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„Johann Sebastian Bach“ – Versionsunterschied

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[[Bild:Johann Sebastian Bach 1746.jpg|thumb|200px|Johann Sebastian Bach im Jahre 1746, mit [[:Bild:Canon_triplex.png|Rätselkanon]]. Ölgemälde von [[Elias Gottlob Haussmann]]]]
[[Datei:Johann Sebastian Bach.png|mini|Johann Sebastian Bach 1746, mit [[:Datei:Canon triplex.png|Rätselkanon]] (Zweitversion des Ölgemäldes von [[Elias Gottlob Haußmann]])<ref>Das originale Gemälde hing viele Jahrzehnte in der Thomasschule. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es mehrfach „aufgefrischt“ und übermalt, wobei ein Teil des ursprünglichen Ausdrucks wohl verlorenging bzw. verwischt wurde. 1913 kam das Original ins [[Stadtgeschichtliches Museum Leipzig|Stadtgeschichtliche Museum Leipzig]], wo versucht wurde, die Übermalungen so gut es ging wieder zu entfernen. Die 1748 von Haußmann selbst angefertigte Kopie des Bildes von 1746 befand sich zunächst wohl im Besitz von C. P. E. Bach, galt dann lange Zeit als verschollen und wurde 1952 durch [[William H. Scheide]] (Princeton, New Jersey) erworben, der das Bild nach seinem Tod 2014 testamentarisch dem [[Bach-Archiv Leipzig]] vermachte.<br />Bei den beiden Haußmann-Bildern handelt es sich um die einzigen Bilder, bei denen Bachs Identität eindeutig feststeht; bei allen anderen Porträts, die Bach zugeschrieben werden, ist die Zuordnung unsicher. Siehe dazu [https://www.bach-cantatas.com/thefaceofbach/abg01.htm ''The Face Of Bach.''] Bachs Identität ist bei den Haußmann-Gemälden deswegen gesichert, weil er auf dem Gemälde eine eigene Komposition in der Hand hält, den ''[[Verschiedene Canones#13 Canon triplex. a 6.|Canon triplex a 6 voci]]'' (sechsstimmiger Dreifach-Kanon, BWV 1087), eine kunstvolle kanonische Variation aus dem Thema der Aria der Goldberg-Variationen. Siehe dazu [https://www.youtube.com/watch?v=pN7EuiE7SgI youtube.com].</ref>
[[Bild:Jsbgwappen.gif|thumb|200px|Bachs selbstentworfenes Wappen]]
[[Datei:Johann Sebastian Bach signature.svg|rahmenlos|klasse=skin-invert-image]]]]
'''Johann Sebastian Bach''' (* [[21. März]] [[1685]] ([[Julianischer_Kalender|JK]]) in [[Eisenach]]; † [[28. Juli]] [[1750]] in [[Leipzig]]) war ein deutscher [[Komponist]] des [[Barockmusik|Barock]] und ein auch zu seiner Zeit berühmter [[Organist]] und [[Cembalo|Cembalist]]. Er gilt heute als einer der größten Tonschöpfer überhaupt, der die spätere [[Musik]] wesentlich beeinflusst hat und dessen Werke im Original und in zahllosen Bearbeitungen weltweit präsent sind.
[[Datei:BWV71.jpg|mini|Bachs eigenhändiger Namenszug auf dem Deckblatt der Kantate ''[[Gott ist mein König]]'', 1708. Er schreibt sich hier italienisch als ''Gio. Bast. Bach'' (= Giovanni Bastiano Bach)]]
[[Datei:Bachsiegel.svg|mini|Bachs selbstentworfenes Siegel mit den spiegelbildlich ineinander verwobenen Anfangsbuchstaben seines Namens, JSB]]


'''Johann Sebastian Bach''' (* {{JULGREGDATUM|31|3|1685|Link=1}} in [[Eisenach]], [[Sachsen-Eisenach]]; † [[28. Juli]] [[1750]] in [[Leipzig]], [[Kurfürstentum Sachsen]]) war ein deutscher [[Komponist]], [[Violine|Violinist]], [[Organist]] und [[Cembalo|Cembalist]] des [[Barockmusik|Barock]]. Der prominenteste Vertreter der [[Bach (Musikerfamilie)|Musikerfamilie Bach]] war in seiner Hauptschaffensperiode [[Thomaskantor]] und [[Musikdirektor]] zu Leipzig und gilt vielen [[Musiker|Berufsmusikern]] als der bedeutendste Komponist der [[Geschichte der Musik|Musikgeschichte]].<ref>Peter Watson: ''Der deutsche Genius. Eine Geistes- und Kulturgeschichte von Bach bis Benedikt XVI.'' Bertelsmann, München 2010, S. 169.</ref><ref>[https://www.youtube.com/watch?v=MhDFq_MrOcE אינטרמצו עם אריק – שיף על באך András Schiff on Bach], Interview mit Andras Schiff (englisch, YouTube-Video)</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://www.classical-music.com/news/js-bach-greatest-composer-all-time-say-today-s-leading-composers-bbc-music-magazine|titel=JS Bach is the greatest composer of all time, say today’s leading composers for BBC Music Magazine|hrsg=BBC Music Magazine|datum=2019-10-31|sprache=en|abruf=2024-03-18}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://www.bbc.com/culture/article/20140917-can-any-composer-equal-bach|titel=Can any composer equal Bach?|autor=Clemency Burton-Hill|werk=BBC|datum=2014-09-17|sprache=en|abruf=2024-03-18}}</ref><ref>{{Internetquelle|url=https://p.dw.com/p/3fUlV|titel=Johann Sebastian Bach zum 270. Todestag|autor=Gaby Reucher|werk=Deutsche Welle|datum=2020-07-28|sprache=en|abruf=2024-03-18}}</ref>
== Bedeutung ==
Zu seinen Lebzeiten fand Bachs kompositorisches Schaffen keine große Beachtung, verglichen etwa mit dem seiner Zeitgenossen [[Georg Friedrich Händel]] oder [[Georg Philipp Telemann]]. Europaweit bekannt war Bach zu Lebzeiten vor allem als [[Orgel]]- und [[Cembalo]]virtuose sowie als Meister der [[Improvisation]] (siehe auch [[Musikalisches Opfer]]). Ferner hatte er einen ausgezeichneten Ruf als Orgelgutachter. Daneben beherrschte Bach, wie viele damalige Musiker, auch die [[Violine]] und leitete Aufführungen seiner Werke häufig von der [[Bratsche]] aus.


Seine Werke beeinflussten spätere Komponistengenerationen und inspirieren bis heute musikschaffende Künstler zu zahllosen Bearbeitungen. Zu den bekanntesten gehören [[Toccata und Fuge d-Moll BWV 565|''Toccata und Fuge d-Moll'']], ''[[Das Wohltemperierte Klavier]]'', die ''[[Brandenburgische Konzerte|Brandenburgischen Konzerte]]'', viele [[Bachkantate|Kirchenkantaten]], die ''[[Johannes-Passion (J. S. Bach)|Johannes-Passion]]'', die ''[[Matthäus-Passion (J. S. Bach)|Matthäus-Passion]]'', das ''[[Weihnachtsoratorium (Bach)|Weihnachtsoratorium]]'', die ''[[h-Moll-Messe]]'' und ''[[Die Kunst der Fuge]]''.
Bachs heutige Berühmtheit hat ihre Wurzeln zum einen in der Tatsache, dass seine Werke (zusammen mit denen von [[Heinrich Schütz]] und [[Georg Friedrich Händel]]s Opern und Oratorien) die einzigen waren, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in großem Umfang von einem Barockkomponisten überliefert waren. Zum anderen übte seine konsequente Anwendung des [[Kontrapunkt]]es, verbunden mit der [[Affekt]]wirkung seiner [[Melodik]] und der kühnen [[Harmonik]], auf spätere Komponisten eine große Wirkung aus. Seit dem 19. Jahrhundert schätzen kirchliche Kreise Bachs [[geistliche Musik]] vor allem wegen ihrer starken [[Religiosität]].


Vom zeitgenössischen Publikum wurde Bach als [[Virtuose|virtuoser]] Musiker und Improvisator sowie als [[Orgelsachverständiger]] hoch geschätzt. Als Komponist rangierte er jedoch im Ansehen der damaligen Musikwelt hinter anderen Komponisten wie [[Georg Friedrich Händel|Händel]], [[Georg Philipp Telemann|Telemann]] und selbst [[Christoph Graupner|Graupner]]. Wie bei vielen Barockkomponisten erschienen nur wenige von Bachs Kompositionen zu seinen Lebzeiten im Druck. Zu einem Großteil geriet seine [[Musik]] nach seinem Tod jahrzehntelang weitgehend in Vergessenheit, da es damals unüblich war, Werke aus der Vergangenheit weiter öffentlich aufzuführen. Bachs Kompositionen für einzelne Soloinstrumente waren Kennern jedoch weiterhin bekannt und wurden als [[Hausmusik]] gespielt. Einzelne seiner Schüler und deren Schüler wiederum führten die Tradition der Bach-Werke fort. Auch die Komponisten der [[Wiener Klassik]] setzten sich mit Teilen seines Œuvres auseinander. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene Vokalwerke Bachs durch die [[Sing-Akademie zu Berlin]] wieder aufgeführt. Mit der Wiederaufführung der ''Matthäus-Passion'' unter der Leitung von [[Felix Mendelssohn Bartholdy]] im Jahre 1829 begann die [[Bach-Renaissance]]. Seit der Mitte des 19.&nbsp;Jahrhunderts gehören Bachs Werke in der ganzen Welt zum festen [[Repertoire]] der [[Klassische Musik|klassischen Musik]].
Die weite Verbreitung und Rezeption von Bachs Werken nahm ihren Anfang in der Wiederaufführung der [[Matthäuspassion (Bach)|Matthäuspassion]] durch [[Felix Mendelssohn Bartholdy]] im Jahre 1829 und wurde gefördert durch die erste Gesamtausgabe seiner Werke (1851-1899), an der [[Johannes Brahms]] mitwirkte. Sowohl Mendelssohn als auch Brahms trugen zudem Bach'sche Klavierwerke öffentlich vor. [[Philipp Spitta (Musikwissenschaftler)|Philipp Spittas]] zweibändige Biografie (1873-1879) machte das erst im 19. Jahrhundert so richtig entstehende Konzertpublikum erstmals umfänglich mit J. S. Bachs Leben und Wirken bekannt. Im Laufe des späten 19. und des 20. Jahrhunderts wurde Bach für Pianisten und Klavierschüler wieder, was er schon für [[Ludwig van Beethoven]] und [[Robert Schumann]] gewesen war: ein stetes musikalisches Lebenselixier. Die Pflege von J. S. Bachs [[Kirchenmusik]] wurde vor allem von seinen Nachfolgern im Amt des [[Thomaskantor]]s in [[Leipzig]] vorangebracht. Im 20. Jahrhundert nahmen sich die großen [[Symphonieorchester]] und ihre berühmten Dirigenten sowie namhafte Solisten immer mehr des Instrumentalwerkes an.


Johann Sebastian Bach hatte insgesamt 20 Kinder – neun Töchter und elf Söhne –, sieben aus seiner ersten und 13 aus der zweiten Ehe, von denen allerdings die meisten schon im Kindesalter starben. Vier seiner Söhne, die sogenannten [[Bachsöhne]], wurden ebenfalls bedeutende Musiker und Komponisten.
== Lebensstationen ==
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; Wohnorte von J. S. Bach:
* [[Eisenach]] (ab 1685)
* [[Ohrdruf]] (ab 1695/96)
* [[Lüneburg]] (ab 1700 bis Ostern 1702)
* [[Weimar]] (Januar bis Juni 1703)
* [[Arnstadt]] (ab August 1703)
* [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]] (ab 1707)
* [[Weimar]] (ab 1708)
* [[Köthen]] (ab 1717)
* [[Leipzig]] (1723 bis 1750)
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=== Kindheit in Eisenach ===
== Leben ==
{{Hauptartikel|Bach (Musikerfamilie)}}
Johann Sebastian Bach war das jüngste von acht Kindern des ''Haußmanns'' (Stadtpfeifers) und Hoftrompeters [[Johann Ambrosius Bach]] und dessen Frau Elisabeth Bach, geborene Lämmerhirt.
=== Eisenach (1685–1695) ===
[[Datei:Map of Thuringia (1680)-DE.svg|mini|Thüringen und angrenzende Gebiete um 1685. Die Region war in viele Herrschaften zersplittert; eine davon war das Herzogtum [[Sachsen-Eisenach]].]]
[[Datei:Georgenkirche 09.jpg|mini|Die Eisenacher [[Georgenkirche (Eisenach)|Georgenkirche]] mit dem [[Taufbecken]], in dem Bach getauft wurde]]
Johann Sebastian Bach entstammte der in [[Mitteldeutschland]] weitverzweigten lutherischen Familie Bach. Die allermeisten der bis in das 16.&nbsp;Jahrhundert zurückverfolgbaren väterlichen Vorfahren und Verwandte waren [[Kantor]]en, Organisten, [[Stadtpfeifer]], Mitglieder von Hofkapellen oder Instrumentenbauer ([[Clavichord]], [[Cembalo]], [[Laute]]) zwischen [[Werra]] und [[Saale]].<ref>Malte Korff: ''Johann Sebastian Bach.'' dtv, München 2000, ISBN 3-423-31030-8, S. 7.</ref> Der Stammbaum der Familie Bach lässt sich zurückführen bis zu einem seiner Ururgroßväter, [[Veit Bach]]. Dieser verließ als evangelischer Glaubensflüchtling Ungarn oder Mähren<ref>[[Christoph Wolff]] u.&nbsp;a.: ''The New Grove Bach Family.'' W. W. Norton, New York, 1997, ISBN 0-393-01684-6, S. 22.</ref> und ließ sich in [[Wechmar (Drei Gleichen)|Wechmar]] bei Gotha, der Heimat seiner Vorfahren, als Bäcker nieder. Er spielte bereits das [[Cister#Cithrinchen|Cithrinchen]], ein Zupfinstrument. Sein Sohn [[Johannes Bach]] war nicht nur als Bäcker, sondern auch als „Spielmann“ tätig. Die weiteren Nachfahren waren alle Musiker. Von Johann Sebastian Bach selbst stammt eine Chronik über den „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“ mit Kurzbiographien von 53 Familienmitgliedern aus dem Jahr 1735.


Johann Sebastian war das jüngste von acht Kindern des [[Johann Ambrosius Bach]] (1645–1695) und seiner Frau [[Elisabeth Lemmerhirt|Elisabeth geborene Lemmerhirt]] (1644–1694). Sein Vater war [[Stadtpfeifer]] in Eisenach und Hoftrompeter in der kleinen Kapelle der Herzoge [[Johann Georg I. (Sachsen-Eisenach)|Johann Georg I.]] und danach [[Johann Georg II. (Sachsen-Eisenach)|Johann Georg&nbsp;II. von Sachsen-Eisenach]]. Als Johann Sebastian Bach zur Welt kam, galt in den protestantischen Territorien Deutschlands, also auch in seinem Geburtsort Eisenach, noch der [[Julianischer Kalender|Julianische Kalender]]. So wird sein Geburtsdatum in der Regel mit dem örtlich gültigen Datum, dem 21. März 1685, angegeben. Nach dem [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalender]] ist sein Geburtsdatum der 31. März. Da sich die protestantischen [[Reichsstände]] im Jahr 1700 dem Gregorianischen Kalender anschlossen, sind alle Daten der Bach-Biographie seit 1700, also auch Bachs Sterbedatum, ausschließlich gregorianisch. Das [[Bachhaus Eisenach#Historische Grundlage|Geburtshaus]] in der damaligen Fleischgasse (heute Lutherstraße 35) existiert nicht mehr.<ref name="Elternhaus">C. Wolff, 2005, Kapitel ''Elternhaus, Stadt, Hof und Schule: die musikalische Umgebung.''</ref> Zwei Tage nach seiner Geburt wurde Johann Sebastian Bach in der Eisenacher [[Georgenkirche (Eisenach)|Georgenkirche]] getauft. Seine beiden Vornamen erhielt er von den beiden [[Pate]]n, Sebastian Nagel, Stadtpfeifer von [[Gotha]], und dem fürstlich-eisenachischen Forstbeamten Johann Georg Koch.<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''Ambrosius Bach und seine Familie.''</ref> Sein Rufname war Sebastian.<ref>Rosa und Volker Kohlheim: ''Duden – Das große Vornamenlexikon.'' 5. Aufl. 2016, Stichwort ''Johann.''</ref>
Zur Geburt Bachs galt an seinem Geburtsort [[Eisenach]] noch der [[Julianischer Kalender|Julianische Kalender]]. So wird sein Geburtsdatum in der Regel mit dem örtlich gültigen Datum, dem 21. März 1685, angegeben, sein Todesdatum hingegen nach dem in Leipzig gültigen [[Gregorianischer Kalender|Gregorianischen Kalender]]. Will man Bachs Geburtsdatum mit anderen Daten dieser Zeit vergleichen, ist zu berücksichtigen, dass er nach dem damals in anderen Gebieten schon meist verwendeten Gregorianischen Kalender erst am [[31. März]] 1685 geboren wurde.


Bach wurde am Montag, dem 23. März, in der ''Georgenkirche'' getauft. Seine frühe Kindheit verbrachte er in Eisenach, wo er durch den Cousin seines Vaters, den Organisten der Eisenacher ''Georgenkirche'' [[Johann Christoph Bach I|Johann Christoph Bach]], auch erstmalig mit Kirchen- und Orgelmusik in Kontakt gelangte. Im Alter von acht Jahren kam Bach auf die [[Lateinschule]] des Eisenacher Dominikanerklosters.
Obwohl Eisenach zu Bachs Geburtszeit nur etwa 6000 Einwohner hatte, verfügte es über ein recht bedeutendes Musikleben. Seit 1672 war es Residenzstadt des kleinen Fürstentums [[Sachsen-Eisenach]]. Die Hofkapelle zog bekannte Musiker an, so unter anderem [[Johann Pachelbel]] 1677/1678, [[Daniel Eberlin]] 1672–1692 und [[Georg Philipp Telemann]] 1708–1712.<ref name="Elternhaus" /> Die frühe Kindheit verbrachte Bach in Eisenach, wo er durch den Cousin seines Vaters, den Organisten der Eisenacher Georgenkirche, [[Johann Christoph Bach I|Johann Christoph Bach]], erstmals Kirchen- und Orgelmusik erlebte. Die Grundlagen des Violinspiels vermittelte ihm wahrscheinlich sein Vater.<ref>Malte Korff: ''Johann Sebastian Bach.'' dtv, München 2000, ISBN 3-423-31030-8, S. 9.</ref><ref>Arno Forchert: ''Johann Sebastian Bach und seine Zeit.'' Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 3-89007-531-2, S. 54.</ref> Im Alter von acht Jahren kam Bach in Eisenach auf die [[Lateinschule]] des ehemaligen Dominikanerklosters, die 200&nbsp;Jahre zuvor bereits der Theologieprofessor und Reformator [[Martin Luther]] besucht hatte. Zuvor hatte Johann Sebastian Bach vermutlich die deutsche Schule besucht.<ref name="Elternhaus" />


Seine Mutter starb am 3.&nbsp;Mai 1694. Am 27.&nbsp;November 1694 heiratete sein Vater die Witwe Barbara Margaretha Bartholomäi geb. Keul. Er starb wenige Monate danach am 20. Februar/2. März 1695. Im Alter von neun Jahren war Johann Sebastian somit eine [[Waise]] geworden. Seine Stiefmutter wollte mit den Gesellen und Lehrlingen der Stadtpfeifer das Amt ihres verstorbenen Mannes weiter versehen, erhielt aber dafür nicht die Genehmigung der Stadt Eisenach. Daher konnte sie nicht mehr selbst für die Kinder sorgen. Der Eisenacher Kantor [[Andreas Christian Dedekind]], der mit der Familie Bach eng befreundet war und bei dem Johann Sebastian Latein- und Musikunterricht hatte, formulierte am 4. März 1695 für die Witwe, da diese als Frau damals nicht für sich sprechen konnte, ein Gesuch an den Rat der Stadt auf ein Gnadenhalbjahr, das allerdings nur zur Hälfte bewilligt wurde.<ref>Fritz Rollberg: ''Johann Ambrosius Bach, Stadtpfeifer in Eisenach 1671–1695.'' In: ''[[Bach-Jahrbuch]]'' 24, 1927, S. 133–152, hier S. 149–151; [[DOI:10.13141/bjb.v19272475]].</ref><ref name="Elternhaus" /> Dedekind war in dieser Zeit auch [[Vormund]] für den minderjährigen Johann Sebastian<ref>Konrad Küster: ''Der junge Bach.'' Deutsche Verlags-Anstalt, München 1996, ISBN 3-421-05052-X, S. 53.</ref> und half der Witwe auch beim Verkauf des Bachschen Hauses, da diese wieder nach Arnstadt zog.<ref>Klaus-Rüdiger Mai: ''Die Bachs. Eine deutsche Familie.'' List, Berlin 2014, ISBN 978-3-548-61242-3, S. 185.</ref> Johann Sebastian Bach zog mit seinem Bruder [[Johann Jacob Bach]] zu seinem älteren Bruder [[Johann Christoph Bach (Organist, 1671)|Johann Christoph Bach]] nach [[Ohrdruf]].
Seine Mutter starb am 3. Mai [[1694]]. Am 27. November 1694 heiratete sein Vater die Witwe Barbara Margaretha Bartholomäi, geborene Keul, starb aber nur wenige Monate danach, am 20. Februar [[1695]]. Johann Sebastian zog mit seinem Bruder Johann Jacob zu seinem älteren Bruder Johann Christoph Bach (1671-1721) nach [[Ohrdruf]].
[[Bild:Bachohrdruf.jpg|thumb|200px|Schulmatrikel des Lyzeums Ohrdruf<br>J. S. Bach ist der 4. Schüler in der zweiten Liste]]


=== Beim Bruder in Ohrdruf ===
=== Ohrdruf (1695–1700) ===
[[Datei:Bachohrdruf.jpg|mini|Schulmatrikel des Lyzeums Ohrdruf. J. S. Bach ist der vierte Schüler in der zweiten Liste]]
In Ohrdruf besuchte Johann Sebastian das [[Lyzeum]] bis zur [[Prima]] und bekam damit eine bessere Schulausbildung, als seine Vorväter vorweisen konnten. In der Secunda waren sein Vetter [[Johann Ernst Bach I| Johann Ernst Bach]] und sein lebenslanger Freund [[Georg Erdmann]] seine Mitschüler.
Der dreizehn Jahre ältere Bruder Johann Christoph, Organist an der [[Michaeliskirche (Ohrdruf)|Michaeliskirche]] in Ohrdruf, übernahm seine weitere Erziehung und musikalische Ausbildung und vermittelte ihm das Spielen auf den [[Tasteninstrument]]en. Spätestens hier dürfte sich Johann Sebastians Interesse für Musik und Instrumente gebildet haben. Er lernte in Ohrdruf das [[Orgel]]spiel. Vermutlich ab 1697 gewann er durch die vielen Reparaturen an der Orgel der Michaeliskirche, bei denen auch sein Bruder Johann Christoph mitwirkte, ein tieferes Verständnis von Aufbau und Mechanik des Instruments. Außerdem war er als Chorsänger tätig.


In Ohrdruf besuchte Johann Sebastian das Lyzeum bis zur [[Jahrgangsstufe#Geschichte|Prima]]. In der [[Jahrgangsstufe#Geschichte|Secunda]] waren u. a. sein Vetter [[Johann Ernst Bach (Organist)|Johann Ernst Bach]] und sein lebenslanger Freund [[Georg Erdmann (Diplomat)|Georg Erdmann]] seine Mitschüler. Die schulischen Leistungen Bachs in Ohrdruf sind als sehr gut überliefert. Unterrichtet wurde er in den Fächern Latein, Griechisch, Mathematik, Geographie, [[Katechismus]] und evangelische Religion. Ein Schulstipendium ([[Freitisch]] bzw. Freiplatz) trug zu seinem Unterhalt bei. Diese Schulstipendien wurden durch wohlhabende Bürger gestiftet. Damit verbunden war die Verpflichtung, den Söhnen dieser Familien Privatunterricht zu erteilen.
Der vierzehn Jahre ältere Bruder [[Johann Christoph Bach d. J.|Johann Christoph]], der in [[Ohrdruf]] Organist war, übernahm seine weitere Erziehung und musikalische Ausbildung. Von ihm lernte Bach das Spielen auf den Tasteninstrumenten. Zu seinem Lebensunterhalt trug seine Tätigkeit als Chorsänger bei.


Aus der Ohrdrufer Zeit stammt auch der Bericht aus [[Bachs Nekrolog]],<ref name="Nekrolog">Der Nekrolog auf Johann Sebastian Bach wurde 1754 von [[Lorenz Christoph Mizler]] veröffentlicht in: ''Musikalische Bibliothek oder Gründliche Nachricht nebst unparteiischem Urteil von musikalischen Schriften und Büchern.'' Band IV, Teil 1, S. 158–173, ([[:s:Seite:Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754.pdf/160 |Text auf Wikisource]]). Als Verfasser waren [[Carl Philipp Emanuel Bach]], [[Johann Friedrich Agricola]] und [[Lorenz Christoph Mizler]] angegeben. Er findet sich auch in den ''Bach-Dokumenten,'' III, Nr. 666, S. 80–93.</ref> dass Johann Christoph in einem Schrank mit bloßen Gitterstäben wertvolle Werke von Komponisten aus der späteren Hälfte des 17. Jahrhunderts aufbewahrte und diese seinem Bruder offenbar verwehrte, der sie abschreiben wollte. Johann Sebastian soll laut dem Nekrolog heimlich „bey Mondenscheine“ die Noten abgeschrieben haben, sei jedoch vom Bruder dabei ertappt worden. Der Nekrolog berichtet fälschlicherweise, dass Johann Christoph bereits 1700 verstarb und Bach erst hier die ihm verwehrten Werke erhielt. Nach Christoph Wolff hatte das Abschreiben der Noten keinen Riss zwischen Bach und seinem Bruder hinterlassen. Beide blieben bis zu Johann Christophs Tod im Jahre 1721 eng verbunden.<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''In der Obhut des älteren Bruders.''</ref>
Am 19. Januar 1700 verließ Georg Erdmann Ohrdruf und reiste nach [[Lüneburg]]. Kurz danach, am 15. März, folgte ihm Johann Sebastian nach.


Die Fürsorge und Hilfe, die Johann Sebastian Bach in Ohrdruf erfuhr, scheint er nie vergessen zu haben. Er erhielt durch seinen Bruder in seinem musikalisch-schöpferischen Beginn wesentliche Förderung. In der Möllerschen Handschrift von Bachs Ohrdrufer Choralbuch, das wesentlich von Johann Christoph angelegt wurde, finden sich wenigstens 25 der ersten Werke des jungen Johann Sebastian.<ref>Vgl. Heinrich Deppert: ''Studien zum Frühwerk Johann Sebastian Bachs.'' Dr. Hans Schneider Verlag, Tutzing 2009, ISBN 978-3-7952-1274-2.</ref>
=== Mettenchorsänger in Lüneburg ===
Bach und Erdmann wurden in Lüneburg Freischüler des Michaelis-Klosters. Sie sangen als [[Diskant]]isten im Mettenchor. [[Georg Böhm]] war zu dieser Zeit Organist an der ''[[St. Johannis (Lüneburg)|Johanniskirche]].'' Sein Einfluss auf Bachs frühe Orgelwerke und Klaviersuiten lässt sich stilkritisch vermuten, doch nicht belegen. Im Jahre 2006 im Altbestand der Weimarer [[Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek]] entdeckte Abschriften von Orgelwerken [[Johann Adam Reincken]]s und [[Dietrich Buxtehude]]s legen allerdings nahe, dass sie der 13-jährige Johann Sebastian Bach für den Orgelunterricht bei Georg Böhm verfertigt hat. Der Nekrolog erwähnt, dass Bach in [[Celle]] Musik im französischen Stil kennenlernen konnte. Belegt ist seine Fußwanderung nach [[Hamburg]] zu dem berühmten Organisten von St. Katharinen [[Johann Adam Reincken]], bei dem er sich im Orgelspiel weiterbildete.


Als nach dem Tod des Bruders die umgekehrte Situation eintrat und sein Neffe Johann Heinrich Hilfe benötigte, nahm Bach diesen 1724–1728 bei sich in Leipzig auf.<ref>Vgl. Peter Schiffer: [http://www.landesarchiv-bw.de/web/43292 ''Der Öhringer Bach: Beim Onkel Johann Sebastian in Leipzig.''] Artikel beim Landesarchiv Baden-Württemberg vom 4. August 2007.</ref>
Zwischen Ostern 1702, als Bach seine Schulzeit in Lüneburg beendet hatte, und [[1703]] lassen sich Bachs Spuren nicht mehr genau verfolgen. Aus einem späteren Brief ergibt sich, dass er sich im Juli um die vakante Organistenstelle in [[Sangerhausen]] bewarb und beim dortigen Rat bevorzugter Kandidat war, dass aber der Herzog von [[Sachsen-Weißenfels]] sich über dessen Votum hinwegsetzte.


===Lakai und Violinist in Weimar===
=== Lüneburg und Weimar (1700–1703) ===
[[Datei:ReinckenAnWasser.jpg|mini|Bachs Kopie von Reinckens ''An&nbsp;Wasserflüssen Babylon'', notiert in Orgeltabulatur]]
[[Bild:Bachweimar.jpg|thumb|200px|Verbuchung der Gehaltszahlungen in Weimar - ''Dem Laqueÿ Baachen'']]
[[Datei:Lüneburg - Sankt Michaelis 01 ies.jpg|mini|St. Michaelis in Lüneburg]]
Spätestens ab März 1703 war Bach als [[Lakai]] und [[Violine|Violinist]] in der Privatkapelle des Mitregenten [[Johann Ernst III. (Sachsen-Weimar)|Johann Ernst von Sachsen-Weimar]] angestellt. Bei einer Orgelprobe am 17. März 1703 knüpfte Bach Kontakte zum Rat in Arnstadt.
Nach dem unerwarteten Verlust ihrer „Freitische“ auf dem Lyzeum in Ohrdruf entschlossen sich der 14-jährige Bach und sein Klassenkamerad Georg Erdmann, ihre Schulausbildung in der [[Michaelisschule (Lüneburg)|Partikularschule des Lüneburger Michaelisklosters]] fortzusetzen. Das akademische Niveau dort war höher als am Ohrdrufer Lyzeum. Außerdem lernten die Schüler durch die Nachbarschaft der Ritterschule die Grundlagen der höfischen Tradition kennen. Fest steht, dass Bach seine Geige nach Lüneburg mitnahm. Erstmals werden Bach und Erdmann am 3.&nbsp;April 1700 bei der Verbuchung der [[Mette]]n<nowiki />geldzahlungen aufgeführt. Beide mussten kein Schulgeld zahlen, waren dafür aber verpflichtet, als Mettenchorsänger ihren Dienst zu leisten. Im Gegensatz zu allen seinen Geschwistern und seinen Vorfahren, die alle die höhere Schulausbildung zugunsten einer Musikerlehre aufgegeben hatten, entschied sich Bach damit für eine höhere Schulbildung, die zum Universitätsstudium qualifizierte. Im Frühjahr 1702 schloss er die Schule in Lüneburg erfolgreich ab.


Der Komponist [[Georg Böhm (Komponist)|Georg Böhm]] war zu dieser Zeit Organist an der Lüneburger Hauptkirche [[St. Johannis (Lüneburg)|St. Johannis]]. Sein Einfluss auf Bachs frühe Orgelwerke und Claviersuiten lässt sich bei stilkritischer Analyse vermuten, aber nicht belegen. Im Jahre 2005 im Altbestand der Weimarer [[Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek]] entdeckte Abschriften von Orgelwerken<!-- laut der Freitagabend-Orgelmusiksendung von BR Klassik vom 28.7.23 trugen diese entdeckten Abschriften Böhms Wasserzeichen. --> [[Dieterich Buxtehude]]s und [[Johann Adam Reincken]]s, des zu Bachs Zeit berühmten Organisten der Hamburger Hauptkirche [[Hauptkirche Sankt Katharinen (Hamburg)|Sankt Katharinen]], legen allerdings nahe, dass der knapp 15-jährige Johann Sebastian Bach die Kopie von Reinckens Choralfantasie ''[[An Wasserflüssen Babylon]]'' für den Orgelunterricht bei Georg Böhm verfertigte. Sie ist von Bach mit einem Hinweis auf Böhm datiert: „â Dom. Georg: Böhme | descriptum aõ. 1700 | Lunaburgi“.
=== Organist in Arnstadt ===
==== Eine Stadt mit Bach-Tradition====
[[Bild:Bachkirche_Arnstadt.JPG|thumb|200px|Bachkirche in Arnstadt]]
[[Image:BWV739.png|thumb|200px|Autograph der Choralbearbeitung „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ BWV 739 aus Bachs Arnstädter Zeit]]
Am 9. August 1703 erhielt Bach ohne weiteres Probespiel seine [[Bestallung]] als Organist der ''Neuen Kirche'' in [[Arnstadt]].<br>
Hier waren bereits vor ihm Mitglieder der Bachfamilie als Musiker tätig gewesen. Johann Sebastians Großvater [[Christoph Bach]] (1613-1661) war Hof- und Stadtmusikus und dessen Bruder [[Heinrich Bach]] (1615-1692) war Organist an der ''Liebfrauenkirche'' und der ''Oberkirche'' gewesen. Letzterer war der Großvater von J. S. Bachs erster Ehefrau [[Maria Barbara Bach]]. In Arnstadt lebte auch die Witwe seines Onkels [[Johann Christoph Bach d. Ä.|Johann Christoph Bach]] (1645-1695) und deren Sohn, Johann Ernst Bach (1683-1739). Johann Ernst vertrat Bach während dessen Reise nach Lübeck und erhielt Bachs Amt nach dessen Übersiedlung nach Mühlhausen.
Für ein ungewöhnlich hohes Gehalt von 50 [[Gulden]] und 30 Gulden für Kost und Logis war Bach an der ''Neuen Kirche'' offiziell nur für das Orgelspiel, nicht für die [[Figuralmusik]] zuständig. Ab einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt wurde er dennoch zur Zusammenarbeit mit dem Chor des Lyzeums verpflichtet.


Laut Nekrolog reiste Bach „von Lüneburg […] zuweilen nach Hamburg, um den damals berühmten Organisten an der Catharinenkirche Johann Adam Reinken zu hören“. Die Orgel der St. Katharinenkirche, die als berühmtestes und schönstes Instrument Norddeutschlands galt, wie auch Reinckens Improvisationskunst hinterließen bei ihm einen bleibenden Eindruck.<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''Böhm, Reincken und die Celler Hofkapelle.''</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.orgelstadt-hamburg.de/anekdoten/bach-in-hamburg-tief-beeindruckt/ |titel=Bach in Hamburg: tief beeindruckt: Orgelstadt Hamburg |abruf=2021-01-22}}</ref> Der Nekrolog erwähnt auch, dass Bach in seiner Lüneburger Zeit die Gelegenheit hatte, „sich durch öftere Anhörung einer damals berühmten Capelle, welche der Hertzog von [[Celle|Zelle]]<!--sic--> unterhielt, und die mehrenteils aus Frantzosen bestand, im Frantzösischen Geschmack […] fest zu setzen“. Diese „Capelle“ konnte er in der Lüneburger Residenz des [[Georg Wilhelm (Braunschweig-Lüneburg)|Herzogs Georg Wilhelm]] hören. Unter den französischen Musikern befand sich auch der Ballettmeister der [[Ritterakademie]] [[Thomas de la Selle]], ein Schüler von [[Jean-Baptiste Lully]].<ref>[[Gustav Fock]]: ''Der junge Bach in Lüneburg, 1700–1702.'' Merseburger, Hamburg 1950.</ref> Es wird vermutet, dass Bach in dieser Zeit auch mit dem Celler Organisten [[Arnold Matthias Brunckhorst]] in persönlichen Kontakt kam, dessen Klaviersonate als früher deutscher Beleg für die zweiteilige [[Sonatensatzform]] [[Domenico Scarlatti]]s gilt.<ref>{{MGG2|Verfasser=Harro Schmidt, Klaus Beckmann|Lemma=Brunckhorst, Arnold Matthias|Band=P3|SpalteVon=|SpalteBis=|ID=mgg02147}}</ref>
====Erste überlieferte Orgel- und Klavierwerke====
Im Oktober 1705 erhielt er für eine Reise nach [[Lübeck]] zu [[Dietrich Buxtehude]] einen Urlaub über vier Wochen, den er allerdings eigenmächtig auf über drei Monate ausdehnte. Obwohl er für einen Vertreter gesorgt hatte, wurde er am 21. Februar 1706 deswegen und wegen „Nachlässigkeit im Dienst“ vom [[Konsistorium]] der Gemeinde gerügt.


Zwischen Ostern 1702, als Bach seine Schulzeit in Lüneburg beendet hatte, und 1703 lassen sich seine Spuren nicht näher verfolgen. Wahrscheinlich zog er von Lüneburg nach [[Thüringen]] zurück, da er mit dem Ende der Schulzeit den Anspruch auf freie Kost und Logis verloren hatte. Möglicherweise kam er zunächst bei seiner älteren Schwester Maria Salome in [[Erfurt]] oder wieder bei seinem Ohrdrufer Bruder Johann Christoph unter, der sich inzwischen wirtschaftlich wesentlich verbessert hatte.<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''Erste Erkundungen in Thüringen.''</ref> Aus einem späteren Brief Bachs ergibt sich, dass er sich im Juli erfolglos um die vakante Organistenstelle an [[Jacobikirche (Sangerhausen)|St. Jacobi in Sangerhausen]] bewarb.
Diese Reise zu Buxtehude bescherte Bach wertvolle musikalische Eindrücke. Buxtehudes Abendmusiken, Orgel- und Klavierwerke sowie dessen unvergleichliches Orgelspiel bildeten einen Ansporn für den jungen Organisten und Komponisten.<br>
Die ersten erhaltenen Orgel- und Klavierwerke Bachs lassen den Einfluss Buxtehudes erkennen. Dazu gehören Choralvorspiele wie beispielsweise ''Wie schön leuchtet der Morgenstern'' (BWV 739) und Präludien, Toccaten, Partiten und Phantasien.


Spätestens ab März 1703 war Bach als [[Lakai]] und [[Violine|Violinist]] in der Privatkapelle des Mitregenten [[Johann Ernst III. (Sachsen-Weimar)|Johann Ernst von Sachsen-Weimar]] angestellt.
Auf 1706 wird Bachs ''Capriccio sopra la lontananza del fratello dilettissimo'' datiert, das er zum Abschied von seinem Bruder [[Johann Jacob Bach III|Johann Jacob Bach]] komponierte, der sich als Feldmusiker in der schwedischen Armee verdingt hatte.


=== Arnstadt (1703–1707) ===
In allen Biographien wird darüber berichtet, dass Bach mehrmals Konflikte mit dem Arnstädter Konsistorium hatte. Dies betraf sein Verhalten den Chormitgliedern gegenüber, seine Urlaubsübertretung und seine Art, Orgel zu spielen. So wurde er ermahnt, bei der Begleitung der Choräle im Gottesdienst die Gemeinde nicht durch befremdliche [[Zwischenspiel (Musik)|Zwischenspiel]]e, [[Verzierung (Musik)|Verzierungen]] und [[Modulation (Musik)|Modulationen]] zu verwirren. Zitat: ''Halthen Ihm vor daß er bißher in dem Choral viele wunderliche variationes gemachet, viele frembde Thone mit eingemischet, daß die Gemeinde darüber confundiret worden.'' Die Choralbearbeitung zu ''Herr Jesu Christ, dich zu uns wend'' ([[BWV]] 726) mit ihren überraschenden Ausweichungen, ihrer vor allem in der damaligen mitteltönigen Orgelstimmung scharf klingenden Chromatik und den aufrauschenden Zwischenspielen macht die Verwirrung der Gemeinde verständlich.<br>
[[Datei:BWV739.png|mini|Autograph der Choralbearbeitung ''Wie schön leuchtet der Morgenstern'' [[Bach-Werke-Verzeichnis|BWV]] 739 aus Bachs Arnstädter Zeit]]
Bei einer Orgelprobe am 17. März 1703 knüpfte Bach Kontakte zum Rat in Arnstadt. Am 9. August 1703 erhielt er ohne weiteres Probespiel seine Bestallung als Organist der [[Johann-Sebastian-Bach-Kirche (Arnstadt)|Neuen Kirche]] in [[Arnstadt]]. Für ein ungewöhnlich hohes Gehalt von 50 [[Gulden]] sowie 30 Gulden für Kost und Logis war er an der Neuen Kirche offiziell zunächst nur für das Orgelspiel zuständig, später aber auch für die Zusammenarbeit mit dem Chor des Lyzeums verpflichtet.


Ende 1704 zogen drei verwaiste Cousinen zweiten Grades nach Arnstadt, Töchter von [[Johann Michael Bach (Komponist, 1648)|Johann Michael Bach]]. Zu der jüngsten, [[Maria Barbara Bach]], die nun im Hause des Bürgermeisters wohnte, entwickelte Bach eine feste Zuneigung.
Ein anderes Mal kam die Klage, dass er eine „''frembde<!--sic! bitte so mit „b“ stehen lassen. Zitat!--> Jungfer''“ (seine Cousine zweiten Grades [[Maria Barbara Bach]]) auf die Chorempore mitgenommen habe.<br>
Der Enge dieser Verhältnisse hoffte Bach in Mühlhausen zu entgehen.


Im November 1705 wanderte er zu Studienzwecken nach [[Lübeck]], um, wie es im Nekrolog heißt, „den dasigen berühmten Organisten an der [[Marienkirche (Lübeck)|Marienkirche]] Diedrich Buxtehuden zu behorchen“, möglicherweise aber auch, um sich dort als Nachfolger des 70-jährigen Buxtehude zu bewerben. Ihm war ein Urlaub von vier Wochen gewährt worden, damit er zur Weihnachtszeit wieder in Arnstadt zur Verfügung stehe.<ref name=":0">[https://th.bmu-musik.de/fileadmin/user_upload/th%C3%BCringen_-_buxtehude.pdf Dietrich Buxtehude und Bach]</ref> Diesen dehnte er bis in den Januar 1706 aus und ließ sich währenddessen als Organist in Arnstadt durch seinen Vetter Johann Ernst vertreten. Buxtehudes Lübecker [[Abendmusiken]], seinen Orgel- und Clavierwerken und seinem unvergleichlichen Orgelspiel verdankte Bach wertvolle musikalische Eindrücke. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat er auch auf der berühmten alten [[Marienkirche (Lübeck)#Totentanzorgel (Chororgel)|Totentanz-Orgel]] von St. Marien spielen können. Die ersten erhaltenen Orgel- und Klavierwerke Bachs lassen den Einfluss Buxtehudes erkennen. Dazu gehören Choralvorspiele wie beispielsweise ''Wie schön leuchtet der Morgenstern'' ([[Bach-Werke-Verzeichnis|BWV]] 739) sowie Präludien, Toccaten, Partiten und Phantasien.
==== Hörbeispiel „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ ====
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| width=200px | [[Bild:Audiobutton.png]] [[Media:BWV726.ogg|Orgelchoral „''Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“]]
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| width=200px | [[Bild:BWV726.jpg|200px]]<br><br>''Herr Jesu Christ, dich zu uns wend'', Orgelchoral BWV 726
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Werke Bachs, die wahrscheinlich oder sicher während seiner Arnstädter Zeit entstanden sind:
=== Organist in der Freien Reichsstadt Mühlhausen ===
* Kantate „[[Christ lag in Todes Banden, BWV 4|Christ lag in Todes Banden]]“, BWV 4
====Eheschließung====
* Kantate „[[Nach dir, Herr, verlanget mich]]“, BWV 150
Nachdem Bach am 24. April 1707 in [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]] vorgespielt hatte, trat er dort an der Kirche ''Divi Blasii'' am 1. Juli seinen Dienst als Organist an. Sein Gehalt betrug 85 Gulden, dazu kamen Naturalien und Einkünfte aus den Nebenkirchen. Wie schon in Arnstadt fällt auf, dass er eine wesentlich höhere Bezahlung als sein Vorgänger und sein Nachfolger erzielte. Diese Verhältnisse erlaubten es ihm nun, eine Familie zu gründen. Am [[17. Oktober]] [[1707]] heiratete er in [[Dornheim (Thüringen)|Dornheim]] bei Arnstadt [[Maria Barbara Bach]].
* Choralvorspiel „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, BWV 739
* Capriccio in E „in honorem Johann Christoph Bachii Ohrdrufiensis“, BWV 993
* Verschiedene Fugen (BWV 531, BWV 533, BWV 549, BWV 550, BWV 551)
* Fantasie in c-Moll, BWV 1121


Buxtehude war sehr von Bach angetan. Bedingung für die Anstellung als Marienorganist war aber, dass der Nachfolger Buxtehudes älteste Tochter Anna Margreta heiratete. Zu dieser zehn Jahre älteren Frau fühlte sich Bach jedoch nicht hingezogen; auch soll er zu dieser Zeit bereits mit Maria Barbara verlobt gewesen sein.<ref name=":0" />
====Quodlibet: ein musikalischer Spaß der Bachfamilie====
Mehrfach wird von Treffen der weitverzweigten Bach-Familie berichtet. Bei solchen Zusammenkünften, beispielsweise bei Hochzeitsfeiern, wurde gemeinsam gesungen und musiziert, oft mehrstimmig aus dem Stegreif. Im sogenannten ''Quodlibet'' (BWV 524 ) zeichnete Bach wahrscheinlich 1707, spätestens 1708 ein solches Durcheinander von Liedern auf, bei dem man Fehler nicht nur in Kauf nahm, sondern sie auch gerne provozierte und sich über sie amüsierte. Der Titel ''Quodlibet'' ist nicht original. Es ist nur ein Fragment davon erhalten und weist einen Text auf, der voller Anspielungen ist. Nicht alles darin ist so verständlich wie ''„Große Hochzeit, große Freuden, Große Degen, große Scheiden“''. Möglicherweise erklang dieses ''Quodlibet'' bei Bachs Hochzeit mit Maria Barbara.


Aus den erhaltenen Akten geht hervor, dass Bach mehrmals Konflikte mit dem Arnstädter Konsistorium hatte. Dies betraf sein Verhalten den Chormitgliedern gegenüber, seine Urlaubsüberziehung und seine ungewohnte Art des Orgelspiels. Auch habe er in der Kirche mit einer „frembden Jungfer“ musiziert. Der Enge dieser Verhältnisse hoffte Bach durch seinen Wechsel nach Mühlhausen zu entgehen.
====Ratswechselkantaten und Probespiel in Weimar====
[[Image:BWV71.jpg|thumb|200px|Bachs eigenhändiger Namenszug auf dem Deckblatt der Kantate „Gott ist mein König“, 1708<br/>Er schreibt sich italienisch als<br/>''Gio. Bast. Bach''<br/>(= Giovanni Bastiano Bach)]]
Auftragsgemäß komponierte Bach zum Ratswechsel am 4. Februar 1708 die festliche [[Kantate]] ''[[Gott ist mein König]]'' (BWV 71), die als einzige aus dieser Zeit als Druck erhalten ist. Kurz darauf konnte er eine kostspielige Erweiterung und Reparatur der Orgel durchsetzen.


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Im Juni 1708 reiste Bach im Zusammenhang mit dem Abschluss der Renovierungsarbeiten an der dortigen Orgel nach [[Weimar]] und spielte vor dem Herzog [[Wilhelm Ernst (Sachsen-Weimar)|Wilhelm Ernst]]. Dieser bot ihm die Stelle als Hoforganist und Kammermusiker mit einem Gehalt von 150 Gulden zuzüglich Naturalien an. Zudem hatte ein großer Stadtbrand in Mühlhausen zu einer Verteuerung der Lebenshaltungskosten geführt. Die Aussicht auf eine wesentlich bessere finanzielle Situation war offenbar ausschlaggebend dafür, dass Bach schon am 25. Juni 1708 – kaum ein Jahr nach seinem Amtsantritt – in Mühlhausen um seine Entlassung bat. Sein Nachfolger wurde [[Johann Friedrich Bach I|Johann Friedrich Bach]]. Der Stadt Mühlhausen blieb Johann Sebastian Bach aber weiterhin verbunden. Jeweils für den Februar 1709 und 1710 bekam er Aufträge für Ratswechselkantaten, die ebenfalls auf Kosten des dortigen Rates gedruckt wurden, aber verschollen sind.
Arnstadt Bachkirche außen Chor 03.jpg|Bachkirche in Arnstadt
Luebeck-St Marien vom Turm von St Petri aus gesehen-20100905.jpg|St. Marien zu Lübeck
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=== Mühlhausen (1707–1708), erste Ehe ===
=== Hoforganist und Kammermusiker in Weimar ===
{{Panorama|Mühlhausen (Thüringen) um 1650.jpg|500|Mühlhausen um 1650 (Kupferstich von Matthäus Merian)}}
[[Image:Schlosskirche Weimar 1660.jpg|thumb|200px|Christian Richter (um1660):<br/>Schlosskirche Weimar<br/>Bachs Wirkungsstätte]]
Nachdem Bach am 24.&nbsp;April 1707 in der [[Freie und Reichsstädte|Freien Reichsstadt]] [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]] vorgespielt hatte, trat er dort am 1.&nbsp;Juli an der [[Divi-Blasii-Kirche]] seinen Dienst als Organist an.<ref>{{Literatur |Autor=Michael Meißner |Hrsg=Mühlhäuser Museen |Titel=Johann Sebastian Bachs Mühlhäuser Zeit (1707–1708) |Sammelwerk=Mühlhäuser Beiträge |Band=Sonderheft 12 |Verlag=Druck und Verlagshaus Mühlhausen |Ort=Mühlhausen |Datum=2000 |ISBN= |Seiten=72}}</ref> Sein Gehalt betrug 85 Gulden plus Naturalien und Einkünfte aus den Nebenkirchen. Dies war eine wesentlich höhere Bezahlung als sein Vorgänger und sein Nachfolger erhielten. Sie erlaubte ihm nun, eine Familie zu gründen. Am 17. Oktober 1707 heiratete er die Hofsängerin [[Maria Barbara Bach]] (1684–1720) geborene Bach. Dieser Ehe entstammten sieben Kinder, von denen drei im Säuglings- oder Kindesalter starben:
Bach siedelte in der ersten Julihälfte 1708 mit seiner schwangeren Gattin nach Weimar über. Am 29. Dezember desselben Jahres wurde das erste Kind, [[Catharina Dorothea Bach|Catharina Dorothea]], getauft. Während der Weimarer Zeit folgten noch fünf Kinder: [[Wilhelm Friedemann Bach|Wilhelm Friedemann]] (* 22. November 1710), die Zwillinge Maria Sophia und Johann Christoph (* 23. Februar 1713, beide starben bald darauf), [[Carl Philipp Emanuel Bach|Carl Philipp Emanuel]] (* 8. März 1714) und [[Johann Gottfried Bernhard Bach|Johann Gottfried Bernhard]] (* 11. Mai 1715).
* Catharina Dorothea (1708–1774), getauft in Weimar am 29. Dezember 1708, gestorben am 14. Januar 1774 in Leipzig und dort am 17. Januar als „Jungfer“ auf dem Neuen Kirchhofe begraben<ref>Swantje Koch-Kanz, [[Luise F. Pusch]]: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' 1988, S. 125–130.</ref>
* [[Wilhelm Friedemann Bach|Wilhelm Friedemann]], der Dresdner oder Hallesche Bach (1710–1784)
* Maria Sophia (*/†&nbsp;1713), gestorben drei Wochen nach ihrer Geburt
* Johann Christoph (*/†&nbsp;1713), Zwillingsbruder von Maria Sophia, gestorben am Tag seiner Geburt
* [[Carl Philipp Emanuel Bach|Carl Philipp Emanuel]], der Berliner oder Hamburger Bach (1714–1788)
* [[Johann Gottfried Bernhard Bach|Johann Gottfried Bernhard]] (1715–1739)
* Leopold Augustus (1718–1719)


Auftragsgemäß komponierte Bach zum Ratswechsel am 4.&nbsp;Februar 1708 die festliche [[Kantate]] ''[[Gott ist mein König]]'' (BWV 71), die als einzige der zu seinen Lebzeiten gedruckten Kantaten sich erhalten konnte.
====Freie und liturgisch gebundene Orgelwerke====
Ein Großteil von Bachs Orgelwerk entstand während der Weimarer Zeit, darunter seine [[Passacaglia]] und zahlreiche [[Toccata|Toccaten]], Präludien und [[Fuge (Musik)|Fugen]]. Hier begann er sein [[Orgelbüchlein|Orgel-Büchlein]], das als Sammlung von 164 Choralvorspielen angelegt war, von denen er aber nur 44 vollendete.<br>
Neben seinem Dienst in der Wilhelmsburg des Herzogs Wilhelm Ernst stand Bach auch in enger Verbindung mit dessen Neffen [[Ernst August I. (Sachsen-Weimar-Eisenach)|Ernst August]], der im Roten Schloss wohnte und 1709 Mitregent geworden war. Dessen Bruder Johann Ernst war Schüler [[Johann Gottfried Walther]]s. Von ihm stammen Vorlagen für Bachs Klavier- und Orgeltranskriptionen BWV 592, 595, 982, 984 und 987.


Im Juni 1708 reiste Bach im Zusammenhang mit dem Abschluss der Renovierungsarbeiten an der dortigen Orgel nach [[Weimar]] und spielte vor dem Herzog [[Wilhelm Ernst (Sachsen-Weimar)|Wilhelm Ernst]]. Dieser bot ihm die Stelle als Hoforganist und Kammermusiker mit einem Gehalt von 150 [[Gulden#Münzen im Wert eines Rechnungsguldens des 17. bis 19. Jahrhunderts|Gulden]] zuzüglich Naturalien an. Damit zusammen fällt, dass ein großer Stadtbrand in Mühlhausen zu einer Verteuerung der Lebenshaltungskosten geführt hatte, so dass Bach schon am 25.&nbsp;Juni 1708 – kaum ein Jahr nach seinem Amtsantritt&nbsp;– in Mühlhausen um seine Entlassung bat.<ref>Früher vermutete Konflikte mit der vorwiegend lutherisch-[[Pietismus|pietistisch]] eingestellten Geistlichkeit in Mühlhausen werden von der heutigen Bach-Forschung nicht mehr vertreten; siehe dazu C. Wolff, 2005, Kapitel ''An Divi Blasii zu Mühlhausen''.</ref> Bachs Nachfolger wurde [[Johann Friedrich Bach I|Johann Friedrich Bach]] (1682–1730), Sohn des [[Johann Christoph Bach I|Johann Christoph Bach]]. Der Stadt Mühlhausen blieb Johann Sebastian Bach aber weiterhin verbunden: Auch in den beiden Folgejahren bekam er Aufträge für Ratswechselkantaten, die gleichfalls auf Kosten der Stadt gedruckt wurden, aber verschollen sind.
====Erste überlieferte weltliche Kantate====
Am 21. und 22. Februar 1713 befand sich Bach in [[Weißenfels]] anlässlich der Feierlichkeiten zum Geburtstag des Herzogs [[Christian von Sachsen-Weißenfels]]. Möglicherweise wurde dort die ''[[Jagdkantate]]'' [[Bach-Werke-Verzeichnis|BWV]] 208 aufgeführt, Bachs früheste bekannte weltliche [[Kantate]]. Kirchenkantaten sind aus der früheren Weimarer Zeit nur wenige überliefert.


In Mühlhausen entstandene Werke:
Gegen Ende des Jahres 1713 wurde Bach nach der Aufführung einer Probekantate die Organistenstelle an der ''Liebfrauenkirche'' in [[Halle (Saale)|Halle]] angeboten. Der Grund für Bachs Interesse an der Stelle ist nicht bekannt. Er erhielt am 14. Dezember seine Bestallung vom Kirchenkollegium, zögerte aber mit der Vertragsunterzeichnung und schickte erst am 19. März 1714 eine endgültige Absage mit der Begründung, dass die Besoldung nicht seiner Erwartung entspräche.
* BWV 71 – Kantate „Gott ist mein König“
* BWV 131 – Kantate „[[Aus der Tiefen rufe ich, Herr, zu dir]]“
* BWV 565 – Toccata und Fuge in d-Moll (eventuell nicht von J. S. Bach)
* BWV 532 – Präludium und Fuge in D-Dur
* BWV 582 – [[Passacaglia und Fuge c-Moll, BWV 582|Orgel-Passacalia in c-Moll]] (möglicherweise erst zur Weimarer Zeit entstanden)
* BWV 524 – Quodlibet


=== Konzertmeister in Weimar ===
=== Weimar (1708–1717) ===
[[Datei:Schlosskirche Weimar 1660.jpg|mini|[[Christian Richter (Maler, 1587)|Christian Richter]] (um 1660): Schlosskirche Weimar, Wirkungsstätte Bachs]]
[[Bild:Young Bach2.jpg|thumb|200px|Bach als Konzertmeister in Weimar(?)]]
[[Datei:Bachweimar.jpg|mini|Verbuchung der Gehaltszahlungen in Weimar: „Dem Laqueÿ Baachen“]]
[[Bild:Bach-weimar.png|thumb|200px|Denkmal gegenüber Bachs Wohnhaus in Weimar]]
Bach übersiedelte in der ersten Julihälfte 1708 mit seiner schwangeren Gattin nach Weimar und zog in das [[Bachhaus Weimar|Haus]] ein, in dem bis 1705 der Komponist und Violinist [[Johann Paul von Westhoff]] gewohnt hatte.
Am 2. März 1714 wurde Bach in Weimar zum [[Konzertmeister]] ernannt. Obwohl er in der Hierarchie immer noch unter dem Kapell- und dem Vizekapellmeister stand, bekam er mit 250 Gulden ein erheblich höheres Gehalt als beide.


Am 29. Dezember desselben Jahres wurde das erste Kind, [[Catharina Dorothea Bach|Catharina Dorothea]], getauft. Während der Weimarer Zeit folgten noch fünf Kinder: [[Wilhelm Friedemann Bach|Wilhelm Friedemann]] (*&nbsp;22. November 1710), die Zwillinge Maria Sophia und Johann Christoph (*&nbsp;23. Februar 1713, beide starben bald darauf), [[Carl Philipp Emanuel Bach|Carl Philipp Emanuel]] (*&nbsp;8. März 1714) und [[Johann Gottfried Bernhard Bach|Johann Gottfried Bernhard]] (*&nbsp;11. Mai 1715). Auf die Ausbildung seiner Söhne, einschließlich der später geborenen [[Johann Christoph Friedrich Bach|Johann Christoph Friedrich]] und [[Johann Christian Bach|Johann Christian]], legte Bach großen Wert. Alle erhielten eine umfassende Schulbildung und nahmen später ein Universitätsstudium auf.
====Neue Aufgaben====
Mit dem neuen Amt war die Pflicht verbunden, alle vier Wochen eine Kirchenkantate auf den jeweiligen Sonntag zu komponieren. Als erste erklang am 25. März ([[Palmsonntag]] und gleichzeitig [[Verkündigung des Herrn|Mariä Verkün]]digung) die Kantate [[Himmelskönig, sei willkommen]] (BWV 182). Ihr folgten in regelmäßigen Abständen noch mindestens 20 weitere Werke, die den Grundstock der späteren Leipziger Kantatenjahrgänge bildeten.


Ein Großteil von Bachs Orgelwerk entstand während der Weimarer Zeit, darunter möglicherweise die [[Passacaglia und Fuge c-Moll, BWV 582|Passacaglia und Fuge c-Moll]] und zahlreiche [[Toccata|Toccaten]], Präludien und [[Fuge (Musik)|Fugen]]. Hier begann er sein ''[[Orgelbüchlein]]'', das als Sammlung von 164 Choralvorspielen angelegt war, von denen er aber nur 44 vollendete.
Schließlich sah sich Bach nach einer neuen Stelle um und fand sie am Hof des Fürsten [[Leopold von Anhalt-Köthen]], dessen Schwester sein Dienstherr Ernst August am 24. Januar 1716 geheiratet hatte. Der Grund für diesen Schritt kann nur gemutmaßt werden. Am 1. Dezember 1716 war der erste Kapellmeister [[Johann Samuel Drese]] gestorben. Eine Nachfolgeregelung wurde zunächst nicht getroffen, aber Dreses Sohn Johann Wilhelm hatte eine gewisse Vorrangstellung, da er als Vizekapellmeister schon längere Zeit die Amtsgeschäfte seines Vaters versehen hatte. Damit wäre für Bach ein Aufstieg zum Kapellmeister langfristig blockiert gewesen.


Am 21. und 22. Februar 1713 befand sich Bach in [[Weißenfels]] anlässlich der Feierlichkeiten zum Geburtstag des Herzogs [[Christian (Sachsen-Weißenfels)|Christian von Sachsen-Weißenfels]]. Möglicherweise wurde dort die ''[[Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd|Jagdkantate]]'' BWV 208 aufgeführt, Bachs früheste bekannte weltliche Kantate. Kirchenkantaten sind aus der früheren Weimarer Zeit nur wenige überliefert.
Bach unterschrieb am 5. August 1717 den Vertrag für seine neue Stelle in Köthen, ohne vorher um seine Entlassung in Weimar gebeten zu haben. Als er dies nachholen wollte, erhielt er seine Demission nicht, sondern wurde am 6. November wegen seiner „Halßstarrigen Bezeügung“ in der Landrichterstube arretiert. Am 2. Dezember wurde er aus Haft und Dienstverhältnis in Ungnade entlassen.<br>


Gegen Ende des Jahres 1713 wurde Bach nach der Aufführung einer Probekantate die Organistenstelle an der [[Marktkirche Unser Lieben Frauen|Marktkirche St. Marien und Liebfrauen]] in [[Halle (Saale)|Halle]] angeboten. Er erhielt am 14.&nbsp;Dezember seine Bestallung vom Kirchenkollegium, zögerte aber mit der Vertragsunterzeichnung und schickte erst am 19.&nbsp;März 1714 eine endgültige Absage mit der Begründung, dass die Besoldung nicht seiner Erwartung entspreche.
In den Herbst 1717 wird eine 1739 erstmals erwähnte und von Forkel ausführlich dargestellte Begebenheit datiert, nach der Bach an den Hof nach [[Dresden]] reiste, wo ein Wettstreit mit dem berühmten Orgelvirtuosen [[Louis Marchand]] stattfinden sollte. Dazu kam es nicht, weil Marchand an dem festgelegten Tag in der Frühe abgereist war, angeblich, weil er den Vergleich scheute. Diese Begebenheit ist ein typisches Beispiel dafür, dass schon kurz nach Bachs Tod ihn glorifizierende Anekdoten gepflegt wurden, oft ausgelöst durch ungenaue Erinnerungen seiner Söhne und Schüler. Bach selbst schätze nach Carl Philipp Emanuel Bachs Zeugnis die mündliche und schriftliche Weitergabe solcher Anekdoten keineswegs.
[[Datei:Young Bach2.jpg|mini|hochkant|[[Johann Ernst Rentsch (der Ältere)|J. E. Rentsch]] der Ältere: Bach (?) als Konzertmeister in Weimar, 1715]]


Am 2.&nbsp;März 1714 wurde Bach in Weimar zum [[Konzertmeister]] ernannt. Obwohl er in der Hierarchie immer noch unter dem Kapell- und dem Vizekapellmeister stand, bekam er mit 250&nbsp;Gulden ein erheblich höheres Gehalt als beide. Mit dem neuen Amt war die Pflicht verbunden, alle vier Wochen eine Kirchenkantate für den jeweiligen Sonntag zu komponieren. Als erste erklang am 25.&nbsp;März ([[Palmsonntag]] und gleichzeitig [[Verkündigung des Herrn|Mariä Verkündigung]]) die Kantate ''[[Himmelskönig, sei willkommen]]'' (BWV 182). Ihr folgten in regelmäßigen Abständen noch mindestens 20 weitere Werke, die den Grundstock der späteren Leipziger Kantatenjahrgänge bildeten. Über das Instrumentalrepertoire, das Bach mit der Weimarer Hofkapelle pflegte, ist nahezu nichts bekannt, weil alle Unterlagen und Noten 1774 beim Brand der [[Weimarer Stadtschloss#„Wilhelmsburg“|Wilhelmsburg]] vernichtet wurden.
====Beziehungen zu Johann Georg Pisendel====
Wichtiger als ein Zusammentreffen mit Marchand, dessen Werke er schätze, waren für Bach seine Beziehungen zum Dresdner Musikdirektor [[Johann Georg Pisendel]] (1687-1755). Stilkritische Vergleiche von Bachs und Pisendels Solowerken für Violine legen nahe, Pisendel habe Bach zur Komposition der 6 Sonaten und Partiten angeregt. Bereits 1709 hatten beide einige Zeit miteinander in Weimar verbracht und seither Kompositionen ausgetauscht. Durch Pisendel konnten Bach Vivaldis Kompositionen vermittelt worden sein. Pisendel kehrte nämlich am 27. September 1717 aus Italien, wo er kurzzeitig Vivaldis Schüler gewesen war, nach Dresden zurück, und Bach verließ die Stadt Anfang Oktober. Ein Zusammentreffen und ein künstlerischer Austausch sind also anzunehmen.


Wichtig für Bach waren offenbar auch seine Beziehungen zum Dresdner Musikdirektor [[Johann Georg Pisendel]]. Stilkritische Vergleiche von Bachs und Pisendels Solowerken für Violine legen nahe, Pisendel habe Bach zur Komposition der [[Sonaten und Partiten für Violine solo|sechs Sonaten und Partiten]] angeregt. Bereits 1709 hatten Bach und Pisendel einige Zeit miteinander in Weimar verbracht und seither Kompositionen ausgetauscht. Durch Pisendel, der kurzzeitig ein Schüler [[Antonio Vivaldi]]s gewesen war, wurden Bach möglicherweise Vivaldis Kompositionen vermittelt. Außerdem hatte der junge musikalisch begabte Neffe des Fürsten, Prinz [[Johann Ernst IV. (Sachsen-Weimar)|Johann Ernst]], in den Niederlanden die italienische Musik kennengelernt und brachte von dort viele Partituren mit. In den Weimarer Jahren [[Transkription (Musik)|transkribierte]] Bach mehrere Werke Vivaldis (insbesondere aus dem ''[[L’Estro Armonico]]''), so die Cembalo-Konzerte in D-Dur (BWV 972), C-Dur (BWV 976) und F-Dur (BWV 978). Anlässlich der Hochzeit seines Dienstherrn [[Ernst August I. (Sachsen-Weimar-Eisenach)|Ernst August]] am 24.&nbsp;Januar 1716 in [[Nienburg (Saale)|Nienburg]] lernte er dessen Schwager, den dortigen jungen Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen, kennen. Als im folgenden Jahre der bisherige Hofkapellmeister [[Augustin Reinhard Stricker]] seinen Posten verließ, unterschrieb Bach bereits am 5.&nbsp;August 1717 den Vertrag als dessen Amtsnachfolger in Köthen, ohne jedoch vorher um seine Entlassung in Weimar gebeten zu haben. Als er dies nachholen wollte, erhielt er seine Demission nicht, sondern wurde am 6.&nbsp;November wegen seiner „Halßstarrigen Bezeugung“<ref>Aus einer Protokollnotiz des Hofes: „Am 6. Nov. ist der bisherige Concert-Meister u. Hoforganist, Bach, wegen seiner Halßstarrigen Bezeugung u. zu erzwingenden dimission, auf der [[Torhaus am Weimarer Stadtschloss|LandRichter-Stube]] arrêtiert, u. endlich d. 2. Dec. darauf, mit angezeigter Ungnade, Ihme die dimission durch den Hof-Secr.: angedeutet, u. zugleich des arrests befreyet worden“. Nach Werner Neumann, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): ''Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs, 1685–1750, Kritische Gesamtausgabe.'' Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1969 (=''Bach-Dokumente II.'' Nr. 84), S. 65.</ref> in der Landrichterstube in Haft genommen. Am 2.&nbsp;Dezember wurde er aus Haft und Dienstverhältnis in Ungnade entlassen.<ref>Arno Forchert: ''Johann Sebastian Bach und seine Zeit.'' Laaber-Verlag, Laaber 2002, S. 82.</ref>
=== Fürstlicher Kapellmeister in Köthen ===
[[Bild:Coethen.jpg|thumb|200px|Das Fürstliche Residenzschloss zu ''Cöthen'']]
Ab Dezember [[1717]] war Bach [[Kapellmeister]] und ''Directore derer Cammer-Musiquen'' in [[Köthen]]. Bach schätzte den jungen, musikalischen Herzog [[Leopold von Anhalt-Köthen]] und stand ihm offenbar auch persönlich nahe, was man z.B. daran sieht, dass sowohl Leopold als auch seine Geschwister August Ludwig und Eleonora Wilhelmine Taufpaten von Bachs am 15. November 1718 geborenem Sohn Leopold August waren. Das Kind starb kaum ein Jahr später.


=== Köthen (1717–1723), zweite Ehe ===
====Eine Kapelle „''Avec plusieures Instruments''“====
{{Panorama|Köthen 1650 Foto © H.-P.Haack (bearbeitet).jpg|400|Köthen um 1650 (Kupferstich)}}
Bach konnte in Köthen für eine hervorragende Kapelle komponieren. Fürst Leopold hatte bis zu 17 Musiker angestellt, die zum Teil aus der 1713 aufgelösten Kapelle des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. stammten. Acht Instrumentalisten hatten Solistenqualitäten und den Rang des „Cammermusicus“. Der Herzog stattete seine Kapelle mit guten Instrumenten aus und schickte Bach zum Kauf eines neuen Cembalos 1719 nach Berlin. Dort konnte Bach den Markgrafen [[Christian Ludwig von Brandenburg]] kennen lernen. Für ihn stellte er 1721 ältere und neuere Instrumentalsätze zu den ''Six Concerts Avec plusieures Instruments“'' zusammen, die später „[[Brandenburgische Konzerte]]“ genannt wurden ([[BWV]] 1046-1051).
[[Datei:Map of Anhalt (1747-1793).svg|mini|[[Anhalt-Köthen]] war eines von vier anhaltinischen Fürstentümern]]
[[Datei:Anna-magdalena-bach-noteboo.jpg|mini|''[[Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach|Clavier-Büchlein vor Anna Magdalena Bachin Anno 1722]]'', Deckblatt]]
[[Datei:BWV1001.jpg|mini|''Sonata 1ma á Violino Solo senza Baßo di JSBach'': Adagio; Autograph 1720]]
In [[Köthen (Anhalt)]] trug Bach die Titel [[Kapellmeister]] und ''Director derer Cammer-Musiquen.'' Er schätzte den musikalischen jungen Fürsten [[Leopold (Anhalt-Köthen)|Leopold von Anhalt-Köthen]], der oft als Violinist im Orchester mitwirkte. Er stand ihm offenbar auch persönlich nahe, was man daraus schließen kann, dass sowohl Leopold als auch seine Geschwister [[August Ludwig (Anhalt-Köthen)|August Ludwig]] und [[Eleonore Wilhelmine von Anhalt-Köthen|Eleonore Wilhelmine]] Taufpaten von Bachs am 15.&nbsp;November 1718 geborenem Sohn Leopold August waren. Bereits am 7.&nbsp;August 1717 zum Kapellmeister ernannt, nahm Bach bei der Unterzeichnung des Vertrages eine Gebühr von 50 Talern entgegen. Insgesamt lag sein Jahreseinkommen in der Funktion des Kapellmeisters bei 400 Talern. Hinzu kam ein Mietzuschuss von zwölf Talern.


Bach konnte in Köthen für eine hervorragende Kapelle komponieren. Fürst Leopold hatte bis zu 17 Musiker angestellt, die zum Teil aus der 1713 aufgelösten Kapelle des preußischen Königs [[Friedrich Wilhelm I. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;I.]] stammten. Acht der Instrumentalisten, unter ihnen [[Christian Ferdinand Abel]], hatten Solistenqualität und den Rang eines ''Cammermusicus''. Der Fürst stattete seine Kapelle mit guten Instrumenten aus und schickte Bach zum Kauf eines neuen Cembalos 1719 nach Berlin. Dort konnte Bach den kunstliebenden Markgrafen [[Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt|Christian Ludwig]] kennenlernen. Für ihn stellte er 1721 ältere und neuere Instrumentalsätze als ''Six Concerts Avec plusieurs Instruments'' zusammen, die deshalb später ''[[Brandenburgische Konzerte]]'' genannt wurden (BWV 1046–1051).
====Tod der Ehefrau und neue Heirat====
[[Bild:Anna-magdalena-bach-noteboo.jpg|thumb|200px|''Clavier-Büchlein vor Anna Magdalena Bachin Anno 1722'', Deckblatt]]
[[Bild:BWV1001.jpg|thumb|200px|''Sonata 1ma á Violino Solo senza Baßo di JSBach''<br/>Adagio<br/>Autograph 1720]]
Als Bach 1720 nach einer zweimonatigen Reise des Hofs aus [[Karlsbad]] zurückkehrte, musste er erfahren, dass seine Gattin Maria Barbara nach kurzer Krankheit gestorben und schon am 7. Juli bestattet worden war. Am 3. Dezember 1721 heiratete er [[Anna Magdalena Bach|Anna Magdalena]], die jüngste Tochter des fürstlichen Hof- und Feldtrompeters zu [[Sachsen-Weißenfels]] [[Johann Kaspar Wilcke]], die 1720 als [[Sopranistin]] an den Köthener Hof gekommen war.


Andererseits hatte das reformierte Bekenntnis des Fürsten Konsequenzen: Es gab nur wenig Bedarf an geistlicher Musik. Denn der Gottesdienst sollte nach reformierter Überzeugung schlicht gehalten bleiben. Für die lutherische [[St. Agnus (Köthen)|St.-Agnus-Kirche]], der Bach als Gemeindemitglied angehörte, sind gelegentliche Aufführungen Bachscher Werke aufgrund von Notenmaterial zu vermuten, aber nicht sicher nachweisbar.<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''Unter fürstlichem Patronat''</ref>
Auch aus dieser Ehe entstammen zahlreiche Kinder, von denen die meisten aber schon im Kindesalter starben: Christiana Sophia Henrietta (* Frühjahr 1723; † 29. Juni 1726), [[Gottfried Heinrich Bach|Gottfried Heinrich]] (* 26. Februar 1724), Christian Gottlieb (getauft 14. April 1725; † 21. September 1728), [[Elisabeth Juliana Friederica Bach|Elisabeth Juliana Friederica]] (getauft 5. April 1726), Ernestus Andreas (* 30. Oktober 1727; † 1. November 1727), Regina Johanna (10. Oktober 1728; † 25. April 1733), Christiana Benedicta (* 1. Januar 1730; † 4. Januar), Christiana Dorothea (* 18. März 1731; † 1732), [[Johann Christoph Friedrich Bach|Johann Christoph Friedrich]] (* 21. Juni 1732), Johann August Abraham (* 5. November 1733; † 6. November 1733), [[Johann Christian Bach|Johann Christian]] (* 5. September 1735), Johanna Carolina (getauft 30. Oktober 1737), Regina Susanna (getauft 22. Februar 1742).


Als Bach ungefähr am 7. Juli 1720 nach einer zweimonatigen Reise des Hofs aus [[Karlsbad]] zurückkehrte,<ref>{{Literatur|Autor=Maria Hübner|Titel=Neues zu Johann Sebastian Bachs Reisen nach Karlsbad |Sammelwerk=[[Bach-Jahrbuch]]|Band=92|Datum=2006|Seiten=105–108|DOI=10.13141/bjb.v20061797 |ISSN = 0084-7682}}</ref> musste er erfahren, dass seine Gattin Maria Barbara nach kurzer Krankheit gestorben und schon bestattet worden war. Ihre Todesursache ist nicht bekannt. Am 3.&nbsp;Dezember 1721 heiratete er die Hofsängerin [[Anna Magdalena Bach|Anna Magdalena]] Bach (1701–1760) geborene Wilcke, die jüngste Tochter des fürstlichen Hof- und Feldtrompeters zu [[Sachsen-Weißenfels]] Johann Kaspar Wilcke, die im Juni 1721 als [[Sopran]]istin an den Köthener Hof gekommen war. Der zweiten Ehe entstammen 13 Kinder, von denen sieben im Säuglings- oder Kindesalter starben:
====Unterrichtswerke, virtuose Instrumentalkompositionen und Kantaten====
* Christiana Sophia Henrietta (1723–1726)
Als Beitrag zur musikalischen Erziehung seiner Kinder hatte Bach am 22. Januar 1720 das ''Clavierbüchlein'' für den ältesten Sohn Wilhelm Friedemann begonnen, das unter anderem die zweistimmigen ''[[Inventionen und Sinfonien|Inventionen]]'' und dreistimmigen ''Sinfonien'' enthält. Das 1722 angelegte ''Clavierbüchlein vor Anna Magdalena Bachin'' enthält die Frühfassungen der Französischen Suiten. Neben dem [[Wohltemperiertes Klavier|Wohltemperierten Klavier]] und den sechs Violin[[Partita|partiten]] und -sonaten sind dies die sicher auf die Köthener Zeit datierbaren [[Autograph|autografen]] Instrumentalkompositionen.
* [[Gottfried Heinrich Bach|Gottfried Heinrich]] (1724–1763)
* Christian Gottlieb (1725–1728)
* Elisabeth Juliana Friederica, genannt „Liesgen“ (1726–1781; getauft in Leipzig am 5. April 1726, gestorben ebenda am 24. August 1781), verheiratet ab 19. Januar 1749 mit [[Johann Christoph Altnikol]] in [[Naumburg (Saale)|Naumburg]]<ref>Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' 1988, S. 130–133.</ref>
* Ernst Andreas oder Ernestus Andreas (*/†&nbsp;1727)
* Regina Johanna (1728–1733)
* Christiana Benedicta (*/†&nbsp;1730)
* Christiana Dorothea (1731–1732)
* [[Johann Christoph Friedrich Bach|Johann Christoph Friedrich]], der Bückeburger Bach (1732–1795)
* Johann August Abraham (1733–1734)
* [[Johann Christian Bach|Johann Christian]], der Mailänder oder Londoner Bach (1735–1782)
* Johanna Carolina (1737–1781), getauft am 30. Oktober 1737 in Leipzig, unverheiratet gestorben ebenda am 18. August 1781, begraben am 19. August auf dem Neuen Kirchhofe<ref>Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' 1988, S. 133–134.</ref>
* Regina Susanna (1742–1809), getauft in Leipzig am 22. Februar 1742, gestorben ebenda am 14. Dezember 1809. Ab April 1780 erhielt sie – wie [[Friedrich Rochlitz]] im Mai 1800 in ''[[Allgemeine musikalische Zeitung]]'' berichtete – aus einer Stiftung acht Groschen pro Quartal als öffentliche Fürsorge und war auch um 1800 noch auf Almosen angewiesen.<ref>Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' 1988, S. 134–137.</ref>
In den Jahren 1726 bis 1733 starben somit in der Familie sieben kleine Kinder, ein Sohn (Gottfried Heinrich) war geistig behindert. Im Jahr 1728 starb auch 51-jährig Bachs letzte noch lebende Schwester Maria Salome. Einige Bach-Biografen vermuten, dass Bach durch diese Schicksalsschläge in den folgenden Jahren in eine Schaffenskrise geraten sei.<ref>Siehe z.&nbsp;B. [[Maarten ’t Hart]]: ''Bach und ich'', Kapitel ''„Schlummert ein, ihr matten Augen“ – Bach und der Tod.''</ref>


Daneben sind noch einige Geburtstags- und Neujahrskantaten überliefert, jedoch nicht für alle in Frage kommenden Feiertage. Es gilt als sicher, dass Bach für den Hof eine beträchtliche Zahl an Konzerten und anderen Instrumentalkompositionen geschrieben haben muss, die aber weitgehend verschollen oder aber in späteren Bearbeitungen als Cembalokonzerte oder Kantatensätze erhalten sind.
Als Beitrag zur musikalischen Erziehung seiner Kinder hatte Bach am 22. Januar 1720 das ''[[Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann Bach|Clavierbüchlein]]'' für den ältesten Sohn Wilhelm Friedemann begonnen, das unter anderem die zweistimmigen ''[[Inventionen und Sinfonien|Inventionen]]'' und dreistimmigen ''Sinfonien'' enthält. Das 1722 angelegte ''[[Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach|Clavierbüchlein vor Anna Magdalena Bachin]]'' enthält die Frühfassungen der [[Französische Suiten|Französischen Suiten]]. Neben dem ''[[Das Wohltemperierte Klavier|Wohltemperierten Klavier]]'' und den sechs [[Sonaten und Partiten für Violine solo|Violinpartiten und -sonaten]] sind dies die mit Sicherheit auf die Köthener Zeit datierbaren [[Autograph|autografen]] Instrumentalkompositionen. Daneben sind noch einige Geburtstags- und Neujahrskantaten überliefert. Es gilt als sicher, dass Bach für den Hof eine beträchtliche Zahl an Konzerten und anderen Instrumentalkompositionen geschrieben hat, von denen viele verschollen oder in späteren Bearbeitungen als Cembalokonzerte oder Kantatensätze erhalten sind.


Aus nicht ganz geklärten Gründen schien sich Fürst Leopold in der Folgezeit von Bachs Ensemblemusik ab etwa 1722 immer mehr abzuwenden, was diesen veranlasste, sich nach neuen Stellen umzusehen. Bach mutmaßte, dass diese Abwendung von der Musik durch die Gemahlin des Fürsten, [[Friederike Henriette von Anhalt-Bernburg]], die dieser 1721 geheiratet hatte, verursacht worden sei.<ref>In dem Brief von Bach vom 28. Oktober 1730 an seinen Schulfreund Georg Erdmann heißt es:<br /> „Es muste sich aber fügen, daß erwehnter Serenißimus sich mit einer Berenburgischer Princessin vermählete, da es denn das Ansehen gewinnen wolte, als ob die musicalische Inclination bey besagtem Fürsten in etwas laulicht werden wolte, zumahln da die neüe Fürstin schiene eine amusa zu seyn:“</ref> Fürstin Friederike Henriette starb jedoch bereits 1723 im Kindbett, noch bevor Bach seine Stelle als Thomaskantor antrat. Ab 1722 kam hinzu, dass Fürst Leopold über niedrigere Etats verfügte, ausgelöst durch die militärische Anschließung an Preußen und durch anhaltende Konflikte im Fürstenhaus der [[Askanier]]. Hinzu kamen zunehmende Streitigkeiten zwischen Reformierten und Lutheranern. Auch die schlecht geführte Lateinschule Köthens dürfte Bach dazu veranlasst haben, durch einen Umzug seinen Söhnen eine bessere Schulausbildung zukommen zu lassen.
====Suche nach einer neuen Stelle====
=====Hamburg=====
Im September 1720 wurde die Organistenstelle zu ''St. Jakob'' in [[Hamburg]] frei, um die sich Bach bewarb. Er wurde auch vom Hamburger Rat zum Probespiel zugelassen, sagte aber dann doch ab, wahrscheinlich, weil die Übernahme der Stelle mit einer beträchtlichen Kaufsumme verknüpft war. Zuvor hatte er im Beisein [[Johann Adam Reincken]]s an der berühmten Orgel der Katharinenkirche ein denkwürdiges Konzert gegeben, über das die Quellen anekdotisch berichten.


Schon im September 1720 wurde die Organistenstelle zu [[Hauptkirche Sankt Jacobi (Hamburg)|St. Jacobi]] in [[Hamburg]] frei, um die sich Bach bewarb. Er wurde vom Hamburger Rat zum Probespiel zugelassen, sagte aber dann doch ab, wahrscheinlich weil die Übernahme der Stelle mit einer beträchtlichen Kaufsumme verknüpft war. Möglicherweise ist die Widmung der ''Brandenburgischen Konzerte'' vom 24.&nbsp;März 1721 für den Markgrafen [[Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt]] ebenfalls im Zusammenhang mit Bachs Suche nach einer neuen Stelle zu sehen. Ein Dankesschreiben oder eine Besoldung von Christian Ludwig von Brandenburg scheint Bach nicht erhalten zu haben, jedenfalls existiert heute kein Dokument, das hierüber Auskunft gibt.
=====Berlin=====
Möglicherweise ist die Widmung der „Brandenburgischen Konzerte“ vom 24. März 1721 für den Markgrafen [[Christian Ludwig von Brandenburg]] im Zusammenhang mit Bachs Suche nach einer neuen Stelle zu sehen.


Durch den Tod [[Johann Kuhnau]]s am 5.&nbsp;Juni 1722 wurde in [[Leipzig]] die Stelle des [[Thomaskantor]]s frei. Nach einem ersten Probespiel am 14.&nbsp;Juli wurde von den Bewerbern, zu denen [[Johann Friedrich Fasch]] (Kapellmeister am Hofe zu [[Fürstentum Anhalt-Zerbst|Anhalt-Zerbst]]) und [[Christian Friedrich Rolle]] (Musikdirektor in [[Magdeburg]]) zählten, [[Georg Philipp Telemann]] gewählt. Da Telemann auf Grund einer Gehaltserhöhung in Hamburg blieb, wurde eine zweite Kantoratsprobe anberaumt, bei der neben Bach [[Georg Friedrich Kauffmann]] aus [[Merseburg]], der freiwillig zurücktrat, [[Christoph Graupner]] (Kapellmeister in Darmstadt) und [[Georg Balthasar Schott]] (Organist an der [[Matthäikirche (Leipzig)|Neuen Kirche]] in Leipzig) kandidierten. Bach führte am 7.&nbsp;Februar 1723 als Probestück die Kantaten ''[[Jesus nahm zu sich die Zwölfe]]'', BWV 22, und ''[[Du wahrer Gott und Davids Sohn]]'', BWV 23, auf. Gewählt wurde Graupner, der aber ablehnen musste, weil ihm vom [[Ernst Ludwig (Hessen-Darmstadt, Landgraf)|hessischen Landgrafen]] die Entlassung verweigert wurde. Somit wurde Bach „als dritte Wahl“ am 22. April 1723 vom Leipziger Ratskollegium zum Thomaskantor ernannt. Den Titel eines Fürstlich-Köthenischen Kapellmeisters durfte Bach weiter führen, und er lieferte noch bis zum Tod Leopolds von Anhalt-Köthen im Jahr 1728 Musik zu den Festtagen des Fürstenhauses. Auch reiste er zwischen 1724 und 1728 mehrmals nach Köthen, wo er mit dem Fürsten zusammentraf und ihm Musik aufführte. Bach blieb bis zum Tod des Fürsten eng mit diesem verbunden.
Aus unbekannten Gründen schien sich Fürst Leopold in der Folgezeit von Bachs Ensemblemusik immer mehr abzuwenden. Vielleicht bezieht sich die berühmte Stelle in Bachs Brief vom 20. Oktober 1730 an seinen Jugendfreund Georg Erdmann auf diese Änderung im Musikgeschmack des Fürstenhauses, wobei er ungerechterweise der Gattin des Fürsten die Hauptschuld gibt: „''Daselbst [in Köthen] hatte einen gnädigen und Music so wohl liebenden als kennenden Fürsten; bei welchem [ich] auch vermeinte meine Lebenszeit zu beschließen. Es musste sich aber fügen, dass erwehnter Serenissimus sich mit einer Berenburgischen Princeßin vermählete, da es denn das Ansehen gewinnen wollte, als ob die musicalische Inclination [= Neigung] bey besagtem Fürsten in etwas laulicht werden wollte, zumahln da die neüe Fürstin schiene eine amusa zu sein.''“ Dies wird dadurch bestätigt, dass nach Bachs Weggang von Köthen sein Posten nicht wieder besetzt wurde.


=====Leipzig=====
=== Leipzig (1723–1750) ===
==== Thomaskantor ====
Durch den Tod [[Johann Kuhnau]]s am 5. Juni 1722 wurde in [[Leipzig]] die Stelle des [[Thomaskantor]]s frei. Nach einem ersten Probespiel am 14. Juli wurde von den Bewerbern, zu denen [[Johann Friedrich Fasch]] (Kapellmeister am Hofe zu [[Fürstentum Anhalt-Zerbst|Anhalt-Zerbst]]) und Christian Rolle (Musikdirektor in [[Magdeburg]]) zählten, [[Georg Philipp Telemann]] gewählt. Da Telemann aufgrund einer Gehaltserhöhung in Hamburg blieb, wurde eine zweite Kantoratsprobe anberaumt, bei der neben Bach [[Georg Friedrich Kauffmann]] aus [[Merseburg]], der freiwillig zurücktrat, [[Johann Christoph Graupner]] (Kapellmeister in [[Darmstadt]]) und [[Balthasar Schott]] (Organist an der ''Neuen Kirche'' zu Leipzig) kandidierten.
[[Datei:Thomaskirche Leipzig (1749) Foto H.-P.Haack bearbeitet.jpg|mini|[[Thomaskirche (Leipzig)|Thomaskirche]] in Leipzig 1749 (Kupferstich)]]
[[Datei:LE Thomaskirchhof alt.jpg|mini|Fotografie der Thomasschule in Leipzig von 1896. Bachs Familie wohnte im linken Drittel des Hauses]]
[[Datei:Johann Sebastian Bach - Definition des Generalbasses "zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths" (1738).jpg|mini|Bachs vielzitierte Zweck&shy;bestim&shy;mung des [[Generalbass]]es und aller Musik (1738)]]
Im Jahr 1723 übersiedelte Bach mit seiner Frau und vier seiner Kinder nach Leipzig.<ref>Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' 1988, S. 125.</ref> Mit einer Amtseinführung am 30. Mai 1723 in der Nikolaikirche nahm Bach seinen Dienst in Leipzig als Thomaskantor auf;<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nikolaikirche.de/kirchen/nikolaikirche/bauwerk/ |titel=Bauwerk |sprache=de-DE |abruf=2021-06-07}}</ref> er sollte diese Stelle bis zu seinem Tod 1750 behalten. Als Kantor und Musikdirektor war er für die Musik in vier Kirchen der Stadt verantwortlich, für die beiden Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai sowie für die [[Alte Peterskirche (Leipzig)|Peterskirche]] und die [[Matthäikirche (Leipzig)|Neue Kirche]].<ref>Christoph Wolff: ''Johann Sebastian Bach.'' Aktualisierte Neuauflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 274.</ref> Dazu zählte die Vorbereitung einer Kantatenaufführung an allen Sonn- und Feiertagen im Wechsel an den beiden Hauptkirchen. Außerdem oblag ihm der Musikunterricht in der [[Thomasschule zu Leipzig|Thomasschule]]. Die Internatsschüler waren verpflichtet, als Chorsänger die Gottesdienste mitzugestalten. Sein [[Lehrdeputat|Deputat]] als Lateinlehrer, das mit seiner Stelle traditionell verbunden war, übertrug er gegen eine Geldzahlung an [[Siegmund Friedrich Dresig]], den [[Konrektor]] der Schule.


Gleich nach seiner Ankunft fing Bach an, die notwendigen Kantaten zu komponieren oder zu überarbeiten. Bei dieser systematischen Arbeit muss Bach in den ersten beiden Jahren im Schnitt ungefähr ein Werk pro Woche geschaffen haben, danach verlangsamte er das Tempo. Insgesamt sind zwei vollständige Jahrgänge überliefert, der Nekrolog berichtet von drei weiteren<ref name="Nekrolog" /> (siehe [[Bachkantate]]). Hinzu kamen Aufträge für Kantaten zu Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen.
Bach führte am 7. Februar 1723 als Probestück die Kantaten ''Jesus nahm zu sich die Zwölfe'', [[BWV]] 22, und „Du wahrer Gott und Davids Sohn“, BWV 23, auf. Gewählt wurde Graupner, der aber ablehnen musste, weil ihm vom hessischen Landgrafen die Entlassung verweigert wurde. Somit wurde Bach „als dritte Wahl“ Thomaskantor, ein Amt, das er bis zu seinem Tode behielt.


Für Weihnachten 1723 schrieb Bach die zweite Fassung des [[Magnificat (Johann Sebastian Bach)|Magnificat]] in Es-Dur mit den weihnachtlichen Einlagesätzen, für den Karfreitag 1724 sein bis dahin umfassendstes Werk, die [[Johannes-Passion (J. S. Bach)|Johannespassion]], für Weihnachten 1724 ein [[Sanctus]]. Wohl Anfang 1725 begegnete Bach dem Textdichter [[Christian Friedrich Henrici]] alias Picander, der schließlich den Text für die [[Matthäus-Passion (J. S. Bach)|Matthäuspassion]] lieferte, die 1727 oder 1729 uraufgeführt wurde. Die Aufführungsbedingungen hatten sich in diesen ersten Leipziger Jahren insgesamt verschlechtert. Bach sah sich daher gezwungen, in einer Eingabe an den Rat der Stadt Leipzig vom 23. August 1730 seine Vorstellungen von der vokalen und instrumentalen Ausstattung einer „wohlbestallten Kirchen Music“ zu dokumentieren. Dieser „höchstnöthige Entwurff“ ist heute eine wichtige Quelle für die historische Aufführungspraxis seiner Werke. Bach bemühte sich in dieser Zeit, den Titel eines Hofkompositeurs in [[Dresden]] zugesprochen zu bekommen, da er unzufrieden war mit der Bezahlung, den hohen Lebenshaltungskosten und der Leipziger Obrigkeit, von der er sich mehr Förderung wünschte.<ref>Erdmannbrief, hier nach Wolfgang Hildesheimer: ''Der ferne Bach.'' 2. Auflage. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1985 ([[Insel-Bücherei]] 1025/2), S. 47 ff.</ref>
Den Titel eines Fürstlich Köthenischen Kapellmeisters durfte Bach weiter führen, und er lieferte noch bis zum Tod des Fürsten 1728 Musik zu den Festtagen des Fürstenhauses.


Etliche seiner Huldigungskantaten arbeitete Bach kurz nach ihrer Entstehung in geistliche Werke um. Diesem [[Parodie]]verfahren ist das [[Weihnachtsoratorium (Bach)|Weihnachtsoratorium]] von 1734/1735 zu verdanken, das [[Lobet Gott in seinen Reichen|Himmelfahrtsoratorium]] von 1735 und das [[Oster-Oratorium (Bach)|Osteroratorium]]. Durch Parodierung geistlicher Kantaten entstanden die sogenannten [[Lutherische Messen (Bach)|Lutherischen Messen]], ebenso 1733 die zweisätzige [[Missa, BWV 232 I|Urfassung der h-Moll-Messe]]. Nach Einreichung dieses Werkes beim kurfürstlichen Hof in Dresden erhielt Bach nach dreijährigem Warten am 19. November 1736 die ersehnte Nachricht, sich „[[Sachsen-Polen|königlich polnischer und kurfürstlich sächsischer]] Compositeur bey Dero Hoff-Capelle“ nennen zu dürfen.<ref>Albert Schweitzer:'' Johann Sebastian Bach'', 1908. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1952, S. 121.</ref> Der Titel war weder mit Privilegien noch mit Einkünften verbunden, stärkte jedoch seine Position gegenüber den Leipziger Autoritäten. Bach bedankte sich mit einem zweistündigen Konzert auf der 1736 fertiggestellten Silbermannorgel der [[Frauenkirche (Dresden)|Frauenkirche Dresden]] für die Ernennung.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.youtube.com/watch?v=3R6B2Ix2h84&list=TLPQMjIxMDIwMjL3G2Ni7bM1iQ&index=19 |titel=1. Internationales Online Orgel Festival 2022: Special Dresden |sprache=de-DE |abruf=2022-10-22}}</ref>
=== Thomaskantor und städtischer Musikdirektor in Leipzig ===
[[Bild:Bach's_apartment_in_the_Thomasschule.jpg|thumb|200px|Photographie der Thomasschule von 1902<br>Bachs Familie wohnte im linken Drittel des Hauses]]
Ende Mai 1723 nahm Bach seinen Dienst in Leipzig auf. Als Kantor und Musikdirektor war er für die Musik in den vier Hauptkirchen der Stadt verantwortlich. Dazu zählte die Vorbereitung einer Kantatenaufführung an jedem Sonntag und an den Feiertagen. Außerdem unterlag ihm der Musikunterricht in der Thomasschule. Die Internatsschüler waren verpflichtet, als Chorsänger die Gottesdienste mitzugestalten. Sein [[Deputat]] als Lateinlehrer, das mit seiner Stelle traditionell verbunden war, übertrug er gegen eine Geldzahlung einem Lehrer der Schule.


====Musik für die Kirche====
==== Weltliche Musik ====
1729 übernahm Bach die Leitung des 1701 von [[Georg Philipp Telemann|Telemann]] gegründeten [[Collegium Musicum (1701)|Collegium musicum]], die er bis 1741, vielleicht sogar bis 1746, behielt. Mit diesem studentischen Ensemble führte er deutsche und italienische Instrumental- und Vokalmusik auf, darunter seine eigenen in Weimar und Köthen entstandenen Konzerte, die er später auch zu [[Cembalokonzerte (Bach)|Cembalokonzerten]] mit bis zu vier Solisten umarbeitete. Die Konzerte fanden ein- bis zweimal pro Woche im [[Zimmermannsches Kaffeehaus|Zimmermannschen Kaffeehaus]] (1943 kriegszerstört) oder im dazugehörigen Garten statt. Sie gelten als Nachweis des erwachenden bürgerlichen Verlangens nach hochstehender musikalischer Unterhaltung in Leipzig.
Gleich nach seiner Ankunft fing Bach an, Kantaten für die jeweils anstehenden Aufführungen zu komponieren oder zu überarbeiten. Bei dieser systematischen Arbeit muss in den ersten beiden Jahren im Schnitt ungefähr ein Werk pro Woche entstanden sein, danach verlangsamte sich das Tempo. Insgesamt sind zwei vollständige Jahrgänge überliefert, der Nekrolog berichtet von drei weiteren (siehe [[Bachkantate]]). Insgesamt sollen in dieser Zeit ca. 300 Kantaten entstanden sein.


Für diese Auftritte schrieb Bach auch etliche weltlichen Kantaten, wie z.&nbsp;B. ''[[Geschwinde, ihr wirbelnden Winde|Der Streit zwischen Phoebus und Pan]]'' oder ''[[Laßt uns sorgen, laßt uns wachen|Hercules am Scheidewege]]''. Bach nannte diese Werke „Dramma per Musica“. Seine [[Mer hahn en neue Oberkeet|Bauernkantate]], die er als „Cantate burlesque“ bezeichnete, und die [[Schweigt stille, plaudert nicht|Kaffeekantate]] sind Beispiele für das humoristische Genre.
Für Weihnachten 1723 schrieb Bach die zweite Fassung des [[Magnificat (Bach)|Magnificat]] in Es-Dur mit den weihnachtlichen Einlagesätzen (die erste Fassung erklang ohne die später erstellten Einlagesätze schon am 2. Juli 1723 zu Mariae Heimsuchung), für den Karfreitag 1724 sein bis dahin umfassendstes Werk, die [[Johannespassion (Bach)|Johannespassion]], für Weihnachten 1724 ein Sanctus. Wohl Anfang 1725 begegnete Bach dem Textdichter [[Christian Friedrich Henrici]] alias Picander, der schließlich den Text für die [[Matthäuspassion (Bach)|Matthäuspassion]] lieferte, die 1727 oder 1729 uraufgeführt wurde.


Als Solisten standen – neben Bach selbst – seine Söhne und Schüler zur Verfügung. In seiner gesamten Leipziger Zeit war Bach ein gesuchter Lehrer. Oft lebten die Schüler in seinem Haushalt. Ziel des Unterrichts war es, Musiker heranzubilden, die als Instrumentalisten und Komponisten den vielfältigen Aufgaben bei Hof, in der Kirche und im beginnenden bürgerlichen Musikleben gewachsen waren. Bachs Unterricht trug vor allem bei seinen Söhnen reiche Früchte. Für diesen Unterricht verwendete Bach ältere und neuere eigene Kompositionen. Viele davon fasste er zusammen und veröffentlichte sie als ''[[Clavierübung]] I, II, III und IV.''
Die Aufführungsbedingungen hatten sich in diesen ersten Leipziger Jahren insgesamt verschlechtert. Bach sah sich daher gezwungen, in einer Eingabe an den Rat der Stadt Leipzig vom 23. August 1730 seine Vorstellungen von der vokalen und instrumentalen Ausstattung einer „''wohlbestallten Kirchen'' Music“ zu dokumentieren. Dieser „''höchstnöthige Entwurff''“ ist heute eine wichtige Quelle für die historische Aufführungspraxis seiner Werke.


==== Letzte Jahre ====
Bach bemühte sich in dieser Zeit, den Titel eines Hofkompositeurs in [[Dresden]] zugesprochen zu bekommen, da er unzufrieden war mit der Bezahlung, den hohen Lebenshaltungskosten und der Leipziger Obrigkeit, die Bachs Schaffen nicht in Bachs Sinn förderte, wie sich einem Brief von [[1730]] entnehmen lässt: ''„Da aber nun (1) finde, daß dieser Dienst bey weitem nicht so erklecklich als mann mir Ihn beschrieben, (2) viele'' accidentia ''dieser'' station ''entgangen, (3) ein sehr theurer Orth u. (4) eine wunderliche und der'' Music ''wenig ergebene Obrigkeit ist, mithin fast in stetem Verdruß, Neid und Verfolgung leben muß, als werde genöthiget werden mit des Höchsten Beystand meine'' Fortun ''anderweitig zu suchen.“''.
In den 1740er Jahren scheint sich Bach weitgehend von Neukompositionen für die Kirche zurückgezogen zu haben. Neben Auftragsarbeiten wie die am 30. August 1742 zum 36. Geburtstag des Grafen von Dieskau aufgeführte Kantate ''[[Mer hahn en neue Oberkeet]]'' (BWV 212) konzentrierte er sich offenbar ganz auf umfangreiche Werke für Cembalo.


So fuhr er im November 1741 nach Dresden, wohl um [[Hermann Carl von Keyserlingk|Hermann Graf von Keyserlingk]] die „[[Goldberg-Variationen]]“ zu überreichen, die im gleichen Herbst im Druck erschienen. 1744 veröffentlichte er den zweiten Teil des ''Wohltemperierten Klaviers.'' Spätestens 1746 gab er die Leitung des Collegium musicum ab. Im Mai 1747 besuchte er auf Einladung [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs II. von Preußen]], in dessen Hofkapelle Carl Philipp Emanuel Bach als Cembalist angestellt war, Potsdam und Berlin und spielte auf den dortigen [[Klavier|Pianoforti]] und Orgeln. Er improvisierte über ein vom König vorgegebenes Thema und veröffentlichte anschließend das ''[[Musikalisches Opfer|Musikalische Opfer]]'', eine Sammlung von zwei Fugen, zehn Kanons und einer Triosonate über dieses Thema.
====Weltliche Musik====
[[Bild:Zimmermannsches Caffeehaus.jpg|thumb|200px|''Zimmermannisches Caffee-Hauß'' (rechts)<br/>Ort der „''Musikalischen Concerten, oder Zusammenkünffte''“]]
=====Collegium musicum=====
1729 übernahm Bach die Leitung des 1701 von [[Georg Philipp Telemann|Telemann]] gegründeten [[Collegium musicum]], die er bis 1741, vielleicht sogar bis 1746, behielt. Mit dieser studentischen Instrumentalkapelle - es gab noch weitere in Leipzig - führte er deutsche und italienische Instrumental- und Vokalmusik auf, außerdem schrieb er dafür etliche seiner weltlichen Kantaten, wie z. B. ''Hercules am Scheidewege'', die er „Dramma per la Musica“ oder „Dramma per Musica“ nannte und die strukturell der Oper nahestehen. In der [[Bauernkantate]] und der [[Kaffeekantate]] zeigt sich, dass er auch im humoristischen Genre schreiben konnte. Letztere wurde höchstwahrscheinlich im „''Zimmermannischen Caffee-Hauß''“ aufgeführt, in dem er mit dem Collegium musicum konzertierte. Wöchentlich einmal, während der Leipziger Messe sogar zweimal, wurden hier oder im dazugehörigen Kaffehausgarten abends solche „''Musikalischen Concerten, oder Zusammenkünffte''“ abgehalten. Sie gelten als Nachweis des erwachenden, bürgerlichen Verlangens nach hochstehender musikalischer Unterhaltung in Leipzig.<br>
Dem dienten auch die vielen Cembalokonzerte für bis zu vier Solisten, die zum größten Teil als neue Arrangements meist eigener [[Violinkonzerte (Bach)|Violin-]] oder Oboenkonzerte und Instrumentalsätze aus Kantaten, aber auch aus fremden Vorlagen (z. B. Vivaldi) entstanden. Als Solisten standen neben Bach selbst seine Söhne und Schüler zur Verfügung.


''[[Canonische Veränderungen|Einige canonische Verænderungen über das Weynacht-Lied: Vom Himmel hoch da komme ich her]]'' lautet der Titel eines Variationenwerkes, das Bach zu seinem Eintritt 1747 in die von [[Lorenz Christoph Mizler]] gegründete ''[[Correspondierende Societät der musicalischen Wissenschaften|Correspondierende Societæt der musikalischen Wissenschaften]]'' einreichte. Ein weiteres bedeutendes kontrapunktisches [[Schaffensphase|Spätwerk]] Bachs ist die ''[[Die Kunst der Fuge|Kunst der Fuge]]'', deren erste Reinschrift Bach 1742 abschloss, die er aber danach bis 1749 umfassend ergänzte und überarbeitete. Die Sammlung von einfachen Fugen, Gegenfugen, Spiegelfugen, Fugen mit mehreren Themen und Kanons stellt ein Kompendium der Techniken der Fugenkomposition dar. Ebenfalls in Bachs letzte Jahre fällt die Vollendung der [[h-Moll-Messe]].
===== Klavier- und Orgelwerke für Schüler, Kenner und Liebhaber =====
In seiner gesamten Leipziger Zeit war Bach ein gesuchter Lehrer. Oft lebten die Schüler in seinem Haushalt. Ziel des Unterrichts war, Musiker heran zu bilden, die als Instrumentalisten und Komponisten den vielfältigen Aufgaben bei Hof, in der Kirche und im beginnenden bürgerlichen Musikleben gewachsen waren. Bachs Unterricht trug vor allem bei seinen Söhnen reiche Früchte.<br>
Für diesen Unterricht verwendete Bach ältere und neuere eigene Kompositionen. Viele davon fasste er zusammen und veröffentlichte sie als ''Clavierübung I, II, III und IV''.


[[Datei:Bach-unfinishedfugue.jpg|mini|Autograph vom Ende der unvollendeten letzten Fuge aus der ''Kunst der Fuge'' mit Carl&nbsp;Philipp Emanuel Bachs Zusatz:<br />„[[Notabene|NB]] ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfaßer gestorben.“]]
===== Huldigungskantaten und Festmusiken=====
In seinen letzten Jahren litt Bach an einer Augenkrankheit. Auch von motorischen Störungen im rechten Arm und damit in der Schreibhand wird berichtet. Ab 1749 sind keine eigenhändigen Schriftstücke von ihm mehr erhalten. Das letzte Schreiben aus Bachs Hand stammt vom 12. April 1749, in dem er seinen Kantoratsvertreter, den Chorpräfekten Johann Nathanael Bammler, als guten Vertreter in „Abwesenheit meiner“ lobte. Die letzte bekannte Unterschrift stammt vom 6. Mai 1749, der zugehörige Text wurde von seinem Sohn Johann Christoph Friedrich geschrieben. Es handelt sich um eine Quittung für den Verkauf eines Fortepianos an einen polnischen Adeligen. Die Kompositionen ''Et incarnatus est'' und der unvollendet gebliebene Contrapunctus XIV aus der ''Kunst der Fuge'' sind die letzten Handschriften des Komponisten, die spätestens zur Jahreswende 1749/50 abgeschlossen wurden. Seine Frau Anna Magdalena oder sein Sohn Johann Christian unterschrieben seitdem für ihn alle Dokumente.
[[Bild:Apelisches_Haus.jpg|thumb|200px|Das Apelische Haus]]
[[Bild:BWV215.jpg|thumb|200px|Aufführung von BWV 215<br/>Tod Gottfried Reiches]]
Bereits in Weimar und in Köthen hatte Bach Huldigungskantaten für die Fürstenhäuser in Weimar, Weißenfels und Köthen sowie Festmusiken in Form von Kantaten zu verschiedenen Anlässen komponiert. In Leipzig entstanden weitere derartige Werke, wobei Bach häufig ältere Vorlagen verarbeitete. Die Festmusiken und Huldigungskantaten galten beispielsweise dem Umkreis der Universität und der Thomasschule sowie den Kurfürsten Friedrich August I. und II. von Sachsen, die gleichzeitig als August II. und III. Könige von Polen waren. Auch weitere Adlige und reiche Bürger wurden mit solchen musikalischen Ehrungen bedacht.<br>
Diese Kantaten wurden meist im Freien aufgeführt und mussten daher in Chor und Instrumentalkapelle stark besetzt sein. Das war vor allem gewährleistet, nachdem Bach das ''Collegium musicum'' übernommen hatte. Zur Verstärkung standen ihm die Musiker der ''musicalischen Stadt Compagnie'' zur Verfügung.


Der spätestens gegen Mitte des Jahres 1749 verschlechterte Gesundheitszustand Bachs machte ihm wahrscheinlich auch die Ausführung eines Werkes für den Reichsgrafen [[Johann Adam von Questenberg]] unmöglich. Dieser bat den jungen Leutnant Graf Franz Ernst von Wallis, der an der Leipziger Universität Rechtswissenschaft studierte, den Kontakt mit Bach herzustellen, und erhielt von ihm folgende Antwort: „Er hat ungemeine freüde bezeiget von eürer Excellentz, als seinem gnädigsten hochen Patron, und Gönner einige nachrichten zu erhalten und mich ersuchet gegenwärtigen Brief beyzuschließen.“
Über die Aufführung eines derartigen Werkes, nämlich der Kantate „''[[Preise dein Glücke, gesegnetes Sachsen]]''“ (BWV 215) zu August III. Krönungsjubiläum am 5.&nbsp;Oktober 1734, gibt es umfangreiche Aufzeichnungen in der städtischen Chronik. Da die königliche Familie in Leipzig keine eigene Residenz besaß, wurde sie in dem bürgerlichen Apelischen Stadtpalais untergebracht.<br>
Aus der Chronik:<br>
:''Gegen 9 Uhr Abends brachten Ihro Majt. die allhiesigen Studierenden eine allerunterthänigst Abend Music mit Trompeten und Pauken, so Hr. Capell Meister Joh. Sebastian Bach Cant. zu St. Thom. componieret. Wobey 600. Studenten lauter Wachs Fäckeln trugen, und 4. Grafen als Marschälle die Music aufführten.''
Im weiteren wird der Weg des Zuges bis zu des Königs Logis beschrieben (Fortsetzung im rechts abgebildeten Dokument). Am Tag darauf starb der 1. Trompeter [[Gottfried Reiche]], der Senior der ''Musikalischen Stadt Compagnie'', „''weil er vorher ...wegen des Blasens große Strapazzen gehabt, und auch der Fackel Rauch ihm sehr beschwerlich gewesen.''“
Auch in dieser Kantate verwendete Bach ältere Kantatensätze. Einer der Sätze fand Eingang in die später vollendete Messe in h-Moll.


Das vermutlich seit der Jugend aufgrund einer mäßigen [[Kurzsichtigkeit]] eingeschränkte Sehvermögen ließ so stark nach, dass sich Bach von dem schon damals umstrittenen Okulisten [[John Taylor (Okulist)|John Taylor]] (1703–1772)<ref>Aloys Henning: ''Die Okulisten Joseph Hillmer und John Taylor in Leipzig.'' In: ''Akt. Augenheilkunde.'' Band 17, 1992, S. 204–214.</ref> zwischen dem 28. März und dem 7. April 1750 zweimal in Leipzig den „Star“<ref>Ob – worauf Taylors Operationsversuche hinweisen – ein [[Amaurose|Schwarzer Star]] oder aber ein [[Katarakt (Medizin)|Grauer Star]], ein [[Glaukom|Grüner Star]] und/oder eine andere Augenerkrankung zugrunde lagen, ist unklar.</ref> [[Starstich|operieren]] ließ.<ref name="Baer">Karl A. Baer: ''Johann Sebastian Bach (1685–1750) in Medical History.'' In: ''Bulletin of the Medical Library Association.'' Band 39, Nr. 3, 1951, S. 206–211. PMID 14848627, {{PMC|195117}}.</ref><ref>Aloys Henning: ''Zu den Augenoperationen am Kantor und am Archidiakon von St. Thomas in Leipzig, Johann Sebastian Bach und Christoph Wolle.'' In: ''Würzburger medizinhistorische Mitteilungen.'' Band 17, 1998, S. 227–250, insbesondere S. 238–242 (''Johann Sebastian Bachs Staroperationen'').</ref> Nach der zweiten Operation erholte Bach sich trotz oder wegen weiterer Behandlungsmaßnahmen verschiedener Ärzte nicht mehr vollständig. Sein Sehvermögen erlangte er nicht zurück. Wahrscheinlich erkrankte Bach im Alter auch an [[Diabetes mellitus#Diabetes Typ 2|Diabetes]].<ref>Detlef Kranemann: ''Johann Sebastian Bachs Krankheit und Todesursache – Versuch einer Deutung.'' In: Hans-Joachim Schulze, Christoph Wolff (Hrsg.): ''Bach-Jahrbuch 76.'' Berlin 1990, S. 53–64.</ref><ref>Aloys Henning (1998), S. 227.</ref>
==== Parodien: Umarbeitungen von weltlichen Kantaten für kirchliche Zwecke====
Etliche seiner Huldigungskantaten arbeitete Bach kurz nach ihrer Entstehung in geistliche Werke um. Diesem [[Parodie]]verfahren ist das [[Weihnachtsoratorium (Bach)|Weihnachtsoratorium]] von 1734/1735 zu verdanken, das [[Himmelfahrtsoratorium]] von 1735 und das [[Osteroratorium (Bach)|Osteroratorium]]. Durch Parodierung geistlicher Kantaten entstanden die sogenannten [[Bachs Lutherische Messen|Lutherischen Messen]], ebenso die Urfassung der [[h-Moll-Messe]] von 1733 (die sogenannte Missa), die nur das [[Kyrie]] und das [[Gloria]] umfasste. Nach Einreichung dieses Werks beim kurfürstlichen Hof in Dresden erhielt Bach am 19. November 1736 die ersehnte Nachricht, sich ''Compositeur bey Dero Hoff-Capelle'' nennen zu dürfen, allerdings nicht den erhofften Ruf, fortan in der Residenzstadt Dresden zu wohnen und zu wirken.


Über Bachs Augenkrankheit schreibt der hauptsächlich von Carl Philipp Emanuel Bach und [[Johann Friedrich Agricola]] verfasste, 1751 fertiggestellte und 1754 veröffentlichte Nekrolog:<ref name="Nekrolog" />
====Reise nach Mühlhausen 1735====
{{Zitat
Im Mai 1735 unterstützte Bach die Bewerbung seines Sohnes Johann Gottfried Bernhard um die frei gewordene Stelle des Organisten an der Kirche ''Beatae Mariae Virginis'' in [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]]. Bach hielt sich vom 6. bis 20 Juni 1735 in Mühlhausen auf, wo der Sohn in Anwesenheit des Vaters sein Probespiel absolvierte. Am 16. Juni 1735 wurde Johann Gottfried Bernhard zum Organisten gewählt. Gelegentlich seines Aufenthaltes wurde Johann Sebastian Bach gebeten, die reparaturbedürftige Orgel der Marienkirche zu begutachten. Er empfahl den Orgelbauer [[Zacharias Hildebrandt]] für die auszuführenden Arbeiten. <ref>Quellen: Dok. I, Nr. 30, 31 und 90C/S.174</ref>
|Text=Sein von Natur etwas blödes Gesicht [d.&nbsp;h. [[Kurzsichtigkeit]] oder<ref>Aloys Henning (1998), S. 239 f.</ref> [[Amblyopie|Schwachsichtigkeit]]], welches durch seinen unerhörten Eifer in seinem Studiren […] noch mehr geschwächet worden, brachte ihm, in seinen letzten Jahren, eine Augenkrankheit zu Wege. Er wolte dieselbe […] durch eine Operation heben lassen. Doch diese […] lief sehr schlecht ab. Er konnte nicht nur sein Gesicht nicht wieder brauchen: sondern sein, im übrigen gesunder Cörper, wurde auch zugleich dadurch, und durch hinzugefügte schädliche Medicamente, und Nebendinge, gäntzlich über den Haufen geworfen: so daß er darauf ein völliges halbes Jahr lang, fast immer kränklich war.}}


Ein Zusammenhang zwischen den Augenoperationen und der vier Monate später zum Tod führenden Erkrankung ist aus heutiger Sicht nur schwer herzustellen.<ref>Richard H. C. Zegers: ''The Eyes of Johann Sebastian Bach.'' In: ''Arch Ophthalmol.'' Band 123, 2005, S. 1427–1430 ([http://archopht.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=417322 online]).</ref>
Auf der Rückreise hielt sich Bach für zwei Tage in Weißensee auf, wo er am 22. Juni 1735 die von Conrad Wilhelm Schäfer reparierte Orgel zu St. Peter und Paul prüfte. <ref>Quelle: BJ 2005, S. 287ff</ref>


=== Tod ===
Ob Bach sofort wieder nach Leipzig zurückkehrte oder noch andere Städte besuchte ist nicht bekannt. Seine Anwesenheit in Leipzig ist erst wieder ab Anfang August belegt. Am 3. August wurde die Namenstagskantate (wahrscheinlich BWV 207a) für Friedrich August II. aufgeführt <ref>Quellen: Dok. II, Nr. 367 und 368</ref>.
[[Datei:Bach Abkuendigung 1750.png|mini|Abkündigung vom 31. Juli 1750: „Es ist in Gott sanfft und seelig entschlaffen, der WohlEdle und Hochachtbahre Herr Johann Sebastian Bach, Sr. Königlichen Maj : in Pohlen und ChurFürstlichen Durchlaucht zu Sachßen HoffComponist wie auch HochFürstlich Anhald Köthenscher CapelMeister und Cantor der Schule zu St: Thomœ allhier am Thomas Kirchhoffe, Deßen entseelter Leichnamb ist heutiges Tages Christlichen Gebrauch nach zur Erden bestattet worden. Ist am andern Buß-Tage als den 31 Julii. 1750 abgekündiget worden.“|alt=]]


Zehn Tage vor seinem Tod erlitt Bach laut dem Nekrolog einen [[Schlaganfall]]. Darauf folgte eine Erkrankung mit Fieber, von der er sich nicht mehr erholte: „Zehn Tage vor seinem Tod schien es sich gähling mit seinen Augen zu bessern; so daß er einsmals des Morgens ganz gut wieder sehen, und auch das Licht wieder vertragen konnte. Allein wenige Stunden darauf, wurde er von einem [[Schlaganfall|Schlagflusse]] überfallen; auf diesen erfolgte ein hitziges Fieber, an welchem er […] am 28. Julius 1750, des Abends nach einem Viertel auf 9 Uhr, im sechs und sechzigsten Jahre seines Alters, auf das Verdienst seines Erlösers sanft und seelig verschied.“<ref name="Nekrolog" />
==== Die letzten Jahre ====
=====Die großen kontrapunktischen Instrumentalwerke und die Endfassung der h-Moll-Messe=====
[[Bild:Bach-unfinishedfugue.jpg|thumb|200px|Autograph des Endes der unvollendeten letzten Fuge aus der ''Kunst der Fuge'' mit C. Ph. E. Bachs Zusatz:<br>''NB ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfaßer gestorben.'']]
In den 1740er Jahren scheint sich Bach weitgehend von Neukompositionen für die Kirche und für das Collegium musicum zurückgezogen haben.


Drei Tage nach seinem Tod, am 31. Juli 1750, wurde Bach auf dem [[Johanniskirche (Leipzig)|Johannisfriedhof]] in Leipzig begraben.<ref name="kock">{{Literatur |Autor=Hermann Kock, R. Siegel |Titel=Genealogisches Lexikon der Familie Bach |Ort=Wechmar |Datum=1995 |ISBN=3-931182-01-0}}</ref>
Im Mai 1747 besuchte er auf Einladung [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrichs des Großen]], in dessen Hofkapelle [[Carl Philipp Emanuel Bach]] angestellt war, Potsdam und Berlin und improvisierte auf den dortigen [[Pianoforte|Pianoforti]] und Orgeln. Er versprach, ein ihm vom König vorgegebenes Thema in einer Fuge auszuführen und in Kupfer zu stechen. Aus diesem Versprechen wurde das [[Musikalisches Opfer|Musikalische Opfer]], eine Sammlung von zwei Fugen (drei- und sechsstimmig), zehn Kanons und einer Triosonate, alle über das gleiche Thema.
Er hinterließ kein [[Testament]]. Somit trat die [[gesetzliche Erbfolge]] in Kraft: Von seinem [[Erbe]] erhielt seine [[Witwe]] ein Drittel, und die anderen zwei Drittel fielen zu gleichen Teilen an seine neun Kinder.<ref>Swantje Koch-Kanz, [[Luise F. Pusch]]: ''Die Töchter von Johann Sebastian Bach.'' In: Luise F. Pusch (Hrsg.): ''Töchter berühmter Männer. Neun biographische Portraits'' (= ''Insel Taschenbuch.'' Band 979). Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-32679-0, S. 117–154, hier: S. 129 und 140.</ref>


[[Robert Schumann]] suchte 1836 auf dem Friedhof stundenlang nach Bachs Grab. Auch mehr als ein Jahrhundert nach Bachs Tod erwiesen ihm einzelne Thomanergruppen am Todestag die letzte Ehre.<ref>{{Internetquelle |autor=Bayerischer Rundfunk |url=https://www.br-klassik.de/themen/klassik-entdecken/was-heute-geschah-28071949-bachs-gebeine-ueberfuehrung-leipzig-thomaskirche-100.html |titel=Was heute geschah – 28. Juli 1949: Bachs Gebeine werden in die Thomaskirche überführt {{!}} BR-Klassik |datum=2020-07-27 |sprache=de |abruf=2020-12-15}}</ref> Am 22. Oktober 1894 wurde anlässlich des Umbaus der Johanniskirche und des angrenzenden Friedhofs ein Eichensarg exhumiert. Ein Grabstein war nicht vorhanden, doch man konnte erschließen, dass es sich um Bachs Sarg handelte: zum einen aus der mündlichen Überlieferung der Lage der Grabstelle („sechs Schritte geradeaus von der Thüre an der Südseite der Kirche“<ref name=":1" />), zum anderen aus der Tatsache, dass nur 12 von 1400 Leipziger Verstorbenen im Jahr 1750 in einem Eichensarg beerdigt wurden,<ref name="Wolff das Ende">C. Wolff, 2005, Kapitel ''Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: das Ende''</ref> sowie anhand eines Gutachtens des Leipziger Anatomen [[Wilhelm His (Mediziner, 1831)|Wilhelm His]].<ref>{{Literatur |Autor=Karl A. Baer |Titel=Johann Sebastian Bach (1685–1750) in medical history |Sammelwerk=Bulletin of the Medical Library Association |Band=39 |Nummer=3 |Datum=1951 |ISSN=0025-7338 |Seiten=206–211 |PMC=195117}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=R. Shane Tubbs, Marios Loukas, Mohammadali M. Shoja, Aaron A. Cohen-Gadol |Titel=Wilhelm His (1831–1904) and his contributions to neuroanatomy |Sammelwerk=Child’s Nervous System: ChNS: Official Journal of the International Society for Pediatric Neurosurgery |Band=25 |Nummer=12 |Datum=2009 |ISSN=1433-0350 |Seiten=1613–1615 |DOI=10.1007/s00381-009-0994-4 |PMID=19763585}}</ref> Im Zuge dieser Exhumierung nahm man Abdrücke von Bachs Schädel, die später zur Formung des [[Neues Bach-Denkmal in Leipzig|Neuen Bach-Denkmals]] vor der Thomaskirche genutzt wurden.<ref name=":1">{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-55854294.html |titel=Ein Genie – zu 70 Prozent – Der Spiegel 8/2008 |abruf=2020-12-24}}</ref>
„''Einige canonische Verænderungen über das Weynacht-Lied: Vom Himmel hoch da komme ich her vor die Orgel mit 2. Clavieren und dem Pedal''“ lautet der Titel eines Variationenwerkes, das Bach zu seinem Eintritt 1747 in die von Lorenz Christoph Mizler gegründete „''Correspondierende Societæt der musikalischen Wissenschaften''“ einreichte. Es gilt als bedeutendes, kontrapunktisches [[Spätwerk]] Bachs.
[[Datei:bach-Gellert-Gruft 1930.jpg|mini|Bach-Gellert-Gruft (1930)]]
Um 1900 wurde Bachs Skelett in einem einfachen Steinsarkophag unter dem Altar der Johanniskirche beigesetzt. Zugleich wurden die sterblichen Überreste von [[Christian Fürchtegott Gellert]] in diese Gruft überführt und in einem Steinsarg beigesetzt. Infolge des [[Luftangriffe auf Leipzig|Luftangriffs vom 4. Dezember 1943]] brannte die Johanniskirche aus, die Bach-Gellert-Gruft wurde unter Schutt begraben.


[[Datei:Grave of Johann Sebastian Bach Leipzig 03.JPG|mini|Bachs Grab in der Thomaskirche]]
Ein weiterer kontrapunktischer Werkzyklus ist die [[Kunst der Fuge]], deren erste Reinschrift Bach 1742 abschloss, die er aber danach bis 1749 umfassend ergänzte und überarbeitete. Die Sammlung von einfachen Fugen, Gegenfugen, Spiegelfugen, Fugen mit mehreren Themen und Kanons stellt ein Kompendium der Techniken der Fugenkomposition dar.
Erst beim Abbruch des Kirchenschiffs im Herbst 1949 wurde klar, dass die beiden Steinsärge unbeschädigt geblieben waren. Ein aufmerksamer Bauarbeiter bewahrte sie vor der Entsorgung auf der Schuttdeponie und brachte Bachs mutmaßliche Gebeine zur Thomaskirche. Unmittelbar danach beendete der für Leipzig zuständige Kulturoffizier der [[Sowjetische Militäradministration in Deutschland|sowjetischen Besatzungsmacht]] die langwierigen Dispute zwischen dem Rat der Stadt, Johannis- und Thomasgemeinde über den Ort einer künftigen Bach-Grabstätte: Er entschied, dass Bachs Gebeine in St. Thomas bleiben. Bachs Sarg wurde zunächst in der Nordsakristei der Kirche aufbewahrt und nun sogar bewacht; zuerst von der [[Deutsche Volkspolizei|Volkspolizei]], später von Gemeindemitgliedern. Im Frühjahr 1950, anlässlich des 200. Todestages, wurde er in den Chor der Thomaskirche überführt.<ref name="Wolff das Ende" /><ref>http://www.johanniskirchturm.de/material/rundblick/rundblick_13.pdf</ref>


Einige moderne Musikwissenschaftler ziehen die Identität der Gebeine in Zweifel und fordern einen DNA-Vergleich mit den zweifelsfrei erhaltenen Knochen seines Sohnes Carl Philipp Emanuel; ein solcher ist aber bislang nicht erfolgt.<ref>Richard H. C. Zegers, Mario Maas [[Ton Koopman|A. (Ton) G. Koopman]], George J. R. Maat: ''Are the alleged remains of Johann Sebastian Bach authentic?'' In: ''The Medical Journal of Australia.'' Vol. 190 (4), 2009, S. 213–216, PMID 19220191, [https://www.mja.com.au/system/files/issues/190_04_160209/zeg10393_fm.pdf mja.com.au] (PDF; 266 kB) abgerufen am 10. Dezember 2013.</ref> Die nach der Exhumierung angefertigte Kopie von Bachs mutmaßlichem Schädel wurde um 2000 in Altbeständen des Instituts für Anatomie der Universität Leipzig wiedergefunden.<ref>{{Internetquelle |autor=Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt |url=https://www.aerzteblatt.de/archiv/22446/Bach-Kopf-rekonstruiert |titel=Bach-Kopf rekonstruiert |datum=2000-04-07 |sprache=de |abruf=2021-01-29}}</ref>
Ebenfalls in Bachs letzte Jahre fällt die Vollendung der [[h-Moll-Messe]] unter Verwendung der Missa von 1733, des Sanctus von 1724 und anderer älterer Kompositionen.


=====Krankheit und Tod=====
=== Überblick: Wohnorte und Reisen von J. S. Bach ===
[[Datei:JSBWohnorte.svg|mini|hochkant=1.3|Wohnorte von Johann Sebastian Bach]]
[[Bild:Bach Abkuendigung 1750.png|thumb|200px|Abkündigung vom 31. Juli 1750]]
In seinen letzten Jahren litt Bach an einer Augenkrankheit. Auch über motorische Störungen im rechten Arm und damit in der Schreibhand wird berichtet. Ab 1749 sind überhaupt keine Schriftstücke von ihm mehr erhalten. Die letzte bekannte Unterschrift stammt vom 6. Mai 1749. Seine Frau Anna Magdalena oder sein Sohn Johann Christian unterschrieben für ihn seitdem alle Dokumente. Das von Natur aus schlechte Sehvermögen ließ so stark nach, dass sich Bach von dem schon damals umstrittenen Okulisten (Starstecher) John Taylor operieren ließ, der vom 4. bis zum 7. April 1750 in Leipzig weilte. Komplikationen erforderten eine Nachoperation. Kurzzeitig konnte Bach wieder sehen, ihn traf aber einige Tage vor seinem Tod ein Schlaganfall. Bach starb am [[28. Juli]] 1750.<br/>
Im hauptsächlich von Carl Philipp Emanuel Bach und [[Johann Friedrich Agricola]] verfassten, 1751 fertiggestellten und 1754 veröffentlichten Nekrolog heißt es zu Bachs Krankheit und Tod:
:''„Sein von Natur etwas blödes Gesicht, welches durch seinen unerhörten Eifer in seinem Studieren [...] noch mehr geschwächt worden, brachte ihm, in seinen letzten Jahren, eine Augenkrankheit zu Wege. Er wollte dieselbe [...] durch eine Operation heben lassen. Doch diese [...] lief sehr schlecht ab. Er konnte nicht nur sein Gesicht nicht wieder brauchen; sondern sein, im übrigen gesunder Cörper, wurde auch zugleich dadurch, und durch hinzugefügte Medicamente, und Nebendinge, gäntzlich über den Haufen geworfen: so daß er darauf ein völliges halbes Jahr lang, fast immer kränklich war. Zehn Tage vor seinem Tod schien es sich gähling mit seinen Augen zu bessern: so daß er einsmals des Morgens ganz gut wieder sehen, und auch das Licht wieder vertragen konnte. Allein wenige Stunden darauf, wurde er von einem Schlagflusse überfallen; auf diesen folgte ein hitziges Fieber, an welchem er [...] am 28. Julius 1750, des Abends nach einem Viertel auf 9 Uhr, im sechs und sechzigsten Jahre seines Alters, auf das Verdienst seines Erlösers sanft und seelig verschied.“''<br/>
Die neuere Bachforschung hält es allerdings auch für möglich, dass eine zunehmende [[Diabetes mellitus|Zuckererkrankung]] die Ursache für Bachs nachlassendes Sehvermögen und den Schlaganfall war.


'''Wohnorte'''
Nach zweimaliger Umbettung befindet sich sein Grab heute in der Leipziger ''[[Thomaskirche (Leipzig)|Thomaskirche]].''
* [[Eisenach]] (ab 1685)
* [[Ohrdruf]] (ab 1695/1696)
* [[Lüneburg]] (ab 1700 bis Ostern 1702)
* [[Weimar]] (Januar bis Juni 1703)
* [[Arnstadt]] (ab August 1703)
* [[Mühlhausen/Thüringen|Mühlhausen]] (ab 1707)
* [[Weimar]] (ab 1708)
* [[Köthen (Anhalt)|Köthen]] (ab 1717)
* [[Leipzig]] (1723 bis 1750)


{{Mehrere Bilder
==Probleme der Biographik==
| Richtung = horizontal
Aussagen Bachs über sich, seinen Lebensweg und seine Werke sind sehr spärlich. Es lag nicht im Selbstverständnis eines Musikers seiner Generation, darüber viele Worte zu machen. Die meisten Schriftstücke von seiner Hand lassen die uns heute interessierende Persönlichkeit nur erahnen. Erhalten geblieben sind Briefe, Eingaben, Gesuche und Empfehlungsschreiben, Zeugnisse und Prüfungsberichte, Orgelgutachten, Urkunden, Quittungen, Widmungen und Titelseiten sowie Anmerkungen, Mitteilungen und Aufstellungen verschiedenster Art.
| Kopfzeile = Reisen von Johann Sebastian Bach
| Kopfzeile_align = center
Erst Briefe aus der Leipziger Zeit geben Einblick in Bachs intime Lebensbezirke, so etwa der Brief vom 28. Oktober 1730 an seinen Jugendfreund Georg Erdmann, die diktierten Briefe vom 24. und 26. Mai 1738 an die Familie Klemm und die Briefe vom 6. Oktober 1748 und 2. November 1748 an seinen Großvetter Johann Elias Bach.
| Fußzeile_align = center
| Bild1 = JSBReisen.svg
| Untertitel1 = Reisen von 1701 bis 1721
| Breite1 = 300
| Bild2 = JSBReisenLeipzig.svg
| Untertitel2 = Reisen von 1723 bis 1747
| Breite2 = 390
}}
{{Absatz}}


== Musikalisches Schaffen ==
Einen zahlenmäßig wesentlich größeren Umfang haben die fremdschriftlichen und gedruckten Dokumente zur Lebensgeschichte von 1685 bis 1750 und die Dokumente zum Nachwirken von 1750 bis 1800.
[[Datei:JOHN MICHEL CELLO-J S BACH CELLO SUITE 1 in G Prelude.ogg|mini|Beginn der Cello-Suite Nr. 1]]
[[Datei:BWV605.png|mini|''Der Tag der ist so freudenreich'', BWV&nbsp;605, aus dem ''Orgelbüchlein'', nicht später als 1713, obligate Pedalstimme im zweiten System, am unteren Rand Fortsetzung als [[Tabulatur|Orgeltabulatur]]]]
[[Datei:BWV660a.png|mini|''Nun komm der Heyden Heyland'', BWV&nbsp;660a, abgeheftet in der [[Achtzehn Choräle (Bach)|Leipziger Handschrift]], aber aus der Weimarer Zeit, kaum vor 1714, obligate Pedalstimme in eigenem, drittem System]]


=== Bach – Autodidakt im Komponieren ===
All diese Dokumente sind zugänglich in Supplement-Bänden zur „Neuen Ausgabe sämtlicher Werke“ Bachs.
Bachs Sohn [[Carl Philipp Emanuel Bach]] bezeugt, dass Bach sich im Komponieren als Autodidakt betrachtete. Es gab keinen verbürgten Kompositionsunterricht. Die Unterweisung bei seinem Bruder in Ohrdruf „mag wohl einen Organisten zum Vorwurf gehabt haben u. weiter nichts“ (C. Ph. E. Bach 1775). Auch zu Bachs mehrmonatigem Aufenthalt bei Buxtehude gibt es keinerlei Belege, dass er bei dieser Gelegenheit Kompositionsunterricht erhalten hätte. Sein Biograf [[Johann Nikolaus Forkel]] (1749–1818) überlieferte folgende Aussage des Komponisten: „Ich habe fleißig seyn müssen; wer eben so fleißig ist, der wird es ebenso weit bringen können.“<ref>Johann Nikolaus Forkel: ''Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Für patriotische Verehrer echter musikalischer Kunst.'' Leipzig 1802, [http://www.zeno.org/Musik/M/Forkel,+Johann+Nikolaus/%C3%9Cber+Johann+Sebastian+Bachs+Leben,+Kunst+und+Kunstwerke/8. zeno.org]</ref> Von Jugend auf studierte Bach die Werke unterschiedlichster Komponisten und lernte aus ihnen durch Hören, Lesen, Abschreiben, [[Transkription (Musik)|Transkribieren]], Bearbeiten und Nachahmen der Musik sowie durch die Übernahme von kompositorischen Mitteln, Formen und Gattungen.
{{Zitat
|Text=Der seelige hat durch eigene Zusätze seinen Geschmack gebildet. […] Blos eigenes Nachsinnen hat ihn schon in seiner Jugend zum reinen u. starcken Fughisten gemacht.&nbsp;[…] Durch die Aufführung sehr vieler starcken Musiken,&nbsp;[…] ohne systematisches Studium der Phonurgie hat er das arrangement des Orchesters gelernt.
|Autor=C. Ph. E. Bach
|Quelle=Nekrolog, 1754
|ref=<ref name="Nekrolog" />}}
In Bachs vielfältigem Werk treffen sich Einflüsse aus der Musik Mittel-, Nord- und Süddeutschlands bzw. Österreichs sowie Frankreichs und Italiens, wobei sich die regionalen Traditionen gegenseitig beeinflusst haben. So enthalten die deutschen Traditionen auch italienische und französische Überlieferungen und Stilmittel. Daher sind manche Kompositionen nicht eindeutig zuzuordnen. Kenntnisse über die musikalischen Einflüsse vermitteln Bachs Abschriften und Erwerbungen von Werken anderer Komponisten, Bachs Transkriptionen und Bearbeitungen (z.&nbsp;B. von Vivaldi), schriftliche und mündliche Erwähnungen durch Bach und seinen Umkreis, Berichte und Rezensionen des 18. Jahrhunderts und stilkritische Untersuchungen der Musikwissenschaft der Werke Bachs und seiner Schüler.


=== Verhältnis zu anderen Komponisten ===
Bach in seiner äußeren Biographie, zumal in seinen Tätigkeiten zu erfassen, gelingt mit diesen Dokumenten wesentlich leichter als in seiner inneren Biographie. Deshalb entstanden schon zu Bachs Lebzeiten Anekdoten, die das auszugleichen suchten und immer noch wirksam sind.
Mit anderen komponierenden Zeitgenossen pflegte Bach einen respektvollen Umgang. Abfällige oder geringschätzige Bemerkungen über andere Komponisten, wie sie beispielsweise von [[Wolfgang Amadeus Mozart]] bekannt sind, sind von Bach nicht überliefert (allerdings gibt es auch insgesamt weit weniger überlieferte Zeugnisse von Bach als von Mozart). Er scheint die Werke anderer Komponisten mit unvoreingenommenem Interesse studiert und sie als Künstlerkollegen respektiert zu haben. Dafür sprechen Bachs Offenheit für Anregungen aus den verschiedensten musikalischen Richtungen und seine zahlreichen Bearbeitungen fremder Werke. Auch in den Jahren, als er längst eine eigene Tonsprache entwickelt hatte, schrieb er immer noch ganze Kantaten beispielsweise von Telemann ab, um sie zu studieren.


Als Bach 1719 hörte, dass sich der nach London ausgewanderte [[Georg Friedrich Händel]] in seiner Geburtsstadt [[Halle (Saale)|Halle]] aufhielt, machte er sich unverzüglich von Köthen aus auf den Weg dorthin, um den gleichaltrigen, wesentlich berühmteren Musikerkollegen, dessen Geburtsstadt nur 30 Kilometer von Köthen entfernt ist, zu treffen. Er musste nach seiner Ankunft aber feststellen, dass Händel schon wieder Richtung England abgereist war. Als Händel sich im Jahr 1729 wiederum in Halle aufhielt, war Bach krank und konnte Leipzig nicht verlassen. Er ließ deswegen seinen Sohn Wilhelm Friedemann eine Einladung an Händel überbringen. Das Treffen scheiterte auch diesmal, letztlich wohl am Desinteresse Händels.
Eine große Hilfe, Bach nahe zu kommen, sind die von Werner Neumann herausgegebenen und kommentierten ''„Bilddokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs“'' als Supplement zu ''Johann Sebastian Bach, Neue Ausgabe sämtlicher Werke''. Darin werden auch alle greifbaren Varianten von Bachbildnissen vorgestellt und kritisch besprochen.


Im Einzelnen kann man feststellen, dass Bach mit Werken folgender Komponisten vertraut war:<ref>C. Wolff, 2005, Kapitel ''Materialien und Metaphysik.''</ref>
Nach Bachs Tod lebte seine Gestalt weiter in den gemalten, gezeichneten und gestochenen Portraits und in der mündlichen und schriftlichen Tradierung durch seine Söhne, Schüler, Freunde und Gegner.<br>
* Mitteldeutsche Komponisten: [[Johann Christoph Bach I|Johann Christoph Bach]] (Onkel von J. S. Bach),<ref>J. S. Bach schätzte seinen Onkel Johann Christoph Bach, der Stadtorganist und Hofcembalist in Eisenach war, sehr; er bezeichnete ihn in der Familiengenealogie als „profonden Componisten“, auch im Nekrolog wird er von C. P. E. Bach lobend erwähnt. Siehe C. Wolff, 2005, Kapitel ''Elternhaus, Stadt, Hof, Schule und Kirche: die musikalische Umgebung.''</ref> [[Johann Pachelbel]],<ref>Pachelbel war mit Bachs Vater Ambrosius befreundet und Lehrer von dessen Sohn Johann Christoph Bach, der wiederum Johann Sebastian in Ohrdruf unterrichtete; siehe C. Wolff, 2005, Kapitel ''Elternhaus, Stadt, Hof, Schule und Kirche: die musikalische Umgebung.''</ref> [[Johann Kuhnau]], [[Johann Ludwig Bach]], [[Johann Gottfried Walther]], [[Johann Georg Pisendel]], [[Silvius Leopold Weiss]],<ref>Das Trio BWV 1025 ist eine Bearbeitung einer Lautensuite von Weiss.</ref> [[Johann Friedrich Fasch]]
Sehr bald wurde Bach für musiktheoretische und ästhetische, musikhistorische und politische Anliegen vereinnahmt. Oft sagte die Sicht auf Bach mehr über die Intentionen des Schreibenden als über Bach selbst aus.<br>
* Norddeutsche Komponisten: [[Johann Adam Reincken]], [[Dieterich Buxtehude]], [[Nicolaus Bruhns]], [[Georg Böhm (Komponist)|Georg Böhm]], [[Nicolaus Adam Strungk]]<ref name="Forkel">In einem Brief von C. P. E. Bach an Forkel (Bach-Dokumente III, Nr. 803, S. 288–290) heißt es, sein Vater habe „außer Frobergern, Kerl u Pachhelbel“ die Werke von Frescobaldi, den Badenschen Capellmeister Fischer, Strungk „geliebt u. studirt“.</ref>
Auch die Bach-Biographien von Forkel und Spitta über Schweitzer und Wolff bis hin zu den populärwissenschaftlich und romanhaft Schreibenden unserer Tage müssen daraufhin kritisch überprüft werden.<br>
* Süddeutsch-österreichische Komponisten:<ref name="Forkel" /> [[Johann Jakob Froberger]], [[Johann Caspar von Kerll]], [[Johann Caspar Ferdinand Fischer]], [[Johann Joseph Fux]]
Das geschieht unter anderem in wissenschaftlichen Untersuchungen zu Einzelfragen von Bachs Leben und seinem geschichtlichen und musikgeschichtlichen Umfeld, oft veröffentlicht in Periodika, Forschungsberichten und Aufsatzsammlungen, die zu überblicken nicht mehr möglich ist.
* Italienische Komponisten: [[Giovanni Pierluigi da Palestrina]], [[Girolamo Frescobaldi]],<ref name="Forkel" /> [[Arcangelo Corelli]],<ref>Die Orgelfuge BWV 579 ist eine Bearbeitung eines Werks von Corelli.</ref> [[Giovanni Legrenzi]],<ref>Die Orgelfuge BWV 574b ist eine Bearbeitung eines Werks von Legrenzi.</ref> [[Giovanni Battista Bassani]],<ref>BWV 1081 ist eine Bearbeitung aus einer Messe von Bassani.</ref> [[Giuseppe Torelli]], [[Alessandro Marcello]],<ref>BWV 974 ist eine Bearbeitung von Marcellos [[Konzert für Oboe und Orchester (Marcello)|Konzert für Oboe und Orchester]].</ref> [[Tomaso Albinoni]],<ref>Die Cembalofugen BWV 946, 950 und 951 sind Bearbeitungen von Albinonis Opus 1 aus dem Jahr 1694.</ref> [[Antonio Vivaldi]], [[Benedetto Marcello]], [[Nicola Antonio Porpora]],<ref name="Porpora">Verschiedene Werke Porporas und Locatellis gehörten zum Aufführungsrepertoire des ''Collegium musicum'' in Leipzig, siehe C. Wolff, 2005, Kapitel ''Materialien und Metaphysik.''</ref> [[Pietro Locatelli]],<ref name="Porpora" /> [[Francesco Durante]], [[Giovanni Alberto Ristori]], [[Giovanni Battista Pergolesi]],<ref>Die Vertonung von Psalm 51 (BWV 1083 „[[Tilge, Höchster, meine Sünden]]“) ist in wesentlichen Teilen eine Bearbeitung von Pergolesis ''Stabat mater'' in f-Moll aus dem Jahr 1736.</ref> [[Antonio Caldara]]<ref>BWV 1082 ist eine Bearbeitung von Caldaras ''Suscepit Israel.''</ref>
* Französische Komponisten: [[André Raison]], [[Charles Dieupart|François Dieupart]], [[François Couperin]], [[Louis Marchand (Musiker)|Louis Marchand]], [[Nicolas de Grigny]]


Manche berühmte Musiker, die Bach teilweise persönlich kannte, hatten selbst unterschiedlichste Musik verarbeitet und Bach mit ihren Werken beeinflusst, so etwa [[Jan Dismas Zelenka]], [[Johann Mattheson]], [[Georg Philipp Telemann]], [[Reinhard Keiser]] und [[Georg Friedrich Händel]]. Ob Bach auch Anregungen seiner Söhne [[Wilhelm Friedemann Bach|Wilhelm Friedemann]] und [[Carl Philipp Emanuel Bach|Carl Philipp Emanuel]] aufnahm, ist nicht gesichert, aber zu vermuten. Dass manche Kompositionen der beiden ältesten Bachsöhne als Werke des Vaters galten und umgekehrt, deutet darauf hin.
== Musikalisches Schaffen ==


=== Überblick ===
=== Kompositionen ===
{{Hauptartikel|Bach-Werke-Verzeichnis}}
====Bach – ein Autodidakt im Komponieren====
Bach eignete sich bei seiner Arbeit an den verschiedenen Wirkungsstätten unter dem Einfluss der oben genannten Komponisten nach und nach die unterschiedlichsten Gattungen, Kompositionsstile und Musizierweisen an. Diesem Ziel galten auch einige von Bachs Reisen. Mit Ausnahme der [[Oper]] komponierte Bach Werke in allen zu seiner Zeit verbreiteten [[Gattung (Musik)|musikalischen Gattungen]].
Glaubt man Bachs Sohn [[Carl Philipp Emanuel Bach]], dann betrachtete sich Bach im Komponieren als Autodidakt. Es gab keinen verbürgten Kompositionsunterricht. Der Unterweisung bei seinem Bruder in Ohrdruf ''„mag wohl einen Organisten zum Vorwurf gehabt haben u. weiter nichts“'' (C. Ph. E. Bach 1775). Später wäre Bachs Aufenthalt bei Buxtehude eine mehrmonatige Gelegenheit gewesen, unterrichtet zu werden, doch gibt es dazu keinerlei Belege.<br/>
Dass Bach als Autodidakt zum bedeutenden Komponisten reifte, war möglich, weil er von Jugend auf die Werke der unterschiedlichsten Komponisten durchstudierte und aus ihnen lernte. Das geschah durch Hören, Lesen, Abschreiben, Transkribieren, Bearbeiten und Nachahmen der Musik sowie durch die Übernahme von kompositorischen Mitteln, Formen und Gattungen. C. Ph. E. Bach dazu (1775):
:''„Der seelige hat durch eigene Zusätze seinen Geschmack gebildet. [...] Blos eigenes Nachsinnen hat ihn schon in seiner Jugend zum reinen u. starcken Fughisten gemacht. [...] Durch die Aufführung sehr vieler starcken Musiken, [...] ohne systematisches Studium der Phonurgie hat er das arrangement des Orchesters gelernt.“'' <br/>
In Bachs vielfältigem Werk treffen sich Einflüsse aus der Musik Mittel-, Nord- und Süddeutschlands bzw. Österreichs sowie Frankreichs und Italiens. Zu beachten ist dabei, dass sich die regionalen Traditionen gegenseitig beeinflusst haben. So werden in den deutschen Traditionen auch italienische und französische Gattungen und Stilmittel weitergegeben. Daher ist es bei manchen Komponisten schwer, sie zuzuordnen.


==== Vokalmusik ====
Kenntnis vom musikalischen Einfluss auf Bach hat man aus verschiedenen Quellen:
{{Hauptartikel|Liste der Bachkantaten}}
*aus Bachs Abschriften und Erwerbungen von Werken anderer Komponisten
[[Datei:Johannespassion.jpg|mini|Autograph der ersten Seite der Johannes-Passion (BWV 245)]]
*aus Bachs Transskriptionen und Bearbeitungen
Von Bach sind rund 200 Kirchenkantaten erhalten. In seinen Kantaten und [[Passion (Musik)|Passionen]] griff er häufig auf populäre Choräle des [[Evangelisches Kirchengesangbuch|evangelischen Kirchengesangbuches]] zurück. Eine größere Anzahl seiner Werke, vor allem aus der frühen Schaffenszeit, gilt als verschollen. Laut Nekrolog<ref name="Nekrolog" /> komponierte Bach fünf Passionen, erhalten sind aber nur die [[Johannes-Passion (J. S. Bach)|Johannes-]] und [[Matthäus-Passion (J. S. Bach)|Matthäuspassion]]. Verschollen ist eine [[Markus-Passion (J. S. Bach)|Markuspassion]] (deren [[Libretto]] erhalten ist, so dass teilweise Rekonstruktionen versucht wurden). Es existiert eine um 1730 entstandene [[Lukas-Passion (Bach)|Lukaspassion]], die zum Teil mit der Handschrift Bachs niedergeschrieben ist. Die heutige Musikwissenschaft nimmt aber an, dass es sich dabei um Bachs Kopie des Werkes eines anderen Komponisten handelt. Das fünfte Werk dürfte eine einchörige Variante der Matthäus-Passion sein.
*aus schriftlichen und mündlichen Erwähnungen durch Bach und seinen Umkreis
*aus Berichten und Rezensionen des 18. Jahrhunderts
*durch stilkritische Untersuchungen der Musikwissenschaft an den Werken Bachs und seiner Schüler


Daneben zählen zu seinen Vokalkompositionen weltliche Kantaten (die bekanntesten sind die [[Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd|Jagdkantate]] und die [[Schweigt stille, plaudert nicht|Kaffee-Kantate]]), [[Motette]]n, mehrere [[Messe (Musik)|Messen]], ein Magnificat, drei [[Oratorium|Oratorien]], mehrere [[Opera seria|Drammi per musica]] sowie Choräle, Arien und geistliche Lieder.
Mitteldeutsche Einflüsse durch:
:[[Johann Christoph Bach I]], [[Johann Pachelbel]], [[Johann Kuhnau]], [[Johann Ludwig Bach]], [[Johann Gottfried Walther]], [[Johann Georg Pisendel]], [[Silvius Leopold Weiss]], [[Johann Friedrich Fasch]]


==== Musik für Tasteninstrumente ====
Norddeutsche Einflüsse durch:
Umfangreich sind Bachs Werke für [[Tasteninstrument]]e.<ref>Vgl. etwa: ''Johann Sebastian Bach, Sämtliche Klavierwerke in 13 Bänden.'' Könemann Music Budapest.</ref> Zu den dezidierten [[Orgel]]werken zählen [[Präludium|Präludien]] und [[Fuge (Musik)|Fugen]], [[Fantasie (Kompositionsform)|Fantasien]], [[Toccata|Toccaten]], die [[Passacaglia und Fuge c-Moll, BWV 582|Passacaglia in c-Moll]], eine Pastorella, [[Triosonate]]n, Orgelchoräle, Choralvorspiele, Choralbearbeitungen, Choralpartiten, Choralvariationen, Concerti. Dem [[Cembalo]] (oder Clavichord) gewidmet sind die zwei- und dreistimmigen [[Inventionen und Sinfonien]], [[Suite (Musik)|Suiten]], [[Partita|Partiten]], Fantasien, [[Ouvertüre]]n, Themata mit Variationen, Präludien oder Fantasien mit zugehörigen Fugen, Toccaten, [[Sonate]]n.
:[[Johann Adam Reincken]], [[Dietrich Buxtehude]], [[Nicolaus Bruhns]], [[Georg Böhm]]


==== Instrumentalmusik ====
Süddeutsch-österreichische Einflüsse durch:
Bach schuf auch für andere Instrumente Solowerke, so je drei [[Sonaten und Partiten für Violine solo|Sonaten und Partiten für Violine]] und sechs [[Suiten für Violoncello solo (Bach)|Suiten für Violoncello]]. An [[Werke für Laute (Bach)|Musik für Laute solo]] sind Suiten, Präludien und Fugen überliefert,<ref>Es gibt allerdings schon seit längerem Zweifel, ob Bachs Lautenwerke alle für eine Laute gedacht waren oder eher für ein sogenanntes Lautenwerk oder Lautenclavier, das er sich 1740 nachweislich bauen ließ. Ein weiterer Grund ist u.&nbsp;a. die „Unspielbarkeit“ der Suite e-moll BWV 996. Siehe: [[Walter Kolneder]]: Artikel ''Lautenwerke.'' In: ''Lübbes Bach-Lexikon.'' Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach, 1982, S. 177–178.</ref> außerdem eine [[Flötensonaten (Bach)#Suite für Flöte solo a-Moll, BWV 1013|Suite für Traversflöte solo]].
:[[Johann Jakob Froberger]], [[Johann Caspar Kerll]], [[Johann Caspar Ferdinand Fischer]], [[Johann Joseph Fux]]


Im Bereich der Kammermusik komponierte Bach Solosonaten mit [[Generalbass|Basso Continuo]] oder obligatem Cembalo sowie einige Triosonaten, an Orchestermusik eine Reihe von [[Instrumentalkonzert|Konzerten]] für ein bis drei Soloinstrumente (darunter auch für Cembalo) sowie vier [[Orchestersuiten (Bach)|Orchestersuiten]].
Italienische Einflüsse durch:
:[[Giovanni Pierluigi da Palestrina]], [[Girolamo Frescobaldi]], [[Arcangelo Corelli]], [[Giovanni Legrenzi]], [[Giovanni Bassani]], [[Giuseppe Torelli]], [[Alessandro Marcello]], [[Tomaso Giovanni Albinoni]], [[Antonio Vivaldi]], [[Benedetto Marcello]], [[Nicola Antonio Porpora]], [[Francesco Durante]], [[Giovanni Alberto Ristori]], [[Giovanni Battista Pergolesi]]
Französische Einflüsse durch:
:[[André Raison]], [[François Dieupart]], [[François Couperin]], [[Louis Marchand]], [[Nicolas de Grigny]],


=== Musiksprache und Kompositionstechnik ===
Manche berühmte Musiker, die Bach teilweise persönlich kannte, sind schwer zuzuordnen. Sie hatten selbst unterschiedlichste Musik verarbeitet und Bach mit ihren Werken beeinflusst, so etwa [[Jan Dismas Zelenka]], [[Johann Mattheson]], [[Georg Philipp Telemann]], [[Reinhard Keiser]] und [[Georg Friedrich Händel]].
Bach hat auf vielen Gebieten der Musik Bahnbrechendes geschaffen und zur Weiterentwicklung musikalischer Formen und der Musiksprache beigetragen. Einige seiner Werke überschreiten den tradierten Formenkanon weit. Er galt schon den Zeitgenossen als bedeutender „Harmonist“, der die Möglichkeiten der [[Dur-Moll-Tonalität]] durch den gesamten [[Quintenzirkel]] ausschöpfte wie vor ihm kein zweiter. Vermutlich angeregt durch die verschiedenen Temperierungen von [[Andreas Werckmeister]] komponierte Bach sein [[Das Wohltemperierte Klavier|Wohltemperiertes Clavier]], dessen Popularität später der [[Wohltemperierte Stimmung|wohltemperierten Stimmung]] zum Durchbruch verhalf. Bach ging es darin – wie es Kirnberger beschrieben hat – unter anderem darum, die von der Temperierung abhängige Vielfalt tonartbezogener [[Affektenlehre|Affekte]] darzustellen und zu lehren.


In Bachs Werken werden neue Wege der [[Harmonik]] beschritten (z.&nbsp;B. [[Chromatische Fantasie und Fuge (Bach)|Chromatische Fantasie und Fuge]]). Die kontrapunktische Technik der Komposition und die Technik des Fugensatzes brachte er zu meisterhafter Beherrschung (z.&nbsp;B. im Wohltemperierten Clavier I und II, und in der ''[[Die Kunst der Fuge|Kunst der Fuge]]''). Bachs Musik wurde auch als „hörbare Mathematik“<ref>Vgl. etwa [[Martin Droschke]]: ''Hörbare Mathematik, das ist das Geheimnis, weshalb die Musik des Barockgenies Johann Sebastian Bach zeitlos ist.'' In: ''Franken 2024. Franken-Wissen für das ganze Jahr.'' Emons Verlag, Köln 2023, ISBN 978-3-7408-1797-8, Blatt ''21. November'' (Beginn der Bachtage 2024).</ref> bezeichnet. Seine [[Polyphonie|polyphone]] Kompositionstechnik fand ihren Niederschlag in zahlreichen Instrumental- und Vokalwerken.
Ob Bach auch Anregungen seiner Söhne [[Wilhelm Friedemann Bach|Wilhelm Friedemann]] und [[Carl Philipp Emanuel Bach|Carl Philipp Emanuel]] aufnahm, ist nicht gesichert, aber zu vermuten. Dass manche Kompositionen der beiden ältesten Bachsöhne als Werke des Vaters galten und umgekehrt, deutet darauf hin.


=== Instrumentenbau und Spieltechnik ===
====Die musikalischen Gattungen====
{{Orgelgutachten Bach}}
Bach konnte sich im Rahmen seiner Ämter an den verschiedenen Wirkungsstätten unter dem Einfluss der oben genannten Komponisten nach und nach die unterschiedlichsten Gattungen, Kompositionsstile und Musizierweisen aneignen. Diesem Ziel galten auch Bachs wenige Reisen.
Neben seiner Wirkung als Musiker und Komponist hatte Bach auch Einfluss auf die praxisbezogene [[Musiktheorie]], die später vor allem in den Schriften [[Johann Philipp Kirnberger]]s erfasst wurde. Er beherrschte<ref>Reinhold Bernhardt: ''Das Schicksal der Familie Johann Sebastian Bachs.'' In: ''Der Bär. Jahrbuch von Breitkopf & Härtel auf die Jahre 1929/1930.'' Breitkopf & Härtel, Leipzig 1930, S. 167–176, hier: S. 167.</ref> mehrere Instrumente (Orgel, Cembalo, Clavichord, Violine, Bratsche und möglicherweise noch weitere). In seinem Nachlassverzeichnis sind neben acht Tasteninstrumenten zwei Violinen, eine [[Violino piccolo]], drei Bratschen, zwei Violoncelli, ein [[Viola pomposa|„Bassettgen“]], eine Viola da Gamba und eine Laute aufgeführt.<ref>[https://jsbach.de/dokumente/1750-herbst-leipzig-spezifikation-der-hinterlassenschaft-johann-sebastian-bachs Nachlassverzeichnis Bachs]. Abgerufen am 2. Mai 2025.</ref>


Bach war außerdem an den technischen Aspekten des Instrumentenbaus sehr interessiert und setzte sich für die Weiter- und Neuentwicklung von Musikinstrumenten ein. Dies war auf eine Erweiterung der kompositorischen Mittel ausgerichtet. Bei den Tasteninstrumenten interessierten ihn besonders klangliche Neuentwicklungen. Er beschäftigte sich zum Beispiel mit deren Temperierung, bei den [[Orgel]]n mit deren [[Disposition (Orgel)|Klangdisposition]] und mechanischen Qualitäten. Ein Beispiel ist Bachs ''Disposition der neüen reparatur des Orgelwercks ad D: Blasii'' (Mühlhausen 1708). Als Kind erlebte er den Bau der von seinem Onkel disponierten [[Georg Christoph Stertzing|Stertzing]]-Orgel in der Eisenacher Georgenkirche mit, soll von dieser beeindruckt gewesen sein und viele ihrer klanglichen Eigenschaften später immer wieder gefordert haben.<ref>Textheft zur CD: ''Die neue Bach-Orgel der Thomaskirche zu Leipzig.'' [[Querstand (Label)|Querstand]] 2001 (Erläuterungen von Thomasorganist [[Ullrich Böhme]] zur Orgel, Seite 17)</ref>
Mit Ausnahme der [[Oper]] komponierte Bach Werke in allen zu seiner Zeit verbreiteten [[Gattung (Musik)|musikalischen Gattungen]]:


Bach hatte einen ausgezeichneten Ruf als Orgelgutachter. Bei zahlreichen Orgel-Neu- und -umbauten wurde er hinzugezogen: so beispielsweise 1716 in Halle ([[Christoph Cuntzius|Cuntzius]]-Orgel der [[Marktkirche Unser Lieben Frauen|Liebfrauenkirche]]), 1717 in der Leipziger [[Paulinerkirche (Leipzig)|Paulinerkirche]] ([[Johann Scheibe|Scheibe]]-Orgel), 1723 in [[Störmthal]] ([[Zacharias Hildebrandt|Hildebrandt]]-Orgel), 1724 in [[Gera]] ([[Johann Georg Fincke|Fincke]]-Orgel der [[Salvatorkirche (Gera)|Salvatorkirche]]), 1739 [[Altenburg]] ([[Tobias Heinrich Gottfried Trost|Trost]]-Orgel der [[Schlosskirche Altenburg (Thüringen)|Schlosskirche]]), 1743 [[Johanniskirche (Leipzig)|Johanniskirche Leipzig]] (Scheibe-Orgel), 1743–1746 [[Naumburg (Saale)|Naumburg]] (Hildebrandt-Orgel in der [[Stadtkirche St. Wenzel (Naumburg)|Wenzelskirche]]) und weiteren.<ref>C. Wolff: ''Johann Sebastian Bach.'' 2005. Tabelle 5.3: Bachs Orgelprojekte und Gutachten.</ref> Mit bedeutenden Orgelbauern wie [[Gottfried Silbermann]] war er persönlich bekannt und als Orgel-Fachmann, der sich mit technischen Details auskannte, respektiert. Er unterstützte Silbermann in der Entwicklung des [[Klavier|Pianofortes]], das in Bachs späten Jahren, einem Bericht seines Schülers [[Johann Friedrich Agricola]] zufolge, „von ihm völlige Gutheißung erlangte“.<ref>Nach dem Bericht Agricolas: „Herr Gottfr. Silbermann hatte dieser Instrumente im Anfang zwey verfertiget. Eins davon hatte der sel. Kapellm. Hr. Joh. Sebastian Bach gesehen und bespielet. Er hatte den Klang desselben gerühmet, ja bewundert: Aber dabey getadelt, dass es in der Höhe zu schwach lautete, und gar zu schwer zu spielen sey. Dieses hatte Hr. Silbermann, der gar keinen Tadel an seinen Ausarbeitungen leiden konnte, höchst übel aufgenommen. Er zürnte deswegen lange mit dem Hrn. Bach. Und dennoch sagte ihm sein Gewissen, daß Hr. Bach nicht unrecht hätte. Er hielt also, und das sey zu seinem großen Ruhme gesagt, für das beste nichts weiter von diesen Instrumenten auszugeben; dagegen aber desto fleißiger auf Verbesserung der vom Hrn. J. S. Bach bemerkten Fehler zu denken. […] Hr. Silbermann hatte auch den löblichen ehrgeiz gehabt, eines dieser Instrumente, seiner neuern Arbeit, dem sel. Hrn. Kapellmeister Bach zu zeigen und von ihm untersuchen zu lassen; und dagegen von ihm völlige Gutheißung erlanget.“ Bach-Dokumente Band III, Nr. 743.</ref>
Vokalmusik
*Geistliche Kantate und weltliche Kantate (Concerto, Cantata, Serenata, Dramma per Musica)
*[[Motette]], [[Messe]], Magnificat, Passion, [[Oratorium]]
*Choral, Geistliches Lied
*Vokale Kammermusik


Daneben wird Bach häufig als Mitbegründer der Spieltechnik mit dem Daumen als vollwertigem Spielfinger bei den Tasteninstrumenten genannt. Diese Technik ermöglichte eine neue [[Virtuose|Virtuosität]] und einen eleganten vielstimmigen Vortrag. „Er hatte sich eine eigene Fingerordnung ausgesonnen, daß es ihm nicht schwer fiel, die größten Schwierigkeiten mit der fließensten Leichtigkeit herauszubringen&nbsp;… Man&nbsp;… weiß, daß es dabey hauptsächlich auf den Gebrauch des Daumens ankömmt“.<ref>Aus: [[Johann Adam Hiller]]: ''Mein Leben''; [[Carl Philipp Emanuel Bach]]: ''[[Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen]].''</ref>
Instrumentalmusik


=== Bach und die „musicalische Wissenschaft“ ===
*Freie Orgelwerke ([[Sonate]]; Präludium, Fantasie, [[Toccata]], [[Passacaglia]] - einzeln und mit [[Fuge]]; Concerto, Trio)
Bach sah sich selbst zunehmend als Musikgelehrten, der Werke musikalischer Wissenschaft erstellte. Den Kernpunkt der musikalischen Wissenschaft bildet in Bachs Verständnis das alte aristotelische Prinzip der Kunst als [[Imitatio]]n der Natur. Für Bach liegt die Kunst zwischen der realen Welt&nbsp;– der Natur&nbsp;– und Gott, der diese reale Welt ordnet. Die musikalische [[Harmonie]] nimmt Bezug auf die Ordnung der Natur und ihren göttlichen Ursprung. Der „Traum von der Einheit der Wissenschaften“ reizte Bach nicht weniger als die führenden Köpfe und Denker seiner Zeit, und so folgte er seinem eigenen empirischen Weg, indem er die „verstecktesten Geheimnisse der Harmonie in die künstlichste Ausübung“ brachte und die bis dahin bekannten Grenzen der Komposition und der musikalischen Darstellung im Ausmaß und im Detail aufhob und erweiterte.<ref>C. Wolff: ''Johann Sebastian Bach'', 2005, S. 6.</ref>
*Choralgebundene Orgelwerke (Orgelchoral, Choralvorspiel, Choralbearbeitung, Choralpartita, Canonische Veränderungen)
*Klaviermusik (Invention, [[Duett]], [[Sinfonie]], [[Suite]], Partita, Concerto, Fantasie, [[Ouvertüre|Ouverture]], Variation, [[Präludium]] und [[Fuge]], Fantasie und [[Fuge]], Toccata, [[Sonate]])
*Lautenmusik ([[Suite]], [[Präludium]], [[Fuge]])
*Kammermusik ([[Solosonate]] und Triosonate mit [[Basso Continuo]], Sonate und Partita senza Basso für Violine, [[Suiten für Violoncello solo (Bach)|Suite für Violoncello solo]], Kanon)
*Musik für chorisch besetzte Instrumentalkapelle ([[Concerto grosso]], Concerto mit bis zu 4 Solostimmen, [[Ouvertüre]])
*Ohne feste instrumentale Besetzung ([[Kanon]], [[Fuge]])


Im Jahre 1750 zog Bachs Schüler [[Johann Friedrich Agricola]] in einem Brief eine Parallele zwischen Bach und [[Isaac Newton|Newton]], in dem er betont, dass Bachs Musik am besten von Musikkennern geschätzt werden könne, und äußerte: „Nicht alle Gelehrte sind vermögend einen Neuton zu verstehen; aber diejenigen, die es in den tiefsinnigen Wissenschaften so weit gebracht haben, daß sie ihn verstehen können, finden hingegen ein desto größeres Vergnügen und einen wahren Nutzen, wenn sie seine Schriften lesen“.
====Der „Clavier“- Komponist, „Harmonist“, Kontrapunktiker und Komponist funktionaler Musik====


=== Verhältnis zur Religion ===
Bachs Werke sind großenteils funktional gebunden, beispielsweise als Kantoren- und Organistenmusik für die Kirche, Instrumentalmusik für den Hof und das Bürgertum oder Lehrwerke für den Unterricht. Die Qualität der Ausführung übersteigt aber in den meisten Fällen das damals Übliche. <br>
[[Datei:CalovBible.jpg|mini|Die Titelseite der „Calov-Bibel“ mit Bachs Signatur rechts unten]]
Einige Werke überschreiten den tradierten Formenkanon weit. Das ist vor allem der Fall bei den vom eigenen, überragenden instrumentalen Können geprägten Orgel- und Klavierwerken und bei den großen kontrapunktischen Sammelwerken.
Bachs Musik gilt heute als Gipfelpunkt der lutherischen Kirchenmusik und als „musikalischer Ausdruck der Reformation“. Der schwedische Bischof [[Nathan Söderblom]] ging 1929 so weit, seine Musik als „fünftes Evangelium“ zu bezeichnen.<ref>Birger Petersen-Mikkelsen: ''Praedicatio sonora. Musik und Theologie bei Johann Sebastian Bach.'' In: ''Kirchenmusik und Verkündigung – Verkündigung als Kirchenmusik. Zum Verhältnis von Theologie und Kirchenmusik.'' (Eutiner Beiträge zur Musikforschung, Band 4.) Selbstverlag, Eutin 2003, ISBN 3-8311-4465-6, S. 45–60: S. 47 mit Anm. 5.</ref>


Von Bach selbst sind nur sehr wenige Selbstzeugnisse über seine religiösen Auffassungen überliefert.<ref>Hans Besch: ''Johann Sebastian Bach: Frömmigkeit und Glaube.'' Bertelsmann, Gütersloh 1938.</ref> Unter den 52 theologischen Büchern und Erbauungsschriften in 81 Bänden aus seinem Nachlass<ref>Robin A. Leaver: ''Bachs theologische Bibliothek.'' Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1983. Der gesamte Nachlass und seine Verteilung auf die Erben ist im [http://www.zeno.org/Musik/M/Spitta,+Philipp/Johann+Sebastian+Bach/Zweiter+Band/Anhang+A+und+B/Anhang+B/16. Anhang von Philipp Spittas Bach-Biografie] aufgeführt (abgerufen am 13. Januar 2013). Die nicht-theologischen Bücher, z.&nbsp;B. über Musiktheorie, sowie die Werke klassischer Autoren waren offensichtlich schon vor Bachs Tod auf die Söhne verteilt worden, so dass sie im Nachlass nicht auftauchen, ebenso wenig wie die gesamten Kompositionen.</ref> befanden sich die Werke [[Martin Luther]]s, die Schriften orthodox-lutherischer Theologen wie [[Abraham Calov]] (mit handschriftlichen Vermerken Bachs), [[Johannes Olearius (Theologe, 1611)|Johannes Olearius]], [[Heinrich Müller (Theologe, 1631)|Heinrich Müller]], [[August Pfeiffer (Theologe)|August Pfeiffer]], [[Erdmann Neumeister]], aber auch Schriften der Pietisten [[Philipp Jacob Spener]] ''(Eyfer wider das Papstthum)'' und [[Johann Jakob Rambach (Theologe, 1693)|Johann Jakob Rambach]] ''(Betrachtung über die Thränen Jesu).''<ref>Hans Preuß: ''Bachs Bibliothek.'' In: ''Festgabe für Th. Zahn.'' Deichert, Leipzig 1928, S. 116–140, {{archive.org |MN41350ucmf_2 |Blatt=n115}}. Thomas Wilhelmi: ''Bachs Bibliothek. Eine Weiterführung der Arbeit von Hans Preuß.'' In: ''Bach-Jahrbuch.'' Jg. 65, 1979, S. 107–129. Vgl. auch Martin Petzold: ''Zwischen Orthodoxie, Pietismus und Aufklärung – Überlegungen zum theologiegeschichtlichen Kontext Johann Sebastian Bachs.'' In: Reinhard Szeskus (Hrsg.): ''Bach und die Aufklärung.'' Breitkopf & Härtel, Leipzig 1982, S. 66–107.</ref>
Bach galt den Zeitgenossen zurecht als bedeutender „Harmonist“, der die Möglichkeiten der Tonarten und deren Eigenschaften durch den gesamten Quintenzirkel ausschöpfte wie vor ihm keiner. Kritik erfuhr er wegen der Nähe seiner vokalen Kirchenmusik zur Oper und - nur scheinbar im Widerspruch dazu - wegen der Textbehandlung und instrumentalen Stimmführung der Solopartien.


Nach Bachs Auffassung hatte Musik zwei wesentliche Zwecke:
====Die Fülle der vokalen Kirchenmusik====
„und soll wie aller Music […] Finis und End Ursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn“,<ref>J. S. Bach: ''Vorschriften und Grundsätze zum vierstimmigen spielen des General-Bass oder Accompagnement für seine Scholaren in der Music.'' 1738. Zitiert bei Philipp Spitta: [http://www.zeno.org/Musik/M/Spitta,+Philipp/Johann+Sebastian+Bach/Zweiter+Band/Anhang+A+und+B/Anhang+B/12. ''Johann Sebastian Bach.''] Abgerufen am 20. März 2010.</ref> weswegen er auch viele seiner Werke mit „[[Soli Deo Gloria|SDG]]“ (Soli Deo Gloria, lateinisch für „Gott allein die Ehre“) unterzeichnete. Seine Bitte um Entlassung aus dem Dienst in Mühlhausen begründete Bach am 26. Juni 1708 mit dem Hinweis auf seinen „Endzweck, nemlich eine regulirte kirchen music zu Gottes Ehren“.<ref>Werner Neumann, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): ''Schriftstücke von der Hand Johann Sebastian Bachs.'' Bärenreiter, Kassel u.&nbsp;a. 1963, Nr. 1, S.&nbsp;19–21 (Bach-Dokumente, Band 1).</ref> Diese umfassende lutherische Kirchenmusik, die einen entsprechenden Aufführungsapparat voraussetzte, konnte er schließlich in Leipzig mit der Komposition von mehreren vollständigen Kantatenjahrgängen verwirklichen.


Die wenigen schriftlichen Äußerungen (meist Anmerkungen in seinen theologischen Büchern), die von Bach erhalten sind, weisen ihn als gläubigen Lutheraner aus. Allerdings spricht einiges dafür, dass sein Verhältnis zur Religion im Gegensatz zur strengen lutherischen Orthodoxie Leipzigs nicht auf Abgrenzung angelegt war. Bereits in Köthen hatte er ein enges persönliches Verhältnis zu seinem herzoglichen Dienstherrn, obwohl dieser [[Calvinismus|Calvinist]] war. In seiner Leipziger Zeit komponierte er die h-Moll-Messe für den [[Römisch-katholische Kirche|katholischen]] Dresdner Hof.
Bachs kirchliche Werke sind geprägt von seiner tiefen protestantisch-lutherischen Religiosität. Von ihm sind rund 250 Kantaten überliefert, davon ca. 200 Kirchenkantaten. In seinen Kantaten und [[Passion (Musik)|Passionen]] griff Bach häufig auf populäre Choräle des evangelischen Kirchengesangbuches zurück. Eine größere Anzahl seiner Werke, vor allem aus der frühen Schaffenszeit, gilt als verschollen.


Bachs geistliche Vokalwerke erweisen ihn als Ausleger der Bibel: Sie sind als „klingende Predigt“ ''(praedicatio sonora)'' angelegt und widerspiegeln eine reflektierte theologische Deutung.<ref>Johan Bouman: ''Musik zur Ehre Gottes. Die Musik als Gabe Gottes und Verkündigung des Evangeliums bei Johann Sebastian Bach.'' 2. Aufl. Brunnen, Gießen 2000, ISBN 3-7655-1201-X, S. 29.</ref> Der theologische Bachforscher [[Martin Petzoldt]] plädiert in diesem Zusammenhang für eine differenzierte Sichtweise, denn der „Ausleger der Bibel“ habe „spätestens in seinem letzten Lebensjahrzehnt“ zu einer „veränderten Frömmigkeit“ gefunden.<ref>Martin Petzoldt: ''Bach als Ausleger der Bibel.'' Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-57179-8, S. 109 ([https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00050700_00107.html online]). Ob aus den wenigen vorliegenden Zeugnissen tatsächlich ein differenziertes Bild von Bachs Verhältnis zu komplexen theologischen und philosophischen Fragestellungen oder zu seinem persönlichen Glauben gezeichnet werden kann, muss bezweifelt werden. Außerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass Bach in seiner geistlichen Entwicklung von frühester Jugend bis in sein letztes Lebensjahrzehnt – vor allem unter dem zunehmenden Einfluss der Aufklärung auf das geistige Klima Leipzigs – unveränderte Positionen vertrat. Petzoldt warnt vor Pauschalurteilen: „Bach als Christ, Bach im Gottesdienst, seinen Beruf ausübend. Doch dann folgt die Ernüchterung: das Gesamtbild [Bachs] bleibt verborgen, meinen Blicken entzogen, wie das Bild im Fenster hinter der Säule.“ Zutreffend schreibt Petzoldt an gleicher Stelle: „Viele meinen Bach genau zu kennen.“ Martin Petzoldt, Joachim Petri: ''Johann Sebastian Bach. Ehre sei dir Gott gesungen. Bilder und Texte zu Bachs Leben als Christ und seinem Wirken für die Kirche.'' Göttingen 1988, ISBN 3-525-57182-8, S. 6.</ref> Diese These macht sowohl die Wahl von Bachs Beichtvater [[Christoph Wolle]], sein gutes Verhältnis zum [[Wolffianismus|Wolffianern]] [[Lorenz Christoph Mizler]] als auch den Beitritt Bachs zu dessen Societät (1747) nachvollziehbar.<ref>Zu Wolle siehe Martin Petzoldt: ''Christian Weise d.&nbsp;Ä. und Christoph Wolle – zwei Leipziger Beichtväter Bachs, Vertreter zweier auslegungsgeschichtlicher Abschnitte der ausgehenden lutherischen Orthodoxie.'' In: Martin Petzoldt: ''Bach als Ausleger der Bibel.'' Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-57179-8, S. 109–130 ([https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00050700_00107.html online]). Mizler sprach vom Capellmeister Bach, „den ich unter meine guten Freunde und Gönner zu zehlen die Ehre habe“ (''Musikalische Bibliothek'', I.4 [1738], S. 61, [http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10599089_00321.html digitale-sammlungen.de]). Siehe auch [[Lutz Felbick]]: ''Lorenz Christoph Mizler de Kolof – Schüler Bachs und pythagoreischer „Apostel der Wolffischen Philosophie“.'' Georg-Olms-Verlag, Hildesheim 2012, ISBN 978-3-487-14675-1 (Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig – Schriften; 5). [https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-744250 pdf Online-Version], S. 435 f.</ref> Bach hat sich demzufolge gegenüber den unterschiedlichsten Vertretern der Aufklärung – dem gemäßigten Wolle und dem radikaleren Mizler – nicht abgegrenzt, sondern seine Nähe zu ihnen bekundet. Bachs Öffnung für die Aufklärung zieht zwar nicht zwangsläufig eine Abwendung von seiner bisherigen Frömmigkeit nach sich. Damit riskierte Bach aber einen Konflikt mit seinen konservativen theologischen Vorgesetzten, z.&nbsp;B. mit dem Leipziger Superintendenten [[Salomon Deyling]], denn dieser bildete zusammen mit [[Heinrich Klausing]] das „Zentrum der Phalanx der entschiedenen Gegner aller Tendenzen der neueren Philosophie“.<ref>[[Detlef Döring]]: ''Die Philosophie Gottfried Wilhelm Leibniz’ und die Leipziger Aufklärung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts'' (= Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse, Band 75, Heft 4), Leipzig 1999, S. 48. Diese Problematik wird im Kontext der zum Teil heftigen Leipziger Auseinandersetzungen zwischen den Wolffianern und den sogenannten Anti-Wolffianern verständlich. Vgl. Detlef Döring: ''Der Wolffianismus in Leipzig: Anhänger und Gegner.'' In: Hans-Martin Gerlach (Hrsg.): ''Christian Wolff: seine Schule und seine Gegner'' (= ''Aufklärung'' 12, 2), Hamburg 2001, S. 51–76.</ref> Das von Bach in dem für ihn ereignisreichen Jahr 1747 abgelegte Symbolum (Glaubensbekenntnis) „Christus coronabit crucigeros“ wurde sowohl aus der Perspektive der lutherischen Orthodoxie als auch im Zusammenhang mit den oben genannten Ereignissen dieses Jahres bzw. dem geistesgeschichtlichen Konfliktfeld Leipzigs der 1740er Jahre interpretiert.<ref>Bach schrieb dieses Bekenntnis, Christus werde die Kreuzesträger krönen, als Ergänzung zu seiner Kanonwidmung ([[Bach-Werke-Verzeichnis|BWV 1077]]) in das Stammbuch von [[Johann Fulde|Johann Gottfried Fulde]]. Zur ersten Deutung von Bachs Symbolum siehe Heinrich Poos: ''Christus Coronabit Crucigeros – Hermeneutischer Versuch über einen Kanon Johann Sebastian Bachs'', in: ''Theologische Bach-Studien II'' (= Beiträge zur theologischen Bach-Forschung 4), hrsg. von [[Walter Blankenburg]] und Renate Steiger, Neuhausen-Stuttgart 1986, S. 67–97. Zur Kritik an dieser Interpretation und zum anderen Verständnis siehe Lutz Felbick: ''Lorenz Christoph Mizler de Kolof – Schüler Bachs und pythagoreischer „Apostel der Wolffischen Philosophie“.'' Georg-Olms-Verlag, Hildesheim 2012, ISBN 978-3-487-14675-1 (Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig – Schriften; 5), [https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa2-744250 pdf Online-Version], S. 54 ff. und 438 ff.</ref>
Bach schrieb wahrscheinlich fünf Passionen. Die [[Johannespassion (Bach)|Johannes-]] und [[Matthäuspassion (Bach)|Matthäuspassion]] sind die einzigen erhaltenen authentischen Passionen. Es ist anzunehmen, dass unter den drei anderen verschollenen Werken die Lukaspassion und die Markuspassion waren. Bei der fünften verschollenen Passion vermuten Forscher eine umgearbeitete einchörige Variante der Matthäus-Passion.


== Rezeption ==
=== Besonders bekannte Werke ===
=== Zu Lebzeiten ===
{| cellspacing=0 cellpadding=0 width=100%
Zu seinen Lebzeiten fand Bachs kompositorisches Schaffen nur eingeschränkt Beachtung, verglichen etwa mit dem seiner Zeitgenossen [[Georg Friedrich Händel]] oder [[Georg Philipp Telemann]]. Allerdings war er sicher auch kein „verkanntes Genie“, sondern Musikkennern wie [[Johann Mattheson]] und [[Giovanni Battista Martini]] europaweit ein Begriff.<ref>[[Johann Mattheson]]: ''Das beschützte Orchestre'', 1717: „Ich habe von dem berühmten Organisten zu Weimar Hrn. Joh. Sebastian Bach Sachen gesehen so wohl vor die Kirche (Kantaten) als vor die Faust (Orgelkompositionen) die gewiß so beschaffen sind daß man den Mann hoch æstimiren muß.“ Zitiert nach: ''Über Bach. Anthologie''; Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1992; S. 17.</ref><ref>Brief von [[Giovanni Battista Martini]], datiert 14. April 1750, 3 Monate vor Bachs Tod: „Ich halte es für überflüssig, das besondere Verdienst des Herrn Bach beschreiben zu wollen, weil er nicht allein in Deutschland, sondern auch in ganz Italien zu sehr bekannt und bewundert ist, nur sage ich, daß ich es für schwierig halte, einen Lehrer zu finden, der ihn übertrifft, weil er sich heutzutage mit Recht rühmen kann, einer der ersten zu sein, die es in Europa gibt.“ Aus: ''Über Bach. Anthologie.'' Philipp Reclam jun., Stuttgart 1992. S. 23.</ref> Nach seinem Tod erschien im selben Band von Mizlers ''Musikalischer Bibliothek'', in dem 1754 auch der Nekrolog abgedruckt wurde, eine [[Eloge]] über die „Music […], in welcher nun die Deutschen alle Nationen übertreffen“. Bach wird dabei unter die zehn „grosen deutschen Meister“ gezählt (neben [[Johann Adolph Hasse|Hasse]], Händel, Telemann, den [[Gebrüder Graun|Gebrüdern Graun]], [[Gottfried Heinrich Stölzel|Stölzel]], Pisendel, [[Johann Joachim Quantz|Quantz]] und [[Georg Heinrich Bümler|Bümler]]).<ref>{{Literatur|Autor=Lorenz Christoph Mizler|Titel=V. Nachricht von der Societät der musikalischen Wissenschafften in Deutschland von 1746 biß 1752.|Sammelwerk=Mizler Musikalische Bibliothek|Band=4|Datum=1754|Verlag=Mizlerischer Bücher-Verlag|Ort=Leipzig|Seiten=105|Online=[[:s:Seite:Mizler Musikalische Bibliothek Bd4 1754.pdf/107|Volltext bei Wikisource]]}}</ref> Europaweit bekannt war Bach zu Lebzeiten vor allem als [[Organist]] und [[Cembalo]]virtuose sowie als Meister der [[Improvisation]]. Der Musikkritiker [[Johann Adolf Scheibe]] schrieb 1737 über Bachs Fähigkeiten als Virtuose:
|- valign="top"
{{Zitat
| width=33% |
|Text=Ich habe diesen grossen Mann unterschiedene mahl spielen hören. Man erstaunet bey seiner Fertigkeit, und man kan kaum begreifen wie es möglich ist, daß er seine Finger und seine Füsse so sonderbahr und so behend in einander schrenken, ausdehnen und damit die weitesten Sprünge machen kan, ohne einen einzigen falschen Ton einzumischen oder durch eine so heftige Bewegung den Körper zu verstellen.
*[[Matthäuspassion (Bach)|Matthäus-Passion]]
|Autor=J. A. Scheibe
*[[Johannespassion (Bach)|Johannes-Passion]]
|Quelle=Der Critische Musicus, Sechstes Stück, Hamburg, 14. Mai 1737
*[[H-Moll-Messe (Bach)|h-Moll-Messe]]
|ref=<ref name="Scheibe">Johann Adolph Scheibe: ''Der critische Musicus.'' Band 1. Beneke, Hamburg 1737, [http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10599388_00086.html digitale-sammlungen.de]</ref>}}
*[[Weihnachtsoratorium (Bach)|Weihnachtsoratorium]]
Der gleichaltrige Universalgelehrte und lutherische Pfarrer der Traukirche von Bach in [[Dornheim (Thüringen)|Dornheim]], [[Johann Gottfried Gregorii]] alias Melissantes, zählte Bach im Jahr 1744 genau wie [[Johann Georg Ahle]] oder die Bachschüler [[Johann Heinrich Buttstett]] und [[Johann Ludwig Krebs]] in einer berufskundlichen Abhandlung zu den besten deutschen Organisten.<ref>Melissantes: ''Gemüths vergnügendes Historisches Hand-Buch für Bürger und Bauern …'', Leipzig, Frankfurt [und Arnstadt] 1744, S. 756/757&nbsp;f.</ref>
*[[Himmelfahrtsoratorium]]
*[[Osteroratorium_(Bach)|Osteroratorium]]
| width=33% |
*[[Magnificat (Bach)|Magnificat]]
*[[Kantaten (Bach)|Kantate]]n
*[[Musikalisches Opfer]]
*[[Die Kunst der Fuge]]
*[[Brandenburgische Konzerte]]
*[[Orchestersuiten (Bach)|4 Orchestersuiten]]
| width=33% |
*[[Orgelwerke (Bach)|Orgelwerke]]
*[[Schüblersche Choräle]]
*[[Wohltemperiertes Klavier]]
*[[Goldberg-Variationen]]
*[[Suiten für Violoncello solo (Bach)|Cellosuiten]]
*[[Sonaten und Partiten für Violine solo (Bach)|Sonaten und Partiten für Violine Solo]]
|}


An die überragende Improvisationskunst Bachs konnte sich Friedrich der Große noch 27 Jahre nach dessen Besuch in Potsdam gut erinnern:
=== Hörbeispiel aus „Wohltemperiertem Klavier“ ===
{{Zitat
{|
|Text=Entre autres [Frédéric II] il me parla [de] musique, et d’un grand organiste nommé [Carl Philipp Emanuel] Bach, qui vient de faire quelque séjour à Berlin, cet artiste est doué d’un talent superieur à tout ce que j’ai entendu ou pu imaginer en profondeur de connoissances harmoniques et en force d’exécution; cependant ceux qui ont connu son Père ne trouvent pas encore qu’il l’egale, le Roi est de cette opinion et pour me le prouver il chanta à haute voix un sujet de Fugue chromatique, qu’il avoit donné à ce vieux Bach, qui sur le champ en fit une Fugue à 4 puis à 5, puis enfin à huit voix obligés.
|-
|Sprache=fr
| width=200px | [[Bild:Audiobutton.png]] [[Media:Wtk1-fugue2.mid|Fuga a 3 voci (7KB)]] aus Bachs [[Wohltemperiertes Klavier|Wohltemperiertem Klavier]]
|Autor=Gottfried van Swieten (österreichischer Gesandter in Berlin)
| &nbsp;&nbsp;
|Quelle=Brief an [[Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg|Graf Kaunitz]] vom 26. Juli 1774
|
|Übersetzung=Unter anderem sprach [Friedrich&nbsp;II.] mit mir über Musik und einen großen Organisten namens [Carl Philipp Emanuel] Bach, der soeben in Berlin geweilt hat. Dieser Künstler ist mit einem Talent ausgestattet, das alles überragt, was ich je gehört habe oder mir hätte vorstellen können, und zwar in Bezug auf die Tiefgründigkeit, das Harmonieverständnis und die Stärke der musikalischen Ausführung. Nichtsdestoweniger meinen diejenigen, die noch seinen Vater gekannt haben, dass sein Sohn es ihm nicht hätte gleichtun können; der König stimmte dem zu und um es zu beweisen sang er mir mit kräftiger Stimme ein Thema einer chromatischen Fuge vor, das er dem alten Bach gegeben hatte, woraufhin er erlebte wie dieser aus dem Stand eine Fuge zu 4, danach 5 und schließlich acht [!] obligaten Stimmen darüber improvisierte.
{| {{prettytable}}
|ref=<ref>Zitiert nach Bach-Dokumente III, Nr. 790, S. 276, auch abgedruckt in [[Alfred Einstein]]: [http://www.zeno.org/Musik/M/Einstein,+Alfred/Mozart.+Sein+Charakter,+sein+Werk ''Mozart. Sein Charakter, sein Werk'', Kapitel „Mozart und der Kontrapunkt“], S. 182.</ref>}}
| width=200px | [[Bild:Wtk1-fugue2-page1-mm1-9.png|200px]]<br><br>[[Takt (Musik)|Takt]]e 1 bis 9 aus der c-Moll-[[Fuge (Musik)|Fuge]] aus dem 1. Teil des [[Wohltemperiertes Klavier|Wohltemperierten Klaviers]] von J. S. Bach
|}
|}


Der mit Bach befreundete [[Johann Gottfried Walther]] beschreibt in seinem ''Musicalischen Lexicon'' von 1732 Bachs bisherigen beruflichen Werdegang recht genau, beschränkt sich aber in der Angabe seiner Werke auf die 1731 ''in Kupfer herausgekommenen'' ''vortrefflichen Claviersachen'', nämlich die [[Clavierübung#Clavierübung Teil I: Partiten|sechs Partiten]].
=== Verzeichnisse der Bach'schen Werke ===


=== Tradierung durch Söhne und Schüler ===
Johann Sebastian Bachs musikalische Werke sind im „[[Bach-Werke-Verzeichnis]]“ (BWV) katalogisiert. Ein neueres, aber weniger gebräuchliches Verzeichnis ist das „[[Bach-Compendium]]“ der Musikwissenschaftler H.-J. Schulze und [[Christoph Wolff]].
Nach Bachs Tod bestand zunächst kaum ein Verlangen, seine Werke weiterhin aufzuführen. Es war zu dieser Zeit auch unüblich, wie es im heutigen Konzertgeschehen der Fall ist, Werke längst verstorbener Komponisten der Vergangenheit öffentlich in Konzerten aufzuführen. Der Musikgeschmack in der Zeit nach Bach sehnte sich nach einem „natürlichen“ und [[Empfindsamer Stil|„empfindsamen“ Musikstil]]. Bachs Musik wurde vielfach als künstlich und unnatürlich empfunden. In den Worten des schon zitierten Scheibe:
{{Zitat
|Text=Dieser große Mann würde die Bewunderung ganzer Nationen sein, wenn er mehr Annehmlichkeit hätte und wenn er nicht seinen Stücken durch ein schwülstiges und verworrenes Wesen das Natürliche entzöge und ihre Schönheit durch allzugroße Kunst verdunkelte. Weil er nach seinen Fingern urteilt, so sind seine Stücke überaus schwer zu spielen; denn er verlangt die Sänger und Instrumentalisten sollen durch ihre Kehle und Instrumente eben das machen, was er auf dem Klavier spielen kann. Dieses aber ist unmöglich.&nbsp;[…] man bewundert&nbsp;[…] die beschwerliche Arbeit und eine ausnehmende Mühe, die doch vergebens angewandt ist, weil sie wider die Vernunft streitet.
|Autor=J. A. Scheibe
|Quelle=Der Critische Musicus, Sechstes Stück, Hamburg, 14. Mai 1737
|ref=<ref name="Scheibe" />}}
Auch die meisten Thomaskantoren des ausgehenden 18. Jahrhunderts kümmerten sich wenig um die Aufführung und Bewahrung der Kompositionen ihres Vorgängers. Das Andenken an Bach pflegten außer einigen Musikliebhabern<ref>[[Johann Friedrich Reichardt]]: ''Musikalisches Kunstmagazin'', 1782: „Es hat nie ein Komponist, selbst der besten, tiefsten Italiener, keiner, alle Möglichkeiten unserer Harmonie so erschöpft wie Johann Sebastian Bach. Es ist fast kein Vorhalt möglich, den er nicht angewandt, alle echte harmonische Kunst und alle unechten harmonischen Künsteleien hat er in Ernst und Scherz tausendmal angewandt mit solcher Kühnheit und Eigenheit, daß der größte Harmoniker, der einen fehlenden Thematakt in einem seiner größten Werke ergänzen sollte, nicht ganz dafür stehen könnte, ihn wirklich so ganz, wie ihn Bach hatte, ergänzt zu haben.“ Aus: ''Über Bach. Anthologie.'' Philipp Reclam jun., Stuttgart 1992, S. 41.</ref> vor allem seine von ihm unterrichteten Söhne, die selbst Komponisten geworden waren. Allerdings beschritten sie durchaus eigene Wege.


<gallery heights="201" mode="packed">
Folgende Wikipedia-Artikel befassen sich ebenfalls mit systematischen Überblicken über Bachs Werk:
Wilhelm Friedemann Bach sketch.jpg|[[Wilhelm Friedemann Bach]],<br />der Dresdner oder Hallesche Bach<br />(1710–1784)
*[[Kantaten (Bach)]]
Carl Philipp Emanuel Bach.jpg|[[Carl Philipp Emanuel Bach]],<br />der Berliner oder Hamburger Bach<br />(1714–1788)
Johann Christoph Friedrich Bach.jpg|[[Johann Christoph Friedrich Bach]],<br />der Bückeburger Bach<br />(1732–1795)
Johann Christian Bach by Thomas Gainsborough.jpg|[[Johann Christian Bach]],<br />der Mailänder oder Londoner Bach<br />(1735–1782)
</gallery>


Ein weiterer Sohn, [[Johann Gottfried Bernhard Bach]], bereitete dem Vater überwiegend Sorgen. Er verschwand 23-jährig unter Hinterlassung eines Schuldenberges plötzlich von seiner Organistenstelle in [[Sangerhausen]] und starb ein Jahr später 1739 in Jena an „hitzigem Fieber“.
== Einfluss auf Musiktheorie, Spieltechnik und Instrumentenbau ==


Während seiner gesamten Schaffenszeit war Bach als Instrumental- und Kompositionslehrer tätig, insgesamt 81 Schüler sind nachweisbar. Diese lebten, oft über lange Zeit, im Haushalt der Familie und nahmen später oft wichtige Kapellmeister- und Kantorenposten ein. Sie waren es, die neben seinen Söhnen Bachs Namen und musikalischen Nachlass auch in der zweiten Hälfte des 18.&nbsp;Jahrhunderts lebendig erhielten. Bekannte Schüler Bachs waren [[Johann Ludwig Krebs]] und [[Johann Philipp Kirnberger]],<ref>So Ernst Ludwig Gerber und Friedrich Wilhelm Marpurg, die Schülerschaft gilt aber als zweifelhaft.</ref> der Bachs Kompositionslehre und [[Wohltemperierte Stimmung]] weitergab. Dadurch wurden zwar etliche Kompositionen Bachs zu Lehrwerken für spätere Komponisten, wie dem jugendlichen [[Ludwig van Beethoven]], wurden aber dennoch in den ersten achtzig Jahren nach Bachs Tod kaum öffentlich aufgeführt.
Neben seiner Wirkung als Musiker und Komponist hatte Bach auch Einfluss auf die praxisbezogene [[Musiktheorie]], die später vor allem in den Schriften [[Johann Philipp Kirnberger]]s erfasst wurde. Vermutlich angeregt durch die verschiedenen Temperierungen von [[Andreas Werckmeister]] komponierte Bach sein [[Wohltemperiertes Klavier]], dessen Popularität später der [[Wohltemperierte Stimmung|wohltemperierten Stimmung]] zum Durchbruch verhalf. Bach ging es darin - wie es Kirnberger beschrieben hat - unter anderem darum, die von der Temperierung abhängige Vielfalt tonartbezogener [[Affektenlehre|Affekte]] darzustellen und zu lehren.


=== Einwirkung auf die Wiener Klassiker ===
:''Siehe auch:'' [[Kirnberger-Stimmung]] und [[Die Kunst des reinen Satzes in der Musik]]
[[Joseph Haydn|Haydn]] und Mozart meinten zunächst Carl Philipp Emanuel, wenn sie von Bach sprachen; er gab ihnen, vor allem Haydn, entscheidende Anregungen zum eigenen Stil. Mozart wurde außerdem durch die Musik Johann Christian Bachs beeinflusst, den er 1764/1765 auf einer Konzertreise als „Wunderkind“ in London kennengelernt hatte. Johann Sebastian Bach trat erst spät in beider Bewusstsein.<ref>Joseph Haydn (1799): „Noch viel weniger es unrecht gefunden habe, daß Joh. Seb. Bach der Mittelpunkt der Sonne, folglich der Mann sey, von welchem alle wahre musikalische Weisheit ausgehe.“ Aus: Christoph Wolff: ''Johann Sebastian Bach.'' Aktualisierte Neuauflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 10.</ref>


Ab April 1782 lernte [[Wolfgang Amadeus Mozart]] im Hause seines Förderers [[Gottfried van Swieten]] Werke von Händel und Bach kennen. Mozart studierte vor allem Bachs Klavierfugen ([[Die Kunst der Fuge]], [[Das Wohltemperierte Klavier]]) und eignete sich systematisch deren Kompositionstechniken an.
Daneben wird Bach häufig als Mitbegründer der Spieltechnik mit dem Daumen als vollwertigem Spielfinger bei den Tasteninstrumenten genannt. Diese Technik erweiterte das Ausdrucksvermögen der Kompositionen bis in den [[Virtuose|virtuosen]] Bereich hinein, ermöglichte aber auch ein elegantes, vielstimmiges [[Legato|Legatospiel]]. ''„Er hatte sich eine eigene Fingerordnung ausgesonnen, daß es ihm nicht schwer fiel, die größten Schwierigkeiten mit der fließensten Leichtigkeit herauszubringen...Man ... weiß, daß es dabey hauptsächlich auf den Gebrauch des Daumens ankömmt, ..."'' (aus [[Johann Adam Hiller]]: ''Mein Leben'')
{{Zitat
|Text=Ich gehe alle Sonntag um 12 Uhr zum Baron van Swieten und da wird nichts gespielt als Händl und Bach&nbsp;– ich mach mir eben eine Collection von den bachischen Fugen&nbsp;– sowohl Sebastian als Emanuel und Friedemann Bach&nbsp;[…] Dann auch von den Händlischen.
|Autor=W. A. Mozart
|Quelle=Brief aus Wien an den Vater Leopold Mozart in Salzburg vom 10. April 1782
|ref=<ref>[[Joseph Müller-Blattau]]: ''Mozart: Leben – Briefe – Werke.'' Langewiesche, Königstein 1957 (Langewiesche Bücherei 234).</ref>}}
1789 hörte Mozart bei einem Besuch in der Leipziger [[Thomaskirche (Leipzig)|Thomaskirche]] Bachs [[Motette]] [[Singet dem Herrn ein neues Lied, BWV 225|Singet dem Herrn ein neues Lied (BWV 225)]]. Außerordentlich beeindruckt, vertiefte er sich in diese und andere [[Partitur]]en Bachs. Spuren dieser Begegnung sind die spontan komponierte [[Eine kleine Gigue|''kleine Gigue'']] und vermehrt [[Polyphonie|polyphone]] Setzweisen in Mozarts späteren Werken.


[[Ludwig van Beethoven]] studierte bereits als Kind Klavierwerke von Johann Sebastian Bach. Sein Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe schrieb 1783 in ''Cramers Magazin der Musik'' über ihn: „Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier, ließt sehr gut vom Blatt, und um alles in einem zu sagen: Er spielt größtentheils das wohltemperirte Clavier von Sebastian Bach“. Nachdem Beethoven 1792 als 22-Jähriger nach Wien gekommen war, beschäftigte er sich weiter mit Bachs Werken. Im Salon von Baron van Swieten spielte er regelmäßig die verschiedensten Bachschen Kompositionen:
:''Siehe auch:'' [[Carl Philipp Emanuel Bach]], ''„Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“''
{{Zitat
|Text=Die musikalischen Genüsse im Hause van Swieten’s, wo vorzugsweise Musik von Haendel, Seb. Bach und den großen Meistern Italiens, bis zu Palestrina hinauf, mit starker Besetzung zur Aufführung kamen, waren exquisit […] Für Beethoven hatten jene Zusammenkünfte noch das Besondere, dass er nicht nur mit jenen Klassikern bekannt wurde, aber auch noch, dass er stets am längsten aushalten musste, weil der alte Herr ein musikalischer Nimmersatt war […] denn Beethoven musste auf alles voraus Gehörte noch ein halb Dutzend Fugen von Bach ‚zum Abendsegen‘ vortragen.
|Autor=[[Anton Schindler]]
|Quelle=Biographie von Ludwig van Beethoven, Münster, 1840
|ref=<ref>Anton Schindler: [https://books.google.de/books?id=Vw85QJ2GIFMC Biographie von Ludwig van Beethoven] (Google-Volltext), Münster, Aschendorff’sche Buchhandlung, 1840 S. 25/26</ref>}}
Beethoven setzte sich besonders in seinen späten Werken mit Bachs polyphonen Techniken und Formen auseinander, so z.&nbsp;B. in der [[Klaviersonate Nr. 31 (Beethoven)|Klaviersonate Nr. 31 op. 110]] und in den [[Diabelli-Variationen]] sowie in seinen Streichquartetten [[15. Streichquartett (Beethoven)|op. 127]], [[13. Streichquartett (Beethoven)|op. 130]], [[14. Streichquartett (Beethoven)|op. 131]], [[15. Streichquartett (Beethoven)|op. 132]] und op. 133 ''([[Große Fuge]]).'' Eine Verwandtschaft mancher Werke Beethovens mit der Musik Bachs ist unverkennbar, so ist das ergreifende Thema des ''Arioso Dolente'' aus der Sonate op. 110 deutlich einer Altarie aus [[Johannes-Passion (J. S. Bach)|Bachs Johannespassion]] entlehnt.<ref>[https://www.theguardian.com/music/classical/page/0,,1943867,00.html Andras Schiff: the lectures | guardian.co.uk Music] Dieser Zusammenhang wurde von [[András Schiff]] in seinen Vorlesungen propagiert.</ref>


=== Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert ===
Zudem setzte sich Bach für die Weiter- und Neuentwicklung von Musikinstrumenten ein. Auch das war auf eine Erweiterung der kompositorischen Mittel ausgerichtet. Die [[Viola pomposa]] ist seine Erfindung. Bei den Tasteninstrumenten interessierten ihn besonders klangliche Neuentwicklungen. Er beschäftigte sich zum Beispiel mit deren Temperierung, bei den [[Orgel]]n mit deren [[Disposition (Orgel)|Klangdisposition]] und [[Orgel#Technik|mechanischen Qualitäten]]. Ein Beispiel ist Bachs ''„Disposition'' der neüen ''reparatur'' des Orgelwercks ''ad D: Blasii''“ (Mühlhausen 1708).
Der erste markante Wendepunkt in der Wahrnehmung und Wertschätzung des Bachschen Werks ist die Bach-Biografie [[Johann Nikolaus Forkel]]s. Dieser war Universitätsmusikdirektor in Göttingen und zugleich Musikhistoriker. Er hatte noch die beiden Bach-Söhne Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann persönlich gekannt und einen wesentlichen Teil seiner Informationen über sie bezogen. In der Vorrede zur 1802 erschienenen Biografie appellierte er an den nationalen Sinn:
{{Zitat
|Text=Die Erhaltung des Angedenkens an diesen großen Mann ist nicht bloß Kunstangelegenheit, sie ist Nationalangelegenheit.
|Autor=J. N. Forkel
|Quelle=Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke
|ref=<ref>Johann Nikolaus Forkel: ''Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Für patriotische Verehrer echter musikalischer Kunst.'' Leipzig 1802, {{Internetquelle |url=http://www.zeno.org/Musik/M/Forkel,+Johann+Nikolaus/%C3%9Cber+Johann+Sebastian+Bachs+Leben,+Kunst+und+Kunstwerke/Vorrede |titel=zeno.org |abruf=2019-09-13}}</ref>}}
Im Schlusssatz seiner Biografie bezeichnet Forkel Bach enthusiastisch als den „größten musikalischen Dichter und den größten musikalischen Deklamator, den es je gegeben hat und den es wahrscheinlich je geben wird“.


Dem damals erst 20-jährigen [[Felix Mendelssohn Bartholdy]], einem Schüler [[Carl Friedrich Zelter]]s, gebührt das Verdienst, Johann Sebastian Bach fast achtzig Jahre nach dessen Tod wieder einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt zu haben – mit der Wiederaufführung der Matthäus-Passion in einer verkürzten Fassung am 11. März 1829 mit der 1791 gegründeten [[Sing-Akademie zu Berlin]]. Er kam damit der bereits früher geplanten Aufführung durch seinen Freund [[Johann Nepomuk Schelble]] mit dessen [[Cäcilienchor Frankfurt|Cäcilienchor]] in Frankfurt zuvor, gab damit einen enormen Anstoß für die Publizität der Bachschen Musik und leitete die [[Bach-Renaissance]] ein. Die um 1810 geborene Generation romantischer Komponisten erlebte Bachsche Kompositionen als poetische Musik und nahm sie sich vielfältig zum Vorbild. Für Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847), [[Robert Schumann]] (1810–1856) und [[Frédéric Chopin]] (1810–1849), ja selbst für [[Franz Liszt]] (1811–1886) waren Bachs Werke eine wichtige Voraussetzung für das eigene Schaffen. Mendelssohn Bartholdy, Chopin und Liszt waren es – neben [[Adolf Henselt]], [[Ferdinand von Hiller]], [[Ignaz Moscheles]], [[Clara Schumann]], [[Sigismund Thalberg]] und vielen Lisztschülern –, die Klavierwerke Bachs in ihre Konzertprogramme aufnahmen. Besonders das [[Cembalokonzerte (Bach)#Konzert d-Moll für drei Cembali BWV 1063|Konzert für drei Klaviere d-Moll (BWV 1063)]] und das [[Cembalokonzerte (Bach)#Konzert d-Moll BWV 1052|Solokonzert d-Moll (BWV 1052)]] wurden häufig aufgeführt und machten das bürgerliche Konzertpublikum mit dem Instrumentalwerk Bachs bekannt. All das war freilich weit entfernt von einer historischen Aufführungspraxis. Die ''Musical Times'' schrieb im Januar 1848 in einem Nachruf auf Mendelssohn:
Bach war ein geschätzter und gut bezahlter Orgelinspektor, der in seinen Gutachten kein Blatt vor den Mund nahm. Dabei arbeitete er auch mit [[Gottfried Silbermann]] zusammen. Ihn forderte und förderte er in der Entwicklung des [[Klavier|Pianofortes]], das in Bachs späten Jahren nach einem Bericht seines Schülers [[Johann Friedrich Agricola]] ''„von ihm völlige Gutheißung erlangte“''.
{{Zitat
|Text=Never shall we forget the triumphant cadence with which he concluded Bach’s concerto for three harpsichords, following Moscheles and Thalberg. He alone knew the style: it was the pedal solo of an organ fugue in double octaves. What gigantic power he put into these things! The beauty of the exhibition, and, indeed, of the numerous demonstrations made by Mendelssohn in honour of Bach, was that he announced himself the disciple of a master contemned by ignorance and prejudice.
|Sprache=en
|Quelle=The Musical Times, Januar 1848
|Übersetzung=Niemals werden wir die triumphale Kadenz vergessen, mit der er Bachs Konzert für drei Cembali im Anschluss an Moscheles und Thalberg beendete. Er allein beherrschte diesen Stil: es war das Pedalsolo einer Orgelfuge in Doppeloktaven. Welche gewaltige Kraft er da hinein steckte! Die Schönheit der Darbietung und so auch der vielfachen Ausführungen durch Mendelssohn zur Ehre Bachs zeigte, dass er sich selbst als den Schüler eines Meisters ansah, der lange durch Unwissenheit und Vorurteil geringgeschätzt wurde.
|ref=<ref>{{Literatur |Titel=The Late Felix Mendelssohn-Bartholdy |Sammelwerk=The Musical Times |Nummer=44/2 |Datum=1848 |Seiten=154 |Sprache=en |JSTOR=3370516}}</ref>}}
Schumann schrieb über die Aufführung der Johannespassion in Düsseldorf:
{{Zitat
|Text=Der Bedeutung des Werkes halber, das wir gestern aufgeführt, eines über hundert Jahre wohl vergrabenen Schatzes, wäre es wünschenswerth, das auch in weiteren Kreisen davon bekannt würde.&nbsp;[…] Dass die Aufmerksamkeit der deutschen Kunstwelt auf dieses, eins der tiefsinnigsten und vollendetsten Werke Bach’s hingelenkt würde, dazu möchte auch ich beitragen&nbsp;…
|Autor=Robert Schumann
|Quelle=Brief an Wolfgang Müller von Königswinter, Düsseldorf, 14. April 1851
|ref=<ref>[http://www.schumann-ga.de/freie-texte/86-bach-und-haendel-in-der-rezeption-robert-schumanns.html#_ftn71 Matthias Wendt, Düsseldorf: ''Bach und Händel in der Rezeption Robert Schumanns''], Referat, gehalten am „Tag der mitteldeutschen Barockmusik 2001 in Zwickau“, Schumann-Forschungsstelle; zitiert nach: Paul Luchtenberg: ''Wolfgang Müller von Königswinter.'' Band 1. Verlag Der Löwe Reykers, Köln 1959, S. 269.</ref>}}


Schließlich war das Publikum ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Bachs Instrumentalmusik besser vertraut als mit den geistlichen Werken, einschließlich der Passionen. Im Jahr 1850 wurde unter Beteiligung von Schumann, Liszt, [[Ignaz Moscheles]], [[Louis Spohr]], [[Otto Jahn (Archäologe)|Otto Jahn]], [[Carl von Winterfeld]], [[Siegfried Wilhelm Dehn]], [[Carl Ferdinand Becker (Musikschriftsteller)|Carl Ferdinand Becker]] und des Thomaskantors [[Moritz Hauptmann]] in Leipzig die [[Bach-Gesellschaft Leipzig|Bach-Gesellschaft]] gegründet, die das Ziel hatte, die Werke Bachs in einer Gesamtausgabe herauszugeben. Auch [[Johannes Brahms]] (1833–1897), dessen musikalischer Historismus sich auf J. S. Bach gründete, war maßgeblich an dieser ersten Gesamtausgabe von Bachs Werken beteiligt. Mit Beendigung dieser Aufgabe im Jahr 1900 löste sich die Bach-Gesellschaft satzungsgemäß wieder auf, zugleich konstituierte sich auf Initiative von [[Hermann Kretzschmar (Musikwissenschaftler)|Hermann Kretzschmar]] und unter Mitwirkung von [[Oskar von Hase]], [[Martin Blumner]], [[Siegfried Ochs]], [[Joseph Joachim]], [[Franz Wüllner (Komponist)|Franz Wüllner]] und des Thomaskantors [[Gustav Schreck]] die [[Neue Bachgesellschaft]].
==Reisen==
{| align=center
|-
! [[Bild:JSBReisen.png|300px]]<br><br>Reisen von 1701 bis 1721
| &nbsp;&nbsp;
! [[Bild:JSBReisenLeipzig.png|300px]]<br><br>Reisen von 1723 bis 1747
|}


== Nachwirkung und Rezeption==
=== 20. und 21. Jahrhundert ===
Erst im 20. Jahrhundert erlebten Bachs Kompositionen eine systematische Pflege im öffentlichen Musikleben und in der [[Musikwissenschaft]].
===Tradierung durch Söhne und Schüler===
[[Datei:Jacques Loussier-02.jpg|mini|hochkant|Jacques Loussier]]
Bachs Werke wurden seit den 1970er Jahren zunehmend Gegenstand der [[Historische Aufführungspraxis|historischen Aufführungspraxis]]. Sie hat vielen Interpreten und Hörern einen neuen Zugang zu seiner Musik ermöglicht. Einen Anfang dazu hatte 1903 schon [[Wanda Landowska]] mit ihrem ersten öffentlichen [[Cembalo]]-Recital gemacht und mit ersten Schallplattenaufnahmen 1923 und der Gründung der ''École de Musique Ancienne'' im Jahre 1925 den Weg zum „Originalklang“ geebnet. Bach wird aber ebenso auf modernen Instrumenten gespielt. Die Einspielungen des kanadischen Pianisten [[Glenn Gould]] auf einem modernen [[Flügel (Tasteninstrument)|Flügel]], die sich durch Klarheit und tiefes Verständnis des Kontrapunkts auszeichnen, gelten als Meilensteine der Bach-Interpretation.


Im 20. Jahrhundert erfuhr das Werk Bachs auch eine Reihe populärer Adaptionen. Viele davon sind trivial und haben nur zitierenden Charakter, aber es gab auch ernsthaftere Annäherungen&nbsp;– so von [[Jacques Loussier]] mit seinem Projekt ''Play Bach'', von [[Ward Swingle]] mit seinen [[Swingle Singers]] und von [[Wendy Carlos|Walter Carlos]], der mit seinem [[Moog-Synthesizer]] eine neue klangliche Perspektive auf Bachs Werk eröffnete. Besonders Jazz-Musiker haben in der konzertanten Bachschen Mehrstimmigkeit und in seiner Fugentechnik immer wieder Anregungen gefunden, etwa [[Nina Simone]], [[Dave Brubeck]] oder [[Keith Jarrett]]. Auch in der Pop- und Rockmusik (etwa bei [[Deep Purple]] bzw. [[Ritchie Blackmore]], [[The Nice]] und [[Ekseption]]) finden sich Entlehnungen und Einflüsse Bachs.<ref>Hannes Fricke: ''Mythos Gitarre: Geschichte, Interpreten, Sternstunden.'' Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-020279-1, S. 85, 100.</ref> Dabei reicht das Spektrum von Inspirationen ohne genau fassbare Bezüge (wie beispielsweise bei [[Paul McCartney]]s Lied ''[[Blackbird (Lied)|Blackbird]]'', das gegenüber Bachs Bourrée e-Moll BV 996, ein „Lautenstück“, das von McCartney und [[George Harrison]] auf Partys gespielt wurde,<ref>Paul McCartney: ''The Lyrics: 1956 to Present.'' [[W. W. Norton & Company]], New York 2021; deutsch: ''Lyrics. 1956 bis heute.'' Hrsg. mit einer Einleitung von [[Paul Muldoon]]. Aus dem Englischen übersetzt von Conny Lösche. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77650-2, S. 47.</ref> Unterschiede in Takt, Tonart und Melodieführung aufweist) bis hin zu bewussten Dekonstruktionen (wie [[François Sarhan]]s verfremdende Bearbeitung von Bachs [[Präludium und Fuge C-Dur BWV 846 (Das Wohltemperierte Klavier, I. Teil)|Präludium und Fuge C-Dur BWV 846]]).<ref>Bernward Halbscheffel: ''Johann Sebastian Bach und die Rockmusik. Zitate, Paraphrasen und Bearbeitungen.'' Halbscheffel, Leipzig 2018, ISBN 978-3-943483-06-2, S. 59–79.</ref> Während bei der Paraphrase ein Kompositionsstil nur imitiert wird (wie Bachs Air BWV 1068 in ''[[A Whiter Shade of Pale#Musik|A Whiter Shade of Pale]]'' der britischen Band [[Procol Harum]]), ist das Zitat eine wörtliche Übernahme und auf Erkennbarkeit der Vorlage und ihrer Umgebung angelegt (wie bei zahlreichen Bach-Zitaten der Band „The Nice“). Hingegen beruhen Adaptionen auf verkürzten Arrangements der Vorlage (wie [[Jethro Tull]]s neuinstrumentierte Bearbeitung von Bachs Bourrée).<ref>Bernward Halbscheffel: ''Johann Sebastian Bach und die Rockmusik. Zitate, Paraphrasen und Bearbeitungen.'' Halbscheffel, Leipzig 2018, ISBN 978-3-943483-06-2, S. 83–188.</ref>
Nach Bachs Tod bestand zunächst kaum ein Verlangen, seine Werke weiterhin aufzuführen. Das Andenken an ihn pflegten hauptsächlich seine von ihm unterrichteten Söhne, die selbst Komponisten geworden waren:


Auch in der zeitgenössischen Kunstmusik finden sich zahlreiche Bach-Referenzen. Hatte schon [[Alban Berg]] in seinem Violinkonzert (1935) dem Choralzitat „Es ist genug“ (aus der Kantate [[O Ewigkeit, du Donnerwort, BWV 60|''O Ewigkeit, du Donnerwort'', BWV 60]]) zentrale Bedeutung eingeräumt, so legt in neuerer Zeit [[Klaus Huber (Komponist)|Klaus Huber]] seiner Komposition ''Senfkorn'' (1975) einen Passus der Bass-Arie „Es ist vollbracht“ (aus der Kantate [[Sehet! Wir gehn hinauf gen Jerusalem|''Sehet! Wir gehn hinauf gen Jerusalem'' BWV 159]]) zugrunde. [[Yun I-sang|Isang Yun]] nahm sich im Violin-Solowerk ''Königliches Thema'' (1976) des Themas aus dem ''[[Musikalisches Opfer|Musikalischen Opfer]]'' ebenso an wie zeitgleich [[Jürg Baur]] in ''Kontrapunkte 77.'' Variationen über „Es ist genug“ komponierte [[Edisson Wassiljewitsch Denissow|Edison Denissow]] 1984 (Ensemblefassung 1986). ''Meditationen'' über den Bach-Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ (BWV 668) schuf [[Sofia Asgatowna Gubaidulina|Sofia Gubaidulina]] 1993.<ref>{{Internetquelle |autor=Eckard Kröplin |url=http://www.uni-leipzig.de/~musik/web/institut/agOst/docs/mittelost/hefte/0801.pdf |titel=Bach in der russisch-sowjetischen Musik |hrsg=uni-leipzig.de |format=PDF |abruf=2011-07-17}}</ref> [[Reinhard Wolschina]] versah seine ''moments of silence'' (2000) mit dem Untertitel ''fünf Postludien für J.S.B.'' Auf Bachs [[Passacaglia und Fuge c-Moll, BWV 582|c-moll-Passacaglia BWV 582]] reflektiert [[Jörg-Peter Mittmann]] in seinem Werk ''Passacaglia'' (2006). In ''…mit Bach'' (2002) entfaltet derselbe Komponist eine Klangfläche über den Choral „[[Wohl mir, dass ich Jesum habe – Jesus bleibet meine Freude|Jesus bleibet meine Freude]]“ (BWV 147).
* [[Wilhelm Friedemann Bach]], der Dresdener oder Hallesche Bach ([[1710]] - [[1784]])
* [[Carl Philipp Emanuel Bach]], der Berliner oder Hamburger Bach ([[1714]] - [[1788]])
* [[Johann Christoph Friedrich Bach]], der Bückeburger Bach ([[1732]] - [[1795]])
* [[Johann Christian Bach]], der Mailänder oder Londoner Bach ([[1735]] - [[1782]])


Allein das Motiv [[B-A-C-H]], das Bach selbst in das letzte Stück seiner ''[[Die Kunst der Fuge|Kunst der Fuge]]'' eingeflochten hat, wurde von mehr als 300 Komponisten aufgegriffen, zum Beispiel von [[Hanns Eisler]] in ''Präludium und Fuge über B-A-C-H'' (1934). [[Arvo Pärt]] verfasste eine ''Collage'' über B-A-C-H (1964), die er später zum ''Concerto Piccolo über B-A-C-H'' (1994) erweiterte. [[Jean-Luc Darbellay]] spielt in ''Vagues (Hommage à J. S. Bach)'' (2006) auf Beethovens Ausspruch „Nicht Bach, Meer sollte er heißen“ an und greift ebenso auf das Motiv B-A-C-H zurück.
Während seiner gesamten Schaffenszeit war Bach als Instrumental- und Kompositionslehrer tätig, insgesamt 81 Schüler sind nachweisbar. Die Schüler lebten, oft über lange Zeit, im Haushalt der Familie und nahmen später wichtige Kapellmeister- und Kantorenposten ein. Sie waren es, die neben seinen Söhnen Bachs Namen und musikalischen Nachlass auch in der zweiten Hälfte des [[18. Jahrhundert]]s lebendig erhielten. Bekannte Schüler Bachs waren [[Johann Ludwig Krebs]] und (nach Ernst Ludwig Gerber und Friedrich Wilhelm Marpurg, aber zweifelhaft) [[Johann Philipp Kirnberger]], der Bachs Kompositionslehre und [[Wohltemperierte Stimmung]] weitergab. Dadurch wurden zwar etliche Kompositionen Bachs zu Lehrwerken für spätere Komponisten (z. B. den jugendlichen Ludwig van Beethoven), wurden aber dennoch in den ersten achtzig Jahren nach Bachs Tod kaum öffentlich aufgeführt.


Keine Bach-Referenz im engeren Sinne bilden die ''Bachianas brasileiras'' (1930–1945) von [[Heitor Villa-Lobos]].
===Einwirkung auf die Wiener Klassiker===
Haydn und Mozart meinten zunächst Carl Philipp Emanuel Bach, wenn sie von Bach sprachen. Ihnen, vor allem Joseph Haydn, war dieser entscheidender Anreger auf dem Weg zu einem eigenen Stil. Johann Sebastian Bach trat erst spät in ihr Bewusstsein.


== Gedenken ==
Ab April [[1782]] lernte [[Wolfgang Amadeus Mozart]] im Hause [[Gottfried van Swieten]]s neben Werken von Händel auch Werke von Bach kennen. Mozart studierte vor allem Bachs Klavierfugen durch und eignete sich systematisch deren Kompositionstechniken an.<br>
=== Gedenktage ===
[[1789]] hörte Mozart bei einem Besuch in der Thomaskirche Bachs [[Motette]] „Singet dem Herrn ein neues Lied“. Außergewöhnlich beeindruckt, vertiefte er sich in diese und andere [[Partitur|Partituren]] Bachs. Die Spuren dieser Begegnung sind eine spontan komponierte Gigue und vermehrt polyphone Setzweisen in Mozarts späterem Schaffen.
[[Datei:SubwayBach.jpg|mini|''Bach in the Subways'' 2015 in Leipzig]]
* ''Bach in the Subways'': [[21. März]], seit 2011, 2015 in U-Bahnen in 129 Ländern, davon zehn in Deutschland<ref>[http://bachinthesubways.com/wp-content/uploads/2015/01/GobletCities-2.pdf Städteliste] (PDF)</ref>
* [[Evangelische Kirche in Deutschland]]: [[28. Juli]] im [[Evangelischer Namenkalender|Evangelischen Namenkalender]]<ref>[[Frieder Schulz]]: ''Das Gedächtnis der Zeugen – Vorgeschichte, Gestaltung und Bedeutung des Evangelischen Namenkalenders''. In: [[Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie]], Band 19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S.&nbsp;69–104, Namenliste S.&nbsp;93–104 ([https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00051793_00008.html?prox=true&phone=true&ngram=true&context=%22Jahrbuch+f%C3%BCr+Liturgik+und+Hymnologie%22&pubYear=%7B1975%7D&hl=scan&fulltext=%22Jahrbuch+f%C3%BCr+Liturgik+und+Hymnologie%22&mode=simple Digitalisat])</ref>
* [[Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika]]: [[28. Juli]] (zusammen mit Heinrich Schütz und Georg Friedrich Händel)<ref>Gail Ramshaw: ''More Days for Praise: Festivals and Commemorations in Evangelical Lutheran Worship''. Augsburg Fortress 2016, S. 180.</ref>
* [[Lutheran Church – Missouri Synod|Lutherische Kirche – Missouri-Synode]]: [[28. Juli]]<ref>Lutheran Church Missouri Synod: ''[https://www.lcms.org/worship/church-year/commemorations Commemorations]''</ref>


=== Denkmäler und Gedenktafeln ===
[[Ludwig van Beethoven]] studierte bereits als Kind Klavierwerke J. S. Bachs. Sein Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe schrieb 1783 in ''Cramers Magazin der Musik'' über ihn: ''„Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier, ließt sehr gut vom Blatt, und um alles in einem zu sagen: Er spielt größtentheils das wohltemperirte Clavier von Sebastian Bach ...“<br>
[[Datei:Bachhaus Eisenach01.JPG|mini|Das [[Bachhaus Eisenach|Bachhaus]] in Eisenach dient heute als Museum, es ist aber nicht Bachs Geburtshaus]]
Beethoven setzte sich besonders in seinen späten Werken mit auf Bach fußenden polyphonen Techniken, vor allem mit der Fuge auseinander, so z. B. in der Klaviersonate op. 110 und in den Diabelli-Variationen sowie in seinen Streichquartetten op. 127, op. 130, op. 131, op. 132 und op.133 (''„Große Fuge“''). Besonders mit der ''„Großen Fuge“'' schlug Beethoven einen weiten Bogen in die Zukunft.
[[Datei:Altes Bach-Denkmal in Leipzig.JPG|mini|Das alte Bachdenkmal in Leipzig aus dem Jahr 1843, gestiftet von Felix Mendelssohn Bartholdy]]
Bach zu Ehren wurden, vor allem im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zahlreiche Denkmäler errichtet. Dazu gehören unter anderem:


* 1843: Das [[Altes Bach-Denkmal in Leipzig|Alte Bach-Denkmal in Leipzig]] (1843) nahe der Thomaskirche. Es wurde vom Komponisten [[Felix Mendelssohn Bartholdy]] gestiftet, von [[Eduard Bendemann]], [[Ernst Rietschel]] und [[Julius Hübner (Maler, 1806)|Julius Hübner]] entworfen und vom Leipziger Bildhauer [[Hermann Knaur]] ausgeführt. Es gilt als weltweit ältestes Bach-Denkmal.
===Wiederbelebung im 19. Jahrhundert===
* 1884: Das Denkmal in Bachs Geburtsstadt Eisenach vor dem [[Bachhaus Eisenach|Bachhaus]]. Diese Skulptur wurde im Jahr 1884 von [[Adolf von Donndorf]] entworfen und von [[Hermann Heinrich Howaldt]] ausgeführt.
* 1885: Das Bach-Denkmal in Köthen. Es wurde 1885 von dem Berliner Bildhauer Pöhlmann geschaffen. Es steht vor dem [[Bachhaus Köthen]].
* 1899: Nebenbüste zu dem zentralen Standbild für [[Friedrich II. (Preußen)|Friedrich den Großen]] in der [[Liste der Figurengruppen in der Berliner Siegesallee#Gruppe 28|Denkmalgruppe&nbsp;28]] der ehemaligen Berliner [[Siegesallee]] von [[Joseph Uphues]], enthüllt am 26. August 1899. Die Büste ist verschollen.
* 1908: Das wesentlich bekanntere und ebenfalls in Leipzig befindliche [[Neues Bach-Denkmal in Leipzig]] auf dem [[Thomaskirchhof]]. Auf einem 3,20&nbsp;m hohen Muschelkalksteinsockel, der vom Leipziger Architekten und Stadtbaurat [[Otto Wilhelm Scharenberg]] entworfen wurde und den Namen des Geehrten trägt, befindet sich eine 2,45 m hohe Bronzestatue, die vom Leipziger Bildhauer [[Carl Seffner]] entworfen und von der Firma Noack & Brückner gegossen wurde. Es wurde 1908 enthüllt.
* 1916: Aufnahme mit einer Büste von [[Fritz Behn]] ins [[Walhalla]]
* 1939: Bach-Denkmal des Berliner Bildhauers [[Paul Birr]] (1887–1945, vermisst) im Vorraum der [[Georgenkirche (Eisenach)|Eisenacher Georgenkirche]], Bachs Taufkirche.
* 1950: Anlässlich des Bachjahres 1950 wurde in Weimar am [[Platz der Demokratie (Weimar)|Platz der Demokratie]] eine [[Bachdenkmal (Weimar)|Büste]] von [[Bruno Eyermann]] (1888–1961) enthüllt, die aber bereits 1952 wieder entfernt wurde. Erst 1995 erfolgte die Wiederaufstellung.
* 1985: ''Denkmal des jungen Johann Sebastian Bach'' des Bildhauers [[Bernd Göbel (Bildhauer)|Bernd Göbel]] auf dem Marktplatz in Arnstadt, enthüllt 1985
* 2009: Bei dem Bach-Denkmal neben seiner Wirkungsstätte [[Divi-Blasii-Kirche|Divi Blasii]] in [[Mühlhausen/Thüringen]] steht der junge Bach neben seinem Denkmalsockel. Es wurde von dem Bildhauer Klaus Friedrich Messerschmidt geschaffen und am 9. August 2009 enthüllt.


=== Musikfestivals ===
[[Felix Mendelssohn Bartholdy]] gebührt das Verdienst, mit der Wiederaufführung der Matthäus-Passion in einer verkürzten Fassung am [[11. März]] [[1829]] J. S. Bach fast achtzig Jahre nach seinem Tod wieder einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt zu haben. Er gab damit einen enormen Anstoß für die Publizität der Bach'schen Musik.
Zu Ehren des Komponisten finden an verschiedenen Wirkungsstätten Bachs und anderen Kulturzentren Musikfestivals statt. Das [[Bachfest Leipzig]] wird seit 1908 durchgeführt. Alle zwei Jahre werden in [[Köthen (Anhalt)|Köthen]] die Köthener Bachfesttage im Rahmen der [[Musikfeste Sachsen-Anhalt]] veranstaltet. Die [[Thüringer Bachwochen]] sind das größte Festival klassischer Musik in Thüringen. Seit 1947 findet die [[Bachwoche Ansbach]] statt. Die [[Frankfurter Bachkonzerte]] wurden 1961 ins Leben gerufen und die [[Würzburger Bachtage]] im Jahr 1969. Weiterhin ist die traditionsreiche [[Greifswalder Bachwoche]] zu nennen.


=== Bach als Namensgeber ===
Die um 1810 geborene Generation romantischer Komponisten erlebte Bach'sche Kompositionen als poetische Musik und nahm sie sich vielfältig zum Vorbild. Für [[Felix Mendelssohn Bartholdy]] (1809-1847), [[Robert Schumann]] (1810-1856) und [[Frédéric Chopin]] (1810-1849), ja selbst für [[Franz Liszt]] (1811-1886) waren Bachs Werke eine wichtige Voraussetzung für das eigene Schaffen.
Nach Bach wurden unter anderem benannt:
* [[Liste der Bachchöre|zahlreiche Bachchöre]]
* die [[Internationale Bachakademie Stuttgart]]
* der [[Internationaler Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb|Internationale Johann-Sebastian-Bach-Wettbewerb]]
* der [[Bach-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg]]
* der [[Royal Academy of Music#Bachpreis|Bachpreis der Royal Academy of Music]]
* neun [[Asteroid|Planetoiden]] im [[Asteroid]]engürtel (wobei auch die wichtigsten Wirkungsorte berücksichtigt wurden), darunter der 1931 entdeckte Planetoid [[(1814) Bach]]<ref>{{Literatur |Autor=F. Börngen |Hrsg=MFB Verlagsgesellschaft |Titel=Johann Sebastian Bach astronomisch geehrt – Eisenach am Himmel genannt |Sammelwerk=StadtZeit. Stadtjournal mit Informationen aus dem Wartburgkreis |Verlag=Druck- und Verlagshaus Frisch |Ort=Eisenach |Datum=2000-03 |Seiten=21–22}}</ref>
* das [[Bach-Schelfeis]] in der Antarktis
* der [[Johann-Sebastian-Bach-Wald]], der am Westufer des [[Störmthaler See]]s bei Leipzig mit Unterstützung des [[Bachfest Leipzig]] angepflanzt wird


=== Briefmarken und Münzen ===
F. Mendelssohn Bartholdy, Fr. Chopin, und Fr. Liszt waren es neben [[Adolf Henselt]], [[Ferdinand Hiller]], [[Ignaz Moscheles]], [[Clara Schumann]] und [[Sigismund Thalberg]] und vielen Lisztschülern, die Klavierwerke Bachs in ihre Konzertprogramme aufnahmen. Besonders das Konzert für drei Klaviere d-Moll (BWV 1063) und das Solokonzert d-Moll (BWV 1054) wurden häufig aufgeführt und machten das bürgerliche Konzertpublikum mit dem Instrumantalwerk Bachs bekannt. All das war freilich weit entfernt von einer historischen Aufführungspraxis. Die ''Musical Times'' schreibt im Januar 1848 in einem Nachruf auf Mendelssohn:
Bach und seine Werke werden auf zahlreichen deutschen und ausländischen Briefmarken und Münzen dargestellt.
:''"Never shall we forget the triumphant cadence with which he concluded BACH’s concerto for three harpsichord’s, following MOSCHELES and THALBERG. He alone knew the style: it was the pedal solo of an organ fugue in double octaves. What gigantic power he put into these things!"''<br>
:(''„Niemals werden wir die triumphale Kadenz vergessen, mit der er BACHs Konzert für drei Cembali im Anschluss an MOSCHELES und THALBERG beendete. Er allein beherrschte diesen Stil: es war das Pedalsolo aus einer Orgelfuge in Doppeloktaven. Welche gigantische Kraft er da hinein steckte!“'')<br>
[[Ferdinand David]] und [[Joseph Joachim]] brillierten in ihren Konzerten mit der Chaconne d-Moll aus der Partita d-Moll für Violine senza Basso (BWV 1004). Robert Schumann in einer Besprechung eines Konzertes vom 21. Januar 1840:
:''„David spielte die Chaconne nicht minder meisterlich und mit der feinen Begleitung Mendelssohns.“''<br>


== Schriften ==
Schließlich war das Publikum ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Bachs Instrumentalmusik besser vertraut als mit den geistlichen Werken, einschließlich der Passionen.
* ''Ursprung der musicalisch-bachischen Familie.'' 1735.


== Filme ==
[[Johannes Brahms]] (1833-1897), dessen musikalischer Historismus sich auf J. S. Bach gründete, war maßgeblich an der ersten Gesamtausgabe von Bachs Werken beteiligt. Auf Brahms als „Fortschrittlichen“ berief sich [[Arnold Schönberg]] (1874-1951), um sich als Traditionalist in der Nachfolge Bachs und Beethovens zu charakterisieren.
* ''Johann Sebastian Bachs vergebliche Reise in den Ruhm.'' Spielfilm, 107 Min., DDR, BR Deutschland 1979/1980. Regie: [[Victor Vicas]], Produktion: [[DEFA]], [[ZDF]]<ref>{{Filmportal|037f38d4f16d420aba776feee20f78e9|Johann Sebastian Bachs vergebliche Reise in den Ruhm|abruf=2021-06-19}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.defa-stiftung.de/filme/filme-suchen/johann-sebastian-bachs-vergebliche-reise-in-den-ruhm/ |titel=Filmdetails: Johann Sebastian Bachs vergebliche Reise in den Ruhm (1979) |datum=1980-04-25 |sprache=de-DE |abruf=2024-07-29}}</ref>
* ''[[Johann Sebastian Bach (Film)|Johann Sebastian Bach]].'' Fernsehfilm in vier Teilen, DDR, Ungarn 1983/1984, 1. Die Herausforderung, 85 Min. – 2.&nbsp;Bist Du bei mir&nbsp;…, 90 Min. – 3. Stürme und Jahre, 80 Min. – 4. Die Ordnung der Sterne, 90 Min. Regie: Lothar Bellag, [[Ulrich Thein]] als Johann Sebastian Bach, [[Angelika Waller]] als Maria Barbara Bach<ref>{{Filmportal|df2f111c31874fc19ca68eb9592607bf|Johann Sebastian Bach|abruf=2021-06-19}}</ref>
* ''Ein Denkmal für Johann Sebastian.'' Dokumentation, 19 Min., DDR, 1984 Regie: Peter Milinski, Produktion: [[DEFA]]-Studio für Dokumentarfilme, Bereich Kinofilm Kleinmachnow, AG Effekt. Matthias Eisenberg, Gewandhausorganist, und Hans Wintoch, Rockmusiker, äußern sich über ihre Haltung zu Johann Sebastian Bach
* ''Johann Sebastian Bach – Stationen seines Lebens'' (2 Folgen) – Dokumentation, DDR, 1984. Regie: Peter Milinski, Produktion: [[DEFA]]-Studio für Dokumentarfilme, Bereich Kinofilm Kleinmachnow, AG Effekt. 1. Folge: Ich habe fleißig sein müssen, 2. Folge: Ich habe hier meine Behausung erkoren. J.&nbsp;S.&nbsp;Bach – Stationen seines Lebens in Eisenach, Arnstadt, Mühlhausen, Dornheim und Weimar und sein Wirken in Köthen, Halle, Dresden und Leipzig
* ''[[Mein Name ist Bach]].'' Spielfilm, 99 Min., Deutschland, Schweiz, Frankreich, 2002/2003. Regie: [[Dominique de Rivaz]], schildert das Treffen von Bach ([[Vadim Glowna]]) und Friedrich&nbsp;II. ([[Jürgen Vogel]]) 1747<ref>{{IMDb|tt0382180|Mein Name ist Bach/Details|abruf=2018-07-16}}</ref>
* ''[[Chronik der Anna Magdalena Bach]]'' – Spielfilm, 90 Min., D 1967. Regie: [[Straub-Huillet|Jean Marie Straub und Danièle Huillet]]; [[Gustav Leonhardt]] als Johann Sebastian Bach, Christiane Lang-Drewanz als Anna Magdalena Bach, mit [[Concentus Musicus Wien]], [[Nikolaus Harnoncourt]], [[Schola Cantorum Basiliensis]], [[August Wenzinger]], [[Knabenchor Hannover]]
* ''Great Composers (BBC TV series)'' – Leben und Werk von J. S. Bach (englisch), 8 Teile: [https://www.youtube.com/watch?v=5ZX7AJHz7HM Teil&nbsp;1], [https://www.youtube.com/watch?v=26hA5TXOLaY&feature=related Teil&nbsp;2], [https://www.youtube.com/watch?v=YhN-XqIOV2A&feature=related Teil&nbsp;3], [https://www.youtube.com/watch?v=c-5HrkzyIpU&feature=related Teil&nbsp;4], [https://www.youtube.com/watch?v=htRrAZ0SML4&feature=related Teil&nbsp;5], [https://www.youtube.com/watch?v=G83J_HgjJLw&feature=related Teil&nbsp;6], [https://www.youtube.com/watch?v=8GFvteHSo3o&feature=related Teil&nbsp;7], [https://www.youtube.com/watch?v=EpZG_u9T6A8&feature=related Teil&nbsp;8]
* [https://www.youtube.com/watch?v=5o1DZPqqx-M ''Bach: A Passionate Life – John Eliot Gardiner''], BBC-Sendung zum Leben Bachs vom 28. April 2013 (englisch)
* ''Die Stille vor Bach.'' Film, 102 Min., Spanien 2007. Regie: [[Pere Portabella]], zur Musik von Johann Sebastian Bach, vorgestellt bei den [[Internationale Filmfestspiele von Venedig|Internationalen Filmfestspielen von Venedig]] 2007, mit [[Christian Brembeck]] als Johann Sebastian Bach, [[Daniel Ligorio i Ferrandiz|Daniel Ligorio]] als Felix Mendelssohn, [[Alex Brendemühl]], [[Féodor Atkine]], Thomaskantor Georg Christopher Biller u.&nbsp;a.
* [[Bach – Ein Weihnachtswunder]] Film, 90 Min., Deutschland/Österreich 2024. Regie: [[Florian Baxmeyer]], zur fiktiven Entstehungsgeschichte des bekannten [[Weihnachtsoratorium (Bach)|Weihnachtsoratoriums]].


== Siehe auch ==
===Im öffentlichen Musikleben und in der Musikwissenschaft des 20. und 21. Jahrhunderts===
* [[Altbachisches Archiv]]
* [[Bach-Jahrbuch]]
* [[Bach-Werke-Verzeichnis]]
* [[Gödel, Escher, Bach]]
* [[Liste der Schüler Johann Sebastian Bachs]]


== Literatur ==
Dennoch erlebten Bachs Kompositionen eigentlich erst im 20. Jahrhundert eine systematische Pflege im öffentlichen Musikleben und in der Forschung.
(jeweils chronologisch)


=== 21. Jahrhundert ===
Die Werke Bachs wurden in den letzten 30 Jahren zunehmend Gegenstand der [[Historische Aufführungspraxis|Historischen Aufführungspraxis]]. Sie hat vielen Interpreten und Hörern einen neuen Zugang zu seiner Musik ermöglicht.<br>
* [[Michael Maul]]: ''Johann Sebastian Bach: Aria Alles mit Gott und nichts ohn’ ihn''. Faksimile (= ''Documenta Musicologica.'' Reihe 2, 33). Bärenreiter, Kassel 2005, ISBN 3-7618-1870-X.
Einen Anfang dazu hatte bereits 1903 [[Wanda Landowska]] mit ihrem ersten öffentlichen Cembalo-Recital gemacht und mit ersten Schallplattenaufnahmen 1923 und der Gründung der "École de Musique Ancienne" im Jahre 1925 den Weg zum "Originalklang" geebnet.
* [[Hans Heinrich Eggebrecht]]: ''Geheimnis Bach.'' Nötzel, Wilhelmshaven 2001, ISBN 3-7959-0790-X.
* [[Martin Geck]]: ''Johann Sebastian Bach.'' Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-50637-8.
* [[Maarten ’t Hart]]: ''Bach und ich.'' Piper Verlag, München 2003, ISBN 3-492-23296-5 (mit CD).
* [[Klaus Eidam]]: ''Das wahre Leben des Johann Sebastian Bach.'' Piper Verlag, München 2005, ISBN 3-492-24435-1.
* [[Arno Forchert]]: ''Johann Sebastian Bach und seine Zeit.'' Neuauflage. Laaber-Verlag, Laaber 2005, ISBN 3-89007-531-2.
* [[Hartmut Ellrich]]: ''Bach in Thüringen.'' Sutton, Erfurt 2006, ISBN 3-89702-945-6.
* Friedrich von Hausegger: ''Johann Sebastian Bach – Im Kontext der Musikgeschichte.'' ABOD 2006, Hörbuch ISBN 3-8341-0171-0.
* [[Christoph Wolff]]: ''Johann Sebastian Bach.'' Aktualisierte Neuauflage. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16739-5.
* [[John Eliot Gardiner]]: ''Bach. Musik für die Himmelsburg.'' Hanser, München 2016, ISBN 978-3-446-24619-5.
* [[Ingo Bredenbach]]'': J.S. Bach: „Le Musicien-Poete“ (J.S. Bach: Musiker und Dichter). Bach in der Sicht [[Albert Schweitzer]]s''. In: Ingo Bredenbach u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Bach unter den Theologen. Themen, Thesen, Temperamente''. Mohr Siebeck, Tübingen 2022, S. 179–226, ISBN 978-3-16-159966-8.
* [[Michael Maul]]: Bach. Eine Bildbiografie. Lehmstedt, Leipzig 2022, ISBN 978-3-95797-101-2.
* [[Michael Maul]]: ''J. S. Bach. "Wie wunderbar sind deine Werke!" Eine Liebeserklärung an die Musik des Thomaskantors Johann Sebastian Bach''. Insel Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-458-19510-8.
* [[Ingo Bredenbach|Ingo Bredenbach:]] ''Johann Sebastian Bachs Clavierunterricht. Bach als Lernender und Lehrender''. Bärenreiter, Kassel 2024, ISBN 978-3-7618-2617-1 (Dissertation Universität Tübingen 2021)


===Populäre Adaptionen Bachs===
=== Ältere Literatur ===
'''19. Jahrhundert'''
* [[Johann Nikolaus Forkel]]: ''Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Für patriotische Verehrer echter musikalischer Kunst.'' Hoffmeister und Kühnel (Bureau de Musique), Leipzig 1802 (Erste ausführlichere Biographie über Bach). Reprints der Erstausgabe: ''Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke.'' H. L. Grahl, Frankfurt am Main 1950 ([http://www.zeno.org/Musik/M/Forkel,+Johann+Nikolaus/%C3%9Cber+Johann+Sebastian+Bachs+Leben,+Kunst+und+Kunstwerke online] bei zeno.org). Bärenreiter-Verlag, Kassel 2004, ISBN 3-7618-1472-0. Reprintausgabe herausgegeben von [[Walther Vetter]] im [[Henschelverlag]] Berlin, 1966. (Lizenz-Nr. 414.235/37/66)
* [[Philipp Spitta (Musikwissenschaftler)|Philipp Spitta]]: ''Johann Sebastian Bach.'' 2 Bände. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1873–1880 ([http://www.zeno.org/Musik/M/Spitta,+Philipp/Johann+Sebastian+Bach online] bei zeno.org). 2., unveränderte Auflage ebenda 1916; 3., unveränderte Auflage ebenda 1921. Reprint der Erstausgabe: Leipzig 1993, ISBN 3-7651-0037-4.
* {{ADB|1|729|743|Johann Sebastian Bach|[[Rochus von Liliencron|Rochus Freiherr von Liliencron]], [[Wilhelm Heinrich Riehl]]|ADB:Bach, Johann Sebastian}}


'''1901 bis 1980'''
Im 20. Jahrhundert erfuhr das Werk Bachs auch eine Reihe populärer Adaptionen. Viele davon sind trivial und ohne größeren Wert, aber es gab auch ernsthaftere Annäherungen. So von [[Jacques Loussier]] mit seinem Projekt [[Play Bach]] und von [[Walter Carlos]], der mit seinem [[Moog-Synthesizer]] eine völlig neue klangliche Perspektive auf Bachs Werk eröffnete.
* [[Philipp Wolfrum]]: ''Johann Sebastian Bach'' (= ''Die Musik.'' Band 13–14). 2 Bände. Bard, Marquardt, Berlin [1906]; Leipzig 1910.
* [[Albert Schweitzer]]: ''Johann Sebastian Bach.'' Breitkopf & Härtel, 1908. Neuauflage: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1990, ISBN 3-7651-0034-X.
* [[Walter Dahms]]: ''Johann Sebastian Bach. Ein Bild seines Lebens.'' Musarion-Verlag, München 1924.
* [[Charles Sanford Terry (Historiker)|Charles Sanford Terry]]: ''Bach. A biography.'' 2., revidierte Auflage. Oxford University Press, London 1933.
** Deutsch (neuere Ausgabe): ''Johann Sebastian Bach.'' Insel Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-458-34288-5.
* [[Joseph Müller-Blattau]]: ''Johann Sebastian Bach: Leben und Schaffen.'' Reclam. Stuttgart 1950.
* {{NDB|1|485|488|Bach, Johann Sebastian|Wilibald Gurlitt|11850553X}}
* [[Barbara Schwendowius]], [[Wolfgang Dömling]] (Hrsg.): ''Johann Sebastian Bach. Zeit, Leben, Wirken.'' Bärenreiter, Basel/Tours/London 1976.
* [[Karl Geiringer]]: ''Johann Sebastian Bach.'' 2., überarbeitete Auflage. C. H. Beck, München 1978.


'''1981 bis 2000'''
=== Standbilder und Denkmale ===
* [[Walter Kolneder]]: ''Lübbes Bach-Lexikon.'' Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1982.
* [[Malcolm Boyd (Musikwissenschaftler)|Malcolm Boyd]]: ''Johann Sebastian Bach, Leben und Werk.'' DVA, Stuttgart 1984, ISBN 3-421-06209-9.
* [[Werner Felix]]: ''Johann Sebastian Bach.'' Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1984. 2. Auflage 1986. 3. Auflage 1989, ISBN 3-370-00165-9. Als Lizenzausgabe: Breitkopf und Härtel, Wiesbaden 1984, ISBN 3-7651-0202-4.
* [[Martin Petzoldt]]: ''Bach als Ausleger der Bibel.'' Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, [https://digi20.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb00050700_00001.html Digitalisat] (PDF; 51&nbsp;MB).
* Martin Petzoldt mit Joachim Petri: ''Johann Sebastian Bach, Bilder und Texte zu Bachs Leben als Christ und seinem Wirken für die Kirche „Ehre sei dir Gott gesungen“'', Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1986, ISBN 3-374-00545-4
* Arnold Werner-Jensen: ''Reclams Musikführer Johann Sebastian Bach.'' Band 1: ''Instrumentalmusik.'' Band 2: ''Vokalmusik.'' Philipp Reclam jun., Stuttgart 1993.
* [[Konrad Küster (Musikwissenschaftler)|Konrad Küster]] (Hrsg.): ''Bach Handbuch.'' Bärenreiter-Verlag, Kassel 1999, ISBN 3-7618-2000-3.
* Reinmar Emans, Sven Hiemke, [[Klaus Hofmann (Musikwissenschaftler)|Klaus Hofmann]]: ''Das Bach-Handbuch.'' Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-89007-450-2.
* [[Michael Heinemann (Musikwissenschaftler)|Michael Heinemann]] (Hrsg.) ''Das Bach-Lexikon.'' Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-89007-456-1 (Bach-Handbuch, Band 6).
* [[Eckart Kleßmann]] (Hrsg.): ''Über Bach: Von Musikern, Dichtern und Liebhabern: Eine Anthologie.'' 2. Aufl. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-018065-1.
* Malte Korff: ''Johann Sebastian Bach.'' Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2000, ISBN 3-423-31030-8.


<!--WARUM GERADE DIESE AUSWAHL? === Einzeldarstellungen ===
[[Bild:Johann_Sebastian_Bach-Denkmal.JPG|thumb|200px|Johann-Sebastian-Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof in Leipzig]]
* [[Gustav Adolf Theill]]: ''Beiträge zur Symbolsprache Johann Sebastian Bachs.'' Bonn 1983. Band 1: ''Die Symbolik der Singstimmen.'' ISBN 3-922173-01-2. Band 2: ''Die Symbolik der Musikinstrumente.'' ISBN 3-922173-02-0.
* Sandsteinsäule von Hermann Knauer in den Promenadenanlagen am [[Leipzig]]er Dittrichring, errichtet auf Initiative Felix Mendelssohn Bartholdys, der mit Benefizkonzerten des [[Gewandhausorchester]]s auch den Großteil der Baukosten sammelte; eingeweiht am [[23. April]] [[1843]]
* Ludwig Prautzsch: ''Die verborgene Symbolsprache Johann Sebastian Bachs.'' Band 1: ''Zeichen- und Zahlenalphabet der kirchenmusikalischen Werke.'' Merseburger, Kassel 2004, ISBN 3-87537-298-0.
*Büste in der [[Walhalla (Denkmal)|Walhalla]] bei Regensburg
* Heinz Stade, Thomas Bickelhaupt: ''Unterwegs zu Bach.'' Weimarer Taschenbuch Verlag, Weimar 2006, ISBN 978-3-937939-67-4.
*Bronzeguss für [[Eisenach]], enthüllt am [[28. September]] [[1884]], Entwurf von [[Adolf von Donndorf]], ausgeführt von [[Hermann Heinrich Howaldt|Hermann Howaldt]]
* [[Peter Zimmerling]]: ''Evangelische Mystik.'' Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2015, ISBN 978-3-525-57041-8, S.&nbsp;83–111: ''Johann Sebastian Bach (1685–1750): Mystik und Musik.''-->
*Denkmal auf dem Bachplatz in [[Köthen (Anhalt)]] von Heinrich Pohlmann, eingeweiht [[1885]]
*Bronzestatue von [[Karl Seffner]] auf dem Thomaskirchhof an der Südseite der Leipziger [[Thomaskirche (Leipzig)|Thomaskirche]], enthüllt am [[17. Mai]] [[1908]]
*Das Bach-Denkmal in [[Weimar]] wurde 1950 erstmals aufgestellt, nach zwei Jahren entfernt und 1995 am Platz der Demokratie wieder enthüllt
*Bachdenkmal in [[Arnstadt]], geschaffen [[1985]] von Bernd Göbel
*Bachdenkmal in [[Ansbach]], entworfen von [[Jürgen Goertz]], aufgestellt im Juli 2003
*Bachrelief in [[Karlsruhe]], Haus Nr.82 in der Bachstraße


=== Edierte Originalquellen ===
== Literatur ==
* ''Bach-Dokumente.'' Vorgelegt und erläutert von [[Werner Neumann (Musikwissenschaftler)|Werner Neumann]] (bis Band 4) und [[Hans-Joachim Schulze (Musikwissenschaftler)|Hans-Joachim Schulze]] (Band 1–3 und 5). Herausgegeben vom Bach-Archiv Leipzig. Bärenreiter-Verlag, Kassel/Leipzig usw. 1963–2008.
** Band 1: ''Schriftstücke von der Hand Johann Sebastan Bachs.'' 1963; 2. Auflage 2012, ISBN 978-3-7618-0025-6.
** Band 2: ''Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs 1685–1750.'' 1969, ISBN 978-3-7618-0026-3.
** Band 3: ''Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs 1750–1800.'' 1972, Nachdruck 1984, ISBN 3-7618-0249-8.
** Band 4: ''Bilddokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs'' (= ''Supplement zu Johann Sebastian Bach, Neue Ausgabe sämtlicher Werke''). 1979, ISBN 3-7618-0250-1.
** Band 5: ''Dokumente zu Leben, Werk, Nachwirken, 1685–1800: Neue Dokumente, Nachträge und Berichtigungen zu Band I–III.'' 2007, ISBN 978-3-7618-1867-1.
** Band 6: ''Ausgewählte Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs.'' 2007, ISBN 978-3-7618-1924-1.
** Band 7: ''Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke.'' 2008, ISBN 978-3-7618-1925-8.
* Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): ''Johann Sebastian Bach. Leben und Werk in Dokumenten.'' VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1975, ISBN 3-370-00105-5. Lizenzausgabe: dtv/Bärenreiter, München/Kassel 1975, ISBN 3-423-04164-1, ISBN 3-423-02946-3, ISBN 3-7618-0498-9.


== Weblinks ==
Für eine um Vollständigkeit bemühte Bibliographie siehe Yo Tomitas [http://www.music.qub.ac.uk/tomita/bachbib/ „Bach Bibliography“]
{{Commons|audio=1|video=0}}
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{{Wikiquote}}
{{Wikisource}}


=== Literatur, Biographisches, Institutionen ===
* [[Wolfgang Schmieder]]: ''[[Bach-Werke-Verzeichnis]] (BWV). Thematisch-systematisches Verzeichnis der musikalischen Werke von Johann Sebastian Bach'', Breitkopf & Härtel, Wiesbaden, 1990, ISBN 3-7651-0255-5
* {{DNB-Portal|11850553X|TEXT=Werke von und über}}
* {{DDB|Person|11850553X}}
* [http://www.musikbibliographie.de:80/SET=2/TTL=1/COLMODE=1/CMD?ACT=SRCHA&IKT=5040&SRT=YOP&TRM=Bach%2C+Johann+Sebastian Literatur über Johann Sebastian Bach] in der [[Bibliographie des Musikschrifttums]]
* [http://www.zeno.org/Musik/M/Bach,+Johann+Sebastian Digitalisierter Volltext dreier Bach-Biographien bei Zeno.org]
* [http://www.bach.de/ bach.de: Beschreibung von Leben und Werk Johann Sebastian Bachs]
* [https://www.bachipedia.org/ Bachipedia] Nachschlagewerk der [[J. S. Bach-Stiftung]], insbesondere für Kantaten
* {{correspSearch}}
* {{BMLO|b1316}}
* [https://www.bach-cantatas.com/ Bach Cantatas Website] Portal zu den Kantaten und vielen anderen Werken Bachs (englisch)


=== Aufnahmen ===
* [[Hans Heinrich Eggebrecht]]: ''Geheimnis Bach'', Nötzel, Wilhelmshaven 2001 ISBN 3-7959-0790-X
* [http://www.bachdiskographie.de/ Diskografie der Werke Bachs und der Bach-Familie] mit vielen weiteren Informationen
* [[Klaus Eidam]]: ''Das wahre Leben des Johann Sebastian Bach'', Piper Verlag GmbH 2005 ISBN 3492244351
* [http://jsbach.org/ jsbach.org] – Internationale Seite mit Informationen über Interpretationen
* [[Arno Forchert]]: ''Johann Sebastian Bach und seine Zeit'', Laaber Verlag, Neuaufl. 2005, ISBN 3890075312
* [http://www.pianosociety.com/pages/bach/ Piano Society – Bach] – Freie Aufnahmen, teils auch Noten
* [[Johann Nikolaus Forkel]]: ''Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke'', Bärenreiter-Verlag, Kassel 2004, ISBN 3-7618-1472-0 <Repr. d. Ausg. Leipzig 1802>
* [http://www.classiccat.net/bach_js/ Classic Cat – Bach] – Verzeichnis mit freien Aufnahmen
* James R. Gaines: Evening in the Palace of Reason. Fourth Estate, 2005, ISBN 0007156588 (Johann Sebastian Bach meets [[Friedrich II. (Preußen)|Frederick the Great]])
* [http://www.blockmrecords.org/bach/download.htm Das gesamte Orgelwerk]
* [[Jean Pierre Grivois]] : ''Moi JSB'', [[Editions Héloïse d'Ormesson]] , [[2005]])
* [https://www.bachipedia.org/werke/ Die gesamten Kantaten]: Aufnahmen, Texte sowie Reflexionen (bis ins Jahr 2030 abgeschlossenes Projekt der J. S. Bach-Stiftung St. Gallen)
* [[Gilles Cantagrel]] : ''Bach en son temps'', [[Editions Fayard]] , 2003 , ISBN 2-21360007-4
* [[Gilles Cantagrel]] : ''Le Moulin et la rivière, air et variations sur Bach'', Couronné par l'Académie Charles Cros et l'Académie des Beaux Arts [[Editions Fayard]] , 2004 , ISBN 2-21360128-3
* [[Martin Geck]]: ''Johann Sebastian Bach'', Rowohlt, Reinbek 2002, ISBN 3-499-50637-8
* Friedrich von Hausegger, Johann Sebastian Bach - Im Kontext der Musikgeschichte, ABOD 2006, Hörbuch ISBN 3-8341-0171-0
* Michael Heinemann (Hg.) ''Das Bach-Lexikon'' Laaber-Verlag 2000 Band 6 des Bach-Handbuch ISBN 3890074561
* [[Konrad Küster]] (Hg.): ''Bach Handbuch'', Bärenreiter-Verlag, Kassel 1999 ISBN 3-7618-2000-3
* [[Ludwig Prautzsch]]: ''Die verborgene Symbolsprache Johann Sebastian Bachs'', Merseburger Verlag, Kassel
* [[Wilhelm Otto Deutsch]]: ''Gesten der Annahme, der Verwandlung, der Verwandtschft: Ein Beitrag zur musikalischen Hermeneutik J. S. Bachs in der h-moll-Messe. MKirche lxii/6 (1992), 321-327.''
*1. - ''Zeichen- und Zahlenalphabet der kirchenmusikalischen Werke'', 2004 ISBN 3-87537-298-0
* [[Gottfried Scholz]]: ''Bachs Passionen. Ein musikalischer Werkführer'', Beck, München 2000, ISBN 3-406-43305-7
* [[Albert Schweitzer]]: ''Johann Sebastian Bach'', Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1990, ISBN 3-7651-0034-X
* [[Philipp Spitta]]: ''Johann Sebastian Bach'', DOVER PUBN INC Vol. 1 1992 ISBN 0486274128, Vol. 2 2000 ISBN 0486274136, Vol. 3 1992 ISBN 0486274144 (in Englisch)
* Philipp Spitta: ''Johann Sebastian Bach'' 2 Bde Wiesbaden, Breitkopf & Härtel, 1964 (in Deutsch, vergriffen)
* [[Charles Sanford Terry]]: ''Johann Sebastian Bach'' Insel Verlag 1999 ISBN 3458342885
* [[Christoph Wolff]]: ''Johann Sebastian Bach'', Fischer, Frankfurt/M. 2000, ISBN 3-10-092584-X


=== Frei erhältliche Noten und Texte ===
== Siehe auch ==
* {{IMSLP|id=Bach%2C_Johann_Sebastian|cname=Johann Sebastian Bach}}, u.&nbsp;a. sämtliche Werke in der Ausgabe der Bach-Gesellschaft als einzelne PDF
* {{Mutopia|BachJS}}
* {{ChoralWiki|Johann Sebastian Bach}}
* [https://www.bach-digital.de/ Digitale Bibliothek von Bach-Autographen] sowie weiterer Quellen aus dem Bach-Umkreis ([[Bach digital]])
* [https://webdocs.cs.ualberta.ca/~wfb/bach.html The Bach Cantatas] – Texte aller Vokalwerke Bachs
* [http://www.musik-openbooks.de/Bach Kostenloses Lehrwerk zu Johann Sebastian Bach für allgemeinbildende Schulen] (Unterrichtsheft, Kommentarheft, Sounddateien und Materialien)


== Anmerkungen ==
* [[Liste deutscher Komponisten klassischer Musik|Liste deutscher Komponisten]]
<references responsive />
* [[Liste der Kirchenliederkomponisten]]
* [[Familie Bach]]
* [[Bachsöhne]]
* [[Werner Neumann]], Bachforscher
* [[Richard Buchmayer]], Musikhistoriker und Bachforscher
* [[Bachhaus]]
* [[Neue Bachgesellschaft]]
* [[Bachwoche Ansbach]]


{{Navigationsleiste Thomaskantoren}}
== Weblinks ==
{{Normdaten|TYP=p|GND=11850553X|LCCN=n79021425|NDL=00432003|VIAF=12304462}}
{{Commons|Johann Sebastian Bach}}
{{Wikiquote|Johann Sebastian Bach}}
{{Wikisource|Johann Sebastian Bach}}
*{{PND|11850553X}}
*{{ADB|1|729|743|Johann Sebastian Bach|Wilibald Gurlitt}}
*{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/b/bach_j_s.shtml}}
*[http://www.music.qub.ac.uk/~tomita/bachbib/ Die „Bach Bibliography“] umfangreiche Bibliografie zum Thema Bach (in Englisch)
*[http://jsbach.org/ jsbach.org] - Internationale Seite mit Informationen über Interpretationen
*[http://www.bach-leipzig.de/ Bach-Archiv Leipzig]
*[http://www.bachhaus.de/ Bachhaus Eisenach]
*[http://bachdigital.uni-leipzig.de/ Bach Digital] - Eingescannte Autografen und mehr
*[http://www.greatjsbach.net/ Greatjsbach.net] - Live-Stream und Klavierauszüge zahlreicher Bach-Werke zum Hören und Ansehen
*[http://www.s-line.de/homepages/bachdiskographie/ Diskografie der Werke Bachs und der Bach-Familie] mit vielen weiteren Informationen
*[http://www.bach-cantatas.com/ Bach-Cantatas.com] - Texte aller Vokalwerke Bachs (sowie deren Übersetzung ins Englische), Verzeichnis der Aufnahmen u. Interpreten, Hörproben, zahlreiche Hintergrundinformationen (in Englisch)
*[http://www.cs.ualberta.ca/~wfb/bach.html Bach Cantata Page] - Texte aller Vokalwerke Bachs (sowie deren Übersetzung ins Niederländische und Französische)
*[http://www.jsba.ch/ jsba.ch: Bach-Portal, BachForum, Bach-Community]
*[http://www.pianosociety.com/index.php?id=10 Piano Society - Bach] - Freie Aufnahmen
*[http://www.classiccat.net/bach_js/ Classic Cat - Bach] - Verzeichnis mit freien Aufnahmen
*[http://www.bach.de/ bach.de] - Deutschsprachige Seiten über J. S. Bach
*[http://www.kathpedia.com/index.php?title=Johann_Sebastian_Bach_%28Spiritualit%C3%A4t%29 Über Bachs Spiritualität]
*[http://www.classicistranieri.com/dblog/articolo.asp?articolo=4757 Das wohltemperierte Klavier] Freie Aufnahme
* {{musicbrainz künstler|name=Johann Sebastian Bach|id=24f1766e-9635-4d58-a4d4-9413f9f98a4c}}
* {{IMDb Name|ID=0001925|NAME=Johann Sebastian Bach}}
*[http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,434564,00.html Spiegel online vom 31.08.2006 zur Beziehung Bach - Georg Böhm in Lüneburg]

'''frei erhältliche Noten von Werken J.S. Bachs:'''
*[http://www.mutopiaproject.org/cgibin/make-table.cgi?preview=1&searchingfor=&Composer=BachJS Mutopiaproject.org] - frei erhältliche Bach-Partituren
*[http://www.noten-klavier.de/noten/inventionen.htm die zweistimmigen Inventionen und andere Klaviernoten als pdf und midi]
*[http://www.free-sheetmusic.org/ frei erhältliche Bach-Partituren auf www.free-sheetmusic.org]
*[http://www.bach-cantatas.com/IndexScores.htm Bach-Cantatas.com] - zahlreiche Bachkantaten
*[http://www.kantoreiarchiv.de/archiv/choir_orchestra/cantata/bach/ Bachkantaten (Kantoreiarchiv)]
*[http://www.kantoreiarchiv.de/archiv/orchestra/concerts/violin/Bach/ Violinkonzerte BWV 1043 und 1041 (Kantoreiarchiv)]
*[http://www.kantoreiarchiv.de/archiv/orchestra/concerts/concerti_grossi/bwv_1049_brb_4/ Brandenburgische Konzert Nr. 4 (Kantoreiarchiv)]


{{SORTIERUNG:Bach, Johann Sebastian}}
[[Kategorie:Eisenach]]
[[Kategorie:Leipzig]]
[[Kategorie:Komponist (Barock)|Bach, Johann Sebastian]]
[[Kategorie:Komponist (Kirchenmusik)|Bach, Johann Sebastian]]
[[Kategorie:Thomaskantor|Bach, Johann Sebastian]]
[[Kategorie:Deutscher Komponist|Bach, Johann Sebastian]]
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[[Kategorie:Deutscher|Bach, Johann Sebastian]]
[[Kategorie:Geboren 1685|Johann Sebastian Bach]]
[[Kategorie:Gestorben 1750|Johann Sebastian Bach]]
[[Kategorie:Johann Sebastian Bach| ]]
[[Kategorie:Johann Sebastian Bach| ]]
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[[Kategorie:Komponist (Barock)]]
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[[Kategorie:Thomaskantor]]
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[[Kategorie:Geboren 1685]]
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{{Lesenswert}}

{{Link FA|es}}

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[[nn:Johann Sebastian Bach]]
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[[sco:Johann Sebastian Bach]]
[[sh:Johan Sebastijan Bah]]
[[simple:Johann Sebastian Bach]]
[[sk:Johann Sebastian Bach]]
[[sl:Johann Sebastian Bach]]
[[sq:Johann Sebastian Bach]]
[[sr:Јохан Себастијан Бах]]
[[su:Johann Sebastian Bach]]
[[sv:Johann Sebastian Bach]]
[[sw:Johann Sebastian Bach]]
[[th:โยฮันน์ เซบาสเทียน บาค]]
[[tl:Johann Sebastian Bach]]
[[tr:Johann Sebastian Bach]]
[[uk:Бах Йоганн Себастьян]]
[[ur:جوہن باخ]]
[[vi:Johann Sebastian Bach]]
[[zh:约翰·塞巴斯蒂安·巴赫]]
[[zh-yue:巴哈]]

Aktuelle Version vom 21. Juni 2025, 19:30 Uhr

Johann Sebastian Bach 1746, mit Rätselkanon (Zweitversion des Ölgemäldes von Elias Gottlob Haußmann)[1]
Bachs eigenhändiger Namenszug auf dem Deckblatt der Kantate Gott ist mein König, 1708. Er schreibt sich hier italienisch als Gio. Bast. Bach (= Giovanni Bastiano Bach)
Bachs selbstentworfenes Siegel mit den spiegelbildlich ineinander verwobenen Anfangsbuchstaben seines Namens, JSB

Johann Sebastian Bach (* 21. Märzjul. / 31. März 1685greg. in Eisenach, Sachsen-Eisenach; † 28. Juli 1750 in Leipzig, Kurfürstentum Sachsen) war ein deutscher Komponist, Violinist, Organist und Cembalist des Barock. Der prominenteste Vertreter der Musikerfamilie Bach war in seiner Hauptschaffensperiode Thomaskantor und Musikdirektor zu Leipzig und gilt vielen Berufsmusikern als der bedeutendste Komponist der Musikgeschichte.[2][3][4][5][6]

Seine Werke beeinflussten spätere Komponistengenerationen und inspirieren bis heute musikschaffende Künstler zu zahllosen Bearbeitungen. Zu den bekanntesten gehören Toccata und Fuge d-Moll, Das Wohltemperierte Klavier, die Brandenburgischen Konzerte, viele Kirchenkantaten, die Johannes-Passion, die Matthäus-Passion, das Weihnachtsoratorium, die h-Moll-Messe und Die Kunst der Fuge.

Vom zeitgenössischen Publikum wurde Bach als virtuoser Musiker und Improvisator sowie als Orgelsachverständiger hoch geschätzt. Als Komponist rangierte er jedoch im Ansehen der damaligen Musikwelt hinter anderen Komponisten wie Händel, Telemann und selbst Graupner. Wie bei vielen Barockkomponisten erschienen nur wenige von Bachs Kompositionen zu seinen Lebzeiten im Druck. Zu einem Großteil geriet seine Musik nach seinem Tod jahrzehntelang weitgehend in Vergessenheit, da es damals unüblich war, Werke aus der Vergangenheit weiter öffentlich aufzuführen. Bachs Kompositionen für einzelne Soloinstrumente waren Kennern jedoch weiterhin bekannt und wurden als Hausmusik gespielt. Einzelne seiner Schüler und deren Schüler wiederum führten die Tradition der Bach-Werke fort. Auch die Komponisten der Wiener Klassik setzten sich mit Teilen seines Œuvres auseinander. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurden verschiedene Vokalwerke Bachs durch die Sing-Akademie zu Berlin wieder aufgeführt. Mit der Wiederaufführung der Matthäus-Passion unter der Leitung von Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1829 begann die Bach-Renaissance. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts gehören Bachs Werke in der ganzen Welt zum festen Repertoire der klassischen Musik.

Johann Sebastian Bach hatte insgesamt 20 Kinder – neun Töchter und elf Söhne –, sieben aus seiner ersten und 13 aus der zweiten Ehe, von denen allerdings die meisten schon im Kindesalter starben. Vier seiner Söhne, die sogenannten Bachsöhne, wurden ebenfalls bedeutende Musiker und Komponisten.

Leben

Eisenach (1685–1695)

Thüringen und angrenzende Gebiete um 1685. Die Region war in viele Herrschaften zersplittert; eine davon war das Herzogtum Sachsen-Eisenach.
Die Eisenacher Georgenkirche mit dem Taufbecken, in dem Bach getauft wurde

Johann Sebastian Bach entstammte der in Mitteldeutschland weitverzweigten lutherischen Familie Bach. Die allermeisten der bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgbaren väterlichen Vorfahren und Verwandte waren Kantoren, Organisten, Stadtpfeifer, Mitglieder von Hofkapellen oder Instrumentenbauer (Clavichord, Cembalo, Laute) zwischen Werra und Saale.[7] Der Stammbaum der Familie Bach lässt sich zurückführen bis zu einem seiner Ururgroßväter, Veit Bach. Dieser verließ als evangelischer Glaubensflüchtling Ungarn oder Mähren[8] und ließ sich in Wechmar bei Gotha, der Heimat seiner Vorfahren, als Bäcker nieder. Er spielte bereits das Cithrinchen, ein Zupfinstrument. Sein Sohn Johannes Bach war nicht nur als Bäcker, sondern auch als „Spielmann“ tätig. Die weiteren Nachfahren waren alle Musiker. Von Johann Sebastian Bach selbst stammt eine Chronik über den „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“ mit Kurzbiographien von 53 Familienmitgliedern aus dem Jahr 1735.

Johann Sebastian war das jüngste von acht Kindern des Johann Ambrosius Bach (1645–1695) und seiner Frau Elisabeth geborene Lemmerhirt (1644–1694). Sein Vater war Stadtpfeifer in Eisenach und Hoftrompeter in der kleinen Kapelle der Herzoge Johann Georg I. und danach Johann Georg II. von Sachsen-Eisenach. Als Johann Sebastian Bach zur Welt kam, galt in den protestantischen Territorien Deutschlands, also auch in seinem Geburtsort Eisenach, noch der Julianische Kalender. So wird sein Geburtsdatum in der Regel mit dem örtlich gültigen Datum, dem 21. März 1685, angegeben. Nach dem Gregorianischen Kalender ist sein Geburtsdatum der 31. März. Da sich die protestantischen Reichsstände im Jahr 1700 dem Gregorianischen Kalender anschlossen, sind alle Daten der Bach-Biographie seit 1700, also auch Bachs Sterbedatum, ausschließlich gregorianisch. Das Geburtshaus in der damaligen Fleischgasse (heute Lutherstraße 35) existiert nicht mehr.[9] Zwei Tage nach seiner Geburt wurde Johann Sebastian Bach in der Eisenacher Georgenkirche getauft. Seine beiden Vornamen erhielt er von den beiden Paten, Sebastian Nagel, Stadtpfeifer von Gotha, und dem fürstlich-eisenachischen Forstbeamten Johann Georg Koch.[10] Sein Rufname war Sebastian.[11]

Obwohl Eisenach zu Bachs Geburtszeit nur etwa 6000 Einwohner hatte, verfügte es über ein recht bedeutendes Musikleben. Seit 1672 war es Residenzstadt des kleinen Fürstentums Sachsen-Eisenach. Die Hofkapelle zog bekannte Musiker an, so unter anderem Johann Pachelbel 1677/1678, Daniel Eberlin 1672–1692 und Georg Philipp Telemann 1708–1712.[9] Die frühe Kindheit verbrachte Bach in Eisenach, wo er durch den Cousin seines Vaters, den Organisten der Eisenacher Georgenkirche, Johann Christoph Bach, erstmals Kirchen- und Orgelmusik erlebte. Die Grundlagen des Violinspiels vermittelte ihm wahrscheinlich sein Vater.[12][13] Im Alter von acht Jahren kam Bach in Eisenach auf die Lateinschule des ehemaligen Dominikanerklosters, die 200 Jahre zuvor bereits der Theologieprofessor und Reformator Martin Luther besucht hatte. Zuvor hatte Johann Sebastian Bach vermutlich die deutsche Schule besucht.[9]

Seine Mutter starb am 3. Mai 1694. Am 27. November 1694 heiratete sein Vater die Witwe Barbara Margaretha Bartholomäi geb. Keul. Er starb wenige Monate danach am 20. Februar/2. März 1695. Im Alter von neun Jahren war Johann Sebastian somit eine Waise geworden. Seine Stiefmutter wollte mit den Gesellen und Lehrlingen der Stadtpfeifer das Amt ihres verstorbenen Mannes weiter versehen, erhielt aber dafür nicht die Genehmigung der Stadt Eisenach. Daher konnte sie nicht mehr selbst für die Kinder sorgen. Der Eisenacher Kantor Andreas Christian Dedekind, der mit der Familie Bach eng befreundet war und bei dem Johann Sebastian Latein- und Musikunterricht hatte, formulierte am 4. März 1695 für die Witwe, da diese als Frau damals nicht für sich sprechen konnte, ein Gesuch an den Rat der Stadt auf ein Gnadenhalbjahr, das allerdings nur zur Hälfte bewilligt wurde.[14][9] Dedekind war in dieser Zeit auch Vormund für den minderjährigen Johann Sebastian[15] und half der Witwe auch beim Verkauf des Bachschen Hauses, da diese wieder nach Arnstadt zog.[16] Johann Sebastian Bach zog mit seinem Bruder Johann Jacob Bach zu seinem älteren Bruder Johann Christoph Bach nach Ohrdruf.

Ohrdruf (1695–1700)

Schulmatrikel des Lyzeums Ohrdruf. J. S. Bach ist der vierte Schüler in der zweiten Liste

Der dreizehn Jahre ältere Bruder Johann Christoph, Organist an der Michaeliskirche in Ohrdruf, übernahm seine weitere Erziehung und musikalische Ausbildung und vermittelte ihm das Spielen auf den Tasteninstrumenten. Spätestens hier dürfte sich Johann Sebastians Interesse für Musik und Instrumente gebildet haben. Er lernte in Ohrdruf das Orgelspiel. Vermutlich ab 1697 gewann er durch die vielen Reparaturen an der Orgel der Michaeliskirche, bei denen auch sein Bruder Johann Christoph mitwirkte, ein tieferes Verständnis von Aufbau und Mechanik des Instruments. Außerdem war er als Chorsänger tätig.

In Ohrdruf besuchte Johann Sebastian das Lyzeum bis zur Prima. In der Secunda waren u. a. sein Vetter Johann Ernst Bach und sein lebenslanger Freund Georg Erdmann seine Mitschüler. Die schulischen Leistungen Bachs in Ohrdruf sind als sehr gut überliefert. Unterrichtet wurde er in den Fächern Latein, Griechisch, Mathematik, Geographie, Katechismus und evangelische Religion. Ein Schulstipendium (Freitisch bzw. Freiplatz) trug zu seinem Unterhalt bei. Diese Schulstipendien wurden durch wohlhabende Bürger gestiftet. Damit verbunden war die Verpflichtung, den Söhnen dieser Familien Privatunterricht zu erteilen.

Aus der Ohrdrufer Zeit stammt auch der Bericht aus Bachs Nekrolog,[17] dass Johann Christoph in einem Schrank mit bloßen Gitterstäben wertvolle Werke von Komponisten aus der späteren Hälfte des 17. Jahrhunderts aufbewahrte und diese seinem Bruder offenbar verwehrte, der sie abschreiben wollte. Johann Sebastian soll laut dem Nekrolog heimlich „bey Mondenscheine“ die Noten abgeschrieben haben, sei jedoch vom Bruder dabei ertappt worden. Der Nekrolog berichtet fälschlicherweise, dass Johann Christoph bereits 1700 verstarb und Bach erst hier die ihm verwehrten Werke erhielt. Nach Christoph Wolff hatte das Abschreiben der Noten keinen Riss zwischen Bach und seinem Bruder hinterlassen. Beide blieben bis zu Johann Christophs Tod im Jahre 1721 eng verbunden.[18]

Die Fürsorge und Hilfe, die Johann Sebastian Bach in Ohrdruf erfuhr, scheint er nie vergessen zu haben. Er erhielt durch seinen Bruder in seinem musikalisch-schöpferischen Beginn wesentliche Förderung. In der Möllerschen Handschrift von Bachs Ohrdrufer Choralbuch, das wesentlich von Johann Christoph angelegt wurde, finden sich wenigstens 25 der ersten Werke des jungen Johann Sebastian.[19]

Als nach dem Tod des Bruders die umgekehrte Situation eintrat und sein Neffe Johann Heinrich Hilfe benötigte, nahm Bach diesen 1724–1728 bei sich in Leipzig auf.[20]

Lüneburg und Weimar (1700–1703)

Bachs Kopie von Reinckens An Wasserflüssen Babylon, notiert in Orgeltabulatur
St. Michaelis in Lüneburg

Nach dem unerwarteten Verlust ihrer „Freitische“ auf dem Lyzeum in Ohrdruf entschlossen sich der 14-jährige Bach und sein Klassenkamerad Georg Erdmann, ihre Schulausbildung in der Partikularschule des Lüneburger Michaelisklosters fortzusetzen. Das akademische Niveau dort war höher als am Ohrdrufer Lyzeum. Außerdem lernten die Schüler durch die Nachbarschaft der Ritterschule die Grundlagen der höfischen Tradition kennen. Fest steht, dass Bach seine Geige nach Lüneburg mitnahm. Erstmals werden Bach und Erdmann am 3. April 1700 bei der Verbuchung der Mettengeldzahlungen aufgeführt. Beide mussten kein Schulgeld zahlen, waren dafür aber verpflichtet, als Mettenchorsänger ihren Dienst zu leisten. Im Gegensatz zu allen seinen Geschwistern und seinen Vorfahren, die alle die höhere Schulausbildung zugunsten einer Musikerlehre aufgegeben hatten, entschied sich Bach damit für eine höhere Schulbildung, die zum Universitätsstudium qualifizierte. Im Frühjahr 1702 schloss er die Schule in Lüneburg erfolgreich ab.

Der Komponist Georg Böhm war zu dieser Zeit Organist an der Lüneburger Hauptkirche St. Johannis. Sein Einfluss auf Bachs frühe Orgelwerke und Claviersuiten lässt sich bei stilkritischer Analyse vermuten, aber nicht belegen. Im Jahre 2005 im Altbestand der Weimarer Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek entdeckte Abschriften von Orgelwerken Dieterich Buxtehudes und Johann Adam Reinckens, des zu Bachs Zeit berühmten Organisten der Hamburger Hauptkirche Sankt Katharinen, legen allerdings nahe, dass der knapp 15-jährige Johann Sebastian Bach die Kopie von Reinckens Choralfantasie An Wasserflüssen Babylon für den Orgelunterricht bei Georg Böhm verfertigte. Sie ist von Bach mit einem Hinweis auf Böhm datiert: „â Dom. Georg: Böhme | descriptum aõ. 1700 | Lunaburgi“.

Laut Nekrolog reiste Bach „von Lüneburg […] zuweilen nach Hamburg, um den damals berühmten Organisten an der Catharinenkirche Johann Adam Reinken zu hören“. Die Orgel der St. Katharinenkirche, die als berühmtestes und schönstes Instrument Norddeutschlands galt, wie auch Reinckens Improvisationskunst hinterließen bei ihm einen bleibenden Eindruck.[21][22] Der Nekrolog erwähnt auch, dass Bach in seiner Lüneburger Zeit die Gelegenheit hatte, „sich durch öftere Anhörung einer damals berühmten Capelle, welche der Hertzog von Zelle unterhielt, und die mehrenteils aus Frantzosen bestand, im Frantzösischen Geschmack […] fest zu setzen“. Diese „Capelle“ konnte er in der Lüneburger Residenz des Herzogs Georg Wilhelm hören. Unter den französischen Musikern befand sich auch der Ballettmeister der Ritterakademie Thomas de la Selle, ein Schüler von Jean-Baptiste Lully.[23] Es wird vermutet, dass Bach in dieser Zeit auch mit dem Celler Organisten Arnold Matthias Brunckhorst in persönlichen Kontakt kam, dessen Klaviersonate als früher deutscher Beleg für die zweiteilige Sonatensatzform Domenico Scarlattis gilt.[24]

Zwischen Ostern 1702, als Bach seine Schulzeit in Lüneburg beendet hatte, und 1703 lassen sich seine Spuren nicht näher verfolgen. Wahrscheinlich zog er von Lüneburg nach Thüringen zurück, da er mit dem Ende der Schulzeit den Anspruch auf freie Kost und Logis verloren hatte. Möglicherweise kam er zunächst bei seiner älteren Schwester Maria Salome in Erfurt oder wieder bei seinem Ohrdrufer Bruder Johann Christoph unter, der sich inzwischen wirtschaftlich wesentlich verbessert hatte.[25] Aus einem späteren Brief Bachs ergibt sich, dass er sich im Juli erfolglos um die vakante Organistenstelle an St. Jacobi in Sangerhausen bewarb.

Spätestens ab März 1703 war Bach als Lakai und Violinist in der Privatkapelle des Mitregenten Johann Ernst von Sachsen-Weimar angestellt.

Arnstadt (1703–1707)

Autograph der Choralbearbeitung Wie schön leuchtet der Morgenstern BWV 739 aus Bachs Arnstädter Zeit

Bei einer Orgelprobe am 17. März 1703 knüpfte Bach Kontakte zum Rat in Arnstadt. Am 9. August 1703 erhielt er ohne weiteres Probespiel seine Bestallung als Organist der Neuen Kirche in Arnstadt. Für ein ungewöhnlich hohes Gehalt von 50 Gulden sowie 30 Gulden für Kost und Logis war er an der Neuen Kirche offiziell zunächst nur für das Orgelspiel zuständig, später aber auch für die Zusammenarbeit mit dem Chor des Lyzeums verpflichtet.

Ende 1704 zogen drei verwaiste Cousinen zweiten Grades nach Arnstadt, Töchter von Johann Michael Bach. Zu der jüngsten, Maria Barbara Bach, die nun im Hause des Bürgermeisters wohnte, entwickelte Bach eine feste Zuneigung.

Im November 1705 wanderte er zu Studienzwecken nach Lübeck, um, wie es im Nekrolog heißt, „den dasigen berühmten Organisten an der Marienkirche Diedrich Buxtehuden zu behorchen“, möglicherweise aber auch, um sich dort als Nachfolger des 70-jährigen Buxtehude zu bewerben. Ihm war ein Urlaub von vier Wochen gewährt worden, damit er zur Weihnachtszeit wieder in Arnstadt zur Verfügung stehe.[26] Diesen dehnte er bis in den Januar 1706 aus und ließ sich währenddessen als Organist in Arnstadt durch seinen Vetter Johann Ernst vertreten. Buxtehudes Lübecker Abendmusiken, seinen Orgel- und Clavierwerken und seinem unvergleichlichen Orgelspiel verdankte Bach wertvolle musikalische Eindrücke. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat er auch auf der berühmten alten Totentanz-Orgel von St. Marien spielen können. Die ersten erhaltenen Orgel- und Klavierwerke Bachs lassen den Einfluss Buxtehudes erkennen. Dazu gehören Choralvorspiele wie beispielsweise Wie schön leuchtet der Morgenstern (BWV 739) sowie Präludien, Toccaten, Partiten und Phantasien.

Werke Bachs, die wahrscheinlich oder sicher während seiner Arnstädter Zeit entstanden sind:

  • Kantate „Christ lag in Todes Banden“, BWV 4
  • Kantate „Nach dir, Herr, verlanget mich“, BWV 150
  • Choralvorspiel „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, BWV 739
  • Capriccio in E „in honorem Johann Christoph Bachii Ohrdrufiensis“, BWV 993
  • Verschiedene Fugen (BWV 531, BWV 533, BWV 549, BWV 550, BWV 551)
  • Fantasie in c-Moll, BWV 1121

Buxtehude war sehr von Bach angetan. Bedingung für die Anstellung als Marienorganist war aber, dass der Nachfolger Buxtehudes älteste Tochter Anna Margreta heiratete. Zu dieser zehn Jahre älteren Frau fühlte sich Bach jedoch nicht hingezogen; auch soll er zu dieser Zeit bereits mit Maria Barbara verlobt gewesen sein.[26]

Aus den erhaltenen Akten geht hervor, dass Bach mehrmals Konflikte mit dem Arnstädter Konsistorium hatte. Dies betraf sein Verhalten den Chormitgliedern gegenüber, seine Urlaubsüberziehung und seine ungewohnte Art des Orgelspiels. Auch habe er in der Kirche mit einer „frembden Jungfer“ musiziert. Der Enge dieser Verhältnisse hoffte Bach durch seinen Wechsel nach Mühlhausen zu entgehen.

Mühlhausen (1707–1708), erste Ehe

Mühlhausen um 1650 (Kupferstich von Matthäus Merian)

Nachdem Bach am 24. April 1707 in der Freien Reichsstadt Mühlhausen vorgespielt hatte, trat er dort am 1. Juli an der Divi-Blasii-Kirche seinen Dienst als Organist an.[27] Sein Gehalt betrug 85 Gulden plus Naturalien und Einkünfte aus den Nebenkirchen. Dies war eine wesentlich höhere Bezahlung als sein Vorgänger und sein Nachfolger erhielten. Sie erlaubte ihm nun, eine Familie zu gründen. Am 17. Oktober 1707 heiratete er die Hofsängerin Maria Barbara Bach (1684–1720) geborene Bach. Dieser Ehe entstammten sieben Kinder, von denen drei im Säuglings- oder Kindesalter starben:

  • Catharina Dorothea (1708–1774), getauft in Weimar am 29. Dezember 1708, gestorben am 14. Januar 1774 in Leipzig und dort am 17. Januar als „Jungfer“ auf dem Neuen Kirchhofe begraben[28]
  • Wilhelm Friedemann, der Dresdner oder Hallesche Bach (1710–1784)
  • Maria Sophia (*/† 1713), gestorben drei Wochen nach ihrer Geburt
  • Johann Christoph (*/† 1713), Zwillingsbruder von Maria Sophia, gestorben am Tag seiner Geburt
  • Carl Philipp Emanuel, der Berliner oder Hamburger Bach (1714–1788)
  • Johann Gottfried Bernhard (1715–1739)
  • Leopold Augustus (1718–1719)

Auftragsgemäß komponierte Bach zum Ratswechsel am 4. Februar 1708 die festliche Kantate Gott ist mein König (BWV 71), die als einzige der zu seinen Lebzeiten gedruckten Kantaten sich erhalten konnte.

Im Juni 1708 reiste Bach im Zusammenhang mit dem Abschluss der Renovierungsarbeiten an der dortigen Orgel nach Weimar und spielte vor dem Herzog Wilhelm Ernst. Dieser bot ihm die Stelle als Hoforganist und Kammermusiker mit einem Gehalt von 150 Gulden zuzüglich Naturalien an. Damit zusammen fällt, dass ein großer Stadtbrand in Mühlhausen zu einer Verteuerung der Lebenshaltungskosten geführt hatte, so dass Bach schon am 25. Juni 1708 – kaum ein Jahr nach seinem Amtsantritt – in Mühlhausen um seine Entlassung bat.[29] Bachs Nachfolger wurde Johann Friedrich Bach (1682–1730), Sohn des Johann Christoph Bach. Der Stadt Mühlhausen blieb Johann Sebastian Bach aber weiterhin verbunden: Auch in den beiden Folgejahren bekam er Aufträge für Ratswechselkantaten, die gleichfalls auf Kosten der Stadt gedruckt wurden, aber verschollen sind.

In Mühlhausen entstandene Werke:

  • BWV 71 – Kantate „Gott ist mein König“
  • BWV 131 – Kantate „Aus der Tiefen rufe ich, Herr, zu dir
  • BWV 565 – Toccata und Fuge in d-Moll (eventuell nicht von J. S. Bach)
  • BWV 532 – Präludium und Fuge in D-Dur
  • BWV 582 – Orgel-Passacalia in c-Moll (möglicherweise erst zur Weimarer Zeit entstanden)
  • BWV 524 – Quodlibet

Weimar (1708–1717)

Christian Richter (um 1660): Schlosskirche Weimar, Wirkungsstätte Bachs
Verbuchung der Gehaltszahlungen in Weimar: „Dem Laqueÿ Baachen“

Bach übersiedelte in der ersten Julihälfte 1708 mit seiner schwangeren Gattin nach Weimar und zog in das Haus ein, in dem bis 1705 der Komponist und Violinist Johann Paul von Westhoff gewohnt hatte.

Am 29. Dezember desselben Jahres wurde das erste Kind, Catharina Dorothea, getauft. Während der Weimarer Zeit folgten noch fünf Kinder: Wilhelm Friedemann (* 22. November 1710), die Zwillinge Maria Sophia und Johann Christoph (* 23. Februar 1713, beide starben bald darauf), Carl Philipp Emanuel (* 8. März 1714) und Johann Gottfried Bernhard (* 11. Mai 1715). Auf die Ausbildung seiner Söhne, einschließlich der später geborenen Johann Christoph Friedrich und Johann Christian, legte Bach großen Wert. Alle erhielten eine umfassende Schulbildung und nahmen später ein Universitätsstudium auf.

Ein Großteil von Bachs Orgelwerk entstand während der Weimarer Zeit, darunter möglicherweise die Passacaglia und Fuge c-Moll und zahlreiche Toccaten, Präludien und Fugen. Hier begann er sein Orgelbüchlein, das als Sammlung von 164 Choralvorspielen angelegt war, von denen er aber nur 44 vollendete.

Am 21. und 22. Februar 1713 befand sich Bach in Weißenfels anlässlich der Feierlichkeiten zum Geburtstag des Herzogs Christian von Sachsen-Weißenfels. Möglicherweise wurde dort die Jagdkantate BWV 208 aufgeführt, Bachs früheste bekannte weltliche Kantate. Kirchenkantaten sind aus der früheren Weimarer Zeit nur wenige überliefert.

Gegen Ende des Jahres 1713 wurde Bach nach der Aufführung einer Probekantate die Organistenstelle an der Marktkirche St. Marien und Liebfrauen in Halle angeboten. Er erhielt am 14. Dezember seine Bestallung vom Kirchenkollegium, zögerte aber mit der Vertragsunterzeichnung und schickte erst am 19. März 1714 eine endgültige Absage mit der Begründung, dass die Besoldung nicht seiner Erwartung entspreche.

J. E. Rentsch der Ältere: Bach (?) als Konzertmeister in Weimar, 1715

Am 2. März 1714 wurde Bach in Weimar zum Konzertmeister ernannt. Obwohl er in der Hierarchie immer noch unter dem Kapell- und dem Vizekapellmeister stand, bekam er mit 250 Gulden ein erheblich höheres Gehalt als beide. Mit dem neuen Amt war die Pflicht verbunden, alle vier Wochen eine Kirchenkantate für den jeweiligen Sonntag zu komponieren. Als erste erklang am 25. März (Palmsonntag und gleichzeitig Mariä Verkündigung) die Kantate Himmelskönig, sei willkommen (BWV 182). Ihr folgten in regelmäßigen Abständen noch mindestens 20 weitere Werke, die den Grundstock der späteren Leipziger Kantatenjahrgänge bildeten. Über das Instrumentalrepertoire, das Bach mit der Weimarer Hofkapelle pflegte, ist nahezu nichts bekannt, weil alle Unterlagen und Noten 1774 beim Brand der Wilhelmsburg vernichtet wurden.

Wichtig für Bach waren offenbar auch seine Beziehungen zum Dresdner Musikdirektor Johann Georg Pisendel. Stilkritische Vergleiche von Bachs und Pisendels Solowerken für Violine legen nahe, Pisendel habe Bach zur Komposition der sechs Sonaten und Partiten angeregt. Bereits 1709 hatten Bach und Pisendel einige Zeit miteinander in Weimar verbracht und seither Kompositionen ausgetauscht. Durch Pisendel, der kurzzeitig ein Schüler Antonio Vivaldis gewesen war, wurden Bach möglicherweise Vivaldis Kompositionen vermittelt. Außerdem hatte der junge musikalisch begabte Neffe des Fürsten, Prinz Johann Ernst, in den Niederlanden die italienische Musik kennengelernt und brachte von dort viele Partituren mit. In den Weimarer Jahren transkribierte Bach mehrere Werke Vivaldis (insbesondere aus dem L’Estro Armonico), so die Cembalo-Konzerte in D-Dur (BWV 972), C-Dur (BWV 976) und F-Dur (BWV 978). Anlässlich der Hochzeit seines Dienstherrn Ernst August am 24. Januar 1716 in Nienburg lernte er dessen Schwager, den dortigen jungen Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen, kennen. Als im folgenden Jahre der bisherige Hofkapellmeister Augustin Reinhard Stricker seinen Posten verließ, unterschrieb Bach bereits am 5. August 1717 den Vertrag als dessen Amtsnachfolger in Köthen, ohne jedoch vorher um seine Entlassung in Weimar gebeten zu haben. Als er dies nachholen wollte, erhielt er seine Demission nicht, sondern wurde am 6. November wegen seiner „Halßstarrigen Bezeugung“[30] in der Landrichterstube in Haft genommen. Am 2. Dezember wurde er aus Haft und Dienstverhältnis in Ungnade entlassen.[31]

Köthen (1717–1723), zweite Ehe

Anhalt-Köthen war eines von vier anhaltinischen Fürstentümern
Clavier-Büchlein vor Anna Magdalena Bachin Anno 1722, Deckblatt
Sonata 1ma á Violino Solo senza Baßo di JSBach: Adagio; Autograph 1720

In Köthen (Anhalt) trug Bach die Titel Kapellmeister und Director derer Cammer-Musiquen. Er schätzte den musikalischen jungen Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen, der oft als Violinist im Orchester mitwirkte. Er stand ihm offenbar auch persönlich nahe, was man daraus schließen kann, dass sowohl Leopold als auch seine Geschwister August Ludwig und Eleonore Wilhelmine Taufpaten von Bachs am 15. November 1718 geborenem Sohn Leopold August waren. Bereits am 7. August 1717 zum Kapellmeister ernannt, nahm Bach bei der Unterzeichnung des Vertrages eine Gebühr von 50 Talern entgegen. Insgesamt lag sein Jahreseinkommen in der Funktion des Kapellmeisters bei 400 Talern. Hinzu kam ein Mietzuschuss von zwölf Talern.

Bach konnte in Köthen für eine hervorragende Kapelle komponieren. Fürst Leopold hatte bis zu 17 Musiker angestellt, die zum Teil aus der 1713 aufgelösten Kapelle des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. stammten. Acht der Instrumentalisten, unter ihnen Christian Ferdinand Abel, hatten Solistenqualität und den Rang eines Cammermusicus. Der Fürst stattete seine Kapelle mit guten Instrumenten aus und schickte Bach zum Kauf eines neuen Cembalos 1719 nach Berlin. Dort konnte Bach den kunstliebenden Markgrafen Christian Ludwig kennenlernen. Für ihn stellte er 1721 ältere und neuere Instrumentalsätze als Six Concerts Avec plusieurs Instruments zusammen, die deshalb später Brandenburgische Konzerte genannt wurden (BWV 1046–1051).

Andererseits hatte das reformierte Bekenntnis des Fürsten Konsequenzen: Es gab nur wenig Bedarf an geistlicher Musik. Denn der Gottesdienst sollte nach reformierter Überzeugung schlicht gehalten bleiben. Für die lutherische St.-Agnus-Kirche, der Bach als Gemeindemitglied angehörte, sind gelegentliche Aufführungen Bachscher Werke aufgrund von Notenmaterial zu vermuten, aber nicht sicher nachweisbar.[32]

Als Bach ungefähr am 7. Juli 1720 nach einer zweimonatigen Reise des Hofs aus Karlsbad zurückkehrte,[33] musste er erfahren, dass seine Gattin Maria Barbara nach kurzer Krankheit gestorben und schon bestattet worden war. Ihre Todesursache ist nicht bekannt. Am 3. Dezember 1721 heiratete er die Hofsängerin Anna Magdalena Bach (1701–1760) geborene Wilcke, die jüngste Tochter des fürstlichen Hof- und Feldtrompeters zu Sachsen-Weißenfels Johann Kaspar Wilcke, die im Juni 1721 als Sopranistin an den Köthener Hof gekommen war. Der zweiten Ehe entstammen 13 Kinder, von denen sieben im Säuglings- oder Kindesalter starben:

  • Christiana Sophia Henrietta (1723–1726)
  • Gottfried Heinrich (1724–1763)
  • Christian Gottlieb (1725–1728)
  • Elisabeth Juliana Friederica, genannt „Liesgen“ (1726–1781; getauft in Leipzig am 5. April 1726, gestorben ebenda am 24. August 1781), verheiratet ab 19. Januar 1749 mit Johann Christoph Altnikol in Naumburg[34]
  • Ernst Andreas oder Ernestus Andreas (*/† 1727)
  • Regina Johanna (1728–1733)
  • Christiana Benedicta (*/† 1730)
  • Christiana Dorothea (1731–1732)
  • Johann Christoph Friedrich, der Bückeburger Bach (1732–1795)
  • Johann August Abraham (1733–1734)
  • Johann Christian, der Mailänder oder Londoner Bach (1735–1782)
  • Johanna Carolina (1737–1781), getauft am 30. Oktober 1737 in Leipzig, unverheiratet gestorben ebenda am 18. August 1781, begraben am 19. August auf dem Neuen Kirchhofe[35]
  • Regina Susanna (1742–1809), getauft in Leipzig am 22. Februar 1742, gestorben ebenda am 14. Dezember 1809. Ab April 1780 erhielt sie – wie Friedrich Rochlitz im Mai 1800 in Allgemeine musikalische Zeitung berichtete – aus einer Stiftung acht Groschen pro Quartal als öffentliche Fürsorge und war auch um 1800 noch auf Almosen angewiesen.[36]

In den Jahren 1726 bis 1733 starben somit in der Familie sieben kleine Kinder, ein Sohn (Gottfried Heinrich) war geistig behindert. Im Jahr 1728 starb auch 51-jährig Bachs letzte noch lebende Schwester Maria Salome. Einige Bach-Biografen vermuten, dass Bach durch diese Schicksalsschläge in den folgenden Jahren in eine Schaffenskrise geraten sei.[37]

Als Beitrag zur musikalischen Erziehung seiner Kinder hatte Bach am 22. Januar 1720 das Clavierbüchlein für den ältesten Sohn Wilhelm Friedemann begonnen, das unter anderem die zweistimmigen Inventionen und dreistimmigen Sinfonien enthält. Das 1722 angelegte Clavierbüchlein vor Anna Magdalena Bachin enthält die Frühfassungen der Französischen Suiten. Neben dem Wohltemperierten Klavier und den sechs Violinpartiten und -sonaten sind dies die mit Sicherheit auf die Köthener Zeit datierbaren autografen Instrumentalkompositionen. Daneben sind noch einige Geburtstags- und Neujahrskantaten überliefert. Es gilt als sicher, dass Bach für den Hof eine beträchtliche Zahl an Konzerten und anderen Instrumentalkompositionen geschrieben hat, von denen viele verschollen oder in späteren Bearbeitungen als Cembalokonzerte oder Kantatensätze erhalten sind.

Aus nicht ganz geklärten Gründen schien sich Fürst Leopold in der Folgezeit von Bachs Ensemblemusik ab etwa 1722 immer mehr abzuwenden, was diesen veranlasste, sich nach neuen Stellen umzusehen. Bach mutmaßte, dass diese Abwendung von der Musik durch die Gemahlin des Fürsten, Friederike Henriette von Anhalt-Bernburg, die dieser 1721 geheiratet hatte, verursacht worden sei.[38] Fürstin Friederike Henriette starb jedoch bereits 1723 im Kindbett, noch bevor Bach seine Stelle als Thomaskantor antrat. Ab 1722 kam hinzu, dass Fürst Leopold über niedrigere Etats verfügte, ausgelöst durch die militärische Anschließung an Preußen und durch anhaltende Konflikte im Fürstenhaus der Askanier. Hinzu kamen zunehmende Streitigkeiten zwischen Reformierten und Lutheranern. Auch die schlecht geführte Lateinschule Köthens dürfte Bach dazu veranlasst haben, durch einen Umzug seinen Söhnen eine bessere Schulausbildung zukommen zu lassen.

Schon im September 1720 wurde die Organistenstelle zu St. Jacobi in Hamburg frei, um die sich Bach bewarb. Er wurde vom Hamburger Rat zum Probespiel zugelassen, sagte aber dann doch ab, wahrscheinlich weil die Übernahme der Stelle mit einer beträchtlichen Kaufsumme verknüpft war. Möglicherweise ist die Widmung der Brandenburgischen Konzerte vom 24. März 1721 für den Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt ebenfalls im Zusammenhang mit Bachs Suche nach einer neuen Stelle zu sehen. Ein Dankesschreiben oder eine Besoldung von Christian Ludwig von Brandenburg scheint Bach nicht erhalten zu haben, jedenfalls existiert heute kein Dokument, das hierüber Auskunft gibt.

Durch den Tod Johann Kuhnaus am 5. Juni 1722 wurde in Leipzig die Stelle des Thomaskantors frei. Nach einem ersten Probespiel am 14. Juli wurde von den Bewerbern, zu denen Johann Friedrich Fasch (Kapellmeister am Hofe zu Anhalt-Zerbst) und Christian Friedrich Rolle (Musikdirektor in Magdeburg) zählten, Georg Philipp Telemann gewählt. Da Telemann auf Grund einer Gehaltserhöhung in Hamburg blieb, wurde eine zweite Kantoratsprobe anberaumt, bei der neben Bach Georg Friedrich Kauffmann aus Merseburg, der freiwillig zurücktrat, Christoph Graupner (Kapellmeister in Darmstadt) und Georg Balthasar Schott (Organist an der Neuen Kirche in Leipzig) kandidierten. Bach führte am 7. Februar 1723 als Probestück die Kantaten Jesus nahm zu sich die Zwölfe, BWV 22, und Du wahrer Gott und Davids Sohn, BWV 23, auf. Gewählt wurde Graupner, der aber ablehnen musste, weil ihm vom hessischen Landgrafen die Entlassung verweigert wurde. Somit wurde Bach „als dritte Wahl“ am 22. April 1723 vom Leipziger Ratskollegium zum Thomaskantor ernannt. Den Titel eines Fürstlich-Köthenischen Kapellmeisters durfte Bach weiter führen, und er lieferte noch bis zum Tod Leopolds von Anhalt-Köthen im Jahr 1728 Musik zu den Festtagen des Fürstenhauses. Auch reiste er zwischen 1724 und 1728 mehrmals nach Köthen, wo er mit dem Fürsten zusammentraf und ihm Musik aufführte. Bach blieb bis zum Tod des Fürsten eng mit diesem verbunden.

Leipzig (1723–1750)

Thomaskantor

Thomaskirche in Leipzig 1749 (Kupferstich)
Fotografie der Thomasschule in Leipzig von 1896. Bachs Familie wohnte im linken Drittel des Hauses
Bachs vielzitierte Zweck­bestim­mung des Generalbasses und aller Musik (1738)

Im Jahr 1723 übersiedelte Bach mit seiner Frau und vier seiner Kinder nach Leipzig.[39] Mit einer Amtseinführung am 30. Mai 1723 in der Nikolaikirche nahm Bach seinen Dienst in Leipzig als Thomaskantor auf;[40] er sollte diese Stelle bis zu seinem Tod 1750 behalten. Als Kantor und Musikdirektor war er für die Musik in vier Kirchen der Stadt verantwortlich, für die beiden Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai sowie für die Peterskirche und die Neue Kirche.[41] Dazu zählte die Vorbereitung einer Kantatenaufführung an allen Sonn- und Feiertagen im Wechsel an den beiden Hauptkirchen. Außerdem oblag ihm der Musikunterricht in der Thomasschule. Die Internatsschüler waren verpflichtet, als Chorsänger die Gottesdienste mitzugestalten. Sein Deputat als Lateinlehrer, das mit seiner Stelle traditionell verbunden war, übertrug er gegen eine Geldzahlung an Siegmund Friedrich Dresig, den Konrektor der Schule.

Gleich nach seiner Ankunft fing Bach an, die notwendigen Kantaten zu komponieren oder zu überarbeiten. Bei dieser systematischen Arbeit muss Bach in den ersten beiden Jahren im Schnitt ungefähr ein Werk pro Woche geschaffen haben, danach verlangsamte er das Tempo. Insgesamt sind zwei vollständige Jahrgänge überliefert, der Nekrolog berichtet von drei weiteren[17] (siehe Bachkantate). Hinzu kamen Aufträge für Kantaten zu Hochzeiten, Taufen und Begräbnissen.

Für Weihnachten 1723 schrieb Bach die zweite Fassung des Magnificat in Es-Dur mit den weihnachtlichen Einlagesätzen, für den Karfreitag 1724 sein bis dahin umfassendstes Werk, die Johannespassion, für Weihnachten 1724 ein Sanctus. Wohl Anfang 1725 begegnete Bach dem Textdichter Christian Friedrich Henrici alias Picander, der schließlich den Text für die Matthäuspassion lieferte, die 1727 oder 1729 uraufgeführt wurde. Die Aufführungsbedingungen hatten sich in diesen ersten Leipziger Jahren insgesamt verschlechtert. Bach sah sich daher gezwungen, in einer Eingabe an den Rat der Stadt Leipzig vom 23. August 1730 seine Vorstellungen von der vokalen und instrumentalen Ausstattung einer „wohlbestallten Kirchen Music“ zu dokumentieren. Dieser „höchstnöthige Entwurff“ ist heute eine wichtige Quelle für die historische Aufführungspraxis seiner Werke. Bach bemühte sich in dieser Zeit, den Titel eines Hofkompositeurs in Dresden zugesprochen zu bekommen, da er unzufrieden war mit der Bezahlung, den hohen Lebenshaltungskosten und der Leipziger Obrigkeit, von der er sich mehr Förderung wünschte.[42]

Etliche seiner Huldigungskantaten arbeitete Bach kurz nach ihrer Entstehung in geistliche Werke um. Diesem Parodieverfahren ist das Weihnachtsoratorium von 1734/1735 zu verdanken, das Himmelfahrtsoratorium von 1735 und das Osteroratorium. Durch Parodierung geistlicher Kantaten entstanden die sogenannten Lutherischen Messen, ebenso 1733 die zweisätzige Urfassung der h-Moll-Messe. Nach Einreichung dieses Werkes beim kurfürstlichen Hof in Dresden erhielt Bach nach dreijährigem Warten am 19. November 1736 die ersehnte Nachricht, sich „königlich polnischer und kurfürstlich sächsischer Compositeur bey Dero Hoff-Capelle“ nennen zu dürfen.[43] Der Titel war weder mit Privilegien noch mit Einkünften verbunden, stärkte jedoch seine Position gegenüber den Leipziger Autoritäten. Bach bedankte sich mit einem zweistündigen Konzert auf der 1736 fertiggestellten Silbermannorgel der Frauenkirche Dresden für die Ernennung.[44]

Weltliche Musik

1729 übernahm Bach die Leitung des 1701 von Telemann gegründeten Collegium musicum, die er bis 1741, vielleicht sogar bis 1746, behielt. Mit diesem studentischen Ensemble führte er deutsche und italienische Instrumental- und Vokalmusik auf, darunter seine eigenen in Weimar und Köthen entstandenen Konzerte, die er später auch zu Cembalokonzerten mit bis zu vier Solisten umarbeitete. Die Konzerte fanden ein- bis zweimal pro Woche im Zimmermannschen Kaffeehaus (1943 kriegszerstört) oder im dazugehörigen Garten statt. Sie gelten als Nachweis des erwachenden bürgerlichen Verlangens nach hochstehender musikalischer Unterhaltung in Leipzig.

Für diese Auftritte schrieb Bach auch etliche weltlichen Kantaten, wie z. B. Der Streit zwischen Phoebus und Pan oder Hercules am Scheidewege. Bach nannte diese Werke „Dramma per Musica“. Seine Bauernkantate, die er als „Cantate burlesque“ bezeichnete, und die Kaffeekantate sind Beispiele für das humoristische Genre.

Als Solisten standen – neben Bach selbst – seine Söhne und Schüler zur Verfügung. In seiner gesamten Leipziger Zeit war Bach ein gesuchter Lehrer. Oft lebten die Schüler in seinem Haushalt. Ziel des Unterrichts war es, Musiker heranzubilden, die als Instrumentalisten und Komponisten den vielfältigen Aufgaben bei Hof, in der Kirche und im beginnenden bürgerlichen Musikleben gewachsen waren. Bachs Unterricht trug vor allem bei seinen Söhnen reiche Früchte. Für diesen Unterricht verwendete Bach ältere und neuere eigene Kompositionen. Viele davon fasste er zusammen und veröffentlichte sie als Clavierübung I, II, III und IV.

Letzte Jahre

In den 1740er Jahren scheint sich Bach weitgehend von Neukompositionen für die Kirche zurückgezogen zu haben. Neben Auftragsarbeiten wie die am 30. August 1742 zum 36. Geburtstag des Grafen von Dieskau aufgeführte Kantate Mer hahn en neue Oberkeet (BWV 212) konzentrierte er sich offenbar ganz auf umfangreiche Werke für Cembalo.

So fuhr er im November 1741 nach Dresden, wohl um Hermann Graf von Keyserlingk die „Goldberg-Variationen“ zu überreichen, die im gleichen Herbst im Druck erschienen. 1744 veröffentlichte er den zweiten Teil des Wohltemperierten Klaviers. Spätestens 1746 gab er die Leitung des Collegium musicum ab. Im Mai 1747 besuchte er auf Einladung Friedrichs II. von Preußen, in dessen Hofkapelle Carl Philipp Emanuel Bach als Cembalist angestellt war, Potsdam und Berlin und spielte auf den dortigen Pianoforti und Orgeln. Er improvisierte über ein vom König vorgegebenes Thema und veröffentlichte anschließend das Musikalische Opfer, eine Sammlung von zwei Fugen, zehn Kanons und einer Triosonate über dieses Thema.

Einige canonische Verænderungen über das Weynacht-Lied: Vom Himmel hoch da komme ich her lautet der Titel eines Variationenwerkes, das Bach zu seinem Eintritt 1747 in die von Lorenz Christoph Mizler gegründete Correspondierende Societæt der musikalischen Wissenschaften einreichte. Ein weiteres bedeutendes kontrapunktisches Spätwerk Bachs ist die Kunst der Fuge, deren erste Reinschrift Bach 1742 abschloss, die er aber danach bis 1749 umfassend ergänzte und überarbeitete. Die Sammlung von einfachen Fugen, Gegenfugen, Spiegelfugen, Fugen mit mehreren Themen und Kanons stellt ein Kompendium der Techniken der Fugenkomposition dar. Ebenfalls in Bachs letzte Jahre fällt die Vollendung der h-Moll-Messe.

Autograph vom Ende der unvollendeten letzten Fuge aus der Kunst der Fuge mit Carl Philipp Emanuel Bachs Zusatz:
NB ueber dieser Fuge, wo der Nahme BACH im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfaßer gestorben.“

In seinen letzten Jahren litt Bach an einer Augenkrankheit. Auch von motorischen Störungen im rechten Arm und damit in der Schreibhand wird berichtet. Ab 1749 sind keine eigenhändigen Schriftstücke von ihm mehr erhalten. Das letzte Schreiben aus Bachs Hand stammt vom 12. April 1749, in dem er seinen Kantoratsvertreter, den Chorpräfekten Johann Nathanael Bammler, als guten Vertreter in „Abwesenheit meiner“ lobte. Die letzte bekannte Unterschrift stammt vom 6. Mai 1749, der zugehörige Text wurde von seinem Sohn Johann Christoph Friedrich geschrieben. Es handelt sich um eine Quittung für den Verkauf eines Fortepianos an einen polnischen Adeligen. Die Kompositionen Et incarnatus est und der unvollendet gebliebene Contrapunctus XIV aus der Kunst der Fuge sind die letzten Handschriften des Komponisten, die spätestens zur Jahreswende 1749/50 abgeschlossen wurden. Seine Frau Anna Magdalena oder sein Sohn Johann Christian unterschrieben seitdem für ihn alle Dokumente.

Der spätestens gegen Mitte des Jahres 1749 verschlechterte Gesundheitszustand Bachs machte ihm wahrscheinlich auch die Ausführung eines Werkes für den Reichsgrafen Johann Adam von Questenberg unmöglich. Dieser bat den jungen Leutnant Graf Franz Ernst von Wallis, der an der Leipziger Universität Rechtswissenschaft studierte, den Kontakt mit Bach herzustellen, und erhielt von ihm folgende Antwort: „Er hat ungemeine freüde bezeiget von eürer Excellentz, als seinem gnädigsten hochen Patron, und Gönner einige nachrichten zu erhalten und mich ersuchet gegenwärtigen Brief beyzuschließen.“

Das vermutlich seit der Jugend aufgrund einer mäßigen Kurzsichtigkeit eingeschränkte Sehvermögen ließ so stark nach, dass sich Bach von dem schon damals umstrittenen Okulisten John Taylor (1703–1772)[45] zwischen dem 28. März und dem 7. April 1750 zweimal in Leipzig den „Star“[46] operieren ließ.[47][48] Nach der zweiten Operation erholte Bach sich trotz oder wegen weiterer Behandlungsmaßnahmen verschiedener Ärzte nicht mehr vollständig. Sein Sehvermögen erlangte er nicht zurück. Wahrscheinlich erkrankte Bach im Alter auch an Diabetes.[49][50]

Über Bachs Augenkrankheit schreibt der hauptsächlich von Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Friedrich Agricola verfasste, 1751 fertiggestellte und 1754 veröffentlichte Nekrolog:[17]

„Sein von Natur etwas blödes Gesicht [d. h. Kurzsichtigkeit oder[51] Schwachsichtigkeit], welches durch seinen unerhörten Eifer in seinem Studiren […] noch mehr geschwächet worden, brachte ihm, in seinen letzten Jahren, eine Augenkrankheit zu Wege. Er wolte dieselbe […] durch eine Operation heben lassen. Doch diese […] lief sehr schlecht ab. Er konnte nicht nur sein Gesicht nicht wieder brauchen: sondern sein, im übrigen gesunder Cörper, wurde auch zugleich dadurch, und durch hinzugefügte schädliche Medicamente, und Nebendinge, gäntzlich über den Haufen geworfen: so daß er darauf ein völliges halbes Jahr lang, fast immer kränklich war.“

Ein Zusammenhang zwischen den Augenoperationen und der vier Monate später zum Tod führenden Erkrankung ist aus heutiger Sicht nur schwer herzustellen.[52]

Tod

Abkündigung vom 31. Juli 1750: „Es ist in Gott sanfft und seelig entschlaffen, der WohlEdle und Hochachtbahre Herr Johann Sebastian Bach, Sr. Königlichen Maj : in Pohlen und ChurFürstlichen Durchlaucht zu Sachßen HoffComponist wie auch HochFürstlich Anhald Köthenscher CapelMeister und Cantor der Schule zu St: Thomœ allhier am Thomas Kirchhoffe, Deßen entseelter Leichnamb ist heutiges Tages Christlichen Gebrauch nach zur Erden bestattet worden. Ist am andern Buß-Tage als den 31 Julii. 1750 abgekündiget worden.“

Zehn Tage vor seinem Tod erlitt Bach laut dem Nekrolog einen Schlaganfall. Darauf folgte eine Erkrankung mit Fieber, von der er sich nicht mehr erholte: „Zehn Tage vor seinem Tod schien es sich gähling mit seinen Augen zu bessern; so daß er einsmals des Morgens ganz gut wieder sehen, und auch das Licht wieder vertragen konnte. Allein wenige Stunden darauf, wurde er von einem Schlagflusse überfallen; auf diesen erfolgte ein hitziges Fieber, an welchem er […] am 28. Julius 1750, des Abends nach einem Viertel auf 9 Uhr, im sechs und sechzigsten Jahre seines Alters, auf das Verdienst seines Erlösers sanft und seelig verschied.“[17]

Drei Tage nach seinem Tod, am 31. Juli 1750, wurde Bach auf dem Johannisfriedhof in Leipzig begraben.[53] Er hinterließ kein Testament. Somit trat die gesetzliche Erbfolge in Kraft: Von seinem Erbe erhielt seine Witwe ein Drittel, und die anderen zwei Drittel fielen zu gleichen Teilen an seine neun Kinder.[54]

Robert Schumann suchte 1836 auf dem Friedhof stundenlang nach Bachs Grab. Auch mehr als ein Jahrhundert nach Bachs Tod erwiesen ihm einzelne Thomanergruppen am Todestag die letzte Ehre.[55] Am 22. Oktober 1894 wurde anlässlich des Umbaus der Johanniskirche und des angrenzenden Friedhofs ein Eichensarg exhumiert. Ein Grabstein war nicht vorhanden, doch man konnte erschließen, dass es sich um Bachs Sarg handelte: zum einen aus der mündlichen Überlieferung der Lage der Grabstelle („sechs Schritte geradeaus von der Thüre an der Südseite der Kirche“[56]), zum anderen aus der Tatsache, dass nur 12 von 1400 Leipziger Verstorbenen im Jahr 1750 in einem Eichensarg beerdigt wurden,[57] sowie anhand eines Gutachtens des Leipziger Anatomen Wilhelm His.[58][59] Im Zuge dieser Exhumierung nahm man Abdrücke von Bachs Schädel, die später zur Formung des Neuen Bach-Denkmals vor der Thomaskirche genutzt wurden.[56]

Bach-Gellert-Gruft (1930)

Um 1900 wurde Bachs Skelett in einem einfachen Steinsarkophag unter dem Altar der Johanniskirche beigesetzt. Zugleich wurden die sterblichen Überreste von Christian Fürchtegott Gellert in diese Gruft überführt und in einem Steinsarg beigesetzt. Infolge des Luftangriffs vom 4. Dezember 1943 brannte die Johanniskirche aus, die Bach-Gellert-Gruft wurde unter Schutt begraben.

Bachs Grab in der Thomaskirche

Erst beim Abbruch des Kirchenschiffs im Herbst 1949 wurde klar, dass die beiden Steinsärge unbeschädigt geblieben waren. Ein aufmerksamer Bauarbeiter bewahrte sie vor der Entsorgung auf der Schuttdeponie und brachte Bachs mutmaßliche Gebeine zur Thomaskirche. Unmittelbar danach beendete der für Leipzig zuständige Kulturoffizier der sowjetischen Besatzungsmacht die langwierigen Dispute zwischen dem Rat der Stadt, Johannis- und Thomasgemeinde über den Ort einer künftigen Bach-Grabstätte: Er entschied, dass Bachs Gebeine in St. Thomas bleiben. Bachs Sarg wurde zunächst in der Nordsakristei der Kirche aufbewahrt und nun sogar bewacht; zuerst von der Volkspolizei, später von Gemeindemitgliedern. Im Frühjahr 1950, anlässlich des 200. Todestages, wurde er in den Chor der Thomaskirche überführt.[57][60]

Einige moderne Musikwissenschaftler ziehen die Identität der Gebeine in Zweifel und fordern einen DNA-Vergleich mit den zweifelsfrei erhaltenen Knochen seines Sohnes Carl Philipp Emanuel; ein solcher ist aber bislang nicht erfolgt.[61] Die nach der Exhumierung angefertigte Kopie von Bachs mutmaßlichem Schädel wurde um 2000 in Altbeständen des Instituts für Anatomie der Universität Leipzig wiedergefunden.[62]

Überblick: Wohnorte und Reisen von J. S. Bach

Wohnorte von Johann Sebastian Bach

Wohnorte

Reisen von Johann Sebastian Bach
Reisen von 1701 bis 1721
Reisen von 1723 bis 1747

Musikalisches Schaffen

Beginn der Cello-Suite Nr. 1
Der Tag der ist so freudenreich, BWV 605, aus dem Orgelbüchlein, nicht später als 1713, obligate Pedalstimme im zweiten System, am unteren Rand Fortsetzung als Orgeltabulatur
Nun komm der Heyden Heyland, BWV 660a, abgeheftet in der Leipziger Handschrift, aber aus der Weimarer Zeit, kaum vor 1714, obligate Pedalstimme in eigenem, drittem System

Bach – Autodidakt im Komponieren

Bachs Sohn Carl Philipp Emanuel Bach bezeugt, dass Bach sich im Komponieren als Autodidakt betrachtete. Es gab keinen verbürgten Kompositionsunterricht. Die Unterweisung bei seinem Bruder in Ohrdruf „mag wohl einen Organisten zum Vorwurf gehabt haben u. weiter nichts“ (C. Ph. E. Bach 1775). Auch zu Bachs mehrmonatigem Aufenthalt bei Buxtehude gibt es keinerlei Belege, dass er bei dieser Gelegenheit Kompositionsunterricht erhalten hätte. Sein Biograf Johann Nikolaus Forkel (1749–1818) überlieferte folgende Aussage des Komponisten: „Ich habe fleißig seyn müssen; wer eben so fleißig ist, der wird es ebenso weit bringen können.“[63] Von Jugend auf studierte Bach die Werke unterschiedlichster Komponisten und lernte aus ihnen durch Hören, Lesen, Abschreiben, Transkribieren, Bearbeiten und Nachahmen der Musik sowie durch die Übernahme von kompositorischen Mitteln, Formen und Gattungen.

„Der seelige hat durch eigene Zusätze seinen Geschmack gebildet. […] Blos eigenes Nachsinnen hat ihn schon in seiner Jugend zum reinen u. starcken Fughisten gemacht. […] Durch die Aufführung sehr vieler starcken Musiken, […] ohne systematisches Studium der Phonurgie hat er das arrangement des Orchesters gelernt.“

C. Ph. E. Bach: Nekrolog, 1754[17]

In Bachs vielfältigem Werk treffen sich Einflüsse aus der Musik Mittel-, Nord- und Süddeutschlands bzw. Österreichs sowie Frankreichs und Italiens, wobei sich die regionalen Traditionen gegenseitig beeinflusst haben. So enthalten die deutschen Traditionen auch italienische und französische Überlieferungen und Stilmittel. Daher sind manche Kompositionen nicht eindeutig zuzuordnen. Kenntnisse über die musikalischen Einflüsse vermitteln Bachs Abschriften und Erwerbungen von Werken anderer Komponisten, Bachs Transkriptionen und Bearbeitungen (z. B. von Vivaldi), schriftliche und mündliche Erwähnungen durch Bach und seinen Umkreis, Berichte und Rezensionen des 18. Jahrhunderts und stilkritische Untersuchungen der Musikwissenschaft der Werke Bachs und seiner Schüler.

Verhältnis zu anderen Komponisten

Mit anderen komponierenden Zeitgenossen pflegte Bach einen respektvollen Umgang. Abfällige oder geringschätzige Bemerkungen über andere Komponisten, wie sie beispielsweise von Wolfgang Amadeus Mozart bekannt sind, sind von Bach nicht überliefert (allerdings gibt es auch insgesamt weit weniger überlieferte Zeugnisse von Bach als von Mozart). Er scheint die Werke anderer Komponisten mit unvoreingenommenem Interesse studiert und sie als Künstlerkollegen respektiert zu haben. Dafür sprechen Bachs Offenheit für Anregungen aus den verschiedensten musikalischen Richtungen und seine zahlreichen Bearbeitungen fremder Werke. Auch in den Jahren, als er längst eine eigene Tonsprache entwickelt hatte, schrieb er immer noch ganze Kantaten beispielsweise von Telemann ab, um sie zu studieren.

Als Bach 1719 hörte, dass sich der nach London ausgewanderte Georg Friedrich Händel in seiner Geburtsstadt Halle aufhielt, machte er sich unverzüglich von Köthen aus auf den Weg dorthin, um den gleichaltrigen, wesentlich berühmteren Musikerkollegen, dessen Geburtsstadt nur 30 Kilometer von Köthen entfernt ist, zu treffen. Er musste nach seiner Ankunft aber feststellen, dass Händel schon wieder Richtung England abgereist war. Als Händel sich im Jahr 1729 wiederum in Halle aufhielt, war Bach krank und konnte Leipzig nicht verlassen. Er ließ deswegen seinen Sohn Wilhelm Friedemann eine Einladung an Händel überbringen. Das Treffen scheiterte auch diesmal, letztlich wohl am Desinteresse Händels.

Im Einzelnen kann man feststellen, dass Bach mit Werken folgender Komponisten vertraut war:[64]

Manche berühmte Musiker, die Bach teilweise persönlich kannte, hatten selbst unterschiedlichste Musik verarbeitet und Bach mit ihren Werken beeinflusst, so etwa Jan Dismas Zelenka, Johann Mattheson, Georg Philipp Telemann, Reinhard Keiser und Georg Friedrich Händel. Ob Bach auch Anregungen seiner Söhne Wilhelm Friedemann und Carl Philipp Emanuel aufnahm, ist nicht gesichert, aber zu vermuten. Dass manche Kompositionen der beiden ältesten Bachsöhne als Werke des Vaters galten und umgekehrt, deutet darauf hin.

Kompositionen

Bach eignete sich bei seiner Arbeit an den verschiedenen Wirkungsstätten unter dem Einfluss der oben genannten Komponisten nach und nach die unterschiedlichsten Gattungen, Kompositionsstile und Musizierweisen an. Diesem Ziel galten auch einige von Bachs Reisen. Mit Ausnahme der Oper komponierte Bach Werke in allen zu seiner Zeit verbreiteten musikalischen Gattungen.

Vokalmusik

Autograph der ersten Seite der Johannes-Passion (BWV 245)

Von Bach sind rund 200 Kirchenkantaten erhalten. In seinen Kantaten und Passionen griff er häufig auf populäre Choräle des evangelischen Kirchengesangbuches zurück. Eine größere Anzahl seiner Werke, vor allem aus der frühen Schaffenszeit, gilt als verschollen. Laut Nekrolog[17] komponierte Bach fünf Passionen, erhalten sind aber nur die Johannes- und Matthäuspassion. Verschollen ist eine Markuspassion (deren Libretto erhalten ist, so dass teilweise Rekonstruktionen versucht wurden). Es existiert eine um 1730 entstandene Lukaspassion, die zum Teil mit der Handschrift Bachs niedergeschrieben ist. Die heutige Musikwissenschaft nimmt aber an, dass es sich dabei um Bachs Kopie des Werkes eines anderen Komponisten handelt. Das fünfte Werk dürfte eine einchörige Variante der Matthäus-Passion sein.

Daneben zählen zu seinen Vokalkompositionen weltliche Kantaten (die bekanntesten sind die Jagdkantate und die Kaffee-Kantate), Motetten, mehrere Messen, ein Magnificat, drei Oratorien, mehrere Drammi per musica sowie Choräle, Arien und geistliche Lieder.

Musik für Tasteninstrumente

Umfangreich sind Bachs Werke für Tasteninstrumente.[77] Zu den dezidierten Orgelwerken zählen Präludien und Fugen, Fantasien, Toccaten, die Passacaglia in c-Moll, eine Pastorella, Triosonaten, Orgelchoräle, Choralvorspiele, Choralbearbeitungen, Choralpartiten, Choralvariationen, Concerti. Dem Cembalo (oder Clavichord) gewidmet sind die zwei- und dreistimmigen Inventionen und Sinfonien, Suiten, Partiten, Fantasien, Ouvertüren, Themata mit Variationen, Präludien oder Fantasien mit zugehörigen Fugen, Toccaten, Sonaten.

Instrumentalmusik

Bach schuf auch für andere Instrumente Solowerke, so je drei Sonaten und Partiten für Violine und sechs Suiten für Violoncello. An Musik für Laute solo sind Suiten, Präludien und Fugen überliefert,[78] außerdem eine Suite für Traversflöte solo.

Im Bereich der Kammermusik komponierte Bach Solosonaten mit Basso Continuo oder obligatem Cembalo sowie einige Triosonaten, an Orchestermusik eine Reihe von Konzerten für ein bis drei Soloinstrumente (darunter auch für Cembalo) sowie vier Orchestersuiten.

Musiksprache und Kompositionstechnik

Bach hat auf vielen Gebieten der Musik Bahnbrechendes geschaffen und zur Weiterentwicklung musikalischer Formen und der Musiksprache beigetragen. Einige seiner Werke überschreiten den tradierten Formenkanon weit. Er galt schon den Zeitgenossen als bedeutender „Harmonist“, der die Möglichkeiten der Dur-Moll-Tonalität durch den gesamten Quintenzirkel ausschöpfte wie vor ihm kein zweiter. Vermutlich angeregt durch die verschiedenen Temperierungen von Andreas Werckmeister komponierte Bach sein Wohltemperiertes Clavier, dessen Popularität später der wohltemperierten Stimmung zum Durchbruch verhalf. Bach ging es darin – wie es Kirnberger beschrieben hat – unter anderem darum, die von der Temperierung abhängige Vielfalt tonartbezogener Affekte darzustellen und zu lehren.

In Bachs Werken werden neue Wege der Harmonik beschritten (z. B. Chromatische Fantasie und Fuge). Die kontrapunktische Technik der Komposition und die Technik des Fugensatzes brachte er zu meisterhafter Beherrschung (z. B. im Wohltemperierten Clavier I und II, und in der Kunst der Fuge). Bachs Musik wurde auch als „hörbare Mathematik“[79] bezeichnet. Seine polyphone Kompositionstechnik fand ihren Niederschlag in zahlreichen Instrumental- und Vokalwerken.

Instrumentenbau und Spieltechnik

Orgelbegutachtungen durch J. S. Bach[80]
Jahr Ort und Kirche Orgelbauer
1703 Neue Kirche Arnstadt J. F. Wender
1706 Liebfrauenkirche Langewiesen J. Albrecht
1708 Blasiuskirche Mühlhausen J. F. Wender
1708/12 Veitskirche Ammern J. F. Wender
1710 Ursulakirche Taubach H. N. Trebs
1712-14 Schloßkirche Weimar H. N. Trebs
1716 Liebfrauenkirche Halle C. Cuntzius
1716 Augustinerkirche Erfurt G. C. Stertzing,
J. G. Schröter
1717 Paulinerkirche Leipzig J. Scheibe
1723 Kirche in Störmthal Z. Hildebrandt
1724 Laurentiuskirche in Stöntzsch J. C. Schmieder
1725 Johannis- und Salvatorkirche Gera J. G. Fincke
1732 Martinskirche Kassel N. Becker
1735 Marienkirche Mühlhausen J. F. Wender
1737/38 St. Peter und Paul in Weißensee C. W. Schäfer
1739 Schlosskirche Altenburg (Thüringen) T. H. G. Trost
ca. 1742 St. Marien Bad Berka H. N. Trebs
1743 Johanniskirche Leipzig J. Scheibe
1743-46 Wenzelskirche Naumburg Z. Hildebrandt
1746 Nikolaikirche Zschortau J. Scheibe
1748 unbekannt C. Cuntzius

Neben seiner Wirkung als Musiker und Komponist hatte Bach auch Einfluss auf die praxisbezogene Musiktheorie, die später vor allem in den Schriften Johann Philipp Kirnbergers erfasst wurde. Er beherrschte[81] mehrere Instrumente (Orgel, Cembalo, Clavichord, Violine, Bratsche und möglicherweise noch weitere). In seinem Nachlassverzeichnis sind neben acht Tasteninstrumenten zwei Violinen, eine Violino piccolo, drei Bratschen, zwei Violoncelli, ein „Bassettgen“, eine Viola da Gamba und eine Laute aufgeführt.[82]

Bach war außerdem an den technischen Aspekten des Instrumentenbaus sehr interessiert und setzte sich für die Weiter- und Neuentwicklung von Musikinstrumenten ein. Dies war auf eine Erweiterung der kompositorischen Mittel ausgerichtet. Bei den Tasteninstrumenten interessierten ihn besonders klangliche Neuentwicklungen. Er beschäftigte sich zum Beispiel mit deren Temperierung, bei den Orgeln mit deren Klangdisposition und mechanischen Qualitäten. Ein Beispiel ist Bachs Disposition der neüen reparatur des Orgelwercks ad D: Blasii (Mühlhausen 1708). Als Kind erlebte er den Bau der von seinem Onkel disponierten Stertzing-Orgel in der Eisenacher Georgenkirche mit, soll von dieser beeindruckt gewesen sein und viele ihrer klanglichen Eigenschaften später immer wieder gefordert haben.[83]

Bach hatte einen ausgezeichneten Ruf als Orgelgutachter. Bei zahlreichen Orgel-Neu- und -umbauten wurde er hinzugezogen: so beispielsweise 1716 in Halle (Cuntzius-Orgel der Liebfrauenkirche), 1717 in der Leipziger Paulinerkirche (Scheibe-Orgel), 1723 in Störmthal (Hildebrandt-Orgel), 1724 in Gera (Fincke-Orgel der Salvatorkirche), 1739 Altenburg (Trost-Orgel der Schlosskirche), 1743 Johanniskirche Leipzig (Scheibe-Orgel), 1743–1746 Naumburg (Hildebrandt-Orgel in der Wenzelskirche) und weiteren.[84] Mit bedeutenden Orgelbauern wie Gottfried Silbermann war er persönlich bekannt und als Orgel-Fachmann, der sich mit technischen Details auskannte, respektiert. Er unterstützte Silbermann in der Entwicklung des Pianofortes, das in Bachs späten Jahren, einem Bericht seines Schülers Johann Friedrich Agricola zufolge, „von ihm völlige Gutheißung erlangte“.[85]

Daneben wird Bach häufig als Mitbegründer der Spieltechnik mit dem Daumen als vollwertigem Spielfinger bei den Tasteninstrumenten genannt. Diese Technik ermöglichte eine neue Virtuosität und einen eleganten vielstimmigen Vortrag. „Er hatte sich eine eigene Fingerordnung ausgesonnen, daß es ihm nicht schwer fiel, die größten Schwierigkeiten mit der fließensten Leichtigkeit herauszubringen … Man … weiß, daß es dabey hauptsächlich auf den Gebrauch des Daumens ankömmt“.[86]

Bach und die „musicalische Wissenschaft“

Bach sah sich selbst zunehmend als Musikgelehrten, der Werke musikalischer Wissenschaft erstellte. Den Kernpunkt der musikalischen Wissenschaft bildet in Bachs Verständnis das alte aristotelische Prinzip der Kunst als Imitation der Natur. Für Bach liegt die Kunst zwischen der realen Welt – der Natur – und Gott, der diese reale Welt ordnet. Die musikalische Harmonie nimmt Bezug auf die Ordnung der Natur und ihren göttlichen Ursprung. Der „Traum von der Einheit der Wissenschaften“ reizte Bach nicht weniger als die führenden Köpfe und Denker seiner Zeit, und so folgte er seinem eigenen empirischen Weg, indem er die „verstecktesten Geheimnisse der Harmonie in die künstlichste Ausübung“ brachte und die bis dahin bekannten Grenzen der Komposition und der musikalischen Darstellung im Ausmaß und im Detail aufhob und erweiterte.[87]

Im Jahre 1750 zog Bachs Schüler Johann Friedrich Agricola in einem Brief eine Parallele zwischen Bach und Newton, in dem er betont, dass Bachs Musik am besten von Musikkennern geschätzt werden könne, und äußerte: „Nicht alle Gelehrte sind vermögend einen Neuton zu verstehen; aber diejenigen, die es in den tiefsinnigen Wissenschaften so weit gebracht haben, daß sie ihn verstehen können, finden hingegen ein desto größeres Vergnügen und einen wahren Nutzen, wenn sie seine Schriften lesen“.

Verhältnis zur Religion

Die Titelseite der „Calov-Bibel“ mit Bachs Signatur rechts unten

Bachs Musik gilt heute als Gipfelpunkt der lutherischen Kirchenmusik und als „musikalischer Ausdruck der Reformation“. Der schwedische Bischof Nathan Söderblom ging 1929 so weit, seine Musik als „fünftes Evangelium“ zu bezeichnen.[88]

Von Bach selbst sind nur sehr wenige Selbstzeugnisse über seine religiösen Auffassungen überliefert.[89] Unter den 52 theologischen Büchern und Erbauungsschriften in 81 Bänden aus seinem Nachlass[90] befanden sich die Werke Martin Luthers, die Schriften orthodox-lutherischer Theologen wie Abraham Calov (mit handschriftlichen Vermerken Bachs), Johannes Olearius, Heinrich Müller, August Pfeiffer, Erdmann Neumeister, aber auch Schriften der Pietisten Philipp Jacob Spener (Eyfer wider das Papstthum) und Johann Jakob Rambach (Betrachtung über die Thränen Jesu).[91]

Nach Bachs Auffassung hatte Musik zwei wesentliche Zwecke: „und soll wie aller Music […] Finis und End Ursache anders nicht, als nur zu Gottes Ehre und Recreation des Gemüths seyn“,[92] weswegen er auch viele seiner Werke mit „SDG“ (Soli Deo Gloria, lateinisch für „Gott allein die Ehre“) unterzeichnete. Seine Bitte um Entlassung aus dem Dienst in Mühlhausen begründete Bach am 26. Juni 1708 mit dem Hinweis auf seinen „Endzweck, nemlich eine regulirte kirchen music zu Gottes Ehren“.[93] Diese umfassende lutherische Kirchenmusik, die einen entsprechenden Aufführungsapparat voraussetzte, konnte er schließlich in Leipzig mit der Komposition von mehreren vollständigen Kantatenjahrgängen verwirklichen.

Die wenigen schriftlichen Äußerungen (meist Anmerkungen in seinen theologischen Büchern), die von Bach erhalten sind, weisen ihn als gläubigen Lutheraner aus. Allerdings spricht einiges dafür, dass sein Verhältnis zur Religion im Gegensatz zur strengen lutherischen Orthodoxie Leipzigs nicht auf Abgrenzung angelegt war. Bereits in Köthen hatte er ein enges persönliches Verhältnis zu seinem herzoglichen Dienstherrn, obwohl dieser Calvinist war. In seiner Leipziger Zeit komponierte er die h-Moll-Messe für den katholischen Dresdner Hof.

Bachs geistliche Vokalwerke erweisen ihn als Ausleger der Bibel: Sie sind als „klingende Predigt“ (praedicatio sonora) angelegt und widerspiegeln eine reflektierte theologische Deutung.[94] Der theologische Bachforscher Martin Petzoldt plädiert in diesem Zusammenhang für eine differenzierte Sichtweise, denn der „Ausleger der Bibel“ habe „spätestens in seinem letzten Lebensjahrzehnt“ zu einer „veränderten Frömmigkeit“ gefunden.[95] Diese These macht sowohl die Wahl von Bachs Beichtvater Christoph Wolle, sein gutes Verhältnis zum Wolffianern Lorenz Christoph Mizler als auch den Beitritt Bachs zu dessen Societät (1747) nachvollziehbar.[96] Bach hat sich demzufolge gegenüber den unterschiedlichsten Vertretern der Aufklärung – dem gemäßigten Wolle und dem radikaleren Mizler – nicht abgegrenzt, sondern seine Nähe zu ihnen bekundet. Bachs Öffnung für die Aufklärung zieht zwar nicht zwangsläufig eine Abwendung von seiner bisherigen Frömmigkeit nach sich. Damit riskierte Bach aber einen Konflikt mit seinen konservativen theologischen Vorgesetzten, z. B. mit dem Leipziger Superintendenten Salomon Deyling, denn dieser bildete zusammen mit Heinrich Klausing das „Zentrum der Phalanx der entschiedenen Gegner aller Tendenzen der neueren Philosophie“.[97] Das von Bach in dem für ihn ereignisreichen Jahr 1747 abgelegte Symbolum (Glaubensbekenntnis) „Christus coronabit crucigeros“ wurde sowohl aus der Perspektive der lutherischen Orthodoxie als auch im Zusammenhang mit den oben genannten Ereignissen dieses Jahres bzw. dem geistesgeschichtlichen Konfliktfeld Leipzigs der 1740er Jahre interpretiert.[98]

Rezeption

Zu Lebzeiten

Zu seinen Lebzeiten fand Bachs kompositorisches Schaffen nur eingeschränkt Beachtung, verglichen etwa mit dem seiner Zeitgenossen Georg Friedrich Händel oder Georg Philipp Telemann. Allerdings war er sicher auch kein „verkanntes Genie“, sondern Musikkennern wie Johann Mattheson und Giovanni Battista Martini europaweit ein Begriff.[99][100] Nach seinem Tod erschien im selben Band von Mizlers Musikalischer Bibliothek, in dem 1754 auch der Nekrolog abgedruckt wurde, eine Eloge über die „Music […], in welcher nun die Deutschen alle Nationen übertreffen“. Bach wird dabei unter die zehn „grosen deutschen Meister“ gezählt (neben Hasse, Händel, Telemann, den Gebrüdern Graun, Stölzel, Pisendel, Quantz und Bümler).[101] Europaweit bekannt war Bach zu Lebzeiten vor allem als Organist und Cembalovirtuose sowie als Meister der Improvisation. Der Musikkritiker Johann Adolf Scheibe schrieb 1737 über Bachs Fähigkeiten als Virtuose:

„Ich habe diesen grossen Mann unterschiedene mahl spielen hören. Man erstaunet bey seiner Fertigkeit, und man kan kaum begreifen wie es möglich ist, daß er seine Finger und seine Füsse so sonderbahr und so behend in einander schrenken, ausdehnen und damit die weitesten Sprünge machen kan, ohne einen einzigen falschen Ton einzumischen oder durch eine so heftige Bewegung den Körper zu verstellen.“

J. A. Scheibe: Der Critische Musicus, Sechstes Stück, Hamburg, 14. Mai 1737[102]

Der gleichaltrige Universalgelehrte und lutherische Pfarrer der Traukirche von Bach in Dornheim, Johann Gottfried Gregorii alias Melissantes, zählte Bach im Jahr 1744 genau wie Johann Georg Ahle oder die Bachschüler Johann Heinrich Buttstett und Johann Ludwig Krebs in einer berufskundlichen Abhandlung zu den besten deutschen Organisten.[103]

An die überragende Improvisationskunst Bachs konnte sich Friedrich der Große noch 27 Jahre nach dessen Besuch in Potsdam gut erinnern:

« Entre autres [Frédéric II] il me parla [de] musique, et d’un grand organiste nommé [Carl Philipp Emanuel] Bach, qui vient de faire quelque séjour à Berlin, cet artiste est doué d’un talent superieur à tout ce que j’ai entendu ou pu imaginer en profondeur de connoissances harmoniques et en force d’exécution; cependant ceux qui ont connu son Père ne trouvent pas encore qu’il l’egale, le Roi est de cette opinion et pour me le prouver il chanta à haute voix un sujet de Fugue chromatique, qu’il avoit donné à ce vieux Bach, qui sur le champ en fit une Fugue à 4 puis à 5, puis enfin à huit voix obligés. »

„Unter anderem sprach [Friedrich II.] mit mir über Musik und einen großen Organisten namens [Carl Philipp Emanuel] Bach, der soeben in Berlin geweilt hat. Dieser Künstler ist mit einem Talent ausgestattet, das alles überragt, was ich je gehört habe oder mir hätte vorstellen können, und zwar in Bezug auf die Tiefgründigkeit, das Harmonieverständnis und die Stärke der musikalischen Ausführung. Nichtsdestoweniger meinen diejenigen, die noch seinen Vater gekannt haben, dass sein Sohn es ihm nicht hätte gleichtun können; der König stimmte dem zu und um es zu beweisen sang er mir mit kräftiger Stimme ein Thema einer chromatischen Fuge vor, das er dem alten Bach gegeben hatte, woraufhin er erlebte wie dieser aus dem Stand eine Fuge zu 4, danach 5 und schließlich acht [!] obligaten Stimmen darüber improvisierte.“

Gottfried van Swieten (österreichischer Gesandter in Berlin): Brief an Graf Kaunitz vom 26. Juli 1774[104]

Der mit Bach befreundete Johann Gottfried Walther beschreibt in seinem Musicalischen Lexicon von 1732 Bachs bisherigen beruflichen Werdegang recht genau, beschränkt sich aber in der Angabe seiner Werke auf die 1731 in Kupfer herausgekommenen vortrefflichen Claviersachen, nämlich die sechs Partiten.

Tradierung durch Söhne und Schüler

Nach Bachs Tod bestand zunächst kaum ein Verlangen, seine Werke weiterhin aufzuführen. Es war zu dieser Zeit auch unüblich, wie es im heutigen Konzertgeschehen der Fall ist, Werke längst verstorbener Komponisten der Vergangenheit öffentlich in Konzerten aufzuführen. Der Musikgeschmack in der Zeit nach Bach sehnte sich nach einem „natürlichen“ und „empfindsamen“ Musikstil. Bachs Musik wurde vielfach als künstlich und unnatürlich empfunden. In den Worten des schon zitierten Scheibe:

„Dieser große Mann würde die Bewunderung ganzer Nationen sein, wenn er mehr Annehmlichkeit hätte und wenn er nicht seinen Stücken durch ein schwülstiges und verworrenes Wesen das Natürliche entzöge und ihre Schönheit durch allzugroße Kunst verdunkelte. Weil er nach seinen Fingern urteilt, so sind seine Stücke überaus schwer zu spielen; denn er verlangt die Sänger und Instrumentalisten sollen durch ihre Kehle und Instrumente eben das machen, was er auf dem Klavier spielen kann. Dieses aber ist unmöglich. […] man bewundert […] die beschwerliche Arbeit und eine ausnehmende Mühe, die doch vergebens angewandt ist, weil sie wider die Vernunft streitet.“

J. A. Scheibe: Der Critische Musicus, Sechstes Stück, Hamburg, 14. Mai 1737[102]

Auch die meisten Thomaskantoren des ausgehenden 18. Jahrhunderts kümmerten sich wenig um die Aufführung und Bewahrung der Kompositionen ihres Vorgängers. Das Andenken an Bach pflegten außer einigen Musikliebhabern[105] vor allem seine von ihm unterrichteten Söhne, die selbst Komponisten geworden waren. Allerdings beschritten sie durchaus eigene Wege.

Ein weiterer Sohn, Johann Gottfried Bernhard Bach, bereitete dem Vater überwiegend Sorgen. Er verschwand 23-jährig unter Hinterlassung eines Schuldenberges plötzlich von seiner Organistenstelle in Sangerhausen und starb ein Jahr später 1739 in Jena an „hitzigem Fieber“.

Während seiner gesamten Schaffenszeit war Bach als Instrumental- und Kompositionslehrer tätig, insgesamt 81 Schüler sind nachweisbar. Diese lebten, oft über lange Zeit, im Haushalt der Familie und nahmen später oft wichtige Kapellmeister- und Kantorenposten ein. Sie waren es, die neben seinen Söhnen Bachs Namen und musikalischen Nachlass auch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts lebendig erhielten. Bekannte Schüler Bachs waren Johann Ludwig Krebs und Johann Philipp Kirnberger,[106] der Bachs Kompositionslehre und Wohltemperierte Stimmung weitergab. Dadurch wurden zwar etliche Kompositionen Bachs zu Lehrwerken für spätere Komponisten, wie dem jugendlichen Ludwig van Beethoven, wurden aber dennoch in den ersten achtzig Jahren nach Bachs Tod kaum öffentlich aufgeführt.

Einwirkung auf die Wiener Klassiker

Haydn und Mozart meinten zunächst Carl Philipp Emanuel, wenn sie von Bach sprachen; er gab ihnen, vor allem Haydn, entscheidende Anregungen zum eigenen Stil. Mozart wurde außerdem durch die Musik Johann Christian Bachs beeinflusst, den er 1764/1765 auf einer Konzertreise als „Wunderkind“ in London kennengelernt hatte. Johann Sebastian Bach trat erst spät in beider Bewusstsein.[107]

Ab April 1782 lernte Wolfgang Amadeus Mozart im Hause seines Förderers Gottfried van Swieten Werke von Händel und Bach kennen. Mozart studierte vor allem Bachs Klavierfugen (Die Kunst der Fuge, Das Wohltemperierte Klavier) und eignete sich systematisch deren Kompositionstechniken an.

„Ich gehe alle Sonntag um 12 Uhr zum Baron van Swieten und da wird nichts gespielt als Händl und Bach – ich mach mir eben eine Collection von den bachischen Fugen – sowohl Sebastian als Emanuel und Friedemann Bach […] Dann auch von den Händlischen.“

W. A. Mozart: Brief aus Wien an den Vater Leopold Mozart in Salzburg vom 10. April 1782[108]

1789 hörte Mozart bei einem Besuch in der Leipziger Thomaskirche Bachs Motette Singet dem Herrn ein neues Lied (BWV 225). Außerordentlich beeindruckt, vertiefte er sich in diese und andere Partituren Bachs. Spuren dieser Begegnung sind die spontan komponierte kleine Gigue und vermehrt polyphone Setzweisen in Mozarts späteren Werken.

Ludwig van Beethoven studierte bereits als Kind Klavierwerke von Johann Sebastian Bach. Sein Bonner Lehrer Christian Gottlob Neefe schrieb 1783 in Cramers Magazin der Musik über ihn: „Er spielt sehr fertig und mit Kraft das Clavier, ließt sehr gut vom Blatt, und um alles in einem zu sagen: Er spielt größtentheils das wohltemperirte Clavier von Sebastian Bach“. Nachdem Beethoven 1792 als 22-Jähriger nach Wien gekommen war, beschäftigte er sich weiter mit Bachs Werken. Im Salon von Baron van Swieten spielte er regelmäßig die verschiedensten Bachschen Kompositionen:

„Die musikalischen Genüsse im Hause van Swieten’s, wo vorzugsweise Musik von Haendel, Seb. Bach und den großen Meistern Italiens, bis zu Palestrina hinauf, mit starker Besetzung zur Aufführung kamen, waren exquisit […] Für Beethoven hatten jene Zusammenkünfte noch das Besondere, dass er nicht nur mit jenen Klassikern bekannt wurde, aber auch noch, dass er stets am längsten aushalten musste, weil der alte Herr ein musikalischer Nimmersatt war […] denn Beethoven musste auf alles voraus Gehörte noch ein halb Dutzend Fugen von Bach ‚zum Abendsegen‘ vortragen.“

Anton Schindler: Biographie von Ludwig van Beethoven, Münster, 1840[109]

Beethoven setzte sich besonders in seinen späten Werken mit Bachs polyphonen Techniken und Formen auseinander, so z. B. in der Klaviersonate Nr. 31 op. 110 und in den Diabelli-Variationen sowie in seinen Streichquartetten op. 127, op. 130, op. 131, op. 132 und op. 133 (Große Fuge). Eine Verwandtschaft mancher Werke Beethovens mit der Musik Bachs ist unverkennbar, so ist das ergreifende Thema des Arioso Dolente aus der Sonate op. 110 deutlich einer Altarie aus Bachs Johannespassion entlehnt.[110]

Bach-Renaissance im 19. Jahrhundert

Der erste markante Wendepunkt in der Wahrnehmung und Wertschätzung des Bachschen Werks ist die Bach-Biografie Johann Nikolaus Forkels. Dieser war Universitätsmusikdirektor in Göttingen und zugleich Musikhistoriker. Er hatte noch die beiden Bach-Söhne Carl Philipp Emanuel und Wilhelm Friedemann persönlich gekannt und einen wesentlichen Teil seiner Informationen über sie bezogen. In der Vorrede zur 1802 erschienenen Biografie appellierte er an den nationalen Sinn:

„Die Erhaltung des Angedenkens an diesen großen Mann ist nicht bloß Kunstangelegenheit, sie ist Nationalangelegenheit.“

J. N. Forkel: Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke[111]

Im Schlusssatz seiner Biografie bezeichnet Forkel Bach enthusiastisch als den „größten musikalischen Dichter und den größten musikalischen Deklamator, den es je gegeben hat und den es wahrscheinlich je geben wird“.

Dem damals erst 20-jährigen Felix Mendelssohn Bartholdy, einem Schüler Carl Friedrich Zelters, gebührt das Verdienst, Johann Sebastian Bach fast achtzig Jahre nach dessen Tod wieder einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt zu haben – mit der Wiederaufführung der Matthäus-Passion in einer verkürzten Fassung am 11. März 1829 mit der 1791 gegründeten Sing-Akademie zu Berlin. Er kam damit der bereits früher geplanten Aufführung durch seinen Freund Johann Nepomuk Schelble mit dessen Cäcilienchor in Frankfurt zuvor, gab damit einen enormen Anstoß für die Publizität der Bachschen Musik und leitete die Bach-Renaissance ein. Die um 1810 geborene Generation romantischer Komponisten erlebte Bachsche Kompositionen als poetische Musik und nahm sie sich vielfältig zum Vorbild. Für Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847), Robert Schumann (1810–1856) und Frédéric Chopin (1810–1849), ja selbst für Franz Liszt (1811–1886) waren Bachs Werke eine wichtige Voraussetzung für das eigene Schaffen. Mendelssohn Bartholdy, Chopin und Liszt waren es – neben Adolf Henselt, Ferdinand von Hiller, Ignaz Moscheles, Clara Schumann, Sigismund Thalberg und vielen Lisztschülern –, die Klavierwerke Bachs in ihre Konzertprogramme aufnahmen. Besonders das Konzert für drei Klaviere d-Moll (BWV 1063) und das Solokonzert d-Moll (BWV 1052) wurden häufig aufgeführt und machten das bürgerliche Konzertpublikum mit dem Instrumentalwerk Bachs bekannt. All das war freilich weit entfernt von einer historischen Aufführungspraxis. Die Musical Times schrieb im Januar 1848 in einem Nachruf auf Mendelssohn:

“Never shall we forget the triumphant cadence with which he concluded Bach’s concerto for three harpsichords, following Moscheles and Thalberg. He alone knew the style: it was the pedal solo of an organ fugue in double octaves. What gigantic power he put into these things! The beauty of the exhibition, and, indeed, of the numerous demonstrations made by Mendelssohn in honour of Bach, was that he announced himself the disciple of a master contemned by ignorance and prejudice.”

„Niemals werden wir die triumphale Kadenz vergessen, mit der er Bachs Konzert für drei Cembali im Anschluss an Moscheles und Thalberg beendete. Er allein beherrschte diesen Stil: es war das Pedalsolo einer Orgelfuge in Doppeloktaven. Welche gewaltige Kraft er da hinein steckte! Die Schönheit der Darbietung und so auch der vielfachen Ausführungen durch Mendelssohn zur Ehre Bachs zeigte, dass er sich selbst als den Schüler eines Meisters ansah, der lange durch Unwissenheit und Vorurteil geringgeschätzt wurde.“

The Musical Times, Januar 1848[112]

Schumann schrieb über die Aufführung der Johannespassion in Düsseldorf:

„Der Bedeutung des Werkes halber, das wir gestern aufgeführt, eines über hundert Jahre wohl vergrabenen Schatzes, wäre es wünschenswerth, das auch in weiteren Kreisen davon bekannt würde. […] Dass die Aufmerksamkeit der deutschen Kunstwelt auf dieses, eins der tiefsinnigsten und vollendetsten Werke Bach’s hingelenkt würde, dazu möchte auch ich beitragen …“

Robert Schumann: Brief an Wolfgang Müller von Königswinter, Düsseldorf, 14. April 1851[113]

Schließlich war das Publikum ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Bachs Instrumentalmusik besser vertraut als mit den geistlichen Werken, einschließlich der Passionen. Im Jahr 1850 wurde unter Beteiligung von Schumann, Liszt, Ignaz Moscheles, Louis Spohr, Otto Jahn, Carl von Winterfeld, Siegfried Wilhelm Dehn, Carl Ferdinand Becker und des Thomaskantors Moritz Hauptmann in Leipzig die Bach-Gesellschaft gegründet, die das Ziel hatte, die Werke Bachs in einer Gesamtausgabe herauszugeben. Auch Johannes Brahms (1833–1897), dessen musikalischer Historismus sich auf J. S. Bach gründete, war maßgeblich an dieser ersten Gesamtausgabe von Bachs Werken beteiligt. Mit Beendigung dieser Aufgabe im Jahr 1900 löste sich die Bach-Gesellschaft satzungsgemäß wieder auf, zugleich konstituierte sich auf Initiative von Hermann Kretzschmar und unter Mitwirkung von Oskar von Hase, Martin Blumner, Siegfried Ochs, Joseph Joachim, Franz Wüllner und des Thomaskantors Gustav Schreck die Neue Bachgesellschaft.

20. und 21. Jahrhundert

Erst im 20. Jahrhundert erlebten Bachs Kompositionen eine systematische Pflege im öffentlichen Musikleben und in der Musikwissenschaft.

Jacques Loussier

Bachs Werke wurden seit den 1970er Jahren zunehmend Gegenstand der historischen Aufführungspraxis. Sie hat vielen Interpreten und Hörern einen neuen Zugang zu seiner Musik ermöglicht. Einen Anfang dazu hatte 1903 schon Wanda Landowska mit ihrem ersten öffentlichen Cembalo-Recital gemacht und mit ersten Schallplattenaufnahmen 1923 und der Gründung der École de Musique Ancienne im Jahre 1925 den Weg zum „Originalklang“ geebnet. Bach wird aber ebenso auf modernen Instrumenten gespielt. Die Einspielungen des kanadischen Pianisten Glenn Gould auf einem modernen Flügel, die sich durch Klarheit und tiefes Verständnis des Kontrapunkts auszeichnen, gelten als Meilensteine der Bach-Interpretation.

Im 20. Jahrhundert erfuhr das Werk Bachs auch eine Reihe populärer Adaptionen. Viele davon sind trivial und haben nur zitierenden Charakter, aber es gab auch ernsthaftere Annäherungen – so von Jacques Loussier mit seinem Projekt Play Bach, von Ward Swingle mit seinen Swingle Singers und von Walter Carlos, der mit seinem Moog-Synthesizer eine neue klangliche Perspektive auf Bachs Werk eröffnete. Besonders Jazz-Musiker haben in der konzertanten Bachschen Mehrstimmigkeit und in seiner Fugentechnik immer wieder Anregungen gefunden, etwa Nina Simone, Dave Brubeck oder Keith Jarrett. Auch in der Pop- und Rockmusik (etwa bei Deep Purple bzw. Ritchie Blackmore, The Nice und Ekseption) finden sich Entlehnungen und Einflüsse Bachs.[114] Dabei reicht das Spektrum von Inspirationen ohne genau fassbare Bezüge (wie beispielsweise bei Paul McCartneys Lied Blackbird, das gegenüber Bachs Bourrée e-Moll BV 996, ein „Lautenstück“, das von McCartney und George Harrison auf Partys gespielt wurde,[115] Unterschiede in Takt, Tonart und Melodieführung aufweist) bis hin zu bewussten Dekonstruktionen (wie François Sarhans verfremdende Bearbeitung von Bachs Präludium und Fuge C-Dur BWV 846).[116] Während bei der Paraphrase ein Kompositionsstil nur imitiert wird (wie Bachs Air BWV 1068 in A Whiter Shade of Pale der britischen Band Procol Harum), ist das Zitat eine wörtliche Übernahme und auf Erkennbarkeit der Vorlage und ihrer Umgebung angelegt (wie bei zahlreichen Bach-Zitaten der Band „The Nice“). Hingegen beruhen Adaptionen auf verkürzten Arrangements der Vorlage (wie Jethro Tulls neuinstrumentierte Bearbeitung von Bachs Bourrée).[117]

Auch in der zeitgenössischen Kunstmusik finden sich zahlreiche Bach-Referenzen. Hatte schon Alban Berg in seinem Violinkonzert (1935) dem Choralzitat „Es ist genug“ (aus der Kantate O Ewigkeit, du Donnerwort, BWV 60) zentrale Bedeutung eingeräumt, so legt in neuerer Zeit Klaus Huber seiner Komposition Senfkorn (1975) einen Passus der Bass-Arie „Es ist vollbracht“ (aus der Kantate Sehet! Wir gehn hinauf gen Jerusalem BWV 159) zugrunde. Isang Yun nahm sich im Violin-Solowerk Königliches Thema (1976) des Themas aus dem Musikalischen Opfer ebenso an wie zeitgleich Jürg Baur in Kontrapunkte 77. Variationen über „Es ist genug“ komponierte Edison Denissow 1984 (Ensemblefassung 1986). Meditationen über den Bach-Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ (BWV 668) schuf Sofia Gubaidulina 1993.[118] Reinhard Wolschina versah seine moments of silence (2000) mit dem Untertitel fünf Postludien für J.S.B. Auf Bachs c-moll-Passacaglia BWV 582 reflektiert Jörg-Peter Mittmann in seinem Werk Passacaglia (2006). In …mit Bach (2002) entfaltet derselbe Komponist eine Klangfläche über den Choral „Jesus bleibet meine Freude“ (BWV 147).

Allein das Motiv B-A-C-H, das Bach selbst in das letzte Stück seiner Kunst der Fuge eingeflochten hat, wurde von mehr als 300 Komponisten aufgegriffen, zum Beispiel von Hanns Eisler in Präludium und Fuge über B-A-C-H (1934). Arvo Pärt verfasste eine Collage über B-A-C-H (1964), die er später zum Concerto Piccolo über B-A-C-H (1994) erweiterte. Jean-Luc Darbellay spielt in Vagues (Hommage à J. S. Bach) (2006) auf Beethovens Ausspruch „Nicht Bach, Meer sollte er heißen“ an und greift ebenso auf das Motiv B-A-C-H zurück.

Keine Bach-Referenz im engeren Sinne bilden die Bachianas brasileiras (1930–1945) von Heitor Villa-Lobos.

Gedenken

Gedenktage

Bach in the Subways 2015 in Leipzig

Denkmäler und Gedenktafeln

Das Bachhaus in Eisenach dient heute als Museum, es ist aber nicht Bachs Geburtshaus
Das alte Bachdenkmal in Leipzig aus dem Jahr 1843, gestiftet von Felix Mendelssohn Bartholdy

Bach zu Ehren wurden, vor allem im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, zahlreiche Denkmäler errichtet. Dazu gehören unter anderem:

Musikfestivals

Zu Ehren des Komponisten finden an verschiedenen Wirkungsstätten Bachs und anderen Kulturzentren Musikfestivals statt. Das Bachfest Leipzig wird seit 1908 durchgeführt. Alle zwei Jahre werden in Köthen die Köthener Bachfesttage im Rahmen der Musikfeste Sachsen-Anhalt veranstaltet. Die Thüringer Bachwochen sind das größte Festival klassischer Musik in Thüringen. Seit 1947 findet die Bachwoche Ansbach statt. Die Frankfurter Bachkonzerte wurden 1961 ins Leben gerufen und die Würzburger Bachtage im Jahr 1969. Weiterhin ist die traditionsreiche Greifswalder Bachwoche zu nennen.

Bach als Namensgeber

Nach Bach wurden unter anderem benannt:

Briefmarken und Münzen

Bach und seine Werke werden auf zahlreichen deutschen und ausländischen Briefmarken und Münzen dargestellt.

Schriften

  • Ursprung der musicalisch-bachischen Familie. 1735.

Filme

Siehe auch

Literatur

(jeweils chronologisch)

21. Jahrhundert

Ältere Literatur

19. Jahrhundert

1901 bis 1980

1981 bis 2000

  • Walter Kolneder: Lübbes Bach-Lexikon. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 1982.
  • Malcolm Boyd: Johann Sebastian Bach, Leben und Werk. DVA, Stuttgart 1984, ISBN 3-421-06209-9.
  • Werner Felix: Johann Sebastian Bach. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1984. 2. Auflage 1986. 3. Auflage 1989, ISBN 3-370-00165-9. Als Lizenzausgabe: Breitkopf und Härtel, Wiesbaden 1984, ISBN 3-7651-0202-4.
  • Martin Petzoldt: Bach als Ausleger der Bibel. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, Digitalisat (PDF; 51 MB).
  • Martin Petzoldt mit Joachim Petri: Johann Sebastian Bach, Bilder und Texte zu Bachs Leben als Christ und seinem Wirken für die Kirche „Ehre sei dir Gott gesungen“, Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1986, ISBN 3-374-00545-4
  • Arnold Werner-Jensen: Reclams Musikführer Johann Sebastian Bach. Band 1: Instrumentalmusik. Band 2: Vokalmusik. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1993.
  • Konrad Küster (Hrsg.): Bach Handbuch. Bärenreiter-Verlag, Kassel 1999, ISBN 3-7618-2000-3.
  • Reinmar Emans, Sven Hiemke, Klaus Hofmann: Das Bach-Handbuch. Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-89007-450-2.
  • Michael Heinemann (Hrsg.) Das Bach-Lexikon. Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-89007-456-1 (Bach-Handbuch, Band 6).
  • Eckart Kleßmann (Hrsg.): Über Bach: Von Musikern, Dichtern und Liebhabern: Eine Anthologie. 2. Aufl. Reclam, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-018065-1.
  • Malte Korff: Johann Sebastian Bach. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 2000, ISBN 3-423-31030-8.


Edierte Originalquellen

  • Bach-Dokumente. Vorgelegt und erläutert von Werner Neumann (bis Band 4) und Hans-Joachim Schulze (Band 1–3 und 5). Herausgegeben vom Bach-Archiv Leipzig. Bärenreiter-Verlag, Kassel/Leipzig usw. 1963–2008.
    • Band 1: Schriftstücke von der Hand Johann Sebastan Bachs. 1963; 2. Auflage 2012, ISBN 978-3-7618-0025-6.
    • Band 2: Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs 1685–1750. 1969, ISBN 978-3-7618-0026-3.
    • Band 3: Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs 1750–1800. 1972, Nachdruck 1984, ISBN 3-7618-0249-8.
    • Band 4: Bilddokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs (= Supplement zu Johann Sebastian Bach, Neue Ausgabe sämtlicher Werke). 1979, ISBN 3-7618-0250-1.
    • Band 5: Dokumente zu Leben, Werk, Nachwirken, 1685–1800: Neue Dokumente, Nachträge und Berichtigungen zu Band I–III. 2007, ISBN 978-3-7618-1867-1.
    • Band 6: Ausgewählte Dokumente zum Nachwirken Johann Sebastian Bachs. 2007, ISBN 978-3-7618-1924-1.
    • Band 7: Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. 2008, ISBN 978-3-7618-1925-8.
  • Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Johann Sebastian Bach. Leben und Werk in Dokumenten. VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1975, ISBN 3-370-00105-5. Lizenzausgabe: dtv/Bärenreiter, München/Kassel 1975, ISBN 3-423-04164-1, ISBN 3-423-02946-3, ISBN 3-7618-0498-9.
Commons: Johann Sebastian Bach – Album mit Bildern und Audiodateien
Commons: Johann Sebastian Bach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Johann Sebastian Bach – Quellen und Volltexte

Literatur, Biographisches, Institutionen

Aufnahmen

Frei erhältliche Noten und Texte

Anmerkungen

  1. Das originale Gemälde hing viele Jahrzehnte in der Thomasschule. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es mehrfach „aufgefrischt“ und übermalt, wobei ein Teil des ursprünglichen Ausdrucks wohl verlorenging bzw. verwischt wurde. 1913 kam das Original ins Stadtgeschichtliche Museum Leipzig, wo versucht wurde, die Übermalungen so gut es ging wieder zu entfernen. Die 1748 von Haußmann selbst angefertigte Kopie des Bildes von 1746 befand sich zunächst wohl im Besitz von C. P. E. Bach, galt dann lange Zeit als verschollen und wurde 1952 durch William H. Scheide (Princeton, New Jersey) erworben, der das Bild nach seinem Tod 2014 testamentarisch dem Bach-Archiv Leipzig vermachte.
    Bei den beiden Haußmann-Bildern handelt es sich um die einzigen Bilder, bei denen Bachs Identität eindeutig feststeht; bei allen anderen Porträts, die Bach zugeschrieben werden, ist die Zuordnung unsicher. Siehe dazu The Face Of Bach. Bachs Identität ist bei den Haußmann-Gemälden deswegen gesichert, weil er auf dem Gemälde eine eigene Komposition in der Hand hält, den Canon triplex a 6 voci (sechsstimmiger Dreifach-Kanon, BWV 1087), eine kunstvolle kanonische Variation aus dem Thema der Aria der Goldberg-Variationen. Siehe dazu youtube.com.
  2. Peter Watson: Der deutsche Genius. Eine Geistes- und Kulturgeschichte von Bach bis Benedikt XVI. Bertelsmann, München 2010, S. 169.
  3. אינטרמצו עם אריק – שיף על באך András Schiff on Bach, Interview mit Andras Schiff (englisch, YouTube-Video)
  4. JS Bach is the greatest composer of all time, say today’s leading composers for BBC Music Magazine. BBC Music Magazine, 31. Oktober 2019, abgerufen am 18. März 2024 (englisch).
  5. Clemency Burton-Hill: Can any composer equal Bach? In: BBC. 17. September 2014, abgerufen am 18. März 2024 (englisch).
  6. Gaby Reucher: Johann Sebastian Bach zum 270. Todestag. In: Deutsche Welle. 28. Juli 2020, abgerufen am 18. März 2024 (englisch).
  7. Malte Korff: Johann Sebastian Bach. dtv, München 2000, ISBN 3-423-31030-8, S. 7.
  8. Christoph Wolff u. a.: The New Grove Bach Family. W. W. Norton, New York, 1997, ISBN 0-393-01684-6, S. 22.
  9. a b c d C. Wolff, 2005, Kapitel Elternhaus, Stadt, Hof und Schule: die musikalische Umgebung.
  10. C. Wolff, 2005, Kapitel Ambrosius Bach und seine Familie.
  11. Rosa und Volker Kohlheim: Duden – Das große Vornamenlexikon. 5. Aufl. 2016, Stichwort Johann.
  12. Malte Korff: Johann Sebastian Bach. dtv, München 2000, ISBN 3-423-31030-8, S. 9.
  13. Arno Forchert: Johann Sebastian Bach und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2002, ISBN 3-89007-531-2, S. 54.
  14. Fritz Rollberg: Johann Ambrosius Bach, Stadtpfeifer in Eisenach 1671–1695. In: Bach-Jahrbuch 24, 1927, S. 133–152, hier S. 149–151; DOI:10.13141/bjb.v19272475.
  15. Konrad Küster: Der junge Bach. Deutsche Verlags-Anstalt, München 1996, ISBN 3-421-05052-X, S. 53.
  16. Klaus-Rüdiger Mai: Die Bachs. Eine deutsche Familie. List, Berlin 2014, ISBN 978-3-548-61242-3, S. 185.
  17. a b c d e f Der Nekrolog auf Johann Sebastian Bach wurde 1754 von Lorenz Christoph Mizler veröffentlicht in: Musikalische Bibliothek oder Gründliche Nachricht nebst unparteiischem Urteil von musikalischen Schriften und Büchern. Band IV, Teil 1, S. 158–173, (Text auf Wikisource). Als Verfasser waren Carl Philipp Emanuel Bach, Johann Friedrich Agricola und Lorenz Christoph Mizler angegeben. Er findet sich auch in den Bach-Dokumenten, III, Nr. 666, S. 80–93.
  18. C. Wolff, 2005, Kapitel In der Obhut des älteren Bruders.
  19. Vgl. Heinrich Deppert: Studien zum Frühwerk Johann Sebastian Bachs. Dr. Hans Schneider Verlag, Tutzing 2009, ISBN 978-3-7952-1274-2.
  20. Vgl. Peter Schiffer: Der Öhringer Bach: Beim Onkel Johann Sebastian in Leipzig. Artikel beim Landesarchiv Baden-Württemberg vom 4. August 2007.
  21. C. Wolff, 2005, Kapitel Böhm, Reincken und die Celler Hofkapelle.
  22. Bach in Hamburg: tief beeindruckt: Orgelstadt Hamburg. Abgerufen am 22. Januar 2021.
  23. Gustav Fock: Der junge Bach in Lüneburg, 1700–1702. Merseburger, Hamburg 1950.
  24. Harro Schmidt, Klaus Beckmann: Brunckhorst, Arnold Matthias. In: Ludwig Finscher (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Personenteil, Band 3 (Bjelinski – Calzabigi). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a. 2000, ISBN 3-7618-1113-6 (Online-Ausgabe, für Vollzugriff Abonnement erforderlich)
  25. C. Wolff, 2005, Kapitel Erste Erkundungen in Thüringen.
  26. a b Dietrich Buxtehude und Bach
  27. Michael Meißner: Johann Sebastian Bachs Mühlhäuser Zeit (1707–1708). In: Mühlhäuser Museen (Hrsg.): Mühlhäuser Beiträge. Sonderheft 12. Druck und Verlagshaus Mühlhausen, Mühlhausen 2000, S. 72.
  28. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. 1988, S. 125–130.
  29. Früher vermutete Konflikte mit der vorwiegend lutherisch-pietistisch eingestellten Geistlichkeit in Mühlhausen werden von der heutigen Bach-Forschung nicht mehr vertreten; siehe dazu C. Wolff, 2005, Kapitel An Divi Blasii zu Mühlhausen.
  30. Aus einer Protokollnotiz des Hofes: „Am 6. Nov. ist der bisherige Concert-Meister u. Hoforganist, Bach, wegen seiner Halßstarrigen Bezeugung u. zu erzwingenden dimission, auf der LandRichter-Stube arrêtiert, u. endlich d. 2. Dec. darauf, mit angezeigter Ungnade, Ihme die dimission durch den Hof-Secr.: angedeutet, u. zugleich des arrests befreyet worden“. Nach Werner Neumann, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Fremdschriftliche und gedruckte Dokumente zur Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs, 1685–1750, Kritische Gesamtausgabe. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1969 (=Bach-Dokumente II. Nr. 84), S. 65.
  31. Arno Forchert: Johann Sebastian Bach und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2002, S. 82.
  32. C. Wolff, 2005, Kapitel Unter fürstlichem Patronat
  33. Maria Hübner: Neues zu Johann Sebastian Bachs Reisen nach Karlsbad. In: Bach-Jahrbuch. Band 92, 2006, ISSN 0084-7682, S. 105–108, doi:10.13141/bjb.v20061797.
  34. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. 1988, S. 130–133.
  35. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. 1988, S. 133–134.
  36. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. 1988, S. 134–137.
  37. Siehe z. B. Maarten ’t Hart: Bach und ich, Kapitel „Schlummert ein, ihr matten Augen“ – Bach und der Tod.
  38. In dem Brief von Bach vom 28. Oktober 1730 an seinen Schulfreund Georg Erdmann heißt es:
    „Es muste sich aber fügen, daß erwehnter Serenißimus sich mit einer Berenburgischer Princessin vermählete, da es denn das Ansehen gewinnen wolte, als ob die musicalische Inclination bey besagtem Fürsten in etwas laulicht werden wolte, zumahln da die neüe Fürstin schiene eine amusa zu seyn:“
  39. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. 1988, S. 125.
  40. Bauwerk. Abgerufen am 7. Juni 2021 (deutsch).
  41. Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Aktualisierte Neuauflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 274.
  42. Erdmannbrief, hier nach Wolfgang Hildesheimer: Der ferne Bach. 2. Auflage. Insel-Verlag, Frankfurt am Main 1985 (Insel-Bücherei 1025/2), S. 47 ff.
  43. Albert Schweitzer: Johann Sebastian Bach, 1908. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1952, S. 121.
  44. 1. Internationales Online Orgel Festival 2022: Special Dresden. Abgerufen am 22. Oktober 2022 (deutsch).
  45. Aloys Henning: Die Okulisten Joseph Hillmer und John Taylor in Leipzig. In: Akt. Augenheilkunde. Band 17, 1992, S. 204–214.
  46. Ob – worauf Taylors Operationsversuche hinweisen – ein Schwarzer Star oder aber ein Grauer Star, ein Grüner Star und/oder eine andere Augenerkrankung zugrunde lagen, ist unklar.
  47. Karl A. Baer: Johann Sebastian Bach (1685–1750) in Medical History. In: Bulletin of the Medical Library Association. Band 39, Nr. 3, 1951, S. 206–211. PMID 14848627, PMC 195117 (freier Volltext).
  48. Aloys Henning: Zu den Augenoperationen am Kantor und am Archidiakon von St. Thomas in Leipzig, Johann Sebastian Bach und Christoph Wolle. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 17, 1998, S. 227–250, insbesondere S. 238–242 (Johann Sebastian Bachs Staroperationen).
  49. Detlef Kranemann: Johann Sebastian Bachs Krankheit und Todesursache – Versuch einer Deutung. In: Hans-Joachim Schulze, Christoph Wolff (Hrsg.): Bach-Jahrbuch 76. Berlin 1990, S. 53–64.
  50. Aloys Henning (1998), S. 227.
  51. Aloys Henning (1998), S. 239 f.
  52. Richard H. C. Zegers: The Eyes of Johann Sebastian Bach. In: Arch Ophthalmol. Band 123, 2005, S. 1427–1430 (online).
  53. Hermann Kock, R. Siegel: Genealogisches Lexikon der Familie Bach. Wechmar 1995, ISBN 3-931182-01-0.
  54. Swantje Koch-Kanz, Luise F. Pusch: Die Töchter von Johann Sebastian Bach. In: Luise F. Pusch (Hrsg.): Töchter berühmter Männer. Neun biographische Portraits (= Insel Taschenbuch. Band 979). Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-458-32679-0, S. 117–154, hier: S. 129 und 140.
  55. Bayerischer Rundfunk: Was heute geschah – 28. Juli 1949: Bachs Gebeine werden in die Thomaskirche überführt | BR-Klassik. 27. Juli 2020, abgerufen am 15. Dezember 2020.
  56. a b Ein Genie – zu 70 Prozent – Der Spiegel 8/2008. Abgerufen am 24. Dezember 2020.
  57. a b C. Wolff, 2005, Kapitel Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: das Ende
  58. Karl A. Baer: Johann Sebastian Bach (1685–1750) in medical history. In: Bulletin of the Medical Library Association. Band 39, Nr. 3, 1951, ISSN 0025-7338, S. 206–211, PMC 195117 (freier Volltext).
  59. R. Shane Tubbs, Marios Loukas, Mohammadali M. Shoja, Aaron A. Cohen-Gadol: Wilhelm His (1831–1904) and his contributions to neuroanatomy. In: Child’s Nervous System: ChNS: Official Journal of the International Society for Pediatric Neurosurgery. Band 25, Nr. 12, 2009, ISSN 1433-0350, S. 1613–1615, doi:10.1007/s00381-009-0994-4, PMID 19763585.
  60. http://www.johanniskirchturm.de/material/rundblick/rundblick_13.pdf
  61. Richard H. C. Zegers, Mario Maas A. (Ton) G. Koopman, George J. R. Maat: Are the alleged remains of Johann Sebastian Bach authentic? In: The Medical Journal of Australia. Vol. 190 (4), 2009, S. 213–216, PMID 19220191, mja.com.au (PDF; 266 kB) abgerufen am 10. Dezember 2013.
  62. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Bach-Kopf rekonstruiert. 7. April 2000, abgerufen am 29. Januar 2021.
  63. Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Für patriotische Verehrer echter musikalischer Kunst. Leipzig 1802, zeno.org
  64. C. Wolff, 2005, Kapitel Materialien und Metaphysik.
  65. J. S. Bach schätzte seinen Onkel Johann Christoph Bach, der Stadtorganist und Hofcembalist in Eisenach war, sehr; er bezeichnete ihn in der Familiengenealogie als „profonden Componisten“, auch im Nekrolog wird er von C. P. E. Bach lobend erwähnt. Siehe C. Wolff, 2005, Kapitel Elternhaus, Stadt, Hof, Schule und Kirche: die musikalische Umgebung.
  66. Pachelbel war mit Bachs Vater Ambrosius befreundet und Lehrer von dessen Sohn Johann Christoph Bach, der wiederum Johann Sebastian in Ohrdruf unterrichtete; siehe C. Wolff, 2005, Kapitel Elternhaus, Stadt, Hof, Schule und Kirche: die musikalische Umgebung.
  67. Das Trio BWV 1025 ist eine Bearbeitung einer Lautensuite von Weiss.
  68. a b c In einem Brief von C. P. E. Bach an Forkel (Bach-Dokumente III, Nr. 803, S. 288–290) heißt es, sein Vater habe „außer Frobergern, Kerl u Pachhelbel“ die Werke von Frescobaldi, den Badenschen Capellmeister Fischer, Strungk „geliebt u. studirt“.
  69. Die Orgelfuge BWV 579 ist eine Bearbeitung eines Werks von Corelli.
  70. Die Orgelfuge BWV 574b ist eine Bearbeitung eines Werks von Legrenzi.
  71. BWV 1081 ist eine Bearbeitung aus einer Messe von Bassani.
  72. BWV 974 ist eine Bearbeitung von Marcellos Konzert für Oboe und Orchester.
  73. Die Cembalofugen BWV 946, 950 und 951 sind Bearbeitungen von Albinonis Opus 1 aus dem Jahr 1694.
  74. a b Verschiedene Werke Porporas und Locatellis gehörten zum Aufführungsrepertoire des Collegium musicum in Leipzig, siehe C. Wolff, 2005, Kapitel Materialien und Metaphysik.
  75. Die Vertonung von Psalm 51 (BWV 1083 „Tilge, Höchster, meine Sünden“) ist in wesentlichen Teilen eine Bearbeitung von Pergolesis Stabat mater in f-Moll aus dem Jahr 1736.
  76. BWV 1082 ist eine Bearbeitung von Caldaras Suscepit Israel.
  77. Vgl. etwa: Johann Sebastian Bach, Sämtliche Klavierwerke in 13 Bänden. Könemann Music Budapest.
  78. Es gibt allerdings schon seit längerem Zweifel, ob Bachs Lautenwerke alle für eine Laute gedacht waren oder eher für ein sogenanntes Lautenwerk oder Lautenclavier, das er sich 1740 nachweislich bauen ließ. Ein weiterer Grund ist u. a. die „Unspielbarkeit“ der Suite e-moll BWV 996. Siehe: Walter Kolneder: Artikel Lautenwerke. In: Lübbes Bach-Lexikon. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach, 1982, S. 177–178.
  79. Vgl. etwa Martin Droschke: Hörbare Mathematik, das ist das Geheimnis, weshalb die Musik des Barockgenies Johann Sebastian Bach zeitlos ist. In: Franken 2024. Franken-Wissen für das ganze Jahr. Emons Verlag, Köln 2023, ISBN 978-3-7408-1797-8, Blatt 21. November (Beginn der Bachtage 2024).
  80. Nach C. Wolff: Johann Sebastian Bach, Kapitel „Clavier-Virtuose und Orgel-Experte“, S. Fischer Verlag, Frankfurt, Auflage 2000, S. 158 (Referenzen zu den einzelnen Orgeln finden sich dort)
  81. Reinhold Bernhardt: Das Schicksal der Familie Johann Sebastian Bachs. In: Der Bär. Jahrbuch von Breitkopf & Härtel auf die Jahre 1929/1930. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1930, S. 167–176, hier: S. 167.
  82. Nachlassverzeichnis Bachs. Abgerufen am 2. Mai 2025.
  83. Textheft zur CD: Die neue Bach-Orgel der Thomaskirche zu Leipzig. Querstand 2001 (Erläuterungen von Thomasorganist Ullrich Böhme zur Orgel, Seite 17)
  84. C. Wolff: Johann Sebastian Bach. 2005. Tabelle 5.3: Bachs Orgelprojekte und Gutachten.
  85. Nach dem Bericht Agricolas: „Herr Gottfr. Silbermann hatte dieser Instrumente im Anfang zwey verfertiget. Eins davon hatte der sel. Kapellm. Hr. Joh. Sebastian Bach gesehen und bespielet. Er hatte den Klang desselben gerühmet, ja bewundert: Aber dabey getadelt, dass es in der Höhe zu schwach lautete, und gar zu schwer zu spielen sey. Dieses hatte Hr. Silbermann, der gar keinen Tadel an seinen Ausarbeitungen leiden konnte, höchst übel aufgenommen. Er zürnte deswegen lange mit dem Hrn. Bach. Und dennoch sagte ihm sein Gewissen, daß Hr. Bach nicht unrecht hätte. Er hielt also, und das sey zu seinem großen Ruhme gesagt, für das beste nichts weiter von diesen Instrumenten auszugeben; dagegen aber desto fleißiger auf Verbesserung der vom Hrn. J. S. Bach bemerkten Fehler zu denken. […] Hr. Silbermann hatte auch den löblichen ehrgeiz gehabt, eines dieser Instrumente, seiner neuern Arbeit, dem sel. Hrn. Kapellmeister Bach zu zeigen und von ihm untersuchen zu lassen; und dagegen von ihm völlige Gutheißung erlanget.“ Bach-Dokumente Band III, Nr. 743.
  86. Aus: Johann Adam Hiller: Mein Leben; Carl Philipp Emanuel Bach: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen.
  87. C. Wolff: Johann Sebastian Bach, 2005, S. 6.
  88. Birger Petersen-Mikkelsen: Praedicatio sonora. Musik und Theologie bei Johann Sebastian Bach. In: Kirchenmusik und Verkündigung – Verkündigung als Kirchenmusik. Zum Verhältnis von Theologie und Kirchenmusik. (Eutiner Beiträge zur Musikforschung, Band 4.) Selbstverlag, Eutin 2003, ISBN 3-8311-4465-6, S. 45–60: S. 47 mit Anm. 5.
  89. Hans Besch: Johann Sebastian Bach: Frömmigkeit und Glaube. Bertelsmann, Gütersloh 1938.
  90. Robin A. Leaver: Bachs theologische Bibliothek. Hänssler, Neuhausen-Stuttgart 1983. Der gesamte Nachlass und seine Verteilung auf die Erben ist im Anhang von Philipp Spittas Bach-Biografie aufgeführt (abgerufen am 13. Januar 2013). Die nicht-theologischen Bücher, z. B. über Musiktheorie, sowie die Werke klassischer Autoren waren offensichtlich schon vor Bachs Tod auf die Söhne verteilt worden, so dass sie im Nachlass nicht auftauchen, ebenso wenig wie die gesamten Kompositionen.
  91. Hans Preuß: Bachs Bibliothek. In: Festgabe für Th. Zahn. Deichert, Leipzig 1928, S. 116–140, Textarchiv – Internet Archive. Thomas Wilhelmi: Bachs Bibliothek. Eine Weiterführung der Arbeit von Hans Preuß. In: Bach-Jahrbuch. Jg. 65, 1979, S. 107–129. Vgl. auch Martin Petzold: Zwischen Orthodoxie, Pietismus und Aufklärung – Überlegungen zum theologiegeschichtlichen Kontext Johann Sebastian Bachs. In: Reinhard Szeskus (Hrsg.): Bach und die Aufklärung. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1982, S. 66–107.
  92. J. S. Bach: Vorschriften und Grundsätze zum vierstimmigen spielen des General-Bass oder Accompagnement für seine Scholaren in der Music. 1738. Zitiert bei Philipp Spitta: Johann Sebastian Bach. Abgerufen am 20. März 2010.
  93. Werner Neumann, Hans-Joachim Schulze (Hrsg.): Schriftstücke von der Hand Johann Sebastian Bachs. Bärenreiter, Kassel u. a. 1963, Nr. 1, S. 19–21 (Bach-Dokumente, Band 1).
  94. Johan Bouman: Musik zur Ehre Gottes. Die Musik als Gabe Gottes und Verkündigung des Evangeliums bei Johann Sebastian Bach. 2. Aufl. Brunnen, Gießen 2000, ISBN 3-7655-1201-X, S. 29.
  95. Martin Petzoldt: Bach als Ausleger der Bibel. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-57179-8, S. 109 (online). Ob aus den wenigen vorliegenden Zeugnissen tatsächlich ein differenziertes Bild von Bachs Verhältnis zu komplexen theologischen und philosophischen Fragestellungen oder zu seinem persönlichen Glauben gezeichnet werden kann, muss bezweifelt werden. Außerdem ist es sehr unwahrscheinlich, dass Bach in seiner geistlichen Entwicklung von frühester Jugend bis in sein letztes Lebensjahrzehnt – vor allem unter dem zunehmenden Einfluss der Aufklärung auf das geistige Klima Leipzigs – unveränderte Positionen vertrat. Petzoldt warnt vor Pauschalurteilen: „Bach als Christ, Bach im Gottesdienst, seinen Beruf ausübend. Doch dann folgt die Ernüchterung: das Gesamtbild [Bachs] bleibt verborgen, meinen Blicken entzogen, wie das Bild im Fenster hinter der Säule.“ Zutreffend schreibt Petzoldt an gleicher Stelle: „Viele meinen Bach genau zu kennen.“ Martin Petzoldt, Joachim Petri: Johann Sebastian Bach. Ehre sei dir Gott gesungen. Bilder und Texte zu Bachs Leben als Christ und seinem Wirken für die Kirche. Göttingen 1988, ISBN 3-525-57182-8, S. 6.
  96. Zu Wolle siehe Martin Petzoldt: Christian Weise d. Ä. und Christoph Wolle – zwei Leipziger Beichtväter Bachs, Vertreter zweier auslegungsgeschichtlicher Abschnitte der ausgehenden lutherischen Orthodoxie. In: Martin Petzoldt: Bach als Ausleger der Bibel. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1985, ISBN 3-525-57179-8, S. 109–130 (online). Mizler sprach vom Capellmeister Bach, „den ich unter meine guten Freunde und Gönner zu zehlen die Ehre habe“ (Musikalische Bibliothek, I.4 [1738], S. 61, digitale-sammlungen.de). Siehe auch Lutz Felbick: Lorenz Christoph Mizler de Kolof – Schüler Bachs und pythagoreischer „Apostel der Wolffischen Philosophie“. Georg-Olms-Verlag, Hildesheim 2012, ISBN 978-3-487-14675-1 (Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig – Schriften; 5). pdf Online-Version, S. 435 f.
  97. Detlef Döring: Die Philosophie Gottfried Wilhelm Leibniz’ und die Leipziger Aufklärung in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts (= Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse, Band 75, Heft 4), Leipzig 1999, S. 48. Diese Problematik wird im Kontext der zum Teil heftigen Leipziger Auseinandersetzungen zwischen den Wolffianern und den sogenannten Anti-Wolffianern verständlich. Vgl. Detlef Döring: Der Wolffianismus in Leipzig: Anhänger und Gegner. In: Hans-Martin Gerlach (Hrsg.): Christian Wolff: seine Schule und seine Gegner (= Aufklärung 12, 2), Hamburg 2001, S. 51–76.
  98. Bach schrieb dieses Bekenntnis, Christus werde die Kreuzesträger krönen, als Ergänzung zu seiner Kanonwidmung (BWV 1077) in das Stammbuch von Johann Gottfried Fulde. Zur ersten Deutung von Bachs Symbolum siehe Heinrich Poos: Christus Coronabit Crucigeros – Hermeneutischer Versuch über einen Kanon Johann Sebastian Bachs, in: Theologische Bach-Studien II (= Beiträge zur theologischen Bach-Forschung 4), hrsg. von Walter Blankenburg und Renate Steiger, Neuhausen-Stuttgart 1986, S. 67–97. Zur Kritik an dieser Interpretation und zum anderen Verständnis siehe Lutz Felbick: Lorenz Christoph Mizler de Kolof – Schüler Bachs und pythagoreischer „Apostel der Wolffischen Philosophie“. Georg-Olms-Verlag, Hildesheim 2012, ISBN 978-3-487-14675-1 (Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig – Schriften; 5), pdf Online-Version, S. 54 ff. und 438 ff.
  99. Johann Mattheson: Das beschützte Orchestre, 1717: „Ich habe von dem berühmten Organisten zu Weimar Hrn. Joh. Sebastian Bach Sachen gesehen so wohl vor die Kirche (Kantaten) als vor die Faust (Orgelkompositionen) die gewiß so beschaffen sind daß man den Mann hoch æstimiren muß.“ Zitiert nach: Über Bach. Anthologie; Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1992; S. 17.
  100. Brief von Giovanni Battista Martini, datiert 14. April 1750, 3 Monate vor Bachs Tod: „Ich halte es für überflüssig, das besondere Verdienst des Herrn Bach beschreiben zu wollen, weil er nicht allein in Deutschland, sondern auch in ganz Italien zu sehr bekannt und bewundert ist, nur sage ich, daß ich es für schwierig halte, einen Lehrer zu finden, der ihn übertrifft, weil er sich heutzutage mit Recht rühmen kann, einer der ersten zu sein, die es in Europa gibt.“ Aus: Über Bach. Anthologie. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1992. S. 23.
  101. Lorenz Christoph Mizler: V. Nachricht von der Societät der musikalischen Wissenschafften in Deutschland von 1746 biß 1752. In: Mizler Musikalische Bibliothek. Band 4. Mizlerischer Bücher-Verlag, Leipzig 1754, S. 105 (Volltext bei Wikisource).
  102. a b Johann Adolph Scheibe: Der critische Musicus. Band 1. Beneke, Hamburg 1737, digitale-sammlungen.de
  103. Melissantes: Gemüths vergnügendes Historisches Hand-Buch für Bürger und Bauern …, Leipzig, Frankfurt [und Arnstadt] 1744, S. 756/757 f.
  104. Zitiert nach Bach-Dokumente III, Nr. 790, S. 276, auch abgedruckt in Alfred Einstein: Mozart. Sein Charakter, sein Werk, Kapitel „Mozart und der Kontrapunkt“, S. 182.
  105. Johann Friedrich Reichardt: Musikalisches Kunstmagazin, 1782: „Es hat nie ein Komponist, selbst der besten, tiefsten Italiener, keiner, alle Möglichkeiten unserer Harmonie so erschöpft wie Johann Sebastian Bach. Es ist fast kein Vorhalt möglich, den er nicht angewandt, alle echte harmonische Kunst und alle unechten harmonischen Künsteleien hat er in Ernst und Scherz tausendmal angewandt mit solcher Kühnheit und Eigenheit, daß der größte Harmoniker, der einen fehlenden Thematakt in einem seiner größten Werke ergänzen sollte, nicht ganz dafür stehen könnte, ihn wirklich so ganz, wie ihn Bach hatte, ergänzt zu haben.“ Aus: Über Bach. Anthologie. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1992, S. 41.
  106. So Ernst Ludwig Gerber und Friedrich Wilhelm Marpurg, die Schülerschaft gilt aber als zweifelhaft.
  107. Joseph Haydn (1799): „Noch viel weniger es unrecht gefunden habe, daß Joh. Seb. Bach der Mittelpunkt der Sonne, folglich der Mann sey, von welchem alle wahre musikalische Weisheit ausgehe.“ Aus: Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Aktualisierte Neuauflage. Fischer, Frankfurt am Main 2005, S. 10.
  108. Joseph Müller-Blattau: Mozart: Leben – Briefe – Werke. Langewiesche, Königstein 1957 (Langewiesche Bücherei 234).
  109. Anton Schindler: Biographie von Ludwig van Beethoven (Google-Volltext), Münster, Aschendorff’sche Buchhandlung, 1840 S. 25/26
  110. Andras Schiff: the lectures | guardian.co.uk Music Dieser Zusammenhang wurde von András Schiff in seinen Vorlesungen propagiert.
  111. Johann Nikolaus Forkel: Über Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke. Für patriotische Verehrer echter musikalischer Kunst. Leipzig 1802, zeno.org. Abgerufen am 13. September 2019.
  112. The Late Felix Mendelssohn-Bartholdy. In: The Musical Times. Nr. 44/2, 1848, S. 154, JSTOR:3370516 (englisch).
  113. Matthias Wendt, Düsseldorf: Bach und Händel in der Rezeption Robert Schumanns, Referat, gehalten am „Tag der mitteldeutschen Barockmusik 2001 in Zwickau“, Schumann-Forschungsstelle; zitiert nach: Paul Luchtenberg: Wolfgang Müller von Königswinter. Band 1. Verlag Der Löwe Reykers, Köln 1959, S. 269.
  114. Hannes Fricke: Mythos Gitarre: Geschichte, Interpreten, Sternstunden. Reclam, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-15-020279-1, S. 85, 100.
  115. Paul McCartney: The Lyrics: 1956 to Present. W. W. Norton & Company, New York 2021; deutsch: Lyrics. 1956 bis heute. Hrsg. mit einer Einleitung von Paul Muldoon. Aus dem Englischen übersetzt von Conny Lösche. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77650-2, S. 47.
  116. Bernward Halbscheffel: Johann Sebastian Bach und die Rockmusik. Zitate, Paraphrasen und Bearbeitungen. Halbscheffel, Leipzig 2018, ISBN 978-3-943483-06-2, S. 59–79.
  117. Bernward Halbscheffel: Johann Sebastian Bach und die Rockmusik. Zitate, Paraphrasen und Bearbeitungen. Halbscheffel, Leipzig 2018, ISBN 978-3-943483-06-2, S. 83–188.
  118. Eckard Kröplin: Bach in der russisch-sowjetischen Musik. (PDF) uni-leipzig.de, abgerufen am 17. Juli 2011.
  119. Städteliste (PDF)
  120. Frieder Schulz: Das Gedächtnis der Zeugen – Vorgeschichte, Gestaltung und Bedeutung des Evangelischen Namenkalenders. In: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie, Band 19. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1975, S. 69–104, Namenliste S. 93–104 (Digitalisat)
  121. Gail Ramshaw: More Days for Praise: Festivals and Commemorations in Evangelical Lutheran Worship. Augsburg Fortress 2016, S. 180.
  122. Lutheran Church Missouri Synod: Commemorations
  123. F. Börngen: Johann Sebastian Bach astronomisch geehrt – Eisenach am Himmel genannt. In: MFB Verlagsgesellschaft (Hrsg.): StadtZeit. Stadtjournal mit Informationen aus dem Wartburgkreis. Druck- und Verlagshaus Frisch, Eisenach März 2000, S. 21–22.
  124. Johann Sebastian Bachs vergebliche Reise in den Ruhm. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 19. Juni 2021.
  125. Filmdetails: Johann Sebastian Bachs vergebliche Reise in den Ruhm (1979). 25. April 1980, abgerufen am 29. Juli 2024 (deutsch).
  126. Johann Sebastian Bach. In: filmportal.de. Deutsches Filminstitut, abgerufen am 19. Juni 2021.
  127. Mein Name ist Bach/Details. Internet Movie Database, abgerufen am 16. Juli 2018.