„Johann Hermann Detmold“ – Versionsunterschied
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'''Johann Hermann Detmold''' |
'''Johann Hermann Detmold''' (* [[24. Juli]] [[1807]] in [[Hannover]]; † [[17. März]] [[1856]] ebenda) war ein deutscher [[Jurist]], [[Politiker]] in der [[Frankfurter Nationalversammlung|deutschen Nationalversammlung]], [[Zeichner]] und [[Schriftsteller]]. Vom Mai bis Dezember 1849 gehörte er als Reichsjustizminister der [[Provisorische Zentralgewalt|deutschen Zentralgewalt]] an. |
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[[File:Johann_Hermann_Detmold_1848.jpg|thumb|Johann Hermann Detmold – [[Daguerreotypie]] von [[Jacob Seib]] (1848)]] |
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== Leben == |
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In Göttingen und Heidelberg widmete er sich juristischen Studien, ließ sich 1830 in Hannover als Advokat nieder, beschäftigte sich aber nebenbei viel mit Kunststudien und schrieb eine "Anleitung zur Kunstkennerschaft" (Hannov. 1833, 2. Aufl. 1845), einen Lokalscherz voll frischen Humors und scharf einschneidender Satire. Auch für Poesie hatte er Interesse und war mit [[Heinrich Heine]] befreundet. Nach Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes 1838 zum Deputierten der Stadt Münden erwählt, beteiligte er sich an dem passiven Widerstand gegen die neue Verfassung sowohl in der Kammer als in Zeitungskorrespondenzen und Privatbriefen und ward deshalb von der Regierung auf alle Weise verfolgt und 1843 zu einer Gefängnis- und Geldstrafe verurteilt. Er veröffentlichte damals die "Randzeichnungen" (Braunschw. 1843), die zu dem Besten im Genre der feinen Satire gehören. Konservativen Grundsätzen huldigend, zeigte er sich den revolutionären Bewegungen von 1848 entschieden abgeneigt, und im Mai 1848 im Osnabrückschen in die deutsche Nationalversammlung gewählt, schloß er sich der äußersten Rechten an. Als Mitglied des Verfassungsausschusses gehörte D. zu den wenigen, die sich aufs entschiedenste den Grundrechten und dem Verfassungsentwurf widersetzten und an dem Vereinbarungsstandpunkt festhielten. Viele Gegner machte er sich damals durch die Satire "Thaten und Meinungen des Herrn Piepmeyer" (Frankf. 1849). In der Oberhauptsfrage opponierte er entschieden dem preußischen Kaisertum. Daher ließ er sich auch bewegen, nach Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. und dem Rücktritt Gagerns in das vom Reichsverweser gebildete neue Ministerium einzutreten, welches Österreich die Rückkehr zu den alten Verhältnissen ermöglichen sollte. Er übernahm das Portefeuille der Justiz, bald darauf, nach Grävells Austritt, auch noch das des Innern und hielt allen Versuchen gegenüber, das Ministerium und mit ihm den Reichsverweser zum Rücktritt zu bewegen, so lange stand, bis 21. Dez. 1849 der Reichsverweser selbst die Gewalt der Bundeszentralkommission übergab. D. ging nach Hannover zurück und wurde bald darauf vom König zum hannöverschen Bevollmächtigten bei der provisorischen Bundeszentralkommission, nachher zum Gesandten beim Bundestag ernannt. In dieser Stellung wirkte er dahin, das Bundesrecht wieder zum Ausgangspunkt der Ordnung der deutschen Verhältnisse zu gewinnen. Durch das Ministerium Münchhausen von seinem Frankfurter Posten abgerufen, kehrte D. im Juli 1851 nach Hannover zurück, wo er 17. März 1856 starb. |
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Johann Hermann Detmold wuchs in der Nähe der [[St. Clemens (Hannover)|Clemenskirche]] auf, in der noch selbstständigen [[Calenberger Neustadt]] vor Hannover. Zu seinen Vorfahren gehören mütterlicherseits die Bankiers der Familie [[Oppenheimer (Familie)|Oppenheimer]] in Hannover, sein Vater war der jüdische Arzt [[Georg Heinrich Detmold]] (1771–1842). Seine Familie trat 1815 mit der Taufe in der [[Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers|evangelischen]] [[Neustädter Kirche (Hannover)|Neustädter Kirche]] zum Christentum über. Nach der Schulzeit am [[Kaiser-Wilhelm- und Ratsgymnasium Hannover|Ratsgymnasium]] und bestandenem Abitur studierte Detmold an den Universitäten [[Georg-August-Universität Göttingen|Göttingen]] und [[Universität Heidelberg|Heidelberg]] [[Rechtswissenschaft]] und ließ sich 1830 in Hannover als Advokat nieder. Während seiner Studienzeit wurde er 1827 Mitglied der ''Alten Göttinger [[Burschenschaft]]'' und 1828 der ''[[Alte Heidelberger Burschenschaft|Alten Heidelberger Burschenschaft]]''.<ref>Helge Dvorak: ''Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft.'' Band I: ''Politiker.'' Teilband 1: ''A–E.'' Winter, Heidelberg 1996, ISBN 3-8253-0339-X, S. 196.</ref><ref>Peter Kaupp: Burschenschafter in der Paulskirche, Broschüre der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung, 1999.</ref> |
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Neben seinem Beruf beschäftigte sich Detmold mit Kunststudien. 1832 begründete er mit [[Bernhard Hausmann (Kunstsammler)|Bernhard Hausmann]] den [[Kunstverein Hannover]] und wurde dessen stellvertretender Sekretär. 1833 schrieb er eine „Anleitung zur Kunstkennerschaft“ (Hannover 1833, 2. Aufl. 1845), einen Lokalscherz voll scharfer Satire.<ref>Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): ''Stadtlexikon Hannover: Von den Anfängen bis zur Gegenwart'', (ISBN 978-3-89993-662-9) Schlütersche, Hannover 2009, S. 490.</ref> |
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[[File:Detmold Johann Hermann.jpg|thumb|links|Johann Hermann Detmold – Lithographie von [[Julius Giere]] (1836)]] |
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1835 und 1836 gab Detmold, gemeinsam mit [[Georg Osterwald]], die [[Hannoversche Kunstblätter|Hannoverschen Kunstblätter]] heraus, die der [[Kunstverein Hannover]] zu Ausstellungen veröffentlichte.<ref>[[Hugo Thielen]]: ''Hannoversche Kunstblätter.'' In: ''[[Stadtlexikon Hannover]]'', S. 260.</ref> Auch für Poesie interessierte er sich und war mit [[Heinrich Heine]] befreundet. |
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1836/37 hielt sich Detmold in Paris auf, kehrte aber wegen der ''Aufhebung des Staatsgrundgesetzes'' durch [[Ernst August I. (Hannover)#König von Hannover|König Ernst August I.]] vorzeitig zurück. 1838 wurde Detmold zum Deputierten der Stadt [[Hann. Münden]] erwählt. Er beteiligte sich an dem passiven Widerstand gegen die neue Verfassung, in enger Zusammenarbeit mit [[Johann Andreas Wehner]], sowohl in der Kammer als auch in Zeitungskorrespondenzen und Privatbriefen, wurde deshalb von der Regierung verfolgt und 1843 zu einer Gefängnis- und Geldstrafe verurteilt. Er veröffentlichte damals die – fein satirischen – „Randzeichnungen“ (Braunschweig 1843). |
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Konservativen Grundsätzen huldigend, lehnte er die revolutionären Bewegungen von 1848 entschieden ab; im Mai 1848 im Osnabrückschen in die [[Frankfurter Nationalversammlung]] gewählt, schloss er sich der äußersten Rechten an (Fraktion: [[Café Milani]])<ref> {{Webarchiv|text=Abgeordnete nach Fraktionen |url=http://www.bundesarchiv.de/foxpublic/files/DB51_Abgeordnete.pdf |wayback=20160327165707 }} im Bundesarchiv.</ref>. Er war zwar Mitglied des [[Verfassungsausschuss der Frankfurter Nationalversammlung|Verfassungsausschusses]], widersetzte sich aber den [[Grundrechte des deutschen Volkes|Grundrechten]] und der [[Frankfurter Reichsverfassung]]. Seiner Meinung nach konnte eine Verfassung nur mit den Einzelstaaten [[Verfassungsvereinbarung|vereinbart]] werden. Viele Gegner machte er sich durch die Satire „Thaten und Meinungen des Herrn Piepmeyer“ (Frankfurt/Main 1849). |
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In der Frage, wer nach der neuen Verfassung das [[Reichsoberhaupt 1848-1850|Staatsoberhaupt]] stellen solle, stellte er sich gegen den Vorschlag des preußischen Kaisertums. Daher ließ er sich auch bewegen, nach Ablehnung der Kaiserkrone durch [[Friedrich Wilhelm IV.]] und dem Rücktritt [[Heinrich von Gagern]]s in das vom [[Reichsverweser 1848/1849|Reichsverweser]] gebildete neue Gesamt-Reichsministerium einzutreten, das Österreich die Rückkehr zu den alten Verhältnissen ermöglichen sollte. Er übernahm das Portefeuille der Justiz, bald darauf, nach [[Maximilian Karl Friedrich Wilhelm Grävell|Grävell]]s Austritt, auch noch das des Innern und hielt allen Versuchen, das Gesamt-Reichsministerium und mit ihm den Reichsverweser zum Rücktritt zu bewegen, so lange stand, bis am 21. Dezember 1849 der Reichsverweser selbst die Gewalt der [[Bundeszentralkommission]] übergab. |
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Detmold ging nach Hannover zurück und wurde bald darauf vom König zum hannoverschen Bevollmächtigten bei der Bundeszentralkommission, nachher zum Gesandten beim Bundestag ernannt. In dieser Stellung wirkte er dahin, das Bundesrecht wieder zum Ausgangspunkt der Ordnung der deutschen Verhältnisse zu machen. |
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Durch das [[Minister des Königreichs Hannover#2. Ministerium 1850–1851|Ministerium Münchhausen]] von seinem Frankfurter Posten abgerufen, kehrte Detmold im Juli 1851 nach Hannover zurück, wo er am 17. März 1856 starb. |
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Detmold war seit 1850 mit der Frankfurterin Sophie [[Guaita (Familie)|von Guaita]], der Tochter von [[Georg Friedrich von Guaita]] verheiratet. Im selben Jahr wurde ihr gemeinsamer Sohn [[Georg Detmold|Georg]] (1850–1917) geboren. |
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== Auszeichnungen == |
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* 1850: [[Guelphen-Orden]] vierter Klasse |
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* um 1850: [[Komtur (Ordenskunde)|Kommandeurkreuz]] des [[Österreichisch-kaiserlicher Leopold-Orden|Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens]] |
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== Werke == |
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* ''[http://books.google.com/books?id=5-sYAAAAYAAJ Die Kunst, in drei Stunden ein Kunstkenner zu werden] (Anleitung zur Kunstkennerschaft oder Kunst, in drei Stunden ein Kenner zu werden und andere Satiren)'', Hahn, Hannover 1833, 2. Auflage 1845. |
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* mit [[Georg Osterwald]] (Hrsg.): ''Hannoversche Kunstblätter'', 1835 und 1836. |
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* ''Briefe über den Pariser Salon.'' In: Cotta’sches Morgenblatt, Mai bis Juli 1837. |
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* mit [[Johann Carl Bertram Stüve]]: ''Hannoversches Portfolio. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Hannoverschen Verfassungskampfes'', 4 Bde., Krabbe, 1838–1841. |
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* ''[http://www.mdz-nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:bvb:12-bsb10107243-6 Randzeichnungen]'', Braunschweig 1843. |
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* ''Die todte Tante'', Roman, Hannover 1845. |
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* ''Thaten und Meinungen des Herrn Piepmeyer, Abgeordneten zur constituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main'', Frankfurt am Main: Jügel, 1848–1849. [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:061:2-390 Digitalisierte Ausgabe] der [[Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf]] |
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* Gustav Stüve (Hrsg.): ''Briefwechsel zwischen Stüve und Detmold in den Jahren 1848–1850.'' In: Quellen und Darstellung zur Geschichte Niedersachsens, Bd. 13, Hahn, Hannover/Leipzig 1903. |
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== Literatur == |
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* {{ADB|5|82|88|Detmold, Johann Hermann|Ferdinand Frensdorff|ADB:Detmold, Johann Hermann}} |
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* {{NDB|3|619|620|Detmold, Johann Hermann|Bernhard Mühlhan|116086246}} |
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* {{Meyers Online|4|728}} |
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* [[Helmut Zimmermann (Archivar)|Helmut Zimmermann]]: ''Johann Hermann Detmold'', in: ''Leben und Schicksal. Zur Einweihung der Synagoge in Hannover'', mit Fotos von Hermann Friedrich u. a., Hrsg.: Landeshauptstadt Hannover, Presseamt, in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Hannover e. V., Hannover: [Beeck in Kommission], [1963], S. 64–70 |
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* Helge Dvorak: ''Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft.'' Band I: ''Politiker.'' Teilband 1: ''A–E.'' Winter, Heidelberg 1996, ISBN 3-8253-0339-X, S. 196 f. |
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* Hugo Thielen: ''[http://books.google.com/books?id=ShneE5mxmEUC&pg=PA93 Detmold, Johann Hermann.]'' In: [[Dirk Böttcher]], Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: ''[[Hannoversches Biographisches Lexikon]]. Von den Anfängen bis in die Gegenwart.'' Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 93 f. |
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* [[Klaus Mlynek]], [[Waldemar R. Röhrbein]] (Hrsg.) u. a.: ''[[Stadtlexikon Hannover]]. Von den Anfängen bis in die Gegenwart.'' Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 124. |
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* Florian Vaßen: ''Parlamentsszenerie und Bewegungsbild – Johann Hermann Detmolds und Adolf Schrödters Bild-Satire Thaten und Meinungen des Abgeordneten Piepmeyer.'' In: ''Politik, Porträt, Physiologie. Facetten der europäischen Karikatur im Vor- und Nachmärz.'' Hrsg. v. Hubertus Fischer. Bielefeld 2010, S. 135–198. |
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* Yannik Behme: ''Nachwort.'' In: ''Randzeichnungen. Vom Advokaten Detmold in Hannover.'' Mit einem Nachwort herausgegeben von Yannik Behme. Hannover: Wehrhahn 2013 (= Edition Wehrhahn, 4), S. 79–85. |
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== Quellen == |
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== Weblinks == |
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Aktuelle Version vom 20. August 2024, 15:41 Uhr
Johann Hermann Detmold (* 24. Juli 1807 in Hannover; † 17. März 1856 ebenda) war ein deutscher Jurist, Politiker in der deutschen Nationalversammlung, Zeichner und Schriftsteller. Vom Mai bis Dezember 1849 gehörte er als Reichsjustizminister der deutschen Zentralgewalt an.

Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johann Hermann Detmold wuchs in der Nähe der Clemenskirche auf, in der noch selbstständigen Calenberger Neustadt vor Hannover. Zu seinen Vorfahren gehören mütterlicherseits die Bankiers der Familie Oppenheimer in Hannover, sein Vater war der jüdische Arzt Georg Heinrich Detmold (1771–1842). Seine Familie trat 1815 mit der Taufe in der evangelischen Neustädter Kirche zum Christentum über. Nach der Schulzeit am Ratsgymnasium und bestandenem Abitur studierte Detmold an den Universitäten Göttingen und Heidelberg Rechtswissenschaft und ließ sich 1830 in Hannover als Advokat nieder. Während seiner Studienzeit wurde er 1827 Mitglied der Alten Göttinger Burschenschaft und 1828 der Alten Heidelberger Burschenschaft.[1][2]
Neben seinem Beruf beschäftigte sich Detmold mit Kunststudien. 1832 begründete er mit Bernhard Hausmann den Kunstverein Hannover und wurde dessen stellvertretender Sekretär. 1833 schrieb er eine „Anleitung zur Kunstkennerschaft“ (Hannover 1833, 2. Aufl. 1845), einen Lokalscherz voll scharfer Satire.[3]

1835 und 1836 gab Detmold, gemeinsam mit Georg Osterwald, die Hannoverschen Kunstblätter heraus, die der Kunstverein Hannover zu Ausstellungen veröffentlichte.[4] Auch für Poesie interessierte er sich und war mit Heinrich Heine befreundet.
1836/37 hielt sich Detmold in Paris auf, kehrte aber wegen der Aufhebung des Staatsgrundgesetzes durch König Ernst August I. vorzeitig zurück. 1838 wurde Detmold zum Deputierten der Stadt Hann. Münden erwählt. Er beteiligte sich an dem passiven Widerstand gegen die neue Verfassung, in enger Zusammenarbeit mit Johann Andreas Wehner, sowohl in der Kammer als auch in Zeitungskorrespondenzen und Privatbriefen, wurde deshalb von der Regierung verfolgt und 1843 zu einer Gefängnis- und Geldstrafe verurteilt. Er veröffentlichte damals die – fein satirischen – „Randzeichnungen“ (Braunschweig 1843).
Konservativen Grundsätzen huldigend, lehnte er die revolutionären Bewegungen von 1848 entschieden ab; im Mai 1848 im Osnabrückschen in die Frankfurter Nationalversammlung gewählt, schloss er sich der äußersten Rechten an (Fraktion: Café Milani)[5]. Er war zwar Mitglied des Verfassungsausschusses, widersetzte sich aber den Grundrechten und der Frankfurter Reichsverfassung. Seiner Meinung nach konnte eine Verfassung nur mit den Einzelstaaten vereinbart werden. Viele Gegner machte er sich durch die Satire „Thaten und Meinungen des Herrn Piepmeyer“ (Frankfurt/Main 1849).
In der Frage, wer nach der neuen Verfassung das Staatsoberhaupt stellen solle, stellte er sich gegen den Vorschlag des preußischen Kaisertums. Daher ließ er sich auch bewegen, nach Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. und dem Rücktritt Heinrich von Gagerns in das vom Reichsverweser gebildete neue Gesamt-Reichsministerium einzutreten, das Österreich die Rückkehr zu den alten Verhältnissen ermöglichen sollte. Er übernahm das Portefeuille der Justiz, bald darauf, nach Grävells Austritt, auch noch das des Innern und hielt allen Versuchen, das Gesamt-Reichsministerium und mit ihm den Reichsverweser zum Rücktritt zu bewegen, so lange stand, bis am 21. Dezember 1849 der Reichsverweser selbst die Gewalt der Bundeszentralkommission übergab.
Detmold ging nach Hannover zurück und wurde bald darauf vom König zum hannoverschen Bevollmächtigten bei der Bundeszentralkommission, nachher zum Gesandten beim Bundestag ernannt. In dieser Stellung wirkte er dahin, das Bundesrecht wieder zum Ausgangspunkt der Ordnung der deutschen Verhältnisse zu machen.
Durch das Ministerium Münchhausen von seinem Frankfurter Posten abgerufen, kehrte Detmold im Juli 1851 nach Hannover zurück, wo er am 17. März 1856 starb.
Detmold war seit 1850 mit der Frankfurterin Sophie von Guaita, der Tochter von Georg Friedrich von Guaita verheiratet. Im selben Jahr wurde ihr gemeinsamer Sohn Georg (1850–1917) geboren.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1850: Guelphen-Orden vierter Klasse
- um 1850: Kommandeurkreuz des Österreichisch-kaiserlichen Leopold-Ordens
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Kunst, in drei Stunden ein Kunstkenner zu werden (Anleitung zur Kunstkennerschaft oder Kunst, in drei Stunden ein Kenner zu werden und andere Satiren), Hahn, Hannover 1833, 2. Auflage 1845.
- mit Georg Osterwald (Hrsg.): Hannoversche Kunstblätter, 1835 und 1836.
- Briefe über den Pariser Salon. In: Cotta’sches Morgenblatt, Mai bis Juli 1837.
- mit Johann Carl Bertram Stüve: Hannoversches Portfolio. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Hannoverschen Verfassungskampfes, 4 Bde., Krabbe, 1838–1841.
- Randzeichnungen, Braunschweig 1843.
- Die todte Tante, Roman, Hannover 1845.
- Thaten und Meinungen des Herrn Piepmeyer, Abgeordneten zur constituierenden Nationalversammlung zu Frankfurt am Main, Frankfurt am Main: Jügel, 1848–1849. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
- Gustav Stüve (Hrsg.): Briefwechsel zwischen Stüve und Detmold in den Jahren 1848–1850. In: Quellen und Darstellung zur Geschichte Niedersachsens, Bd. 13, Hahn, Hannover/Leipzig 1903.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ferdinand Frensdorff: Detmold, Johann Hermann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 82–88.
- Bernhard Mühlhan: Detmold, Johann Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 619 f. (Digitalisat).
- Johann Hermann Detmold. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 4, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig/Wien 1885–1892, S. 728.
- Helmut Zimmermann: Johann Hermann Detmold, in: Leben und Schicksal. Zur Einweihung der Synagoge in Hannover, mit Fotos von Hermann Friedrich u. a., Hrsg.: Landeshauptstadt Hannover, Presseamt, in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Hannover e. V., Hannover: [Beeck in Kommission], [1963], S. 64–70
- Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 1: A–E. Winter, Heidelberg 1996, ISBN 3-8253-0339-X, S. 196 f.
- Hugo Thielen: Detmold, Johann Hermann. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 93 f.
- Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 124.
- Florian Vaßen: Parlamentsszenerie und Bewegungsbild – Johann Hermann Detmolds und Adolf Schrödters Bild-Satire Thaten und Meinungen des Abgeordneten Piepmeyer. In: Politik, Porträt, Physiologie. Facetten der europäischen Karikatur im Vor- und Nachmärz. Hrsg. v. Hubertus Fischer. Bielefeld 2010, S. 135–198.
- Yannik Behme: Nachwort. In: Randzeichnungen. Vom Advokaten Detmold in Hannover. Mit einem Nachwort herausgegeben von Yannik Behme. Hannover: Wehrhahn 2013 (= Edition Wehrhahn, 4), S. 79–85.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 1: A–E. Winter, Heidelberg 1996, ISBN 3-8253-0339-X, S. 196.
- ↑ Peter Kaupp: Burschenschafter in der Paulskirche, Broschüre der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung, 1999.
- ↑ Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Stadtlexikon Hannover: Von den Anfängen bis zur Gegenwart, (ISBN 978-3-89993-662-9) Schlütersche, Hannover 2009, S. 490.
- ↑ Hugo Thielen: Hannoversche Kunstblätter. In: Stadtlexikon Hannover, S. 260.
- ↑ Abgeordnete nach Fraktionen ( vom 27. März 2016 im Internet Archive) im Bundesarchiv.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Johann Hermann Detmold im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von Johann Hermann Detmold im Projekt Gutenberg-DE
Personendaten | |
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NAME | Detmold, Johann Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | Jurist und Mitglied der deutschen Nationalversammlung |
GEBURTSDATUM | 24. Juli 1807 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 17. März 1856 |
STERBEORT | Hannover |
- Rechtsanwalt (Deutschland)
- Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung
- Autor
- Literatur (Deutsch)
- Literatur (19. Jahrhundert)
- Satire
- Herausgeber
- Burschenschafter (19. Jahrhundert)
- Freimaurer (19. Jahrhundert)
- Freimaurer (Deutschland)
- Träger des Guelphen-Ordens
- Träger des ö.k. Leopold-Ordens (Komtur)
- Reichsminister (Provisorische Zentralgewalt)
- Ritter des Guelphen-Ordens
- Person (Hannover)
- Deutscher
- Geboren 1807
- Gestorben 1856
- Mann