„Heinrich Lübke“ – Versionsunterschied
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'''Heinrich Lübke''' (* [[14. Oktober]] [[1894]] in [[Sundern (Sauerland)|Enkhausen]]/[[Sauerland]]; † [[6. April]] [[1972]] in [[Bonn]]) war ein deutscher Politiker ([[Deutsche Zentrumspartei|ZENTRUM]], später [[CDU]]). |
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1994-034-22A, Heinrich Lübke.jpg|mini|Heinrich Lübke 1959 |
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'''Karl Heinrich Lübke''' (* [[14. Oktober]] [[1894]] in [[Enkhausen]]/[[Sauerland]]; † [[6. April]] [[1972]] in [[Bonn]]) war von 1959 bis 1969 der zweite [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]]. Lübke war während seiner politischen Karriere zunächst Mitglied der [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrumspartei]] und später der [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]. Von 1953 bis 1959 war er [[Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft|Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten]]. |
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Er war von 1953 bis 1959 [[Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft|Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten]] und von 1959 bis 1969 [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsident]] der [[Bundesrepublik Deutschland]]. |
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== Leben bis 1945 == |
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==Ausbildung und Beruf== |
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Heinrich Lübke war das siebte von acht Kindern von Friedrich-Wilhelm (Fritz) Lübke (1855–1902) und Karoline Lübke (1859–1922) geborene Becker. Sein Vater war Schuhmachermeister<ref name=":0">{{Internetquelle |autor=Autor ungenannt |url=https://www.landtag.nrw.de/home/der-landtag/geschichte-des-landtags/verfolgungsbiografien/biografien/heinrich-l-bke/lebensgeschichte-heinrich-l-bke.html |titel=Landtag NRW: Lebensgeschichte Heinrich Lübke |werk=https://www.landtag.nrw.de/ |hrsg=Landtag Nordrhein-Westfalen, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf |datum=2020-01 |sprache=de |abruf=2025-01-01}}</ref> und im [[Nebenerwerb]] Landwirt.<ref>{{Internetquelle |autor=Zündorf, Irmgard/Hartmann, Anastasia |url=https://www.hdg.de/lemo/biografie/heinrich-luebke.html |titel=Gerade auf LeMO gesehen: LeMO Biografie: Heinrich Lübke |werk=hdg.de |hrsg=Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn |datum=2024-01 |sprache=de |abruf=2025-01-01}}</ref> Lübke war erst acht Jahre alt, als der Vater starb.<ref>Johannes Hermanns: Heinrich Lübke, S. 17, 1966</ref> Sein älterer Bruder war der CDU-Politiker [[Friedrich Wilhelm Lübke]] (1887–1954). |
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Nach dem [[Abitur]] 1913 begann Lübke ein Studium der [[Geodäsie]], [[Landwirtschaft]] und Kulturbautechnik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, welches er aber schon im August 1914 unterbrach, um als Kriegsfreiwilliger bis 1918 (letzter Dienstgrad: [[Leutnant]] der Reserve) am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] teilzunehmen. Nach Kriegsende nahm er sein Studium wieder auf und beendete es 1921 mit dem Examen als [[Ingenieur|Vermessungs- und Kulturingenieur]]. Während seines Studiums in Bonn trat er der [[Studentenverbindung]] Ascania ([[Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen|CV]]) bei. Von 1921 bis 1924 studierte er [[Volkswirtschaftslehre|Nationalökonomie]] in [[Münster (Westfalen)|Münster]] und [[Berlin]]. Von 1921 bis 1922 war er beim „[[Westfalen|Westfälischen]] Pächter- und Siedlerbund“ in Münster beschäftigt. Ab Oktober 1922 war er Geschäftsführer des „Reichsverbandes landwirtschaftlicher Kleinbetriebe“ (ab 1925 auch „Mittelbetriebe“). 1926 wurde er Geschäftsführer der „Deutschen Bauernschaft“. Ab 1927 war er auch Geschäftsführer der „Siedlungsgesellschaft Bauernland AG“. |
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=== Studium und Beruf === |
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Im Juli 1933 musste er auf Druck der [[Nationalsozialisten]] sein Amt bei der Deutschen Bauernschaft und im März 1934 auch das bei der Siedlungsgesellschaft Bauernland abgeben. Am 5. Februar 1934 wurde gegen Lübke von den Nationalsozialisten ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption angestrengt. Er wurde verhaftet und nach 20 Monaten am 11. Oktober 1935 aus der Untersuchungshaft entlassen. Er war zunächst arbeitslos und lebte bis Sommer 1937 auf dem Hof seines Bruders [[Friedrich-Wilhelm Lübke]] bei [[Flensburg]]. Von 1937 bis 1939 war er dann als leitender Mitarbeiter bei der [[Niedersachsen|Niedersächsischen]] Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft in Berlin tätig. Von 1939 bis 1945 arbeitete er als Vermessungsingenieur und Bauleiter beim Architektur- und Ingenieurbüro [[Walter Schlempp]], das der Verfügung des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ [[Albert Speer]] unterstand. Es wurden in dieser Zeit zivile und militärische Anlagen in Berlin, [[Peenemünde]], [[Staßfurt|Neu-Staßfurt]] und [[Wolmirsleben]] errichtet, war Bauleiter der [[Heeresversuchsanstalt Peenemünde]]. Von 1945 bis 1946 leitete er ein eigenes Baubüro in [[Höxter]]. Von Januar bis Oktober 1953 war er Generalanwalt des Deutschen [[Raiffeisen]]verbandes in Bonn. |
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[[Datei:EnkhausenLübke1.jpg|mini|hochkant|Geburtshaus Lübkes in [[Enkhausen]] mit Gedenktafel, 2008]] |
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Nach dem [[Abitur]] 1913 am [[Gymnasium Petrinum Brilon|Gymnasium Petrinum]] in [[Brilon]] begann Lübke ein Studium der [[Geodäsie]], [[Landwirtschaft]] und Kulturbautechnik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, das er aber schon im August 1914 unterbrach, um als Kriegsfreiwilliger bis 1918 am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] teilzunehmen. |
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==Familie== |
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Heinrich Lübke war seit 1929 verheiratet mit [[Wilhelmine Lübke|Wilhelmine Keuthen]] (1885-1981) aus Ramsbeck, heute Teil der Gemeinde [[Bestwig]]. Sein älterer Bruder [[Friedrich-Wilhelm Lübke]] war von 1951 bis 1954 [[Ministerpräsident]] des Landes [[Schleswig-Holstein]]. Heinrich Lübke war katholischer [[Konfession]]. |
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Seine Grundausbildung absolvierte er zunächst beim ''Westfälischen Fußartillerie-Regiment Nr. 7'', mit dem er dann an der [[Ostfront (Erster Weltkrieg)|Ost-]] und [[Westfront (Erster Weltkrieg)|Westfront]] eingesetzt war. Lübke durchlebte als Grabenbeobachter den [[Stellungskrieg]]. 1916 wurde er zum [[Vizefeldwebel]] befördert. Nach einem Gasangriff kam er in ein Feldlazarett. 1917 nahm er die [[Leutnant]]sbeförderung entgegen und wurde stellvertretender [[Kompaniechef|Batteriechef]] in der [[52. Reserve-Division (Deutsches Kaiserreich)|52. Reserve-Division]]. Im Anschluss wurde er [[Ordonnanzoffizier]] und war an der [[Dritte Flandernschlacht|Dritten Flandernschlacht]] beteiligt. Vor Kriegsende wurde er in das [[Großes Hauptquartier|Große Hauptquartier]] der [[Oberste Heeresleitung|Obersten Heeresleitung]] versetzt. Während des Krieges erhielt er das [[Eisernes Kreuz|Eiserne Kreuz]] I. und II. Klasse. |
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==Partei== |
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In der [[Weimarer Republik]] war Lübke Mitglied des [[Deutsche Zentrumspartei|Zentrums]]. |
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Nach Kriegsende und Entlassung aus dem Militärdienst im Dezember 1918 nahm Lübke sein Studium wieder auf und beendete es 1921 mit dem Examen als [[Vermessungsingenieur|Vermessungs-]] und [[Kulturingenieur]]. Während seines Studiums in Bonn trat er bereits 1914 der katholischen [[Studentenverbindung]] [[KDStV Ascania Bonn]] im [[Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen|CV]] bei. Von 1921 bis 1924 studierte er [[Volkswirtschaftslehre|Nationalökonomie]] in [[Münster]] und [[Berlin]]. |
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Nach Kriegsende wurde er 1945 Mitglied der [[CDU]]. |
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Von 1921 bis 1922 war er beim ''Westfalen Pächter- und Siedlerbund'' in Münster beschäftigt. Ab Oktober 1922 war er Geschäftsführer des ''Reichsverbandes landwirtschaftlicher Kleinbetriebe'' (ab 1925 auch ''Mittelbetriebe''). Seit 1924 war er zudem Mitglied des engeren Vorstandes des [[Deutscher Bund für Bodenreform|Bundes Deutscher Bodenreformer]]. 1926 wurde er Geschäftsführer der ''[[Deutsche Bauernschaft|Deutschen Bauernschaft]]''. Ab 1927 war er auch Geschäftsführer der ''Siedlungsgesellschaft Bauernland AG''.<ref name=":0" /> |
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==Abgeordneter== |
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Von 1932 bis 1933 war er Mitglied des [[Preußen|Preußischen]] [[Landtag]]es. Obwohl er bei der Landtagswahl am 5. März 1933 wiedergewählt wurde, verlor er sein Amt aufgrund der Machtübernahme der [[Nationalsozialisten]]. |
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1946 war er Mitglied des von der britischen Militärregierung ernannten Provinziallandtages von Westfalen, ab Oktober 1946 des ernannten Landtages von [[Nordrhein-Westfalen]]. |
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Er gehörte auch ab April 1947 dem gewählten Landtag an. Am 6. März 1954 legte er sein Mandat nieder. |
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1929<ref>[https://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Heinrich-Luebke/Wilhelmine-Luebke/wilhelmine-luebke-node.html Bundespräsidialamt: ''Wilhelmine Lübke''] Abgerufen am 11. August 2020.</ref> heiratete Lübke in Berlin-Wilmersdorf [[Wilhelmine Lübke|Wilhelmine Keuthen]] (1885–1981) aus [[Ramsbeck]], heute Teil der Gemeinde [[Bestwig]]. |
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Von 1949 bis 29. September 1950 war er [[MdB|Bundestagsabgeordneter]] für den Wahlkreis [[Arnsberg]]-[[Soest]]. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. |
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Von 1953 bis zur Wahl zum [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] am 2. September 1959 war er erneut Mitglied des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]]. |
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Für die Zentrumspartei zog er 1931 in den Preußischen Landtag ein.<ref>{{Internetquelle |autor=Autor ungenannt |url=https://www.bundespraesident.de/DE/amt-und-aufgaben/ehemalige-bundespraesidenten/heinrich-luebke/heinrich-luebke.html |titel=Heinrich Lübke (1959–1969) |werk=bundespraesident.de/ |hrsg=Bundespräsidialamt, Spreeweg 1, 10557 Berlin |datum=2020-01 |sprache=de |abruf=2025-01-01}}</ref> Bis 1933 war Lübke für die [[Deutsche Zentrumspartei]] Mitglied des [[Preußischer Landtag|Preußischen Landtages]]. Bei der Landtagswahl am 5. März 1933 wurde er wiedergewählt. Am 18. Mai 1933 stimmte der Landtag wie im Reich gegen die Stimmen der SPD einem Ermächtigungsgesetz für Preußen zu. Danach trat er nie wieder zusammen. Am 14. Oktober 1933 wurden die Volksvertretungen der Länder aufgelöst und am 30. Januar 1934 schließlich ersatzlos aufgehoben. |
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==Öffentliche Ämter== |
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Vom 17. Juni 1947 bis zum 31. Dezember 1952 amtierte er in den von [[Rudolf Amelunxen]] und [[Karl Arnold (Politiker)|Karl Arnold]] geführten Landesregierungen als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nordrhein-Westfalen. |
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=== Zeit des Nationalsozialismus === |
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Nach der [[Bundestagswahl 1953]] wurde er am 20. Oktober 1953 als [[Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft|Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten]] in die von [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]] geführte [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] berufen. |
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Im Juli 1933 musste Lübke auf Druck der [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] auch sein Amt bei der Deutschen Bauernschaft und im März 1934 das bei der Siedlungsgesellschaft Bauernland abgeben. Am 5. Februar 1934 leiteten Nationalsozialisten ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen [[Korruption]] ein. Er wurde verhaftet und nach 20 Monaten am 11. Oktober 1935 aus der [[Untersuchungshaft (Deutschland)|Untersuchungshaft]] entlassen. Er war zunächst arbeitslos und lebte bis zum Sommer 1937 bei [[Flensburg]] auf dem Hof seines älteren Bruders [[Friedrich Wilhelm Lübke]], des späteren [[Ministerpräsident]]en des Landes [[Schleswig-Holstein]] (1951–1954).<ref>Rudolf Morsey: Zeitgeschichte in Lebensbildern Band 6 Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts Herausgegeben von Jürgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher; Mainz: Grünewald. Bis Bd. 2 hrsg. von Rudolf Morsey NE: Aretz, Jürgen [Hrsg.]; Morsey, Rudolf [Hrsg.] Bd. 6 (1984). ISBN 3-7867-1140-2, Seite 153, 157</ref> Von 1937 bis 1939 war er als leitender Mitarbeiter bei der ''Niedersächsischen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft'' in [[Berlin]] tätig, leistete als [[Reserveoffizier]] drei [[Reserve (Militärwesen)|Wehrübungen]] in der [[Wehrmacht]] ab und wurde zum [[Oberleutnant]] der Reserve befördert. 1942 erfolgte schließlich die Beförderung zum [[Hauptmann (Offizier)|Hauptmann]] der Reserve. |
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Von 1939 bis 1945 arbeitete er als Vermessungsingenieur und [[Bauleiter]] beim Architektur- und Ingenieurbüro [[Walter Schlempp]], das der Verfügung des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ [[Albert Speer]] unterstand.<ref>[http://www.berliner-zeitung.de/archiv/die-stasi-sammelte-1966-belastungsmaterial-gegen-bundespraesident-luebke---anhaltspunkte-fuer-faelschungen-gibt-es-nicht--fuer-aufgaben-im-reichsinteresse-eingesetzt-,10810590,8816386.html ''Für Aufgaben im Reichsinteresse eingesetzt''.] In: ''[[Berliner Zeitung]]'', 9. März 1994.</ref> Ab 1944 war er Schlempps Stellvertreter. |
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Er wurde am 1. Juli 1959 zum [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] gewählt. Seine Amtszeit begann am 13. September 1959. [[Bundespräsidentenwahl 1964|1964]] erfolgte seine Wiederwahl. |
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Lübke war in der [[Heeresversuchsanstalt Peenemünde]] Bauleiter in der „Gruppe Schlempp“. Von 1943 bis 1945 hatte er die Verantwortung für den Einsatz von [[KZ-Häftling]]en.<ref name="ZEIT ONLINE">Jens-Christian Wagner: [http://www.zeit.de/2007/30/Heinrich-Luebke/komplettansicht ''Der Fall Lübke''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 30, 19. Juli 2007.</ref> Es existierten zwei KZ-Außenstellen auf dem Gelände in Peenemünde. Die KZ-Häftlinge mussten unter seiner Regie [[NS-Zwangsarbeit|Zwangsarbeit]] leisten. Lübke hat dafür Häftlinge eigens angefordert. In einer Notiz aus dem Jahr 1942 heißt es: {{"|Herr Lübke, der am 21.7. nochmals mit HAP/L (Leitung der Heeresanstalt Peenemünde) verhandelte, hofft, 500 Holländer Anfang August zu erhalten.}}<ref name="Spiegel" /> Als 1965 aus der DDR Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in der Baugruppe Walter Schlempp laut wurden, sagte Lübke, in Peenemünde seien KZ-Häftlinge bis zur Bombardierung durch die Briten im Jahre 1944 mit Sicherheit nicht eingesetzt gewesen. Doch ein KZ-Lager gab es dort nachweislich schon seit Juni 1943.<ref>[[Rainer Eisfeld]], Mondsüchtig, ''Wernher von Braun und die Geburt der Raumfahrt aus dem Geist der Barbarei'', (Paperback) 2012, ISBN 978-3-86674-167-6, S. 95.</ref> |
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Vor allem in der zweiten Amtszeit häuften sich rhetorische Missgriffe Lübkes, deren Zustandekommen auch darauf zurückzuführen war, dass er trotz vorhandenem Redemanuskript oft frei sprechen wollte. Sie entwickelten sich zum Politikum. Zahlreiche Journalisten begleiteten ihn oft nur deshalb auf seine vielen Auslandsreisen, um derartige Fehlleistungen mitzubekommen. |
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1978-Anh.024-02, Peenemünde, Leeb, Todt, Lübke, Dornberger.jpg|mini|[[Peenemünde]], Frühling 1941, [[Emil Leeb]], [[Fritz Todt]], Lübke, [[Walter Dornberger]]]] |
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Lübkes Unterschrift findet sich unter Bauzeichnungen eines Lagers, das vom [[Ministerium für Staatssicherheit|MfS]] als [[Konzentrationslager|KZ-Lager]] ausgegeben wurde.<ref name="welt.de">Lars-Broder Keil: ''[https://www.welt.de/politik/deutschland/article862432/Heinrich-Luebke-und-die-Staatssicherheit.html Zeitgeschichte: Heinrich Lübke und die Staatssicherheit.]'' In: ''[[Die Welt]]'', 9. Mai 2007.</ref> Das MfS benutzte hierzu ein Konvolut von Planskizzen aus Lübkes Feder, wobei gefälschte Aktendeckel, welche die Planskizzen als zu Konzentrationslagern zugehörig kennzeichneten, einen Zusammenhang zwischen Lübkes Tätigkeit und der Errichtung von Konzentrationslagern herstellen sollten. Lübkes Planskizzen standen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Rüstungsfabrik in [[Neu Staßfurt|Neu-Staßfurt]], wo ein Werk zur Herstellung von BMW-Triebwerken im [[Kali- und Steinsalzwerk Bartensleben#Schachtanlage Marie|Schacht Marie]] aufgebaut wurde. Als Mitglied im ''[[Jägerstab]]'' war Lübke für die Firma Schlempp ab Mai 1944 verstärkt für die Dezentralisation und die [[U-Verlagerung]] von Flugzeugwerken verantwortlich. In stillgelegten Bergwerkschächten bei [[Bernburg (Saale)|Bernburg]] und Neu-Staßfurt wurden etwa 2000 Häftlinge aus Außenlagern des KZ Buchenwald bei Transport- und Betonierungsarbeiten eingesetzt. Ein Teil der Häftlinge war monatelang in einem Schacht in 420 Meter Tiefe untergebracht, etliche Menschen überlebten dies nicht.<ref name="ZEIT ONLINE" /> Dafür errichtete die Schlempp-Gruppe unter Lübkes Leitung Baracken, in denen später KZ-Häftlinge untergebracht waren.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Albert Norden]] |url=https://gtgj.de/uncategorized/bundespraesident-luebke-baute-hitlers-konzentrationslager/ |titel=Bundespräsident Lübke baute Hitlers Konzentrationslager |titelerg=Quelle: [[nd|Neues Deutschland]] vom 25.01.1966 |werk=gtgj.de |hrsg=Jonastalverein e. V. |abruf=2025-06-10}}</ref><ref name="Spiegel">{{Der Spiegel|ID=19285864|Titel=Massengrab an der Raketenrampe. Historiker Jens-Christian Wagner über Heinrich Lübkes Rolle beim Einsatz von KZ-Häftlingen in Peenemünde|Jahr=2001|Nr=22|Datum=2001-05-28|Seiten=218}}</ref> |
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Zu einer [[Moderne Sage|Modernen Sage]] entwickelte sich der unbelegte Ausspruch "Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger", den Lübke angeblich auf einer Afrikareise 1962 benutzt haben soll. Auch wird ihm zugeschrieben, dass er einem englischen Gesprächspartner sagen wollte "Gleich geht's los!" und damit das berühmte "Equal goes it loose" geprägt hat. Er fand ein starkes Echo in der deutschen [[Kabarett]]-Szene. Aufgrund des dem Bundespräsidenten daraufhin entgegenschlagenden Spotts entschied der [[Bayerischer Rundfunk|Bayerische Rundfunk]], die Vorstellungen der [[Münchner Lach- und Schießgesellschaft]] nicht weiterhin live zu übertragen. Richtig ist, dass Lübke in [[Antananarivo|Tananarive]], der Hauptstadt [[Madagaskar]]s, das Präsidentenpaar mit den Worten "Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Tananarive" grüßte. |
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Im Februar 1945 begann Lübke mit dem Architekten [[Rudolf Wolters]], ehemaliger Chef des [[Arbeitsstab für den Wiederaufbau bombenzerstörter Städte|Arbeitsstabes Wiederaufbauplanung zerstörter Städte]] im [[Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion]], im Auftrag von Speer mit dem Aufbau eines „Nachkriegsbüros zur Planung vorfabrizierten Wohnbaus“ (Wolters war am 10. Januar 1945 zum 15. Januar 1945 zum Ingenieurbüro Schlempp „übergetreten“). |
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Um das Amt aus dem bevorstehenden Bundestagswahlkampf herauszuhalten, trat er 1969 drei Monate vor dem Ende seiner Amtszeit als Bundespräsident zurück. |
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== Politische Karriere == |
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Heinrich Lübke gehörte zu den wenigen [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]], die in ihrer Amtszeit Gesetze, die vom Bundestag beschlossen worden waren, nicht unterzeichneten. Nach Einholung eines wissenschaftlichen Gutachtens teilte er dem [[Bundestagspräsident]]en mit, dass er das "Gesetz gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel" nicht unterzeichnen werde, da es seiner Ansicht nach gegen die im [[Grundgesetz]] garantierte Freiheit der Berufswahl und der Berufsausbildung verstoßen würde. |
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=== Nach Kriegsende === |
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Im Jahr 1945 trat Lübke in die [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]] ein. Von 1945 bis 1946 leitete er ein eigenes Baubüro in [[Höxter]]. 1946 war er Abgeordneter des von der britischen Militärregierung ernannten Provinziallandtages von Westfalen, ab Oktober 1946 des [[Ernannter Landtag (Nordrhein-Westfalen)|ernannten Landtages von Nordrhein-Westfalen]]. Von Januar bis Oktober 1953 war er als Generalanwalt des [[Deutscher Raiffeisenverband|Deutschen Raiffeisenverbandes]] in Bonn tätig. |
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=== Abgeordneter und Minister === |
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Lübke ist bislang der einzige [[römisch-katholische Kirche|römisch-katholische]] Bundespräsident gewesen. |
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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-H27936, München, Ministerpräsidenten-Treffen.jpg|mini|Ministerpräsidenten-Treffen in München, Juni 1947; am Tisch links: [[Hermann Wandersleb]], Heinrich Lübke, [[Rudolf Amelunxen]], [[Hans Ehard]] (stehend)]] |
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Lübke gehörte ab April 1947 dem ersten frei gewählten nordrhein-westfälischen Landtag an, bis er am 6. März 1954 das Mandat niederlegte.<ref>{{NRW Landtag|ID=00615}}</ref> Vom 6. Januar 1947 bis zum 1. Januar 1953 amtierte er in den von [[Rudolf Amelunxen]] und [[Karl Arnold (Politiker)|Karl Arnold]] geführten Landesregierungen als [[Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen|Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten]] in [[Nordrhein-Westfalen]]. Von [[Bundestagswahl 1949|1949]] bis 29. September 1950 war er CDU-[[Mitglied des Deutschen Bundestages|Bundestagsabgeordneter]] für den Wahlkreis [[Bundestagswahlkreis Arnsberg – Soest|Arnsberg – Soest]]. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Von 1953 bis zur Wahl zum [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]] am 2. September 1959 war er erneut Mitglied des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]], direkt gewählt im [[Bundestagswahlkreis Wesel I|Wahlkreis Rees – Dinslaken]]. Nach der [[Bundestagswahl 1953]] wurde er am 20. Oktober 1953 als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in die von [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] [[Konrad Adenauer]] geführte [[Kabinett Adenauer II|Bundesregierung]] berufen. Lübke hätte schon im Jahre 1949 Agrarminister werden wollen; er wurde jedoch von Adenauer verhindert, da dieser ihm einen (von den Alliierten blockierten) Gesetzesentwurf für eine umfassende Landreform in Nordrhein-Westfalen übel nahm.<ref>{{Literatur |Autor=Henning Köhler |Titel=Adenauer: Eine politische Biographie |Verlag=Propyläen |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1994 |ISBN=3549054440 |Seiten=543}}</ref> 1955 wurde Lübke als Gast zur [[Bremen|Bremer]] [[Schaffermahlzeit]] eingeladen, nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten nahm er 1960 als Ehrengast teil. |
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==Ehrungen== |
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1953 wurde ihm die [[Ehrendoktorwürde]] der Landwirtschaftlichen Fakultät der [[Universität Bonn]] verliehen. |
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1957 erhielt er das [[Bundesverdienstkreuz|Großkreuz des Bundesverdienstordens]]. |
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Er ist außerdem [[Ehrenbürger]] der Städte [[Karlsruhe]] (1964) und Bonn (1966), sowie der ehemaligen Freiheit Sundern. |
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Nach seinem Tod wurde er am 13. April 1972 im Plenarsaal des Deutschen Bundestages mit einem Staatsakt geehrt. |
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In der [[Niger|nigrischen]] Hauptstadt [[Niamey]] ist eine Hauptstraße nach ihm benannt. |
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''Siehe auch: [[Kabinett Adenauer II]] und [[Kabinett Adenauer III]]'' |
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==Altpräsident und Tod== |
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Dem Bundespräsidenten a. D. verblieb nicht eine einzige Aufgabe, und neue Pflichten konnte er schon aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr übernehmen. |
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Seine Absicht, von Zeit zu Zeit in Berlin zu wohnen, ließ sich nicht verwirklichen. Noch weniger konnte Lübke, der über eine Privatbibliothek von etwa 5.000 Büchern verfügte, seinem wissenschaftlichen Hobby nachgehen: Vergleichende Sprachwissenschaften und Mikrobiologie. |
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=== Bundespräsident === |
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Sein sich verschlechternder Gesundheitszustand erzwang lange Erholungsreisen und Erholungspausen. Aber weder eine Reihe von Kuraufenthalten im In- und Ausland noch der Wechsel verschiedener Therapien verbesserten sein Befinden (schlechte Durchblutung). |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F009754-0005, Petersberg, Staatsempfang für König von Thailand.jpg|mini|hochkant|Die thailändische Königin [[Sirikit]], [[Wilhelmine Lübke|Wilhelmine]] und Heinrich Lübke beim Staatsempfang auf dem [[Petersberg (Siebengebirge)|Petersberg]], 1960]] |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F017031-0003, Philippinen, Staatsbesuch Bundespräsident Lübke.jpg|mini|Heinrich Lübke beim Staatsbesuch auf den Philippinen, 1963]] |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F022046-0011, Marokko, Staatsbesuch Bundespräsident Lübke.jpg|mini|Heinrich Lübke beim Staatsbesuch in Marokko mit [[Hassan II.]], 1966]] |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F021917-0014, Kenia, Staatsbesuch Bundespräsident Lübke.jpg|mini|Heinrich Lübke beim Staatsbesuch in Kenia mit Staatspräsident [[Jomo Kenyatta]], 1966]] |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F026331-0023, Paris, Bankett Einweihung Deutsche Botschaft.jpg|mini|Heinrich Lübke und der französische Staatspräsident [[Charles de Gaulle]] bei der Einweihung der Deutschen Botschaft in Paris, 1968]] |
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[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F028554-0009, Niger, Staatsbesuch Bundespräsident Lübke.jpg|mini|Heinrich Lübke beim Staatsbesuch im Niger, 1969]] |
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Lübke wurde am [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1959|1. Juli 1959]] als Nachfolger von [[Theodor Heuss]] zum [[Bundespräsident (Deutschland)|deutschen Bundespräsidenten]] gewählt. Er setzte sich im zweiten Wahlgang gegen [[Carlo Schmid]] von der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] und [[Max Becker (Politiker)|Max Becker]] von der damals ebenfalls in der Opposition stehenden [[Freie Demokratische Partei|FDP]] durch. Seine Amtszeit begann am 13. September 1959, zwei Tage später wurde er vereidigt. |
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Seine Parteifreunde ignorierten ihn, wenn sie ihn nicht gar mieden. Eine der wenigen Ausnahmen war sein Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten [[Gustav Heinemann]]. Dieser hielt ab und an Kontakt zu ihm. Bei Spaziergängen im [[Kottenforst]] auf dem [[Venusberg]] wurde Lübke - so man ihn noch erkannte - mit Respekt begrüßt. |
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Lübke machte von Anfang an die [[Entwicklungszusammenarbeit|Entwicklungshilfe]] zu einem Hauptanliegen seiner Präsidentschaft. Schon in seiner Antrittsrede von 1959 konstatierte er die dringende Notwendigkeit internationaler Hilfe und Verantwortlichkeit in Anbetracht weltweiten Hungers.<ref>[[Joachim Gauck]], Rede zu „50 Jahre Welthungerhilfe“ am 14. Dezember 2012, [http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Joachim-Gauck/Reden/2012/12/121214-Welthungerhilfe.html]</ref> Im Herbst 1962 initiierte er einem Aufruf der [[FAO]] im Rahmen der „Freedom from Hunger Campaign“ folgend die Gründung der [[Welthungerhilfe]] als erster deutscher konfessionell nicht gebundener Entwicklungshilfeorganisation.<ref>Irene Dänzer-Vanotti: ''Zeitzeichen'' auf NDR-Info zum 14. Dezember 1962, der Gründung der Welthungerhilfe. [https://www.ndr.de/info/Gruendung-Welthungerhilfe,audio140953.html] MP3 zum Download, NDR Info, 14. Dezember 2012</ref> |
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Reisen nach [[Teneriffa]] im Herbst 1969 sowie zu [[Weihnachten]] 1970 und 1971 brachten keine Besserung in seinem Befinden. Eine fortschreitende [[Zerebralsklerose]] machte sich immer stärker bemerkbar, führte zu ernsthaften [[Sprechstörung]]en und zeitweisem [[Gedächtnisverlust]]. Im Nachhinein zeigte sich, dass diese Krankheit schon einige Jahre zuvor begonnen hatte und so manchen Versprecher des Bundespräsidenten in den letzten Jahren seiner Amtszeit erklärte. |
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Lübke thematisierte in seinen öffentlichen Reden auch die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der damaligen DDR. In der Neujahrsansprache vom 1. Januar 1963 ging er auf die aktuelle innerdeutsche Entwicklung wie folgt ein: |
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Seit 1971 machte sich Lübke, wie es Walter Henkels umschrieben hat, "zum Ausgang aus dieser Zeitlichkeit bereit". Der Bonner Journalist Eduard Neumaier beschrieb ihn im Spätherbst 1971 so: "Eingefallen, hager, an einem Spazierstock tappend, von einer Krankenschwester gestützt ..., unzweifelhaft ein Greis geworden". |
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Im November 1971 besuchte der Altbundespräsident zum letzten Mal seinen Geburtsort [[Enkhausen]]. |
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{{Zitat | Text=Meine lieben Landsleute in Mitteldeutschland und Ostberlin! Schon über 17 Jahre dauert nun in Mitteldeutschland die totalitäre Herrschaft einer kleinen Minderheit, die gestützt auf die Macht der sowjetischen Armee jede Regung politischer und persönlicher Freiheit erstickt. Die Funktionäre maßen sich an, das Denken und Handeln der Bevölkerung zu lenken. Freie Wahlen, freie Meinungsäußerung und die Entfaltung der Persönlichkeit sind Ihnen, meine Landsleute, zwar geläufige Vorstellungen, aber praktische Folgerungen daraus zu ziehen, ist Ihnen unmöglich gemacht. Zur Unfreiheit kamen 1962 noch verstärkt die verheerenden Folgen der Misswirtschaft des Regimes in Landwirtschaft, Handel und Industrie. Was nützt Ihr Fleiß, Ihr Fachwissen und Ihre Erfahrung, wenn alles durch die Unfähigkeit der Funktionäre zunichte gemacht wird? Das geht so weit, dass Ihre Kinder neuerdings nicht den Beruf wählen dürfen, der ihnen liegt, sondern den ergreifen müssen, der der Verwirklichung des Volkswirtschaftsplanes dient. Durch brutale Gewaltmaßnahmen wurde der Abbruch der Beziehungen zwischen Ihnen und uns in der Bundesrepublik erzwungen, aber wir Deutschen im Osten und Westen, im Norden und Süden unseres Vaterlandes sind und bleiben eine geistige Gemeinschaft und darum ein Volk. Ihre Trauer und Ihre Leiden sind trotz der Trennung auch unsere Trauer und unsere Leiden.| Autor=Heinrich Lübke | Quelle=Neujahrsansprache vom 1. Januar 1963 | ref=<ref>Neujahrsansprache Heinrich Lübkes vom 1. Januar 1963, gehalten im Deutschlandfunk, [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/sendezeichen/1739188/ dradio.de]</ref>}} |
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Vilma Sturm hat in einem Nachruf auf Lübke einfühlsam die Eindrücke seines "verlöschenden Lebens" beschrieben, "ohne körperliche Schmerzen, aber qualvoll genug, ähnlich den Leiden der Gefangenen. Eingesperrt, kaum noch die Möglichkeit, sich zu äußern, sich mitzuteilen. ... Gefangen in dem Gestrüpp aus verengten Blutbahnen, die sich immer bedrängender um ihn zusammenzogen, bis es dann - welche Erlösung - zu Ende ging". Der [[Bad Kissingen|Kissinger]] Chefarzt Hans-Georg Denkhardt, der Lübke als Kurarzt viele Jahre behandelt hatte und ihm auch persönlich nahestand, wurde Ende Februar 1972 nach Bonn gerufen. Dort registrierte er Altersveränderungen bei Heinrich Lübke, die auf einen baldigen Tod hindeuteten. |
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Am [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1964|1. Juli 1964]] wurde er von der 4. [[Bundesversammlung (Deutschland)|Bundesversammlung]] wiedergewählt. Der Wiederwahl ging eine Begegnung Lübkes während einer Kur in [[Bad Kissingen]] mit [[Herbert Wehner]] (SPD) voraus, bei der sich beide auf eine Wiederwahl einigten und für eine [[Große Koalition]] aussprachen. Danach erst informierte Lübke die CDU und wurde mit den Stimmen beider großer Parteien im Amt bestätigt. Der Staatssekretär im Bundespräsidialamt, [[Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld]], der sich wegen Lübkes Gesundheitszustand intern gegen eine zweite Amtszeit ausgesprochen hatte, wurde in der Folge abgelöst und als Botschafter nach Rom entsandt.<ref>Hans von Herwarth: ''Von Adenauer zu Brandt. Erinnerungen.'' Propyläen, Berlin/Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-549-07403-4, hier S. 279 ff.</ref> |
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Am 30. März 1972, [[Gründonnerstag]], erforderten akute [[Magenblutung]]en eine rasche Operation Lübkes in der nahegelegenen Chirurgischen Universitätsklinik auf dem Venusberg. Dabei stellte sich heraus - was er seit Jahrzehnten befürchtet hatte, während zahllose Ärzte andere Befunde diagnostiziert hatten -, dass er an einem weit fortgeschrittenen [[Magenkrebs]] litt; die [[Metastase]]n hatten bereits das Gehirn erreicht. Nach zwei weiteren [[Blutsturz|Blutstürzen]] starb Heinrich Lübke am 6. April 1972 um 16.48 Uhr im Alter von 77 Jahren in der Klinik in Bonn. |
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Lübke setzte sich 1966 für die Bildung der [[Große Koalition#Große Koalition 1966–1969|Großen Koalition]] ([[Kabinett Kiesinger]]) ein. |
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==== Echte und vermeintliche Anekdoten ==== |
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Bei einem Staatsakt im [[Plenarsaal]] des Deutschen Bundestags am 13. April 1972 wurden die Verdienste Lübkes gewürdigt. Nach einem [[Requiem]] im Kölner Dom wurde Lübke auf dem Friedhof seiner Heimat Enkhausen, welche 1975 in Sundern eingemeindet wurde, beigesetzt. Das Familiengrab auf dem Dorffriedhof in Enkhausen schmückt nur die schlichte Inschrift: |
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Seine politischen Akzente wurden vor allem in der zweiten Amtszeit von seinen rhetorischen Missgriffen überschattet. Wie sich später herausstellte, litt er damals bereits an rasch fortschreitender [[Zerebralsklerose]], welche die Versprecher begünstigte. Zudem ignorierte Lübke gerne vorhandene Redemanuskripte und versuchte frei zu sprechen. |
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[[Datei:Bundespraesident Luebke 1 5218.jpg|mini|hochkant|Lübke während eines Besuchs im schwäbischen [[Kirchheim in Schwaben|Kirchheim]], ca. 1965]] |
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Zu einer [[Moderne Sage|modernen Sage]] entwickelte sich, ohne dass es dafür irgendeinen Beleg gibt,<ref>[[Christoph Drösser]]: ''[http://www.zeit.de/2002/14/200214_stimmts_luebke.xml Lübke und die Neger].'' Kolumne ''[[Stimmt’s?]]'' In: ''[[Die Zeit]].'' Nr. 14, 28. März 2002</ref> seine angebliche Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe [[Neger]]“, mit der Lübke bei einem Staatsbesuch 1962 in [[Liberia]] eine Rede begonnen haben soll, wie auch die ebenfalls unbelegte Formulierung „Equal goes it loose“: |
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{{Zitat|Als [[Elisabeth II.|Englands Königin]] am Rhein Staatsbesuch machte, kleidete Lübke die Mitteilung an seinen Gast, das Konzert im Schloß Brühl werde sogleich beginnen (so berichtete die Bonner Fama), in den Satz: ‚Equal goes it loose‘ – eine eigene Übersetzung von: Gleich geht es los.|ref=<ref>{{Der Spiegel|ID=45293067|Titel=Latein mit Russen|Jahr=1967|Nr=18|Datum=1967-04-24|Seiten=60–63}}</ref>}} |
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Der damalige [[Der Spiegel|''Spiegel'']]-Mitarbeiter [[Hermann L. Gremliza]] offenbarte 2006, dass dieses Zitat – wie viele andere auch – von der Redaktion erfunden worden war: |
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{{Zitat|In Wahrheit ist das angebliche Lübke-Zitat ‚Equal goes it loose‘ […] eine Erfindung des Bonner Spiegel-Korrespondenten Ernst Goyke, genannt Ego […]. Auch alle anderen Beiträge zum ‚[[Lübke-Englisch]]‘ haben in der Woche nach Egos Story Redakteure des Spiegel unter falschen Absendern für die Leserbrief-Seiten des Magazins verfaßt.|ref=<ref>''[[Konkret (Zeitschrift)|konkret]].'' 3/2006, S. 74</ref>}} |
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Belegt ist, dass Lübke in [[Antananarivo|Tananarive]], der Hauptstadt [[Madagaskar]]s, den Präsidenten [[Philibert Tsiranana]] und seine Frau Justine mit den Worten „Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Tananarive“ grüßte.<ref>Kortmann & Wolf: ''Sauerland bleibt Sauerland, Heinrich Lübkes goldiger Zitatenschatz.'' S. 16</ref> Ein starkes Echo fanden seine echten und vermeintlichen Fehlleistungen in der deutschen [[Kabarett]]-Szene. Aufgrund des dem Bundespräsidenten entgegenschlagenden Spotts entschied der [[Bayerischer Rundfunk|Bayerische Rundfunk]], die Vorstellungen der [[Münchner Lach- und Schießgesellschaft]] nicht weiterhin live zu übertragen. |
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Ausschnitte von Lübke-Reden wurden Mitte 1966 von der Zeitschrift ''[[Pardon (Zeitschrift)|pardon]]'' auf der außerordentlich erfolgreichen [[Schallplatte|Langspielplatte]] ''Heinrich Lübke redet für Deutschland'' verarbeitet. Dazu gehört die Szene in [[Helmstedt]], als Lübke die Bewohner anreden wollte und sich nicht an den Ortsnamen erinnern konnte; Zuschauer riefen ihm diesen zu. |
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Heinrich Lübke |
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Bundespräsident von 1959 bis 1969. |
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1966 berichteten die [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]]-Medien und nachfolgend insbesondere die Zeitschrift ''[[konkret (Zeitschrift)|konkret]]'' über Lübke als „[[Konzentrationslager|KZ]]-Baumeister“. Hierbei handelte es sich ursprünglich um eine vom [[Ministerium für Staatssicherheit]] initiierte Kampagne.<ref name="welt.de" /> Gleichwohl stellten Historiker später fest, dass der behauptete Tatbestand, Lübke habe 1944 Bauzeichnungen für KZ-Baracken erstellt, im Kern stimmte.<ref name="ZEIT ONLINE" /> |
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== Siehe auch == |
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*[[Kabinett Adenauer II]] |
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==== Ende seiner Präsidialzeit ==== |
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*[[Kabinett Adenauer III]] |
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Lübkes erste Amtszeit hatte am 13. September 1959 begonnen, seine Wiederwahl 1964 fand am 1. Juli 1964 statt, und die [[Bundestagswahl 1969]] war auf 28. September 1969 angesetzt. Mit der Begründung, das Amt aus dem bevorstehenden Bundestagswahlkampf heraushalten zu wollen, kündigte Lübke am 14. Oktober 1968 seinen Amtsverzicht zum 30. Juni 1969 an, sodass die Wahl eines Nachfolgers zweieinhalb Monate früher als turnusmäßig erforderlich bereits im März 1969 stattfinden konnte.<ref>[[Sven Felix Kellerhoff]]: ''[https://www.welt.de/politik/deutschland/article7862004/Als-Luebke-den-Koehler-machte.html Rücktritt als Präsident: Als Lübke den Köhler machte.]'' In: ''[[Die Welt]].'' 31. Mai 2010</ref> Ausschlaggebend dafür waren neben der „KZ-Baumeister“-Kampagne seine zunehmenden gesundheitlichen Defizite.<ref>{{Der Spiegel|ID=46050015|Titel=Lübke – Ungeordnete Verhältnisse|Jahr=1968|Nr=21}}</ref><ref>Biografie auf der Homepage des Bundespräsidenten, Heinrich Lübke (1959–1969) [http://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Heinrich-Luebke/heinrich-luebke-node.html]</ref> |
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Heinrich Lübke gehört zu den Bundespräsidenten, die nicht alle Gesetze, die vom Bundestag beschlossen worden waren, unterzeichneten. Nach Einholung eines wissenschaftlichen Gutachtens teilte er dem [[Präsident des Deutschen Bundestages|Bundestagspräsidenten]] mit, dass er das ''Gesetz gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel'' nicht unterzeichnen werde, da es seiner Ansicht nach gegen die im [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]] garantierte [[Berufsfreiheit|Freiheit der Berufswahl]] und der Berufsausbildung verstoße. |
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Lübke war bis zur Wahl von [[Christian Wulff]] im Jahr 2010 der einzige Bundespräsident [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen]] Bekenntnisses. |
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==== Staatsbesuche ==== |
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{{Hauptartikel|Liste der Auslandsreisen von Bundespräsident Heinrich Lübke}} |
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== Altpräsident und Tod == |
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[[Datei:DBP 1964 430 Wiederwahl Bundespraesident Luebke 40Pf.jpg|mini|hochkant|[[Briefmarken-Jahrgang 1964 der Deutschen Bundespost|Briefmarke der Deutschen Bundespost (1964)]]]] |
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[[Datei:Sundern Grabstätte Familie Lübke (cropped).jpg|mini|Grab der Familie Lübke in Sundern-Enkhausen]] |
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[[Datei:Sundern Heinrich-Lübke-Haus.jpg|mini|[[Heinrich-Lübke-Haus (Sundern)|Heinrich-Lübke-Haus]] in Sundern-Enkhausen]] |
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Dem Bundespräsidenten a. D. verblieb keine Aufgabe, und neue Pflichten konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr übernehmen. Seine Absicht, von Zeit zu Zeit in Berlin zu wohnen, ließ sich nicht verwirklichen, und ebenso wenig konnte Lübke, der über eine Privatbibliothek von etwa 5000 Büchern verfügte, seinen wissenschaftlichen Hobbys nachgehen: [[Vergleichende Sprachwissenschaft]]en und [[Mikrobiologie]]. |
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Seine Parteifreunde ignorierten ihn, wenn sie ihn nicht gar mieden. Sein Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten, [[Gustav Heinemann]], hielt jedoch Kontakt zu ihm. |
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Reisen nach [[Teneriffa]] im Herbst 1969 sowie zu Weihnachten 1970 und 1971 brachten keine Besserung seines Befindens. Eine fortschreitende [[Zerebralsklerose]] machte sich immer stärker bemerkbar,<ref>[[Arnulf Baring]]: ''Machtwechsel: Die Ära Brandt – Scheel''. Deutsche Verlags-Anstalt, 1982, ISBN 3-421-06095-9, S. 37</ref> führte zu ernsthaften Sprechstörungen und zeitweise auftretendem [[Gedächtnisverlust]]. Im Nachhinein zeigte sich, dass diese Krankheit schon einige Jahre zuvor begonnen hatte und so manchen Versprecher des Bundespräsidenten in den letzten Jahren seiner Amtszeit erklärte. Im November 1971 besuchte der Altbundespräsident zum letzten Mal seinen Geburtsort [[Enkhausen]]. |
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Am 30. März 1972 erforderten akute Magenblutungen eine rasche Operation Lübkes. Dabei stellte sich heraus, dass er an einem weit fortgeschrittenen [[Magenkrebs]] litt, die [[Metastase]]n hatten bereits das Gehirn erreicht.<ref>[[Rudolf Morsey]]: ''Heinrich Lübke – Eine politische Biographie''. Schöningh, 1996, ISBN 3-506-75776-8, S. 584.</ref> Nach zwei weiteren [[Blutsturz|Blutstürzen]] starb Heinrich Lübke am 6. April 1972 im Alter von 77 Jahren in [[Bonn]]. |
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Bei einem [[Staatsakt (Veranstaltung)|Staatsakt]] am 13. April 1972 wurden die Verdienste Lübkes gewürdigt. Nach einem Requiem im [[Kölner Dom]] wurde Lübke in Sundern-Enkhausen beigesetzt. An der Beerdigung in Sundern nahmen Bundeskanzler [[Willy Brandt]], Bundespräsident [[Gustav Heinemann]], Altkanzler [[Kurt Georg Kiesinger]], [[Hans-Dietrich Genscher]] und [[Rainer Barzel]] teil.<ref>{{Internetquelle |autor=WDR |url=https://digit.wdr.de/entries/49088 |titel=Beerdigung Heinrich Lübke |sprache=de |abruf=2021-07-18}}</ref> Das Familiengrab auf dem Dorffriedhof in Enkhausen trägt die Inschrift „Heinrich Lübke – Bundespräsident von 1959 bis 1969“. |
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==Gedenken== |
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Ein Teil von Lübkes Nachlass wird von einem seiner Großneffen auf der [[Burg Arras|Moselburg Arras]] präsentiert. Im dortigen „Heinrich-und-Wilhelmine-Lübke-Gedenkzimmer“ können Besucher unter anderem Fotos, Unterlagen und Gastgeschenke besichtigen.<ref>{{Webarchiv|text=Informationen zur Burg Arras |url=http://www.arras.de/burgmuseum.html |wayback=20150518112612}}.</ref> |
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In Sundern-Enkhausen wurde 1975 von der Stadt ein Museum, das [[Heinrich-Lübke-Haus (Sundern)|Heinrich-Lübke-Haus]], eingerichtet. In Möhnesee entstand die Bildungsstätte [[Heinrich-Lübke-Haus (Möhnesee)|Heinrich-Lübke-Haus]]. Denselben Namen trägt die Kreisgeschäftsstelle der CDU des Hochsauerlandkreises in Meschede.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.cdu-hsk.de/veranstaltungen/kgs/ |titel=Wiedereröffnung und Einweihung des Heinrich-Lübke-Hauses |werk=CDU Kreisverband Hochsauerland |sprache=de-DE |abruf=2023-10-02}}</ref> Das heißt: Im Umkreis weniger Kilometer gibt es drei Gebäude, die den Namen Heinrich-Lübke-Haus tragen. |
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Der Historiker [[Jens-Christian Wagner]] kritisierte diese Form des Gedenkens 2012 unter Verweis auf Lübkes Rolle als oberster Bauleiter in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, in der Lübke die „Verantwortung für den Einsatz von KZ-Häftlingen“ getragen habe. Die Benennung eines Hauses oder einer Institution nach einer historischen Persönlichkeit sei immer eine Form der Ehrung mit appellativem Charakter („Handelt nach seinem Vorbild!“). Doch selbst wenn man Lübkes Vita differenziert betrachte („Lübke war auch NS-Opfer“), sei der Politiker „sicherlich nicht als Vorbild für nachfolgende Generationen geeignet“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nd-aktuell.de/artikel/225753.drei-haeuser-fuer-heinrich-luebke.html |titel=Drei Häuser für Heinrich Lübke. Sauerland ehrt umstrittenen Präsidenten |werk=nd |sprache=de-DE |abruf=2023-10-02}}</ref> |
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== Ehrungen == |
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Im Jahr 1953 wurde ihm die [[Ehrendoktorwürde]] der Landwirtschaftlichen Fakultät der [[Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn|Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn]] verliehen. 1957 erhielt er das [[Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland|Großkreuz des Bundesverdienstordens]] und 1959 als Bundespräsident die Sonderstufe des Großkreuzes. Im Jahr 1964 erhielt er die [[Harnack-Medaille]] der [[Max-Planck-Gesellschaft]]. |
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Er war außerdem [[Ehrenbürger]] der Städte Berlin (1962), [[Karlsruhe]] (1965) und Bonn (1966) sowie der Gemeinde [[Bestwig]], der [[Sundern (Sauerland)|Freiheit Sundern]] und von [[Neheim-Hüsten]] (1968). 1964 war er das erste ausländische Staatsoberhaupt, das den südkoreanischen [[Mugunghwa-Orden]] verliehen bekam, 1965 erhielt er das [[Verdienstorden der Italienischen Republik|Großkreuz mit Großer Ordenskette des Verdienstordens der Italienischen Republik]]. In [[Niamey]], der Hauptstadt des [[Niger]], ist eine Hauptstraße nach ihm benannt. |
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Abgesehen von der nebenstehenden Abbildung war er auch auf dem Block ''Grundgedanken der Demokratie'' (1982) sowie auf einer brasilianischen Briefmarke vertreten.<ref>Boris M. Hillmann: [https://www.deutsche-briefmarken-zeitung.de/2014/10/14/heinrich-luebke-briefmarken/ Heinrich Lübke] auf deutsche-briefmarken-zeitung.de, 14. Oktober 2014, abgerufen am 15. März 2022.</ref> |
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== Sonstiges == |
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Lübkes Wohnsitz auf dem Bonner [[Venusberg (Bonn)|Venusberg]] lag in unmittelbarer Nachbarschaft zur Familie [[Willy Brandt]]s. Dessen Sohn [[Matthias Brandt]] besuchte während seiner Kindheit häufiger den damaligen Bundespräsidenten. In seinem autobiographischen Erzählband ''Raumpatrouille'' beschrieb Brandt sein persönliches Verhältnis zu Heinrich Lübke sowie dessen Gesundheitszustand.<ref>{{Literatur |Titel=Raumpatrouille |Autor=[[Matthias Brandt]] |Auflage=1 |Verlag=[[Kiepenheuer & Witsch]] |Ort=Köln |Datum=2016 |ISBN=978-3-462-04567-3 |Seiten=57–63 |Kapitel=„Puppenkönig“}}</ref> |
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== Siehe auch == |
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[[Kabinett Amelunxen II]] – [[Kabinett Arnold I]] – [[Kabinett Arnold II]] – [[Kabinett Adenauer II]] – [[Kabinett Adenauer III]] |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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* {{Literatur |Autor=Norbert Bangert |Titel=Heinrich Lübke |Hrsg=Lena Krull |Sammelwerk=Westfälische Erinnerungsorte |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Schöningh |Ort=Paderborn |Datum=2016 |ISBN=9783506786074 |Seiten=347-355}} |
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* [[Werner Pieper]]: ''Die 13 Leben des Heinrich Lübke''. Löhrbach 2004. ISBN 3-922708-22-6 |
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* {{NDB|15|442|444|Lübke, Heinrich|[[Rudolf Morsey]]|118575015}} |
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* [[Rudolf Morsey]]: ''Heinrich Lübke. eine politische Biographie.'' Schöningh, Paderborn [u. a.] 1996, ISBN 3-506-75776-8 |
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* [[Rudolf Morsey]]: Heinrich Lübke (1894–1972). In: [[Jürgen Aretz]], Rudolf Morsey, [[Anton Rauscher]] (Hrsg.): ''Zeitgeschichte in Lebensbildern, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts'', Band 6, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster 1984, ISBN 978-3-402-06112-1, S. 153–170. [https://www.aschendorff-buchverlag.de/digibib/?digidownload&tid=17581 (Digitalisat]) |
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* [[Dirk van Laak]]: [http://www.zeit.de/1996/52/Adrette_Fassade/komplettansicht ''Adrette Fassade. Rudolf Morsey stilisiert Heinrich Lübke zum tragischen Helden''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 52/1996; Rezension |
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* [[Werner Pieper]]: ''Die 13 Leben des Heinrich Lübke. Verblüffende biografische Fundstücke aus dem Leben eines deutschen Biedermanns.'' Pieper und The Grüne Kraft, Löhrbach im Odenwald 2004, ISBN 978-3-922708-22-3. (Der grüne Zweig Band 240) |
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* Alois Vogel, Regine Deitermann, Kristian Frigelj, Peter Weigert, Horst-Werner Hartelt: ''Vier Bundespräsidenten aus Nordrhein-Westfalen'' (= Schriften des Landtags Nordrhein-Westfalen – Band 15), Düsseldorf 2004 (hier: Regine Deitermann über Heinrich Lübke). |
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* Matthias N. Lorenz: ''Rücktritt Heinrich Lübkes''. In: Torben Fischer, [[Matthias N. Lorenz]] (Hrsg.): ''Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945''. Bielefeld : Transcript, 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 187–189 |
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* [[Norbert Frei]]: ''Im Namen der Deutschen. Die Bundespräsidenten und die NS-Vergangenheit 1949–1994''. München : Beck, 2023, S. 119–176 |
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== CD == |
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* ''equal goes it loose. Heinrich Lübke redet für Deutschland.'' Kunstmann, München 2005, ISBN 3-88897-411-9 (Wiederveröffentlichung der ''pardon''-LP von 1966) |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|audio=1|video=0}} |
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{{Wikiquote|Heinrich Lübke}} |
{{Wikiquote|Heinrich Lübke}} |
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* {{ |
* {{DNB-Portal|118575015}} |
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* {{DDB|Person|118575015}} |
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* [http://www.bundespraesident.de/-,11073/Heinrich-Luebke.htm Lübke-Biografie des Bundespräsidialamtes] |
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* {{DHM-HdG|Bio=heinrich-luebke|Autor=Irmgard Zündorf}} |
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* [http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/LuebkeHeinrich Biografie Luebke, Heinrich] |
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* [http://www.bundespraesident.de/DE/Die-Bundespraesidenten/Heinrich-Luebke/heinrich-luebke-node.html Biographie] auf der Website des [[Bundespräsidialamt]]es |
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* [http://www.zeit.de/2002/14/200214_stimmts_luebke_xml Stimmt's? Lübke und die Neger] in [[Die Zeit]], 14/[[2002]] |
|||
* [https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/044763cc-d3ca-4487-9b7f-138accfce0e8/ Nachlass BArch N 1216] |
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* [http://www.heinrichluebke.de/ heinrichluebke.de] |
|||
* Martina Meißner: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-heinrich-luebke-100.html ''6. April 1972 - Todestag von Heinrich Lübke''] [[WDR]] [[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]] vom 6. April 2022. (Podcast) |
|||
* [http://zeus.zeit.de/text/archiv/1968/11/Zt19680308_008_0024_P_ZgW Lübke erinnerte sich nicht] in [[Die Zeit]], 11/[[1968]] |
|||
* [https://www.ardmediathek.de/video/aktuelle-kamera/luebke-besichtigt-staatsgrenze-westberlin/ard/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xMzYxMDA Heinrich Lübke besichtigt Staatsgrenze in Westberlin] [[Deutscher Fernsehfunk]], 30. August 1961 (Video im [[ARD Retro|ARD-Retro]]-Angebot der [[ARD Mediathek]]) |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 13. Juli 2025, 12:18 Uhr


Karl Heinrich Lübke (* 14. Oktober 1894 in Enkhausen/Sauerland; † 6. April 1972 in Bonn) war von 1959 bis 1969 der zweite Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Lübke war während seiner politischen Karriere zunächst Mitglied der Zentrumspartei und später der CDU. Von 1953 bis 1959 war er Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Leben bis 1945
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heinrich Lübke war das siebte von acht Kindern von Friedrich-Wilhelm (Fritz) Lübke (1855–1902) und Karoline Lübke (1859–1922) geborene Becker. Sein Vater war Schuhmachermeister[1] und im Nebenerwerb Landwirt.[2] Lübke war erst acht Jahre alt, als der Vater starb.[3] Sein älterer Bruder war der CDU-Politiker Friedrich Wilhelm Lübke (1887–1954).
Studium und Beruf
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Nach dem Abitur 1913 am Gymnasium Petrinum in Brilon begann Lübke ein Studium der Geodäsie, Landwirtschaft und Kulturbautechnik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, das er aber schon im August 1914 unterbrach, um als Kriegsfreiwilliger bis 1918 am Ersten Weltkrieg teilzunehmen.
Seine Grundausbildung absolvierte er zunächst beim Westfälischen Fußartillerie-Regiment Nr. 7, mit dem er dann an der Ost- und Westfront eingesetzt war. Lübke durchlebte als Grabenbeobachter den Stellungskrieg. 1916 wurde er zum Vizefeldwebel befördert. Nach einem Gasangriff kam er in ein Feldlazarett. 1917 nahm er die Leutnantsbeförderung entgegen und wurde stellvertretender Batteriechef in der 52. Reserve-Division. Im Anschluss wurde er Ordonnanzoffizier und war an der Dritten Flandernschlacht beteiligt. Vor Kriegsende wurde er in das Große Hauptquartier der Obersten Heeresleitung versetzt. Während des Krieges erhielt er das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse.
Nach Kriegsende und Entlassung aus dem Militärdienst im Dezember 1918 nahm Lübke sein Studium wieder auf und beendete es 1921 mit dem Examen als Vermessungs- und Kulturingenieur. Während seines Studiums in Bonn trat er bereits 1914 der katholischen Studentenverbindung KDStV Ascania Bonn im CV bei. Von 1921 bis 1924 studierte er Nationalökonomie in Münster und Berlin.
Von 1921 bis 1922 war er beim Westfalen Pächter- und Siedlerbund in Münster beschäftigt. Ab Oktober 1922 war er Geschäftsführer des Reichsverbandes landwirtschaftlicher Kleinbetriebe (ab 1925 auch Mittelbetriebe). Seit 1924 war er zudem Mitglied des engeren Vorstandes des Bundes Deutscher Bodenreformer. 1926 wurde er Geschäftsführer der Deutschen Bauernschaft. Ab 1927 war er auch Geschäftsführer der Siedlungsgesellschaft Bauernland AG.[1]
1929[4] heiratete Lübke in Berlin-Wilmersdorf Wilhelmine Keuthen (1885–1981) aus Ramsbeck, heute Teil der Gemeinde Bestwig.
Für die Zentrumspartei zog er 1931 in den Preußischen Landtag ein.[5] Bis 1933 war Lübke für die Deutsche Zentrumspartei Mitglied des Preußischen Landtages. Bei der Landtagswahl am 5. März 1933 wurde er wiedergewählt. Am 18. Mai 1933 stimmte der Landtag wie im Reich gegen die Stimmen der SPD einem Ermächtigungsgesetz für Preußen zu. Danach trat er nie wieder zusammen. Am 14. Oktober 1933 wurden die Volksvertretungen der Länder aufgelöst und am 30. Januar 1934 schließlich ersatzlos aufgehoben.
Zeit des Nationalsozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Juli 1933 musste Lübke auf Druck der Nationalsozialisten auch sein Amt bei der Deutschen Bauernschaft und im März 1934 das bei der Siedlungsgesellschaft Bauernland abgeben. Am 5. Februar 1934 leiteten Nationalsozialisten ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Korruption ein. Er wurde verhaftet und nach 20 Monaten am 11. Oktober 1935 aus der Untersuchungshaft entlassen. Er war zunächst arbeitslos und lebte bis zum Sommer 1937 bei Flensburg auf dem Hof seines älteren Bruders Friedrich Wilhelm Lübke, des späteren Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein (1951–1954).[6] Von 1937 bis 1939 war er als leitender Mitarbeiter bei der Niedersächsischen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft in Berlin tätig, leistete als Reserveoffizier drei Wehrübungen in der Wehrmacht ab und wurde zum Oberleutnant der Reserve befördert. 1942 erfolgte schließlich die Beförderung zum Hauptmann der Reserve.
Von 1939 bis 1945 arbeitete er als Vermessungsingenieur und Bauleiter beim Architektur- und Ingenieurbüro Walter Schlempp, das der Verfügung des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ Albert Speer unterstand.[7] Ab 1944 war er Schlempps Stellvertreter.
Lübke war in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde Bauleiter in der „Gruppe Schlempp“. Von 1943 bis 1945 hatte er die Verantwortung für den Einsatz von KZ-Häftlingen.[8] Es existierten zwei KZ-Außenstellen auf dem Gelände in Peenemünde. Die KZ-Häftlinge mussten unter seiner Regie Zwangsarbeit leisten. Lübke hat dafür Häftlinge eigens angefordert. In einer Notiz aus dem Jahr 1942 heißt es: „Herr Lübke, der am 21.7. nochmals mit HAP/L (Leitung der Heeresanstalt Peenemünde) verhandelte, hofft, 500 Holländer Anfang August zu erhalten.“[9] Als 1965 aus der DDR Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in der Baugruppe Walter Schlempp laut wurden, sagte Lübke, in Peenemünde seien KZ-Häftlinge bis zur Bombardierung durch die Briten im Jahre 1944 mit Sicherheit nicht eingesetzt gewesen. Doch ein KZ-Lager gab es dort nachweislich schon seit Juni 1943.[10]

Lübkes Unterschrift findet sich unter Bauzeichnungen eines Lagers, das vom MfS als KZ-Lager ausgegeben wurde.[11] Das MfS benutzte hierzu ein Konvolut von Planskizzen aus Lübkes Feder, wobei gefälschte Aktendeckel, welche die Planskizzen als zu Konzentrationslagern zugehörig kennzeichneten, einen Zusammenhang zwischen Lübkes Tätigkeit und der Errichtung von Konzentrationslagern herstellen sollten. Lübkes Planskizzen standen im Zusammenhang mit der Errichtung einer Rüstungsfabrik in Neu-Staßfurt, wo ein Werk zur Herstellung von BMW-Triebwerken im Schacht Marie aufgebaut wurde. Als Mitglied im Jägerstab war Lübke für die Firma Schlempp ab Mai 1944 verstärkt für die Dezentralisation und die U-Verlagerung von Flugzeugwerken verantwortlich. In stillgelegten Bergwerkschächten bei Bernburg und Neu-Staßfurt wurden etwa 2000 Häftlinge aus Außenlagern des KZ Buchenwald bei Transport- und Betonierungsarbeiten eingesetzt. Ein Teil der Häftlinge war monatelang in einem Schacht in 420 Meter Tiefe untergebracht, etliche Menschen überlebten dies nicht.[8] Dafür errichtete die Schlempp-Gruppe unter Lübkes Leitung Baracken, in denen später KZ-Häftlinge untergebracht waren.[12][9]
Im Februar 1945 begann Lübke mit dem Architekten Rudolf Wolters, ehemaliger Chef des Arbeitsstabes Wiederaufbauplanung zerstörter Städte im Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion, im Auftrag von Speer mit dem Aufbau eines „Nachkriegsbüros zur Planung vorfabrizierten Wohnbaus“ (Wolters war am 10. Januar 1945 zum 15. Januar 1945 zum Ingenieurbüro Schlempp „übergetreten“).
Politische Karriere
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Kriegsende
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1945 trat Lübke in die CDU ein. Von 1945 bis 1946 leitete er ein eigenes Baubüro in Höxter. 1946 war er Abgeordneter des von der britischen Militärregierung ernannten Provinziallandtages von Westfalen, ab Oktober 1946 des ernannten Landtages von Nordrhein-Westfalen. Von Januar bis Oktober 1953 war er als Generalanwalt des Deutschen Raiffeisenverbandes in Bonn tätig.
Abgeordneter und Minister
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Lübke gehörte ab April 1947 dem ersten frei gewählten nordrhein-westfälischen Landtag an, bis er am 6. März 1954 das Mandat niederlegte.[13] Vom 6. Januar 1947 bis zum 1. Januar 1953 amtierte er in den von Rudolf Amelunxen und Karl Arnold geführten Landesregierungen als Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Nordrhein-Westfalen. Von 1949 bis 29. September 1950 war er CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Arnsberg – Soest. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Von 1953 bis zur Wahl zum Bundespräsidenten am 2. September 1959 war er erneut Mitglied des Deutschen Bundestages, direkt gewählt im Wahlkreis Rees – Dinslaken. Nach der Bundestagswahl 1953 wurde er am 20. Oktober 1953 als Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in die von Bundeskanzler Konrad Adenauer geführte Bundesregierung berufen. Lübke hätte schon im Jahre 1949 Agrarminister werden wollen; er wurde jedoch von Adenauer verhindert, da dieser ihm einen (von den Alliierten blockierten) Gesetzesentwurf für eine umfassende Landreform in Nordrhein-Westfalen übel nahm.[14] 1955 wurde Lübke als Gast zur Bremer Schaffermahlzeit eingeladen, nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten nahm er 1960 als Ehrengast teil.
Siehe auch: Kabinett Adenauer II und Kabinett Adenauer III
Bundespräsident
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Lübke wurde am 1. Juli 1959 als Nachfolger von Theodor Heuss zum deutschen Bundespräsidenten gewählt. Er setzte sich im zweiten Wahlgang gegen Carlo Schmid von der SPD und Max Becker von der damals ebenfalls in der Opposition stehenden FDP durch. Seine Amtszeit begann am 13. September 1959, zwei Tage später wurde er vereidigt.
Lübke machte von Anfang an die Entwicklungshilfe zu einem Hauptanliegen seiner Präsidentschaft. Schon in seiner Antrittsrede von 1959 konstatierte er die dringende Notwendigkeit internationaler Hilfe und Verantwortlichkeit in Anbetracht weltweiten Hungers.[15] Im Herbst 1962 initiierte er einem Aufruf der FAO im Rahmen der „Freedom from Hunger Campaign“ folgend die Gründung der Welthungerhilfe als erster deutscher konfessionell nicht gebundener Entwicklungshilfeorganisation.[16]
Lübke thematisierte in seinen öffentlichen Reden auch die politische und wirtschaftliche Entwicklung in der damaligen DDR. In der Neujahrsansprache vom 1. Januar 1963 ging er auf die aktuelle innerdeutsche Entwicklung wie folgt ein:
„Meine lieben Landsleute in Mitteldeutschland und Ostberlin! Schon über 17 Jahre dauert nun in Mitteldeutschland die totalitäre Herrschaft einer kleinen Minderheit, die gestützt auf die Macht der sowjetischen Armee jede Regung politischer und persönlicher Freiheit erstickt. Die Funktionäre maßen sich an, das Denken und Handeln der Bevölkerung zu lenken. Freie Wahlen, freie Meinungsäußerung und die Entfaltung der Persönlichkeit sind Ihnen, meine Landsleute, zwar geläufige Vorstellungen, aber praktische Folgerungen daraus zu ziehen, ist Ihnen unmöglich gemacht. Zur Unfreiheit kamen 1962 noch verstärkt die verheerenden Folgen der Misswirtschaft des Regimes in Landwirtschaft, Handel und Industrie. Was nützt Ihr Fleiß, Ihr Fachwissen und Ihre Erfahrung, wenn alles durch die Unfähigkeit der Funktionäre zunichte gemacht wird? Das geht so weit, dass Ihre Kinder neuerdings nicht den Beruf wählen dürfen, der ihnen liegt, sondern den ergreifen müssen, der der Verwirklichung des Volkswirtschaftsplanes dient. Durch brutale Gewaltmaßnahmen wurde der Abbruch der Beziehungen zwischen Ihnen und uns in der Bundesrepublik erzwungen, aber wir Deutschen im Osten und Westen, im Norden und Süden unseres Vaterlandes sind und bleiben eine geistige Gemeinschaft und darum ein Volk. Ihre Trauer und Ihre Leiden sind trotz der Trennung auch unsere Trauer und unsere Leiden.“
Am 1. Juli 1964 wurde er von der 4. Bundesversammlung wiedergewählt. Der Wiederwahl ging eine Begegnung Lübkes während einer Kur in Bad Kissingen mit Herbert Wehner (SPD) voraus, bei der sich beide auf eine Wiederwahl einigten und für eine Große Koalition aussprachen. Danach erst informierte Lübke die CDU und wurde mit den Stimmen beider großer Parteien im Amt bestätigt. Der Staatssekretär im Bundespräsidialamt, Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld, der sich wegen Lübkes Gesundheitszustand intern gegen eine zweite Amtszeit ausgesprochen hatte, wurde in der Folge abgelöst und als Botschafter nach Rom entsandt.[18] Lübke setzte sich 1966 für die Bildung der Großen Koalition (Kabinett Kiesinger) ein.
Echte und vermeintliche Anekdoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seine politischen Akzente wurden vor allem in der zweiten Amtszeit von seinen rhetorischen Missgriffen überschattet. Wie sich später herausstellte, litt er damals bereits an rasch fortschreitender Zerebralsklerose, welche die Versprecher begünstigte. Zudem ignorierte Lübke gerne vorhandene Redemanuskripte und versuchte frei zu sprechen.

Zu einer modernen Sage entwickelte sich, ohne dass es dafür irgendeinen Beleg gibt,[19] seine angebliche Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Neger“, mit der Lübke bei einem Staatsbesuch 1962 in Liberia eine Rede begonnen haben soll, wie auch die ebenfalls unbelegte Formulierung „Equal goes it loose“:
„Als Englands Königin am Rhein Staatsbesuch machte, kleidete Lübke die Mitteilung an seinen Gast, das Konzert im Schloß Brühl werde sogleich beginnen (so berichtete die Bonner Fama), in den Satz: ‚Equal goes it loose‘ – eine eigene Übersetzung von: Gleich geht es los.“[20]
Der damalige Spiegel-Mitarbeiter Hermann L. Gremliza offenbarte 2006, dass dieses Zitat – wie viele andere auch – von der Redaktion erfunden worden war:
„In Wahrheit ist das angebliche Lübke-Zitat ‚Equal goes it loose‘ […] eine Erfindung des Bonner Spiegel-Korrespondenten Ernst Goyke, genannt Ego […]. Auch alle anderen Beiträge zum ‚Lübke-Englisch‘ haben in der Woche nach Egos Story Redakteure des Spiegel unter falschen Absendern für die Leserbrief-Seiten des Magazins verfaßt.“[21]
Belegt ist, dass Lübke in Tananarive, der Hauptstadt Madagaskars, den Präsidenten Philibert Tsiranana und seine Frau Justine mit den Worten „Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Tananarive“ grüßte.[22] Ein starkes Echo fanden seine echten und vermeintlichen Fehlleistungen in der deutschen Kabarett-Szene. Aufgrund des dem Bundespräsidenten entgegenschlagenden Spotts entschied der Bayerische Rundfunk, die Vorstellungen der Münchner Lach- und Schießgesellschaft nicht weiterhin live zu übertragen.
Ausschnitte von Lübke-Reden wurden Mitte 1966 von der Zeitschrift pardon auf der außerordentlich erfolgreichen Langspielplatte Heinrich Lübke redet für Deutschland verarbeitet. Dazu gehört die Szene in Helmstedt, als Lübke die Bewohner anreden wollte und sich nicht an den Ortsnamen erinnern konnte; Zuschauer riefen ihm diesen zu.
1966 berichteten die DDR-Medien und nachfolgend insbesondere die Zeitschrift konkret über Lübke als „KZ-Baumeister“. Hierbei handelte es sich ursprünglich um eine vom Ministerium für Staatssicherheit initiierte Kampagne.[11] Gleichwohl stellten Historiker später fest, dass der behauptete Tatbestand, Lübke habe 1944 Bauzeichnungen für KZ-Baracken erstellt, im Kern stimmte.[8]
Ende seiner Präsidialzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lübkes erste Amtszeit hatte am 13. September 1959 begonnen, seine Wiederwahl 1964 fand am 1. Juli 1964 statt, und die Bundestagswahl 1969 war auf 28. September 1969 angesetzt. Mit der Begründung, das Amt aus dem bevorstehenden Bundestagswahlkampf heraushalten zu wollen, kündigte Lübke am 14. Oktober 1968 seinen Amtsverzicht zum 30. Juni 1969 an, sodass die Wahl eines Nachfolgers zweieinhalb Monate früher als turnusmäßig erforderlich bereits im März 1969 stattfinden konnte.[23] Ausschlaggebend dafür waren neben der „KZ-Baumeister“-Kampagne seine zunehmenden gesundheitlichen Defizite.[24][25]
Heinrich Lübke gehört zu den Bundespräsidenten, die nicht alle Gesetze, die vom Bundestag beschlossen worden waren, unterzeichneten. Nach Einholung eines wissenschaftlichen Gutachtens teilte er dem Bundestagspräsidenten mit, dass er das Gesetz gegen den Betriebs- und Belegschaftshandel nicht unterzeichnen werde, da es seiner Ansicht nach gegen die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Berufswahl und der Berufsausbildung verstoße.
Lübke war bis zur Wahl von Christian Wulff im Jahr 2010 der einzige Bundespräsident römisch-katholischen Bekenntnisses.
Staatsbesuche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Altpräsident und Tod
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Dem Bundespräsidenten a. D. verblieb keine Aufgabe, und neue Pflichten konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr übernehmen. Seine Absicht, von Zeit zu Zeit in Berlin zu wohnen, ließ sich nicht verwirklichen, und ebenso wenig konnte Lübke, der über eine Privatbibliothek von etwa 5000 Büchern verfügte, seinen wissenschaftlichen Hobbys nachgehen: Vergleichende Sprachwissenschaften und Mikrobiologie.
Seine Parteifreunde ignorierten ihn, wenn sie ihn nicht gar mieden. Sein Nachfolger im Amt des Bundespräsidenten, Gustav Heinemann, hielt jedoch Kontakt zu ihm.
Reisen nach Teneriffa im Herbst 1969 sowie zu Weihnachten 1970 und 1971 brachten keine Besserung seines Befindens. Eine fortschreitende Zerebralsklerose machte sich immer stärker bemerkbar,[26] führte zu ernsthaften Sprechstörungen und zeitweise auftretendem Gedächtnisverlust. Im Nachhinein zeigte sich, dass diese Krankheit schon einige Jahre zuvor begonnen hatte und so manchen Versprecher des Bundespräsidenten in den letzten Jahren seiner Amtszeit erklärte. Im November 1971 besuchte der Altbundespräsident zum letzten Mal seinen Geburtsort Enkhausen.
Am 30. März 1972 erforderten akute Magenblutungen eine rasche Operation Lübkes. Dabei stellte sich heraus, dass er an einem weit fortgeschrittenen Magenkrebs litt, die Metastasen hatten bereits das Gehirn erreicht.[27] Nach zwei weiteren Blutstürzen starb Heinrich Lübke am 6. April 1972 im Alter von 77 Jahren in Bonn.
Bei einem Staatsakt am 13. April 1972 wurden die Verdienste Lübkes gewürdigt. Nach einem Requiem im Kölner Dom wurde Lübke in Sundern-Enkhausen beigesetzt. An der Beerdigung in Sundern nahmen Bundeskanzler Willy Brandt, Bundespräsident Gustav Heinemann, Altkanzler Kurt Georg Kiesinger, Hans-Dietrich Genscher und Rainer Barzel teil.[28] Das Familiengrab auf dem Dorffriedhof in Enkhausen trägt die Inschrift „Heinrich Lübke – Bundespräsident von 1959 bis 1969“.
Gedenken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Teil von Lübkes Nachlass wird von einem seiner Großneffen auf der Moselburg Arras präsentiert. Im dortigen „Heinrich-und-Wilhelmine-Lübke-Gedenkzimmer“ können Besucher unter anderem Fotos, Unterlagen und Gastgeschenke besichtigen.[29]
In Sundern-Enkhausen wurde 1975 von der Stadt ein Museum, das Heinrich-Lübke-Haus, eingerichtet. In Möhnesee entstand die Bildungsstätte Heinrich-Lübke-Haus. Denselben Namen trägt die Kreisgeschäftsstelle der CDU des Hochsauerlandkreises in Meschede.[30] Das heißt: Im Umkreis weniger Kilometer gibt es drei Gebäude, die den Namen Heinrich-Lübke-Haus tragen.
Der Historiker Jens-Christian Wagner kritisierte diese Form des Gedenkens 2012 unter Verweis auf Lübkes Rolle als oberster Bauleiter in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde, in der Lübke die „Verantwortung für den Einsatz von KZ-Häftlingen“ getragen habe. Die Benennung eines Hauses oder einer Institution nach einer historischen Persönlichkeit sei immer eine Form der Ehrung mit appellativem Charakter („Handelt nach seinem Vorbild!“). Doch selbst wenn man Lübkes Vita differenziert betrachte („Lübke war auch NS-Opfer“), sei der Politiker „sicherlich nicht als Vorbild für nachfolgende Generationen geeignet“.[31]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1953 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Landwirtschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn verliehen. 1957 erhielt er das Großkreuz des Bundesverdienstordens und 1959 als Bundespräsident die Sonderstufe des Großkreuzes. Im Jahr 1964 erhielt er die Harnack-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft.
Er war außerdem Ehrenbürger der Städte Berlin (1962), Karlsruhe (1965) und Bonn (1966) sowie der Gemeinde Bestwig, der Freiheit Sundern und von Neheim-Hüsten (1968). 1964 war er das erste ausländische Staatsoberhaupt, das den südkoreanischen Mugunghwa-Orden verliehen bekam, 1965 erhielt er das Großkreuz mit Großer Ordenskette des Verdienstordens der Italienischen Republik. In Niamey, der Hauptstadt des Niger, ist eine Hauptstraße nach ihm benannt.
Abgesehen von der nebenstehenden Abbildung war er auch auf dem Block Grundgedanken der Demokratie (1982) sowie auf einer brasilianischen Briefmarke vertreten.[32]
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lübkes Wohnsitz auf dem Bonner Venusberg lag in unmittelbarer Nachbarschaft zur Familie Willy Brandts. Dessen Sohn Matthias Brandt besuchte während seiner Kindheit häufiger den damaligen Bundespräsidenten. In seinem autobiographischen Erzählband Raumpatrouille beschrieb Brandt sein persönliches Verhältnis zu Heinrich Lübke sowie dessen Gesundheitszustand.[33]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kabinett Amelunxen II – Kabinett Arnold I – Kabinett Arnold II – Kabinett Adenauer II – Kabinett Adenauer III
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Norbert Bangert: Heinrich Lübke. In: Lena Krull (Hrsg.): Westfälische Erinnerungsorte. Schöningh, Paderborn 2016, ISBN 978-3-506-78607-4, S. 347–355.
- Rudolf Morsey: Lübke, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 442–444 (Digitalisat).
- Rudolf Morsey: Heinrich Lübke. eine politische Biographie. Schöningh, Paderborn [u. a.] 1996, ISBN 3-506-75776-8
- Rudolf Morsey: Heinrich Lübke (1894–1972). In: Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts, Band 6, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster 1984, ISBN 978-3-402-06112-1, S. 153–170. (Digitalisat)
- Dirk van Laak: Adrette Fassade. Rudolf Morsey stilisiert Heinrich Lübke zum tragischen Helden. In: Die Zeit, Nr. 52/1996; Rezension
- Werner Pieper: Die 13 Leben des Heinrich Lübke. Verblüffende biografische Fundstücke aus dem Leben eines deutschen Biedermanns. Pieper und The Grüne Kraft, Löhrbach im Odenwald 2004, ISBN 978-3-922708-22-3. (Der grüne Zweig Band 240)
- Alois Vogel, Regine Deitermann, Kristian Frigelj, Peter Weigert, Horst-Werner Hartelt: Vier Bundespräsidenten aus Nordrhein-Westfalen (= Schriften des Landtags Nordrhein-Westfalen – Band 15), Düsseldorf 2004 (hier: Regine Deitermann über Heinrich Lübke).
- Matthias N. Lorenz: Rücktritt Heinrich Lübkes. In: Torben Fischer, Matthias N. Lorenz (Hrsg.): Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945. Bielefeld : Transcript, 2007, ISBN 978-3-89942-773-8, S. 187–189
- Norbert Frei: Im Namen der Deutschen. Die Bundespräsidenten und die NS-Vergangenheit 1949–1994. München : Beck, 2023, S. 119–176
- equal goes it loose. Heinrich Lübke redet für Deutschland. Kunstmann, München 2005, ISBN 3-88897-411-9 (Wiederveröffentlichung der pardon-LP von 1966)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Heinrich Lübke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Heinrich Lübke in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Irmgard Zündorf: Heinrich Lübke. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Biographie auf der Website des Bundespräsidialamtes
- Nachlass BArch N 1216
- Martina Meißner: 6. April 1972 - Todestag von Heinrich Lübke WDR ZeitZeichen vom 6. April 2022. (Podcast)
- Heinrich Lübke besichtigt Staatsgrenze in Westberlin Deutscher Fernsehfunk, 30. August 1961 (Video im ARD-Retro-Angebot der ARD Mediathek)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Autor ungenannt: Landtag NRW: Lebensgeschichte Heinrich Lübke. In: https://www.landtag.nrw.de/. Landtag Nordrhein-Westfalen, Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf, Januar 2020, abgerufen am 1. Januar 2025.
- ↑ Zündorf, Irmgard/Hartmann, Anastasia: Gerade auf LeMO gesehen: LeMO Biografie: Heinrich Lübke. In: hdg.de. Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Willy-Brandt-Allee 14, 53113 Bonn, Januar 2024, abgerufen am 1. Januar 2025.
- ↑ Johannes Hermanns: Heinrich Lübke, S. 17, 1966
- ↑ Bundespräsidialamt: Wilhelmine Lübke Abgerufen am 11. August 2020.
- ↑ Autor ungenannt: Heinrich Lübke (1959–1969). In: bundespraesident.de/. Bundespräsidialamt, Spreeweg 1, 10557 Berlin, Januar 2020, abgerufen am 1. Januar 2025.
- ↑ Rudolf Morsey: Zeitgeschichte in Lebensbildern Band 6 Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts Herausgegeben von Jürgen Aretz, Rudolf Morsey und Anton Rauscher; Mainz: Grünewald. Bis Bd. 2 hrsg. von Rudolf Morsey NE: Aretz, Jürgen [Hrsg.]; Morsey, Rudolf [Hrsg.] Bd. 6 (1984). ISBN 3-7867-1140-2, Seite 153, 157
- ↑ Für Aufgaben im Reichsinteresse eingesetzt. In: Berliner Zeitung, 9. März 1994.
- ↑ a b c Jens-Christian Wagner: Der Fall Lübke. In: Die Zeit, Nr. 30, 19. Juli 2007.
- ↑ a b Massengrab an der Raketenrampe. Historiker Jens-Christian Wagner über Heinrich Lübkes Rolle beim Einsatz von KZ-Häftlingen in Peenemünde. In: Der Spiegel. Nr. 22, 2001, S. 218 (online – 28. Mai 2001).
- ↑ Rainer Eisfeld, Mondsüchtig, Wernher von Braun und die Geburt der Raumfahrt aus dem Geist der Barbarei, (Paperback) 2012, ISBN 978-3-86674-167-6, S. 95.
- ↑ a b Lars-Broder Keil: Zeitgeschichte: Heinrich Lübke und die Staatssicherheit. In: Die Welt, 9. Mai 2007.
- ↑ Albert Norden: Bundespräsident Lübke baute Hitlers Konzentrationslager. Quelle: Neues Deutschland vom 25.01.1966. In: gtgj.de. Jonastalverein e. V., abgerufen am 10. Juni 2025.
- ↑ Heinrich Lübke beim Landtag Nordrhein-Westfalen
- ↑ Henning Köhler: Adenauer: Eine politische Biographie. Propyläen, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-549-05444-0, S. 543.
- ↑ Joachim Gauck, Rede zu „50 Jahre Welthungerhilfe“ am 14. Dezember 2012, [1]
- ↑ Irene Dänzer-Vanotti: Zeitzeichen auf NDR-Info zum 14. Dezember 1962, der Gründung der Welthungerhilfe. [2] MP3 zum Download, NDR Info, 14. Dezember 2012
- ↑ Neujahrsansprache Heinrich Lübkes vom 1. Januar 1963, gehalten im Deutschlandfunk, dradio.de
- ↑ Hans von Herwarth: Von Adenauer zu Brandt. Erinnerungen. Propyläen, Berlin/Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-549-07403-4, hier S. 279 ff.
- ↑ Christoph Drösser: Lübke und die Neger. Kolumne Stimmt’s? In: Die Zeit. Nr. 14, 28. März 2002
- ↑ Latein mit Russen. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1967, S. 60–63 (online – 24. April 1967).
- ↑ konkret. 3/2006, S. 74
- ↑ Kortmann & Wolf: Sauerland bleibt Sauerland, Heinrich Lübkes goldiger Zitatenschatz. S. 16
- ↑ Sven Felix Kellerhoff: Rücktritt als Präsident: Als Lübke den Köhler machte. In: Die Welt. 31. Mai 2010
- ↑ Lübke – Ungeordnete Verhältnisse. In: Der Spiegel. Nr. 21, 1968 (online).
- ↑ Biografie auf der Homepage des Bundespräsidenten, Heinrich Lübke (1959–1969) [3]
- ↑ Arnulf Baring: Machtwechsel: Die Ära Brandt – Scheel. Deutsche Verlags-Anstalt, 1982, ISBN 3-421-06095-9, S. 37
- ↑ Rudolf Morsey: Heinrich Lübke – Eine politische Biographie. Schöningh, 1996, ISBN 3-506-75776-8, S. 584.
- ↑ WDR: Beerdigung Heinrich Lübke. Abgerufen am 18. Juli 2021.
- ↑ Informationen zur Burg Arras ( vom 18. Mai 2015 im Internet Archive).
- ↑ Wiedereröffnung und Einweihung des Heinrich-Lübke-Hauses. In: CDU Kreisverband Hochsauerland. Abgerufen am 2. Oktober 2023 (deutsch).
- ↑ Drei Häuser für Heinrich Lübke. Sauerland ehrt umstrittenen Präsidenten. In: nd. Abgerufen am 2. Oktober 2023 (deutsch).
- ↑ Boris M. Hillmann: Heinrich Lübke auf deutsche-briefmarken-zeitung.de, 14. Oktober 2014, abgerufen am 15. März 2022.
- ↑ Matthias Brandt: Raumpatrouille. 1. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, ISBN 978-3-462-04567-3, „Puppenkönig“, S. 57–63.
Personendaten | |
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NAME | Lübke, Heinrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (Zentrum, CDU), MdL, MdB, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland (1959–1969) |
GEBURTSDATUM | 14. Oktober 1894 |
GEBURTSORT | Enkhausen, Sundern (Sauerland) |
STERBEDATUM | 6. April 1972 |
STERBEORT | Bonn |
- Heinrich Lübke
- Bundespräsident (Deutschland)
- Landwirtschaftsminister (Bundesrepublik Deutschland)
- Mitglied des Preußischen Landtags (Freistaat Preußen)
- Landtagsabgeordneter (Nordrhein-Westfalen)
- Bundestagsabgeordneter (Nordrhein-Westfalen)
- Arbeitsminister (Nordrhein-Westfalen)
- Wiederaufbauminister (Nordrhein-Westfalen)
- Landwirtschafts- und Forstminister (Nordrhein-Westfalen)
- Ernährungsminister (Nordrhein-Westfalen)
- Zentrum-Mitglied
- CDU-Mitglied
- Propaganda (DDR)
- Geodät
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Bundesverdienstkreuzes (Sonderstufe des Großkreuzes)
- Träger des Verdienstordens der Italienischen Republik (Großkreuz mit Ordenskette)
- Träger des Falkenordens (Großkreuz)
- Träger des Mugunghwa-Ordens
- Ehrenbürger von Arnsberg
- Ehrenbürger von Berlin
- Ehrenbürger von Bonn
- Ehrenbürger von Karlsruhe
- Ehrenbürger im Hochsauerlandkreis
- Ehrensenator der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Ehrendoktor der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
- Korporierter im CV
- Friedrich Wilhelm Lübke
- Person (Bestwig)
- Person (Sundern (Sauerland))
- Deutscher
- Geboren 1894
- Gestorben 1972
- Mann