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„Qualle“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt die Nesseltiere. Für den Ausdruck im Schach siehe [[Bauerneinheit#Qualität]].}}
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|[[Datei:Schleiden-meduse-2.jpg|mini|Lebenszyklus einer Schirmqualle<br /><small>1–8: Festsetzen der Planulalarve und Metamorphose zum Polyp<br />9–11: Abschnürung (Strobilation) der Ephyralarven<br />12–14: Umwandlung der Ephyren zur ausgewachsenen Qualle</small>]]
|[[Bild:Schleiden-meduse-2.jpg|thumb|Entwicklungsstadien einer Qualle]]
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|[[Bild:Qualle_1.jpg|thumb|Qualle]]
|[[Datei:Chrysaora jelly.jpg|mini|Qualle der Gattung ''Chrysaora'']]
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|[[Bild:Chrysaora_jelly.jpg|thumb|Qualle der Gattung ''Chrysaora'']]
|[[Datei:Qualle Kompaßqualle 2006-01-02 2.jpg|mini|[[Kompassqualle]] (''Chrysaora melanaster'')]]
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|[[Bild:Qualle Kompaßqualle 2006-01-02 2.jpg|thumb|[[Kompassqualle]] (''Chrysaora melanaster'')]]
|[[Datei:Qualle Ohrenqualle 2006-01-01 215.jpg|mini|[[Ohrenqualle]] (''Aurelia aurita'')]]
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|[[Bild:Qualle Ohrenqualle 2006-01-01 215.jpg|thumb|[[Ohrenqualle]] (''Aurelia aurita'')]]
|[[Datei:Trieste Hafenbecken Qualle 09022008 05.jpg|mini|[[Lungenqualle]] (''Rhizostoma pulmo'')]]
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|[[Datei:Stomolophus meleagris.jpg|mini|''[[Stomolophus meleagris]]'']]
|[[Bild:Jellyfish Washed Ashore.jpg|thumb|Angeschwemmte Qualle an der ionischen Küste in Italien]]
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|[[Datei:Spiegeleiqualle.jpg|mini|[[Spiegeleiqualle]] (''Cotylorhiza tuberculata'')]]
|[[Bild:IMG_Quallenpic.JPG|thumb|Mangrovenquallen (Cassiopea andromeda)]]
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|[[Datei:Phyllorhiza-punctata-1.jpg|mini|[[Gepunktete Wurzelmundqualle]] (''Phyllorhiza punctata'')]]
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|[[Datei:Qualle im Sealife, München.ogv|mini|Eine Qualle im Sealife, München]]
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Als '''Qualle''' oder '''Meduse''' bezeichnet man ein Lebensstadium von [[Nesseltiere]]n (Cnidaria).


Die [[Rippenquallen]] (Ctenophora) werden heute trotz ihres Namens nicht mehr als echte Quallen angesehen. Sie gehören nicht zu den [[Nesseltiere]]n (Cnidaria), sondern bilden einen eigenen [[Stamm (Biologie)|Tierstamm]].
Als '''Qualle''', im wissenschaftlichen Sprachgebrauch auch '''Meduse''' oder '''Medusa''' (Pl. Medusen; Medusae) genannt, bezeichnet man ein Lebensstadium von [[Nesseltiere]]n (Cnidaria). Quallen sind keine [[Systematik (Biologie)|systematisch]]-[[Taxonomie|taxonomische]] Gruppe.


Erweiternd wird der Ausdruck auch für die [[Rippenquallen]] (Ctenophora) benutzt. Früher wurden die Rippenquallen zu den Nesseltieren gestellt oder mit den Nesseltieren als [[Hohltiere]] (Coelenterata) zusammengefasst. Heute gelten die Rippenquallen als eigener [[Stamm (Biologie)|Tierstamm]], der mit den Nesseltieren wahrscheinlich nicht näher verwandt ist.
Obwohl die meisten Quallenarten im Meer leben, gibt es auch [[Süßwasserqualle|Süßwasserquallen]], die aus Asien stammen, mittlerweile aber auch in deutschen Gewässern heimisch sind.


Die meisten Arten mit einem Quallenstadium leben im Meer. Es gibt aber auch wenige Arten von [[Süßwasserqualle]]n, von denen eine aus Asien eingeschleppte mittlerweile auch in deutschen Gewässern heimisch ist.<ref>{{Internetquelle |autor=Viktoras Didžiulis und Żurek Roman2 |url=https://www.nobanis.org/globalassets/speciesinfo/c/craspedacusta-sowerbii/craspedacusta-sowerbii1.pdf |titel=NOBANIS - Invasive Alien Species Fact Sheet |datum=2013 |abruf=2021-04-08 |sprache=en}}</ref> Die heimischen [[Süßwasserpolypen]] durchlaufen hingegen kein Medusenstadium.
Quallen bevölkern seit mehr als einer halben Milliarde Jahren die Weltmeere.


== Merkmale ==
== Quallen im Lebenszyklus ==
Für viele Nesseltiere typisch ist ein [[Generationswechsel]], bei dem sich ein festsitzendes Stadium, [[Polyp (Nesseltiere)|Polyp]] genannt, und ein frei schwimmendes Medusen- oder Quallenstadium regelmäßig abwechseln, [[Generationswechsel#Metagenese|Metagenese]] genannt. Der Polyp erzeugt auf ungeschlechtlichem Wege, z.&nbsp;B. durch [[Sprossung]] (manchmal [[Strobilation]] genannt) freischwimmende Medusen, die durch geschlechtliche Fortpflanzung (über Keimzellen) eine Larve, die [[Planula]] bilden, die sich festsetzt und erneut zum Polypen differenziert. Das frei schwimmende Quallenstadium ist also nur ein Teil des komplexen Lebenszyklus der entsprechenden Art. Oft ist es schwierig und langwierig, die zu einer Qualle gehörende Polypengeneration zu identifizieren, die nicht selten irrtümlich als eigene Art [[Erstbeschreibung|beschrieben]] worden ist.
Quallen sind [[Gallerte|gallert]]artige [[Organismus|Organismen]], die zu rund 99 Prozent aus [[Wasser]] bestehen. Ihre Gestalt ist schirmartig mit einem hängenden Magenstiel, an dessen Unterseite sich eine Mundöffnung befindet. Sie bestehen aus zwei einschichtigen, nur knapp ein fünfzigstel Millimeter dicken Gewebslagen, der Außenhaut (Ektodermis) und der Innenhaut (Endodermis), zwischen denen eine zellfreie Schicht, die ''Mesogloea'', liegt.


Der genannte Lebenszyklus ist typisch für Nesseltiere der Klassen [[Scyphozoa]] (Schirmquallen), [[Cubozoa]] (Würfelquallen) und [[Hydrozoa]]. Die [[Anthozoa]] durchlaufen nie ein Quallenstadium. Auch bei den genannten Klassen ist der Generationswechsel bei vielen Arten abgewandelt, bei einigen Arten ist dabei eines der Stadien (Qualle oder Polyp) verloren gegangen. Es gibt auch wenige Quallenarten ohne Polypenstadium.
Die meisten Quallen haben lange Fangarme, die mit [[Nesselzelle]]n ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren oder zur Verteidigung. Diese [[Nesselzelle]]n sind über die Fangarme verstreut und bilden ein giftiges [[Sekret]]. Kommt es zu einer Berührung am ''Cnidocil'' (einem Fortsatz der Nesselzellen), platzt die Nesselkapsel im Innern der Nesselzelle mit einem Druck von 150 [[Bar (Einheit)|bar]] auf und stülpt einen ''Nesselfaden'' nach außen, der gleichzeitig das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende [[Gift]] abgibt. Diese Reaktion zählt zu den schnellsten bekannten im gesamten Tierreich. Nachdem die Qualle auf diese Weise ihr Gift verbreitet hat, werden die Nesselkapseln abgestoßen und neue gebildet.


== Körperbau ==
'''Riesenquallen''' wie die Nomura-Qualle ''[[Stomolophus nomurai]]'' können einen Durchmesser von mehr als 2 m und eine Masse von mehr als 200 kg erreichen. Taucher entdeckten eines dieser Urtiere im Jahre 2002 an der Westküste der japanischen Hauptinsel [[Honshu|Honshu]]. Seine Nahrung besteht ausschließlich aus [[Plankton|Plankton]]. Im Zeitraum von August 2005 bis
[[Datei:Jellyfish axes.svg|mini|links|lang=de|Achsen einer Qualle]]
Januar 2006 ist die Anzahl der Riesenquallen im [[Japanisches Meer|Japanischen Meer]] dramatisch angestiegen. Mindestens ebenso dramatisch ist die Massenvermehrung der [[Kronenqualle]] (''Periphylla periphylla'') in einigen norwegischen Fjorden.
[[Datei:Hydromedusa.svg|mini|links|Körperbau einer Qualle:
1 Ektoderm ; 2 Mesogloea ; 3 Gastrodermis ; 4 Magen ; 5 Radiärer Kanal ; 6 Zirkulärer Kanal ; 7 Tentakel ; 8 Velum ; 9 Äußerer Nervenring ; 10 Innerer Nervenring ; 11 Gonaden ; 12 Magenstiel ; 13 Mund / After (Anus) ; 14 Aborale Oberfläche ; 15 Orale Oberfläche.]]
Quallen sind abgeplattet schirmartig aufgebaut mit einem hängenden Magenstiel (Manubrium), an dessen Unterseite sich eine Mundöffnung befindet. Sie bestehen überwiegend aus zwei einschichtigen, nur knapp ein fünfzigstel Millimeter dicken Gewebslagen ([[Epithel]]ien), der Außenhaut (Exodermis oder auch Epidermis) und der den Magenraum auskleidenden Innenhaut (Endodermis oder auch Gastrodermis), zwischen denen eine überwiegend zellfreie Schicht, die [[Mesogloea]], liegt. Diese ist [[Gel|gallertartig]], so dass der gesamte [[Organismus]] zu rund 98 bis 99&nbsp;Prozent aus [[Wasser]] besteht. Quallen besitzen dadurch etwa dieselbe Dichte wie das umgebende Wasser. In die Mesogloea ist ein zentraler Magenhohlraum eingelagert, von dem Manteltaschen oder Radialkanäle abgehen, die bei vielen Arten mit einem Ringkanal außen am Schirm in Verbindung stehen. Am Schirmrand sitzen bei einigen Arten Augen ([[Ocelle]]n) und Schweresinnesorgane ([[Statozyste]]n). Außerdem sitzen im Inneren die, oft gefärbten, Keimdrüsen ([[Gonade]]n). Quallen sind meist getrenntgeschlechtlich, es gibt also männliche und weibliche Exemplare.

Die meisten Quallen haben lange [[Tentakel]], die mit [[Nesselzelle]]n ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren und zur Verteidigung. Diese Nesselzellen sind über die Fangarme verstreut und bilden ein giftiges [[Sekret]]. Kommt es zu einer Berührung am ''[[Cnidocil]]'' (einem stielförmigen Fortsatz der Nesselzellen), platzt die Nesselkapsel im Innern der Nesselzelle mit einem Druck von 150 [[Bar (Einheit)|bar]] auf und stülpt einen sogenannten Nesselfaden nach außen, der gleichzeitig das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende [[Gift]] abgibt. Meist ist der Nesselfaden dazu noch mit Bohrstacheln besetzt. Nach Gebrauch werden die Nesselkapseln abgestoßen und durch neu gebildete ersetzt.


== Fortbewegung ==
== Fortbewegung ==
Quallen schwimmen durch eine sich zusammenziehende Bewegung ihres Schirmes, bei der sie nach dem [[Rückstoß]]prinzip gleichzeitig Wasser nach unten ausstoßen. Dabei bewegen sie sich schräg nach oben, um sich danach wieder etwas nach unten fallen zu lassen. Manchmal lassen sie sich jedoch auch einfach mit dem Strom treiben. Mit diesem Prinzip können sie bis zu neun Kilometer in der Stunde zurücklegen
Quallen schwimmen durch eine sich zusammenziehende Bewegung ihres Schirmes, bei der sie nach dem [[Rückstoß]]prinzip Wasser nach unten ausstoßen. Der Rückstoß erzeugt einen Vortrieb, auch wenn beim Ansaugvorgang dieselbe Menge Wasser eingesaugt wird. Dies liegt daran, dass er schnell und düsenartig nach hinten gerichtet erfolgt, während das einströmende Wasser langsam und ungerichtet angesaugt wird. Mit diesem Prinzip können sie bis zu zehn Kilometer pro Stunde zurücklegen. Quallen sind nicht in der Lage, längere Strecken gegen eine Wasserströmung anzuschwimmen. Trotz ihrer Größe werden sie daher zum [[Plankton]] gerechnet. Gemeinsam mit den Rippenquallen bilden sie darin eine eigene Kategorie, das „gelatinöse“ Plankton.<ref name="Bolero">F. Boero, J. Bouillon, C. Gravili, M. P. Miglietta, T. Parsons, S. Piraino (2008): Gelatinous plankton: irregularities rule the world (sometimes). Marine Ecology Progress Series Vol. 356: 299–310. [[doi:10.3354/meps07368]]</ref>


[[Datei:Malaienqualle Amakusa Jellyfish.ogg|mini|zentriert|300px|Fortbewegung einer Malaienqualle]]
== Fortpflanzung ==

Bei den Quallen kommt es meistens zu einem [[Generationswechsel]]: Die Quallen produzieren [[Gamet|Geschlechtszellen]], die zur [[Zygote]] verschmelzen. Aus dieser entsteht eine [[Larve]], die sich am Boden festsetzt und aus der ein [[Polyp (Nesseltiere)|Polyp]] entsteht, der auf ungeschlechtlichem Wege durch Abschnürung ([[Strobilation]]) neue Quallen bildet. Einige koloniebildende Quallen, wie die [[Röhrenqualle]], können sich geschlechtlich fortpflanzen, indem sie ''Geschlechtsglocken'' für [[Spermium|Spermien]] und [[Eizelle|Eier]] bilden.
== Lebensweise und Ernährung ==
Quallen sind ein wesentlicher Bestandteil der im freien Wasser lebenden ([[pelagial]]en) [[Biozönose|Lebensgemeinschaft]] der Ozeane.<ref name="Bolero" /> Ihre Erforschung ist aber schwierig, weil sie zu unregelmäßigen Massenvermehrungen neigen. Da die meisten Arten Räuber sind, sind sie Nahrungskonkurrenten von Fischarten. Einige Arten ernähren sich auch von Fischlarven. Manchmal, wie zum Beispiel im norwegischen [[Lurefjord]], bilden sich von Quallen dominierte Lebensgemeinschaften (hier die [[Kronenqualle]] ''Periphylla periphylla''), sodass Fische fast völlig verdrängt werden, mit einschneidenden Folgen für die Ökologie des Gewässers.<ref name="DOI10.3354/meps325029">{{Literatur |Autor=Lasse Riemann, Josefin Titelman, Ulf Båmstedt |Titel=Links between jellyfish and microbes in a jellyfish dominated fjord |Sammelwerk=Inter-Research [[Marine Ecology Progress Series]] |Band=325 |Datum=2006-11-07 |Seiten=29–42 |Sprache=en |Online=[http://www.int-res.com/articles/meps2006/325/m325p029.pdf PDF] |DOI=10.3354/meps325029}}</ref> Dies ist aber die Ausnahme. Teilweise wird aber befürchtet, dass der Mensch durch [[Überfischung]] auch andernorts verbreitet das Gleichgewicht zugunsten der Quallen verschieben könnte.

Quallen ernähren sich weit überwiegend [[Fleischfresser|karnivor]] von [[Zooplankton]], vor allem kleinen Krebstieren wie [[Ruderfußkrebse]]n (Copepoden), Protozoen und Larven anderer Meeresorganismen; größere Arten können auch größere frei schwimmende Organismen, bis hin zu Fischen und anderen Quallen, erbeuten. Kleinere Arten und Jugendstadien nehmen auch [[Phytoplankton]] auf, die [[Ohrenqualle]] ''Aurelia aurita'' beispielsweise Beutetiere mit bis zu etwa 44 Millimeter Schirmdurchmesser.<ref>{{Literatur |Autor=U. Båmstedt |Titel=Trophodynamics of the scyphomedusae Aurelia aurita. Predation rate in relation to abundance, size and type of prey organism |Sammelwerk=[[Journal of Plankton Research]] |Band=12 |Nummer=1 |Datum=1990 |Seiten=215–229 |Sprache=en |Online=[http://plankt.oxfordjournals.org/content/12/1/215.full.pdf+html PDF] |DOI=10.1093/plankt/12.1.215}}</ref> Die durch die nesselnden Tentakel getötete oder betäubte Beute wird durch Verkürzung der Tentakel zur Mundöffnung befördert und anschließend verschlungen.

Quallen der Gattung ''[[Cassiopea]]'' können außerdem in [[Symbiose]] mit Algen leben, die ihren Wirt mit der nötigen Nahrung versorgen.<ref>Edward A. Drew, ''The biology and physiology of alga-invertebrate symbioses. I. Carbon fixation in Cassiopea sp. at aldabra atoll'', Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, 1972</ref>

== Fossile Quallen ==
Dass von weichhäutigen, fast nur aus Wasser bestehenden Organismen wie Quallen überhaupt Fossilien entstehen können, ist erstaunlich und nur unter ganz besonderen Umständen möglich. Fossile Quallen<ref>Graham A. Young & James W. Hagadorn (2010): The fossil record of cnidarian medusae. Palaeoworld 19: 212–221. [[doi:10.1016/j.palwor.2010.09.014]]</ref> sind daher äußerst selten und vor allem aus zwei Erdzeitaltern, dem [[Kambrium]] und dem [[Karbon]] bekannt. Zahlreiche zunächst quallenähnlich erscheinende Fossilien, als „Medusoide“ bezeichnet, erwiesen sich bei genauer Nachprüfung nicht als Quallen. Ihre Natur ist oft unklar, einige sind offensichtlich nicht einmal tatsächliche Fossilien, sondern gehen auf anorganische Prozesse zurück. So wurden alle möglichen Quallenfossilien aus dem [[Präkambrium]] als falsch entlarvt. Die ältesten zugeordneten Fossilien stammen aus der dritten Serie des Kambriums, zum Beispiel der berühmten Lagerstätte des [[Burgess-Schiefer]]. In der mittelkambrischen Marjum-Formation in Utah, USA wurden erstaunlich gut erhaltene fossile Quallen mit Tentakeln und sogar Spuren von Muskeln und Keimdrüsen gefunden.<ref>Paulyn Cartwright, Susan L. Halgedahl, Jonathan R. Hendricks, Richard D. Jarrard, Antonio C. Marques, Allen G. Collins, Bruce S. Lieberman (2007): Exceptionally Preserved Jellyfishes from the Middle Cambrian. PLoS ONE 2(10): e1121. [[doi:10.1371/journal.pone.0001121]] (open access)</ref> Aus dieser Zeit liegen bereits erkennbare Fossilien aller drei Klassen (Cubozoa, Hydrozoa, Scyphozoa) vor, deren Entstehung und Radiation damit bereits noch länger zurückliegen muss. Möglicherweise gehen damit auch die Quallen auf die große Radiation am Beginn des Kambriums ([[Kambrische Explosion]]) zurück.

Die älteste fossil erhaltene Art, die unzweifelhaft zu den Quallen gehörte, ist nach gegenwärtiger Kenntnis ''[[Burgessomedusa phasmiformis]]''. Sie lebte im [[Wuliuum]], einer [[Stufe (Geologie)|Stufe]] des mittleren [[Kambrium]]s vor etwa 509 bis 504,5 Millionen Jahren und blieb in Schichten des Burgess-Schiefers fossil erhalten. Erhalten blieben Abdrücke des Schirms mit Tentakeln, selten auch von inneren Organen wie Keimdrüsen (Gonaden). Rekonstruiert wird ein vierzählig symmetrischer (tetraradialer) Schirm, dessen Höhe seine Breite überstieg, mit einem Tentakelkranz von über 90 fingerförmigen Tentakeln. Manchmal ist auch der Magenstiel (Manubrium) sichtbar. Die Art könnte zu den Würfelquallen (Cubozoa) oder deren gemeinsamer Stammgruppe mit den Schirmquallen (Scyphozoa) gehört haben.<ref>Justin Moon, Jean-Bernard Caron, Joseph Moysiuk (2023): A macroscopic free-swimming medusa from the middle Cambrian Burgess Shale. Proceedings of the Royal Society B 290: article 20222490. [[doi:10.1098/rspb.2022.2490]]</ref>

Aus dem [[Rotliegend]] ([[Perm (Geologie)|Perm]]) Mitteleuropas sind die Süßwasserquallen ''Medusina limnica'' (Müller, 1978), ''Medusina atava'' (Pohlig, 1898) und ''Medusina strigillata'' (Müller, 1982) nachgewiesen.<ref>Heinz Kozur: ''Die Verbreitung der limnischen Meduse Medusina limnica Müller 1978 im Rotliegenden Mitteleuropas.'' Paläontologische Zeitschrift, 58(1/2): 41-50, Stuttgart, 1984 [[doi:10.1007/BF02990326]]</ref> Fossile Quallen sind ferner nachgewiesen auch aus dem Ordovizium (Marokko, Kanada), Trias (Frankreich) und dem oberen Jura (Cerin, Frankreich und Altmühltal, Süddeutschland). Die Plattenkalke im Altmühltal haben eine diverse Fauna fossiler Quallen und Medusen. Berühmt ist [[Pfalzpaint (Walting)|Pfalzpaint]] als ehemaliges Wattgebiet, das hervorragend erhaltene Quallen und Hydromedusen geliefert hat.


== Quallen in Zoologischen Gärten ==
== Quallen in Zoologischen Gärten ==
Die Haltung und Zucht von Quallen ist sehr aufwendig und schwierig, da in den Aquarien immer eine Wasserströmung aktiv sein muss. Auch benötigen die einzelnen Entwicklungsstadien ganz bestimmte (und meist unterschiedliche) Lebensbedingungen, wie Wassertemperatur und Nahrungsangebot (Plankton). Quallen werden daher nur in wenigen Aquarien präsentiert, zum Beispiel im [[Aquarium Berlin]], der [[Wilhelma]] in Stuttgart, dem [[Multimar Wattforum]] in [[Tönning]] sowie dem [[Aquazoo Düsseldorf]] und [[Monterey Bay]].
Die Haltung und Zucht von Quallen ist sehr aufwändig und schwierig, da in den Aquarien immer eine Wasserströmung aktiv sein muss. Auch benötigen die einzelnen Entwicklungsstadien ganz bestimmte (und meist unterschiedliche) Lebensbedingungen, wie Wassertemperatur und Nahrungsangebot (Plankton). Zudem kann man Quallen meist nicht mit anderen Arten halten, da diese sich verletzen könnten. Quallen werden daher nur in wenigen Aquarien präsentiert. Zu sehen sind sie beispielsweise im [[Haus des Meeres]] in Wien oder im April 2006 eröffnete der Vergnügungs- und Tierpark [[Ocean Park Hong Kong]] das Sea Jelly Spectacular.
Im April 2006 eröffnete der Vergnügungs- und Tierpark [http://www.oceanpark.com.hk/eng/main/index.html Ocean Park Hong Kong] das Sea Jelly Spectacular, ein spezielles Quallenhaus mit über 1000 Exemplaren.


Ende 2015 berichtet der [[Tiergarten Schönbrunn]] über den Zuchterfolg der seltenen Riesenqualle ''[[Rhizostoma luteum]]'' aus dem Mittelmeer.<ref>http://wien.orf.at/news/stories/2748622/ Schönbrunn züchtet Riesenquallen, orf.at vom 21. Dezember 2015, abgerufen am 21. Dezember 2015.</ref>
== Gefahren ==
Bei Menschen hinterlässt das Sekret, das sie über ihre Nesselzellen absondern, meist nur einen schmerzenden oder juckenden [[Ausschlag]]. Das Gift einiger weniger Arten kann Atembeschwerden, Brechreize oder gar einen [[Kreislaufkollaps]] verursachen. Bleiben einige Teile der Arme am Menschen haften, so sollte man diese nicht mit bloßen Händen berühren, da sie noch sehr lange Gift absondern können. Kommt es zu besonders heftigen Reaktionen, kann meistens nur eine Wiederbelebung oder ein spezielles [[Antidot|Gegengift]] helfen. Besonders berüchtigt ist das Gift der australischen [[Seewespe]].


== Fressfeinde ==
== [[Erste Hilfe]]-Maßnahmen bei Quallenverletzungen ==
Traditionell wurde wissenschaftlich oft die Ansicht vertreten, Quallen wären als Beute von marinen [[Prädator]]en ohne große Bedeutung, da sie aufgrund des hohen Wassergehalts im Fang zu wenig lohnend seien. Neuere Forschungen (vgl.<ref name="Doyle">G.C. Hays, T.K. Doyle, J.D.R. Houghton (2018): A Paradigm Shift in the Trophic Importance of Jellyfish? Trends in Ecology & Evolution, 33(11), 874-884. [[doi:10.1016/j.tree.2018.09.001]]</ref><ref name="Arai">Mary Needler Arai (2005): Predation on pelagic coelenterates: a review. Plankton & Benthos Research 12(1): 71–77.</ref>) stellen dies in Frage. Wichtig waren dabei insbesondere die Arbeiten der kanadischen Meeresbiologin [[Mary Needler Arai]].<ref>Jennifer E. Purcell and David G. Welch (2018): In memoriam: Dr. Mary N. Arai. Pices Press 26 (2): 15.</ref> Allerdings gibt es nur wenige auf Quallen spezialisierte Räuber. Die meisten Arten mit hohen Beuteanteilen nutzen zumindest anderes gelatinöses [[Plankton]] wie [[Rippenquallen]] und [[Salpen]] in vergleichbarer Weise. So ist keine auf Quallen spezialisierte Fischart bekannt und nur sehr wenige Arten mit Spezialisierung auf gelatinöses Plankton generell.<ref name="Purcell">Jennifer E. Purcell &Mary N. Arai (2001): Interactions of pelagic cnidarians and ctenophores with fish: a review. Hydrobiologia 451: 27–44.</ref> Der lange als Spezialist geltende [[Mondfisch]] ''Mola mola'' nimmt nach neueren Untersuchungen größere Mengen anderer Beuteorganismen an als früher gedacht.<ref name="Doyle" /> Dennoch sind inzwischen zahlreiche Fischarten identifiziert, bei denen Quallen zum normalen Beutespektrum gehören.<ref name="Purcell" /><ref>R.M.L. Ates (1988): Medusivorous fishes, a review. Zoologische Mededelingen 62 (3): 29-42.</ref> Dies war früher aufgrund methodischer Schwierigkeiten unterschätzt worden: Quallen werden bei Mageninhaltsanalysen oft übersehen, da sie sich bei Konservierung mit Alkohol und Formalin zersetzen. Aufgrund des starken Massenwechsels von Quallen, mit kurzen Massenvorkommen („Blüten“), gefolgt von langen Perioden geringer Dichte, schwenken viele Fischarten als opportunistische Räuber auf Quallen als Beute vor allem dann um, wenn diese besonders häufig sind.<ref>Richard D. Brodeur, Troy W. Buckley, Geoffrey M. Lang, Douglas L. Draper, John C. Buchanan, Richard E. Hibpshman (2021): Demersal fish predators of gelatinous zooplankton in the Northeast Pacific Ocean. Marine Ecology Progress Series 658: 89–104. [[doi:10.3354/meps13489]]</ref><ref>L.O. Relini, L. Lanteri, F. Garibaldi (2010): Medusivorous fishes of the Mediterranean. A coastal safety system against jellyfish blooms. Biologia marina mediterranea 17 (1): 348-349.</ref>
Wenn man mit einer Qualle in Kontakt kommt, sollte man die Wunden mit möglichst viel Salzwasser (kein Süßwasser) abspülen. Keinesfalls sollte gerieben werden, da so noch mehr Nesselzellen platzen und ihr Gift injizieren. Zusätzlich sollte man die betroffenen Stellen nach dem Entfernen der Tentakeln mit Essig abspülen, da der Essig durch seine osmotische Wirkung verhindert, dass weitere Nesselkapseln platzen. Man sollte trotzdem bei längeren Reizungen einen Arzt aufsuchen, da eventuell eine allergische Reaktion auf das Gift erfolgt.


Als einziger spezialisierter Räuber von Quallen unter den Wirbeltieren seit langem bekannt ist die [[Lederschildkröte]] (''Dermochelys coriacea''). Diese können, bei einem Lebendgewicht von 450 Kilogramm, pro Tag durchschnittlich 330 Kilogramm Quallen erbeuten, also fast drei Viertel ihrer Körpermasse pro Tag. Es wird angenommen, dass gerade die hohe Körpermasse, verbunden mit hoher Beweglichkeit, der Art die Spezialisierung erlaubt: Sie kann lange hungern und dabei von Quallenblüte zu Quallenblüte schwimmen. Diese Strategie steht kleineren Räubern mit hohem Grundumsatz nicht zur Verfügung. Auch andere Seeschildkröten wie die überwiegend pflanzenfressende [[Grüne Meeresschildkröte]] (''Chelonia mydas'') nutzen opportunistisch je nach Angebot auch Quallen aus. Keine andere Art ist darauf spezialisiert.<ref name="Doyle" /> Durch Techniken wie aufmontierte mobile Kameras wurden auch Vogelarten, etwa Pinguine<ref>Jean‑Baptiste Thiebot, Kentaro Ito, Thierry Raclot, Timothée Poupart, Akiko Kato, Yan Ropert‑Coudert, Akinori Takahashi (2016): On the significance of Antarctic jellyfish as food for Adélie penguins, as revealed by video loggers. Marine Biology 163: article 108 (8 Seiten) [[doi:10.1007/s00227-016-2890-2]]</ref> und selbst Albatrosse<ref name="Doyle" /> als Quallenräuber bestätigt. Das einzige Säugetier, das Quallen in relevanten Mengen nutzt, ist aber nach heutiger Kenntnis der Mensch.
Feuerquallen entwickeln eine starke Nesseltätigkeit, zum Beispiel [[Würfelquallen]] (Cubomedusae), die ''[[Charybdea]]'', die mit ihren Tentakeln Fische greift, und ''[[Chiropsalmus]]'', deren Nesseln Schwellungen der Haut und Krampfzustände beim Menschen hervorrufen können.
Kommt man mit einer Qualle in Berührung kann auch Urin helfen gegen die Veletzung.


== Gruppen ==
== Quallen und Menschen ==
[[Datei:Australia - Hazardous Marine Creatures.JPG|mini|Informationstafel zu giftigen Quallen (u.&nbsp;a. ''[[Chironex fleckeri]]'', ''[[Carukia barnesi]]'', ''[[Morbakka fenneri]]'', ''[[Physalia physalis]]'') und der Behandlung (in Australien)]]
* [[Schirmquallen]]
Bei Menschen verursacht das über die Nesselzellen abgesonderte Sekret meist einen brennenden Schmerz, Hautrötungen oder juckende Ausschläge (Blasenbildungen, Schwellungen). Unbehandelt ist die Wirkung mit einer leichten [[Verbrennung (Medizin)|Verbrennung]] zu vergleichen, es können über Monate sichtbare Pigmentveränderungen oder sogar [[Narbe (Wundheilung)|Narben]] zurückbleiben. Das Gift einiger weniger Arten kann Atembeschwerden, Brechreiz oder gar einen [[Kreislaufkollaps]] verursachen. Bleiben die [[Tentakel]] oder Teile davon am Menschen haften, so sollten diese nicht mit bloßen Händen berührt werden, da sie noch sehr lange Gift absondern können. Aus dem gleichen Grund ist auch die Berührung gestrandeter Quallen nicht ratsam.
* [[Würfelquallen]]

* [[Hydrozoen]]
Einige Quallenarten entwickeln eine starke, bisweilen für den Menschen lebensgefährliche Nesseltätigkeit. Dazu gehören [[Würfelquallen]] (Cubomedusae), ''[[Solmundella bitentaculata]]'', die mit ihren Tentakeln Fische greift, und ''[[Chiropsalmus]]'', deren Nesseln Schwellungen der Haut und Krampfzustände hervorrufen können. Besonders berüchtigt ist das Gift der australischen [[Chironex fleckeri|Seewespe]].

Für spezifische Zwecke wurden eigens der [[Quallenschutzanzug]] entwickelt.
[[Datei:Aequorea victoria.jpg|mini|links|[[Aequorea victoria]]]]

=== Wissenschaftliche Nutzung ===
Quallen spielen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Bereits in den 1960er-Jahren wurde [[grün fluoreszierendes Protein]] (GFP) aus [[Aequorea victoria]] untersucht, das seit Mitte der 1990er-Jahre eine große Rolle in der [[Molekularbiologie|Molekular-]] und [[Zellbiologie]] spielt.<ref>[http://www.in-cites.com/papers/DrMartinChalfie.html Interview mit Martin Chalfie]. in-cites. Dezember 2002.</ref><ref>B. Steipe, A. Skerra: {{Webarchiv |url=http://www.lmb.uni-muenchen.de/groups/gbm-pd/art/gfp_article.html |wayback=20081220145532 |text=''GFP: Das Grün Fluoreszierende Protein'' |archiv-bot=2019-05-08 17:05:38 InternetArchiveBot}}. Nach einem Artikel in: ''Biospektrum''. Bd. 3, Nr. 1, 1997, S. 28–30.</ref>

Seit der Problematik um [[Bovine spongiforme Enzephalopathie|BSE]] geraten Quallen auch als Lieferant von [[Kollagen]] ins Visier von Forschung und Industrie. Neben dem Einsatz bei [[Kosmetik]]a und [[Plastische Chirurgie|plastischer Chirurgie]] untersuchen Wissenschaftler die Verwendung als [[Knorpel]]ersatz bei verschlissenen Gelenken.<ref>[http://www.uni-luebeck.de/aktuelles/pressemitteilung/artikel/bundesfoerderung-fuer-die-regenerative-medizin.html Pressemitteilung Universität zu Lübeck. 27. April 2009]</ref><ref>I. Niermann: [http://www.stern.de/wissenschaft/medizin/:Medizinische-Forschung-Quallen-Gelenkschmiere/597805.html Quallen als Gelenkschmiere]. In: ''stern''. 15. September 2007.</ref>

Ende 2013 stellten [[Mathematik]]er der [[New York University]] ein [[Ultraleichtflugzeug|ultraleichtes]] Modell-Fluggerät vor, das die Fortbewegung von Quallen imitiert, der erste [[Ornithopter]], der ohne Regelung und aerodynamische Stabilisierung auskommt.<ref>[[Deutschlandfunk]], ''Forschung Aktuell'', 15. Januar 2014: [http://www.deutschlandfunk.de/meldung-forschung-aktuell.678.de.html?drn:news_id=312386 deutschlandfunk.de: ''Forscher bauen eine fliegende Qualle'']</ref>

=== Quallen in der Aquarienhaltung ===
[[Datei:Blue Blubber Jellyfish 3.jpg|mini|[[Kreuzqualle]]n in einem Aquarium in [[Baltimore]], USA]]
Der Zierwert von Quallen im [[Aquarium]] hat dazu geführt, dass einige Museen wie das [[Ozeaneum Stralsund]] oder das [[Aquarium Berlin]] sie ausstellen, obwohl ihre Haltung sehr aufwändig und teuer ist. Neben einem speziellen, runden Quallenaquarium werden Strömungspumpen benötigt. Für die Versorgung größerer Arten, wie der [[Kompassqualle]] ''Chrysaora hysoscella'', sollten zudem auch gleich kleinere Spezies, wie z.&nbsp;B. die [[Ohrenqualle]] ''Aurelia aurita'', als Nahrung mit gezüchtet werden.<ref>[https://www.deutschlandfunkkultur.de/quallen-fragil-schoen-und-glibberig-102.html ''Peter Kaiser: Quallen. „Fragil, schön und glibberig“'' vom 31. Mai 2015] [[Zooplus]], abgerufen am 5. November 2023</ref>

Für Privatmenschen, die gern Quallen in einem Aquarium halten möchten, ist dies mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Arten, die im Freiwasser schwimmen, benötigen eine zuverlässige, ununterbrochen zirkulierende Strömung sowie eine besondere Filtertechnik. Neben der – am leichtesten zu haltenden – [[Ohrenqualle]] eignen sich auch die [[Gepunktete Wurzelmundqualle]] ''Phyllorhiza punctata'', die Lagunenqualle ''[[Mastigias papua]]'' oder die [[Kreuzqualle]] ''Catostylus mosaicus''. Es können auch mehrere Exemplare gemeinsam gehalten werden.<ref>[https://www.zooplus.de/magazin/aquaristik/fischarten-portraits/quallen ''Natalie Decker: Kann man Quallen im Aquarium halten?''] [[Lebendiges Museum Online]], abgerufen am 5. November 2023</ref>

=== Verwendung als Nahrungsmittel ===
[[Datei:Jellyfish sesame oil and chili sauce.jpg|mini|alt=Photo of gold-colored jellyfish strips on plate.|Vorspeise Quallenstreifen in Sojasauce, Sesamöl und Chilisauce]]
Vor allem in der [[Asiatische Küche|asiatischen Küche]] werden einige nicht giftige Quallen als Speise bereitet und gegessen. Alle essbaren Arten gehören zu den [[Wurzelmundquallen]] (Ordnung Rhizostomae). Folgende Arten werden verwendet: Familie Cepheidae: ''Cephea cephea'' (Forskål, 1775). Familie Catostylidae: ''[[Catostylus mosaicus]]'' (Quoy & Gaimard, 1824), ''Crambione mastigophora'' Maas 1903, ''Crambionella orsisi'' (Vanhöffen, 1888). Familie Lobonematidae: ''Lobonema smithii'' Mayer, 1910, ''Lobonemoides gracilis'' Light, 1914. Familie Rhizostomatidae: ''Rhizostoma pulmo'' (Macri, 1778), ''Rhopilema esculentum'' Kishinouye, 1891, ''Rhopilema hispidum'' (Vanhöffen, 1888), ''Neopilema nomurai'' Kishinouye, 1922. Familie Stomolophidae: ''Stomolophus meleagris'' Agassiz, 1862. Es handelt sich in allen Fällen um große, relativ derbe Arten mit großem Schirm. Händler und Köche unterscheiden dabei nicht die Arten, sondern eine Reihe von Typen anhand äußerlicher Kennzeichen, z.&nbsp;B. Roter oder Chinesischer Typ, Weißer Typ, Sandtyp usw. Die Fischerei erfolgt tagsüber mit Netzen, besonders oft [[Stellnetz]]en. Die wichtigsten Produzenten sind China, die Philippinen, Vietnam, Thailand, Malaysia, Indonesien und Myanmar. Die wichtigsten Konsumenten sind Japan und China. Für Handel und Transport wird der Mundstiel mit den Tentakeln entfernt und der Schirm durch Einlegen in Salz entwässert. Sie verlieren dabei mehr als 90 Prozent ihres Frischgewichts. Vor der Zubereitung werden sie über Nacht gewässert. Die jährliche Ernte wird auf etwa 321.000 Tonnen Frischgewicht pro Jahr geschätzt.<ref>Makoto Omori & Eiji Nakano (2001): Jellyfish fisheries in southeast Asia. Hydrobiologia 451: 19–26. [http://www.trade-seafood.com/species/jelly-fish-commercial-species.htm Online-Version bei Sea-Ex Trade-Seafood Fish Directory]</ref>

=== Trivia ===
In der [[Astronomie]] trägt der Typus der [[Quallen-Galaxie]] aufgrund seiner speziellen Form seinen Namen.

== Literatur ==
* Sabine Holst: „Ursprünglich und faszinierend: Quallen an Nord- und Ostseeküste.“ Biologie in unserer Zeit 41(4), S. 240–247 (2011), {{ISSN|0045-205X}}
* B. Werner: 4. Stamm Cnidaria In: Alfred Kaestner (Begründer): Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band I: Wirbellose Tiere. 2. Teil: Cnidaria, Ctenophora, Mesozoa, Plathelminthes, Nemertini, Entoprocta, Nemathelminthes, Priapulida. Gustav Fischer Verlag, Jena, 4. Auflage 1984.

== Rundfunkberichte ==
* [[Dagmar Röhrlich]]: [https://www.deutschlandfunk.de/unter-quallen-begegnung-mit-dem-schwarm.740.de.html?dram:article_id=419396 ''Unter Quallen – Begegnung mit dem Schwarm''], [[Deutschlandfunk]] – ''„[[Wissenschaft im Brennpunkt]]“'' vom 3. Juni 2018


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Jellyfish|Qualle}}
* [http://www.aquarium-berlin.de/erleben/tier-highlights/quallenzucht.html Details zur Quallenzucht im Aquarium Berlin]
{{Wiktionary}}
* [http://www.imagequest3d.com/catalogue/jellyfish/index.htm Jellyfish Image Catalogue (engl.)]
* [https://www.aquarium-berlin.de/de/tiere/gepunktete-wurzelmundqualle Gepunktete Wurzelmundqualle] im [[Aquarium Berlin]]
* [http://www.gifte.de/Gifttiere/quallen.htm Quallen]
* [http://www.glaucus.org.uk/Moonjell.htm British Marine Life Study Society – Jellyfish Page]
* [http://www.mare.de/mare/hefte/beitrag-aufm.php?id=861&&heftnummer=47 Gelée de mer]
*[http://www.glaucus.org.uk/Moonjell.htm British Marine Life Study Society - Jellyfish Page]


== Einzelnachweise ==
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<references />
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[[Kategorie:Nesseltiere]]
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[[ru:Medusozoa]]
[[ar:قنديل البحر]]
[[bn:জেলিফিশ]]
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[[lt:Scifomedūzos]]
[[ms:Ampai-ampai]]
[[nl:Kwal]]
[[pl:Krążkopławy]]
[[pt:Medusa]]
[[sv:Maneter]]
[[uk:Клас Сцифоїдні]]
[[zh:钵水母纲]]

Aktuelle Version vom 30. März 2025, 18:59 Uhr

Lebenszyklus einer Schirmqualle
1–8: Festsetzen der Planulalarve und Metamorphose zum Polyp
9–11: Abschnürung (Strobilation) der Ephyralarven
12–14: Umwandlung der Ephyren zur ausgewachsenen Qualle
Qualle der Gattung Chrysaora
Kompassqualle (Chrysaora melanaster)
Ohrenqualle (Aurelia aurita)
Lungenqualle (Rhizostoma pulmo)
Stomolophus meleagris
Spiegeleiqualle (Cotylorhiza tuberculata)
Gepunktete Wurzelmundqualle (Phyllorhiza punctata)
Eine Qualle im Sealife, München

Als Qualle, im wissenschaftlichen Sprachgebrauch auch Meduse oder Medusa (Pl. Medusen; Medusae) genannt, bezeichnet man ein Lebensstadium von Nesseltieren (Cnidaria). Quallen sind keine systematisch-taxonomische Gruppe.

Erweiternd wird der Ausdruck auch für die Rippenquallen (Ctenophora) benutzt. Früher wurden die Rippenquallen zu den Nesseltieren gestellt oder mit den Nesseltieren als Hohltiere (Coelenterata) zusammengefasst. Heute gelten die Rippenquallen als eigener Tierstamm, der mit den Nesseltieren wahrscheinlich nicht näher verwandt ist.

Die meisten Arten mit einem Quallenstadium leben im Meer. Es gibt aber auch wenige Arten von Süßwasserquallen, von denen eine aus Asien eingeschleppte mittlerweile auch in deutschen Gewässern heimisch ist.[1] Die heimischen Süßwasserpolypen durchlaufen hingegen kein Medusenstadium.

Quallen im Lebenszyklus

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Für viele Nesseltiere typisch ist ein Generationswechsel, bei dem sich ein festsitzendes Stadium, Polyp genannt, und ein frei schwimmendes Medusen- oder Quallenstadium regelmäßig abwechseln, Metagenese genannt. Der Polyp erzeugt auf ungeschlechtlichem Wege, z. B. durch Sprossung (manchmal Strobilation genannt) freischwimmende Medusen, die durch geschlechtliche Fortpflanzung (über Keimzellen) eine Larve, die Planula bilden, die sich festsetzt und erneut zum Polypen differenziert. Das frei schwimmende Quallenstadium ist also nur ein Teil des komplexen Lebenszyklus der entsprechenden Art. Oft ist es schwierig und langwierig, die zu einer Qualle gehörende Polypengeneration zu identifizieren, die nicht selten irrtümlich als eigene Art beschrieben worden ist.

Der genannte Lebenszyklus ist typisch für Nesseltiere der Klassen Scyphozoa (Schirmquallen), Cubozoa (Würfelquallen) und Hydrozoa. Die Anthozoa durchlaufen nie ein Quallenstadium. Auch bei den genannten Klassen ist der Generationswechsel bei vielen Arten abgewandelt, bei einigen Arten ist dabei eines der Stadien (Qualle oder Polyp) verloren gegangen. Es gibt auch wenige Quallenarten ohne Polypenstadium.

Achsen einer Qualle
Körperbau einer Qualle: 1 Ektoderm ; 2 Mesogloea ; 3 Gastrodermis ; 4 Magen ; 5 Radiärer Kanal ; 6 Zirkulärer Kanal ; 7 Tentakel ; 8 Velum ; 9 Äußerer Nervenring ; 10 Innerer Nervenring ; 11 Gonaden ; 12 Magenstiel ; 13 Mund / After (Anus) ; 14 Aborale Oberfläche ; 15 Orale Oberfläche.

Quallen sind abgeplattet schirmartig aufgebaut mit einem hängenden Magenstiel (Manubrium), an dessen Unterseite sich eine Mundöffnung befindet. Sie bestehen überwiegend aus zwei einschichtigen, nur knapp ein fünfzigstel Millimeter dicken Gewebslagen (Epithelien), der Außenhaut (Exodermis oder auch Epidermis) und der den Magenraum auskleidenden Innenhaut (Endodermis oder auch Gastrodermis), zwischen denen eine überwiegend zellfreie Schicht, die Mesogloea, liegt. Diese ist gallertartig, so dass der gesamte Organismus zu rund 98 bis 99 Prozent aus Wasser besteht. Quallen besitzen dadurch etwa dieselbe Dichte wie das umgebende Wasser. In die Mesogloea ist ein zentraler Magenhohlraum eingelagert, von dem Manteltaschen oder Radialkanäle abgehen, die bei vielen Arten mit einem Ringkanal außen am Schirm in Verbindung stehen. Am Schirmrand sitzen bei einigen Arten Augen (Ocellen) und Schweresinnesorgane (Statozysten). Außerdem sitzen im Inneren die, oft gefärbten, Keimdrüsen (Gonaden). Quallen sind meist getrenntgeschlechtlich, es gibt also männliche und weibliche Exemplare.

Die meisten Quallen haben lange Tentakel, die mit Nesselzellen ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren und zur Verteidigung. Diese Nesselzellen sind über die Fangarme verstreut und bilden ein giftiges Sekret. Kommt es zu einer Berührung am Cnidocil (einem stielförmigen Fortsatz der Nesselzellen), platzt die Nesselkapsel im Innern der Nesselzelle mit einem Druck von 150 bar auf und stülpt einen sogenannten Nesselfaden nach außen, der gleichzeitig das in der Nesselkapsel enthaltene, lähmende Gift abgibt. Meist ist der Nesselfaden dazu noch mit Bohrstacheln besetzt. Nach Gebrauch werden die Nesselkapseln abgestoßen und durch neu gebildete ersetzt.

Quallen schwimmen durch eine sich zusammenziehende Bewegung ihres Schirmes, bei der sie nach dem Rückstoßprinzip Wasser nach unten ausstoßen. Der Rückstoß erzeugt einen Vortrieb, auch wenn beim Ansaugvorgang dieselbe Menge Wasser eingesaugt wird. Dies liegt daran, dass er schnell und düsenartig nach hinten gerichtet erfolgt, während das einströmende Wasser langsam und ungerichtet angesaugt wird. Mit diesem Prinzip können sie bis zu zehn Kilometer pro Stunde zurücklegen. Quallen sind nicht in der Lage, längere Strecken gegen eine Wasserströmung anzuschwimmen. Trotz ihrer Größe werden sie daher zum Plankton gerechnet. Gemeinsam mit den Rippenquallen bilden sie darin eine eigene Kategorie, das „gelatinöse“ Plankton.[2]

Fortbewegung einer Malaienqualle

Lebensweise und Ernährung

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Quallen sind ein wesentlicher Bestandteil der im freien Wasser lebenden (pelagialen) Lebensgemeinschaft der Ozeane.[2] Ihre Erforschung ist aber schwierig, weil sie zu unregelmäßigen Massenvermehrungen neigen. Da die meisten Arten Räuber sind, sind sie Nahrungskonkurrenten von Fischarten. Einige Arten ernähren sich auch von Fischlarven. Manchmal, wie zum Beispiel im norwegischen Lurefjord, bilden sich von Quallen dominierte Lebensgemeinschaften (hier die Kronenqualle Periphylla periphylla), sodass Fische fast völlig verdrängt werden, mit einschneidenden Folgen für die Ökologie des Gewässers.[3] Dies ist aber die Ausnahme. Teilweise wird aber befürchtet, dass der Mensch durch Überfischung auch andernorts verbreitet das Gleichgewicht zugunsten der Quallen verschieben könnte.

Quallen ernähren sich weit überwiegend karnivor von Zooplankton, vor allem kleinen Krebstieren wie Ruderfußkrebsen (Copepoden), Protozoen und Larven anderer Meeresorganismen; größere Arten können auch größere frei schwimmende Organismen, bis hin zu Fischen und anderen Quallen, erbeuten. Kleinere Arten und Jugendstadien nehmen auch Phytoplankton auf, die Ohrenqualle Aurelia aurita beispielsweise Beutetiere mit bis zu etwa 44 Millimeter Schirmdurchmesser.[4] Die durch die nesselnden Tentakel getötete oder betäubte Beute wird durch Verkürzung der Tentakel zur Mundöffnung befördert und anschließend verschlungen.

Quallen der Gattung Cassiopea können außerdem in Symbiose mit Algen leben, die ihren Wirt mit der nötigen Nahrung versorgen.[5]

Fossile Quallen

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Dass von weichhäutigen, fast nur aus Wasser bestehenden Organismen wie Quallen überhaupt Fossilien entstehen können, ist erstaunlich und nur unter ganz besonderen Umständen möglich. Fossile Quallen[6] sind daher äußerst selten und vor allem aus zwei Erdzeitaltern, dem Kambrium und dem Karbon bekannt. Zahlreiche zunächst quallenähnlich erscheinende Fossilien, als „Medusoide“ bezeichnet, erwiesen sich bei genauer Nachprüfung nicht als Quallen. Ihre Natur ist oft unklar, einige sind offensichtlich nicht einmal tatsächliche Fossilien, sondern gehen auf anorganische Prozesse zurück. So wurden alle möglichen Quallenfossilien aus dem Präkambrium als falsch entlarvt. Die ältesten zugeordneten Fossilien stammen aus der dritten Serie des Kambriums, zum Beispiel der berühmten Lagerstätte des Burgess-Schiefer. In der mittelkambrischen Marjum-Formation in Utah, USA wurden erstaunlich gut erhaltene fossile Quallen mit Tentakeln und sogar Spuren von Muskeln und Keimdrüsen gefunden.[7] Aus dieser Zeit liegen bereits erkennbare Fossilien aller drei Klassen (Cubozoa, Hydrozoa, Scyphozoa) vor, deren Entstehung und Radiation damit bereits noch länger zurückliegen muss. Möglicherweise gehen damit auch die Quallen auf die große Radiation am Beginn des Kambriums (Kambrische Explosion) zurück.

Die älteste fossil erhaltene Art, die unzweifelhaft zu den Quallen gehörte, ist nach gegenwärtiger Kenntnis Burgessomedusa phasmiformis. Sie lebte im Wuliuum, einer Stufe des mittleren Kambriums vor etwa 509 bis 504,5 Millionen Jahren und blieb in Schichten des Burgess-Schiefers fossil erhalten. Erhalten blieben Abdrücke des Schirms mit Tentakeln, selten auch von inneren Organen wie Keimdrüsen (Gonaden). Rekonstruiert wird ein vierzählig symmetrischer (tetraradialer) Schirm, dessen Höhe seine Breite überstieg, mit einem Tentakelkranz von über 90 fingerförmigen Tentakeln. Manchmal ist auch der Magenstiel (Manubrium) sichtbar. Die Art könnte zu den Würfelquallen (Cubozoa) oder deren gemeinsamer Stammgruppe mit den Schirmquallen (Scyphozoa) gehört haben.[8]

Aus dem Rotliegend (Perm) Mitteleuropas sind die Süßwasserquallen Medusina limnica (Müller, 1978), Medusina atava (Pohlig, 1898) und Medusina strigillata (Müller, 1982) nachgewiesen.[9] Fossile Quallen sind ferner nachgewiesen auch aus dem Ordovizium (Marokko, Kanada), Trias (Frankreich) und dem oberen Jura (Cerin, Frankreich und Altmühltal, Süddeutschland). Die Plattenkalke im Altmühltal haben eine diverse Fauna fossiler Quallen und Medusen. Berühmt ist Pfalzpaint als ehemaliges Wattgebiet, das hervorragend erhaltene Quallen und Hydromedusen geliefert hat.

Quallen in Zoologischen Gärten

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Die Haltung und Zucht von Quallen ist sehr aufwändig und schwierig, da in den Aquarien immer eine Wasserströmung aktiv sein muss. Auch benötigen die einzelnen Entwicklungsstadien ganz bestimmte (und meist unterschiedliche) Lebensbedingungen, wie Wassertemperatur und Nahrungsangebot (Plankton). Zudem kann man Quallen meist nicht mit anderen Arten halten, da diese sich verletzen könnten. Quallen werden daher nur in wenigen Aquarien präsentiert. Zu sehen sind sie beispielsweise im Haus des Meeres in Wien oder im April 2006 eröffnete der Vergnügungs- und Tierpark Ocean Park Hong Kong das Sea Jelly Spectacular.

Ende 2015 berichtet der Tiergarten Schönbrunn über den Zuchterfolg der seltenen Riesenqualle Rhizostoma luteum aus dem Mittelmeer.[10]

Traditionell wurde wissenschaftlich oft die Ansicht vertreten, Quallen wären als Beute von marinen Prädatoren ohne große Bedeutung, da sie aufgrund des hohen Wassergehalts im Fang zu wenig lohnend seien. Neuere Forschungen (vgl.[11][12]) stellen dies in Frage. Wichtig waren dabei insbesondere die Arbeiten der kanadischen Meeresbiologin Mary Needler Arai.[13] Allerdings gibt es nur wenige auf Quallen spezialisierte Räuber. Die meisten Arten mit hohen Beuteanteilen nutzen zumindest anderes gelatinöses Plankton wie Rippenquallen und Salpen in vergleichbarer Weise. So ist keine auf Quallen spezialisierte Fischart bekannt und nur sehr wenige Arten mit Spezialisierung auf gelatinöses Plankton generell.[14] Der lange als Spezialist geltende Mondfisch Mola mola nimmt nach neueren Untersuchungen größere Mengen anderer Beuteorganismen an als früher gedacht.[11] Dennoch sind inzwischen zahlreiche Fischarten identifiziert, bei denen Quallen zum normalen Beutespektrum gehören.[14][15] Dies war früher aufgrund methodischer Schwierigkeiten unterschätzt worden: Quallen werden bei Mageninhaltsanalysen oft übersehen, da sie sich bei Konservierung mit Alkohol und Formalin zersetzen. Aufgrund des starken Massenwechsels von Quallen, mit kurzen Massenvorkommen („Blüten“), gefolgt von langen Perioden geringer Dichte, schwenken viele Fischarten als opportunistische Räuber auf Quallen als Beute vor allem dann um, wenn diese besonders häufig sind.[16][17]

Als einziger spezialisierter Räuber von Quallen unter den Wirbeltieren seit langem bekannt ist die Lederschildkröte (Dermochelys coriacea). Diese können, bei einem Lebendgewicht von 450 Kilogramm, pro Tag durchschnittlich 330 Kilogramm Quallen erbeuten, also fast drei Viertel ihrer Körpermasse pro Tag. Es wird angenommen, dass gerade die hohe Körpermasse, verbunden mit hoher Beweglichkeit, der Art die Spezialisierung erlaubt: Sie kann lange hungern und dabei von Quallenblüte zu Quallenblüte schwimmen. Diese Strategie steht kleineren Räubern mit hohem Grundumsatz nicht zur Verfügung. Auch andere Seeschildkröten wie die überwiegend pflanzenfressende Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas) nutzen opportunistisch je nach Angebot auch Quallen aus. Keine andere Art ist darauf spezialisiert.[11] Durch Techniken wie aufmontierte mobile Kameras wurden auch Vogelarten, etwa Pinguine[18] und selbst Albatrosse[11] als Quallenräuber bestätigt. Das einzige Säugetier, das Quallen in relevanten Mengen nutzt, ist aber nach heutiger Kenntnis der Mensch.

Quallen und Menschen

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Informationstafel zu giftigen Quallen (u. a. Chironex fleckeri, Carukia barnesi, Morbakka fenneri, Physalia physalis) und der Behandlung (in Australien)

Bei Menschen verursacht das über die Nesselzellen abgesonderte Sekret meist einen brennenden Schmerz, Hautrötungen oder juckende Ausschläge (Blasenbildungen, Schwellungen). Unbehandelt ist die Wirkung mit einer leichten Verbrennung zu vergleichen, es können über Monate sichtbare Pigmentveränderungen oder sogar Narben zurückbleiben. Das Gift einiger weniger Arten kann Atembeschwerden, Brechreiz oder gar einen Kreislaufkollaps verursachen. Bleiben die Tentakel oder Teile davon am Menschen haften, so sollten diese nicht mit bloßen Händen berührt werden, da sie noch sehr lange Gift absondern können. Aus dem gleichen Grund ist auch die Berührung gestrandeter Quallen nicht ratsam.

Einige Quallenarten entwickeln eine starke, bisweilen für den Menschen lebensgefährliche Nesseltätigkeit. Dazu gehören Würfelquallen (Cubomedusae), Solmundella bitentaculata, die mit ihren Tentakeln Fische greift, und Chiropsalmus, deren Nesseln Schwellungen der Haut und Krampfzustände hervorrufen können. Besonders berüchtigt ist das Gift der australischen Seewespe.

Für spezifische Zwecke wurden eigens der Quallenschutzanzug entwickelt.

Aequorea victoria

Wissenschaftliche Nutzung

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Quallen spielen in der Wissenschaft eine immer größere Rolle. Bereits in den 1960er-Jahren wurde grün fluoreszierendes Protein (GFP) aus Aequorea victoria untersucht, das seit Mitte der 1990er-Jahre eine große Rolle in der Molekular- und Zellbiologie spielt.[19][20]

Seit der Problematik um BSE geraten Quallen auch als Lieferant von Kollagen ins Visier von Forschung und Industrie. Neben dem Einsatz bei Kosmetika und plastischer Chirurgie untersuchen Wissenschaftler die Verwendung als Knorpelersatz bei verschlissenen Gelenken.[21][22]

Ende 2013 stellten Mathematiker der New York University ein ultraleichtes Modell-Fluggerät vor, das die Fortbewegung von Quallen imitiert, der erste Ornithopter, der ohne Regelung und aerodynamische Stabilisierung auskommt.[23]

Quallen in der Aquarienhaltung

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Kreuzquallen in einem Aquarium in Baltimore, USA

Der Zierwert von Quallen im Aquarium hat dazu geführt, dass einige Museen wie das Ozeaneum Stralsund oder das Aquarium Berlin sie ausstellen, obwohl ihre Haltung sehr aufwändig und teuer ist. Neben einem speziellen, runden Quallenaquarium werden Strömungspumpen benötigt. Für die Versorgung größerer Arten, wie der Kompassqualle Chrysaora hysoscella, sollten zudem auch gleich kleinere Spezies, wie z. B. die Ohrenqualle Aurelia aurita, als Nahrung mit gezüchtet werden.[24]

Für Privatmenschen, die gern Quallen in einem Aquarium halten möchten, ist dies mit einem sehr hohen Aufwand verbunden. Arten, die im Freiwasser schwimmen, benötigen eine zuverlässige, ununterbrochen zirkulierende Strömung sowie eine besondere Filtertechnik. Neben der – am leichtesten zu haltenden – Ohrenqualle eignen sich auch die Gepunktete Wurzelmundqualle Phyllorhiza punctata, die Lagunenqualle Mastigias papua oder die Kreuzqualle Catostylus mosaicus. Es können auch mehrere Exemplare gemeinsam gehalten werden.[25]

Verwendung als Nahrungsmittel

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Photo of gold-colored jellyfish strips on plate.
Vorspeise Quallenstreifen in Sojasauce, Sesamöl und Chilisauce

Vor allem in der asiatischen Küche werden einige nicht giftige Quallen als Speise bereitet und gegessen. Alle essbaren Arten gehören zu den Wurzelmundquallen (Ordnung Rhizostomae). Folgende Arten werden verwendet: Familie Cepheidae: Cephea cephea (Forskål, 1775). Familie Catostylidae: Catostylus mosaicus (Quoy & Gaimard, 1824), Crambione mastigophora Maas 1903, Crambionella orsisi (Vanhöffen, 1888). Familie Lobonematidae: Lobonema smithii Mayer, 1910, Lobonemoides gracilis Light, 1914. Familie Rhizostomatidae: Rhizostoma pulmo (Macri, 1778), Rhopilema esculentum Kishinouye, 1891, Rhopilema hispidum (Vanhöffen, 1888), Neopilema nomurai Kishinouye, 1922. Familie Stomolophidae: Stomolophus meleagris Agassiz, 1862. Es handelt sich in allen Fällen um große, relativ derbe Arten mit großem Schirm. Händler und Köche unterscheiden dabei nicht die Arten, sondern eine Reihe von Typen anhand äußerlicher Kennzeichen, z. B. Roter oder Chinesischer Typ, Weißer Typ, Sandtyp usw. Die Fischerei erfolgt tagsüber mit Netzen, besonders oft Stellnetzen. Die wichtigsten Produzenten sind China, die Philippinen, Vietnam, Thailand, Malaysia, Indonesien und Myanmar. Die wichtigsten Konsumenten sind Japan und China. Für Handel und Transport wird der Mundstiel mit den Tentakeln entfernt und der Schirm durch Einlegen in Salz entwässert. Sie verlieren dabei mehr als 90 Prozent ihres Frischgewichts. Vor der Zubereitung werden sie über Nacht gewässert. Die jährliche Ernte wird auf etwa 321.000 Tonnen Frischgewicht pro Jahr geschätzt.[26]

In der Astronomie trägt der Typus der Quallen-Galaxie aufgrund seiner speziellen Form seinen Namen.

  • Sabine Holst: „Ursprünglich und faszinierend: Quallen an Nord- und Ostseeküste.“ Biologie in unserer Zeit 41(4), S. 240–247 (2011), ISSN 0045-205X
  • B. Werner: 4. Stamm Cnidaria In: Alfred Kaestner (Begründer): Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band I: Wirbellose Tiere. 2. Teil: Cnidaria, Ctenophora, Mesozoa, Plathelminthes, Nemertini, Entoprocta, Nemathelminthes, Priapulida. Gustav Fischer Verlag, Jena, 4. Auflage 1984.

Rundfunkberichte

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Commons: Qualle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Qualle – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Viktoras Didžiulis und Żurek Roman2: NOBANIS - Invasive Alien Species Fact Sheet. 2013, abgerufen am 8. April 2021 (englisch).
  2. a b F. Boero, J. Bouillon, C. Gravili, M. P. Miglietta, T. Parsons, S. Piraino (2008): Gelatinous plankton: irregularities rule the world (sometimes). Marine Ecology Progress Series Vol. 356: 299–310. doi:10.3354/meps07368
  3. Lasse Riemann, Josefin Titelman, Ulf Båmstedt: Links between jellyfish and microbes in a jellyfish dominated fjord. In: Inter-Research Marine Ecology Progress Series. Band 325, 7. November 2006, S. 29–42, doi:10.3354/meps325029 (englisch, PDF).
  4. U. Båmstedt: Trophodynamics of the scyphomedusae Aurelia aurita. Predation rate in relation to abundance, size and type of prey organism. In: Journal of Plankton Research. Band 12, Nr. 1, 1990, S. 215–229, doi:10.1093/plankt/12.1.215 (englisch, PDF).
  5. Edward A. Drew, The biology and physiology of alga-invertebrate symbioses. I. Carbon fixation in Cassiopea sp. at aldabra atoll, Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, 1972
  6. Graham A. Young & James W. Hagadorn (2010): The fossil record of cnidarian medusae. Palaeoworld 19: 212–221. doi:10.1016/j.palwor.2010.09.014
  7. Paulyn Cartwright, Susan L. Halgedahl, Jonathan R. Hendricks, Richard D. Jarrard, Antonio C. Marques, Allen G. Collins, Bruce S. Lieberman (2007): Exceptionally Preserved Jellyfishes from the Middle Cambrian. PLoS ONE 2(10): e1121. doi:10.1371/journal.pone.0001121 (open access)
  8. Justin Moon, Jean-Bernard Caron, Joseph Moysiuk (2023): A macroscopic free-swimming medusa from the middle Cambrian Burgess Shale. Proceedings of the Royal Society B 290: article 20222490. doi:10.1098/rspb.2022.2490
  9. Heinz Kozur: Die Verbreitung der limnischen Meduse Medusina limnica Müller 1978 im Rotliegenden Mitteleuropas. Paläontologische Zeitschrift, 58(1/2): 41-50, Stuttgart, 1984 doi:10.1007/BF02990326
  10. http://wien.orf.at/news/stories/2748622/ Schönbrunn züchtet Riesenquallen, orf.at vom 21. Dezember 2015, abgerufen am 21. Dezember 2015.
  11. a b c d G.C. Hays, T.K. Doyle, J.D.R. Houghton (2018): A Paradigm Shift in the Trophic Importance of Jellyfish? Trends in Ecology & Evolution, 33(11), 874-884. doi:10.1016/j.tree.2018.09.001
  12. Mary Needler Arai (2005): Predation on pelagic coelenterates: a review. Plankton & Benthos Research 12(1): 71–77.
  13. Jennifer E. Purcell and David G. Welch (2018): In memoriam: Dr. Mary N. Arai. Pices Press 26 (2): 15.
  14. a b Jennifer E. Purcell &Mary N. Arai (2001): Interactions of pelagic cnidarians and ctenophores with fish: a review. Hydrobiologia 451: 27–44.
  15. R.M.L. Ates (1988): Medusivorous fishes, a review. Zoologische Mededelingen 62 (3): 29-42.
  16. Richard D. Brodeur, Troy W. Buckley, Geoffrey M. Lang, Douglas L. Draper, John C. Buchanan, Richard E. Hibpshman (2021): Demersal fish predators of gelatinous zooplankton in the Northeast Pacific Ocean. Marine Ecology Progress Series 658: 89–104. doi:10.3354/meps13489
  17. L.O. Relini, L. Lanteri, F. Garibaldi (2010): Medusivorous fishes of the Mediterranean. A coastal safety system against jellyfish blooms. Biologia marina mediterranea 17 (1): 348-349.
  18. Jean‑Baptiste Thiebot, Kentaro Ito, Thierry Raclot, Timothée Poupart, Akiko Kato, Yan Ropert‑Coudert, Akinori Takahashi (2016): On the significance of Antarctic jellyfish as food for Adélie penguins, as revealed by video loggers. Marine Biology 163: article 108 (8 Seiten) doi:10.1007/s00227-016-2890-2
  19. Interview mit Martin Chalfie. in-cites. Dezember 2002.
  20. B. Steipe, A. Skerra: GFP: Das Grün Fluoreszierende Protein (Memento des Originals vom 20. Dezember 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lmb.uni-muenchen.de. Nach einem Artikel in: Biospektrum. Bd. 3, Nr. 1, 1997, S. 28–30.
  21. Pressemitteilung Universität zu Lübeck. 27. April 2009
  22. I. Niermann: Quallen als Gelenkschmiere. In: stern. 15. September 2007.
  23. Deutschlandfunk, Forschung Aktuell, 15. Januar 2014: deutschlandfunk.de: Forscher bauen eine fliegende Qualle
  24. Peter Kaiser: Quallen. „Fragil, schön und glibberig“ vom 31. Mai 2015 Zooplus, abgerufen am 5. November 2023
  25. Natalie Decker: Kann man Quallen im Aquarium halten? Lebendiges Museum Online, abgerufen am 5. November 2023
  26. Makoto Omori & Eiji Nakano (2001): Jellyfish fisheries in southeast Asia. Hydrobiologia 451: 19–26. Online-Version bei Sea-Ex Trade-Seafood Fish Directory