„Memorbuch“ – Versionsunterschied
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Im 13. Jahrhundert entwickelten sich die memorialen Aufzeichnungen zu einer [[Gattung (Literatur)|literarischen Gattung]]. Allerdings gewannen die ''Memorbücher'' erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts an Bedeutung, weil sie nicht nur als Gedenkbücher, sondern auch als [[Gebet (Judentum)|Gebetssammlungen]] dienten. Memorbücher wurden in der [[Synagoge]] der jeweiligen [[Kehillah|Gemeinde]] verwahrt, um so auch die [[Jahrzeit|Totentage]] der verstorbenen Gemeindemitglieder einzuhalten. Eine weitere wichtige Funktion der Memorbücher war die Geschichte der Gemeinde für die Nachkommen zu erhalten und so finden sich in Memorbüchern nicht nur die Namen der Verstorbenen, sondern auch besondere Ereignisse, wie z. B. Ausschreitungen gegen die Gemeinde. |
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Bekannte Memorbücher des Mittelalters sind das [[Nürnberger Memorbuch]] und das [[Worms]]er Memorbuch von 1096 ([[Gezerot Tatnu|Verfolgung der Juden während des 1. Kreuzzuges]]) und 1349.<ref>Schwarz, Meier, Märtyrertum im Judentum!, S. 115, in: Bach, Dieter und Barkenings, Hans-Joachim, 1096 – Der erste Kreuzzug und die Verfolgung der Juden in deutschen Städten (Tagung in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche im Rheinland – Mülheim an der Ruhr 1.–3. März 1996), Mülheim an der Ruhr 1996, S. 112–119</ref> |
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Im [[13. Jahrhundert]] entwickelten sich die memorialen Aufzeichnungen zu einer [[Gattung (Poesie/Literatur)|literarischen Gattung]]. Allerdings gewannen die ''Memorbücher'' erst ab Mitte des [[17. Jahrhundert]]s an Bedeutung, weil sie nicht nur als Gedenkbücher, sondern auch als [[Gebet|Gebetssammlungen]] dienten. |
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Rabbiner [[Salomon Stein]] beschrieb das Wesen der Memorbücher so, dass darunter "die Verzeichnisse derjenigen jüdischen Gemeinden und einzelnen Juden [zu] verstehen [sind], welche im Verlauf des Mittelalters um ihres Glaubens willen verfolgt oder vernichtet worden sind. Diese Märtyrer-Reihen werden an 2 Sabbaten des Jahres, in alten Gemeinden verlesen und im Anschluss daran für die Seelen dieser Märtyrer Gebete gesprochen."<ref>Stein, Salomon: Geschichte der Juden in Schweinfurt. Zwei Vorträge, gehalten im Verein für jüdische Geschichte und Literatur zu Schweinfurt. Frankfurt am Main 1899. S. 12.</ref> |
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===Drittes Reich=== |
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⚫ | Früher führte jede jüdische Gemeinde ein ''Memorbuch'', um die Erinnerung an jene Menschen wach zu halten, die nach [[Jüdische Religion|jüdischem Glauben]] eine Probe zu bestehen hatten. Diese Art eines Gedenkbuches ist daher als ein symbolisches Zeugnis des Lebens und des Leidens jüdischer Personen anzusehen. In jedem ''Memorbuch'' sind die Namen des Verstorbenen sowie dessen Alter und Todesdatum, als auch die [[Todesursache]] erwähnt. Viele ''Memorbücher'' enthalten darüber hinaus einige Gebete wie das [[El male rachamim]] und das [[Pessach#Jiskor|Jiskor]], die zu entsprechenden Daten im [[Jüdischer Kalender|jüdischen Kalender]] oder zum Todestag des Verstorbenen gesagt werden, insofern dieses Datum bekannt ist. Manche ''Memorbücher'' enthalten sogar teilweise (kurze) [[Erzählung]]en über das Leben und die Taten einer Person. |
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So geht z.B. aus einem ''Memorbuch''<ref>Adunka, "Österreichische Synagogen, Ein Gedenkbuch"</ref> hervor, das in der [[Novemberpogrome 1938|Pogromnacht]] in [[Wien]] ungefähr: |
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*7000 Juden [[Kerker|eingekerkert]] wurden |
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*4600 Juden nach [[Dachau]] verschleppt wurden |
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* 27 Juden in Dachau ermordet wurden |
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* 680 Juden sich in Dachau das [[Suizid|Leben genommen]] haben |
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* 94 Juden sich in Wien das Leben genommen haben |
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* 832 Juden sich im Jahre 1939 das Leben genommen haben |
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Weitere bislang unbekannte [[Opfer]] werden in ungefähr 500 Büchern<ref>[http://www.ashkenazhouse.org/ ashkenazhouse.org]</ref>, welche die Verfolgung der Juden in [[Deutschland]] beschreiben, namentlich genannt. |
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==Aufgabe== |
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⚫ | Manche meinen, der Name ''Memorbuch'' gehe auf [[latein]]isch ''memoria'' („[[Gedächtnis]]“) zurück. <!--Außerdem ist ''Memorbuch'' und dessen [[Plural]] ein internationaler Begriff, weswegen man das Wort ''Memorbücher'' auch z. B. in [[Englische Sprache|englischsprachigen]] Ländern benutzt.<ref>jewishlibraries.org: [http://www.jewishlibraries.org/ajlweb/publications/proceedings/proceedings2004/koren.pdf Beitrag von Tzvia Koren über das Frankfurter Memorbuch (englisch)]</ref> Falsch. Wiss. Literatur in Englisch zitiert z. B. das ''Frankfurt Memorbuch'' als fest stehenden Namen --> |
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⚫ | Früher führte jede jüdische Gemeinde ein ''Memorbuch'', um die Erinnerung an jene Menschen wach zu halten, die nach |
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Wissenschaftler betonen dagegen, dass der Ausdruck ''Memorbuch'' nach dem historischen Aufbewahrungsort entstanden ist. Früher wurden die Memorbücher nämlich unter dem [[Almemor]] (Gebetspult in der [[Synagoge]]) gelagert.<ref>Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Herausgeber): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern – Teilband III/1 (Unterfranken). Lindenberg 2015. S. 847 und 853 (Glossar).</ref> |
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Heute werden Memorbücher besonders im Hinblick auf die Erinnerung an die in der [[Holocaust|Shoah]] verschleppten und ermordeten Juden geführt und teilweise auch ''Yizkor-Buch'' genannt. |
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==Literatur== |
== Literatur == |
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[[Henryk Grynberg]] |
* [[Henryk Grynberg]]: ''Memorbuch''. W.A.B., Warschau 2000, ISBN 83-88221-17-5. |
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==Weblinks== |
== Weblinks == |
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{{Wiktionary|Memorbuch}} |
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*[http://sti1.uni-duisburg.de/projekte/memorbuch/index.xml Steinheim-Institut: Das Memorbuch zu Bonn] |
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* [http://jnul.huji.ac.il/dl/mss/heb1092/index_eng.html Das Memorbuch zu Frankfurt am Main] |
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*[http://www.ashkenazhouse.org/indexgerman.htm Ashkenaz-Haus] |
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* [http://sofis.gesis.org/sofiswiki/Das_Memorbuch_der_j%C3%BCdischen_Gemeinde_zu_Bonn Das Memorbuch zu Bonn] |
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* [http://www.informedia.de/gedenkbuch/ Gedenkbuch für die Karlsruher Juden] |
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* [http://www.gedenkbuch-aachen.org/ Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen e. V.] |
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* [http://www.juedische-fuerther.de/index.php/memorbuch-opfer-der-shoah Memorbuch für die Fürther Opfer der Shoah.] |
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== Einzelnachweise == |
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==Quellen== |
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<references /> |
<references /> |
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[[Kategorie:Judentum]] |
[[Kategorie:Feste und Brauchtum (Judentum)]] |
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[[Kategorie:Jüdische Literatur]] |
[[Kategorie:Jüdische Literatur]] |
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[[Kategorie:Trauer]] |
[[Kategorie:Trauer]] |
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[[Kategorie:Literaturgattung]] |
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[[Kategorie:Gebet (Judentum)]] |
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[[Kategorie:Holocaustdokument]] |
Aktuelle Version vom 24. November 2024, 11:40 Uhr


Das Memorbuch ist eine der ältesten Traditionen des Totengedenkens im Judentum. Besonders im aschkenasischen Judentum bilden Memorbücher die Quelle der Seelengedächtnisbücher.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im 13. Jahrhundert entwickelten sich die memorialen Aufzeichnungen zu einer literarischen Gattung. Allerdings gewannen die Memorbücher erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts an Bedeutung, weil sie nicht nur als Gedenkbücher, sondern auch als Gebetssammlungen dienten. Memorbücher wurden in der Synagoge der jeweiligen Gemeinde verwahrt, um so auch die Totentage der verstorbenen Gemeindemitglieder einzuhalten. Eine weitere wichtige Funktion der Memorbücher war die Geschichte der Gemeinde für die Nachkommen zu erhalten und so finden sich in Memorbüchern nicht nur die Namen der Verstorbenen, sondern auch besondere Ereignisse, wie z. B. Ausschreitungen gegen die Gemeinde.
Im Mittelalter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bekannte Memorbücher des Mittelalters sind das Nürnberger Memorbuch und das Wormser Memorbuch von 1096 (Verfolgung der Juden während des 1. Kreuzzuges) und 1349.[1]
Shoah
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine wichtige Rolle spielten die Memorbücher der Shoah, da sie einen besonders detaillierten und relativ vollständigen Einblick in die Opferzahlen gewähren. Dabei ergänzen sie beispielsweise das Gedenkbuch des Bundesarchivs. Viele Morde an Juden sind in diesem deutschen Gedenkbuch als „Freitod“ bezeichnet, da die Quellenlage auf Archiv-Material aus der Zeit des Nationalsozialismus beruht. Heutige Memorbücher der Jüdischen Gemeinden oder Organisationen bemühen sich dagegen oft, die wahren Todesursachen und Todesumstände zu nennen.
Aufgabe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rabbiner Salomon Stein beschrieb das Wesen der Memorbücher so, dass darunter "die Verzeichnisse derjenigen jüdischen Gemeinden und einzelnen Juden [zu] verstehen [sind], welche im Verlauf des Mittelalters um ihres Glaubens willen verfolgt oder vernichtet worden sind. Diese Märtyrer-Reihen werden an 2 Sabbaten des Jahres, in alten Gemeinden verlesen und im Anschluss daran für die Seelen dieser Märtyrer Gebete gesprochen."[2]
Früher führte jede jüdische Gemeinde ein Memorbuch, um die Erinnerung an jene Menschen wach zu halten, die nach jüdischem Glauben eine Probe zu bestehen hatten. Diese Art eines Gedenkbuches ist daher als ein symbolisches Zeugnis des Lebens und des Leidens jüdischer Personen anzusehen. In jedem Memorbuch sind die Namen des Verstorbenen sowie dessen Alter und Todesdatum, als auch die Todesursache erwähnt. Viele Memorbücher enthalten darüber hinaus einige Gebete wie das El male rachamim und das Jiskor, die zu entsprechenden Daten im jüdischen Kalender oder zum Todestag des Verstorbenen gesagt werden, insofern dieses Datum bekannt ist. Manche Memorbücher enthalten sogar teilweise (kurze) Erzählungen über das Leben und die Taten einer Person.
Namensherkunft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Manche meinen, der Name Memorbuch gehe auf lateinisch memoria („Gedächtnis“) zurück. Wissenschaftler betonen dagegen, dass der Ausdruck Memorbuch nach dem historischen Aufbewahrungsort entstanden ist. Früher wurden die Memorbücher nämlich unter dem Almemor (Gebetspult in der Synagoge) gelagert.[3]
Heute werden Memorbücher besonders im Hinblick auf die Erinnerung an die in der Shoah verschleppten und ermordeten Juden geführt und teilweise auch Yizkor-Buch genannt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Henryk Grynberg: Memorbuch. W.A.B., Warschau 2000, ISBN 83-88221-17-5.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Memorbuch zu Frankfurt am Main
- Das Memorbuch zu Bonn
- Gedenkbuch für die Karlsruher Juden
- Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen e. V.
- Memorbuch für die Fürther Opfer der Shoah.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Schwarz, Meier, Märtyrertum im Judentum!, S. 115, in: Bach, Dieter und Barkenings, Hans-Joachim, 1096 – Der erste Kreuzzug und die Verfolgung der Juden in deutschen Städten (Tagung in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche im Rheinland – Mülheim an der Ruhr 1.–3. März 1996), Mülheim an der Ruhr 1996, S. 112–119
- ↑ Stein, Salomon: Geschichte der Juden in Schweinfurt. Zwei Vorträge, gehalten im Verein für jüdische Geschichte und Literatur zu Schweinfurt. Frankfurt am Main 1899. S. 12.
- ↑ Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid, Gury Schneider-Ludorff (Herausgeber): Mehr als Steine… Synagogen-Gedenkband Bayern – Teilband III/1 (Unterfranken). Lindenberg 2015. S. 847 und 853 (Glossar).