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„Februarrevolution 1917“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Митинг на Невском проспекте (1917).jpg|mini|hochkant=1.5|Demonstration in Petrograd, 1917]]
Die '''Februarrevolution''' (auf [[Russische Sprache|russisch]]: Февральская революция / ''Fewralskaja rewoljuzija'') des Jahres [[1917]] beendete die [[Zar]]enherrschaft in [[Russland]]. Der Name geht auf den damals in Russland geltenden [[Julianischer Kalender|Julianischen Kalender]] zurück. Nach gegenwärtiger ([[Gregorianischer Kalender|gregorianischer]]) Zeitrechnung begann die Revolution am [[11. März]]. Unmittelbare Ursachen der Februarrevolution waren die Auswirkungen des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]], der die sozialen Spannungen der Vorkriegszeit zusätzlich verstärkte.


Die '''Februarrevolution''' ({{ruS|Февральская революция}} / Transkription ''Fewralskaja Rewoljuzija'') des Jahres 1917 beendete die [[Zar]]enherrschaft in [[Russisches Kaiserreich|Russland]]. Der Name geht auf den damals in Russland geltenden [[Julianischer Kalender|Julianischen Kalender]] zurück, denn nach diesem begann die Revolution am 23. Februar. Nach [[Gregorianischer Kalender|gregorianischer]] Zeitrechnung ist das der 8. März. Unmittelbare Ursachen der Februarrevolution waren die Auswirkungen des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]], von wirtschaftlicher und vor allem auch militärischer Schwäche bis hin zur Mangelversorgung der Bevölkerung vor allem mit Lebensmitteln, aber auch unbeseitigte politische und organisatorische Probleme, die bereits die [[Russische Revolution 1905|Revolution von 1905]] begründet hatten.
An die Stelle der Zarenherrschaft trat zunächst ein Nebeneinander von Parlament ([[Duma]]) und [[Sowjet|Arbeiter- und Soldatenräten]] (Doppelherrschaft). Die Duma setzte eine „[[Provisorische Regierung (Russland)|Provisorische Regierung]]“ zunächst unter Ministerpräsident [[Georgi Jewgenjewitsch Lwow|Lwow]] und dann unter [[Alexander Fjodorowitsch Kerenski|Kerenski]] ein. Für den Herbst des Jahres 1917 plante die Duma die Wahl einer [[verfassung]]gebenden Versammlung, die über die Zukunft der Russischen Republik entscheiden sollte. Jedoch übernahmen noch im selben Jahr die [[Bolschewiki]] gewaltsam durch die [[Oktoberrevolution]] die Macht in Russland.


An die Stelle der Zarenherrschaft trat zunächst ein Nebeneinander von Parlament ([[Duma]]) und [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiter- und Soldatenräten]] (russ. [[Sowjet]]), die [[Doppelherrschaft]]. Die Duma setzte eine ''[[Provisorische Regierung (Russland)|provisorische Regierung]]'' zunächst unter Ministerpräsident [[Georgi Jewgenjewitsch Lwow|Lwow]] und dann unter [[Alexander Fjodorowitsch Kerenski|Kerenski]] ein. Für den Herbst des Jahres 1917 plante sie die Wahl einer [[Verfassunggebende Versammlung|Verfassunggebenden Versammlung]], die über die künftige [[Staatsform]] Russlands entscheiden sollte. Jedoch übernahmen noch im selben Jahr die [[Bolschewiki]] gewaltsam durch die [[Oktoberrevolution]] die [[Macht]] in Russland.
== Voraussetzungen ==


== Vorgeschichte ==
=== Industrialisierung und Arbeiterschaft ===
=== Modernisierungsdefizite ===
Die [[Industrialisierung]] und die Arbeiterschaften sind schon deshalb an vorderer Stelle zu nennen, da sich die Ereignisse des Jahres 1917, die aus Petrograd (wie [[Sankt Petersburg]] seit dem August 1914 hieß) ausgehen, vor allem in den Städten abspielten. Die Niederlagen des Zarenreiches gegen England und Frankreich im Krimkrieg der Jahre 1854/56 hatten gezeigt, dass eine grundlegende wirtschaftliche und soziale Erneuerung des zaristischen Reiches nötig war. Es folgten die ''großen Reformen'', die die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1861, die Justizreform im Jahre 1864 und die Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen auf Gouvernementebene, die sogenannten Semstwos, im Jahre 1864 beeinhaltete. Dazu gehörte nicht zuletzt eine Strategie zum Aufbau einer eigenen [[Schwerindustrie]], wie sie es in [[England]] gab.
Die Niederlage des Zarenreiches gegen das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]],
[[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] und [[Zweites Kaiserreich|Frankreich]] im [[Krimkrieg]] 1856 hatte schonungslos offengelegt, dass eine grundlegende wirtschaftliche und soziale Erneuerung nötig war. Es folgten die ''[[Große Reformen|Großen Reformen]]''. Sie umfassten die Aufhebung der [[Leibeigenschaft]] im Jahre 1861, die Justizreform im Jahre 1864 und die Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen (''[[Semstwo]]'') auf [[Gouvernement#Russland|Gouvernementebene]] im Jahre 1864. Dazu gehörte auch eine Strategie zum Aufbau einer eigenen [[Schwerindustrie]], wie es sie in Großbritannien gab.


Über Textillien und sonstige Produkte der [[Leichtindustrie]] hinaus sollte Russland in die Lage versetzt werden, selber Lokomotiten, Dampfmaschinen und Kanonen herzustellen. Die neuerbauten Fabriken, zumeist große Unternehmen, die dank ausländischem Kapital und staatlichen Subventionen errichter wurden, zogen immer mehr Arbeiter aus den ländlichen Regionen in die neuen Industriezentren. Diese [[Urbanisierung]] sollte durch die Beibehaltung der Passkontrole durch die Dorfgemeinden aufgehalten werden, konnte aber diese rapide anwachsende Zahl von Abwanderern in die Städte nicht verhindern. Beides wurde zum Problem: Zum einen die Anziehungskraft der höheren Löhne in den Fabriken, und im Gegensatz dazu die abstoßende Kraft einer rapiden zunehmenden [[Überbevölkerung]] auf dem Land; dies machte alle Versuche der zaristischen [[Autokratie]] zunichte, es entstanden Arbeitervororte, Massenelend und eine ''soziale Frage'' in den wenigen, aber umso größeren Städten des Zarenreiches.
Die bisherige Beschränkung auf [[Textilindustrie]] und sonstige [[Leichtindustrie]] sollte überwunden und Russland in die Lage versetzt werden, selbst [[Lokomotive]]n, [[Dampfmaschine]]n und [[Geschütz]]e herzustellen. Die daraufhin neu erbauten Fabriken, zumeist große Unternehmen, die dank ausländischem Kapital und staatlichen Subventionen errichtet wurden, zogen immer mehr Arbeiter aus den ländlichen Regionen in die neuen Industriezentren. Eine [[Urbanisierung|Verstädterung]] sollte durch die Beibehaltung der Passkontrolle durch die [[Mir (Dorfgemeinschaft)|Dorfgemeinden]] aufgehalten werden, konnte aber nicht verhindern, dass die Zahl von Abwanderern in die Städte schnell anwuchs. Daraufhin wurde beides zum Problem, zum einen die große Anziehungskraft der höheren Löhne in den Fabriken (Städte) und im Gegensatz dazu die abstoßende Kraft einer zunehmenden [[Überbevölkerung]] auf dem Land. Dies machte alle Gegenmaßnahmen der zaristischen [[Autokratie]] zunichte. In den Arbeitersiedlungen gab es Massenelend. Die [[Soziale Frage]] wurde brennend in den relativ wenigen, aber schnell wachsenden größeren Städten des Zarenreiches.


Doch auf die Erstehung eines ''vierten Standes'' war die zaristische Gesellschaft denkbar schlecht vorbereitet. Die Arbeiterschaft passte nicht in die überkommene agrargesellschaftliche Ordnung, wie sie es im Zarenreich gab. Sie blieb ein Fremdkörper, den trotz partieller Modernisierungsbereitschaft weder die Autokratie akzeptierte noch der Adel, der den Staat weiterhin trug. Wenn die Regierenden dennoch etwas gegen diese Umstände taten, dann nur damit es nicht zu ''englischen Zuständen'' komme. Aber sie taten dies noch lange nicht so konsequent wie es zum beispiel [[Otto von Bismarck]] tat.
Auf die Entstehung eines [[Proletariat|Vierten Standes]] war die zaristische Regierung schlecht vorbereitet. Die neue Arbeiterschaft passte nicht in die im Zarenreich bestehende [[agrargesellschaft]]liche Ordnung. Sie blieb ein Fremdkörper, den trotz partieller [[Modernisierung (Soziologie)|Modernisierungsbereitschaft]] weder die Autokratie akzeptierte, noch der [[Russischer Adel|Adel]], der zwar den kleinsten Anteil an der Bevölkerung des Zarenreiches stellte, aber weiterhin den Staat repräsentierte.


Der wirtschaftliche, soziale und administrative Wandel ging zumindest in den Städten mit einer Art kulturellen Modernisierung einher. Russland schickte sich an, eine konkurrenzfähige Industrie aufzubauen, um den Anforderungen eines künftigen Krieges zu entsprechen, die Gesetzeskonformität durch ein zeitgemäßes [[Rechtspflege|Justiz]]&shy;system zu befördern und durch Dezentralisierung die Effizienz der regionalen Verwaltungen zu verbessern, und musste deshalb die Breitenqualifikation deutlich erhöhen. In der Tat leisteten die Regionalverwaltungen, die Semstwos, beim Aufbau eines Bildungswesens und in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge Erstaunliches. Der Staat baute die Universitäten aus und zog eine Bildungselite aus Lehrern, Ärzten, Juristen und Ingenieuren heran, die in erheblichem Maße unter den Einfluss westeuropäischer politischer Ideen geriet. Diese galten zu dieser Zeit als fortschrittlich, an ihnen richteten viele ihre Lebensziele und Gewohnheiten aus. Es bildete sich eine [[Intelligenzija]] heraus, die für Reformen aufgeschlossen war und es ablehnte, sich in ihrem öffentlichen Handeln vom Staat einschränken zu lassen. Es wäre aus heutiger Sicht jedoch falsch, sie mit Opposition gleichzusetzen.<ref name="Hildermeier">Manfred Hildermeier: ''Russische Revolution''. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-15352-2, Seitenzahl fehlt.</ref>
=== Ökonomische Krise ===
Der russische Staat machte während des Krieges eine enorme Wirtschaftskrise durch. Die Erfordernisse der modernen Kriegsführung wurden von dem 300-Jährigen Zarenreich komplett verschlafen, dies machte einen enormen Ausbau der industriellen [[Kapazität (Wirtschaft)|Kapazitäten]] des Landes notwendig. Dieser wurde mit staatlicher Hilfe auch durchgeführt. Allerdings forderte dies seinen Tribut in einem enorm hohen Kapitalaufwand. Diese Ausgaben wurden durch den Staat gedeckt.


Zar [[Nikolaus II. (Russland)|Nikolaus II.]] ließ alle politischen Gegner durch Polizeigewalt und Verhaftungen unterdrücken. Politische Gefangene wurden in [[Sibirien|sibirische]] [[Katorga|Arbeitslager]] deportiert. Im Jahr 1905, am [[Petersburger Blutsonntag]], ließ er auf Demonstranten schießen, seine [[Ochrana|Geheimpolizei]] und das Militär wurden angewiesen, jeden Aufstand im Keim zu ersticken. Durch den Druck des sich anschließenden [[Generalstreik]]s in [[Sankt Petersburg|Petrograd]] musste der Zar im sogenannten ''[[Oktobermanifest]]'' eine [[Duma]] als zweite Kammer neben dem [[Staatsrat (Russisches Kaiserreich)|Reichsrat]] gewähren, die er aber in ihren Rechten stark beschränkte. In der [[Staatsgrundgesetze des Russischen Kaiserreiches|Verfassung von 1906]] ließ sich Nikolaus ausdrücklich den autokratischen Charakter seiner Herrschaft bestätigen. Ohne die Regierung kontrollieren und zur Verantwortung ziehen zu können, blieb die Duma weitgehend machtlos, der Zar ließ sie 1906, 1907 und 1912 auflösen. Den Rat seines früheren Finanzministers [[Sergei Juljewitsch Witte|Sergei Witte]], der ihm schnelle und umfassende Reformen empfahl, ignorierte er weitgehend.
Um wiederum für Einnahmen zu sorgen, wurde eine Serie von [[Kriegsanleihe]]n freigegeben, die allerdings scheiterten. In Ermangelung anderer Methoden musste dadurch die Notenpresse für die Kriegsausgaben herhalten. Durch die Vermehrung der Geldmenge bildete sich schon im zweiten Kriegsjahr eine signifikante [[Inflation]]. Diese sollte bis Ende [[1916]] eine durchschnittliche Verteuerung von Arbeit und Gütern um 400% fordern. Dadurch wurde die Nahrungsmittelproduktion der [[Gutsherr|Großgrundbesitzer]] nahezu lahmgelegt, da sie auf die Beschäftigung von Lohnarbeitern angewiesen waren.


=== Autoritätsverlust des Zaren und Niederlagen im Ersten Weltkrieg ===
Die Kleinbauern produzierten zwar noch genügend Nahrungsmittel, allerdings wurde für sie der Verkauf ihrer Erträge unrentabel. Inflation und Konzentration auf die Fertigung für das [[Militär]] hatten die Preise für industrielle Güter, die die Bauern benötigten, nach oben getrieben.
[[Datei:Nicholas II of Russia painted by Earnest Lipgart.jpg|mini|Nikolaus II., Gemälde von Earnest Lipgart]]


Der Ausbruch des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] war wie in allen europäischen Staaten im Sommer 1914 mit [[Augusterlebnis|einem nationalen Hochgefühl begrüßt worden]]. Nach der Wende an der Westfront ([[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ostfront der Mittelmächte]]) mit der [[Schlacht bei Gorlice-Tarnów]] 1915 erlitt Russland jedoch mehrere empfindliche Niederlagen. Im Zuge der deutschen Gegenoffensive des Jahres 1915 musste die [[Kaiserlich Russische Armee]] sich immer mehr nach Osten zurückziehen. Infolge dieses [[Großer Rückzug|Großen Rückzugs]] gingen zunächst Polen, [[Großfürstentum Litauen|Litauen]], [[Kurland]] und weite Teile des westrussischen Gebietes bis zu einer Linie von der [[Düna]] zur [[Königreich Rumänien|rumänischen]] Grenze verloren. Dieser regelrechte Zusammenbruch der zumeist schlecht ausgerüsteten Armee an der Westfront hatte eine schwere Krise in der [[Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshabers#Erster Weltkrieg|obersten militärischen Führung]] zur Folge.
Da der Strom von Fertiggütern von den Städten auf das Land versiegte, kam auch der Gegenstrom von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die Städte zum Erliegen.


[[Datei:TzarNicholasAndBrusilovInBukovina--nsillustratedwar01londuoft.png|mini|Zar Nikolaus II. und General Brussilow]]
Desweitern fielen mehrere Millionen Haushalte weg, die sich bis zum Kriegsbeginn auf dem Land durch simple handwerkliche Fertigung von Gebrauchsgütern über Wasser gehalten hatten. Diese halbbäuerliche Schicht der Gesellschaft wurde teilweise durch die Verpflichtung in der Armee, zum größten Teil allerdings durch die höheren Löhne in den forciert aufgebauten Fabriken der Städte von ihrer früheren Tätigkeit entfernt.
Obwohl ihm auf einer Sitzung des Ministerrates seine Minister einstimmig davon abrieten, setzte der Zar den russischen Oberbefehlshaber [[Nikolai Nikolajewitsch Romanow (1856–1929)|Nikolai Nikolajewitsch]] ab, übernahm am <!-- Datum unklar--> {{JULGREGDATUM|5|9|1915}} selbst den Oberbefehl und ernannte General [[Michail Wassiljewitsch Alexejew|Michail Alexejew]] zum Generalstabschef. Am selben Tag traf er im [[Hauptquartier des Kommandos des Obersten Befehlshabers|Hauptquartier]] an der Kriegsfront in [[Mahiljou|Mogilew]] ein. Die Regierung trat geschlossen zurück, nun lag der „Schlüssel des Schicksals“ des durch den Krieg und die [[Inflation]] ökonomisch stark eingeschränkten Landes bei der Armee, da der Zar jeden weiteren Rückzug und jede weitere Niederlage auch persönlich verantworten musste. Zunächst gelang es jedoch im September 1915, durch starke Gegenangriffe die Front zu stabilisieren.


Nikolaus II. widmete sich seiner neuen Aufgabe mit Hingabe und wurde in seiner Entscheidung durch den Erfolg der [[Brussilow-Offensive]] 1916 bestärkt. Andererseits [[Fahnenflucht|desertierten]] allein 1916 eineinhalb Millionen russische Soldaten.<ref>Janusz Piekalkiewicz: ''Der Erste Weltkrieg.'' 2004, S. 479.</ref>
Somit verschlechterte sich der [[Lebensstandard]] sowohl der städtischen wie auch der ländlichen Bevölkerung.


=== Fortdauer der politischen Krise ===
=== Wirtschaftlicher, sozialer und administrativer Wandel ===
Im Herbst 1916 flammten die Streiks der Petrograder Arbeiter, die im Vorkriegsjahr einen Höhepunkt erreicht hatten, danach aber im Geiste des [[Burgfrieden]]s nationaler Solidarität und als Folge der [[Mobilmachung]] abgeflaut waren, wieder auf. Fortan weiteten sie sich, angefacht durch dramatisch zunehmende Versorgungsprobleme sowie Brennstoffmangel und einen ungewöhnlich kalten Winter 1916/17 zu einem regelrechten Flächenbrand aus, den die Autokratie nicht mehr einzudämmen vermochte.<ref name="Hellmann">Manfred Hellmann (Hrsg.): ''Die russische Revolution 1917. Von der Abdankung des Zaren bis zum Staatsstreich der Bolschewiki''. Deutscher TB Verlag, München 1984, ISBN 3-423-02903-X, Seitenzahl fehlt.</ref> Im November schrieb Großfürst [[Michail Alexandrowitsch Romanow]] an seinen Bruder, den Zaren: „Ich bin überzeugt, dass wir auf einem Vulkan stehen und schon der kleinste Funke, der kleinste falsche Schritt eine Katastrophe für Dich, für uns alle und für Russland auslösen kann.“<ref>Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: ''„Geliebter Nicky“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie''. Edition Q, Berlin 2002, S. 299.</ref>
Der [[Wirtschaft|wirtschaftliche]], [[Sozial|soziale]] und [[Administrative|administrative]] Wandel ging zumindest in den Städten mit einer Art „kulturellen Modernisierung“ einher. Ein Land wie das zaristische Russland, das sich anschickte, eine konkurrenzfähige [[Industrie]] aufzubauen, um die nötigen Anforderungen des Krieges entgegen zu kommen, die Gesetzeskonformität durch ein zeitgemäßes [[Justiz]]system zu befördern und durch [[Dezentralisierung]] die [[Effizienz]] der regionalen Administrationen bzw. Verwaltungen zu verbessern, dies erforderte eine deutliche Erhöhung der Breitenqualifikation. In der Tat leisteten die Regionalverwaltungen, die „[[Semstwo]]s“ beim Aufbau eines Bildungwesens und in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge Erstaunliches. Der Staat baute die [[Universität]]en aus und zog eine Bildungselite aus Lehrern, Ärzten, Juristen und Ingenieuren heran, die in erheblichem Maße unter den Einfluss westeuropäischer politischer Ideen und allgemein weltanschaulich-moralischer Vorstellung geriet.


Durch die Missstände zerbrach der vereinbarte Burgfrieden, der erst das Stillhalten der Opposition innerhalb des Krieges sichern sollte, recht schnell. Die wachsende Protestbereitschaft der Bevölkerung zeigte sich in der Duma, die im Februar 1916 erneut zusammengetreten war. Hier hatte sich ein progressiver Block gebildet, der aus verschiedenen liberalen Parteien bis hin zu moderaten Monarchisten bestand. Er forderte eine [[Liberalisierung]] Russlands und machte sich Sorgen, dass in der Abwesenheit des Zaren der Wanderprediger [[Grigori Jefimowitsch Rasputin|Rasputin]] allzu großen Einfluss auf die mächtige Zarin [[Alix von Hessen-Darmstadt|Alexandra]] nehmen würde, der man eine sexuelle Affäre mit dem Mönch unterstellte. Als Rasputin am 30. Dezember 1916 ermordet wurde und die Attentäter unbehelligt blieben, wurde das als Indiz für die Wahrheit dieser Anschuldigung gedeutet. Die Autorität des Zaren, der nun als moralischer Schwächling dastand, sank weiter.<ref>[[Dietmar Neutatz]]: ''Träume und Alpträume. Eine Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert''. C.H. Beck, München 2013, S. 143.</ref>
Diese galten zu dieser Zeit als fortschrittlich, an ihnen richteten viele ihre Lebensziele und Gewohnheiten aus. Die ''kulturelle Modernisierung'', zu der auch die Entstehung einer publizistischen Öffentlichkeit gehörte, lief bei allen [[slawophile]]n Gegenströmungen auf eine ''Verwestlichung'' hinaus, bis hin zur [[Kulturelle Rezeption|Rezeption]] und höchst eigenständigen Fortentwicklungen der neuen Ausdrucksformen in den Bereichen der [[Literatur]] und [[Kunst]]. Eine so genannte [[Intelligenzija|Intelligenz]] enstand, die für Reformen aufgeschlossen und immer weniger bereit war, sich in ihrem öffentlichen Handeln von einem allgegenwärtigen Staat einschränken zu lassen. Es wäre aus heutiger Sicht falsch, die Inteligenz und Opposition gleichzusetzen, erst recht hatten „intelligent“ und „revolutionär“ nicht die gleiche Bedeutung.


=== Ökonomische Krise sowie Wandel der bäuerlichen Lebenswelt ===
=== Landwirtschaft ===
Der russische Staat machte während des Ersten Weltkrieges eine enorme Wirtschaftskrise durch. Die Erfordernisse der modernen Kriegsführung veranlassten das Zarenreich zum Ausbau der industriellen Kapazitäten. Zu deren Finanzierung wurde nach dem Scheitern von [[Kriegsanleihe]]n schließlich vermehrt Geld gedruckt. Das löste im zweiten Kriegsjahr eine signifikante [[Inflation]] aus. Bis Ende 1916 verteuerten sich Arbeit und Güter um durchschnittlich 400 %. Dadurch wurde wiederum die Nahrungsmittelproduktion der [[Großgrundbesitzer]] nahezu lahmgelegt, da diese auf die Beschäftigung von Lohnarbeitern angewiesen waren.
Russlands Volkswirtschaft war zur Zeit um das Jahr 1916 immer noch in einem so hohen Maß landwirtschaftlich geprägt, dass es ohne eine Mithilfe der so genannten Bauernschaft keine Revolution geben konnte. Dem alten, noch aus spätzaristischer Zeit stammenden [[Szenario]] eines [[Teufelskreis]]es von [[Demographie|demographischer]] Explosion, Landverknappung, Raubbau und sinkender agrarischer Produktivität sind Befunde gegenübergestellt worden, die zumindest im Großraum Moskau auf eine marktorientierte, prosperierende Landwirtschaft hindeuteten.


1916 verschlechterte sich die Ernährungslage der Bevölkerung beträchtlich. Die Heeresverwaltung kaufte die Lebensmittel für die Armee in den westlichen Provinzen auf, wodurch es immer schwerer wurde, Ersatz für die Zivilbevölkerung zu beschaffen. Im Herbst 1916 begann das Schlangestehen der Bevölkerung vor den Bäckereien. Bei Streiks wurde immer lauter das Ende des Krieges und ab Oktober 1916 auch das Ende der Zarenherrschaft gefordert.
Mithin könnten sich die Bauern nicht nur aus der Not heraus erhoben haben, sondern auch – ein häufiger Befund der vergleichbaren Revolutionstheorien – infolge gewachsener, aber enttäuschender Erwartungen. Das Resultat blieb doch dasselbe: brennende Gutshöfe, geplünderte Vorratsspeicher und eigenmächtige Inbesitznahme von Land, besonders jener „abgeschnittener Landstücke“, die vor der schwierigen Entflechtung von Guts- und Bauernwirtschaften im Gefolge der Aufhebung der [[Leibeigenschaft]] 1861 von der Dorfgemeinde bewirtschaftet worden waren und von dieser beansprucht wurden.


Die Kleinbauern produzierten zwar noch genügend Nahrungsmittel, allerdings wurde für sie der Verkauf ihrer Erträge unrentabel. Inflation und Konzentration auf die Fertigung für das [[Militär]] trieben Preise für industrielle Güter, die die Bauern benötigten, nach oben. Da der Strom von Fertiggütern von den Städten auf das Land versiegte, kam auch der Gegenstrom von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die Städte zum Erliegen. Des Weiteren fielen mehrere Millionen Haushalte weg, die sich bis zum Kriegsbeginn auf dem Land durch simple handwerkliche Fertigung von Gebrauchsgütern über Wasser gehalten hatten. Diese halbbäuerliche Schicht wurde teilweise durch die Verpflichtung in der Armee, zum größten Teil allerdings durch die höheren Löhne in den Fabriken der Städte geschwächt.
Die „schwarze Umverteilung“ solcher Art, welche seit Jahrhunderten der Schlachtruf rebellischer Bauern war, ging mit entschieden größerer Gewalt einher als Streiks und Demonstrationen der Arbeiter. Nicht ohne Grund war sie das eigentliche [[Menetekel]] vormoderner, ständischkooperativ geschichteter [[Agrarstaat]]en, zu denen das Zarenreich ebenso gehörte, wie die meisten ''Anciéns Régimes''. Für Land und Ernte, um die man sich gewöhnlich stritt gab es keinerlei [[monetär]]en oder organisatorisch-institutionellen Ausgleich wie Lohnerhöhungen oder verbesserte [[Arbeitsschutz]]bestimmungen. Zugleich brachen solche Aufstände zumeist ebenso schnell wieder zusammen, wie sie entstanden waren.


[[Datei:Gorskii 04422u.jpg|mini|''Russische Bauern bei der Heuernte'', Photographie von [[Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski]], 1909]]
Agrarischer Sozialprotest war – nicht nur in Russland – in der Regel spontan und kurzlebig. Die Bauern kehrten wieder in ihre Hütte zurück, wenn sie sich genommen hatten, was sie wollten. So war es im heißen Herbst des Jahres [[1905]], und ein solches Szenario spielte sich genauso im Spätsommer des Jahres 1917 wieder ab. Vollends ruhig blieb es nach Kriegsbeginn im Jahre [[1914]]. Da die große Mehrheit der [[Rekrut]]en aus Dörfern kam, gab es hier kaum noch jemanden, der sich gegen die [[Obrigkeit]] hätte erheben können. Nur irrt jeder gründlich, der daraus den Schluss zog, dass die Bauern befriedet oder gar situiert gewesen seien.
Die russische Volkswirtschaft war um das Jahr 1916 immer noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt: 85 % der Bevölkerung lebte auf dem Lande,<ref>[[Jörg Baberowski]], Robert Kindler und Christian Teichmann: ''Revolution in Russland 1917–1921''. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2007, S. 21 ([http://www.db-thueringen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-20395/revolution_in_russland.pdf online], Zugriff am 6. Juni 2014.)</ref> ohne deren Mithilfe es keine Revolution geben konnte. Aufgrund von Not und enttäuschten Erwartungen an die Regierung war es bereits öfter zu [[Liste von Bauernaufständen|Erhebungen der Bauern]] gekommen, die meist mit dem Niederbrennen von Gutshöfen, der Plünderung von Vorratsspeichern und der eigenmächtigen Inbesitznahme von Land verbunden waren, besonders jener „abgeschnittener Landstücke“, die vor der schwierigen Entflechtung von Guts- und Bauernwirtschaften im Gefolge der Aufhebung der [[Leibeigenschaft]] 1861 von der [[Mir (Dorfgemeinschaft)|Dorfgemeinde]] bewirtschaftet worden waren und von dieser beansprucht wurden. Zumeist brachen solche Aufstände ebenso schnell wieder zusammen, wie sie entstanden waren.


Bei alledem bleibt die Frage offen, warum Bauern zwar schon seit Menschengedenken gegen ihre unmittelbaren Herren auflehnten, aber dies nie zusammen mit den unzufriedenen Städtern und deren Wortführern, deren ''Intelligenz'', getan hatten. Erst diese neue Verbindung, zwischen den Bauern in den ländlichen Regionen und den Städtern in den Städten, verlieh dem agrarischen Sozialprotest revolutionäre Qualität. Allem Anschein nach hat der Ausbruch der Revolution mit langfristigen Veränderungen zu tun, die den [[parochial]]en dörflichen ''Horizont'' aufbrachen und für überregional-gesamtstaatliche Probleme öffneten.<ref>Manfred Hellmann (Hrsg.): Die russische Revolution 1917. Von der Abdankung des Zaren bis zum Staatsstreich der Bolschewiki. Deutscher TB Verlag, München 1984, ISBN 3-423-02903-X</ref>
Nach Kriegsbeginn 1914 gab es kaum agrarischen Sozialprotest. Da die große Mehrheit der Rekruten aus Dörfern kam, lebte hier kaum noch jemand, der sich gegen die Obrigkeit hätte erheben können. Erst eine neu entstehende Verbindung zwischen den Bauern in den ländlichen Regionen und den Städtern verlieh einem neu ausbrechenden Sozialprotest eine revolutionäre Qualität. Nach [[Manfred Hildermeier]] war eine Ursache der Revolution, dass der [[Pfarrei|parochiale]] Horizont der traditionell kleinräumigen Dorfgemeinschaft aufbrach und sich „für überregional-gesamtstaatliche Probleme öffnete“.<ref name="Hildermeier" /> Diese Öffnung sei zum einen durch die [[Wanderarbeiter|Wanderarbeit]] erfolgt, die Bauern saisonal oder für ganze Lebensabschnitte in die größeren Städte brachte, wo sie mit allgemeinen sozialen und politischen Fragen konfrontiert wurden und auf Angehörige der oppositionellen ''Intelligenz'' trafen. Zum anderen hätten immer mehr Bauern Militärdienst zu leisten gehabt, was sie ebenfalls außerhalb ihrer Heimatregionen brachte.


== Verlauf der Revolution ==
Vieles spricht dafür, dass diese Erweiterung des so genannten Horizontes und das gesteigerte Interesses vor allem von zwei wesentlichen Faktoren gefördert wurden. Dies waren zum einen die Wanderarbeit, diese spülte immer mehr Bauern saisonal oder auch viele für ganze Lebensabschnitte in die größeren Städte, wo sie mit allgemeinen sozialen und politischen Fragen, meist über Zeitungen, konfrontiert wurden und auf Angehörige der oppositionellen ''Intelligenz'' trafen. Zum anderen hatten immer mehr Bauern Militärdienst zu leisten, dies brachte sie außerhalb ihrer Heimatregionen oder sogar in Kriege. Vor allem die verlustreichen Kämpfe in [[Fernost]] gegen [[Russisch-Japanischer Krieg|Japan]], in den Jahren 1904 bis 1905, lösten eine massive Politisierung der bürgerlichen Soldaten aus. Gleiches wiederholte sich an den Fronten des Ersten Weltkrieges.
Die weitere Verschlechterung der Versorgungslage der Bevölkerung im harten Winter der Jahre 1916/1917, Zwangseintreibungen und ein neues, fehlgeschlagenes Ablieferungssystem verstärkten die Unzufriedenheit. 1917 kam es in den Industriezentren zu Hungerrevolten, Streiks und Demonstrationen. Deren Anlass war unter anderem der 12. Jahrestag des [[Petersburger Blutsonntag]]es am {{JULGREGDATUM|22|1|1917|Kurz=1}}. Die Verhaftungen von Regimekritikern konnten der revolutionären Stimmung nicht entgegenwirken, sondern führten nur zu einer stärkeren Radikalisierung.


=== Niederlagen im Ersten Weltkrieg ===
=== Zuspitzung der Krise ===
Mittlerweile füllten sich die Petrograder Straßen mit zahlreichen hungernden und aufgebrachten Menschen, da die Lebensmittelversorgung ins Stocken geriet. Bereits nachts standen Menschen in langen Schlangen um Brot an. Es kam zu vereinzelten Plünderungen. Die Eröffnung der Duma am {{JULGREGDATUM|27|2|1917|Kurz=1}} wurde von einer Großdemonstration begleitet, die diese zu energischen Maßnahmen auffordern solle.
[[Bild:Russianinfrail.jpg|thumb|Russische Infanteristen auf dem Vormarsch entlang einer Eisenbahnlinie]]
Der [[Erster Weltkrieg|Krieg]] brachte Russland Verluste von mehr als einer Million Toten. Der Krieg hatte, wie in allen europäischen Staaten, mit einem nationalen Hochgefühl begonnen. Er wurde für das [[Zarenreich]] allerdings nach der Wende an der Ostfront mit der [[Schlacht von Gorlice-Tarnow]] des Jahres 1915 zu einer Serie von empfindlichen Niederlagen geprägt. Die [[Legitimität]] der Autokratie des zaristischen Hauses Romanow wurde noch dadurch geschwächt, dass Nikolaus II. 1915 persönlich das Kommando über die Streitkräfte übernommen hatte und somit jeder weitere Rückzug und jede weitere Niederlage das Ansehen des Regimes schädigte.


Am {{JULGREGDATUM|4|3|1917|Kurz=1}} brach in den [[Kirowwerk|Putilow-Werken]], einem Petrograder Rüstungsbetrieb, ein Streik aus. Daraufhin verfügte die Direktion die [[Aussperrung]] von 30.000 Mann. Prompt kam es zu einer Protestdemonstration gegen die katastrophale Versorgungslage. Lawinenartig dehnten sich die Proteste auf andere Betriebe aus, der [[Generalstreik]] wurde proklamiert. Tausende demonstrierten mit [[Rote Fahne (Symbol)|roten Fahnen]] auf dem [[Newski-Prospekt]].
All diese lang- und mittelfristigen desintegrativen und konfliktträchtigen Entwicklungen nahmen, unter der zusätzlichen Last des Krieges, eine neue Qualität an. In synchronischer Verschlingung multiplizierte sich ihre Wirkung auf den Unmut der Arbeitern und Bauern. Die Aufwallung nationaler Geschlossenheit (''Burgfrieden''), die es im August des Jahres 1914 auch im zaristischen Russland gab, hielt nicht lange. Spätestens im September des Jahres 1915, als der Zar das Parlament einmal mehr nach Hause schickte, verfestigten sich die Spannungen zu Gegensätzen, die einen [[Kompromiss]] unter Wahrung des inneren Friedens kaum noch zuließen. Die Semstwos und die städtischen Selbstverwaltungsorgane, die sich zu einem reichsweiten Verbund zusammengeschlossen hatten, bildeten gemeinsam mit verschiedenen liberalen (bis zu den moderaten Monarchisten reichend) Parteien in der Duma einen so genannten ''Progressiven Block'', der die Forderung nach einer Teilnahme an der Regierung mit einem neuem Nachdruck erhoben. Um diese Zeit flammten die [[Streik]]s der hauptstädtischen Arbeiter, die im Vorkriegsjahr einen Höhepunkt erreichten, danach aber im Geiste der neuen nationalen Solidarität und desweiteren als Folge der Mobilmachung abgeflaut waren, wieder auf. Fortan weiteten sie sich, angefacht durch dramatisch zunehmende Versorgungsprobleme, sowie Brennstoffmangel und einen ungewöhnlich kalten Winter in den Jahren 1916/17 zu einem regelrechten Flächenbrand aus, den die Autokratie nicht mehr einzudämmen vermochte.<ref>Manfred Hellmann (Hrsg.): Die russische Revolution 1917. Von der Abdankung des Zaren bis zum Staatsstreich der Bolschewiki. Deutscher TB Verlag, München 1984, ISBN 3-423-02903-X</ref>


Die Arbeiterkomitees hielten es für unwahrscheinlich, von der Armee die notwendige Unterstützung für eine großangelegte proletarische Revolution zu bekommen. Daher verfolgten sie die Idee einer friedlichen Volksbewegung. Es war kein gezielter Aufruf für Streiks geplant, um gewaltsame Zwischenfälle mit der gefürchteten Polizei zu vermeiden. Aber es zeigte sich bei den ersten Zusammenstößen, dass die Soldaten größtenteils bereit waren, zum Schutz der Zivilisten (unter denen sich auch viele Soldatenfrauen befanden) gegen die Polizei, aber vor allem gegen die eigenen Offiziere vorzugehen. Insgesamt wird von etwa 170.000 Soldaten im Bereich von Petrograd ausgegangen, welche sich auf die Seite der Streikenden stellten.<ref>Maurice Paléologue: ''Am Zarenhof während des Weltkrieges.'' Band 2, F. Bruckmann, München 1929, {{DNB|367010216}}.</ref> Fabrikarbeiter aus dem [[Wyborger Rajon]] und weiteren Stadtteilen schlossen sich darauf in großer Zahl den Streiks an. Weitere Demonstrationen von Arbeiter- und Soldatenfrauen bedrohten die für den Krieg notwendigen Munitionsfabriken Petrograds und verbreiteten sich von Petrograd aus bald im ganzen Land.<ref>Andreas Kappeler: ''Russische Geschichte.'' Beck, München 1997, ISBN 3-406-41876-7, Seitenzahl fehlt.</ref> Die Arbeiter- und Soldatenfrauen forderten einen sofortigen Ausstieg aus dem Ersten Weltkrieg, die Herausgabe von Lebensmitteln und die sofortige [[Abdikation|Abdankung]] des Zaren.
=== Autoritätsverlust des Zaren ===
Zar [[Nikolaus II. (Russland)|Nikolaus II.]] befahl die Ermordung politischer Gegner und installierte kurzfristig ein Spitzelsystem im ganzen Land. 1915 übernahm er den militärischen Befehl über die Truppen. Daraufhin befand sich Nikolaus hauptsächlich im Hauptquartier der Armee und die unbeliebte Kaiserin [[Alice von Hessen-Darmstadt (Zarin)|Alexandra]] machte Politik. Am 15. März 1917 dankte Nikolaus II. auf Druck der Generalität zugunsten seines Bruders, des Großfürsten Michail (1878-1918), ab, welcher die Krone jedoch zurückwies. Am 21. März wurde Nikolaus II. in Haft genommen und nach [[Internierung]] in [[Zarskoje Selo]] mit seiner Familie nach [[Sibirien]] verbannt.


=== Aufruhr auf Grund des sich verschärfenden Lebensmittelmangels ===
=== Erbitterung der Opposition ===
Am {{JULGREGDATUM|6|3|1917|Kurz=1}} berichtete die täglich erscheinende ''Börsen-Gazette'', dass auf der Petrograder Seite Plünderungen von Bäckereien begannen und sich dann auf die ganze Stadt ausweiteten. Durch die Straßen ziehende Menschenmengen stünden vor Bäckereien und Backwarengeschäften und schrien „Brot, Brot“. Die Streiks in den großen Rüstungs- bzw. Munitionsfabriken flammten wieder auf. Die Streiks nahmen am Folgetag weiter zu. Dessen ungeachtet reiste der Zar zum Stab der Truppen. Zuvor versicherte ihm Innenminister [[Alexander Dmitrijewitsch Protopopow|Alexander Protopopow]], die Situation in der Hauptstadt sei vollständig unter seiner Kontrolle. Am {{JULGREGDATUM|8|3|1917|Kurz=1}} begann in Petrograd die eigentliche Revolution. Erneut wurde in den Putilow-Werken gestreikt, die Streikenden demonstrierten für eine bessere Versorgung, vor allem mit Brot. Die Nachricht der Arbeitsniederlegungen verbreitete sich rasch auch auf andere Stadtbezirke, sodass sich Werktätige fast aller Industrieunternehmen dem Streik anschlossen. Sie bildeten mit ihren Familien lange Demonstrationszüge und riefen: „Gebt uns Brot, wir verhungern, wir brauchen Brot.“<ref>Stinton Jones: ''Russia in Revolution – By an eye-witness''. H.&nbsp;Jenkins, London 1917, S. 79 f.</ref> Mittags um zwei Uhr traten die Arbeiterinnen in der Fabrik ''Ayvas'' ebenfalls in den Ausstand. Gegen 15 Uhr kam der Zar in Mogilew an. Abends um sieben Uhr begab sich die Belegschaft (1500 Menschen) der Vulcan-Werke ans Werktor, weil dort ein Polizei-Offizier aufgetaucht war und mit einem Revolver in der Hand forderte, ihre Versammlung aufzulösen. Ein paar Arbeiter entwaffneten und verprügelten ihn. Die Menschenmenge strömte nun auf die Straße.<ref>N. Starilov: [http://lib.ru/NEWPROZA/STARILOW/revolution.txt_with-big-pictures.html#/ ''Chronik der Revolution.''] 1991, Online-Ausgabe</ref> Angeblich schloss sich mehr als die Hälfte des Petrograder Arbeiterstandes dem Aufstand an. Sehr schnell gab es in den Betrieben Wahlen zu Arbeiterräten, der Form der Selbstorganisation, die die Arbeiter schon 1905 herausgebildet hatten. Daraus entstanden in Folge Arbeiter- und Soldatenräte im ganzen Land, die den Petrograder Sowjet als ihre Regierung anerkannten.
Durch die Missstände zerbrach der vereinbarte [[Burgfrieden]], der erst das Stillhalten der Opposition innerhalb des Krieges sichern sollte, recht schnell. Die wachsende Protestbereitschaft der Bevölkerung zeigt sich in der [[Duma]], die von Vertretern des [[Bürgertum]]s und des [[Adel]]s dominiert wurde. In der Duma bildete sich seit 1915 der „Progressive Block“, der die Erbitterung über die [[Autokratie|autokratische]] Politik [[Nikolaus II. (Russland)|Nikolaus' II]] widerspiegelte. Der „Progressive Block“ war die stärkste parlamentarische [[Opposition]] seit der [[Russische Revolution 1905|Revolution von 1905]]. Der „Progressive Block“ umfasste alle Abgeordnete außer Rechts-/Links-Radikalen, und forderte eine [[Liberalisierung]] Russlands. Bald schloss sich dieser Block zum „[[Semstwo]]“ (ländliche Selbstverwaltung) und Kongress des Städteverbandes zusammen. Die Forderungen des Semstwo waren das Ende der Autokratie und eine siegreiche Beendigung des Krieges. Die Antwort des [[Zar]]en war die Auflösung der Duma; Abgeordnete wurden trotz [[Politische Immunität|Immunität]] unter polizeiliche [[Überwachung]] gestellt.


Am {{JULGREGDATUM|9|3|1917|Kurz=1}} schickte der Zar aus dem Hauptquartier in Mogilew ein Telegramm an den Stadtkommandanten General [[Sergei Semjonowitsch Chabalow|Sergei Chabalow]] den Befehl, die Unruhen in der Stadt „schon morgen zu liquidieren“.<ref name="Valentin Gitermmann 1976">Valentin Gitermmann: ''Die russische Revolution.'' In: ''Propyläen-Weltgeschichte'': Band 9, Halbband I: ''Das zwanzigste Jahrhundert''. Propyläen, Berlin 1976, S. 136.</ref> Am <!-- Datum nicht sicher --> folgenden Nachmittag schossen Angehörige des Wolhynischen Garderegiments in der Hauptstadt auf die Aufrührer, sechzig Demonstranten starben. An anderen Orten dagegen gingen Soldaten gegen die Polizei vor. [[Kosaken]], die der Petrograder Stadtkommandant zur Entwaffnung der Aufständischen geschickt hatte, verweigerten den Befehl und nahmen stattdessen die roten Nelken entgegen, die man ihnen überreichte. Dumapräsident [[Michail Wladimirowitsch Rodsjanko|Michail Rodsjanko]] forderte den Zaren telegrafisch auf, „unverzüglich Maßnahmen zu treffen, denn morgen wird es zu spät sein.“<ref name="Valentin Gitermmann 1976" /> Die Stunde sei gekommen, in der über das Vaterland und die Dynastie entschieden werde. Das Telegramm blieb unbeantwortet; ob es den Zaren überhaupt erreichte, ist ungewiss.
== Verlauf der Revolution ==
Eine Verschlechterung der Versorgungslage im harten Winter der Jahre 1916/1917, die Zwangseintreibung und ein neues Ablieferungssystem schlugen fehl. 1917 entstanden in den Industriezentren [[Hungerrevolte]]n, Streiks und Demonstrationen. Anlass der Demonstrationen war unter anderem der 12. Jahrestag des „[[Petersburger Blutsonntag]]es“. Die Verhaftungen von Regimekritikern konnten der revolutionären Stimmung nicht entgegenwirken, sondern führte nur zu einer stärkeren [[Radikalisierung]].


=== Verwicklungen um die Duma ===
Was am 23. Februar (julianischer Kalender) in [[Sankt Petersburg]] begann, wurde im Laufe der Woche zur Revolution – zur eigentlichen Revolution des Jahres 1917. Denn in diesen Ereignissen kamen deren (am französischen [[Urbild]] bzw. Vorbild von 1789 orientierte) wesentliche Kennzeichen zusammen: die Abteilung des so genannten ''menu peuple'' in Gestalt von Massendemonstrationen gegen den Luxus der Petersburger Paläste und Prachtstraßen, und gegen das Regime, das ihn schützte, sowie der Sturz des alten Staates samt der Neubegründung einer legitimen, überwiegend anerkannten, einer anderen Idee verpflichteten politischen Ordnung. Zugleich illustrierten die Februartage eine beinahe lehrbuchartige Eskalation, die der zeitlichen Abfolge eine ursächlich-inhaltliche Logik gibt.
Am {{JULGREGDATUM|11|3|1917|Kurz=1}} erhielt Dumapräsident Rodsjanko telegrafisch ein [[Ukas|Dekret]] des Zaren, mit dem dieser erneut die Duma auflöste.<ref>Stinton Jones: ''Russia in Revolution – By an eye-witness''. H.&nbsp;Jenkins, London 1917, S. 101 f.</ref> Doch der Ältestenrat und die Abgeordneten weigerten sich angesichts der Unruhen, dem Folge zu leisten.


Am {{JULGREGDATUM|12|3|1917|Kurz=1}} konstituierte der Ältestenrat ein ''Provisorisches Komitee zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung'' unter der Leitung des Dumapräsidenten Rodsjanko und eröffnete das Parlament wieder, das nun die Regierungsgeschäfte übernahm. Ein neuer Oberkommandierender wurde ernannt und Duma-Bevollmächtigte in den Ministerien eingesetzt. Das provisorische Duma-Komitee bestand bis zu den nächsten Wahlen. Staatsrechtlich gesehen war dies eine [[Usurpation]] und zugleich der entscheidende revolutionäre Akt: So wie sich im August des Jahres 1789 der ''Dritte Stand'' in der französischen Hauptstadt Paris zur Nationalversammlung erklärt hatte, so reklamierte das russische Parlament mit dieser Bekanntmachung alle Befugnisse für sich, die eben noch von der zaristischen Regierung ausgeübt wurden.<ref name="Hildermeier" /><ref>[[Georg von Rauch (Historiker)|Georg von Rauch]]: ''Geschichte der Sowjetunion'' (= ''[[Kröners Taschenausgabe]].'' Band 394). 7., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-39407-3, Seitenzahl fehlt.</ref> Deshalb wird dieser Montag, der 27. Februar, auch als Roter Montag bezeichnet, weil u. a. mit diesem Tage klar wird, dass neben der Beteiligung der Räte nun auch die Duma aktiv mitwirkt und damit aus der Straßenrevolte eine echte Revolution wird.
=== Demonstrationen ===
[[Bild:Karta över Sankt Petersburg på 1910-talet (ur Nordisk familjebok).jpg|thumb|250px|Petrograder Stadtplan (1910) , in der zaristischen Hauptstadt ereigneten sich die Aufstände der Arbeiter und Bauern.]]
Am Anfang der Revolution stand eine Hungerrevolte, nicht zufällig am Internationalen Frauentag (dem 8. März nach Gregorianischem Kalender) organisiert und wesentlich von den Arbeiterfrauen des Armenviertels Wyborg getragen, die nicht mehr wussten, wie sie ihre Familien ernähren und ihre Wohnungen heizen sollten. Sie verschmolz anderntags mit Streiks, als sich die Fabrikarbeiter dieses und weiterer Stadtteile in großer Zahl anschlosssen. Schon während des Aufstandes gab es in den Betrieben Wahlen zu Arbeiterräten, die Form der Selbstorganisation, die die Arbeiter schon 1905 herausgebildet hatten. Nach der siegreichen Revolution bildeten sich überall im Lande Arbeiter- und Soldatenräte, die den Petersburger Sowjet als ihre Regierung betrachteten. Bereits der dritte Tag markierte im Rückblick die Peripetie und den Anfang vom Ende der Autokratie: [[Kosaken]], die der Petrograder Stadtkommandant zur Entwaffnung der Aufständischen schickte, weigerten sich zu schießen und nahmen stattdessen die roten Nelken entgegen, die man ihnen überreichte. Wenn es eine erste notwendige (aber noch längst nicht hinreichende) Bedingung für den Erfolg der Revolution gab, die damit definitiv begonnen hatte, dann bestand sie in dieser Allianz zwischen Arbeitern und Soldaten.


=== Militärische Kräfteverschiebung ===
Dies rief am 27. Februar, als die Regierung geschlossen zurücktrat, neue politische Zentren auf den Plan. Noch am Vortag, als der [[Ministerpräsident]] höchst unklugerweise das Parlament ein weiteres Mal auflöstete, hatten sich die Abgeordeten angesichts der Unruhen geweigert, dieser Order vorbehaltslos nachzukommen, und einen Ältestenrat belassen. Dieser konstituierte sich nun unter der Leitung des Dumapräsidenten als „Provisorisches Komitee zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung“. Staatsrechtlich gesehen war dies eine [[Usurpation]] und zugleich der entscheidende revolutionäre Akt: So wie sich im August des Jahres 1789 der ''Dritte Stand'' in der französischen Hauptstadt Paris zur Nationalversammlung erklärt hatte, so reklamierte das russische Parlament mit dieser Bekanntmachung alle Befugnisse für sich, die eben noch von der zaristischen Regierung ausgeübt wurden.<ref>Manfred Hildermeier, Russische Revolution. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-15352-2</ref>
Am {{JULGREGDATUM|12|3|1917|Kurz=1}} wechselte das Wolhynische Garderegiment in Petrograd auf die Seite der Revolution über. Das [[Preobraschenski Leib-Garderegiment|Preobrashenskij-]] und das Litowskij-Garderegiment folgten. Mehrere Kommandanten wurden erschossen, die Soldaten [[Fraternisierung (Krieg)|fraternisierten]] mit den Arbeitern, die mit der Erstürmung der Waffenarsenale ebenfalls Gewehre erhielten. Die Polizei wurde entwaffnet, in beschlagnahmten Fahrzeugen mit roten Fahnen fuhren die Revolutionäre unter lautem Jubel durch die Straßen.


Ein Teil des [[Moskau]]er Regimentes leistete kurze Zeit Widerstand. Nachdem der gebrochen war, wurden zahlreiche Offiziere getötet, und auch das Moskauer Regiment schloss sich der Erhebung an. Gerichtsgebäude, Polizeikasernen und das [[Kresty-Gefängnis]] wurden gestürmt und nach der Befreiung der Gefangenen in Brand gesteckt.
Die Schießbefehle des Zaren führten zur Verbrüderung der Garnisonssoldaten und der Demonstranten. Daraufhin begann die Stürmung auf die Waffenarsenale des Heeres und die Demonstranten ergriffen die Macht. Die Polizei und die Regierung des Zaren lösten sich auf.


Am Nachmittag wurde auch das Gebäude der Duma von bewaffneten Soldaten und Arbeitern besetzt, und noch am Abend versammelte sich im Sitzungssaal der Duma der erste [[Arbeiter- und Soldatenrat]]. Die noch immer amtierende zaristische Regierung verhängte über Petrograd den [[Belagerungszustand]]. An einigen Orten wurden Aufständische mit [[Maschinengewehr]]en beschossen, andernorts verhafteten die Aufständischen ihrerseits zaristische Würdenträger im Namen des Arbeiter- und Soldatenrates. Die bisherigen Ereignisse überrollten auch die Arbeiterkomitees. Hier herrschte bislang die Meinung, dass von der Armee Hilfe nicht zu bekommen sei. Nun riefen auch sie zur Unterstützung der sich schnell ausbreitenden Bewegung auf.
=== Staatsstreich der Duma ===
Am 27. Februar kündigte die [[Duma]] den Gehorsam wegen revolutionärer Entwicklung auf und verweigerte den daraufhin folgenden Auflösungsbefehl. Danach setze sie ein „Provisorisches Duma-Komitee“ unter der Führung des „Progressiven Blockes“ ein und hoffte weiterhin auf einen Sinneswandel des Zaren. Da dieser jedoch ausblieb, war die Duma durch den Druck der Straße zur Machtergreifung des Parlaments und der Verhaftung der Regierung, der Militärbefehlshaber und ebenso des Zaren gezwungen. Ein neuer Oberkommandierender wurde ernannt und Duma-Bevollmächtigte in den Ministerien eingesetzt. Das provisorische Duma-Komitee bestand bis zu den nächsten Wahlen.


Der Zar schrieb in sein Tagebuch: „Ging um 3½ zu Bett, weil ich noch lange mit [[Nikolai Iudowitsch Iwanow|N. I. Iwanow]] gesprochen habe, den ich mit Truppen nach Petrograd schicke, um Ordnung zu schaffen.“<ref>Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: ''„Geliebter Nicky“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie''. Edition Q, Berlin 2002, S. 329.</ref> Um fünf Uhr morgens verließ er das Hauptquartier in Mogilew, um zu seiner Familie nach [[Puschkin (Stadt)|Zarskoje Selo]] zu fahren, seiner Sommerresidenz. Dorthin beorderte er zu seinem Schutz auch Truppen von der Kriegsfront.
=== Abdankung des Zaren ===
[[Image:Nicholas II of Russia painted by Earnest Lipgart.jpg|thumb|right|Der letzte Zar Russlands Nikolaus II.]]
[[Bild:Winterpalast zwei seiten2.JPG|thumb|right|Der Winterpalast in Petrograd, war Sitz der Zarenfamilie]]
[[Bild:Letzterzar-grab.JPG|thumb|right|Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale]]


=== Ausweitung des Aufstands ===
Nach der Auflösung der Regierung lag der Schlüssel des Schicksals des bröckelnden Regimes bei der Armee, deren Oberbefehl der Zar gegen den Rat seiner engsten Umgebung im August des Jahres 1915 selbst übernommen hatte und deren Hauptquartier sich an der Kriegsfront im fernen [[Mogilew]] befand. Von hier aus beorderte Nikolaus II. eine durchaus eindrucksvolle (und nicht von vornherein zum Scheitern verurteilte) Streitmacht nach Petrograd, zum Schutz seiner Familie in die Sommerresidenz [[Zarskoje Selo]] und zur Wiederherstelung der alten Ordnung in der Hauptstadt. Der Stoßtrupp kam bis Zarskoje Selo und kehrte dann plötzlich um – nicht weil der Wiederstand unüberwindlich schien, sondern weil der Zar telegraphisch Anweisung gegeben hatte zu warten.
Am {{JULGREGDATUM|13|3|1917|Kurz=1}} brach der Aufstand in Moskau aus und nahm einen ähnlichen Verlauf wie in Petrograd. Im [[Taurisches Palais|Taurischen Palast]] in Petrograd bildeten sich zwei politische Zentren: Im rechten Flügel die Provisorische Regierung unter Fürst [[Georgi Jewgenjewitsch Lwow|Georgi Lwow]], im linken Flügel der Sowjet mit den Delegierten der Arbeiter und Soldaten.


Währenddessen bemächtigten sich die Revolutionäre in Petrograd aller Bahnhöfe, des Telefonamtes, der [[Peter-Pauls-Festung]] und der Admiralität. Zarskoje Selo wurde von Aufständischen besetzt und die Kaiserin fortan bewacht. Der Zug des Zaren musste nachts bei [[Malaja Wischera|Wischera]] umkehren, weil [[Ljuban]] und [[Tosno]] bereits in den Händen der Aufständischen waren. Er fuhr nach [[Pskow]], dem Hauptquartier der Nordfront, die sich vom Zaren abgewandt hatte. Hier meldete deren Befehlshaber, General [[Nikolai Wladimirowitsch Russki|Nikolai Russki]], dem Zaren den Ausbruch der Revolution in Petrograd und riet ihm, abzudanken und sich der Gnade der Sieger zu ergeben. Die Aussicht auf eine Niederschlagung des Aufstands war in den Augen der Generäle in Pskow so gering, dass sie den Zaren dazu zwangen, einer neuen ''Regierung des gesellschaftlichen Vertrauens'' zuzustimmen. Dies genügte den neuen Machthabern in Petrograd aber lange nicht, sie forderten den Thronverzicht des Zaren, einige sogar seinen Tod.
Denn Nikolaus hatte sich inzwischen selbst auf den Weg zum Stoßtrupp gemacht. Sein [[Sonderzug]] wurde jedoch von den neuen Petrograder Machthabern abgefangen und nach [[Pskow]], ins Hauptquartier der Nordfront, umgeleitet. Hier vollzog sich der Schlussakt der Tragödie des Zaren Nikolaus. Noch am Abend des 1. März des Jahres 1917 hatte der Zar auf Drängen der anwesenden Generäle endlich einer „Regierung des gesellschaftlichen Vertrauens“ zugestimmt. Doch ein Aufruf des Dumapräsidenten belehrte die Militärs darüber, dass die Zeit eine solche magere [[Konzession]] längst überholt hatte. So drängten sie ihren Oberbefehlshaber zum Thronverzicht. Dieser traf in väterlicher Fürsorge zugleich eine Entscheidung, die das Ende der Monarchie überhaupt erst besiegeln sollte. Er dankte auch im Namen seines blutkranken minderjährigen und einzigen Sohnes ab. Da sein Bruder Michail die ihm angebotene Krone ablehnte, ging in der Frühe des 3. März des Jahres 1917 mit der Regentschaft Nikolaus' und der 300-jährigen Herrschaft der [[Romanow|Romanow-Dynastie]] und der 400-jährigen russischen Monarchie zugleich die Ära des zaristischen Doppeladlers zu Ende.


=== Abdankung von Zar Nikolaus ===
Darüber hinaus taten die Revolutionäre den nächsten, folgerichtigen Schritt und bildeten eine neue Exekutive. Dafür mussten sich die beiden Machtzentren einigen. Im Überschwang des Sieges fiel der Kompromiss vergleichsweise leicht. Die Menschewiki im Arbeiter- und Soldatenrat ließen den Duma-Liberalen den Vortritt. Dieser Verzicht stand im Einklang mit ihrer Exekutiven mit ihrer orthodox-marxistischen Ideologie, die davon ausging, dass der feudalistischen Monarchie eine bürgerlich-kapitalistische Demokratie folgen, mithin dem liberalen Bürgertum das Feld gehören müsse. Hinzu kam aber wohl auch der Umstand, dass die liberalen Politiker um den hoch geschätzten langjährigen Semstwo-Führer, den Fürsten [[Georgi Jewgenjewitsch Lwow|Georgi Lwow]], und den unbestrittenen Kopf der Kadetten [[Pawel Nikolajewitsch Miljukow|Pawel Miljukow]], über parlamentarische Erfahrung, eine komplette Mannschaft aus den Reihen des Progressiven Blocks und ein Programm verfügten, wie allgemein dies auch immer sein mochte.
[[Datei:Nikolaus II. (Russland).jpg|mini|Eine der letzten Aufnahmen des Zaren in seiner Armeeuniform, die er bis zum Schluss trug]]
[[Datei:Winterpalast zwei seiten2.JPG|mini|Der Winterpalast in Petrograd war Sitz der Zarenfamilie]]
[[Datei:Romanov Grab 2.jpg|mini|Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale]]


Am {{JULGREGDATUM|14|3|1917|FormatGREG=j.|FormatJUL=j.|Kurz=1}} März wurde Nikolaus sowohl vom Duma-Präsidenten Rodsjanko als auch von [[Michail Wassiljewitsch Alexejew|Michail Alexejew]], dem Stabschef und damit de facto Befehlshaber aller Armeen<ref>[http://hrono.ru/biograf/bio_a/alexeev.php hrono.ru]</ref> telegraphisch aufgefordert abzudanken. Russki, der Befehlshaber der Nordfront, berichtete ihm über ein langes Telefongespräch mit Dumapräsident Rodsjanko, wonach seine Abdankung unerlässlich sei. Russki gab den Inhalt des Gespräches an das Hauptquartier weiter, und von dort ging es an alle Befehlshaber der Armeen. Bis zum frühen Nachmittag sprachen sich ausnahmslos alle für die Abdankung des Zaren aus. Nikolaus unterzeichnete in der folgenden Nacht ein Manifest, in dem er ein dem Parlament verantwortliches Ministerkabinett einberief, doch Rodsjanko, der davon telefonisch in Kenntnis gesetzt wurde, antwortete, dieses Zugeständnis komme viel zu spät, erforderlich sei vielmehr die Abdankung des Zaren.
So waren es eher die soldatischen und besonders radikalen Deputierten, die gewonnen werden mussten. Sie setzten ihr wichtigstes unmittelbares Anliegen durch, als sie dem Exekutivrat des Sowjets den Berühmten ''Befehl Nr.1'' diktierten, der die Wahl von Regimentskomitees und die Unterstellung der Regiments unter die Sowjets verfügte. Damit gaben sie sich zufrieden. Die Verhandlungsführer der Sowjets forderten in den Gesprächen mit dem Dumakomitee am 11. März als Konsequenzen aus diesem [[Dekret]] zwar auch die Wahl der Offiziere. Aber sie lenkten sehr schnell ein, als Miljukow und das Dumakomitee aus Sorge um die Kampffähigkeit der Armee (noch befand man sich ja im Krieg) ablehnten. Auch die Frage der Staatsform ließ man noch offen, diese löste sich aber am nächsten Tag von selbst.


Am {{JULGREGDATUM|15|3|1917|FormatGREG=j.|FormatJUL=j.|Kurz=1}} März vereinbarten Duma und Arbeiter- und Soldatenrat, dass der Zar abgesetzt sei und eine Provisorische Regierung gebildet werde. Um 15 Uhr gab der Fraktionsvorsitzende der liberalen [[Konstitutionell-Demokratische Partei|Kadettenpartei]] [[Pawel Nikolajewitsch Miljukow|Pawel Miljukow]] im Taurischen Palast eine Liste der neuen Minister mit seinem Parteifreund Fürst [[Georgi Jewgenjewitsch Lwow|Georgi Lwow]] an der Spitze bekannt. Die von den Soldaten verhafteten Minister des Zaren wurden in die [[Peter-und-Paul-Festung|Peter-Pauls-Festung]] überführt. Gegen 22 Uhr trafen [[Alexander Iwanowitsch Gutschkow|Alexander Gutschkow]] vom Reichsrat und der Duma-Abgeordnete [[Wassili Witaljewitsch Schulgin|Wassili Schulgin]] aus Petrograd im [[Salonwagen]] des Zarenzuges ein. Gutschkow berichtete dem Zaren, es bestehe die Gefahr, dass Petrograd und die Front in die Hände von Anarchisten falle und die Gemäßigten hinweggefegt würden. Das Volksempfinden könne nur beruhigt werden, wenn Nikolaus zugunsten seines kleinen Sohnes zurücktreten und Großfürst Michail die Regentschaft übertrage. Der Zar erwiderte, er habe das tun wollen, doch aufgrund der Krankheit des Zarewitsch könne er sich nicht von ihm trennen. Eigenhändig änderte er das am Morgen ausgearbeitete Abdankungsmanifest zugunsten seines Bruders, des Großfürsten Michail, und übergab es um 23:40 Uhr an Gutschkow. Auf Bitten der Deputierten fügte er einen Zusatz über den Eid des neuen Zaren auf die Verfassung ein. Gleichzeitig unterzeichnete er [[Ukas]]se, in denen er Fürst Lwow zum Vorsitzenden des Ministerrates und Großfürst Nikolai Nikolajewitsch wieder zum Oberbefehlshaber ernannte. Um nicht den Eindruck zu erwecken, Nikolaus habe unter dem Druck der angereisten Deputierten gestanden, wurden die Abdankungsurkunde und die Ukasse auf den 15. März, 15 Uhr und 14 Uhr vordatiert.
=== Regierungsbildung ===
Damit stand einer Regierungsbildung nichts mehr im Wege. Am Nachmittag des 2. März verkündete Miljukow im Taurischen Palais, dem Sitz der Duma, die Einigung und stellte das neue Kabinett vor. Sowohl der Ort des Geschehens als auch das Personal der Provisorischen Regierung machten augenfällig, was sich vollzogen hatte: der Übergang von einer [[Autokratie]], die sich obstinant gegen weitere Beschränkungen als die ihr 1905 abgetrotzten wehrte (und diese, wo immer möglich, rückgängig zu machen suchte), zur Herrschaft des gesetzeskonform, wenn auch nicht demokratisch, gewählten und von den aufständischen Arbeitern und Soldaten akzeptierten Parlaments.


=== Thronverzicht von Großfürst Michail ===
Noch wichtiger als der Kompromiss zwischen den neuen Machtzentren vor Ort aber war die stillschweigende Billigung derer, die gar nicht anwesend waren, der Generäle. Denn es liegt auf der Hand, dass die unabdingbare Voraussetzung für den revolutionären Regimewechsel – wie anderthalb Jahre später in der deutschen [[Novemberrevolution]] – in dessen Hinnahme durch die Armeeführung bestand. Dahinter aber verbarg sich keine Sympathie für Liberalismus und Demokratie, sondern einzig und allein die Sorge um die Verteidigungsfähigkeit und die Fortsetzung des Krieges. Letztlich sah sich der Generalstab in einem [[Loyalität]]skonflikt zwischen Monarchie und Nation – und ließ die Monarchie zugunsten der Nation fallen.
Großfürst Michail erfuhr zunächst nicht, dass er und nicht sein Neffe [[Alexei Nikolajewitsch Romanow|Alexei]] Thronfolger sein sollte, da sein Bruder ihn nicht telegrafisch über sein Vorgehen informierte. Die Provisorische Regierung beschloss, auch Michail zum Thronverzicht zu bewegen. Auf Drängen Lwows, Kerenskis und anderer Duma-Mitglieder unterzeichnete der Großfürst am {{JULGREGDATUM|16|3|1917|FormatJUL=j.|Kurz=1}} März ein von dem Kadettenpolitiker [[Wladimir Dmitrijewitsch Nabokow]] formuliertes Schreiben, in dem er auf den Thron verzichtete und dazu aufrief, sich der [[Provisorische Regierung (Russland)|Provisorischen Regierung]] unterzuordnen. Er sei bereit, die Thronfolge anzutreten, sofern das Volk zu einem späteren Zeitpunkt dies in geheimen Wahlen entscheiden sollte. So hoffte Michail, die Monarchie in Russland erhalten zu können. Durch die Probleme der provisorischen Regierungen in den folgenden Monaten und die Machtübernahme der Bolschewiki durch die Oktoberrevolution geriet dies aber aus dem Bereich des Möglichen. Damit endete die 300-jährige Herrschaft der [[Romanow]]-Dynastie.


Am {{JULGREGDATUM|21|3|1917|FormatJUL=j.|Kurz=1}} März wurde Nikolaus II. in Haft genommen und nach [[Internierung]] in [[Puschkin (Stadt)|Zarskoje Selo]] mit seiner Familie nach [[Sibirien]] verbannt.<ref>[[Alexander Nikolajewitsch Jakowlew]]: ''A Century of Violence in Soviet Russia.'' Yale University Press, New Haven / London (''Ein Jahrhundert der Gewalt in Sowjetrussland''. Berlin Verlag, 2004, ISBN 3-8270-0547-7).</ref><ref>Edith M. Almedingen: ''Die Romanows. Die Geschichte einer Dynastie. Russland 1613–1917''. Universitas, München 1991, ISBN 3-8004-1250-0.</ref> Später wurde auch Michail arrestiert und in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 1918 ermordet. Nachdem Nikolaus II. und seine Familie im April 1918 nach [[Jekaterinburg]] verlegt worden waren, wurden auch sie dort am 16./17. Juli 1918 [[Ermordung der Zarenfamilie|ermordet]].
=== Fragile Demokratie im neuen Staat ===
Die neue [[Freiheit]] und [[Volkssouveränität]] regierten nur ein halbes Jahr, bis es vor den geplanten demokratischen Wahlen im Oktober zu einer ''roten Revolution'' kam. Die Liberalen, inzwischen stark westlich geprägt, hatten schon mehrere Ziele im Auge, mussten sich aber mit widrigen Realitäten abkämpfen. Es gelang ihnen vergleichsweise leicht, die Reste des aufgelösten ''Ancien régimes'' zu beseitigen und ihre neuen demokratischen Grundsätze in den ländlichen Gebieten zu festigen. Trotzdem scheiterten sie an der Aufgabe, die nötigen Änderungen zur Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Desweiteren war die Kriegsfrage nicht gelöst worden; zum Scheitern der Liberalen im neuen russischen Staate gehörten aber mehrere Faktoren, dies waren sowohl die objektiven wie subjektiven, die strukturellen wie individuellen, und nicht zuletzt der Zufall, denn ohne Brot und ohne den lang ersehnten Frieden wussten allzu viele nichts mit der neuen abstrakten Demokratie anzufangen.


=== Regierungsbildung im neuen Staat ===
Das die formale [[Neuordnung]] der inneren Verfassung, des Rechtswesens und auch der Landesverwaltungen so schnell möglich war, dürfte nicht zuletzt auf die Existenz von ''Brückenköpfen'' und liberalen Ideen, entlehnter Vostellungen, zurückzuführen sein. Die Aufhebung jeder rechtlichen Gründe aus religiösen, nationalen oder geschlechtlichen Gründen und die Garantie dieser Rechte durch unabhängige Gerichte, fanden sich in allen demokratischen Staaten Westeuropas schon seit Jahren wieder, sollte eines der neuen Vroboten der neuen Demokratie gelten, waren diese doch im zaristischen Russland nicht berücksichtigt worden. Als ein Beispiel für die ''Reorganisation'' der staatlichen Strukturen vor Ort konnten die ''zemstwa'' und die Stadtverwaltungen dienen. Bei beiden sollte es im wesentlichen mit einem Wahlrecht reichen. Das neue Russland wurde auf diese Weise als eine Art mehrstufige parlamentarische Demokratie errichtet.
Das aus dem Rücktritt von Zar und Regierung entstandene Machtvakuum wurde von zwei Institutionen gefüllt: von der Duma und dem wieder gebildeten Petrograder Sowjet. Beide mussten sich sofort mit der Bildung einer [[Exekutive]] beschäftigen. Ein erster Kompromiss fiel im Überschwang des Sieges der Revolution vergleichsweise leicht. Die [[Menschewiki]], die im Sowjet die Mehrheit hatten, nahmen als [[Marxismus|Marxisten]] an, der historischen Entwicklungsstufe der feudalistischen Monarchie müsse zunächst eine bürgerlich-kapitalistische Demokratie folgen. Daher müsse dem liberalen Bürgertum in der Duma das Feld gehören. Hinzu kam wohl auch, dass die liberalen Politiker um den hoch geschätzten Fürst Lwow und den unbestrittenen Kopf der Kadetten Miljukow über parlamentarische Erfahrung, eine komplette Mannschaft aus den Reihen des Progressiven Blocks und ein Programm verfügten.


Die streikenden Soldaten und ihre radikalen Deputierten in den Räten mussten aber noch gewonnen werden. Sie setzten ihr wichtigstes unmittelbares Anliegen durch, als sie dem Exekutivrat des Sowjets den berühmten [[Befehl Nr. 1 des Petrograder Sowjets]], der die Wahl von Regimentskomitees und die Unterstellung der Regimenter unter die Sowjets sowie die Einrichtung von Soldatenräten in jeder militärischen Einheit verfügte, abrangen. Eine Wahl aller Offiziere durch die Mannschaften war zwar vorgesehen, wurde aber nach Kritik der Offiziere wieder zurückgezogen. Die Verhandlungsführer der Sowjets forderten in den Gesprächen mit dem Dumakomitee am 11. März als Konsequenz aus diesem [[Dekret]] zwar auch die Wahl der Offiziere, ließen die Forderung aber mit Rücksicht auf die Kampfkraft der Armee im laufenden Krieg fallen. In Folge dieses Befehles wuchs die bereits erhebliche Unruhe unter den Soldaten weiter an.
=== Petrograder Sowjet ===
Der Petrograder Arbeiter- und Soldatenrat wurde Sprachrohr der Aufstände. Er existierte nach dem Vorbild der Selbstorganisation der proletarischen Bevölkerung 1905. An der Spitze stand ein Exekutivkomitee aus mehrheitlich [[Menschewiki]] und Parteilosen. Ziel des [[Sowjet]]s war die Herstellung der Ordnung, Versorgung und die Beseitigung der Zarenherrschaft. Eine konstituierende Versammlung auf Basis allgemeiner Wahlen sollte über die Regierungsform entscheiden. Der Sowjet ernannte eine provisorische Kommission, um das Problem der schwierigen Lebensmittelversorgung der Hauptstadt zu lösen. Diese Kommission verhaftete am 13. März zum einen die zaristische Regierung, als diese gerade eine Sitzung im Parlament hatte, desweiteren wurden die hohe Verwaltung des Zarenreiches und die Militärführung.
Am Tag darauf erließ der Petrograder Sowjet den berühmten ''Befehl Nr.1.'', dieser befahl allen Soldaten und Matrosen sich in politischen Angelegenheiten dem Petrograder Sowjet unterzuordnen. Desweiteren sollten nur die Befehle befolgt werden, die nicht denen des Sowjets widersprachen.


Am Nachmittag des 2. März verkündete Miljukow im Taurischen Palais, dem Sitz der Duma, die Einigung und stellte das neue Kabinett der [[Provisorische Regierung (Russland)|Provisorischen Regierung]] unter Fürst Lwow vor. Damit war der Übergang von einer Autokratie zur Herrschaft des – wenn auch nicht demokratisch gewählten, so doch von den aufständischen Arbeitern und Soldaten akzeptierten – Parlaments vollzogen.
Die Disziplin unter den Truppen sollte jedoch bewahrt werden, aber nachdem die Militärführrung verhaftet wurde sollte die unter der zaristischen Armee üblichen Strafen durch die Offiziere unterlassen werden. Auseinandersetzungen zwischen Soldatenräten und Offizieren sollten zur Beilegung an den Petrograder Sowjet verwiesen werden. Der ''Befehl Nr. 1'' sicherte den Sowjets zwar die Loyalität der Truppen, brachte jedoch auch teilweise eine Disziplinlosigkeit mit sich, daher wurde der ''Befehl Nr. 1'' später wieder eingeschränkt.


Noch wichtiger als der Kompromiss zwischen den neuen Machtzentren vor Ort aber war die stillschweigende Billigung der Generäle. Diese hegten keine Sympathie für [[Liberalismus]] und [[Demokratie]], sondern waren einzig an der Verteidigungsfähigkeit und der Fortsetzung des Krieges interessiert. Im [[Loyalität]]skonflikt zwischen Monarchie und Nation entschied sich der Generalstab für die Nation. Die Schwäche der zaristischen Armee lag weniger in der Moral ihrer Soldaten und deren Ausrüstung als in ihrer inneren Zerrissenheit zwischen adligen Gutsbesitzern, die zumeist die Offiziere stellten, und den Massen der Landlosen oder Kleinbauern in den Mannschaften. [[Klassenkampf]]parolen zündeten deshalb nicht zuletzt in der Armee. Die Soldaten gaben somit, noch stärker als die Arbeiterschaft, im Laufe des Jahres 1917 den entscheidenden Rückhalt der Revolution.
==Quellen==
<references/>


Die neue Freiheit und [[Volkssouveränität]] regierte nur ein halbes Jahr, bis es vor den geplanten demokratischen Wahlen im Oktober zur [[Oktoberrevolution]] durch die [[Bolschewiki]] kam. Es gelang der provisorischen Regierung zwar vergleichsweise leicht, die Reste des aufgelösten [[Ancien Régime]]s zu beseitigen und ihre neuen demokratischen Grundsätze in den ländlichen Gebieten zu festigen, sie vermochte jedoch weder die Versorgung der Menschen sicherzustellen, noch die Wirtschaftskrise und die Inflation zu beheben und Frieden zu schaffen. An diesen wichtigen Aufgaben scheiterte das Februarregime.
==Siehe auch==
* [[Otretschemsja ot starogo mira]], die Hymne der Februarrevolution
* [[Befehl Nr. 1 des Petrograder Sowjets]]
* [[Nikolaus II. (Russland)]]
* [[Romanow|Romanow-Dynastie]]


==Literatur==
== Folgen ==
In den folgenden Monaten der Doppelherrschaft stand der provisorischen Regierung der Petrograder Arbeiter- und Soldatenrat mit einem Exekutivkomitee an der Spitze gegenüber, das zunächst vor allem aus Menschewiki und Parteilosen gebildet wurde. Ziel des Sowjets war die Herstellung der Ordnung und der Versorgung sowie die endgültige Beseitigung der Zarenherrschaft. Eine konstituierende Versammlung auf Basis allgemeiner Wahlen sollte über die Regierungsform entscheiden.
* Manfred Hellmann (Hrsg.): Die russische Revolution 1917. Von der Abdankung des Zaren bis zum Staatsstreich der Bolschewiki. Deutscher TB Verlag, München 1984, ISBN 3-423-02903-X
* [[Arthur Lehning]]: Anarchismus und Marxismus in der russischen Revolution. Karin Kramer Verlag, Berlin 1971.
* Manfred Hildermeier: Russische Revolution. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-15352-2
* [[Alexander Berkman]]: Der bolschewistische Mythos. Tagebuch aus der russischen Revolution. Edition AV, Frankfurt 2004, ISBN 3-936049-31-9
* Ders.: The Sickle under the Hammer. The Russian Socialist Revolutionaries in the Early Months of Soviet Rule. New York 1963


Der neue Außenminister Miljukow wollte den schon drei Jahre andauernden Krieg fortsetzen, das Bündnis mit Frankreich und England aufrechterhalten und einen Sieg über die [[Mittelmächte]] erreichen. Demgegenüber sah sich der Petrograder Sowjet in der Pflicht, um seinen Rückhalt in der Bevölkerung zu festigen, die Soldaten zu gleichberechtigten Bürgern zu machen. Im April betrat mit [[Wladimir Iljitsch Lenin]] ein weiterer Akteur die Bühne des revolutionären Russland. Unter Mithilfe des [[Deutsches Kaiserreich|Deutschen Kaiserreichs]] war der Führer der Bolschewiki aus dem Schweizer Exil zurückgekehrt (→&nbsp;«[[Reise Lenins im plombierten Wagen]]») und forderte in seinen viel beachteten [[Aprilthesen]] eine [[Landreform]], eine Übertragung der staatlichen Macht an die Räte und eine sofortige Beendigung des Krieges. Eine Zusammenarbeit mit der provisorischen Regierung lehnte er ab. Versuche des Kriegsministers und späteren Vorsitzenden der Provisorischen Regierung, Kerenski von der agrarsozialistischen Partei der [[Trudowiki]], durch eine militärische Offensive eine bessere Verhandlungsposition für Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten zu erreichen, scheiterten.
==WebLinks==
* [http://www.sozialismus-von-unten.de/archiv/1997svu8/russland_februar.htm Sozialismus von unten (Archiv)]
* [http://www.kosaken.de/geschichte/februarrevolution.html Kosaken.de über die Geschichte der Revolution]
* [http://www.cornelsen.de/teachweb/1.c.130879.de?parentID=1.c.162538.de&anker=1&skip=0&klasse=&anz= Cornelsen.de]


Für den jungen Staat, der sich durch die Februarrevolution in einem ersten Schritt des Zaren als Regenten entledigt hatte, stand noch eine Reihe dramatischer Entwicklungen bevor. Der Weltkrieg war noch nicht zu Ende, der Machtkampf zwischen Menschewiki und Bolschewiki sollte sich im Herbst 1917 in der [[Oktoberrevolution]] entladen. Der darauf folgende [[Russischer Bürgerkrieg|Russische Bürgerkrieg]] dauerte bis 1920, endete mit einem Sieg der Bolschewiki und führte zur Konstituierung der [[Sowjetunion|UdSSR]] im Jahre 1922.
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== Siehe auch ==
[[Kategorie:Revolution]]
* [[Geschichte Russlands]]
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* ''[[Otretschomsja ot starowo mira]]'' (Hymne der Februarrevolution)
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[[Kategorie:Russische Revolution]]


== Einzelnachweise ==
<references />


== Literatur ==
[[cs:Únorová revoluce]]
* [[Arthur Lehning]]: ''Anarchismus und Marxismus in der russischen Revolution.'' Karin Kramer Verlag, Berlin 1971.
[[da:Februarrevolutionen (Rusland)]]
* [[Alexander Berkman]]: ''The Russian Revolution, 1917''. New York 2000.
[[en:February Revolution]]
* Ėduard Nikolaevich Burdzhalov, Donald J. Raleigh: ''Russia’s Second Revolution: The February 1917 Uprising in Petrograd.'' Indiana University Press, 1987, ISBN 0-253-20440-2.
[[es:Revolución de Febrero]]
* [[Richard Lorenz (Historiker)|Richard Lorenz]] (Hrsg.): ''Die Russische Revolution 1917. Der Aufstand der Arbeiter, Bauern und Soldaten''. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1981, ISBN 3-485-03229-8.
[[et:Veebruarirevolutsioon]]
* Juri Buranow, Wladimir Chrustaljow: ''Die Zarenmörder. Vernichtung einer Dynastie''. Aufbau, Berlin 1999, ISBN 3-7466-8011-5.
[[he:מהפכת פברואר]]
* D. Mandel: '' The Petrograd workers and the Fall of the Old Regime''. London, 1990.
[[ja:2月革命 (1917年)]]
* S. A. Smith: ''Red Petrograd: Revolution in the Factories, 1917–1918''. Cambridge 1983.
[[ko:2월 혁명 (러시아)]]
* R. Sities: ''Revolutionary Dreams. Utopian Vision and Experimental Life in the Russian Revolution''. New York 1989.
[[lt:Vasario Revoliucija]]
* Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: ''„Geliebter Nicky…“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie.'' edition q in der Quintessenz Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-86124-548-5.
[[nl:Februarirevolutie (1917)]]
* [[Valentin Gitermann]]: ''Die russische Revolution.'' In: ''Propyläen-Weltgeschichte: Das zwanzigste Jahrhundert.'' Halbband 1 (= ''Propyläen-Weltgeschichte'', Band 9 = ''Ullstein Buch Nr.'' 4737). Frankfurt am Main / Berlin 1976, ISBN 3-548-04737-8.
[[pl:Rewolucja lutowa 1917]]

[[pt:Revolução de Fevereiro]]
== Weblinks ==
[[ro:Revoluţia din Februarie]]
{{Commonscat|February Revolution (Russia)|Februarrevolution 1917}}
[[ru:Февральская революция 1917]]
* [http://www.sozialismus-von-unten.de/archiv/1997svu8/russland_februar.htm Sozialismus von unten] (Archiv)
[[sv:Februarirevolutionen 1917]]
* [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/luxemburg/1918/russrev/index.htm ''Zur russischen Revolution''] von [[Rosa Luxemburg]]
[[uk:Лютнева революція 1917]]
* [http://www.activehistory.co.uk/Miscellaneous/free_stuff/yr12_russia/frameset.htm Virtuelle Tour durch das zaristische Russland unter Nikolaus II.] (englisch)
[[zh:俄國二月革命]]
* [http://www.bbc.co.uk/scotland/education/bitesize/standard/shockwave/history/revolution.swf Flash-Animation von BBC] (englisch)
* [http://www.politische-bildung.de/russische_revolution_1917.html Russische Revolution - Februarrevolution - Oktoberrevolution] auf dem Informationsportal zur politischen Bildung

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Aktuelle Version vom 12. März 2025, 16:33 Uhr

Demonstration in Petrograd, 1917

Die Februarrevolution (russisch Февральская революция / Transkription Fewralskaja Rewoljuzija) des Jahres 1917 beendete die Zarenherrschaft in Russland. Der Name geht auf den damals in Russland geltenden Julianischen Kalender zurück, denn nach diesem begann die Revolution am 23. Februar. Nach gregorianischer Zeitrechnung ist das der 8. März. Unmittelbare Ursachen der Februarrevolution waren die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges, von wirtschaftlicher und vor allem auch militärischer Schwäche bis hin zur Mangelversorgung der Bevölkerung vor allem mit Lebensmitteln, aber auch unbeseitigte politische und organisatorische Probleme, die bereits die Revolution von 1905 begründet hatten.

An die Stelle der Zarenherrschaft trat zunächst ein Nebeneinander von Parlament (Duma) und Arbeiter- und Soldatenräten (russ. Sowjet), die Doppelherrschaft. Die Duma setzte eine provisorische Regierung zunächst unter Ministerpräsident Lwow und dann unter Kerenski ein. Für den Herbst des Jahres 1917 plante sie die Wahl einer Verfassunggebenden Versammlung, die über die künftige Staatsform Russlands entscheiden sollte. Jedoch übernahmen noch im selben Jahr die Bolschewiki gewaltsam durch die Oktoberrevolution die Macht in Russland.

Modernisierungsdefizite

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Die Niederlage des Zarenreiches gegen das Osmanische Reich, Großbritannien und Frankreich im Krimkrieg 1856 hatte schonungslos offengelegt, dass eine grundlegende wirtschaftliche und soziale Erneuerung nötig war. Es folgten die Großen Reformen. Sie umfassten die Aufhebung der Leibeigenschaft im Jahre 1861, die Justizreform im Jahre 1864 und die Einrichtung von Selbstverwaltungsorganen (Semstwo) auf Gouvernementebene im Jahre 1864. Dazu gehörte auch eine Strategie zum Aufbau einer eigenen Schwerindustrie, wie es sie in Großbritannien gab.

Die bisherige Beschränkung auf Textilindustrie und sonstige Leichtindustrie sollte überwunden und Russland in die Lage versetzt werden, selbst Lokomotiven, Dampfmaschinen und Geschütze herzustellen. Die daraufhin neu erbauten Fabriken, zumeist große Unternehmen, die dank ausländischem Kapital und staatlichen Subventionen errichtet wurden, zogen immer mehr Arbeiter aus den ländlichen Regionen in die neuen Industriezentren. Eine Verstädterung sollte durch die Beibehaltung der Passkontrolle durch die Dorfgemeinden aufgehalten werden, konnte aber nicht verhindern, dass die Zahl von Abwanderern in die Städte schnell anwuchs. Daraufhin wurde beides zum Problem, zum einen die große Anziehungskraft der höheren Löhne in den Fabriken (Städte) und im Gegensatz dazu die abstoßende Kraft einer zunehmenden Überbevölkerung auf dem Land. Dies machte alle Gegenmaßnahmen der zaristischen Autokratie zunichte. In den Arbeitersiedlungen gab es Massenelend. Die Soziale Frage wurde brennend in den relativ wenigen, aber schnell wachsenden größeren Städten des Zarenreiches.

Auf die Entstehung eines Vierten Standes war die zaristische Regierung schlecht vorbereitet. Die neue Arbeiterschaft passte nicht in die im Zarenreich bestehende agrargesellschaftliche Ordnung. Sie blieb ein Fremdkörper, den trotz partieller Modernisierungsbereitschaft weder die Autokratie akzeptierte, noch der Adel, der zwar den kleinsten Anteil an der Bevölkerung des Zarenreiches stellte, aber weiterhin den Staat repräsentierte.

Der wirtschaftliche, soziale und administrative Wandel ging zumindest in den Städten mit einer Art kulturellen Modernisierung einher. Russland schickte sich an, eine konkurrenzfähige Industrie aufzubauen, um den Anforderungen eines künftigen Krieges zu entsprechen, die Gesetzeskonformität durch ein zeitgemäßes Justiz­system zu befördern und durch Dezentralisierung die Effizienz der regionalen Verwaltungen zu verbessern, und musste deshalb die Breitenqualifikation deutlich erhöhen. In der Tat leisteten die Regionalverwaltungen, die Semstwos, beim Aufbau eines Bildungswesens und in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge Erstaunliches. Der Staat baute die Universitäten aus und zog eine Bildungselite aus Lehrern, Ärzten, Juristen und Ingenieuren heran, die in erheblichem Maße unter den Einfluss westeuropäischer politischer Ideen geriet. Diese galten zu dieser Zeit als fortschrittlich, an ihnen richteten viele ihre Lebensziele und Gewohnheiten aus. Es bildete sich eine Intelligenzija heraus, die für Reformen aufgeschlossen war und es ablehnte, sich in ihrem öffentlichen Handeln vom Staat einschränken zu lassen. Es wäre aus heutiger Sicht jedoch falsch, sie mit Opposition gleichzusetzen.[1]

Zar Nikolaus II. ließ alle politischen Gegner durch Polizeigewalt und Verhaftungen unterdrücken. Politische Gefangene wurden in sibirische Arbeitslager deportiert. Im Jahr 1905, am Petersburger Blutsonntag, ließ er auf Demonstranten schießen, seine Geheimpolizei und das Militär wurden angewiesen, jeden Aufstand im Keim zu ersticken. Durch den Druck des sich anschließenden Generalstreiks in Petrograd musste der Zar im sogenannten Oktobermanifest eine Duma als zweite Kammer neben dem Reichsrat gewähren, die er aber in ihren Rechten stark beschränkte. In der Verfassung von 1906 ließ sich Nikolaus ausdrücklich den autokratischen Charakter seiner Herrschaft bestätigen. Ohne die Regierung kontrollieren und zur Verantwortung ziehen zu können, blieb die Duma weitgehend machtlos, der Zar ließ sie 1906, 1907 und 1912 auflösen. Den Rat seines früheren Finanzministers Sergei Witte, der ihm schnelle und umfassende Reformen empfahl, ignorierte er weitgehend.

Autoritätsverlust des Zaren und Niederlagen im Ersten Weltkrieg

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Nikolaus II., Gemälde von Earnest Lipgart

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs war wie in allen europäischen Staaten im Sommer 1914 mit einem nationalen Hochgefühl begrüßt worden. Nach der Wende an der Westfront (Ostfront der Mittelmächte) mit der Schlacht bei Gorlice-Tarnów 1915 erlitt Russland jedoch mehrere empfindliche Niederlagen. Im Zuge der deutschen Gegenoffensive des Jahres 1915 musste die Kaiserlich Russische Armee sich immer mehr nach Osten zurückziehen. Infolge dieses Großen Rückzugs gingen zunächst Polen, Litauen, Kurland und weite Teile des westrussischen Gebietes bis zu einer Linie von der Düna zur rumänischen Grenze verloren. Dieser regelrechte Zusammenbruch der zumeist schlecht ausgerüsteten Armee an der Westfront hatte eine schwere Krise in der obersten militärischen Führung zur Folge.

Zar Nikolaus II. und General Brussilow

Obwohl ihm auf einer Sitzung des Ministerrates seine Minister einstimmig davon abrieten, setzte der Zar den russischen Oberbefehlshaber Nikolai Nikolajewitsch ab, übernahm am 23. Augustjul. / 5. September 1915greg. selbst den Oberbefehl und ernannte General Michail Alexejew zum Generalstabschef. Am selben Tag traf er im Hauptquartier an der Kriegsfront in Mogilew ein. Die Regierung trat geschlossen zurück, nun lag der „Schlüssel des Schicksals“ des durch den Krieg und die Inflation ökonomisch stark eingeschränkten Landes bei der Armee, da der Zar jeden weiteren Rückzug und jede weitere Niederlage auch persönlich verantworten musste. Zunächst gelang es jedoch im September 1915, durch starke Gegenangriffe die Front zu stabilisieren.

Nikolaus II. widmete sich seiner neuen Aufgabe mit Hingabe und wurde in seiner Entscheidung durch den Erfolg der Brussilow-Offensive 1916 bestärkt. Andererseits desertierten allein 1916 eineinhalb Millionen russische Soldaten.[2]

Fortdauer der politischen Krise

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Im Herbst 1916 flammten die Streiks der Petrograder Arbeiter, die im Vorkriegsjahr einen Höhepunkt erreicht hatten, danach aber im Geiste des Burgfriedens nationaler Solidarität und als Folge der Mobilmachung abgeflaut waren, wieder auf. Fortan weiteten sie sich, angefacht durch dramatisch zunehmende Versorgungsprobleme sowie Brennstoffmangel und einen ungewöhnlich kalten Winter 1916/17 zu einem regelrechten Flächenbrand aus, den die Autokratie nicht mehr einzudämmen vermochte.[3] Im November schrieb Großfürst Michail Alexandrowitsch Romanow an seinen Bruder, den Zaren: „Ich bin überzeugt, dass wir auf einem Vulkan stehen und schon der kleinste Funke, der kleinste falsche Schritt eine Katastrophe für Dich, für uns alle und für Russland auslösen kann.“[4]

Durch die Missstände zerbrach der vereinbarte Burgfrieden, der erst das Stillhalten der Opposition innerhalb des Krieges sichern sollte, recht schnell. Die wachsende Protestbereitschaft der Bevölkerung zeigte sich in der Duma, die im Februar 1916 erneut zusammengetreten war. Hier hatte sich ein progressiver Block gebildet, der aus verschiedenen liberalen Parteien bis hin zu moderaten Monarchisten bestand. Er forderte eine Liberalisierung Russlands und machte sich Sorgen, dass in der Abwesenheit des Zaren der Wanderprediger Rasputin allzu großen Einfluss auf die mächtige Zarin Alexandra nehmen würde, der man eine sexuelle Affäre mit dem Mönch unterstellte. Als Rasputin am 30. Dezember 1916 ermordet wurde und die Attentäter unbehelligt blieben, wurde das als Indiz für die Wahrheit dieser Anschuldigung gedeutet. Die Autorität des Zaren, der nun als moralischer Schwächling dastand, sank weiter.[5]

Ökonomische Krise sowie Wandel der bäuerlichen Lebenswelt

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Der russische Staat machte während des Ersten Weltkrieges eine enorme Wirtschaftskrise durch. Die Erfordernisse der modernen Kriegsführung veranlassten das Zarenreich zum Ausbau der industriellen Kapazitäten. Zu deren Finanzierung wurde nach dem Scheitern von Kriegsanleihen schließlich vermehrt Geld gedruckt. Das löste im zweiten Kriegsjahr eine signifikante Inflation aus. Bis Ende 1916 verteuerten sich Arbeit und Güter um durchschnittlich 400 %. Dadurch wurde wiederum die Nahrungsmittelproduktion der Großgrundbesitzer nahezu lahmgelegt, da diese auf die Beschäftigung von Lohnarbeitern angewiesen waren.

1916 verschlechterte sich die Ernährungslage der Bevölkerung beträchtlich. Die Heeresverwaltung kaufte die Lebensmittel für die Armee in den westlichen Provinzen auf, wodurch es immer schwerer wurde, Ersatz für die Zivilbevölkerung zu beschaffen. Im Herbst 1916 begann das Schlangestehen der Bevölkerung vor den Bäckereien. Bei Streiks wurde immer lauter das Ende des Krieges und ab Oktober 1916 auch das Ende der Zarenherrschaft gefordert.

Die Kleinbauern produzierten zwar noch genügend Nahrungsmittel, allerdings wurde für sie der Verkauf ihrer Erträge unrentabel. Inflation und Konzentration auf die Fertigung für das Militär trieben Preise für industrielle Güter, die die Bauern benötigten, nach oben. Da der Strom von Fertiggütern von den Städten auf das Land versiegte, kam auch der Gegenstrom von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die Städte zum Erliegen. Des Weiteren fielen mehrere Millionen Haushalte weg, die sich bis zum Kriegsbeginn auf dem Land durch simple handwerkliche Fertigung von Gebrauchsgütern über Wasser gehalten hatten. Diese halbbäuerliche Schicht wurde teilweise durch die Verpflichtung in der Armee, zum größten Teil allerdings durch die höheren Löhne in den Fabriken der Städte geschwächt.

Russische Bauern bei der Heuernte, Photographie von Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski, 1909

Die russische Volkswirtschaft war um das Jahr 1916 immer noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt: 85 % der Bevölkerung lebte auf dem Lande,[6] ohne deren Mithilfe es keine Revolution geben konnte. Aufgrund von Not und enttäuschten Erwartungen an die Regierung war es bereits öfter zu Erhebungen der Bauern gekommen, die meist mit dem Niederbrennen von Gutshöfen, der Plünderung von Vorratsspeichern und der eigenmächtigen Inbesitznahme von Land verbunden waren, besonders jener „abgeschnittener Landstücke“, die vor der schwierigen Entflechtung von Guts- und Bauernwirtschaften im Gefolge der Aufhebung der Leibeigenschaft 1861 von der Dorfgemeinde bewirtschaftet worden waren und von dieser beansprucht wurden. Zumeist brachen solche Aufstände ebenso schnell wieder zusammen, wie sie entstanden waren.

Nach Kriegsbeginn 1914 gab es kaum agrarischen Sozialprotest. Da die große Mehrheit der Rekruten aus Dörfern kam, lebte hier kaum noch jemand, der sich gegen die Obrigkeit hätte erheben können. Erst eine neu entstehende Verbindung zwischen den Bauern in den ländlichen Regionen und den Städtern verlieh einem neu ausbrechenden Sozialprotest eine revolutionäre Qualität. Nach Manfred Hildermeier war eine Ursache der Revolution, dass der parochiale Horizont der traditionell kleinräumigen Dorfgemeinschaft aufbrach und sich „für überregional-gesamtstaatliche Probleme öffnete“.[1] Diese Öffnung sei zum einen durch die Wanderarbeit erfolgt, die Bauern saisonal oder für ganze Lebensabschnitte in die größeren Städte brachte, wo sie mit allgemeinen sozialen und politischen Fragen konfrontiert wurden und auf Angehörige der oppositionellen Intelligenz trafen. Zum anderen hätten immer mehr Bauern Militärdienst zu leisten gehabt, was sie ebenfalls außerhalb ihrer Heimatregionen brachte.

Verlauf der Revolution

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Die weitere Verschlechterung der Versorgungslage der Bevölkerung im harten Winter der Jahre 1916/1917, Zwangseintreibungen und ein neues, fehlgeschlagenes Ablieferungssystem verstärkten die Unzufriedenheit. 1917 kam es in den Industriezentren zu Hungerrevolten, Streiks und Demonstrationen. Deren Anlass war unter anderem der 12. Jahrestag des Petersburger Blutsonntages am 9. Januarjul. / 22. Januargreg.. Die Verhaftungen von Regimekritikern konnten der revolutionären Stimmung nicht entgegenwirken, sondern führten nur zu einer stärkeren Radikalisierung.

Zuspitzung der Krise

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Mittlerweile füllten sich die Petrograder Straßen mit zahlreichen hungernden und aufgebrachten Menschen, da die Lebensmittelversorgung ins Stocken geriet. Bereits nachts standen Menschen in langen Schlangen um Brot an. Es kam zu vereinzelten Plünderungen. Die Eröffnung der Duma am 14. Februarjul. / 27. Februargreg. wurde von einer Großdemonstration begleitet, die diese zu energischen Maßnahmen auffordern solle.

Am 19. Februarjul. / 4. Märzgreg. brach in den Putilow-Werken, einem Petrograder Rüstungsbetrieb, ein Streik aus. Daraufhin verfügte die Direktion die Aussperrung von 30.000 Mann. Prompt kam es zu einer Protestdemonstration gegen die katastrophale Versorgungslage. Lawinenartig dehnten sich die Proteste auf andere Betriebe aus, der Generalstreik wurde proklamiert. Tausende demonstrierten mit roten Fahnen auf dem Newski-Prospekt.

Die Arbeiterkomitees hielten es für unwahrscheinlich, von der Armee die notwendige Unterstützung für eine großangelegte proletarische Revolution zu bekommen. Daher verfolgten sie die Idee einer friedlichen Volksbewegung. Es war kein gezielter Aufruf für Streiks geplant, um gewaltsame Zwischenfälle mit der gefürchteten Polizei zu vermeiden. Aber es zeigte sich bei den ersten Zusammenstößen, dass die Soldaten größtenteils bereit waren, zum Schutz der Zivilisten (unter denen sich auch viele Soldatenfrauen befanden) gegen die Polizei, aber vor allem gegen die eigenen Offiziere vorzugehen. Insgesamt wird von etwa 170.000 Soldaten im Bereich von Petrograd ausgegangen, welche sich auf die Seite der Streikenden stellten.[7] Fabrikarbeiter aus dem Wyborger Rajon und weiteren Stadtteilen schlossen sich darauf in großer Zahl den Streiks an. Weitere Demonstrationen von Arbeiter- und Soldatenfrauen bedrohten die für den Krieg notwendigen Munitionsfabriken Petrograds und verbreiteten sich von Petrograd aus bald im ganzen Land.[8] Die Arbeiter- und Soldatenfrauen forderten einen sofortigen Ausstieg aus dem Ersten Weltkrieg, die Herausgabe von Lebensmitteln und die sofortige Abdankung des Zaren.

Aufruhr auf Grund des sich verschärfenden Lebensmittelmangels

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Am 21. Februarjul. / 6. Märzgreg. berichtete die täglich erscheinende Börsen-Gazette, dass auf der Petrograder Seite Plünderungen von Bäckereien begannen und sich dann auf die ganze Stadt ausweiteten. Durch die Straßen ziehende Menschenmengen stünden vor Bäckereien und Backwarengeschäften und schrien „Brot, Brot“. Die Streiks in den großen Rüstungs- bzw. Munitionsfabriken flammten wieder auf. Die Streiks nahmen am Folgetag weiter zu. Dessen ungeachtet reiste der Zar zum Stab der Truppen. Zuvor versicherte ihm Innenminister Alexander Protopopow, die Situation in der Hauptstadt sei vollständig unter seiner Kontrolle. Am 23. Februarjul. / 8. Märzgreg. begann in Petrograd die eigentliche Revolution. Erneut wurde in den Putilow-Werken gestreikt, die Streikenden demonstrierten für eine bessere Versorgung, vor allem mit Brot. Die Nachricht der Arbeitsniederlegungen verbreitete sich rasch auch auf andere Stadtbezirke, sodass sich Werktätige fast aller Industrieunternehmen dem Streik anschlossen. Sie bildeten mit ihren Familien lange Demonstrationszüge und riefen: „Gebt uns Brot, wir verhungern, wir brauchen Brot.“[9] Mittags um zwei Uhr traten die Arbeiterinnen in der Fabrik Ayvas ebenfalls in den Ausstand. Gegen 15 Uhr kam der Zar in Mogilew an. Abends um sieben Uhr begab sich die Belegschaft (1500 Menschen) der Vulcan-Werke ans Werktor, weil dort ein Polizei-Offizier aufgetaucht war und mit einem Revolver in der Hand forderte, ihre Versammlung aufzulösen. Ein paar Arbeiter entwaffneten und verprügelten ihn. Die Menschenmenge strömte nun auf die Straße.[10] Angeblich schloss sich mehr als die Hälfte des Petrograder Arbeiterstandes dem Aufstand an. Sehr schnell gab es in den Betrieben Wahlen zu Arbeiterräten, der Form der Selbstorganisation, die die Arbeiter schon 1905 herausgebildet hatten. Daraus entstanden in Folge Arbeiter- und Soldatenräte im ganzen Land, die den Petrograder Sowjet als ihre Regierung anerkannten.

Am 24. Februarjul. / 9. Märzgreg. schickte der Zar aus dem Hauptquartier in Mogilew ein Telegramm an den Stadtkommandanten General Sergei Chabalow den Befehl, die Unruhen in der Stadt „schon morgen zu liquidieren“.[11] Am folgenden Nachmittag schossen Angehörige des Wolhynischen Garderegiments in der Hauptstadt auf die Aufrührer, sechzig Demonstranten starben. An anderen Orten dagegen gingen Soldaten gegen die Polizei vor. Kosaken, die der Petrograder Stadtkommandant zur Entwaffnung der Aufständischen geschickt hatte, verweigerten den Befehl und nahmen stattdessen die roten Nelken entgegen, die man ihnen überreichte. Dumapräsident Michail Rodsjanko forderte den Zaren telegrafisch auf, „unverzüglich Maßnahmen zu treffen, denn morgen wird es zu spät sein.“[11] Die Stunde sei gekommen, in der über das Vaterland und die Dynastie entschieden werde. Das Telegramm blieb unbeantwortet; ob es den Zaren überhaupt erreichte, ist ungewiss.

Verwicklungen um die Duma

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Am 26. Februarjul. / 11. Märzgreg. erhielt Dumapräsident Rodsjanko telegrafisch ein Dekret des Zaren, mit dem dieser erneut die Duma auflöste.[12] Doch der Ältestenrat und die Abgeordneten weigerten sich angesichts der Unruhen, dem Folge zu leisten.

Am 27. Februarjul. / 12. Märzgreg. konstituierte der Ältestenrat ein Provisorisches Komitee zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung unter der Leitung des Dumapräsidenten Rodsjanko und eröffnete das Parlament wieder, das nun die Regierungsgeschäfte übernahm. Ein neuer Oberkommandierender wurde ernannt und Duma-Bevollmächtigte in den Ministerien eingesetzt. Das provisorische Duma-Komitee bestand bis zu den nächsten Wahlen. Staatsrechtlich gesehen war dies eine Usurpation und zugleich der entscheidende revolutionäre Akt: So wie sich im August des Jahres 1789 der Dritte Stand in der französischen Hauptstadt Paris zur Nationalversammlung erklärt hatte, so reklamierte das russische Parlament mit dieser Bekanntmachung alle Befugnisse für sich, die eben noch von der zaristischen Regierung ausgeübt wurden.[1][13] Deshalb wird dieser Montag, der 27. Februar, auch als Roter Montag bezeichnet, weil u. a. mit diesem Tage klar wird, dass neben der Beteiligung der Räte nun auch die Duma aktiv mitwirkt und damit aus der Straßenrevolte eine echte Revolution wird.

Militärische Kräfteverschiebung

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Am 27. Februarjul. / 12. Märzgreg. wechselte das Wolhynische Garderegiment in Petrograd auf die Seite der Revolution über. Das Preobrashenskij- und das Litowskij-Garderegiment folgten. Mehrere Kommandanten wurden erschossen, die Soldaten fraternisierten mit den Arbeitern, die mit der Erstürmung der Waffenarsenale ebenfalls Gewehre erhielten. Die Polizei wurde entwaffnet, in beschlagnahmten Fahrzeugen mit roten Fahnen fuhren die Revolutionäre unter lautem Jubel durch die Straßen.

Ein Teil des Moskauer Regimentes leistete kurze Zeit Widerstand. Nachdem der gebrochen war, wurden zahlreiche Offiziere getötet, und auch das Moskauer Regiment schloss sich der Erhebung an. Gerichtsgebäude, Polizeikasernen und das Kresty-Gefängnis wurden gestürmt und nach der Befreiung der Gefangenen in Brand gesteckt.

Am Nachmittag wurde auch das Gebäude der Duma von bewaffneten Soldaten und Arbeitern besetzt, und noch am Abend versammelte sich im Sitzungssaal der Duma der erste Arbeiter- und Soldatenrat. Die noch immer amtierende zaristische Regierung verhängte über Petrograd den Belagerungszustand. An einigen Orten wurden Aufständische mit Maschinengewehren beschossen, andernorts verhafteten die Aufständischen ihrerseits zaristische Würdenträger im Namen des Arbeiter- und Soldatenrates. Die bisherigen Ereignisse überrollten auch die Arbeiterkomitees. Hier herrschte bislang die Meinung, dass von der Armee Hilfe nicht zu bekommen sei. Nun riefen auch sie zur Unterstützung der sich schnell ausbreitenden Bewegung auf.

Der Zar schrieb in sein Tagebuch: „Ging um 3½ zu Bett, weil ich noch lange mit N. I. Iwanow gesprochen habe, den ich mit Truppen nach Petrograd schicke, um Ordnung zu schaffen.“[14] Um fünf Uhr morgens verließ er das Hauptquartier in Mogilew, um zu seiner Familie nach Zarskoje Selo zu fahren, seiner Sommerresidenz. Dorthin beorderte er zu seinem Schutz auch Truppen von der Kriegsfront.

Ausweitung des Aufstands

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Am 28. Februarjul. / 13. Märzgreg. brach der Aufstand in Moskau aus und nahm einen ähnlichen Verlauf wie in Petrograd. Im Taurischen Palast in Petrograd bildeten sich zwei politische Zentren: Im rechten Flügel die Provisorische Regierung unter Fürst Georgi Lwow, im linken Flügel der Sowjet mit den Delegierten der Arbeiter und Soldaten.

Währenddessen bemächtigten sich die Revolutionäre in Petrograd aller Bahnhöfe, des Telefonamtes, der Peter-Pauls-Festung und der Admiralität. Zarskoje Selo wurde von Aufständischen besetzt und die Kaiserin fortan bewacht. Der Zug des Zaren musste nachts bei Wischera umkehren, weil Ljuban und Tosno bereits in den Händen der Aufständischen waren. Er fuhr nach Pskow, dem Hauptquartier der Nordfront, die sich vom Zaren abgewandt hatte. Hier meldete deren Befehlshaber, General Nikolai Russki, dem Zaren den Ausbruch der Revolution in Petrograd und riet ihm, abzudanken und sich der Gnade der Sieger zu ergeben. Die Aussicht auf eine Niederschlagung des Aufstands war in den Augen der Generäle in Pskow so gering, dass sie den Zaren dazu zwangen, einer neuen Regierung des gesellschaftlichen Vertrauens zuzustimmen. Dies genügte den neuen Machthabern in Petrograd aber lange nicht, sie forderten den Thronverzicht des Zaren, einige sogar seinen Tod.

Abdankung von Zar Nikolaus

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Eine der letzten Aufnahmen des Zaren in seiner Armeeuniform, die er bis zum Schluss trug
Der Winterpalast in Petrograd war Sitz der Zarenfamilie
Grabmal der letzten Zarenfamilie in der Peter-Paul-Kathedrale

Am 1.jul. / 14.greg. März wurde Nikolaus sowohl vom Duma-Präsidenten Rodsjanko als auch von Michail Alexejew, dem Stabschef und damit de facto Befehlshaber aller Armeen[15] telegraphisch aufgefordert abzudanken. Russki, der Befehlshaber der Nordfront, berichtete ihm über ein langes Telefongespräch mit Dumapräsident Rodsjanko, wonach seine Abdankung unerlässlich sei. Russki gab den Inhalt des Gespräches an das Hauptquartier weiter, und von dort ging es an alle Befehlshaber der Armeen. Bis zum frühen Nachmittag sprachen sich ausnahmslos alle für die Abdankung des Zaren aus. Nikolaus unterzeichnete in der folgenden Nacht ein Manifest, in dem er ein dem Parlament verantwortliches Ministerkabinett einberief, doch Rodsjanko, der davon telefonisch in Kenntnis gesetzt wurde, antwortete, dieses Zugeständnis komme viel zu spät, erforderlich sei vielmehr die Abdankung des Zaren.

Am 2.jul. / 15.greg. März vereinbarten Duma und Arbeiter- und Soldatenrat, dass der Zar abgesetzt sei und eine Provisorische Regierung gebildet werde. Um 15 Uhr gab der Fraktionsvorsitzende der liberalen Kadettenpartei Pawel Miljukow im Taurischen Palast eine Liste der neuen Minister mit seinem Parteifreund Fürst Georgi Lwow an der Spitze bekannt. Die von den Soldaten verhafteten Minister des Zaren wurden in die Peter-Pauls-Festung überführt. Gegen 22 Uhr trafen Alexander Gutschkow vom Reichsrat und der Duma-Abgeordnete Wassili Schulgin aus Petrograd im Salonwagen des Zarenzuges ein. Gutschkow berichtete dem Zaren, es bestehe die Gefahr, dass Petrograd und die Front in die Hände von Anarchisten falle und die Gemäßigten hinweggefegt würden. Das Volksempfinden könne nur beruhigt werden, wenn Nikolaus zugunsten seines kleinen Sohnes zurücktreten und Großfürst Michail die Regentschaft übertrage. Der Zar erwiderte, er habe das tun wollen, doch aufgrund der Krankheit des Zarewitsch könne er sich nicht von ihm trennen. Eigenhändig änderte er das am Morgen ausgearbeitete Abdankungsmanifest zugunsten seines Bruders, des Großfürsten Michail, und übergab es um 23:40 Uhr an Gutschkow. Auf Bitten der Deputierten fügte er einen Zusatz über den Eid des neuen Zaren auf die Verfassung ein. Gleichzeitig unterzeichnete er Ukasse, in denen er Fürst Lwow zum Vorsitzenden des Ministerrates und Großfürst Nikolai Nikolajewitsch wieder zum Oberbefehlshaber ernannte. Um nicht den Eindruck zu erwecken, Nikolaus habe unter dem Druck der angereisten Deputierten gestanden, wurden die Abdankungsurkunde und die Ukasse auf den 15. März, 15 Uhr und 14 Uhr vordatiert.

Thronverzicht von Großfürst Michail

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Großfürst Michail erfuhr zunächst nicht, dass er und nicht sein Neffe Alexei Thronfolger sein sollte, da sein Bruder ihn nicht telegrafisch über sein Vorgehen informierte. Die Provisorische Regierung beschloss, auch Michail zum Thronverzicht zu bewegen. Auf Drängen Lwows, Kerenskis und anderer Duma-Mitglieder unterzeichnete der Großfürst am 3.jul. / 16. Märzgreg. März ein von dem Kadettenpolitiker Wladimir Dmitrijewitsch Nabokow formuliertes Schreiben, in dem er auf den Thron verzichtete und dazu aufrief, sich der Provisorischen Regierung unterzuordnen. Er sei bereit, die Thronfolge anzutreten, sofern das Volk zu einem späteren Zeitpunkt dies in geheimen Wahlen entscheiden sollte. So hoffte Michail, die Monarchie in Russland erhalten zu können. Durch die Probleme der provisorischen Regierungen in den folgenden Monaten und die Machtübernahme der Bolschewiki durch die Oktoberrevolution geriet dies aber aus dem Bereich des Möglichen. Damit endete die 300-jährige Herrschaft der Romanow-Dynastie.

Am 8.jul. / 21. Märzgreg. März wurde Nikolaus II. in Haft genommen und nach Internierung in Zarskoje Selo mit seiner Familie nach Sibirien verbannt.[16][17] Später wurde auch Michail arrestiert und in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 1918 ermordet. Nachdem Nikolaus II. und seine Familie im April 1918 nach Jekaterinburg verlegt worden waren, wurden auch sie dort am 16./17. Juli 1918 ermordet.

Regierungsbildung im neuen Staat

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Das aus dem Rücktritt von Zar und Regierung entstandene Machtvakuum wurde von zwei Institutionen gefüllt: von der Duma und dem wieder gebildeten Petrograder Sowjet. Beide mussten sich sofort mit der Bildung einer Exekutive beschäftigen. Ein erster Kompromiss fiel im Überschwang des Sieges der Revolution vergleichsweise leicht. Die Menschewiki, die im Sowjet die Mehrheit hatten, nahmen als Marxisten an, der historischen Entwicklungsstufe der feudalistischen Monarchie müsse zunächst eine bürgerlich-kapitalistische Demokratie folgen. Daher müsse dem liberalen Bürgertum in der Duma das Feld gehören. Hinzu kam wohl auch, dass die liberalen Politiker um den hoch geschätzten Fürst Lwow und den unbestrittenen Kopf der Kadetten Miljukow über parlamentarische Erfahrung, eine komplette Mannschaft aus den Reihen des Progressiven Blocks und ein Programm verfügten.

Die streikenden Soldaten und ihre radikalen Deputierten in den Räten mussten aber noch gewonnen werden. Sie setzten ihr wichtigstes unmittelbares Anliegen durch, als sie dem Exekutivrat des Sowjets den berühmten Befehl Nr. 1 des Petrograder Sowjets, der die Wahl von Regimentskomitees und die Unterstellung der Regimenter unter die Sowjets sowie die Einrichtung von Soldatenräten in jeder militärischen Einheit verfügte, abrangen. Eine Wahl aller Offiziere durch die Mannschaften war zwar vorgesehen, wurde aber nach Kritik der Offiziere wieder zurückgezogen. Die Verhandlungsführer der Sowjets forderten in den Gesprächen mit dem Dumakomitee am 11. März als Konsequenz aus diesem Dekret zwar auch die Wahl der Offiziere, ließen die Forderung aber mit Rücksicht auf die Kampfkraft der Armee im laufenden Krieg fallen. In Folge dieses Befehles wuchs die bereits erhebliche Unruhe unter den Soldaten weiter an.

Am Nachmittag des 2. März verkündete Miljukow im Taurischen Palais, dem Sitz der Duma, die Einigung und stellte das neue Kabinett der Provisorischen Regierung unter Fürst Lwow vor. Damit war der Übergang von einer Autokratie zur Herrschaft des – wenn auch nicht demokratisch gewählten, so doch von den aufständischen Arbeitern und Soldaten akzeptierten – Parlaments vollzogen.

Noch wichtiger als der Kompromiss zwischen den neuen Machtzentren vor Ort aber war die stillschweigende Billigung der Generäle. Diese hegten keine Sympathie für Liberalismus und Demokratie, sondern waren einzig an der Verteidigungsfähigkeit und der Fortsetzung des Krieges interessiert. Im Loyalitätskonflikt zwischen Monarchie und Nation entschied sich der Generalstab für die Nation. Die Schwäche der zaristischen Armee lag weniger in der Moral ihrer Soldaten und deren Ausrüstung als in ihrer inneren Zerrissenheit zwischen adligen Gutsbesitzern, die zumeist die Offiziere stellten, und den Massen der Landlosen oder Kleinbauern in den Mannschaften. Klassenkampfparolen zündeten deshalb nicht zuletzt in der Armee. Die Soldaten gaben somit, noch stärker als die Arbeiterschaft, im Laufe des Jahres 1917 den entscheidenden Rückhalt der Revolution.

Die neue Freiheit und Volkssouveränität regierte nur ein halbes Jahr, bis es vor den geplanten demokratischen Wahlen im Oktober zur Oktoberrevolution durch die Bolschewiki kam. Es gelang der provisorischen Regierung zwar vergleichsweise leicht, die Reste des aufgelösten Ancien Régimes zu beseitigen und ihre neuen demokratischen Grundsätze in den ländlichen Gebieten zu festigen, sie vermochte jedoch weder die Versorgung der Menschen sicherzustellen, noch die Wirtschaftskrise und die Inflation zu beheben und Frieden zu schaffen. An diesen wichtigen Aufgaben scheiterte das Februarregime.

In den folgenden Monaten der Doppelherrschaft stand der provisorischen Regierung der Petrograder Arbeiter- und Soldatenrat mit einem Exekutivkomitee an der Spitze gegenüber, das zunächst vor allem aus Menschewiki und Parteilosen gebildet wurde. Ziel des Sowjets war die Herstellung der Ordnung und der Versorgung sowie die endgültige Beseitigung der Zarenherrschaft. Eine konstituierende Versammlung auf Basis allgemeiner Wahlen sollte über die Regierungsform entscheiden.

Der neue Außenminister Miljukow wollte den schon drei Jahre andauernden Krieg fortsetzen, das Bündnis mit Frankreich und England aufrechterhalten und einen Sieg über die Mittelmächte erreichen. Demgegenüber sah sich der Petrograder Sowjet in der Pflicht, um seinen Rückhalt in der Bevölkerung zu festigen, die Soldaten zu gleichberechtigten Bürgern zu machen. Im April betrat mit Wladimir Iljitsch Lenin ein weiterer Akteur die Bühne des revolutionären Russland. Unter Mithilfe des Deutschen Kaiserreichs war der Führer der Bolschewiki aus dem Schweizer Exil zurückgekehrt (→ «Reise Lenins im plombierten Wagen») und forderte in seinen viel beachteten Aprilthesen eine Landreform, eine Übertragung der staatlichen Macht an die Räte und eine sofortige Beendigung des Krieges. Eine Zusammenarbeit mit der provisorischen Regierung lehnte er ab. Versuche des Kriegsministers und späteren Vorsitzenden der Provisorischen Regierung, Kerenski von der agrarsozialistischen Partei der Trudowiki, durch eine militärische Offensive eine bessere Verhandlungsposition für Friedensverhandlungen mit den Mittelmächten zu erreichen, scheiterten.

Für den jungen Staat, der sich durch die Februarrevolution in einem ersten Schritt des Zaren als Regenten entledigt hatte, stand noch eine Reihe dramatischer Entwicklungen bevor. Der Weltkrieg war noch nicht zu Ende, der Machtkampf zwischen Menschewiki und Bolschewiki sollte sich im Herbst 1917 in der Oktoberrevolution entladen. Der darauf folgende Russische Bürgerkrieg dauerte bis 1920, endete mit einem Sieg der Bolschewiki und führte zur Konstituierung der UdSSR im Jahre 1922.

Einzelnachweise

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  1. a b c Manfred Hildermeier: Russische Revolution. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2004, ISBN 3-596-15352-2, Seitenzahl fehlt.
  2. Janusz Piekalkiewicz: Der Erste Weltkrieg. 2004, S. 479.
  3. Manfred Hellmann (Hrsg.): Die russische Revolution 1917. Von der Abdankung des Zaren bis zum Staatsstreich der Bolschewiki. Deutscher TB Verlag, München 1984, ISBN 3-423-02903-X, Seitenzahl fehlt.
  4. Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: „Geliebter Nicky“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie. Edition Q, Berlin 2002, S. 299.
  5. Dietmar Neutatz: Träume und Alpträume. Eine Geschichte Russlands im 20. Jahrhundert. C.H. Beck, München 2013, S. 143.
  6. Jörg Baberowski, Robert Kindler und Christian Teichmann: Revolution in Russland 1917–1921. Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, Erfurt 2007, S. 21 (online, Zugriff am 6. Juni 2014.)
  7. Maurice Paléologue: Am Zarenhof während des Weltkrieges. Band 2, F. Bruckmann, München 1929, DNB 367010216.
  8. Andreas Kappeler: Russische Geschichte. Beck, München 1997, ISBN 3-406-41876-7, Seitenzahl fehlt.
  9. Stinton Jones: Russia in Revolution – By an eye-witness. H. Jenkins, London 1917, S. 79 f.
  10. N. Starilov: Chronik der Revolution. 1991, Online-Ausgabe
  11. a b Valentin Gitermmann: Die russische Revolution. In: Propyläen-Weltgeschichte: Band 9, Halbband I: Das zwanzigste Jahrhundert. Propyläen, Berlin 1976, S. 136.
  12. Stinton Jones: Russia in Revolution – By an eye-witness. H. Jenkins, London 1917, S. 101 f.
  13. Georg von Rauch: Geschichte der Sowjetunion (= Kröners Taschenausgabe. Band 394). 7., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-39407-3, Seitenzahl fehlt.
  14. Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: „Geliebter Nicky“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie. Edition Q, Berlin 2002, S. 329.
  15. hrono.ru
  16. Alexander Nikolajewitsch Jakowlew: A Century of Violence in Soviet Russia. Yale University Press, New Haven / London (Ein Jahrhundert der Gewalt in Sowjetrussland. Berlin Verlag, 2004, ISBN 3-8270-0547-7).
  17. Edith M. Almedingen: Die Romanows. Die Geschichte einer Dynastie. Russland 1613–1917. Universitas, München 1991, ISBN 3-8004-1250-0.
  • Arthur Lehning: Anarchismus und Marxismus in der russischen Revolution. Karin Kramer Verlag, Berlin 1971.
  • Alexander Berkman: The Russian Revolution, 1917. New York 2000.
  • Ėduard Nikolaevich Burdzhalov, Donald J. Raleigh: Russia’s Second Revolution: The February 1917 Uprising in Petrograd. Indiana University Press, 1987, ISBN 0-253-20440-2.
  • Richard Lorenz (Hrsg.): Die Russische Revolution 1917. Der Aufstand der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1981, ISBN 3-485-03229-8.
  • Juri Buranow, Wladimir Chrustaljow: Die Zarenmörder. Vernichtung einer Dynastie. Aufbau, Berlin 1999, ISBN 3-7466-8011-5.
  • D. Mandel: The Petrograd workers and the Fall of the Old Regime. London, 1990.
  • S. A. Smith: Red Petrograd: Revolution in the Factories, 1917–1918. Cambridge 1983.
  • R. Sities: Revolutionary Dreams. Utopian Vision and Experimental Life in the Russian Revolution. New York 1989.
  • Olga Barkowez, Fjodor Fedorow, Alexander Krylow: „Geliebter Nicky…“. Der letzte russische Zar Nikolaus II. und seine Familie. edition q in der Quintessenz Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-86124-548-5.
  • Valentin Gitermann: Die russische Revolution. In: Propyläen-Weltgeschichte: Das zwanzigste Jahrhundert. Halbband 1 (= Propyläen-Weltgeschichte, Band 9 = Ullstein Buch Nr. 4737). Frankfurt am Main / Berlin 1976, ISBN 3-548-04737-8.
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