung in der Kunst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eines der berühmtesten, aber auch umstrittenen Kunstwerke der 1990er Jahre ist ein Werk von Damien Hirst mit dem Titel The Physical Impossibility of Death in the Mind of Someone Living (übersetzt: Die physische Unmöglichkeit des Todes in der Vorstellung eines Lebenden), welches einen in Formaldehyd eingelegten Tigerhai in einer Vitrine darstellt.[15]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Tim Kalvelage: Unter Tigern. In: Die Zeit Nr. 33, 1. August 2024: S. 33.
- ↑ James A Sulikowski, Neil Hammerschlag: A novel intrauterine satellite transmitter to identify parturition in large sharks. In: Sci Adv 9, 9, 2023: eadd6340. PDF.
- ↑ a b c d e f g Leonard J.V. Compagno: FAO SPECIES CATALOGUE, Vol. 4. Sharks of the world - An annotated and illustrated catalogue of shark species known to date - Part 2. Carcharhiniformes. FAO, Rom, 1984, ISBN 92-5-101383-7, S. 503–508.
- ↑ Michael R. Heithaus: The biology of tiger sharks, Galeocerdo cuvier, in Shark Bay, Western Australia: sex ratio, size distribution, diet, and seasonal changes in catch rates. In: Environmental Biology of Fishes. Band 61, 2001, S. 25–36, doi:10.1023/A:1011021210685.
- ↑ a b c Tigerhai auf Fishbase.org (englisch)
- ↑ Andreas Vilcinskas: Haie und Rochen. Komet, Köln 2011, ISBN 978-3-86941-137-8, S. 172.
- ↑ Charles-Alexandre Lesueur: Description of a Squalus, of a very large size, which was taken on the coast of New-Jersey. In: Journal of the Academy of Natural Sciences, Philadelphia. v. 2, S. 343–352, Pl.
- ↑ Johannes Müller, Jakob Henle: Ueber die Gattungen der Plagiostomen. In: Archiv für Naturgeschichte. v. 3 (pt. 1), 1837, S. 394–401, 434.
- ↑ a b Julia Türtscher, Faviel A. López-Romero, Patrick L. Jambura, René Kindlimann, David J. Ward, Jürgen Kriwet: Evolution, diversity, and disparity of the tiger shark lineage Galeocerdo in deep time. In: Paleobiology. 2021. doi:10.1017/pab.2021.6
- ↑ Gavin J. P. Naylor, Janine N. Caira, Kirsten Jensen, Kerri A. M. Rosana, Nicolas Straube, Clemens Lakner: Elasmobranch Phylogeny: A Mitochondrial Estimate Based on 595 Species. In: Jeffrey C. Carrier, John A. Musick, Michael R. Heithaus: Biology of Sharks and Their Relatives (Marine Biology). CRC Press, 2012, ISBN 978-1-4398-3924-9, S. 39–40.
- ↑ Galeocerdo im Catalog of Fishes (englisch)
- ↑ R. Fricke, W. N. Eschmeyer, R. Van der Laan (Hrsg.): Eschmeyer’s Catalog of Fishes Classification. 2021. (calacademy.org)
- ↑ Felipe Poey: Enumeratio piscium Cubensium (Parte Primera). In: Anales de la Sociedad Española de Historia Natural, Madrid. Band 4, 7. April 1875, S. 75–112 und 6. Oktober 1875, S. 113–161, Pls. 1–3.
- ↑ a b Galeocerdo cuvier in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Eingestellt von: Ferreira, L.C. & Simpfendorfer, C., 2018. Abgerufen am 30. April 2020.
- ↑ Damien Hirst in der Londoner Tate Modern Gallery – Gold und Silber lieb' ich sehr. In: Süddeutsche Zeitung. 4. April 2012.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tigerhai in der hai.swiss-Datenbank
- Galeocerdo cuvier in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2006. Eingestellt von: Simpfendorfer, 2000. Abgerufen am 11. Mai 2006.