„Johann I. (Brandenburg)“ – Versionsunterschied
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'''Johann I.''' (* um |
'''Johann I.''' (* um 1213; † nach dem [[3. Juni]] [[1266]]) war von 1220 bis zu seinem Tod, gemeinsam mit seinem Bruder [[Otto III. (Brandenburg)|Otto III.]] ''dem Frommen'', [[Markgraf]] der [[Mark Brandenburg]]. |
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Die Regierungszeit der beiden [[Askanier|askanischen]] Markgrafen war gekennzeichnet durch den weiträumigen [[Landesausbau]] nach Osten, der die letzten Teile des [[Teltow (Landschaft)|Teltow]] und des [[Barnim]]s, die [[Uckermark]], das [[Herrschaft Stargard|Land Stargard]], das [[Land Lebus]] und erste Teile östlich der [[Oder]] in der [[Neumark (Landschaft)|Neumark]] einbezog. Die innenpolitische Bedeutung und Stellung der Mark Brandenburg im [[Heiliges Römisches Reich|Heiligen Römischen Reich]] konnten sie nachhaltig festigen, was unter anderem darin zum Ausdruck kam, dass Johanns Bruder Otto 1256 Kandidat für die Besetzung des Königsthrons im Reich war. Zudem gründeten sie verschiedene Städte und machten sich besonders um die Entwicklung der beiden Berliner [[Gründungsstadt|Gründungsstädte]] [[Alt-Kölln|Cölln]] und [[Berlin]] verdient. Die benachbarte askanische Burg in [[Berlin-Spandau|Spandau]] bauten sie zu ihrer bevorzugten Residenz aus. |
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Johann war der älteste Sohn [[Albrecht II. (Brandenburg)|Albrechts II.]] von Brandenburg und der Mathilde (Mechthild) von der Lausitz. |
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Noch vor ihrem Ableben teilten sie die Mark im Zuge der Erbregelungen in die ''Johanneische'' und ''Ottonische Linie'' und stifteten 1258 unter dem Namen Mariensee das [[Zisterzienser]]-[[Kloster Chorin]], da die traditionelle askanische [[Grablege]] [[Kloster Lehnin]] bei der Ottonischen Linie verblieb. Nach dem Aussterben der Ottonier 1317 kamen die beiden Landesteile unter Johanns I. Enkel [[Waldemar (Brandenburg)|Waldemar]] wieder zusammen. |
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''siehe auch:'' [[Marsilius de Berlin]] |
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[[Datei:Johann Otto Siegesallee1.JPG|mini|[[Siegesallee]] in [[Berlin]] mit dem [[Doppelstandbild]] für die Markgrafen Johann I. und [[Otto III. (Brandenburg)|Otto III.]] Die Nebenfigur links zeigt den Pfarrer Simeon von [[Alt-Kölln|Cölln]], die Figur rechts [[Marsilius de Berlin|Marsilius von Berlin]]. Bildhauer: [[Max Baumbach]], enthüllt 1900.]] |
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[[Datei:Städtegründer.jpg|mini|Die brüderlichen Städtegründer (heute in der Zitadelle Spandau)]] |
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[[Datei:18-08-16-Silberdenar-Markgrafenschaft-Brandenburg-1250-avers.jpg|mini|Silberdenar der Kurfürsten Johann I. und Otto III. von etwa 1250, dargestellt ist ein Kurfürst mit zwei Bäumchen]] |
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== Leben == |
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=== Zeit der Vormundschaft === |
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Johann war der ältere Sohn [[Albrecht II. (Brandenburg)|Albrechts II.]] von Brandenburg aus dem Geschlecht der Askanier und der Mathilde (Mechthild) von der Lausitz, Tochter des Grafen [[Konrad II. (Lausitz)|Konrads II. von Groitzsch]] aus einem Nebenzweig der [[Wettiner]]. |
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[[Datei:Kloster Chorin Nordansicht ZfB.jpg|mini|Stiftung Johanns I. und Ottos III. [[Kloster Chorin]], Nordansicht 1854]] |
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Da sowohl Johann als auch sein zwei Jahre jüngerer Bruder [[Otto III. (Brandenburg)|Otto]] beim Tod des Vaters im Jahr 1220 unmündig waren, übertrug Kaiser [[Friedrich II. (HRR)|Friedrich II.]] die ihm zufallende Lehnsvormundschaft dem Erzbischof [[Albrecht I. von Käfernburg|Albrecht I.]] von [[Bistum Magdeburg|Magdeburg]]; die [[Vormundschaft]] übte Graf [[Heinrich I. (Anhalt)|Heinrich I.]] von [[Anhalt]], der ältere Bruder Herzog [[Albrecht I. (Sachsen)|Albrechts I.]] von [[Sachsen]] und Vetter Albrechts II. aus. Als Söhne Herzog [[Bernhard III. (Sachsen)|Bernhards]] von Sachsen waren beide die nächsten Verwandten väterlicherseits, wobei Heinrich die älteren Rechte hatte. |
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1221 kaufte die Mutter, Gräfin Mathilde, dem Magdeburger Erzbischof die Lehnsvormundschaft gegen 1900 [[Mark (Gewicht)|Mark]] Magdeburger [[Silber]]s ab und regierte anschließend gemeinsam mit Heinrich I. an ihrer Söhne statt.<ref>Stefan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin …'', S. 62</ref> Als der Magdeburger Erzbischof bald darauf zu Kaiser Friedrich II. nach Italien reiste, versuchte Sachsenherzog Albrecht sich die Lage zunutze zu machen, was zum Zerwürfnis mit seinem Bruder Heinrich I. führte. Die sächsischen Übergriffe veranlassten Mechthilds Schwager, Graf [[Heinrich (V.) der Ältere von Braunschweig|Heinrich I.]] von [[Herzogtum Braunschweig-Lüneburg|Braunschweig-Lüneburg]] zu intervenieren. Friedrich II., ein Onkel von mütterlicher Seite, verhinderte eine offen ausgetragene Fehde und forderte die sächsisch-anhaltinischen Brüder auf, den Frieden zu bewahren. |
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Wahrscheinlich seit dem Tod ihrer Mutter im Jahre 1225 übten die Brüder die Lehnsherrschaft über die Mark Brandenburg gemeinsam aus; sie waren zu diesem Zeitpunkt vermutlich im Alter von zwölf (Johann I.) und zehn (Otto III.) Jahren. 1231 sollen sie in der [[Neustadt Brandenburg]] die [[Schwertleite]] erhalten haben – ''dieses Jahr wird als offizieller Beginn ihrer Regierungszeit gewertet.''<ref>''Marca Brandenburgensis'' [http://www.brandenburg1260.de/johann1_und_otto3.html brandenburg1260.de]</ref> |
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=== Innenpolitik === |
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[[Datei:1253 Frankfurt (Oder).png|mini|Urkunde Johanns I. von 1253 mit der Erhebung [[Geschichte der Stadt Frankfurt (Oder)|Frankfurts an der Oder]] (''Vrankenvorde'') zur Stadt]] |
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Nach dem Tod Graf Heinrichs von Braunschweig-Lüneburg (1227) unterstützten die Brüder dessen Neffen, ihren Schwager [[Otto I. (Braunschweig)|Otto das Kind]], der sich gegen staufische Ansprüche und die eigenen Ministerialen nur mit Waffengewalt durchsetzen konnte. 1229 kam es zu einer Fehde mit dem früheren Lehnsvormund Erzbischof Albrecht, die friedlich beendet wurde. Wie ihre früheren Widersacher und Verteidiger erschienen sie 1235 auf dem Reichstag zu Mainz, auf dem der [[Mainzer Landfrieden]] verkündet wurde. |
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Nach den Auseinandersetzungen um die Königsherrschaft [[Konrad IV. (HRR)|Konrads IV.]] und [[Heinrich Raspe IV.|Heinrich Raspes]] erklärten sie 1251 König [[Wilhelm von Holland]] ihre Anerkennung; 1257 übten sie bei der Wahl [[Alfons X.|Alfons X.]] von Kastilien erstmals das brandenburgische Kurrecht aus. 1256 war [[Otto III. (Brandenburg)|Otto III.]] (auch: Otto der Fromme) einer der Anwärter auf die Königswürde. Zwar wurde er nicht König, doch drückt die Kandidatur die gewachsene innenpolitische Bedeutung aus, die die 1157 von [[Albrecht I. (Brandenburg)|Albrecht dem Bären]] gegründete Mark unter der Regentschaft der Brüder gewonnen hatte. War die Mark in den ersten Jahren als eigenständiges Fürstentum kaum wahrgenommen worden, erhielt sie in den 1230er/1240er Jahren endgültig das Reichskämmereramt. Die Beteiligung der Markgrafen an der Wahl des deutschen Reichsoberhauptes galt seit Mitte des 13. Jahrhunderts als unverzichtbar.<ref name="Partenheimer.195">Lutz Partenheimer: ''Albrecht der Bär …'', S. 195</ref> |
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=== Landesausbau === |
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Gemeinsam mit seinem Bruder erweiterte Johann I. das Gebiet der Markgrafschaft und baute Marktflecken oder Burgstandorte wie [[Berlin-Spandau|Spandau]], [[Alt-Kölln|Cölln]], [[Berlin]] und [[Prenzlau]] zu zentralen Orten oder Städten aus. Dazu zählten auch die von ihm 1248 gegründete und ungewöhnlich reich ausgestattete Stadt [[Neubrandenburg]] in der Herrschaft Stargard sowie [[Frankfurt (Oder)|Frankfurt/Oder]], das Johann I. nach der Entsendung eines [[Lokator]]s 1253 zur [[Stadtrecht|Stadt erhob]]. |
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==== Teltow-Krieg und Vertrag von Landin ==== |
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Die letzten Teile des [[Barnim]]s und die südliche [[Uckermark]] bis zur [[Welse (Oder)|Welse]] kamen 1230/1245 zur Mark Brandenburg. Am 20. Juni 1236 erwarben die beiden Markgrafen im [[Vertrag von Kremmen]] das [[Herrschaft Stargard|Land Stargard]] nebst [[Beseritz]] und [[Wustrow (Mecklenburgische Seenplatte)|Wustrow]] von Herzog [[Wartislaw III.]] von Pommern. Noch im gleichen Jahr 1236 ließen die Askanier zur Sicherung ihrer nördlichsten Landesteile mit dem Bau der [[Burg Stargard (Burg)|Burg Stargard]] beginnen. |
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Obwohl dicht bei Berlin-Cölln gelegen und heute Berliner Stadtteil, gelangte der ehemalige Hauptsitz der Sprewanen, die slawische Burg [[Berlin-Köpenick|Köpenick]] (''Copnic'' = ''Inselort'') am Zusammenfluss von [[Spree]] und [[Dahme (Fluss)|Dahme]], erst 1245 nach einem siebenjährigen Entscheidungskampf um den Barnim und den Teltow gegen die Meißner [[Wettiner]] unter die askanische Herrschaft. Nach diesem [[Teltow-Krieg und Magdeburger Krieg|Teltow-Krieg]] war auch die wettinische Festung [[Mittenwalde]] im Besitz der Markgrafen, die ihre Herrschaft in der Folge konsequent weiter nach Osten ausbauten. 1249 erreichte der askanische Besitz mit Teilen des [[Land Lebus|Landes Lebus]] die [[Oder]]. |
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[[Datei:Barnimteltow um 1250.png|mini|Orte auf dem [[Teltow (Landschaft)|Teltow]] und [[Barnim]] um 1250]] |
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[[Datei:Karte Mark Brandenburg 1320.png|mini|Die askanische [[Mark Brandenburg]] um 1320]] |
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Als 1250 die Pommernherzöge im [[Vertrag von Landin]] die nördliche Uckermark (''Terra uckra'') bis zur Welse, [[Randow]] und Löcknitz im Tauschgeschäft gegen das halbe Land [[Wolgast]] an die Askanier abgetreten hatten, hatten Johann I. und Otto III. endgültig die Grundlage für die deutsche Besiedelung der ''Terra trans Oderam'' geschaffen. Bei diesem Tausch kam ihnen die [[Heiratspolitik]] zugute, denn Johanns erste Frau Sophia, die Tochter König [[Waldemar II. (Dänemark)|Waldemars II.]] von [[Dänemark]], hatte 1230 halb Wolgast als [[Mitgift]] in die Ehe gebracht. ''Der Vertrag von Landin aus dem Jahr 1250 gilt als Geburtsstunde der Uckermark.''<ref>Uwe Michas: ''Die Eroberung und Besiedlung …'', S. 41</ref> |
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==== Neumark und Stabilisierungspolitik ==== |
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Für die Besiedlung der späteren Neumark wurden im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts deutsche Siedler von Herzog [[Leszek I.]] angeworben. Mit seinem Tod 1227 verfiel die polnische Zentralmacht endgültig, was den Markgrafenbrüdern die Möglichkeit gab, nach Osten zu expandieren. Durch Landerwerb überschritten sie die Oder und bauten ihren Herrschaftsbereich weiter nach Osten bis zum Fluss [[Drawa|Drage]] und nach Norden bis zum Fluss [[Persante]] aus. 1257 gründete Markgraf Johann I. [[Gorzów Wielkopolski|Landsberg]] als Flussübergang an der [[Warthe]] kurz vor dem bisherigen Pass bei [[Santok|Zantoch]], um diesem polnischen Ort die beträchtlichen Einnahmen aus dem Fernhandel (Zoll, Gebühren vom Marktbetrieb und Niederlagerecht) abzuziehen (nach dem Parallelbeispiel von [[#Ausbau Cöllns und Berlins|Berlin als Gegengründung zu Köpenick]]). 1261 kauften die Markgrafen vom [[Templerorden]] die Stadt [[Myślibórz|Soldin]], die sich zum Machtzentrum der [[Neumark (Landschaft)|Neumark]] entwickelte. |
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Zur Stabilisierung der neuen Landesteile griffen die beiden Markgrafen auf das bewährte askanische Mittel von Klostergründungen und Besiedlungen zurück. Bereits um 1230 hatten sie die Gründung des Zisterzienser [[Kloster Paradies (Woiwodschaft Lebus)|Klosters Paradies]] durch den polnischen Grafen [[Nicolaus Bronisius]] in der Nähe von [[Międzyrzecz]] (''Meseritz'') als [[Filiation (Zisterzienser)|Filiation]] von Lehnin unterstützt. Die Verbindung mit dem polnischen Grafen diente der Grenzsicherung gegen Pommern und bereitete die Übernahme dieses Neumarkteils wirtschaftlich vor. Als Siedler kam beispielsweise das später adlige Geschlecht [[Sydow (deutsches Adelsgeschlecht)|von Sydow]] in die neue Mark. Im Westen der heutigen polnischen [[Woiwodschaft Westpommern]] belehnten sie die Adelsfamilie [[Jagow (Adelsgeschlecht)|von Jagow]] mit der Kleinstadt [[Cedynia|Zehden]]. |
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Den Landesausbau und das Drängen der Askanier zur [[Ostsee]], mittleren Oder und Uckermark resümiert Stefan Warnatsch wie folgt: „''Der große Erfolg des Herrschaftsausbaus im 13. Jahrhundert war vor allem das Verdienst der Urenkel Albrecht des Bären […]. Sie griffen in ihrer Herrschaftskonzeption räumlich und konzeptionell deutlich weiter als ihre Vorgänger.''“<ref>Stefan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin …'', S. 26</ref> Laut [[Lutz Partenheimer]] „''hatten die Askanier [um 1250] ihre magdeburgischen, wettinischen, mecklenburgischen, pommerschen, polnischen und kleineren Konkurrenten an allen Fronten zurückgedrängt.''“<ref name="Partenheimer.195" /> Allerdings konnten Johann I. und Otto III. die strategisch wichtige Verbindung zur Ostsee, die sie unter Umgehung Pommerns entlang der Oder und später durch die Neumark erreichen wollten, nicht herstellen. |
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=== Entwicklung des Berliner Raums {{Anker|Berlin}} === |
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Die Entwicklung des Berliner Raums ist eng mit der Politik der beiden Markgrafen verbunden. Während die beiden Gründungsstädte Berlins (Cölln und Berlin) relativ späte Gründungen aus der Zeit um 1230/1240 sind (neuere Analysen 1170/1200, s. u.<ref>Wolfgang Fritze: ''Gründungsstadt Berlin. Die Anfange von Berlin-Cölln als Forschungsproblem.'' Potsdam 2000, ISBN 3-932981-33-2. Hier ist zu unterscheiden zwischen Siedlungsbeginn um 1170 und Stadtrechtsverleihung um 1240.</ref>), bestanden die heutigen Berliner Ortskerne Spandau und Köpenick als Burgwälle bereits zu slawischer Zeit (etwa ab 720) und hatten dadurch naturgemäß zunächst eine größere strategische und politische Bedeutung als die erst ab etwa 1170 entstehenden Kaufmannsniederlassungen Berlin und Cölln. Die Grenze zwischen den [[Slawen]]stämmen der Heveller und Sprewanen verlief lange mitten durch das heutige Berlin. Spandau war als östlicher Vorposten der [[Heveller]] unter [[Pribislaw (Heinrich)|Pribislaw-Heinrich]] bereits um 1130, allerdings nur sehr indirekt, über einen (erst 1150 fällig gewordenen) Erbvertrag zwischen [[Albrecht I. (Brandenburg)|Albrecht dem Bären]] und [[Pribislaw (Heinrich)|Pribislaw-Heinrich]] mit der Mark verbunden, während Köpenick endgültig erst 1245 hinzukam. |
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==== Residenz Spandau ==== |
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[[Datei:Plauer see havel nah.jpg|mini|[[Plauer See (Brandenburg)|Plauer See]], Schauplatz der verlorenen Schlacht 1229]] |
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Nach einer Schlacht am [[Plauer See (Brandenburg)|Plauer See]] in der Nähe [[Kloster St. Pauli (Brandenburg an der Havel)|ihrer Residenz]] [[Brandenburg an der Havel]], die sie 1229 gegen Truppen des Magdeburger Erzbischofs, ihren früheren Lehnsvormund, verloren hatten, mussten die Markgrafen in ihre Spandauer Burg flüchten, ''da sich die Brandenburger wegen der unmittelbar nachsetzenden Magdeburger weigerten, die Stadttore zu öffnen.''<ref>Stefan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin …'', S. 63</ref> In der Folgezeit machten die Brüder Spandau – neben [[Tangermünde]] in der [[Altmark]] – zu ihrer bevorzugten Residenz. So sind zwischen 1232 und 1266 allein siebzehn bezeugte Aufenthalte in Spandau nachweisbar, mehr als an jedem anderen Ort.<ref>Felix Escher: ''Der Wandel der Residenzfunktion. …'', S. 161</ref> |
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Sehr wahrscheinlich hatte bereits Albrecht der Bär noch vor oder kurz nach seinem Sieg gegen Jaxa (wahrscheinlich [[Jaxa von Köpenick]]<ref>Obwohl gängige Geschichtsschreibung, ist nicht völlig gesichert, ob es sich bei dem Jaxa, der 1157 mit Albrecht dem Bären im Kampf lag, und Jaxa von Köpenick um dieselbe Person gehandelt hat. Siehe [[Jaxa von Köpenick]].</ref>) im Jahr 1157 die slawische Anlage auf der Burgwallinsel zur Grenzsicherung nach Osten ausbauen lassen. Gegen Ende des Jahrhunderts verlegten die Askanier vermutlich wegen des steigenden Grundwasserspiegels ihre Burg rund einen Kilometer nördlich in den Bereich der heutigen [[Zitadelle Spandau]]. Für 1197 kann der Nachweis einer askanischen Burg als gesichert gelten.<ref>Winfried Schich: ''Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau.'' …, S. 63f</ref> Johann I. und sein Bruder bauten die Anlage aus und förderten die ''civitas'' (Stadtrechte spätestens seit 1232) mit vielen Maßnahmen, unter anderem durch die reich ausgestattete [[Stiftung]] des [[Kloster|Nonnenklosters]] der [[Benediktiner]] St. Marien im Jahr 1239. Die ''Nonnendammallee'', eine der ältesten Berliner Straßen und als ''Nonnendamm'' bereits im 13. Jahrhundert Teil einer [[Handelsstraße]], erinnert an das Kloster.<ref>{{LuiseLexStr|art=a|bez=08|id=N264|zlb98=1442|kaupert=Nonnendammallee-13599-13629-Berlin|name=Nonnendammallee}}</ref> |
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==== Ausbau Cöllns und Berlins ==== |
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[[Datei:Kloeden Plan Berlin um 1230.JPG|mini|Berlin und [[Alt-Kölln|Cölln]] etwa um 1230]] |
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[[Datei:Lage der Templerdörfer auf dem Hohen Teltow.jpg|mini|Lage der Templerdörfer auf dem Hohen Teltow]] |
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[[Datei:Nikolaikirche-Berlin-1740.jpg|mini|[[Nikolaikirche (Berlin)|Nikolaikirche]] Berlin von 1220/1230, hier 1740]] |
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Für die Gebiete der benachbarten und durch die [[Spree]] getrennten Orte Berlin und Cölln ergibt sich nach gegenwärtigem Forschungsstand entgegen anderslautenden Darstellungen ''nicht der geringste Hinweis auf eine stadtartige slawische Siedlung''.<ref>Winfried Schich: ''Das mittelalterliche Berlin'', … S. 151.</ref> Erst in der slawisch-deutschen Übergangszeit gewann die Berliner [[Furt]] durch das weitgehend sumpfige [[Berliner Urstromtal]] an Bedeutung, als Johann I. und Otto III. die bis dahin im Berliner Bereich dünnbesiedelten Hochflächen Teltow und Barnim mit Slawen aus der Umgebung und deutschen Zuwanderern aufsiedelten. |
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Laut [[Adriaan von Müller]] lag die strategische Bedeutung von Cölln und Berlin und der Grund für die Gründungen sehr wahrscheinlich darin, einen Gegenpol zum wettinischen Handelsknotenpunkt Köpenick mit eigenen Handelswegen nach Norden und Osten zu bilden und zu sichern. Die breite Furt über zwei oder sogar drei Flussarme hinweg konnte mit zwei befestigten Nachbarsiedlungen am besten geschützt werden. Den nordwestlichen Teltow sicherten die Markgrafen durch die Ansiedlung des [[Templerorden]]s, der durch eine Dörferkette mit den heutigen Berliner Ortsteilen [[Berlin-Marienfelde|Marienfelde]], [[Berlin-Mariendorf|Mariendorf]], [[Berlin-Neukölln|Rixdorf]] und [[Berlin-Tempelhof|Tempelhof]] die aus dem Raum Halle heranziehende neue Handelsstraße schützte. Nachdem 1245 im [[Teltow-Krieg]] die Wettiner besiegt und Köpenick askanisch geworden war, ging die Bedeutung Köpenicks kontinuierlich zurück, während Berlin und Cölln eine zunehmend zentrale Position im Handelsgeflecht der neuen Räume einnahmen.<ref>Adriaan von Müller: ''Gesicherte Spuren'' …, S. 114f</ref> |
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Für [[Winfried Schich]] ist weitgehend gesichert, „''dass Berlin und Cölln ihre Entwicklung als städtische Siedlungen erst den Strukturveränderungen in diesem Raum in der Zeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus verdankten, der einerseits zu einer Verdichtung der ländlichen Besiedlung führte und andererseits eine Neuordnung der Fernhandelswege zur Folge hatte. […] Während der Regierungszeit der Markgrafen Johann I. und Otto III. […wurden] auch die dilluvialen Hochflächen des Teltow und Barnim mit ihren schweren und vergleichsweise fruchtbaren Böden planmäßig aufgesiedelt und unter den Pflug genommen.''“<ref>Winfried Schich: ''Das mittelalterliche Berlin'', … S. 157.</ref> In der ersten Siedlungsphase waren hingegen eher die Bereiche der Niederungen und Gewässer mit ihren leichteren Böden bevorzugte Niederlassungsorte gewesen. |
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Laut der [[Märkische Fürstenchronik|''Chronica Marchionum Brandenburgensium'']] aus dem Jahr 1280 hatten Johann I. und Otto III. Berlin und andere Orte ''erbaut'' (''exstruxerunt''). Da sie 1225 ihr Markgrafenamt angetreten hatten, gilt seither die Zeit ''um 1230'' als Gründungsperiode Berlins. Jüngere archäologische Forschungen konnten für beide Berliner Kernteile Siedlungsspuren eines vermutlichen [[Flecken (Ort)|Marktfleckens]] bereits für den Ausgang des 12. Jahrhunderts nachweisen. Nach der Freilegung von 90 Gräbern am ältesten Berliner Bauwerk, der [[Nikolaikirche (Berlin)|Nikolaikirche]] mit Grundmauern von 1220/30, gibt es Datierungen auch auf das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts. Die beiden Markgrafen können somit nicht als Gründungsväter Berlins gelten, hatten aber am Ausbau der Stadt entscheidenden Anteil und privilegierten den Ausbau (''extructio loci'') spätestens um 1240.<ref>Winfried Schich: ''Das mittelalterliche Berlin'', … S. 142ff, 159.</ref> |
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Dazu gehörte neben der Übertragung des ''Brandenburger Rechts'' (u. a. Zollfreiheiten, freie Ausübung von Handel und Gewerbe, erbliches Grundbesitzrecht) vor allem das von den beiden Markgrafen ausgestellte [[Stapelrecht|Privileg der Niederlage]]<ref>Allerdings ist laut Schich die zugrundeliegende Urkunde von 1298, mit der Mitregent Otto V. (''Der Lange'') das von seinem Vater und Onkel (angeblich) erteilte Recht der Niederlage bestätigte, teilweise später gefälscht worden. Dennoch dürfte dieses Recht tatsächlich von Johann I. und Otto III. verliehen worden sein. (Winfried Schich: ''Das mittelalterliche Berlin'', … S. 160f)</ref> zugunsten der Doppelstadt, das entscheidend dazu beitrug, dass sich Berlin-Cölln wirtschaftlich gegenüber den Städten Spandau und Köpenick durchsetzen konnte. Dazu zählten Maßnahmen wie die Überschreibung der ''Mirica'', der [[Köllnische Heide|Cöllnischen Heide]], mit allen Nutzungsrechten an die Bürger von Cölln. Die Verbindung der Markgrafen zu Berlin drückt sich nicht zuletzt in der Wahl ihres [[Beichtvater]]s Hermann von Langele aus. Hermann war das erste namentlich bekannte Mitglied des Berliner [[Franziskanische Orden|Franziskanerkonvents]] und erscheint in einer 1257 von den Markgrafen in Spandau ausgestellten Urkunde als Zeuge.<ref>Winfried Schich: ''Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau.'' …, S. 83</ref> |
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== Erbteilung und Nachkommen {{Anker|Johanneische Linie}} == |
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1258/60 endete die gemeinsame Herrschaft der Markgrafen; eine kluge Aufteilung der Herrschaftsgebiete und weiterhin einvernehmliche Politik verhinderte allerdings ein Auseinanderfallen der Markgrafschaft. Die Vorbereitungen zur Neuordnung hatten wahrscheinlich bereits 1250 nach dem endgültigen Erwerb der Uckermark begonnen, spätestens aber 1255 nach der Vermählung Johann I. mit Jutta (Brigitte), einer Tochter des Herzogs [[Albrecht I. (Sachsen)|Albrecht I.]] von [[Sachsen-Wittenberg]].<ref>Stefan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin …'', S. 64f</ref> |
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[[Datei:Chorin abbey5.JPG|mini|[[Kloster Chorin]], Begräbnisstätte Johanns I.]] |
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[[Datei:Chorin abbey4.JPG|mini|Klosterkirche]] |
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=== Johanneische und Ottonische Linie {{Anker|Linie}} === |
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==== Kloster Chorin – Grablege und Machtpolitik ==== |
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Die Heiratspolitik und 1258 vollzogene Aufteilung der Landesherrschaft führte zur gemeinsamen Stiftung des Klosters Mariensee auf einer ehemaligen Insel im [[Parsteiner See]] am nordöstlichen Rand des heutigen [[Landkreis Barnim|Landkreises Barnim]] für die johanneische Linie, da das [[Kloster Lehnin|Stammkloster Lehnin]] bei der ottonischen Linie verbleiben sollte. Der Klosterbau begann 1258 durch Mönche aus Lehnin. Noch vor der Fertigstellung erfolgte 1273 die Verlegung um rund acht Kilometer nach Südwesten mit dem neuen Namen [[Kloster Chorin]]. Nach seinem Tod 1266 war Johann I. im neuen Kloster Mariensee bestattet und nach 1273 nach Chorin umgebettet worden.<ref>Harald Schwillus, Stefan Beier: ''Zisterzienser zwischen …'', S. 11, 16</ref> Die Klosterverlegung soll Johann I. bereits in seinem Todesjahr angeordnet und auf dem Totenbett das geplante Kloster Chorin mit reichen Schenkungen, darunter das Dorf [[Parsteinsee|Parstein]], bedacht haben. Seine Söhne bestätigten diese Schenkungen später für das Seelenheil ihres Vaters und für ihr eigenes gleich mit.<ref>Wolfgang Erdmann: ''Zisterzienser-Abtei Chorin. …'', S. 10</ref> |
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Wie bei allen askanischen Klostergründungen spielten neben den seelsorgerischen Aspekten auch bei Chorin wirtschaftspolitische und machtpolitische Erwägungen eine wichtige Rolle. Denn westlich des Klosters befand sich auf der Insel im Parsteiner See ein slawischer [[Ringwall]], den Johann I. und sein Bruder sehr wahrscheinlich als [[Turmburg]] gegen die pommerschen Konkurrenten nutzten. Das Kloster sollte ''Mittelpunkts- und Herrschaftsfunktionen'' übernehmen. „''Sowohl die Gründung an sich als auch deren Lage in einem alten Regional-Zentrum ‚quer‘ zu den Verkehrsrouten […] in besiedeltem Landstrich sind landesherrlich-machtpolitisches Kalkül.''“<ref>Wolfgang Erdmann: ''Zisterzienser-Abtei Chorin. …'', S. 7</ref> |
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* Zu den wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten der askanischen Klostergründungen siehe ausführlich: [[Kloster Lehnin]] |
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==== Landesteilung ==== |
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Die Landesaufteilung sprach Johann I. und seinen Nachkommen [[Stendal]] mit der [[Altmark]], die als ''Wiege Brandenburgs'' bis 1806 zur Mark gehörte, sowie unter anderem das [[Havelland]] und die Uckermark zu, während sein Bruder Otto in Brandenburg/Spandau und [[Salzwedel]] saß und den Barnim, das Land Lebus und das Land Stargard regierte.<ref>Die Angaben zur Landesaufteilung sind zum Teil sehr widersprüchlich. So heißt es auf der [http://www.brandenburg1260.de/johann1_und_otto3.html ''Marca Brandenburgensis'' zu ''Johann I und Otto III''] im Kapitel ''Ihre Ehefrauen und ihre Kinder'': „''Der (älteren) ottonischen Linie fiel das Stendaler Gebiet in der Altmark, das Havelland, Teltow und Barnim, Teile der Neumark sowie die Städte Brandenburg (Altstadt), Berlin und Spandau zu.''“</ref> Die Einkünfte und die Zahl der [[Vasall]]en stand bei dieser Aufteilung im Vordergrund, während geographische Gesichtspunkte nur eine untergeordnete Rolle spielten.<ref>Uwe Michas: ''Die Eroberung und Besiedlung …'', S. 58</ref> Die Nachfolger Johanns I. und Ottos III. als [[Liste der Herrscher von Brandenburg|Markgrafen von Brandenburg]], [[Otto IV. (Brandenburg)|Otto IV. (''mit dem Pfeil'')]], [[Waldemar (Brandenburg)|Waldemar (''der Große'')]] und [[Heinrich II. (Brandenburg)|Heinrich II., (''das Kind'')]] entstammten sämtlich der johanneischen Linie. Die Söhne und Enkel Ottos und die übrigen Nachkommen Johanns führten zwar ebenfalls den Titel Markgraf und beurkundeten in dieser Funktion – wie 1273 Johanns Söhne [[Johann II. (Brandenburg)|Johann II.]] und Konrad I. als Mitunterzeichner der Urkunde zur Verlegung des Klosters nach Chorin – verschiedene Geschäfte, blieben jedoch „Mitregenten“. |
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1317 endete die ottonische Linie mit dem Tod Markgraf Ludwigs in Spandau, sodass der letzte große askanische Markgraf Waldemar beide Linien im gleichen Jahr wieder zusammenführte. Nur drei Jahre später war auch die johanneische Linie ausgestorben und 1320 die askanische Herrschaft in Brandenburg beendet. Noch 1290 hatten sich 19 Markgrafen beider Linien auf einem Berg bei [[Rathenow]] versammelt, 1318 lebten nur noch Waldemar und Heinrich das Kind.<ref>Stefan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin …'', S. 66</ref> Der letzte Askanier in Brandenburg, Heinrich II. ''das Kind'' († 1320), spielte in seinen beiden „Regierungsjahren“ als Elfjähriger 1319/1320 nur noch eine unbedeutende Rolle und wurde bereits zum Spielball der Interessen verschiedener Häuser, die in das Machtvakuum vorstießen. |
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=== Familie, Nachkommen === |
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Johann heiratete |
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* 1235 (Verlobung 1230) Sophia (1217–1247), die Tochter König [[Waldemar II. (Dänemark)|Waldemars II.]] von [[Dänemark]] ([[Haus Estridsson]]) und [[Berengaria von Portugal|Berengarias von Portugal]], |
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* 1255 Jutta (Brigitte) (? – 1266), Tochter Herzog [[Albrecht I. (Sachsen)|Albrechts I.]] von Sachsen und der [[Agnes von Österreich (1206–1226)|Agnes von Österreich]] (1206–1226). |
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'''Kinder mit Sophia von Dänemark:''' |
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* [[Johann II. (Brandenburg)|Johann II.]] (1237 (?)–1281), Mitregent als Markgraf von Brandenburg |
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* [[Otto IV. (Brandenburg)|Otto IV.]] „mit dem Pfeil“ (ca. 1238–1308), Markgraf von Brandenburg |
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* [[Konrad I. (Brandenburg)|Konrad I.]] (ca. 1240–1304), Mitregent als Markgraf von Brandenburg, Vater des letzten großen märkischen Askaniers, Markgraf [[Waldemar (Brandenburg)|Waldemar]] |
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* Helene (1241/42 – 1304), seit 1258 verheiratet mit Markgraf [[Dietrich von Landsberg]], (1242–1285) |
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* [[Erich von Brandenburg|Erich]] (ca. 1242–1295), [[Erzbistum Magdeburg|Erzbischof von Magdeburg]] 1283–1295 |
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'''Kinder mit Jutta von Sachsen:''' |
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* [[Agnes von Brandenburg (1257–1304)|Agnes]] (nach 1255–1304), seit 1273 verheiratet mit König [[Erik V. (Dänemark)|Erich V. Glipping von Dänemark]] (1249–1286), seit 1293 verheiratet mit [[Gerhard II. (Holstein-Plön)|Gerhard II.]] (1254–1312), zwischen 1290 und 1312 Graf von [[Holstein-Plön]] |
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* [[Heinrich I. (Brandenburg)|Heinrich I.]] „ohne Land“ (1256–1318), Markgraf von Landsberg |
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* Mechthild (?–vor 1309), verheiratet mit Herzog [[Bogislaw IV. (Pommern)|Bogislaw IV.]] von [[Pommern]], (1258–1309) |
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* Albrecht (ca. 1258–1290) |
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* Hermann (?–1291), seit 1290 [[Bistum Havelberg|Bischof von Havelberg]] |
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Zwischen 1261 und 1264 hielt Johann I. den dänischen König [[Erik V. (Dänemark)|Erich V.]] gefangen, der 1273 seine Tochter [[Agnes von Brandenburg (1257–1304)|Agnes]] heiratete.<br /> |
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Nach dem Tod [[Otto III. (Brandenburg)|Otto III.]], der 1266/67 die Herrschaft allein ausgeübt hatte, übernahm Otto „mit dem Pfeil“, aus der Johanneischen Linie, als [[Otto IV. (Brandenburg)|Otto IV.]], obwohl nach Johann II. nur der zweitälteste brandenburgisch-askanische Spross, die Führung unter seinen zahlreichen, als Mitregenten fungierenden Brüdern und Halbbrüdern und bestimmende als regierender Markgraf hauptsächlich die Geschicke Brandenburgs. |
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== Denkmal, Gedicht == |
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=== Doppelstandbild der Brüder in der Berliner Siegesallee {{Anker|Denkmal}} === |
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Das abgebildete [[Doppelstandbild]] stand in der ehemaligen [[Siegesallee]] im [[Großer Tiergarten|Tiergarten]] in [[Berlin]], dem 1895 von Kaiser [[Wilhelm II. (Deutsches Reich)|Wilhelm II.]] in Auftrag gegebenen „Prachtboulevard“ mit Denkmälern aus der Geschichte Brandenburgs und Preußens. Unter der Leitung von [[Reinhold Begas]] schufen zwischen 1895 und 1901 27 Bildhauer 32 Standbilder der Brandenburger und Preußischen Herrscher von jeweils 2,75 m Höhe. Jedes Standbild wurde flankiert von zwei kleineren Büsten mit der Darstellung von Personen, die im Leben des jeweiligen Herrschers oder für die Geschichte Brandenburgs/Preußens eine wichtige Rolle gespielt hatten. |
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Bei der [[Liste der Figurengruppen in der Berliner Siegesallee#JIuOIII|Denkmalgruppe 5]] waren das die Büsten des [[Propst]]es Simeon von [[Alt-Kölln|Cölln]] und von [[Marsilius de Berlin|Marsilius]]. Simeon ist am 28. Oktober 1237 gemeinsam mit Johann I. und [[Bistum Brandenburg|Bischof]] Gernand von Brandenburg als Zeuge in der ersten Urkunde Cöllns genannt.<ref>[http://www.dhm.de/archiv/gaeste/luise/tagesfakten/tf10/1028.htm ''28. Oktober'' (Jahr 1237)] in: ''Tagesfakten'' des [[Luisenstädtischer Bildungsverein|Luisenstädtischen Bildungsvereins]] (beim [[Deutsches Historisches Museum|DHM]])</ref> Marsilius war der erste nachgewiesene [[Schultheiß]] von Cölln und Berlin und für beide Orte zugleich zuständig.<ref>Winfried Schich: ''Das mittelalterliche Berlin'', … S. 141.</ref> |
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[[Datei:Johann Otto Siegesallee3.JPG|mini|Johann I. (sitzend) und Otto III. über der (angeblichen) Stadturkunde Berlin-Cöllns]] |
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Die Wahl des weltlichen und kirchlichen Vorstehers Berlin-Cöllns als Nebenfiguren unterstreicht die enge Bindung des markgräflichen Brüderpaars an die Stadt Berlin auch in der Geschichtsauffassung von [[Reinhold Koser]], dem historischen Leiter der Siegesallee. Koser betrachtete die Gründung beziehungsweise den Ausbau der späteren Hauptstadt als bedeutendstes Verdienst der Markgrafen und stellte sie über den Landesausbau und die Klostergründung. Daneben beeindruckte ihn die einvernehmliche gemeinsame Regierung der Brüder, wie sie in der Chronik von 1280 dargestellt war. Nach Kosers Vorgabe entschied sich der Bildhauer [[Max Baumbach]] dafür, auf die Darstellung der Landgewinnung und der Klosterstiftung zu verzichten und die Gründung Berlins zum zentralen Thema der Doppelstatue zu machen. |
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Der auf einem Stein sitzende Johann I. hat über seinen Knien die Urkunde ausgebreitet, durch die Berlin und Cölln das Stadtrecht erhalten haben sollen. Der jüngere Otto III. steht neben ihm und weist mit einem Arm auf die Urkunde, während der andere Arm auf einem Jagdspieß ruht. „''Durch die ausgebreiteten Arme und den gesenkten Kopf Ottos werden Schutz und Förderung der Stadt durch das Brüderpaar suggeriert. Dass die jugendlichen Städtegründer hier als reife Männer dargestellt werden, schien Koser durch das Recht der künstlerischen Freiheit legitimiert.''“ Zwei Knabengestalten hätten den Gründungsakt einer späteren Weltstadt aus Sicht der gängigen Geschichtsinterpretation nicht angemessen zum Ausdruck bringen können.<ref name="lehnert115">Uta Lehnert: ''Der Kaiser und …'', S. 115</ref> |
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Während die Gesamtarchitektur der Gruppe im [[Romanik|romanischen]] Stil gehalten ist, zeigen die beiden Bankadler laut Uta Lehnert ''Formen des strengen [[Jugendstil]]s''.<ref name="lehnert115" /> |
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=== Gedicht === |
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Der Philosoph, Dichter und Philologe [[Otto Friedrich Gruppe]] (1804–1876) verfasste folgende Verse zu den beiden Markgrafen: |
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{| width="100%" |
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'''Johann und Otto von Brandenburg''' <!-- plenken belassen --> |
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<poem style="font-style:italic"> |
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Die Tafeln der Geschichte deckt manch ein blutig Bild, |
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Und wohl steht Mord geschrieben da, wo es Kronen gilt: |
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Des Vaters Scepter fasset mit blut’ger Hand der Sohn, |
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Es stößt den eigenen Bruder der Bruder vom Thron ! |
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Ich aber kann dir nennen das glückbegabte Land, |
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Darin mit großen Thaten geherrschet, Hand in Hand, |
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Ein Brüderpaar, ein hohes, an Sinn und Tugend gleich, |
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In rechter Brudertreue sich teilend in das Reich ! |
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Du hättest nie vernommen von Otto und Johann ? |
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Den Freunden Kaiser Friedrichs, die wehrten seinem Bann ? |
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Die tapfer sich gestemmet gegenüber Pfaffengier ? |
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Die Städtegründer waren in unsern Landen hier ? |
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</poem> |
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| valign="top"| |
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<poem style="font-style:italic"> |
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Die kühn hinaus gen Morgen gesetzt den deutschen Fuß ? |
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Den Oderstrom hinüber getragen deutschen Gruß ? |
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Die Saaten hier gesäet für später Zeiten Lauf ? |
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Jahrhunderte verflossen, da sprossen recht sie auf ! |
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Und die ihr Banner hoben in also stolzer Art, |
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Daß sich der deutsche Adel in Ehren drum geschart, |
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Und daß des Reiches Krone dem Einen ward gebracht – |
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Er aber hatte lieber der eignen Saaten acht. |
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</poem><ref>Otto Friedrich Grupe: ''Johann und Otto von Brandenburg''. Wiedergabe aus: Georg Sello (Hrsg.): ''Hie gut Brandenburg alleweg! Geschichts- und Kulturbilder aus der Vergangenheit der Mark und aus Alt-Berlin bis zum Tode des Großen Kurfürsten.'' Verlag von W. Pauli’s Nachf., Berlin 1900, S. 90f. Rechtschreibung laut Original.</ref> |
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== Quellen, Literatur, Weblinks, Fußnoten == |
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=== Weblinks === |
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{{Commonscat|John I, Margrave of Brandenburg|Johann I.|3=S}} |
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=== Fußnoten === |
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<references /> |
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=== Quellen, Literatur === |
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==== Quellensammlung ==== |
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* Heinrici de Antwerpe: {{Webarchiv|url=http://golm.rz.uni-potsdam.de/hva/ | wayback=20130221011056 | text=''Can. Brandenburg., Tractatus de urbe Brandenburg''}}. Neu hrsg. und erläutert von [[Georg Sello]]. In: 22. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Magdeburg 1888, Heft 1, S. 3–35. (Internetveröffentlichung von Tilo Köhn mit Transkriptionen und Übersetzungen.) |
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* ''Chronica Marchionum Brandenburgensium'', ed. G. Sello, ''FBPrG I'', 1888. |
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==== Bibliographien ==== |
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* Schreckenbach: ''Bibliogr. zur Gesch. der Mark Brandenburg'', Bd. 1–5 (Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam; Bd. 8 ff.), Böhlau, Köln 1970–1986. |
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==== Sekundärliteratur ==== |
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* Tilo Köhn (Hrsg.): ''Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter. Askanier und Ludowinger beim Aufbau fürstlicher Territorialherrschaften''. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1997, ISBN 3-412-02497-X |
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* [[Helmut Assing]]: ''Die frühen Askanier und ihre Frauen.'' Kulturstiftung Bernburg, 2002, ISBN 3-9805532-9-9. |
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* [[Wolfgang Erdmann]]: ''Zisterzienser-Abtei Chorin. Geschichte, Architektur, Kult und Frömmigkeit, Fürsten-Anspruch und -Selbstdarstellung, klösterliches Wirtschaften sowie Wechselwirkungen zur mittelalterlichen Umwelt.'' Unter Mitarbeit von Gisela Gooß, Manfred Krause u. Gunther Nisch. Mit ausführlichem Literaturverzeichnis. Königstein i. Ts. 1994, ISBN 3-7845-0352-7 (= Die Blauen Bücher). |
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* [[Felix Escher]]: ''Der Wandel der Residenzfunktion. Zum Verhältnis Spandau – Berlin. Das markgräfliche Hoflager in askanischer Zeit.'' In: [[Wolfgang Ribbe]] (Hrsg.): ''Slawenburg, Landesfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau.'' Colloquium-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-7678-0593-6. |
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* {{ADB|14|151|153|Johann I., Markgraf von Brandenburg|[[Otto von Heinemann]]|ADB:Johann I. (Markgraf von Brandenburg)}} |
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* Uta Lehnert: ''Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale''. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-496-01189-0. |
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* Uwe Michas: ''Die Eroberung und Besiedlung Nordostbrandenburgs.'' In der Reihe: ''Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße'', Band 7. Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der märkischen Eiszeitstraße (Hrsg.), Eberswalde 2003, {{ISSN|0340-3718}}. |
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* [[Adriaan von Müller]]: ''Gesicherte Spuren. Aus der frühen Vergangenheit der Mark Brandenburg''. Bruno Hessling Verlag, Berlin 1972, ISBN 3-7769-0132-2 |
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* [[Lutz Partenheimer]]: ''Albrecht der Bär – Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt.'' Böhlau Verlag, Köln 2001, ISBN 3-412-16302-3. |
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* Jörg Rogge: ''Die Wettiner.'' Thorbecke Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-7995-0151-7. |
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* [[Winfried Schich]]: ''Das mittelalterliche Berlin (1237–1411)''. In: [[Wolfgang Ribbe]] (Hrsg.), Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin: ''Geschichte Berlins''. 1. Band, Verlag C.H. Beck, München 1987, ISBN 3-406-31591-7. |
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* Winfried Schich: ''Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau''. In: [[Wolfgang Ribbe]] (Hrsg.): ''Slawenburg, Landesfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau.'' Colloquium-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-7678-0593-6. |
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* {{NDB|10|472||Johann I.|Johannes Schultze|102574472}} |
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* Oskar Schwebel: ''Die Markgrafen Johann I. und Otto III.'' In: Richard George (Hrsg.): ''Hie gut Brandenburg alleweg! Geschichts- und Kulturbilder aus der Vergangenheit der Mark und aus Alt-Berlin bis zum Tode des Großen Kurfürsten.'' Verlag von W. Pauli’s Nachf., Berlin 1900, [http://www.digibib.tu-bs.de/start.php?suffix=jpg&maxpage=260&derivate_id=342 Digitalisierung] |
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* Harald Schwillus, Stefan Beier: ''Zisterzienser zwischen Ordensideal und Landesherren''. Morus-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-87554-321-1. |
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* [[Otto Tschirch]]: ''Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg a. d. Havel. Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29''. 2 Bände. Brandenburg an der Havel 1928; 2. Auflage 1936; 3. Auflage 1941. |
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* Stephan Warnatsch: ''Geschichte des Klosters Lehnin 1180–1542''. Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 12.1. Lukas Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-931836-45-2 (zugleich: Berlin, Freie Universität, Dissertation, 1999). |
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{{Folgenleiste|VORGÄNGER=[[Albrecht II. (Brandenburg)|Albrecht II.]]|NACHFOLGER=[[Otto III. (Brandenburg)|Otto III.]]|AMT=[[Liste der Herrscher von Brandenburg|Markgraf von Brandenburg]]|ZEIT=1220–1266}} |
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{{Personendaten |
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|NAME=Johann I. |
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|ALTERNATIVNAMEN= |
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|KURZBESCHREIBUNG=Markgraf der Mark Brandenburg |
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|GEBURTSDATUM=um 1213 |
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|STERBEDATUM=nach 3. Juni 1266 |
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|STERBEORT= |
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Aktuelle Version vom 21. Januar 2025, 16:39 Uhr
Johann I. (* um 1213; † nach dem 3. Juni 1266) war von 1220 bis zu seinem Tod, gemeinsam mit seinem Bruder Otto III. dem Frommen, Markgraf der Mark Brandenburg.
Die Regierungszeit der beiden askanischen Markgrafen war gekennzeichnet durch den weiträumigen Landesausbau nach Osten, der die letzten Teile des Teltow und des Barnims, die Uckermark, das Land Stargard, das Land Lebus und erste Teile östlich der Oder in der Neumark einbezog. Die innenpolitische Bedeutung und Stellung der Mark Brandenburg im Heiligen Römischen Reich konnten sie nachhaltig festigen, was unter anderem darin zum Ausdruck kam, dass Johanns Bruder Otto 1256 Kandidat für die Besetzung des Königsthrons im Reich war. Zudem gründeten sie verschiedene Städte und machten sich besonders um die Entwicklung der beiden Berliner Gründungsstädte Cölln und Berlin verdient. Die benachbarte askanische Burg in Spandau bauten sie zu ihrer bevorzugten Residenz aus.
Noch vor ihrem Ableben teilten sie die Mark im Zuge der Erbregelungen in die Johanneische und Ottonische Linie und stifteten 1258 unter dem Namen Mariensee das Zisterzienser-Kloster Chorin, da die traditionelle askanische Grablege Kloster Lehnin bei der Ottonischen Linie verblieb. Nach dem Aussterben der Ottonier 1317 kamen die beiden Landesteile unter Johanns I. Enkel Waldemar wieder zusammen.


Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zeit der Vormundschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johann war der ältere Sohn Albrechts II. von Brandenburg aus dem Geschlecht der Askanier und der Mathilde (Mechthild) von der Lausitz, Tochter des Grafen Konrads II. von Groitzsch aus einem Nebenzweig der Wettiner.

Da sowohl Johann als auch sein zwei Jahre jüngerer Bruder Otto beim Tod des Vaters im Jahr 1220 unmündig waren, übertrug Kaiser Friedrich II. die ihm zufallende Lehnsvormundschaft dem Erzbischof Albrecht I. von Magdeburg; die Vormundschaft übte Graf Heinrich I. von Anhalt, der ältere Bruder Herzog Albrechts I. von Sachsen und Vetter Albrechts II. aus. Als Söhne Herzog Bernhards von Sachsen waren beide die nächsten Verwandten väterlicherseits, wobei Heinrich die älteren Rechte hatte.
1221 kaufte die Mutter, Gräfin Mathilde, dem Magdeburger Erzbischof die Lehnsvormundschaft gegen 1900 Mark Magdeburger Silbers ab und regierte anschließend gemeinsam mit Heinrich I. an ihrer Söhne statt.[1] Als der Magdeburger Erzbischof bald darauf zu Kaiser Friedrich II. nach Italien reiste, versuchte Sachsenherzog Albrecht sich die Lage zunutze zu machen, was zum Zerwürfnis mit seinem Bruder Heinrich I. führte. Die sächsischen Übergriffe veranlassten Mechthilds Schwager, Graf Heinrich I. von Braunschweig-Lüneburg zu intervenieren. Friedrich II., ein Onkel von mütterlicher Seite, verhinderte eine offen ausgetragene Fehde und forderte die sächsisch-anhaltinischen Brüder auf, den Frieden zu bewahren.
Wahrscheinlich seit dem Tod ihrer Mutter im Jahre 1225 übten die Brüder die Lehnsherrschaft über die Mark Brandenburg gemeinsam aus; sie waren zu diesem Zeitpunkt vermutlich im Alter von zwölf (Johann I.) und zehn (Otto III.) Jahren. 1231 sollen sie in der Neustadt Brandenburg die Schwertleite erhalten haben – dieses Jahr wird als offizieller Beginn ihrer Regierungszeit gewertet.[2]
Innenpolitik
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Nach dem Tod Graf Heinrichs von Braunschweig-Lüneburg (1227) unterstützten die Brüder dessen Neffen, ihren Schwager Otto das Kind, der sich gegen staufische Ansprüche und die eigenen Ministerialen nur mit Waffengewalt durchsetzen konnte. 1229 kam es zu einer Fehde mit dem früheren Lehnsvormund Erzbischof Albrecht, die friedlich beendet wurde. Wie ihre früheren Widersacher und Verteidiger erschienen sie 1235 auf dem Reichstag zu Mainz, auf dem der Mainzer Landfrieden verkündet wurde.
Nach den Auseinandersetzungen um die Königsherrschaft Konrads IV. und Heinrich Raspes erklärten sie 1251 König Wilhelm von Holland ihre Anerkennung; 1257 übten sie bei der Wahl Alfons X. von Kastilien erstmals das brandenburgische Kurrecht aus. 1256 war Otto III. (auch: Otto der Fromme) einer der Anwärter auf die Königswürde. Zwar wurde er nicht König, doch drückt die Kandidatur die gewachsene innenpolitische Bedeutung aus, die die 1157 von Albrecht dem Bären gegründete Mark unter der Regentschaft der Brüder gewonnen hatte. War die Mark in den ersten Jahren als eigenständiges Fürstentum kaum wahrgenommen worden, erhielt sie in den 1230er/1240er Jahren endgültig das Reichskämmereramt. Die Beteiligung der Markgrafen an der Wahl des deutschen Reichsoberhauptes galt seit Mitte des 13. Jahrhunderts als unverzichtbar.[3]
Landesausbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemeinsam mit seinem Bruder erweiterte Johann I. das Gebiet der Markgrafschaft und baute Marktflecken oder Burgstandorte wie Spandau, Cölln, Berlin und Prenzlau zu zentralen Orten oder Städten aus. Dazu zählten auch die von ihm 1248 gegründete und ungewöhnlich reich ausgestattete Stadt Neubrandenburg in der Herrschaft Stargard sowie Frankfurt/Oder, das Johann I. nach der Entsendung eines Lokators 1253 zur Stadt erhob.
Teltow-Krieg und Vertrag von Landin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die letzten Teile des Barnims und die südliche Uckermark bis zur Welse kamen 1230/1245 zur Mark Brandenburg. Am 20. Juni 1236 erwarben die beiden Markgrafen im Vertrag von Kremmen das Land Stargard nebst Beseritz und Wustrow von Herzog Wartislaw III. von Pommern. Noch im gleichen Jahr 1236 ließen die Askanier zur Sicherung ihrer nördlichsten Landesteile mit dem Bau der Burg Stargard beginnen.
Obwohl dicht bei Berlin-Cölln gelegen und heute Berliner Stadtteil, gelangte der ehemalige Hauptsitz der Sprewanen, die slawische Burg Köpenick (Copnic = Inselort) am Zusammenfluss von Spree und Dahme, erst 1245 nach einem siebenjährigen Entscheidungskampf um den Barnim und den Teltow gegen die Meißner Wettiner unter die askanische Herrschaft. Nach diesem Teltow-Krieg war auch die wettinische Festung Mittenwalde im Besitz der Markgrafen, die ihre Herrschaft in der Folge konsequent weiter nach Osten ausbauten. 1249 erreichte der askanische Besitz mit Teilen des Landes Lebus die Oder.


Als 1250 die Pommernherzöge im Vertrag von Landin die nördliche Uckermark (Terra uckra) bis zur Welse, Randow und Löcknitz im Tauschgeschäft gegen das halbe Land Wolgast an die Askanier abgetreten hatten, hatten Johann I. und Otto III. endgültig die Grundlage für die deutsche Besiedelung der Terra trans Oderam geschaffen. Bei diesem Tausch kam ihnen die Heiratspolitik zugute, denn Johanns erste Frau Sophia, die Tochter König Waldemars II. von Dänemark, hatte 1230 halb Wolgast als Mitgift in die Ehe gebracht. Der Vertrag von Landin aus dem Jahr 1250 gilt als Geburtsstunde der Uckermark.[4]
Neumark und Stabilisierungspolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die Besiedlung der späteren Neumark wurden im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts deutsche Siedler von Herzog Leszek I. angeworben. Mit seinem Tod 1227 verfiel die polnische Zentralmacht endgültig, was den Markgrafenbrüdern die Möglichkeit gab, nach Osten zu expandieren. Durch Landerwerb überschritten sie die Oder und bauten ihren Herrschaftsbereich weiter nach Osten bis zum Fluss Drage und nach Norden bis zum Fluss Persante aus. 1257 gründete Markgraf Johann I. Landsberg als Flussübergang an der Warthe kurz vor dem bisherigen Pass bei Zantoch, um diesem polnischen Ort die beträchtlichen Einnahmen aus dem Fernhandel (Zoll, Gebühren vom Marktbetrieb und Niederlagerecht) abzuziehen (nach dem Parallelbeispiel von Berlin als Gegengründung zu Köpenick). 1261 kauften die Markgrafen vom Templerorden die Stadt Soldin, die sich zum Machtzentrum der Neumark entwickelte.
Zur Stabilisierung der neuen Landesteile griffen die beiden Markgrafen auf das bewährte askanische Mittel von Klostergründungen und Besiedlungen zurück. Bereits um 1230 hatten sie die Gründung des Zisterzienser Klosters Paradies durch den polnischen Grafen Nicolaus Bronisius in der Nähe von Międzyrzecz (Meseritz) als Filiation von Lehnin unterstützt. Die Verbindung mit dem polnischen Grafen diente der Grenzsicherung gegen Pommern und bereitete die Übernahme dieses Neumarkteils wirtschaftlich vor. Als Siedler kam beispielsweise das später adlige Geschlecht von Sydow in die neue Mark. Im Westen der heutigen polnischen Woiwodschaft Westpommern belehnten sie die Adelsfamilie von Jagow mit der Kleinstadt Zehden.
Den Landesausbau und das Drängen der Askanier zur Ostsee, mittleren Oder und Uckermark resümiert Stefan Warnatsch wie folgt: „Der große Erfolg des Herrschaftsausbaus im 13. Jahrhundert war vor allem das Verdienst der Urenkel Albrecht des Bären […]. Sie griffen in ihrer Herrschaftskonzeption räumlich und konzeptionell deutlich weiter als ihre Vorgänger.“[5] Laut Lutz Partenheimer „hatten die Askanier [um 1250] ihre magdeburgischen, wettinischen, mecklenburgischen, pommerschen, polnischen und kleineren Konkurrenten an allen Fronten zurückgedrängt.“[3] Allerdings konnten Johann I. und Otto III. die strategisch wichtige Verbindung zur Ostsee, die sie unter Umgehung Pommerns entlang der Oder und später durch die Neumark erreichen wollten, nicht herstellen.
Entwicklung des Berliner Raums
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Entwicklung des Berliner Raums ist eng mit der Politik der beiden Markgrafen verbunden. Während die beiden Gründungsstädte Berlins (Cölln und Berlin) relativ späte Gründungen aus der Zeit um 1230/1240 sind (neuere Analysen 1170/1200, s. u.[6]), bestanden die heutigen Berliner Ortskerne Spandau und Köpenick als Burgwälle bereits zu slawischer Zeit (etwa ab 720) und hatten dadurch naturgemäß zunächst eine größere strategische und politische Bedeutung als die erst ab etwa 1170 entstehenden Kaufmannsniederlassungen Berlin und Cölln. Die Grenze zwischen den Slawenstämmen der Heveller und Sprewanen verlief lange mitten durch das heutige Berlin. Spandau war als östlicher Vorposten der Heveller unter Pribislaw-Heinrich bereits um 1130, allerdings nur sehr indirekt, über einen (erst 1150 fällig gewordenen) Erbvertrag zwischen Albrecht dem Bären und Pribislaw-Heinrich mit der Mark verbunden, während Köpenick endgültig erst 1245 hinzukam.
Residenz Spandau
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Nach einer Schlacht am Plauer See in der Nähe ihrer Residenz Brandenburg an der Havel, die sie 1229 gegen Truppen des Magdeburger Erzbischofs, ihren früheren Lehnsvormund, verloren hatten, mussten die Markgrafen in ihre Spandauer Burg flüchten, da sich die Brandenburger wegen der unmittelbar nachsetzenden Magdeburger weigerten, die Stadttore zu öffnen.[7] In der Folgezeit machten die Brüder Spandau – neben Tangermünde in der Altmark – zu ihrer bevorzugten Residenz. So sind zwischen 1232 und 1266 allein siebzehn bezeugte Aufenthalte in Spandau nachweisbar, mehr als an jedem anderen Ort.[8]
Sehr wahrscheinlich hatte bereits Albrecht der Bär noch vor oder kurz nach seinem Sieg gegen Jaxa (wahrscheinlich Jaxa von Köpenick[9]) im Jahr 1157 die slawische Anlage auf der Burgwallinsel zur Grenzsicherung nach Osten ausbauen lassen. Gegen Ende des Jahrhunderts verlegten die Askanier vermutlich wegen des steigenden Grundwasserspiegels ihre Burg rund einen Kilometer nördlich in den Bereich der heutigen Zitadelle Spandau. Für 1197 kann der Nachweis einer askanischen Burg als gesichert gelten.[10] Johann I. und sein Bruder bauten die Anlage aus und förderten die civitas (Stadtrechte spätestens seit 1232) mit vielen Maßnahmen, unter anderem durch die reich ausgestattete Stiftung des Nonnenklosters der Benediktiner St. Marien im Jahr 1239. Die Nonnendammallee, eine der ältesten Berliner Straßen und als Nonnendamm bereits im 13. Jahrhundert Teil einer Handelsstraße, erinnert an das Kloster.[11]
Ausbau Cöllns und Berlins
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Für die Gebiete der benachbarten und durch die Spree getrennten Orte Berlin und Cölln ergibt sich nach gegenwärtigem Forschungsstand entgegen anderslautenden Darstellungen nicht der geringste Hinweis auf eine stadtartige slawische Siedlung.[12] Erst in der slawisch-deutschen Übergangszeit gewann die Berliner Furt durch das weitgehend sumpfige Berliner Urstromtal an Bedeutung, als Johann I. und Otto III. die bis dahin im Berliner Bereich dünnbesiedelten Hochflächen Teltow und Barnim mit Slawen aus der Umgebung und deutschen Zuwanderern aufsiedelten.
Laut Adriaan von Müller lag die strategische Bedeutung von Cölln und Berlin und der Grund für die Gründungen sehr wahrscheinlich darin, einen Gegenpol zum wettinischen Handelsknotenpunkt Köpenick mit eigenen Handelswegen nach Norden und Osten zu bilden und zu sichern. Die breite Furt über zwei oder sogar drei Flussarme hinweg konnte mit zwei befestigten Nachbarsiedlungen am besten geschützt werden. Den nordwestlichen Teltow sicherten die Markgrafen durch die Ansiedlung des Templerordens, der durch eine Dörferkette mit den heutigen Berliner Ortsteilen Marienfelde, Mariendorf, Rixdorf und Tempelhof die aus dem Raum Halle heranziehende neue Handelsstraße schützte. Nachdem 1245 im Teltow-Krieg die Wettiner besiegt und Köpenick askanisch geworden war, ging die Bedeutung Köpenicks kontinuierlich zurück, während Berlin und Cölln eine zunehmend zentrale Position im Handelsgeflecht der neuen Räume einnahmen.[13]
Für Winfried Schich ist weitgehend gesichert, „dass Berlin und Cölln ihre Entwicklung als städtische Siedlungen erst den Strukturveränderungen in diesem Raum in der Zeit des hochmittelalterlichen Landesausbaus verdankten, der einerseits zu einer Verdichtung der ländlichen Besiedlung führte und andererseits eine Neuordnung der Fernhandelswege zur Folge hatte. […] Während der Regierungszeit der Markgrafen Johann I. und Otto III. […wurden] auch die dilluvialen Hochflächen des Teltow und Barnim mit ihren schweren und vergleichsweise fruchtbaren Böden planmäßig aufgesiedelt und unter den Pflug genommen.“[14] In der ersten Siedlungsphase waren hingegen eher die Bereiche der Niederungen und Gewässer mit ihren leichteren Böden bevorzugte Niederlassungsorte gewesen.
Laut der Chronica Marchionum Brandenburgensium aus dem Jahr 1280 hatten Johann I. und Otto III. Berlin und andere Orte erbaut (exstruxerunt). Da sie 1225 ihr Markgrafenamt angetreten hatten, gilt seither die Zeit um 1230 als Gründungsperiode Berlins. Jüngere archäologische Forschungen konnten für beide Berliner Kernteile Siedlungsspuren eines vermutlichen Marktfleckens bereits für den Ausgang des 12. Jahrhunderts nachweisen. Nach der Freilegung von 90 Gräbern am ältesten Berliner Bauwerk, der Nikolaikirche mit Grundmauern von 1220/30, gibt es Datierungen auch auf das letzte Viertel des 12. Jahrhunderts. Die beiden Markgrafen können somit nicht als Gründungsväter Berlins gelten, hatten aber am Ausbau der Stadt entscheidenden Anteil und privilegierten den Ausbau (extructio loci) spätestens um 1240.[15]
Dazu gehörte neben der Übertragung des Brandenburger Rechts (u. a. Zollfreiheiten, freie Ausübung von Handel und Gewerbe, erbliches Grundbesitzrecht) vor allem das von den beiden Markgrafen ausgestellte Privileg der Niederlage[16] zugunsten der Doppelstadt, das entscheidend dazu beitrug, dass sich Berlin-Cölln wirtschaftlich gegenüber den Städten Spandau und Köpenick durchsetzen konnte. Dazu zählten Maßnahmen wie die Überschreibung der Mirica, der Cöllnischen Heide, mit allen Nutzungsrechten an die Bürger von Cölln. Die Verbindung der Markgrafen zu Berlin drückt sich nicht zuletzt in der Wahl ihres Beichtvaters Hermann von Langele aus. Hermann war das erste namentlich bekannte Mitglied des Berliner Franziskanerkonvents und erscheint in einer 1257 von den Markgrafen in Spandau ausgestellten Urkunde als Zeuge.[17]
Erbteilung und Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1258/60 endete die gemeinsame Herrschaft der Markgrafen; eine kluge Aufteilung der Herrschaftsgebiete und weiterhin einvernehmliche Politik verhinderte allerdings ein Auseinanderfallen der Markgrafschaft. Die Vorbereitungen zur Neuordnung hatten wahrscheinlich bereits 1250 nach dem endgültigen Erwerb der Uckermark begonnen, spätestens aber 1255 nach der Vermählung Johann I. mit Jutta (Brigitte), einer Tochter des Herzogs Albrecht I. von Sachsen-Wittenberg.[18]
Johanneische und Ottonische Linie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kloster Chorin – Grablege und Machtpolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Heiratspolitik und 1258 vollzogene Aufteilung der Landesherrschaft führte zur gemeinsamen Stiftung des Klosters Mariensee auf einer ehemaligen Insel im Parsteiner See am nordöstlichen Rand des heutigen Landkreises Barnim für die johanneische Linie, da das Stammkloster Lehnin bei der ottonischen Linie verbleiben sollte. Der Klosterbau begann 1258 durch Mönche aus Lehnin. Noch vor der Fertigstellung erfolgte 1273 die Verlegung um rund acht Kilometer nach Südwesten mit dem neuen Namen Kloster Chorin. Nach seinem Tod 1266 war Johann I. im neuen Kloster Mariensee bestattet und nach 1273 nach Chorin umgebettet worden.[19] Die Klosterverlegung soll Johann I. bereits in seinem Todesjahr angeordnet und auf dem Totenbett das geplante Kloster Chorin mit reichen Schenkungen, darunter das Dorf Parstein, bedacht haben. Seine Söhne bestätigten diese Schenkungen später für das Seelenheil ihres Vaters und für ihr eigenes gleich mit.[20]
Wie bei allen askanischen Klostergründungen spielten neben den seelsorgerischen Aspekten auch bei Chorin wirtschaftspolitische und machtpolitische Erwägungen eine wichtige Rolle. Denn westlich des Klosters befand sich auf der Insel im Parsteiner See ein slawischer Ringwall, den Johann I. und sein Bruder sehr wahrscheinlich als Turmburg gegen die pommerschen Konkurrenten nutzten. Das Kloster sollte Mittelpunkts- und Herrschaftsfunktionen übernehmen. „Sowohl die Gründung an sich als auch deren Lage in einem alten Regional-Zentrum ‚quer‘ zu den Verkehrsrouten […] in besiedeltem Landstrich sind landesherrlich-machtpolitisches Kalkül.“[21]
- Zu den wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten der askanischen Klostergründungen siehe ausführlich: Kloster Lehnin
Landesteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Landesaufteilung sprach Johann I. und seinen Nachkommen Stendal mit der Altmark, die als Wiege Brandenburgs bis 1806 zur Mark gehörte, sowie unter anderem das Havelland und die Uckermark zu, während sein Bruder Otto in Brandenburg/Spandau und Salzwedel saß und den Barnim, das Land Lebus und das Land Stargard regierte.[22] Die Einkünfte und die Zahl der Vasallen stand bei dieser Aufteilung im Vordergrund, während geographische Gesichtspunkte nur eine untergeordnete Rolle spielten.[23] Die Nachfolger Johanns I. und Ottos III. als Markgrafen von Brandenburg, Otto IV. (mit dem Pfeil), Waldemar (der Große) und Heinrich II., (das Kind) entstammten sämtlich der johanneischen Linie. Die Söhne und Enkel Ottos und die übrigen Nachkommen Johanns führten zwar ebenfalls den Titel Markgraf und beurkundeten in dieser Funktion – wie 1273 Johanns Söhne Johann II. und Konrad I. als Mitunterzeichner der Urkunde zur Verlegung des Klosters nach Chorin – verschiedene Geschäfte, blieben jedoch „Mitregenten“.
1317 endete die ottonische Linie mit dem Tod Markgraf Ludwigs in Spandau, sodass der letzte große askanische Markgraf Waldemar beide Linien im gleichen Jahr wieder zusammenführte. Nur drei Jahre später war auch die johanneische Linie ausgestorben und 1320 die askanische Herrschaft in Brandenburg beendet. Noch 1290 hatten sich 19 Markgrafen beider Linien auf einem Berg bei Rathenow versammelt, 1318 lebten nur noch Waldemar und Heinrich das Kind.[24] Der letzte Askanier in Brandenburg, Heinrich II. das Kind († 1320), spielte in seinen beiden „Regierungsjahren“ als Elfjähriger 1319/1320 nur noch eine unbedeutende Rolle und wurde bereits zum Spielball der Interessen verschiedener Häuser, die in das Machtvakuum vorstießen.
Familie, Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johann heiratete
- 1235 (Verlobung 1230) Sophia (1217–1247), die Tochter König Waldemars II. von Dänemark (Haus Estridsson) und Berengarias von Portugal,
- 1255 Jutta (Brigitte) (? – 1266), Tochter Herzog Albrechts I. von Sachsen und der Agnes von Österreich (1206–1226).
Kinder mit Sophia von Dänemark:
- Johann II. (1237 (?)–1281), Mitregent als Markgraf von Brandenburg
- Otto IV. „mit dem Pfeil“ (ca. 1238–1308), Markgraf von Brandenburg
- Konrad I. (ca. 1240–1304), Mitregent als Markgraf von Brandenburg, Vater des letzten großen märkischen Askaniers, Markgraf Waldemar
- Helene (1241/42 – 1304), seit 1258 verheiratet mit Markgraf Dietrich von Landsberg, (1242–1285)
- Erich (ca. 1242–1295), Erzbischof von Magdeburg 1283–1295
Kinder mit Jutta von Sachsen:
- Agnes (nach 1255–1304), seit 1273 verheiratet mit König Erich V. Glipping von Dänemark (1249–1286), seit 1293 verheiratet mit Gerhard II. (1254–1312), zwischen 1290 und 1312 Graf von Holstein-Plön
- Heinrich I. „ohne Land“ (1256–1318), Markgraf von Landsberg
- Mechthild (?–vor 1309), verheiratet mit Herzog Bogislaw IV. von Pommern, (1258–1309)
- Albrecht (ca. 1258–1290)
- Hermann (?–1291), seit 1290 Bischof von Havelberg
Zwischen 1261 und 1264 hielt Johann I. den dänischen König Erich V. gefangen, der 1273 seine Tochter Agnes heiratete.
Nach dem Tod Otto III., der 1266/67 die Herrschaft allein ausgeübt hatte, übernahm Otto „mit dem Pfeil“, aus der Johanneischen Linie, als Otto IV., obwohl nach Johann II. nur der zweitälteste brandenburgisch-askanische Spross, die Führung unter seinen zahlreichen, als Mitregenten fungierenden Brüdern und Halbbrüdern und bestimmende als regierender Markgraf hauptsächlich die Geschicke Brandenburgs.
Denkmal, Gedicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Doppelstandbild der Brüder in der Berliner Siegesallee
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das abgebildete Doppelstandbild stand in der ehemaligen Siegesallee im Tiergarten in Berlin, dem 1895 von Kaiser Wilhelm II. in Auftrag gegebenen „Prachtboulevard“ mit Denkmälern aus der Geschichte Brandenburgs und Preußens. Unter der Leitung von Reinhold Begas schufen zwischen 1895 und 1901 27 Bildhauer 32 Standbilder der Brandenburger und Preußischen Herrscher von jeweils 2,75 m Höhe. Jedes Standbild wurde flankiert von zwei kleineren Büsten mit der Darstellung von Personen, die im Leben des jeweiligen Herrschers oder für die Geschichte Brandenburgs/Preußens eine wichtige Rolle gespielt hatten.
Bei der Denkmalgruppe 5 waren das die Büsten des Propstes Simeon von Cölln und von Marsilius. Simeon ist am 28. Oktober 1237 gemeinsam mit Johann I. und Bischof Gernand von Brandenburg als Zeuge in der ersten Urkunde Cöllns genannt.[25] Marsilius war der erste nachgewiesene Schultheiß von Cölln und Berlin und für beide Orte zugleich zuständig.[26]
Die Wahl des weltlichen und kirchlichen Vorstehers Berlin-Cöllns als Nebenfiguren unterstreicht die enge Bindung des markgräflichen Brüderpaars an die Stadt Berlin auch in der Geschichtsauffassung von Reinhold Koser, dem historischen Leiter der Siegesallee. Koser betrachtete die Gründung beziehungsweise den Ausbau der späteren Hauptstadt als bedeutendstes Verdienst der Markgrafen und stellte sie über den Landesausbau und die Klostergründung. Daneben beeindruckte ihn die einvernehmliche gemeinsame Regierung der Brüder, wie sie in der Chronik von 1280 dargestellt war. Nach Kosers Vorgabe entschied sich der Bildhauer Max Baumbach dafür, auf die Darstellung der Landgewinnung und der Klosterstiftung zu verzichten und die Gründung Berlins zum zentralen Thema der Doppelstatue zu machen.
Der auf einem Stein sitzende Johann I. hat über seinen Knien die Urkunde ausgebreitet, durch die Berlin und Cölln das Stadtrecht erhalten haben sollen. Der jüngere Otto III. steht neben ihm und weist mit einem Arm auf die Urkunde, während der andere Arm auf einem Jagdspieß ruht. „Durch die ausgebreiteten Arme und den gesenkten Kopf Ottos werden Schutz und Förderung der Stadt durch das Brüderpaar suggeriert. Dass die jugendlichen Städtegründer hier als reife Männer dargestellt werden, schien Koser durch das Recht der künstlerischen Freiheit legitimiert.“ Zwei Knabengestalten hätten den Gründungsakt einer späteren Weltstadt aus Sicht der gängigen Geschichtsinterpretation nicht angemessen zum Ausdruck bringen können.[27]
Während die Gesamtarchitektur der Gruppe im romanischen Stil gehalten ist, zeigen die beiden Bankadler laut Uta Lehnert Formen des strengen Jugendstils.[27]
Gedicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Philosoph, Dichter und Philologe Otto Friedrich Gruppe (1804–1876) verfasste folgende Verse zu den beiden Markgrafen:
Johann und Otto von Brandenburg Die Tafeln der Geschichte deckt manch ein blutig Bild, |
Die kühn hinaus gen Morgen gesetzt den deutschen Fuß ? |
Quellen, Literatur, Weblinks, Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Stefan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin …, S. 62
- ↑ Marca Brandenburgensis brandenburg1260.de
- ↑ a b Lutz Partenheimer: Albrecht der Bär …, S. 195
- ↑ Uwe Michas: Die Eroberung und Besiedlung …, S. 41
- ↑ Stefan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin …, S. 26
- ↑ Wolfgang Fritze: Gründungsstadt Berlin. Die Anfange von Berlin-Cölln als Forschungsproblem. Potsdam 2000, ISBN 3-932981-33-2. Hier ist zu unterscheiden zwischen Siedlungsbeginn um 1170 und Stadtrechtsverleihung um 1240.
- ↑ Stefan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin …, S. 63
- ↑ Felix Escher: Der Wandel der Residenzfunktion. …, S. 161
- ↑ Obwohl gängige Geschichtsschreibung, ist nicht völlig gesichert, ob es sich bei dem Jaxa, der 1157 mit Albrecht dem Bären im Kampf lag, und Jaxa von Köpenick um dieselbe Person gehandelt hat. Siehe Jaxa von Köpenick.
- ↑ Winfried Schich: Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau. …, S. 63f
- ↑ Nonnendammallee. In: Straßennamenlexikon des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim Kaupert)
- ↑ Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin, … S. 151.
- ↑ Adriaan von Müller: Gesicherte Spuren …, S. 114f
- ↑ Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin, … S. 157.
- ↑ Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin, … S. 142ff, 159.
- ↑ Allerdings ist laut Schich die zugrundeliegende Urkunde von 1298, mit der Mitregent Otto V. (Der Lange) das von seinem Vater und Onkel (angeblich) erteilte Recht der Niederlage bestätigte, teilweise später gefälscht worden. Dennoch dürfte dieses Recht tatsächlich von Johann I. und Otto III. verliehen worden sein. (Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin, … S. 160f)
- ↑ Winfried Schich: Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau. …, S. 83
- ↑ Stefan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin …, S. 64f
- ↑ Harald Schwillus, Stefan Beier: Zisterzienser zwischen …, S. 11, 16
- ↑ Wolfgang Erdmann: Zisterzienser-Abtei Chorin. …, S. 10
- ↑ Wolfgang Erdmann: Zisterzienser-Abtei Chorin. …, S. 7
- ↑ Die Angaben zur Landesaufteilung sind zum Teil sehr widersprüchlich. So heißt es auf der Marca Brandenburgensis zu Johann I und Otto III im Kapitel Ihre Ehefrauen und ihre Kinder: „Der (älteren) ottonischen Linie fiel das Stendaler Gebiet in der Altmark, das Havelland, Teltow und Barnim, Teile der Neumark sowie die Städte Brandenburg (Altstadt), Berlin und Spandau zu.“
- ↑ Uwe Michas: Die Eroberung und Besiedlung …, S. 58
- ↑ Stefan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin …, S. 66
- ↑ 28. Oktober (Jahr 1237) in: Tagesfakten des Luisenstädtischen Bildungsvereins (beim DHM)
- ↑ Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin, … S. 141.
- ↑ a b Uta Lehnert: Der Kaiser und …, S. 115
- ↑ Otto Friedrich Grupe: Johann und Otto von Brandenburg. Wiedergabe aus: Georg Sello (Hrsg.): Hie gut Brandenburg alleweg! Geschichts- und Kulturbilder aus der Vergangenheit der Mark und aus Alt-Berlin bis zum Tode des Großen Kurfürsten. Verlag von W. Pauli’s Nachf., Berlin 1900, S. 90f. Rechtschreibung laut Original.
Quellen, Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Quellensammlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heinrici de Antwerpe: Can. Brandenburg., Tractatus de urbe Brandenburg ( vom 21. Februar 2013 im Internet Archive). Neu hrsg. und erläutert von Georg Sello. In: 22. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Magdeburg 1888, Heft 1, S. 3–35. (Internetveröffentlichung von Tilo Köhn mit Transkriptionen und Übersetzungen.)
- Chronica Marchionum Brandenburgensium, ed. G. Sello, FBPrG I, 1888.
Bibliographien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Schreckenbach: Bibliogr. zur Gesch. der Mark Brandenburg, Bd. 1–5 (Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam; Bd. 8 ff.), Böhlau, Köln 1970–1986.
Sekundärliteratur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Tilo Köhn (Hrsg.): Brandenburg, Anhalt und Thüringen im Mittelalter. Askanier und Ludowinger beim Aufbau fürstlicher Territorialherrschaften. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 1997, ISBN 3-412-02497-X
- Helmut Assing: Die frühen Askanier und ihre Frauen. Kulturstiftung Bernburg, 2002, ISBN 3-9805532-9-9.
- Wolfgang Erdmann: Zisterzienser-Abtei Chorin. Geschichte, Architektur, Kult und Frömmigkeit, Fürsten-Anspruch und -Selbstdarstellung, klösterliches Wirtschaften sowie Wechselwirkungen zur mittelalterlichen Umwelt. Unter Mitarbeit von Gisela Gooß, Manfred Krause u. Gunther Nisch. Mit ausführlichem Literaturverzeichnis. Königstein i. Ts. 1994, ISBN 3-7845-0352-7 (= Die Blauen Bücher).
- Felix Escher: Der Wandel der Residenzfunktion. Zum Verhältnis Spandau – Berlin. Das markgräfliche Hoflager in askanischer Zeit. In: Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Slawenburg, Landesfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau. Colloquium-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-7678-0593-6.
- Otto von Heinemann: Johann I., Markgraf von Brandenburg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 151–153.
- Uta Lehnert: Der Kaiser und die Siegesallee. Réclame Royale. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-496-01189-0.
- Uwe Michas: Die Eroberung und Besiedlung Nordostbrandenburgs. In der Reihe: Entdeckungen entlang der Märkischen Eiszeitstraße, Band 7. Gesellschaft zur Erforschung und Förderung der märkischen Eiszeitstraße (Hrsg.), Eberswalde 2003, ISSN 0340-3718.
- Adriaan von Müller: Gesicherte Spuren. Aus der frühen Vergangenheit der Mark Brandenburg. Bruno Hessling Verlag, Berlin 1972, ISBN 3-7769-0132-2
- Lutz Partenheimer: Albrecht der Bär – Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt. Böhlau Verlag, Köln 2001, ISBN 3-412-16302-3.
- Jörg Rogge: Die Wettiner. Thorbecke Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-7995-0151-7.
- Winfried Schich: Das mittelalterliche Berlin (1237–1411). In: Wolfgang Ribbe (Hrsg.), Veröffentlichung der Historischen Kommission zu Berlin: Geschichte Berlins. 1. Band, Verlag C.H. Beck, München 1987, ISBN 3-406-31591-7.
- Winfried Schich: Die Entstehung der mittelalterlichen Stadt Spandau. In: Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Slawenburg, Landesfestung, Industriezentrum. Untersuchungen zur Geschichte von Stadt und Bezirk Spandau. Colloquium-Verlag, Berlin 1983, ISBN 3-7678-0593-6.
- Johannes Schultze: Johann I.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 472 (Digitalisat).
- Oskar Schwebel: Die Markgrafen Johann I. und Otto III. In: Richard George (Hrsg.): Hie gut Brandenburg alleweg! Geschichts- und Kulturbilder aus der Vergangenheit der Mark und aus Alt-Berlin bis zum Tode des Großen Kurfürsten. Verlag von W. Pauli’s Nachf., Berlin 1900, Digitalisierung
- Harald Schwillus, Stefan Beier: Zisterzienser zwischen Ordensideal und Landesherren. Morus-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-87554-321-1.
- Otto Tschirch: Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg a. d. Havel. Festschrift zur Tausendjahrfeier der Stadt 1928/29. 2 Bände. Brandenburg an der Havel 1928; 2. Auflage 1936; 3. Auflage 1941.
- Stephan Warnatsch: Geschichte des Klosters Lehnin 1180–1542. Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 12.1. Lukas Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-931836-45-2 (zugleich: Berlin, Freie Universität, Dissertation, 1999).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Albrecht II. | Markgraf von Brandenburg 1220–1266 | Otto III. |
Personendaten | |
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NAME | Johann I. |
KURZBESCHREIBUNG | Markgraf der Mark Brandenburg |
GEBURTSDATUM | um 1213 |
STERBEDATUM | nach 3. Juni 1266 |