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„Museum Wiesbaden“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Museum
Das '''Museum Wiesbaden''' in der [[Hessen|hessischen]] [[Landeshauptstadt]] [[Wiesbaden]] ist neben den Häusern in [[Kassel]] und [[Darmstadt]] eines der drei ''Hessischen Landesmuseen''. Es ist ein Dreispartenhaus. Es gibt eine ''Kunstsammlung'', eine ''Naturwissenschaftliche Sammlung'' und eine ''Sammlung Nassauischer Altertümer''.
| Name = Museum Wiesbaden
| Bild = [[Datei:Museum Wiesbaden 2019.jpg|280px]]
| Bildbeschreibung = Frontansicht des Museums (2019)
| Ort = [[Wiesbaden]]
| Breitengrad =
| Längengrad =
| ISO-Region = DE-HE
| Art = Kunst- und Naturhistorisches Museum
| Architekt = Theodor Fischer
| Eröffnung = 1. April 1825 / 1915/1920 (Bezug des Museumsneubaus)
| Besucheranzahl =
| Betreiber =
| Leitung = [[Andreas Henning]]
| ISIL = DE-MUS-145811
| Website = [http://www.museum-wiesbaden.de/ www.museum-wiesbaden.de]
}}

Das '''Museum Wiesbaden''' in der [[Hessen|hessischen]] [[Land (Deutschland)|Landeshauptstadt]] [[Wiesbaden]] ist neben den Häusern in [[Hessisches Landesmuseum (Kassel)|Kassel]] und [[Hessisches Landesmuseum Darmstadt|Darmstadt]] sowie dem Archäologischen Landesmuseum Hessen mit den Standorten [[Keltenwelt am Glauberg]] und [[Römerkastell Saalburg]] eines der fünf ''Hessischen Landesmuseen''. Es ist ein Zweispartenhaus für Kunst und Natur.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:Angelika Kauffmann Bildnis Johann Isaak Freiherr von Gerning.jpg|mini|''Porträt des [[Johann Isaak von Gerning]]'', Ölgemälde von Angelika Kauffmann, 1798]]
[[Datei:Sammlung Wied.jpg|mini|Vogelpräparate im Museum Wiesbaden, von [[Maximilian zu Wied-Neuwied]].<ref name="Hoffmann/Geller-Grimm">D. Hoffmann, F. Geller-Grimm: ''A catalog of bird specimens associated with Prince Maximilian of Wied-Neuwied and potential type material in the natural history collection in Wiesbaden''. In: ''ZooKeys'' 353, 2013, S. 81–93 ([http://www.pensoft.net/J_FILES/1/articles/4198/4198-G-3-layout.pdf Digitalisat]).</ref>]]


Die Gründung der ursprünglich drei Museen geht auf die Bürger der Stadt und den 1814/1815 in Wiesbaden zur [[Kur]] weilenden [[Johann Wolfgang von Goethe]] zurück, der sehr auf die Gründung einer solchen Kultureinrichtung hingewirkt hatte. Er veranlasste 1825 den [[Frankfurt am Main|Frankfurter]] Privatsammler [[Johann Isaak von Gerning|Johann Isaac Freiherr von Gerning]], seine umfangreichen Sammlungen von Kunstwerken, Altertümern und Naturalien dem [[Herzogtum Nassau]] gegen Zahlung einer Leibrente zur Verfügung zu stellen. In Verantwortung der neu gegründeten Vereine, aber durch die herzögliche Regierung kontrolliert, konnten die Bürger Wiesbadens und der Region diese Sammlungen schnell erweitern.
Die Gründung der Wiesbadener Museumssammlungen geht auf die ehemaligen herzoglichen Gemäldesammlungen zurück.


Zusammen mit den Stücken des seit 1812 bestehenden [[Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung|Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung]] kristallisierten sich drei ursprünglich selbständige Museen heraus. Träger dieser Museen waren neben dem ''Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung'' der [[Nassauischer Verein für Naturkunde|Nassauische Verein für Naturkunde]] und der [[Nassauischer Kunstverein|Nassauische Kunstverein]].
Die Gründung des Museums geht auf den [[1814]] und [[1815]] in Wiesbaden zur [[Kur]] weilenden [[Johann Wolfgang von Goethe]] zurück, der sehr auf die Gründung eines sochen Hauses hingewirkt hat. Dies veranlasste [[1825]] den [[Frankfurt am Main|Frankfurter]] Privatsammler Johann Isaac Freiherr von Gerning, seine umfangreiche Sammlungen von Kunstwerken, Altertümern und Naturalien dem [[Herzogtum Nassau]] zur Verfügung zu stellen.
Durch den Tod des Herzogs [[Friedrich Wilhelm (Nassau-Weilburg)]] im Jahr 1816 stand das für seinen Sohn gebaute [[Erbprinzenpalais]] an der [[Wilhelmstraße (Wiesbaden)|Wilhelmstraße]] nun für andere Zwecke zur Verfügung. Im Gegensatz zu anderen Städten konnten schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Räume für die auch von der Bürgerschaft zusammengetragenen Kulturgüter gefunden werden. Die drei Museen und die Landesbibliothek konnten so ab 1821 in das Palais einziehen, das heute Sitz der [[Industrie- und Handelskammer]] ist.


Durch rege Sammeltätigkeit und Neuerwerbungen wurde das Gebäude schon Mitte des 19. Jahrhunderts zu klein. Der Ruf nach einem Neubau wurde immer lauter.
Zusammen mit den Stücken des seit [[1812]] bestehenden ''Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung'' kristallisierten sich drei ursprünglich selbständige Museen heraus. Träger dieser Museen waren neben dem ''Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung'' der ''Nassauische Verein für Naturkunde'' und der [[Nassauischer Kunstverein|Nassauische Kunstverein]].


Nachdem die drei Museen 1866 unter preußische Kontrolle gerieten, übernahm 1899 die Stadt Wiesbaden diese Einrichtungen. Die allgemeine Zustimmung fand dieser Wechsel auch deshalb, weil Wiesbaden am Ende des 19. Jahrhunderts über ausreichende Mittel verfügte, Kultur zu fördern.
Sein erstes gemeinsames Zuhause fanden die Sammlungen ab [[1821]] im [[Erbprinzenpalais (Wiesbaden)|Erbprinzenpalais]] an der [[Wilhelmstraße (Wiesbaden)|Wilhelmstraße]], in dem sich heute der Sitz der [[Industrie- und Handelskammer]] befindet.
Durch rege Sammeltätigkeiten und Neuerwerbungen wurde das Gebäude gegen Ende des Jahrhunderts zu klein. Der Ruf nach einem Neubau wurde laut.


Nach Plänen des Architekten [[Theodor Fischer]] konnte 1913 der Grundstein für einen Neubau mit drei Flügeln an der Ecke Wilhelmstraße/[[Rheinstraße (Wiesbaden)|Rheinstraße]] gelegt werden.<ref>Museum Wiesbaden: [https://museum-wiesbaden.de/geschichte ''Geschichte. Übergang in städtischen Besitz''.] Abgerufen am 16. Januar 2019.</ref> Zuvor hatte dort die Bankiersvilla Mons gestanden, in der bis 1906 das Empfangsgebäude des [[Wiesbaden Ludwigsbahnhof|Ludwigsbahnhofs]] untergebracht war. Die Innenarchitektur der drei Häuser wurde maßgeblich von den drei Direktoren und den Kustoden beeinflusst, da doch unterschiedliche Bedürfnisse bestanden.
Nachdem die drei Museen [[1899]] in den Eigentum der Stadt übergingen, konnte durch einen Vertrag mit der [[Preußen|Königlich-Preußischen Staatsregierung]] (Wiesbaden war seit [[1866]] preußisch) die finanzielle Grundlage hierfür gelegt werden.
Nach Plänen des Museumsarchitekten [[Theodor Fischer]] konnte [[1913]] der Grundstein für einen Neubau mit drei Flügeln an der Ecke [[Wilhelmstraße (Wiesbaden)|Wilhelmstraße]]/[[Rheinstraße (Wiesbaden)|Rheinstraße]] gelegt werden.


Als erstes wurde am 1.10.[[1915]] die ''Gemäldegalerie'' eröffnet. Nach Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] kamen am 15.7.[[1920]] das ''Naturwissenschaftliche Museum'' und das ''Museum Nassauischer Altertümer'' in den Seitenflügeln hinzu.
Als Erstes wurde am 1. Oktober 1915 die [[Gemäldegalerie]] eröffnet. Im selben Jahr konnte die Naturwissenschaftliche Sammlung zwar ebenfalls in den Neubau einziehen, aber erst nach Ende des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] kam es am 15. Juli 1920 zur Wiedereröffnung des ''Naturwissenschaftlichen Museums'' und des ''Museums Nassauischer Altertümer''.
Die Hälfte der Gemäldegalerie sollte für wechselnde Ausstellungen dienen, welche in den [[1920er Jahre|1920er]] und frühen [[1930er Jahre|1930er Jahren]] vom [[Nassauischer Kunstverein|Nassauischen Kunstverein]] qualitätsvoll durchgeführt wurden. dort eine rege und interessante Ausstellungstätigkeit. In dieser Zeit trugen auch Wiesbadener Bürger zu wichtigen Ergänzungen der Sammlungen bei.


Die Hälfte der Gemäldegalerie sollte für wechselnde Ausstellungen dienen, die in den [[1920er]] und frühen [[1930er Jahre]]n vom [[Nassauischer Kunstverein|Nassauischen Kunstverein]] durchgeführt wurden. In dieser Zeit trugen auch Wiesbadener Bürger zu wichtigen Ergänzungen der Sammlungen bei. Die Naturwissenschaftlichen Sammlungen zeigten insbesondere systematische Ausstellungen zu Themen der Geologie, Paläontologie und Biologie. Erstmals wurden auch ökologische Aspekte präsentiert.
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde der Bau zum Teil für militärische Zwecke genutzt.


Die [[USA|Amerikaner]], die nach [[1945]] in Wiesbaden Station bezogen, machten das Museum zu einem ''Central Collecting point''. Dabei wurden temporär eingelagerte Kunstschätze wie die Büste der [[Nofretete]] oder [[Rembrandt van Rijn|Rembrandts]] ''Mann mit dem Goldhelm'' gezeigt.
Im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde der Bau zum Teil für militärische Zwecke genutzt. Mit wenigen Ausnahmen haben die Sammlungen den Krieg unbeschadet überstanden. Allerdings waren die Ausstellungen demontiert und die meisten Vitrinen beschädigt. Nur langsam konnten die Räume nach Sanierung ihre eigentliche Aufgabe zurückgewinnen. Diese Verzögerung hatte einen weiteren Grund: Die [[Vereinigte Staaten|Amerikaner]], die nach 1945 in Wiesbaden Station bezogen, machten das Museum zu einem [[Wiesbaden Central Collecting Point|Central Collecting Point]]. Dabei wurden temporär eingelagerte Kunstschätze gezeigt wie etwa die [[Büste der Nofretete]] oder das damals [[Rembrandt van Rijn|Rembrandt]] zugeschriebene Gemälde ''[[Der Mann mit dem Goldhelm]]''.


Nach deren Rückgabe wurde ab den 1950er Jahren mit sehr sparsamen Mitteln wieder eine Sammlung aufgebaut. [[Clemens Weiler]], der damalige Direktor des Kunstmuseums, hatte maßgeblichen Anteil am Aufbau der [[Alexej von Jawlensky|Alexej-von-Jawlensky]]-Sammlung, der heute bedeutendsten Sammlung des Hauses. Das Naturwissenschaftliche Museum wurde maßgeblich durch Friedrich Heineck wieder aufgebaut, der während des Krieges seiner Ämter enthoben war. In den Ausstellungen sollten insbesondere die [[Biom]]e präsentiert werden. Der Wiederaufbau gelang nicht vollständig, auch deshalb, weil weiterhin Räume fremd genutzt wurden (zum Beispiel durch eine amerikanische Bibliothek und ein städtisches Archiv).
Nach deren Rückgabe wurden ab den [[1950er Jahre|1950er Jahren]] mit sehr sparsamen Mitteln wieder eine Sammlung aufgebaut.
Der damalige Museumsdirektor ''Clemens Weiler'' hatte damals maßgeblichen Anteil am Aufbau der [[Alexej von Jawlensky|Jawlensky]]-Sammlung, die heute die bedeutendste Sammlung des Hauses ist.


1973 kamen die drei Museen in den Besitz des [[Hessen|Landes Hessen]]. Seit dieser Zeit sind sie in einem Dreispartenhaus, dem Museum Wiesbaden, vereint. Der Nassauische Kunstverein, der bis dahin im Museum untergebracht war, wurde in unmittelbarer Nachbarschaft in die historische Villa an der Wilhelmstraße 15 verlegt. Von 1987 bis 2010 war [[Volker Rattemeyer]] Direktor des Museums. Unter seiner Führung wurde es im Jahr 2007 von der Internationalen Vereinigung der Kunstkritiker [[Association Internationale des Critiques d’Art|AICA]] zum „[[Museum des Jahres]]“ gewählt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.frankfurt-live.com/auszeichnung-fuer-grosses-ehrenamtliches-engagement-44787.html |titel=Auszeichnung für großes ehrenamtliches Engagement |werk=frankfurt-live.com |datum=2010-08-20 |abruf=2017-11-05 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20171107024321/http://www.frankfurt-live.com/auszeichnung-fuer-grosses-ehrenamtliches-engagement-44787.html |archiv-datum=2017-11-07 |offline=ja}}</ref>
[[1973]] kam das Museum Wiesbaden in Besitz des [[Hessen|Land Hessen]] und der [[Nassauischer Kunstverein|Nassauische Kunstverein]], der bis dahin im Museum untergebracht war, wurde verlegt in die historische Villa an der [[Wilhelmstraße]] 15 in unmittelbarer Nachbarschaft.
Von 2010 bis Sommer 2019 war [[Alexander Klar]] Direktor des Museums.


Von 1994 bis 1997 wurden durch die Kasseler Architekten Schultze und Schulze die Räume der Kunstsammlung, von 2003 bis 2006 die Dächer, der Eingangsbereich und der Vortragssaal grundlegend saniert und neue Ausstellungsräume der Kunstsammlung erschlossen. Von 2007 bis 2012 wurden Nord- und Südflügel saniert. Im Nordflügel wird seit 2013 die Naturhistorische Sammlung neu gezeigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://verwaltung.hessen.de/irj/zentral_Internet?rid=zentral/zentral_Internet/sub/240/24030bca-265c-9321-b30b-cd44e9169fcc |titel=Neuer Glanz für das Museum Wiesbaden |werk=verwaltung.hessen.de |abruf=2017-11-05}}</ref> Die ''Sammlung Nassauischer Altertümer'' (SNA) wird nun im [[Dernsches Gelände#Marktplatz|SAM – Stadtmuseum am Markt]] gezeigt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wiesbaden.de/microsite/sam/sammlungen/content/sammlung-nassauischer-altertuemer.php |titel=Sammlung Nassauischer Altertümer |werk=www.wiesbaden.de |abruf=2017-11-05}}</ref> Im freigewordenen Südflügel werden die Alten Meister im Zusammenhang mit zeitgenössischer Kunst präsentiert: ''Der chronologische Ablauf wurde zugunsten von Räumen zu den Themen 'Religion', 'Porträt', 'Mythologie', 'Stillleben' und 'Landschaft' aufgegeben.''<ref>{{Internetquelle |url=http://www.museen-in-hessen.de/de/museen/museum_wiesbaden |titel=Museum Wiesbaden |werk=museen-in-hessen.de |abruf=2017-11-05}}</ref>
Seit [[2003]] wird das Museum für ca. 10 Millionen [[Euro]] grundlegend saniert.
[[Datei:Hans von Marées - Die Labung.jpg|mini|Wurde vom Museum im Jahr 2014 nach umfangreicher Provenienzforschung restituiert und anschließend in der großen Kampagne ''Wiesbaden schafft die Wende!'' zurückerworben: [[Hans von Marées]]: ''Die Labung'', 1880]]
Seit 2015 ist das Museum Sitz der zentralen Stelle für [[Provenienz]]forschung des Landes Hessen,<ref>{{Internetquelle |url=https://museum-wiesbaden.de/provenienzforschung |titel=Provenienzforschung |werk=www.museum-wiesbaden.de |abruf=2019-07-05}}</ref> nachdem das Museum Wiesbaden sich zuvor mehrfach durch seine Rückgabepraxis und den anschließenden Wiedererwerb von Kunstwerken einen guten Ruf hinsichtlich der Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte erworben hatte. Trotzdem gab es auch Kritik an der Entscheidung, die Stelle nicht an einer Universität anzusiedeln.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.deutschlandfunkkultur.de/zentrale-stelle-fuer-provenienzforschung-ein-gutes-projekt.1013.de.html?dram:article_id=316259 |titel=Ein gutes Projekt am falschen Ort |werk=www.deutschlandfunkkultur.de |datum=2015-04-05 |abruf=2019-07-06}}</ref>

2017 erhielt das Museum mit der Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess eine bedeutende Kollektion des Jugendstils und Symbolismus als Schenkung, die vom 29. Juni 2019 an dauerhaft im Südflügel des Hauses präsentiert wird.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.wiesbaden.de/kultur/museen/museum-wiesbaden/jugendstil-im-museum-wi.php |titel=Jugendstil-Sammlung von F.W. Neess im Museum Wiesbaden |werk=www.wiesbaden.de |abruf=2019-06-28}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.wiesbadener-kulturgespräche.de/gast%20Forster%2006%202019.html |titel=Peter Forster im Interview zum Jugendstil |werk=www.wiesbadener-kulturgespräche..de |datum=2019-06-01 |abruf=2019-07-28}}</ref>

; Direktoren der Kunst
* 1929–1934: [[Eberhard Schenk zu Schweinsberg]]
* 1935–1945: [[Hermann Voss (Kunsthistoriker)|Hermann Voss]]
* 1946–1972: [[Clemens Weiler]]
* 1972–1983: [[Ulrich Schmidt (Kunsthistoriker)|Ulrich Schmidt]]
* 1983–1987: [[Arnulf Herbst]]
* 1987–2010: [[Volker Rattemeyer]]
* 2010–2019: [[Alexander Klar]]<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hamburger-kunsthalle.de/dr-alexander-klar-wird-neuer-direktor-der-hamburger-kunsthalle |titel=Dr. Alexander Klar wird neuer Direktor der Hamburger Kunsthalle |werk=www.hamburger-kunsthalle.de |abruf=2019-07-14}}</ref>
* seit 1. März 2020: [[Andreas Henning]]<ref>{{Internetquelle |autor=Birgitta Lamparth |url=https://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/neuer-direktor-im-landesmuseum-in-wiesbaden_20896918 |titel=Neuer Direktor im Landesmuseum in Wiesbaden |werk=wiesbadener-kurier.de |datum=2019-12-16 |abruf=2019-12-18}}</ref>


== Kunstsammlung ==
== Kunstsammlung ==
[[Datei:Jawlensky Aufsteller in Jawlenskystraße 2021.jpg|mini|hochkant|Alexej von Jawlensky, Aufsteller in Jawlenskystraße, Wiesbaden, 2021]]
Die Kunstsammlung geht auf die ehemalige Sammlung des Frankfurters Johann Isaak von Gerning zurück. Durch Ankäufe, Schenkungen und Leihgaben ist die Kunstsammlung eine der wichtigsten in Deutschland geworden, vor allem im Gebiet des 19. und 20. Jahrhunderts.


Das Museum Wiesbaden ist bemüht, [[Raubkunst|NS-Raubkunst]] im eigenen Bestand zu identifizieren und gegebenenfalls den rechtmäßigen Erben zurückzugeben. Im Oktober 2014 startete das Museum deshalb eine spektakuläre Aktion „Wiesbaden schafft die Wende!“. Das 1935 durch die Nazi-Herrschaft geraubte Gemälde ''Die Labung'' von [[Hans von Marées]] gelangte 1980 in den Besitz des Museums. Es wurde im Rahmen dieser Aktion zwar weiterhin gezeigt, aber nun nur noch die Rückseite. Erst als Anfang November bereits durch Spenden genügend Geld für den nun rechtmäßigen Kauf gesammelt war, konnte das Gemälde wieder ''gewendet'' werden.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.focus.de/kultur/kunst/kunst-die-suche-nach-nazi-raubkunst-in-museen_id_4258841.html |titel=Die Suche nach Nazi-Raubkunst in Museen |werk=www.focus.de |kommentar=Artikel wurde von dpa verfasst |datum=2014-11-07 |abruf=2017-11-11}}</ref>
Die Kunstsammlung des Museums geht auf die ehemalige Sammlung des Frankfurters Johann Isaak von Gerning zurück. Durch Ankäufe, Schenkungen und Leihgaben ist die Kunstsammlungen eine der wichtigsten in Deutschland, vor allem im Gebiet des 19.- und 20. Jahrhunderts geworden.


=== Aktion „Entartete Kunst“ 1937 ===
===Skulpturen Sammlung===
Die Nationalsozialisten requirierten 1937 in einer konzertierten Aktion aus öffentlichen Sammlungen in Deutschland Werke, die oder deren Urheber sie aus politischen oder rassistischen Gründen als „[[Entartete Kunst|entartet]]“ betrachteten. Der größte Teil dieser Werke wurde vernichtet. Das ''Nassauische Landesmuseum'', einer der Vorgänger des Museums Wiesbaden, gehörte zu den Museen mit den größten Verlusten. Nachgewiesen sind weit über 500 Arbeiten. Maßgeblich wirkte Hermann Voss mit. Betroffen waren Werke von [[Friedrich Ahlers-Hestermann]], [[Josef Albers]], [[Alexander Archipenko]], [[Rudolf Bauer (Künstler)|Rudolf Bauer]], [[Willi Baumeister]], [[Max Beckmann]], [[Umberto Boccioni]], [[Max Burchartz|Max Buchartz]], [[Carl Buchheister]], [[Heinrich Campendonk]], [[Carlo Carrà]], [[Marc Chagall]], [[Giorgio de Chirico]], [[Hans Christiansen (Maler)|Hans Christiansen]], [[Lovis Corinth]], [[Walter Dexel]], [[Walter Denecke]], [[Otto Dix]], [[Josef Eberz]], [[Alois Erbach]], [[Edmund Fabry]], [[Lyonel Feininger]], [[Conrad Felixmüller]], [[Oskar Fischer (Maler)|Oskar Fischer]], [[Werner Gilles]], [[Otto Gleichmann]], [[Natalja Sergejewna Gontscharowa|Natalja Gontscharowa]], [[Werner Gothein]], [[Rudolf Großmann (Maler)|Rudolf Großmann]], [[George Grosz]], [[Jacoba van Heemskerck]], [[Erich Heckel]], [[Ludwig Hirschfeld-Mack]], [[Bernhard Hoetger]], [[Karl Hofer]], [[Ernst Isselmann]], [[Johannes Itten]], [[Andreas Jawlensky]], [[Alexej von Jawlensky]], Mely Joseph (1886–1920), [[Wassily Kandinsky]], [[Edmund Daniel Kinzinger]], [[Ernst Ludwig Kirchner]], [[Paul Klee]], [[Oskar Kokoschka]], [[Alfred Kubin]], [[Michail Fjodorowitsch Larionow|Michail Larionow]], [[Wilhelm Lehmbruck]], [[Rudolf Levy]], [[Walter Albert Lindgens]], [[El Lissitzky]], [[August Macke]], [[Franz Marc]], [[Gerhard Marcks]], [[Ewald Mataré]], [[Carlo Mense]], [[Robert Michel (Künstler)|Robert Michel]], H. Michelsheim (möglicherweise Michel Heim, 1899–1947), [[Oskar Moll]], [[Johannes Molzahn]], [[Georg Muche]], [[Otto Mueller]], [[Heinrich Nauen]], [[Emil Nolde]], [[Max Pechstein]], [[Max Peiffer Watenphul|Max Peiffer-Watenphul]], [[Pablo Picasso]], [[Enrico Prampolini]], [[Otto Ritschl (Maler)|Otto Ritschl]], [[Christian Rohlfs]], [[Edwin Scharff]], Franz Schaurte (* 1886), [[Oskar Schlemmer|Oscar Schlemmer]], [[Karl Schmidt-Rottluff]], [[Lothar Schreyer]], [[Georg Schrimpf]], [[Max Schulze-Sölde]], [[Kurt Schwitters]], [[Paul Adolf Seehaus]], [[Gino Severini]], [[Fritz Stuckenberg]], [[Arnold Topp]], Joseph Vinecky (1882–1949), [[William Wauer]], [[Gustav H. Wolff|Gustav Heinrich Wolff]], Wilhelm Thylmann (möglicherweise [[Wilhelm Thielmann]]) und ein nicht identifizierter Künstler A. K.<ref>Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion „Entartete Kunst“, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, FU Berlin</ref>


=== Skulpturen-Sammlung ===
In der Kunstsammlung des Museum Wiesbaden spielen die Skulpturen keine bedeutende Rolle. Allerdings sind einige interessante Arbeiten vertreten. Die französische Skulptur des ausgehenden 19.- und beginnenden 20. Jahrhunderts wird mit einem Werk eines ihrer Hauptvertreter präsentiert, [[Aristide Maillol]]. Die deutschen Bildhauer der ersten Hälfte es 20. Jahrhunderts sind vertreten durch [[Max Klinger]] ("Bildnisbüste Friedrich Nietzsche"/ um 1910), [[Georg Kolbe]], [[Wilhelm Lehmbruck]] und [[Ernst Barlach]] ("Der Tod"/ 1925"). Für Informationen über Skulpturen nach 1945 lesen Sie bitte "Kunst nach 1945".
In der Kunstsammlung spielen die Skulpturen keine bedeutende Rolle. Allerdings sind einige interessante Arbeiten vertreten. Die französische Skulptur des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wird mit einem Werk eines ihrer Hauptvertreter präsentiert, [[Aristide Maillol]]s ''Badende''. Die deutschen Bildhauer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind vertreten durch [[Max Klinger]] (''Bildnisbüste Friedrich Nietzsche'', um 1910), [[Franz von Stuck]], [[Georg Kolbe]], [[Wilhelm Lehmbruck]], Gerhard Marcks, Emy Roeder und [[Ernst Barlach]] (''Der Tod'', 1925).<ref>{{Internetquelle |url=https://museum-wiesbaden.de/kollwitz-und-barlach |titel=Kollwitz und Barlach - Im Tod vereint. 29 Jul 2016 — 23 Okt 2016 |werk=museum-wiesbaden.de |abruf=2017-11-11}}</ref>


===Grafische Sammlung===
=== Grafische Sammlung ===
Im Vergleich zur Gemäldesammlung ist die grafische Sammlung weniger bedeutend. Arbeiten vor 1800 sind nur spärlich vorhanden. Im 19. Jahrhundert hingegen gibt es einige Blätter, unter anderem von [[Ludwig Knaus]], [[Arnold Böcklin]], Hans von Marées und [[Max Slevogt]]. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stechen die Expressionisten hervor, die, vor allem [[Alexej von Jawlensky]] (siehe [[Alexej von Jawlensky#Sammlungen|Jawlensky-Sammlung]]), hervorragend mit Zeichnungen, Holzschnitten und [[Lithographien]] vertreten sind. Zu nennen sind Blätter von [[Brücke (Künstlergruppe)|Brücke-Künstlern]] wie [[Ernst Ludwig Kirchner]], [[Erich Heckel]] oder [[Karl Schmidt-Rottluff]] und Arbeiten der Künstler um die Redaktionsgemeinschaft [[Der Blaue Reiter]]. Hervorzuheben sind hier Arbeiten von [[Franz Marc]], [[August Macke]] und vor allem [[Wassily Kandinsky]]s Aquarell ''Allerheiligen'' (1910) aus der Sammlung [[Hanna Bekker vom Rath]]. Aber auch Arbeiten anderer Künstler dieser Zeit wie etwa [[Edvard Munch]], [[Otto Dix]], [[Oskar Kokoschka]], [[Käthe Kollwitz]] oder [[Pablo Picasso]] sind zu finden. Die Grafiken der Konstruktivisten, zu nennen sind [[László Moholy-Nagy]], das Künstlerehepaar Robert Michel und [[Ella Bergmann-Michel]] sowie [[Friedrich Vordemberge-Gildewart]], bilden einen weiteren Schwerpunkt. Sehr umfangreich ist die grafische Sammlung der Kunst nach 1945, weshalb hier nur einige Namen genannt seien. Die informelle Grafik wird repräsentiert durch Arbeiten von [[Karl Otto Götz]], [[Otto Greis]] und [[Bernard Schultze]]. Weitere Blätter der 1940er und 1950er Jahre stammen von [[Willi Baumeister]], [[HAP Grieshaber]] und vor allem von der umfangreichen [[Ernst Wilhelm Nay|Ernst-Wilhelm-Nay]]-Sammlung. Minimalistische Tendenzen zeigen Arbeiten von [[Sol LeWitt]]. Die Kunst des [[Pop Art]] wird unter anderem durch Thomas Bayrle vertreten.


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Im Vergleich zur Gemäldesammlung ist die grafische Sammlung weniger bedeutend. Arbeiten vor 1800 sind nur spärlich vorhanden. Im 19. Jahrhundert hingegen gibt es einige Blätter, unter anderem von Ludwig Knaus, Arnold Böcklin, [[Hans von Marées]] und [[Max Slevogt]]. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stechen die Expressionisten hervor, die, vor allem Jawlensky (siehe "Jawlensky Sammlung"), hervorragend mit Zeichnungen, Holzschnitten und [[Lithographien]] vertreten sind. Zu nennen sind Blätter von "[[Die Brücke]]" Künstlern wie [[Ernst Ludwig Kirchner]], [[Erich Heckel]] oder[[ Karl Schmidt-Rottluff]] und Arbeiten der Künstler um "[[Der Blaue Reiter]]". Hervorzuheben sind hier Arbeiten von [[Franz Marc]], [[August Macke]] und vor allem [[Wassily Kandinsky]]s Aquarell "Allerheiligen" (1910) aus der Sammlung Hannah Bekker vom Rath. Aber auch Arbeiten anderer Künstler dieser Zeit wie etwa [[Edvard Munch]], [[Otto Dix]], [[Oskar Kokoschka]], [[Käthe Kollwitz]] oder [[Pablo Picasso]] sind zu finden. Die Grafiken der Konstruktivisten, zu nennen sind [[László Moholy-Nagy]], das Künstlerehepaar Robert Michel und Ella Bergmann-Michel sowie Friedrich Vordemberge-Gildewart, bilden einen weiteren Schwerpunkt. Sehr umfangreich ist die grafische Sammlung der Kunst nach 1945, weshalb hier nur einige Namen genannt seien. Die informelle Grafik wird repräsentiert durch Arbeiten von [[Karl Otto Götz]], [[Otto Greis]] und [[Bernard Schultze]]. Weitere Blätter der 40ger und 50ger Jahre stammen von [[Willi Baumeister]],[[ HAP Grieshaber]] und vor allem von der umfangreichen [[Ernst Wilhelm Nay]] Sammlung. Minimalistische Tendenzen zeigen Arbeiten von [[Sol Le Witt]]. Die Kunst des [[Pop Art]] wird unter anderem durch Thomas Bayrle vertreten.
Johann Caspar Schneider Mainz von Süden 1817.jpg|[[Johann Kaspar Schneider]]: ''Mainz von Süden'', 1817
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===Sammlung der Alten Meister===
=== Sammlung der Alten Meister ===
Im Vergleich zur Sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts sind die „Alten Meister“ im Museum Wiesbaden eher rar vertreten. Der Schwerpunkt liegt auf den italienischen und niederländischen Künstlern ab dem 15. Jahrhundert. Die wichtigsten Italiener sind [[Prospero Fontana]], [[Alberto Piazza da Lodi]] ([[Meister der Wiesbadener Heimsuchung]]), [[Domenico Tintoretto]], [[Marietta Robusti]], [[Sebastiano del Piombo]], [[Luca Giordano]], [[Francesco Solimena]] und [[Sebastiano Ricci]].


Die niederländische Malerei wird durch Künstler wie [[Joos van Cleve]] (''Christuskind mit Weintraube''), [[Aelbert Bouts|Albrecht Bouts]], [[Otto van Veen]], [[Joos de Momper]], [[Frans Floris]], [[Roelant Savery]], [[Gerard van Honthorst]], [[Willem van de Velde der Ältere]], [[Willem van de Velde der Jüngere]], [[Jan Lievens]], [[Frans Snyders]] (''Stillleben'') und [[Nicolaes Berchem]] repräsentiert.
Im Vergleich zur Sammlung des 19.- und 20. Jahrhunderts sind die „Alten Meister“ im Museum Wiesbaden eher rar vertreten. Der Schwerpunkt liegt auf den italienischen und niederländischen Künstlern ab dem 15. Jahrhundert. Die wichtigsten Italiener sind Prospero Fontana, [[Luca Giordano]],
[[Francesco Solimena]] und [[Sebastiano Ricci]]. Die niederländische Malerei wird durch Künstler wie [[Joos van Cleve]] ("Christuskind mit Weintraube"), Otto van Veen, [[Joos de Momper]],
[[Gerald van Honthorst]], [[Willem van de Velde]], [[Jan Lievens]], [[Frans Snyders]] ("Stilleben") und [[Nicolaes Berchem]] repräsentiert. Die deutsche Kunst dieser Jahrhunderte ist vertreten durch [[Lucas Cranach der Ältere]], [[Bartholomäus Bruyn der Ältere]], [[Johann Conrad Seekatz]], [[Januarius Zick]] und [[Angelika Kauffmann]] ("Bildnis Johann Isaak von Gerning"/ 1798).


Die deutsche Kunst der Spätgotik und Renaissance ist durch den Meister des Heisterbacher Altars, Meister der hl. Sippe, [[Lucas Cranach der Ältere]], [[Bartholomäus Bruyn der Ältere]] und [[Hans Mielich|Hans Muelich]] vertreten. Die deutsche Kunst des [[Barock]]s und des [[Klassizismus]] durch [[Johann Conrad Seekatz]], [[Johannes Zick|Januarius Zick]], Nicolas Treu, Johann Georg Platzer und [[Angelika Kauffmann]] (''Bildnis Johann Isaak von Gerning'', 1798). Die englische Malerei ist durch [[Joshua Reynolds]] vertreten.
===Sammlung des 19. Jahrhundert===


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Das 19. Jahrhundert ist in der Sammlung hervorragend vertreten. Zwar fehlen die ganz großen Namen sowie der französische Impressionismus, doch ein breiter Überblick für diese Epoche ist gewährleistet. Einsetzend mit Künstlern wie [[Wilhelm von Kobell]] und [[Carl Morgenstern]] ist vor allem die deutsche [[Genremalerei]] gut vertreten. Der Wiesbadener [[Ludwig Knaus]], der zu seiner Zeit gleichbedeuttend mit [[Adolph von Menzel]] war, ist hier so gut wie in keinem anderen Museum vertreten. Sein "Spaziergang im Tuileriengarten" (um 1855) ist ein früher Ansatz zum Imressionismus, von dem er sich aber später wieder entfernt. Die Düsseldorfer Malerschule ist durch mehrere Arbeiten der Brüder [[Andreas Achenbach]] und [[Oswald Achenbach]] sowie durch [[Arnold Böcklin]], [[Anselm Feuerbach]] ("Nanna"/ 1861), [[Karl Friedrich Lessing]] und [[Johann Wilhelm Schirmer]] vertreten.[[ Carl Spitzweg]] ("Der Schmetterlingfänger"/ um 1840), [[Wilhelm von Kaulbach]] und [[Franz von Lenbach]] bilden den zeitgleichen Gegenpol als Vertreter des süddeutschen Raums. Der Münchner [[Leibl-Kreis]] ist umfangreich vertreten, vor allem durch [[Wilhelm Trübner]], aber auch [[Hans Thoma]], [[Carl Schuch]] und [[Otto Scholderer]] sind mit Gemälden in der Sammlung vertreten. Der französisch Realismus wird mit Arbeiten von[[ Gustave Courbet]] und [[Jean-Francois Millet]], der russische Realismus durch ein Werk des Jawlensky Lehrers [[Ilja Repin]] präsentiert. Die Sammlung dieses Jahrhunderts schließt ab mit den Werken der Hauptvertreter des deutschen Impressionismus, [[Max Liebermann]] und vor allem [[Lovis Corinth]], von dem das Museum fünf Gemälde besitzt ("Bildnis Frau Halbe"/ 1898).
Franz Floris, „Kreuzigung Christi“, um 1560, oil on panel, 130 x 105 cm.jpg|[[Frans Floris]]: ''Kreuzigung Christi'', um 1560
Falschspieler Gerard van Honthorst.jpg|[[Gerrit van Honthorst]]: ''Die Falschspieler''
L'incoronazione di spine. Luca Giordano.jpg|[[Luca Giordano]]: ''Verspottung Christi''
Christian Georg Schütz d. Ä. - Der Rheinfall bei Schaffhausen.jpg|[[Christian Georg Schütz]]: ''Der Rheinfall bei Schaffhausen'', 1761
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=== Jawlensky Sammlung ===
=== Sammlung des 19. Jahrhunderts ===
Das 19. Jahrhundert ist in der Sammlung hervorragend vertreten. Zwar fehlen die ganz großen Namen sowie der französische Impressionismus, doch ein breiter Überblick für diese Epoche ist gewährleistet. Einsetzend mit Künstlern wie [[Wilhelm von Kobell]] und [[Carl Morgenstern (Maler)|Carl Morgenstern]] sowie Georg Waldmueller ist vor allem die deutsche [[Genremalerei]] gut vertreten. Der Wiesbadener [[Ludwig Knaus]], der zu seiner Zeit gleichbedeutsam mit [[Adolph von Menzel]] war, ist hier so gut wie in keinem anderen Museum vertreten. Sein ''Spaziergang im Tuileriengarten'' (um 1855) ist ein früher Ansatz zum Impressionismus, von dem er sich aber später wieder entfernte. Die [[Düsseldorfer Malerschule]] ist durch mehrere Arbeiten der Brüder [[Andreas Achenbach]] und [[Oswald Achenbach]] vertreten. Die [[Deutschrömer]] – deutsche Künstler, die in Rom lebten und arbeiteten – sind durch Anselm Feuerbach (Gemälde ''Nanna'', 1861), Arnold Böcklin und [[Hans von Marées]] repräsentiert. Auch [[Karl Friedrich Lessing]] und [[Johann Wilhelm Schirmer]] sind vertreten. [[Carl Spitzweg]] (Gemälde ''Der Schmetterlingfänger'') (um 1840), [[Wilhelm von Kaulbach]], [[Franz von Lenbach]] und Franz von Stuck bilden den zeitgleichen Gegenpol als Vertreter der [[Münchner Schule (Bildende Kunst)|Münchener Schule]]. Der Münchner [[Leibl-Kreis]] ist umfangreich vertreten, vor allem durch [[Wilhelm Trübner]], aber auch [[Hans Thoma]], [[Carl Schuch]] und [[Otto Scholderer]] sind mit Gemälden in der Sammlung vertreten. Der [[Realismus (Kunst)#Französischer Realismus im 19. Jahrhundert|französische Realismus]] wird mit Arbeiten von [[Gustave Courbet]] und [[Jean-François Millet]] sowie [[Charles-François Daubigny]] präsentiert, der russische Realismus durch ein Werk des Jawlensky Lehrers [[Ilja Repin]] aus der Sammlung [[Ernst Alfred Aye]]. Die Sammlung dieses Jahrhunderts schließt ab mit den Werken der Hauptvertreter des [[Deutscher Impressionismus (Malerei)|deutschen Impressionismus]], [[Max Liebermann]] und vor allem [[Lovis Corinth]], von dem das Museum fünf Gemälde besitzt (''Bildnis Frau Halbe'', 1898) sowie Oskar Moll (''Havelkähne'', 1907) und Christian Rohlfs.


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Herausragend in der Sammlung des Museum Wiesbaden sind die Arbeite des russischen Künstlers
Carl Spitzweg Der Schmetterlingsjäger 1840.jpg|[[Carl Spitzweg]]: ''Der Schmetterlingfänger'', um 1840
[[Alexej von Jawlensky]], der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Wiesbaden verbrachte. Mit 57 Gemälden und 35 Grafiken besitzt das Museum die größte Sammlung dieses Künstlers neben dem
Anton Einsle - Stephan von Österreich.jpg|[[Anton Einsle]]: ''Erzherzog Stephan von Österreich'', um 1850
[[Norton Simon Museum]] in [[Pasadena]]. Die Sammlung umfasst frühe Werke wie das "Stilleben mit Krug und Buch" (um 1902), viele expressive Hauptwerke wie "Dame mit Fächer" (1909), "Nikita" (1910) oder "Selbstbildnis" (1912) und vor allem auch viele Werke der Bilder in Serie, wie etwa den "Variationen" ("Von Frühling, Glück und Sonne"/ 1917) oder den in Wiesbaden entstandenen "Abstrakten Köpfen" ("Kopf in Rot-Weiss-Gold"/ 1927) und den Meditationen ("Mein Geist wird weiterleben"/ 1935). Unter den [[Stilleben]] herausragend ist das Gemälde "Stilleben mit schwarzer Vase" (1910) und unter den Landschaften die Arbeit "Blaue Berge" (1912). Die Sammlung der Grafiken umfasst [[Lithographien]] ("Liegender weiblicher Akt"/ 1912) und Zeichnungen ("Konstantinowka mit geneigtem Kopf"/ um 1912).
Fritz von Uhde - Im Klostergarten (1875).jpg|[[Fritz von Uhde]]: ''Im Klostergarten'', 1875
Carl Schuch - Fruchtschale, Steingut- und Maraschinoflasche, Ingwerdose und Serviette.jpg|[[Carl Schuch]]: ''Fruchtschale, Steingut- und Maraschinoflasche, Ingwerdose und Serviette'', 1888
Ilja Repin Marianne von Werefkin 1888.jpg|[[Ilja Jefimowitsch Repin]]: ''Bildnis [[Marianne von Werefkin|Marianne Werefkin]]'', 1888, ehemalige Sammlung [[Ernst Alfred Aye]]
Ludwig Knaus - Selbstporträt mit Malerpalette (1890).jpg|[[Ludwig Knaus]]: ''Selbstporträt mit Palette'', 1890
Böcklin - Venus Anadyomene, Museum Wiesbaden.jpg|[[Arnold Böcklin]]: ''Grüne Venus'', 1891
Lovis Corinth Blühender Bauerngarten 1904.jpg|[[Lovis Corinth]]: ''Blühender Bauerngarten'', 1904
Lovis Corinth Wachensee auf der Terrasse 1923.jpg|Lovis Corinth: ''Walchensee, auf der Terrasse'', 1923
Dora Hitz, In the Roses, before 1913.jpg|[[Dora Hitz]]: ''In den Rosen'', vor 1913
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===Expressionisten und die Sammlung Hanna Bekker vom Rath===
=== Jugendstil und Symbolismus: Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess ===
2017 erhielt das Museum Wiesbaden mit der Sammlung von [[Ferdinand Wolfgang Neess]] die umfangreichste und bedeutendste Schenkung in der 200-jährigen Geschichte des Hauses. Nach zweijähriger Umbauphase wird seit 2019 die Sammlung im Südflügel des Museums auf über 800 Quadratmetern in Ensembles als Gesamtkunstwerk präsentiert. Die Sammlung gilt weltweit als eine der besten Kollektionen des [[Jugendstil]]s und [[Symbolismus (Bildende Kunst)|Symbolismus]] und macht das Museum auf diese Weise zu einem der führenden Häuser für diese Epoche. In der Sammlung befinden sich Hauptwerke aller wichtigen Künstler, Gattungen und Länder. Schwerpunkte bilden die Werke des deutschen ''Jugendstils'', des französischen ''Art Nouveau'' und des österreichischen ''Secessionsstils''. Dazu zählt ein herausragendes Konvolut von zwölf Werken [[Franz von Stuck]]s, darunter zwei Fassungen seines ikonischen Hauptwerks ''[[Die Sünde]]'' (die sogenannte „Florio“-Fassung um 1908 und die Version in Pastell um 1893) sowie die erste Version der ''Sphinx'' (1901). Auch [[Heinrich Vogeler]] ist mit seinen Gemälden ''Heimkehr'' (1898) und ''Melusinemärchen'' (1901) sehr gut vertreten. Daneben finden sich eine Fassung der weltberühmten Büste ''La Nature'' von [[Alfons Mucha]] (um 1900), die seltene Tischlampe ''Wisteria'' (um 1901) von [[Tiffany-Glaskunst|Tiffany]], ''Junge Thrakerin mit dem Haupt des Orpheus'' (um 1875) von [[Gustave Moreau]] und ''Eingang zum Paradies'' (um 1903) von [[Wilhelm Bernatzik]]. Zahlreiche weitere Spitzenwerke von Künstlern wie [[Edward Burne-Jones]] (''Temperantia'', 1872), [[Fernand Khnopff]] (u.&nbsp;a. ''La Solitude'', 1890/91), [[Jean Delville]] (u.&nbsp;a. ''L'Oracle à Dodone'', 1896), [[Louis Majorelle]], [[Émile Gallé]] (u.&nbsp;a. das weltweit einzige intakte Exemplar der Lampe ''Les Coprins'', um 1902), [[Hector Guimard]], Charles-Amable Lenoir, [[Henri Martin (Maler)|Henri Martin]] (u.&nbsp;a. ''Muse au crépuscule'', um 1895), [[Bernhard Pankok]], [[Richard Riemerschmid]], [[Fidus]], [[Karl Wilhelm Diefenbach]] (u.&nbsp;a. ''Du sollst nicht töten'', 1906), [[Ludwig von Hofmann]], [[Oskar Zwintscher]] (u.&nbsp;a. ''Bildnis mit gelben Narzissen'', 1907), [[Wilhelm List]] (u.&nbsp;a. ''Tod der heiligen Elisabeth'', um 1905) und [[George Minne]] belegen die herausragende Qualität und Breite der Sammlung. Viele Werke der Sammlung wurden erstmals auf der legendären [[Weltausstellung Paris 1900|Pariser Weltausstellung im Jahr 1900]] präsentiert.<ref>{{Literatur |Hrsg=Peter Forster; Sabine Panchaud |Titel=Radikal schön – Jugendstil und Symbolismus: Die Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess |Verlag=Deutscher Kunstverlag |Ort=Berlin |Datum=2019-07-08 |ISBN=978-3422980495}}</ref>


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Schon vor dem 2. Weltkrieg besaß das Museum Wiesbaden eine bedeutende Sammlung mit Werken der Expressionisten. Zudem wurde regelmäßig die Sammlung des Wiesbadener Kunstsammlers und Mäzens [[Heinrich Kirchhoff]] ausgestellt, mit der viele Arbeiten der Moderne gezeigt werden konnten. Mit der Beschlagnahmungsaktion der [[Nationalsozialisten]] unter dem Titel "[[Entartete Kunst]]" wurden sämtliche modernen Werke aus dem Museum entfernt, sodass man nach dem Krieg neu beginnen musste. Es wurden qualitätvolle Arbeiten von [[Otto Mueller]], [[Emil Nolde]], Walter Jacob, [[Conrad Felixmüller]] (Familienbildnis Kirchhoff/ 1920), Josef Eberz, [[Karl Hofer]] und vor allem von Jawlenskys Weggefährtin [[Marianne von Werefkin]] (Schindelfabrik/ um 1910) erworben. Zudem erfolgte der Ankauf einer Arbeit der Russin [[Natalja Gontscharova]]. Ein Meilenstein in der Geschichte der Kunstsammlung war der Erwerb eines großen Teils der Sammlung Hanna Bekker vom Rath. Mit dieser Sammlung bekam das Museum nicht nur elf Gemälde und drei Zeichnungen von Jawlensky sondern 16 weitere Werke der Klassischen [[Moderne]]. Grafiken von Wassily Kandinsky und August Macke sowie je ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel ("Maske vor Buschbockfell"/ 1913), [[Adolf Hölzel]], [[Ida Kerkovius]], Willi Baumeister und Ernst Wilhelm Nay bereichern seitdem die Sammlung. Dazu kommen noch fünf Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff ("Selbstbildnis"/ 1919) und zwei Gemälde von [[Max Beckmann]], darunter der berühmte "Weibliche Akt mit Hund" (1927). Nach dieser großen Bereicherung wurden weitere, einzelne Arbeiten aus dieser Sammlung erworben, zu erwähnen vor allem Jawlenskys "Heilandsgesicht: Ruhendes Licht" aus dem Jahr 1921.
Young Thracian Woman Carrying the Head of Orpheus by Gustave Moreau.jpg|[[Gustave Moreau]]: ''Junge Thrakerin mit dem Haupt des Orpheus'', um 1875
Jean Delville (1867–1953) - The Idol of Perversity.jpg|[[Jean Delville]]: ''L’Idole de la Perversité'', 1891
Edgar Maxence, 1895c - Portrait de jeune femme.jpg|Edgard Maxence: ''Portrait de jeune femme'', um 1895
Charles Amable Lenoir - The Death of Sappho (1896).jpg|Charles-Amable Lenoir: ''La Mort de Sapho'', vor 1896
Heinrich Vogeler ~ Heimkehr - 1898.jpg|[[Heinrich Vogeler]]: ''Heimkehr'', 1898
Heinrich Vogeler Abschied c1898.jpg|Heinrich Vogeler: ''Abschied'', um 1898
Friedrich Heyser Ophelia.jpg|[[Friedrich Heyser]]: ''Ophelia'', um 1900
"IMG 6392" Loie Fuller (around 1900).jpg|[[Agathon Léonard]]: ''Danseuse à l’écharpe'', 1901
Edgard Maxence, 1901 - L'Annonciation.jpg|Edgard Maxence: ''L'Annonciation'', 1901
Champs elysees.jpg|[[Carlos Schwabe]]: ''Champs elysees'', 1903
Wilhelm Bernatzik – Eingang zum Paradies 1906.jpg|[[Wilhelm Bernatzik]]: ''Eingang zum Paradies'', um 1903
Emilio longoni, la voce del ruscello, 1904, 01.JPG|Emilio Longoni: ''La voce del ruscello'', 1904
Bildnis mit Narzissen.jpg|[[Oskar Zwintscher]]: ''Bildnis mit Narzissen'', 1905
Portrait with Yellow Daffodils (1907) by Oskar Zwintscher.jpg|Oskar Zwintscher: ''Bildnis mit gelben Narzissen'', 1907
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=== Jawlensky-Sammlung ===
===Konstruktive Künstler===
Herausragend in der Sammlung des Museum Wiesbaden sind die Arbeiten des russischen Künstlers [[Alexej von Jawlensky]], der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Wiesbaden verbrachte. Mit 57 Gemälden und 35 Grafiken besitzt das Museum die größte Sammlung dieses Künstlers neben dem [[Norton Simon Museum]] in [[Pasadena (Kalifornien)|Pasadena]]. Die Sammlung umfasst frühe Werke wie das ''[[Stillleben mit Krug und Buch]]'' (um 1902), viele expressive Hauptwerke wie ''[[Dame mit Fächer (Jawlensky)|Dame mit Fächer]]'' (1909), ''[[Nikita (Jawlensky)|Nikita]]'' (1910) oder ''[[Selbstbildnis, 1912 (Jawlensky)|Selbstbildnis]]'' (1912) und vor allem auch viele Werke der Bilder in Serie, wie etwa den Variationen ''Von Frühling, Glück und Sonne'' (1917) oder den in Wiesbaden entstandenen Abstrakten Köpfen wie ''Kopf in Rot-Weiß-Gold'' (1927) und den Meditationen ''Mein Geist wird weiterleben'' (1935). Unter den [[Stillleben]] herausragend ist das Gemälde ''Stillleben mit schwarzer Vase'' (1910) und unter den Landschaften, die Jawlensky gemalt hat, die Arbeit ''[[Blaue Berge (Landschaft mit gelbem Schornstein)|Blaue Berge]]'' (1912). Die Sammlung der Grafiken umfasst [[Lithographien]] wie ''Liegender weiblicher Akt'' (1912) und Zeichnungen wie ''Konstantinowka mit geneigtem Kopf'' (um 1912). Zuletzt wurde die Sammlung durch elf Gemälde und drei Zeichnungen aus der Sammlung [[Hanna Bekker vom Rath]] 1987 umfangreich erweitert, darunter auch das ''Bildnis Marianne von Werefkin'' aus dem Jahr 1906.


Von September 2021 bis März 2022 zeigt das Museum unter dem Titel „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ eine Jubiläumsausstellung. Sie präsentiert die Sammlungsgeschichte mit Gesamtschau der Werke des Expressionisten.<ref>[https://museum-wiesbaden.de/alles Museum Wiesbaden. Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden.] 2021</ref>
In der Sammlung des Museums Wiesbaden stellt die konstruktive Kunst einen Schwerpunkt dar. Zwar fehlen zum Teil die großen Namen doch trotzdem bietet die Sammlung einen guten Überblick. In dieser vertreten sind unter anderem László Moholy-Nagy, Erich Buchholz, [[Walter Dexel]] sowie die Nachkriegskünstler Klaus Staudt, [[Günther Fruhtrunk]] und Francois Morellet. Große Werkkomplexe existieren von dem Künstlerehepaar Robert Michel und Ella Bergmann-Michel, [[Anton Stankowski]] sowie vor allem von Friedrich Vordemberge-Gildewart, dessen Archiv das Museum betreut.


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===Kunst nach 1945===
Alexej von Jawlensky 'Helene im spanischen Kostüm' 1904.jpg|[[Alexej von Jawlensky]]: ''Helene im spanischen Kostüm'', 1904
Alexei-Jawlensky-Stilleben mit Aepfeln.jpg|Alexej von Jawlensky: ''Stillleben mit Äpfeln'', 1908
Dame-mit-faecher.jpg|Alexej von Jawlensky: ''Dame mit Fächer'', 1909
Alexej von Jawlensky - Nikita.jpg|Alexej von Jawlensky: ''Nikita'', 1910
Jawlensky-Frau-mit-Stirnlocke.jpg|Alexej von Jawlensky: ''Frau mit Stirnlocke'', 1913
Alexej von Jawlensky - Spanierin (1913, Wiesbaden).jpg|Alexej von Jawlensky: ''Spanierin'', 1913
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=== Expressionisten und die Sammlung Hanna Bekker vom Rath ===
Die Kunstsammlung des Museums Wiesbaden gehört auf dem Gebiet der Kunst nach 1945 zu den wichtisten in Deutschland. Es fängt an mit der informellen Kunst. Hier werden die deutschen Künstler Karl Otto Götz ("Krakmo"/ 1958), Otto Greis, [[Heinz Kreutz]], [[Fred Thieler]], [[Emil Schumacher]], [[Hann Trier]], Gerhard Hoehme und Bernard Schultze ("Venen und Tang"/ 1955), von dem das Museum mehrere seiner "Migofs" besitzt, gezeigt. Die anderen Positionen der Kunst der 40ger und 50ger werden durch Ernst Wilhelm Nay ("Afrikanisch"/ 1954), Willi Baumeister, [[Max Ackermann]], [[Rolf Cavael]], [[Fritz Winter]] und vor allem dem Wiesbadener [[Otto Ritschl]] ("Komposition"/ 1955) vergägenwertigt. Auf diese Künstler folgen die Abstrakten [[Rupprecht Geiger]], Ulrich Erben, [[Bruno Erdmann]] und [[Gotthard Graubner]]. Die Gruppe "[[Zero]]" und die [[kinetische Kunst]] sind ebenfalls vertreten durch Künstler wie [[Günther Uecker]] ("Spirale Weiß"/ 1963), Rolf Kissel, [[Hermann Göpfert]], [[Heinz Mack]] und Adolf Luther. [[Sigmar Polke]] und vor allem [[Gerhard Richter]] sind in der Sammlung vertreten, letzterer mit fünf Gemälden, darunter das berühmte "Ein Wunder rettete" von 1964. im Wiesbadener Museum fand 1962 das legändere erste [[Fluxus]] Festival statt. Das Museum besitzt aus dieser Zeit Werke von [[Joseph Beuys]], [[Wolf Vostell]] und [[Nam June Paik]] ("Zen for Head"/ 1962). Auch die amerikanische Nachkriegskunst ist durch einige ihrer Huptvertreter gegenwärtig. Arbeiten von [[Mark Rothko]], [[Ad Reinhardt]] und [[Agnes Martin]] bilden den Einstieg. Dazu kommen Künstler wie Sol Le Witt, [[Donald Judd]], [[Robert Mangold]] und Brice Marden. Das Museum besitzt zudem die größte Sammlung von Werken (Grafiken, Gemälde und Objekte) der Deutschamerikanerin [[Eva Hesse]]. Von ihr ist unter anderem das Wandobjekt "Eighter from Decatur" (1965) zu sehen. Die Malerei der 70ger und 80ger Jahre wird bestimmt durch Künstler wie [[Georg Baselitz]] ("Stilleben"/ 1969), [[Eugen Schönebeck]], [[Jörg Immendorff]] und Thomas Bayrle. Einen herausragenden Schwerpunkt der Sammlung bildet die Installations- und [[Objektkunst]] der letzten dreißig Jahre. Hier sind die wichtigsten deutschen Künstler Dorothee von Windheim ("Fassade III"/ 1979), Christiane Möbus, Norbert Radermacher, [[Franz Erhard Walther]], Dietrich Helms, [[Thomas Huber]], Vollrad Kutscher, Jeppe Hein, [[Rebecca Horn]]. Dazu kommen noch die Arbeiten der international renommierten Künstler [[Ilya Kabakov]] ("Der Rote Waggon"/ 1991), Micha Ullman, [[Richard Serra]], [[Jochen Gerz]] ("Der Transsibirische-Prospekt"/ 1977) und [[Christian Boltanski]]. Die Skulptur der Moderne ist unter anderem vertreten durch [[Katsura Funakoshi]] ("A Tale of the Sphinx"/ 2004).
Schon vor dem Zweiten Weltkrieg besaß das Museum Wiesbaden eine bedeutende Sammlung mit Werken der Expressionisten. Zudem wurde regelmäßig die Sammlung des Wiesbadener Kunstsammlers und Mäzens [[Heinrich Kirchhoff]] ausgestellt, mit der viele Arbeiten der Moderne gezeigt werden konnten. Mit der Beschlagnahmungsaktion der [[Nationalsozialisten]] unter dem Titel „[[Entartete Kunst]]“ wurden sämtliche modernen Werke aus dem Museum entfernt, so dass man nach dem Krieg neu beginnen musste. Es wurden qualitätvolle Arbeiten von [[Paula Modersohn-Becker]], [[Otto Mueller]] (Gemälde ''Liebespaar'', 1925), [[Emil Nolde]], Walter Jacob, [[Conrad Felixmüller]] (Gemälde ''Familienbildnis Kirchhoff'', 1920), [[Karl Hofer]] und vor allem von Jawlenskys Weggefährtin [[Marianne von Werefkin]] (Gemälde ''Schindelfabrik'', um 1910) erworben. Zudem erfolgte der Ankauf einer Arbeit der Russin [[Natalja Sergejewna Gontscharowa|Natalja Gontscharowa]]. Ein Meilenstein in der Geschichte der Kunstsammlung war der Erwerb eines großen Teils der Sammlung [[Hanna Bekker vom Rath]]. Mit dieser Sammlung bekam das Museum nicht nur elf Gemälde und drei Zeichnungen von Jawlensky, sondern 16 weitere Werke der Klassischen [[Moderne]]. Grafiken von Wassily Kandinsky und August Macke sowie je ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel (Gemälde ''Maske vor Buschbockfell'', 1913), [[Adolf Hölzel]], [[Ida Kerkovius]], Willi Baumeister und Ernst Wilhelm Nay bereichern seitdem die Sammlung. Dazu kommen noch fünf Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff, unter anderem das Gemälde ''Selbstbildnis'' von 1919 und zwei Gemälde von [[Max Beckmann]], darunter das berühmte Bildnis ''Weiblicher Akt mit Hund'' (1927). Nach dieser großen Bereicherung wurden weitere, einzelne Arbeiten aus dieser Sammlung erworben, zu erwähnen vor allem Jawlenskys Gemälde ''Heilandsgesicht: Ruhendes Licht'' aus dem Jahr 1921.


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== Naturhistorische Landessammlung MWNH ==
Marianne von Werefkin - Plattfabrik.jpg|[[Marianne von Werefkin]]: ''Schindelfabrik'', 1910
Marianne von Werefkin - Badehaus.jpg|Marianne von Werefkin: ''Badehaus'', 1911
Beckmann - Tiedemann, 0375.jpg|[[Max Beckmann]]: ''Ochsenstall'', 1933
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=== Konstruktive Künstler ===
Das Wiesbadener Naturkundemuseum wurde zusammen mit dem Nassauischen Verein für Naturkunde 1829 durch Bürger der Region und mit Unterstützung des Herzogs gegründet. Das beginnende neunzehnte Jahrhundert war geprägt durch die [[Industrialisierung]] und die gewaltigen Entdeckungen in den Naturwissenschaften. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch in [[Wiesbaden]] der Wunsch nach einer festen Institution aufkam. Einerseits bot sich so die Möglichkeit einen bedeutsamen Bildungsort für die Bevölkerung zu etablieren, andererseits konnte man so auch selbst aktiv den Fortschritt der Wissenschaften begünstigen.
In der Sammlung stellt die konstruktive Kunst einen Schwerpunkt dar. Zwar fehlen zum Teil die großen Namen, trotzdem bietet die Sammlung einen guten Überblick. In dieser vertreten sind unter anderem [[László Moholy-Nagy]] mit dem Gemälde ''Architektur III'', (1920), Erich Buchholz, [[Walter Dexel]] sowie die Nachkriegskünstler [[Klaus Staudt]], [[Günter Fruhtrunk]] und [[François Morellet]]. Große Werkkomplexe existieren von dem Künstlerehepaar Robert Michel und [[Ella Bergmann-Michel]], [[Anton Stankowski]] sowie vor allem von [[Friedrich Vordemberge-Gildewart]] mit dem Gemäldekomplex ''K 116'', (1940). Sein Archiv wird vom Museum betreut.


=== Kunst nach 1945 ===
Das Museum bezog einige große Räume im ehemaligen Erbprinzenpalais auf der Wilhelmstraße. Vieles war zu Beginn noch improvisiert und zwischen öffentlicher Ausstellung und wissenschaftlicher Sammlung wurde nicht unterschieden. Dem Vereinsmitglied dienten die Sammlungen als wissenschaftliche Arbeitsgrundlage und Anschauungsobjekte für die öffentliche Präsentation. Der Schwerpunkt der Sammlungen lag auf der Dokumentation der lokalen, also [[nassau]]ischen Natur. Da es an einer Universität mangelte, konnten Dank des Museums einige wichtige Aufgaben von diesem übernommen werden, die der Forschung dienten.
Die Kunstsammlung gehört auf dem Gebiet der Kunst nach 1945 zu den wichtigsten in Deutschland. Es fängt an mit der informellen Kunst. Hier werden die deutschen Künstler [[Karl Otto Götz]] (Gemälde ''Krakmo''), (1958), Otto Greis, [[Heinz Kreutz]], [[Fred Thieler]], [[Emil Schumacher]], [[Hann Trier]], [[Gerhard Hoehme]] und [[Bernard Schultze]] (Gemälde ''Venen und Tang''), (1955), gezeigt. Von Bernard Schultze besitzt das Museum mehrere seiner ''[[Bernard Schultze#Werk|Migofs]]''. Die anderen Positionen der Kunst der 1940er und 1950er Jahre werden durch [[Ernst Wilhelm Nay]] mit dem Gemälde ''Afrikanisch'', (1954), [[Willi Baumeister]], [[Max Ackermann]], [[Rolf Cavael]], [[Fritz Winter (Maler)|Fritz Winter]] und vor allem durch den Wiesbadener [[Otto Ritschl (Maler)|Otto Ritschl]] mit seinem Gemälde ''Komposition'', (1955) vergegenwärtigt.


Auf diese Künstler folgen die [[Abstrakte Kunst#Stilrichtungen|abstrakt]] malenden Künstler wie [[Rupprecht Geiger]], Ulrich Erben, [[Bruno Erdmann]] und [[Gotthard Graubner]]. Die Gruppe [[ZERO]] und die [[kinetische Kunst]] sind vertreten durch Künstler wie [[Günther Uecker]] mit seinem Werk ''Spirale Weiß'', (1963), [[Rolf Kissel]], [[Hermann Goepfert]], [[Heinz Mack]] und Adolf Luther. Auch [[Sigmar Polke]] und vor allem [[Gerhard Richter]] gehören zu der Sammlung. Von Richter besitzt das Museum fünf Gemälde, darunter das berühmte ''Ein Wunder rettete'' von 1964. Der Surrealismus wird durch zwei Werke von Max Ernst repräsentiert.
[[Bild:Gerning_schmetterling.jpg|right]]
Der Sammlungsschwerpunkt sollte primär auf dem Gebiet [[Nassau]]s liegen. Dieser Anspruch war allerdings schon mit der Gründung verwirkt, handelte es sich bei einer der umfangreichsten Gründungssammlungen um eine weltweit angelegte. Diese vom Frankfurter Bankier Johann Christian Gerning aufgebaute Insekten-, insbesondere [[Schmetterling]]ssammlung gehört auch heute noch zu den Schmuckstücken des Museums - nicht nur aus wissenschaftlicher -, auch aus kulturgeschichtlicher Sicht. Enthält diese Sammlung doch auch einiges Material aus den Händen von [[Maria Sibylla Merian]].


Im Museum fand 1962 das legendäre erste [[Fluxus]]-Festival<ref>{{Internetquelle |autor=Hellmuth Vensky |url=http://www.zeit.de/kultur/kunst/2012-09/fluxus-50-jahre |titel=50 Jahre Fluxus: Kaputt gemacht, kaputt gelacht. Wenn am Ende eines Konzerts das Klavier in Trümmern liegt, waren keine Hooligans am Werk, sondern Künstler: Die Kunstrichtung Fluxus wird 50 |werk=www.zeit.de |datum=2012-09-12 |abruf=2018-02-25}}</ref> statt. Das Museum besitzt aus dieser Zeit Werke von [[Joseph Beuys]], [[Wolf Vostell]] und [[Nam June Paik]]. Sein Werk ''Zen for Head'' (1962) ist Teil der Sammlung. Auch die amerikanische Nachkriegskunst ist durch einige Arbeiten ihrer Hauptvertreter vergegenwärtigt, so zum Beispiel durch [[Mark Rothko]], [[Ad Reinhardt]] und [[Agnes Martin]]. Ebenfalls in der Sammlung vertreten sind Künstler wie [[Sol LeWitt]], [[Donald Judd]], [[Robert Mangold]], [[Fred Sandback]], [[Dan Flavin]] und [[Brice Marden]]. Das Museum besitzt zudem die größte Sammlung von Werken (Grafiken, Gemälden und Objekten) der Deutschamerikanerin [[Eva Hesse (Künstlerin)|Eva Hesse]]. Von ihr ist unter anderem das Wandobjekt ''Eighter from Decatur'' (1965) zu sehen. Die Malerei der 1970er und 1980er Jahre wird vertreten durch Künstler wie [[Georg Baselitz]] mit seinem Werk ''Stillleben'' (1969), [[Eugen Schönebeck]], [[Jörg Immendorff]] und [[Thomas Bayrle]].
Neben der noch etwas in den Kinderschuhen stehenden öffentlichen Ausstellung diente das Museum auch als Versammlungsort der verschiedenen Interessensgruppen, wie beispielsweise der botanischen Sektion. Herbare waren die Arbeitsgrundlage der Pharmakologen und die medizinische Bedeutung der [[Botanik]] war noch allgemein bekannt. Mit etwa 100.000 Pflanzenpräparaten findet sich in [[Wiesbaden]] auch heute noch ein Dokument mit überregionaler Bedeutung für die [[Botanik]] und [[Pharmazie]].


Einen herausragenden Schwerpunkt der Sammlung bildet die [[Installation (Kunst)|Installations-]] und [[Objektkunst]] der letzten dreißig Jahre. Hier sind als wichtigste in der Sammlung präsente Künstler zu nennen: [[Dietrich Helms]], [[Jeppe Hein]], [[Rebecca Horn]], [[Thomas Huber (Künstler)|Thomas Huber]], [[Vollrad Kutscher]], [[Ingeborg Lüscher]], [[Christiane Möbus]], [[Norbert Radermacher]], [[Franz Erhard Walther]] und [[Dorothee von Windheim]] mit ihrer Arbeit ''Fassade III'' (1979).
Einhergehend mit den Naturobjekten konnten auch zahlreiche [[wissenschaft]]liche Schriften gesammelt werden, die den Grundstock der heute noch oft genutzten [[Bibliothek]] bildeten. Einem einzelnen war es meist gar nicht möglich, sich die notwendige Literatur zu beschaffen. Auch diente das [[Museum]] dem Zeitschriftentausch mit anderen naturwissenschaftlichen Vereinigungen. Diesem ab 1930 der Landesbibliothek übertragenen Schriftentausch ist es auch zu verdanken, dass nicht nur Vereinsmitgliedern naturwissenschaftliche Literatur zur Verfügung stand.


Dazu kommen noch die Arbeiten der internationalen Künstler wie [[Ilya Kabakov]] mit seinem Werk ''Der Rote Waggon'' (1991), [[Micha Ullman]], [[Richard Serra]], [[Jochen Gerz]] mit seiner Arbeit ''Der Transsibirische-Prospekt'' (1977) und [[Christian Boltanski]]. Die Skulptur der Moderne ist unter anderem vertreten durch [[Katsura Funakoshi]] mit dem Kunstwerk ''A Tale of the Sphinx'' (2004).
Der zur Verfügung stehende Platz im Erbprinzenpalais reichte schon bald nicht mehr aus und mit dem von der Stadt [[Wiesbaden]] angebotenen Neubau an der heutigen Friedrich-Ebert-Allee gelang der entscheidende Schritt in die Zukunft. Mit dem Einzug im Kriegsjahr 1915 kam es zu gewaltigen Veränderungen. Erstmals standen ausreichend Platz für die Werkstätten und Studierzimmer, die [[Bibliothek]], die Magazine und [[Ausstellung]]en zur Verfügung. Nur wenigen Städten im damaligen Deutschen Reich war ein solcher Luxus vergönnt. Erkennbar ist dies auch heute noch, benötigt die [[Naturkunde]] doch kaum mehr Platz als den damals eingeplanten für die Verwirklichung heutiger Ansprüche.


=== Kunstpreise ===
Einhergehend mit dem Wechsel in den Neubau konnten deutlicher die reinen Schausammlungen von den wissenschaftlichen Sammlungen getrennt werden. Der Anspruch auf allumfassende Präsentation hatte nicht mehr oberste Priorität und erste Ansätze zu einer modernen Präsentationsform konnten verwirklicht werden. Zu diesen zählen die nachgebauten Lebensräume (Dioramen) von Burger, die auch heute noch attraktiv sind.
Zwar vergibt das Museum Wiesbaden selber keine Kunstpreise, jedoch sind zwei Preise eng mit dem Haus verbunden.
Die 1920 bis 1930er Jahre gelten bezüglich der Schausammlungen als die effektivsten. Zwar wüteten die Weltwirtschaftskrise und politischer Fanatismus in Deutschland, dennoch konnte Dank des Engagements ein gewaltiger Grundstock aufgebaut werden. Mit dem 2. [[Weltkrieg]] verstummte aber auch das Museum.


==== Alexej-von-Jawlensky-Preis ====
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, überstanden die Sammlungen den [[Krieg]] unversehrt. Lediglich die Räumlichkeiten und Vitrinen mussten in Stand gesetzt werden. Dank zahlreicher ehrenamtlicher Helfer gelang es dem [[Naturkundemuseum]] als erstes seine Pforten zu öffnen. Allerdings kam es zunehmend zu einer Entfremdung von Verein und Museum und mit der Übernahme und Vereinigung der drei Wiesbadener Museen zu einem Verbundmuseum durch das Land [[Hessen]] war der Einfluss des Vereins aufgehoben.
[[Datei:Alexej von Jawlensky - Selbstbildnis 1912.jpg|mini|hochkant|Alexej von Jawlensky: ''Selbstbildnis'', 1912]]
Zu seinem 50. Todestag 1991 richtete die Stadt Wiesbaden den mit 18.000&nbsp;Euro dotierten Alexej-von-Jawlensky-Preis ein. [[Alexej von Jawlensky]] (1865–1941) war ein bedeutender russischer Künstler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Wiesbaden verbrachte. Er wird im Turnus von etwa fünf Jahren verliehen und wurde bisher sechs Mal vergeben. Mit dem Preis verbunden ist der Ankauf einer Arbeit für das Museum Wiesbaden sowie eine Sonderausstellung zum Werk des Preisträgers im Museum Wiesbaden. Die bisherigen Preisträger waren:


* 1991: [[Agnes Martin]]
Die MWNH besitzt Sammlungen aus den Bereichen: [[Zoologie]], [[Botanik]], [[Geologie]], [[Mineralogie]], [[Paläontologie]] und Ethnographica. Seit 1829 werden von den Mitarbeitern diese Sammlungen gepflegt und weiterentwickelt. Mit dem heutigen Bestand gehört die MWNH zu den 15 größten naturkundlichen Sammlungen in [[Deutschland]]. Insbesondere durch die Bearbeitung zahlreicher Wissenschaftler finden sich sehr viele Typen (Musterexemplare), deren Erhalt und Pflege besondere Beachtung finden (u.a. die Sammlung [[Carl Ludwig Kirschbaum]]).
* 1996: [[Robert Mangold]]
* 2001: [[Brice Marden]]
* 2006: [[Rebecca Horn]]
* 2010: [[Ellsworth Kelly]],<ref>{{Webarchiv | url=http://www.wiesbaden.de/kultur/bildende-kunst/preise-stipendien/alexej-von-jawlensky-preis-2010.php | wayback=20120816005415 | text=''Alexej-von-Jawlensky-Preis 2010.'' Website der Stadt Wiesbaden}}.</ref> Ausstellung 2012
* 2014: [[Richard Serra]],<ref>[https://museum-wiesbaden.de/serra ''Richard Serra, „Props, Films, Early Works“, Museum Wiesbaden, März bis Juni 2017''] Website des Museums Wiesbaden, abgerufen am 17. Dezember 2017</ref> Ausstellung 2017
* 2020: [[Frank Stella]],<ref>[https://www.wiesbaden.de/medien/rathausnachrichten/PM_Zielseite.php?showpm=true&pmurl=https://www.wiesbaden.de/guiapplications/newsdesk/publications/Landeshauptstadt_Wiesbaden/141010100000393061.php ''Frank Stella erhält den Jawlensky-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden.''] Pressemitteilung der Stadt Wiesbaden, 18. November 2020.</ref> Ausstellung 2022
* 2027: [[Suzan Frecon]],<ref>[https://www.wiesbaden.de/pressemitteilungen/pressereferat/2025/juni/250605-Jawlensky-Preis]</ref>


==== Otto-Ritschl-Preis ====
Ein Großteil der Objekte ist in Katalogen und auf Karteikarten dokumentiert. Zahlreiche Daten konnten zwischenzeitlich auch EDV erfasst werden. Größere Lücken bestehen insbesondere in den Bereichen der [[Geologie]] und bei den [[Wirbellose]]n Tieren. Die Anzahl der Objekte lässt sich daher in manchen Bereichen nur schätzen, insgesamt berherbergen die Sammlungen etwa 1 Mio. Objekte.
Der Otto-Ritschl-Preis wurde vom Museumsverein Otto Ritschl e.&nbsp;V. 2001 ins Leben gerufen. [[Otto Ritschl (Maler)|Otto Ritschl]] (1885–1976) war ein bedeutender deutscher Nachkriegskünstler, der bis zu seinem Tod in Wiesbaden lebte. Eine international besetzte Jury verleiht in unregelmäßigem Abstand den Preis, der mit einem Geldpreis und einer Ausstellung im Museum Wiesbaden verbunden ist.<ref> {{Webarchiv|text=''Otto-Ritschl-Preis.'' Museum Wiesbaden |url=http://www.museum-wiesbaden.de/kunstpreise-und-auszeichnungen/otto-ritschl-preis.html |wayback=20110726012751 }}.</ref> Die bisherigen Preisträger waren:
* 2001: [[Gotthard Graubner]]
* 2003: [[Ulrich Erben]]
* 2009: [[Kazuo Katase]]
* 2015: [[Katharina Grosse]]
* 2020: [[Slawomir Elsner]]<ref>[https://museum-wiesbaden.de/slawomir-elsner]</ref>


== Naturhistorische Sammlungen ==
Die Naturwissenschaftliche Sammlung bietet derzeit Daueraustellungen auf einer Gesamtfläche von 800 qm. Dabei handelt es sich um einen Saal mit Exponaten zur der [[Geologie]], [[Mineralogie]] und [[Paläontologie]] im Hochparterre, die [[Wirbeltier]]e [[Mitteleuropa]]s im 1. Obergeschoss und einen Saal mit Tieren der großen Bewuchszonen (Bioma) im 2. Obergeschoss ([[Tropischer Wald]], [[Savanne]], [[Wüste]], [[Arktis]]).
Das ursprünglich selbständige Naturhistorische Museum in Wiesbaden wurde zusammen mit dem [[Nassauischer Verein für Naturkunde|Nassauischen Verein für Naturkunde]] 1829 durch Bürger der Region und mit Unterstützung des Herzogs gegründet. Das beginnende neunzehnte Jahrhundert war geprägt durch die [[Industrialisierung]] und die gewaltigen Entdeckungen in den Naturwissenschaften. So entstand auch hier der Wunsch nach einer festen Institution. Einerseits bot sich so die Möglichkeit einen bedeutsamen Bildungsort für die Bevölkerung zu etablieren, andererseits eigene Forschung zu begünstigen. Diese Ziele verfolgen die heutigen Naturhistorischen Sammlungen noch heute. Das internationale Kürzel lautet '''MWNH''', lediglich für das Herbar wird '''WIES''' genutzt.


=== Wissenschaftliche Sammlungen ===
Nachdem die Ausstellungs- und Magazinräume der Kunst saniert werden konnten, sollen bis 2007 auch die Ausstellungsräume der Naturwissenschaft saniert werden. Im Mittelpunkt der geplanten Ausstellung sollen Begriffe und Phänomene aus der belebten und unbelebten Natur stehen, die von ganz unterschiedlicher Seite beleuchtet und erfahrbar gemacht werden. Jeder der 4 Hauptsäle des 1. und 2. Obergeschosses soll ein Thema behandeln, das ein übergreifendes Phänomen beschreibt. Als Themen sind nach gegenwärtigem Planungsstand folgende Begriffe vorgesehen: [[Form]], [[Farbe]], [[Raum]] & [[Zeit]] und [[Bewegung]].
[[Datei:MuWi Sandsammlung 01.JPG|mini|Sand-Sammlung]]
Ursprünglich sollte die Sammlung die Natur des [[Herzogtum Nassau|Herzogtums Nassau]] erfassen. Da es dem Herzogtum aber an einer Universität mangelte und schon mit der Gründung des Museums international aufgestellte Sammlungen integriert werden mussten, wurde dieser Ansatz fallengelassen. Heute gehören die [[Naturkundemuseum|Naturhistorischen Sammlungen]] zu den größeren in Deutschland mit Material aus allen Regionen der Welt. Etwa eine Million Einzelobjekte und Serien stehen der Wissenschaft und der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung. Einige tausend erstbeschriebene Exemplare dienen insbesondere der Erforschung der [[Artenvielfalt]]. Mit wenigen Ausnahmen hat die Sammlung auch den Zweiten Weltkrieg überstanden.


Ein Großteil der Sammlung ist in Katalogen, auf Karteikarten und mit Hilfe der [[Elektronische Datenverarbeitung|elektronischen Datenverarbeitung]] dokumentiert. Größere Lücken bestehen insbesondere in den Bereichen der [[Geologie]] und bei den [[wirbellose]]n Tieren. Auch stehen zu zahlreichen Sammlungsstücken digitale Fotografien zur Verfügung.
== Sammlung Nassauischer Altertümer ==


==== Allgemeine Geologie und Mineralogie ====
== Literatur ==
Noch ganz im Kleid des 19. Jahrhunderts zeigt sich die mineralogische Sammlung, da in der Ausstellung sowohl wissenschaftliche als auch [[Schausammlung]] in Vitrinen vereint sind (s. [[#Ausstellungen|Ausstellung]]). Neben einer allgemeinen Mineraliensammlung mit weltweiter Herkunft liegt der Schwerpunkt auf Funden aus der Region, die insbesondere den bis vor wenigen Jahrzehnten noch bedeutenden Bergbau dokumentieren. Die wissenschaftliche Sammlung umfasst etwa 14.000 Stücke, die aktuell in einem EDV-Katalog erfasst werden.


==== Erdgeschichte ====
*Schmidt, Ulrich Dr.: ''Städtisches Museum Wiesbaden - Gemäldegalerie''/ 1967
[[Datei:Museum Wiesbaden Zeit 1.jpg|mini|Ausstellung, 2018]]
*Weiler, Clemens: ''Die Gemäldegalerie des Wiesbadener Museums''/ 1968
In der unmittelbaren Region Wiesbadens sind drei Erdzeitalter besonders vertreten. Etwa 50.000 Fossilien sind dokumentiert. Aus der jüngsten Erdgeschichte finden sich Zeugnisse aus dem '''[[Pleistozän]]''', die insbesondere aus den [[Mosbacher Sande]]n stammen. Regelmäßig hatten sich [[Rhein]] und [[Main]] vor dem Mittelrheintal gestaut und mitgeführte Knochen blieben im Sediment liegen. Insbesondere aus den Warmzeiten sind zahlreiche Fossilien erhalten. Einen zweiten Schwerpunkt bildet der Fundkomplex [[Steeden]]er Höhlen, wobei hier auch die mithin ältesten [[Artefakt (Archäologie)|Artefakte]] Hessens gefunden wurden. Eine der bedeutendsten Sammlungen steht im Zusammenhang mit den beiden folgenden Erdzeitaltern. Es handelt sich um den größten Teil des Vermächtnisses der Brüder [[Guido Sandberger|Guido]] und [[Fridolin Sandberger]].
*Kopp, Klaus: ''200.000 Jahre Kultur und Geschichte in Nassau''/ 1993

*Czysz, Walter: ''175 Jahre Nassauischer Verein für Naturkunde und Naturwissenschaftliche Sammlung des Museums Wiesbaden 1829-2004''/ 2004
Das [[Mainzer Becken]] zeugt von der imposanten Lebenswelt im '''[[Tertiär]]'''. In dieser wärmeren Phase nach dem Aussterben der Dinosaurier war das Mainzer Becken regelmäßig mit den umliegenden Meeren verbunden, zwischendurch gingen diese Verbindungen verloren, das Binnenmeer süßte aus, es entstand ein See und schließlich verschwand das Wasser völlig. In diesem Wechsel lebten hier zahlreiche Tierarten, so finden sich Zeugnisse u.&nbsp;a. von [[Seekühe]]n, [[Galeomorphi|Riesenhaie]], riffbildende Muschelbänke, aber auch Landlebewesen, wie das [[Deinotherien|Schreckenstier]] von [[Eppelsheim]].

Besonders aus dem Taunus stammen Funde aus dem '''[[Devon (Geologie)|Devon]]''', eine ebenso warme Zeit mit hohem Meeresspiegel. Daher finden sich in der Sammlung Zeugnisse einer gewaltigen Meeresfauna: [[Trilobiten]], [[Conodonten]] und [[Graptolithen]].

Daneben sind erwähnenswert: eine [[Paläozoikum|paläozoische]] und [[Mesozoikum|mesozoische]] Fischsammlung, eine umfangreiche mesozoische [[Wirbeltiere|Wirbeltiersammlung]], ein großes und vollständiges [[Ichthyosaurier]]-Exemplar von [[Holzmaden]], eine gut sortierte paläontologische Vergleichssammlung aus den [[Hydrobienschicht]]en des Mainzer Beckens, eine umfangreiche [[Cephalopoda|Cephalopoden]]-Sammlung, eine gut sortierte [[Brachiopoda|Brachiopoden]]-Sammlung und eine umfangreiche Sammlung der [[Fossil]]ien aus den [[Taunusquarzit]]en (inkl. [[Palichnologie|Spurenfossilien]]).

==== Botanik ====
Besonders die ersten Jahrzehnte des Museums wurden begleitet von einer sehr aktiven botanischen Sektion. Herbare waren die Arbeitsgrundlage der Pharmakologen und die medizinische Bedeutung der [[Botanik]] war noch allgemein bekannt. Mit etwa 100.000 Pflanzenpräparaten findet sich in auch heute noch ein Dokument mit überregionaler Bedeutung für die Botanik und [[Pharmazie]]. Regional liegen die mithin ältesten Funde aus dem nördlichen [[Oberrheinische Tiefebene|Oberrheintal]], dem Taunus und Odenwald vor. Die Herbarien wurden vom ersten Direktor des Vereins, [[Friedrich Albert Pompejus von Arnoldi]] (1787–1838) begründet. Heute beträgt die Anzahl der Belege etwa 65.000, von denen knapp 44.000 auf die Phanerogamen (Blütenpflanzen) und gut 21.000 auf die Kryptogamen (Sporenpflanzen) entfallen. Weiterhin an der Sammlung beteiligt sind: [[Anton Vigener]] (1840–1921), [[Carl Friedrich Ferdinand Genth]] (1810–1837), [[Johann Daniel Wilhelm Bayrhoffer]] (1793–1868), Gottlieb Wilhelm Karl [[Leopold Fuckel]] (1821–1876) und [[Franz Rudio]] (1813–1877).

Daneben finden sich in der grafischen Sammlung der Bibliothek die einzig erhaltenen Pflanzen- und Pilzaquarelle der [[Catharina Helena Dörrien]] und die Aquarelle von [[Emil Pfeiffer (Mediziner)|Emil Pfeiffer]]. Außerdem finden sich im Museum Wiesbaden die [[Minierer|Blattminensammlungen]] von [[Friedrich Ludwig Stellwaag]] und [[Erich Martin Hering]].

==== Wirbellose ====
[[Datei:Museum Wiesbaden Merian.jpg|mini|Insekten aus der Coll. Merian]]
Den Grundstock bildet die 1829 übernommene Insektensammlung von [[Johann Christian Gerning]] (1745–1802). Diese gelangte durch den Sohn [[Johann Isaak von Gerning]] (1767–1837), einen Freund [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethes]], gegen Zahlung einer Leibrente nach Wiesbaden. Die noch heute vollständig erhaltene Insektensammlung beinhaltet etwa 40.000 Tiere. Einige stammen aus den Händen von [[Maria Sibylla Merian]] (1647–1717). Später diente diese Gerning-Sammlung dem [[Entomologie|Entomologen]] [[Eugen Johann Christoph Esper]] (1742–1810) als eine bedeutende Grundlage für die Beschreibung europäischer [[Schmetterlinge]]. Weitere Sammler und bedeutende Entomologen sind [[Carl Ludwig Kirschbaum]] (1812–1880), [[Arnold Pagenstecher]] (1837–1913), [[Walter Gieseking]] (1895–1956) und [[Adolph Schenck]] (1803–1876). Heute stehen etwa 720.000 Tiere der Wissenschaft zur Verfügung.

Die ursprünglich sehr bedeutende [[Spinnentiere|Spinnen]]-Sammlung gehört zu den wenigen Opfern des Krieges. Mindestens Teile der von [[Embrik Strand]] (1867–1947) beschriebenen Exemplare ([[Typus (Nomenklatur)|Typen]]) sind verbrannt. Neben diesen weltweiten Aufsammlungen liegt der Schwerpunkt auf regionaler Faunistik.

Unter den Wirbellosen zählt die Sammlung der [[Weichtiere]] mit über 100.000 Exemplaren und Serien zu den umfangreicheren. Hier findet sich insbesondere historisch bedeutsames Tauschmaterial zahlreicher [[Malakologie|Malakologen]]. In den letzten Jahren konnte das Museum zahlreiches Typen-Material aus der Privatsammlung von [[Jens Hemmen]] übernehmen.

==== Wirbeltiere ====
[[Datei:Museum Wiesbaden Helmkausar.jpg|mini|[[Helmkasuar]]]]
Neben einer etwas umfangreicheren [[Fische|Fischsammlung]] und wenigen [[Amphibien]] besitzt das Museum eine hervorragende [[Vögel|Vogelsammlung]]. Diese enthält nicht nur Exemplare von mehr als 2.700 Arten und Unterarten. Mehr als 3.300 Präparate sind für die Schausammlung aufgearbeitet und dienen nicht nur den Ausstellungen in Wiesbaden. Auch stammen zahlreiche erstbeschriebenen Exemplare aus den Händen von [[Maximilian zu Wied-Neuwied]], der auf seiner [[Brasilien]]reise in der [[Mata Atlântica]] sammelte.<ref name="Hoffmann/Geller-Grimm" /> Der Großteil seiner Sammlung bildete später den Grundstock des [[American Museum of Natural History]] in [[New York City|New York]]. Auch [[Ernst Albert Fritze]] erweiterte mit seinen Sendungen aus [[Südostasien]] die Wirbeltiersammlung deutlich.

Mit lediglich 850 Schaupräparaten ist die [[Säugetiere|Säugetiersammlung]] deutlich überschaubarer. Zahlreiche seltene oder auch schon ausgestorbene Arten befinden sich darunter, wie beispielsweise ein Pärchen [[Kaplöwe]]n, [[Quagga]], [[Java-Tiger]] und [[Asiatischer Löwe]]. Wesentlich umfangreicher sind die [[Taxidermie]]- und [[Trophäe]]nsammlung.

==== Völkerkunde ====
Traditionell sind [[Ethnologie|Völkerkunde]] und [[Naturgeschichte|Naturkunde]] vereint (vgl. [[Field Museum of Natural History]]). In Wiesbaden handelt es sich um eine zwar kleine, aber qualitativ hochwertige Sammlung aus [[Namibia]], Brasilien und [[Kamerun]]. Zu den Besonderheiten zählen beispielsweise eine aus Insekten-Kokons gefertigte Tanzkette der [[San (Volk)|San]] oder der Federschmuck aus Brasilien.

==== Bibliothek ====
Einhergehend mit den Naturobjekten findet sich eine umfangreiche [[Fachbibliothek|Fach-]] und [[Präsenzbibliothek]] für die Naturwissenschaft im Museum und ist auch so sortiert. Mit mehr als 35.000 Medien bietet sie zu zahlreichen Fachgebieten und Sammlungsgruppen Informationen. Der Zeitschriftentausch erfolgt allerdings seit 1930 über die assoziierte Hessische [[Landesbibliothek Wiesbaden]]. Auch findet sich hier ein größerer Teil der Dokumentation zum [[Nassauischer Verein für Naturkunde|Nassauischen Verein für Naturkunde]].

=== Ausstellungen ===
==== Dauerausstellungen ====
[[Datei:Museum Wiesbaden Bewegung 8a.jpg|mini|Ausstellung zur Bewegung]]
Einhergehend mit dem 1915 stattgefundenen Wechsel in den Neubau an der heutigen Friedrich-Ebert-Allee konnten deutlicher die reinen Schausammlungen von den wissenschaftlichen Sammlungen getrennt werden. Allerdings blieben beide Teile räumlich noch beieinander, wie dies noch heute in der Allgemeinen Geologie/Mineralogie zu beobachten ist. Erst nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde auch räumlich getrennt, und Schausammlungen enthielten nur noch den Ausstellungen dienende Präparate.

In den 1920er bis 1930er Jahren entstanden in Wiesbaden auch erstmals [[Diorama|Dioramen]] zu ökologischen Themen. Durch den Krieg gelähmt, kam es erst wieder in den 1970er Jahren zu umfangreicheren Umbauten der Ausstellungen, wie beispielsweise ein [[Vivarium (Tierhaltung)|Vivarium]] und ein Saal zum Thema ''Große Lebensräume''.

Den Naturhistorischen Sammlungen stehen seit der Wiedereröffnung am 7. Mai 2013 1.700 Quadratmeter Dauerausstellungsfläche zur Verfügung. Jeder der vier Hauptsäle des 1. und 2. Obergeschosses behandelt ein Thema, das ein übergreifendes Phänomen beschreibt: [[Gestalt|Formen]] und [[Farbe]]n der Natur, [[Zeit]] und [[Bewegung (Physik)|Bewegung]] der belebten und unbelebten Welt. Noch nicht wiedereröffnet ist die Historische Geologie/Mineralogie auf 300 Quadratmetern im Unterparterre.

==== Sonderausstellungen ====
[[Datei:Museum Wiesbaden Fliegen.jpg|mini|Sonderausstellung zu den Zweiflüglern, 2015]]
Den naturhistorischen Sammlungen stehen aktuell 800 Quadratmeter für Sonderausstellungen zur Verfügung. In der Vergangenheit präsentierte die Abteilung Ausstellungen zu den Themen [[Geologie]] (Steine im Fluss), [[Ökologie]] (Der Regenwald, Unter heißer Sonne), [[Erdgeschichte]] (Die Eiszeit), [[Naturgeschichte]] ([[Sammlung Bründl|Im Reich der Bisonjäger]]), [[Ernährung]] (Ökologischer Landbau), [[Wissenschaftsgeschichte]] (ZeitReise, Mit Bildern Wissen schaffen), [[Völkerkunde]] (Menschen Amazoniens) und [[Mathematik]]...zum Anfassen.

=== Werkstätten ===
[[Datei:Museum Wiesbaden Taxidermie.jpg|mini|Frisch präparierter [[Star (Art)|Star]] beim Trocknen]]
In dem 1915 eingeweihten Neubau standen mehr als 500 Quadratmeter für Werkstätten bereit. In dieser Zeit entstanden durch die zwei bis drei [[Präparator]]en auch große [[Dermoplastik]]en, beispielsweise von [[Giraffe]]n und [[Antilopen]]. Zahlreiche Arbeitsschritte mussten noch manuell vorgenommen werden bzw. es fehlte an modernen Techniken und Materialien. Ein Museum besaß beispielsweise auch eine komplette Druckerei, was im Zeitalter des Computers entfällt.

Neben den Gemeinschaftswerkstätten (Schreinerei und Elektrowerkstatt) gibt es für den Präparator auch heute noch entsprechende Arbeitsräume. Präparatoren benötigen heute beispielsweise Ablufträume, da sie regelmäßig auch mit giftigen Kunststoffen umgehen.

Zu den bedeutendsten Präparatoren zählte in Wiesbaden [[Joseph Burger]] (1875–1956), ein Schüler des Darmstädter Friedrich Kerz (1842–1915). Ihm sind zahlreiche hervorragend präparierte Tiere zu verdanken und neben der Kunst der Dermoplastik gehört er zu den ersten, die sich mit dem [[Restaurierung|Restaurieren]] von Altpräparaten bzw. deren Neuaufstellung erfolgreich beschäftigte.

=== Forschung und Kooperationen ===
Die Naturhistorischen Sammlungen in Wiesbaden sind in großen Teilen wissenschaftlich bearbeitet und so dokumentiert, dass Wissenschaftler schnellen Zugriff auf das Material haben. Den Fachgästen stehen entsprechende Arbeitsräume und -geräte zur Verfügung. Außerdem werden einige hundert Ausleihen jährlich vorgenommen. Das Museum steht in unmittelbarem Austausch mit dem [[Nassauischer Verein für Naturkunde|Nassauischen Verein für Naturkunde]] und weiteren Vereinen und Arbeitskreisen der Region.

Die in der naturhistorischen Sammlung organisierte Forschung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Fachgebieten der dort arbeitenden Kustoden und hat sich demnach im Laufe der Zeit verändert. Insbesondere die [[Entomologie]] konnte von zahlreichen Mitarbeitern gefördert werden. Aktuell wird an [[Raubfliegen]] geforscht, und Wiesbaden stellt den internationalen Koordinationspunkt für diese Insektenfamilie. Im Fokus der aktuellen Arbeiten steht die [[Taxonomie]], die Erstellung von Katalogen, [[Bestimmung (Biologie)|Bestimmungshilfen]] und die Untersuchung des komplexen [[Ethologie|Verhaltens]] dieser Tiere.

== Sammlung Nassauischer Altertümer SNA ==
=== Beschreibung ===
Die Sammlung ist seit 2011 dem [[Stadtmuseum Wiesbaden]] zugeordnet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/rhein-main/wiesbaden/nassauische-altertuemer-ziehen-11505984.html |titel=Nassauische Altertümer ziehen um |hrsg=[[Frankfurter Rundschau]] |datum=2009-06-18 |abruf=2019-02-17}}</ref> Sie ist eine der größten Altertums-, Historien- und Kunsthandwerksammlungen in Hessen. Begründet wurde sie durch den [[Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung]]. Sie umfasst Zeugnisse frühester menschlicher Zivilisationen, eine hervorragende Sammlung römischer Gegenstände, [[Kunsthandwerk]] des frühen [[Mittelalter]]s bis ins [[20. Jahrhundert]] (Sammlung Demmin), sakrale Skulptur, die Sammlung Stadtgeschichte Wiesbadens sowie Zeugnisse des [[Haus Nassau|Hauses Nassau]]. Da die Sammlung zur Zeit des letztgenannten begründet wurde, trägt sie dessen Namen. Die SNA wurde, nachdem die Bürgerinitiative „Rettet die Sammlung Nassauischer Altertümer“<ref>Wilfried Lüderitz: {{Webarchiv|url=http://www.thorsten-reiss-verlag.de/Gesamtverzeichnis/SNA_Text/Die%20Sammlung%20Nassauischer%20Altertuemer%20im%20Abseits.pdf |wayback=20161214145030 |text=''Die Sammlung Nassauischer Altertümer im Abseits.'' September 2004 (PDF)}}.</ref> sich vehement für den Erhalt eingesetzt hatte, 2009 an die Stadt Wiesbaden abgetreten. Dort ist sie in die Ausstellung des im Jahr 2020 eröffneten Stadtmuseums Wiesbaden integriert.

=== Römersammlung ===
In der Sammlung der SNA bildet die Sammlung von Funden aus [[Römisches Reich|römischer Zeit]] einen Schwerpunkt. Besonders die Steindenkmäler sind einmalig. Herausragendes Stück der gesamten SNA ist der „[[Mithras]]stein“, ein Altarbild aus dem einstigen [[Mithräum]] der römischen Stadt [[Nida (römische Stadt)|NIDA]] auf dem Gebiet des heutigen [[Frankfurt-Heddernheim#Römerzeit|Frankfurt am Main-Heddernheim]]. Der Stein war bis 2003 in einem extra von der Architektur Theodor Fischers gestalteten „Mithräum“ untergebracht, das dem Umbau weichen musste. Daneben zeugen Denkmäler wie die [[Jupitergigantensäule]] (221 n. Chr.) aus [[Wiesbaden-Schierstein]], die Statuen eines aufwändig gestaltetes „Familiengrabes“ (Mitte 1. Jh. n. Chr.) aus [[Ingelheim am Rhein|Ingelheim]] sowie der „thronende Jupiter“ (2. Viertel 3. Jh. n. Chr.) aus [[Wiesbaden-Igstadt]] vom ehemals regen römischen Leben in der Region. Ein „Genius“ (230 n. Chr.) aus Frankfurt am Main-Heddernheim rundet die Steindenkmälersammlung, zu der noch viele weitere Steine, vor allem Grabsteine, gehören, ab.

== Auszeichnungen ==
Am 28. September 2007 wurde das Museum von der deutschen Sektion des [[Association Internationale des Critiques d’Art|Internationalen Kunstkritikerverbandes]] auf ihrer Jahreshauptversammlung in Berlin zum [[Museum des Jahres]] ausgezeichnet. Die Verleihung fand am 4. November 2007 im Museum statt.

== Filme ==
* ''Museum Wiesbaden'' (= ''[[Museums-Check]].'' Folge 73). Reportage, 30 Min., Moderation: [[Markus Brock]], Produktion: [[3sat]]. Erstausstrahlung: 27. Februar 2022.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fernsehserien.de/museums-check-mit-markus-brock/folgen/73-museum-wiesbaden-1533652 |titel=Museum Wiesbaden (= Museums-Check. Folge 73) |werk=Fernsehserien.de |abruf=2025-01-16}}</ref>

== Literatur ==
<small>(chronologisch geordnet)</small>
* [[Ulrich Schmidt (Kunsthistoriker)|Ulrich Schmidt]]: ''Katalog. Städtisches Museum Wiesbaden, Gemäldegalerie.'' Städtisches Museum – Gemäldegalerie, Wiesbaden 1967.
* [[Clemens Weiler]]: ''Die Gemäldegalerie des Wiesbadener Museums.'' Peters, Hanau 1968 (''Meisterwerke deutscher Museen.'' {{ZDB|2344821-0}}).
* [[Bernd Fäthke]]: ''Museum Wiesbaden.'' In: ''Die Kunst und das schöne Heim.'' 1983, Heft 3, {{ISSN|0023-5423}}, S. 163ff.
* Bernd Fäthke: ''Ohne Goethe hätte Wiesbaden vielleicht gar kein Museum.'' Beilage der Zeitungsgruppe Rhein-Main-Nahe, Mainz, 24. Dezember 1985.
* Bernhard Pinsker: ''200.000 Jahre Kultur und Geschichte in Nassau. Dargestellt an Objekten der Sammlung Nassauischer Altertümer des Museums Wiesbaden.'' Verlag des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Wiesbaden 1993, ISBN 3-922027-89-X.
* [[Walter Czysz]]: ''175 Jahre Nassauischer Verein für Naturkunde und Naturwissenschaftliche Sammlung des Museums Wiesbaden. 1829–2004.'' Nassauischer Verein für Naturkunde, Wiesbaden 2004, ISBN 3-9809749-1-X (''Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde'' 125).
* [[Volker Rattemeyer]] (Hrsg.): ''Das Museum Wiesbaden. Museum des Jahres 2007.'' Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-89258-073-7.
* Sylvain Hodvina: ''Zur Naturgeschichte Wiesbadens. Die Pflanzenaquarelle des Emil Pfeiffer.'' [[DVD]]. Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-89258-089-8.
* [[Alexander Klar]] (Hrsg.): ''Museum Wiesbaden. Die Kunstsammlungen''. Hirmer, München 2015, ISBN 978-3-7774-2464-4.
* Roman Zieglgänsberger (Hrsg.): ''Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden.'' (= Katalog zur gleichnamigen Ausstellung). Hirmer, München 2021, ISBN 978-3-7774-3746-0.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Museum Wiesbaden}}
* [http://www.museum-wiesbaden.de/ Offizielle Website des Museums Wiesbaden]
* [http://www.wiesbaden.de/kultur/museen/museum-wiesbaden/index.php Museum Wiesbaden] auf der Website der Stadt Wiesbaden
* [https://www.museen-in-hessen.de/de/museen/museum_wiesbaden Museum Wiesbaden] im Portal ''Museen in Hessen'' des [[Museumsverband Hessen|Museumsverbands Hessen]]
* [http://www.mwnh.de/ Naturhistorische Sammlung im Museum Wiesbaden]
* [http://www.naturkunde-online.de/ Nassauischer Verein für Naturkunde]
* [http://www.freunde-museum-wiesbaden.de/ Freunde des Museums Wiesbaden]
* {{DNB-Portal|2039331-3}}
* {{HessBib |PPN=116510773 |GND=2039331-3}}


== Einzelnachweise ==
*[http://www.museum-wiesbaden.de Museum Wiesbaden]
<references />
*[http://www.nws-wiesbaden.de Naturhistorische Landessammlung]
*[http://www.naturkunde-online.de Nassauischer Verein für Naturkunde]


{{Navigationsleiste Völkerkundemuseen in Deutschland}}
{{Koordinate Artikel|50_4_39_N_8_14_45_E_type:landmark_region:DE-HE|50° 4' 39" N, 8° 14' 45" O}}
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[[Kategorie:Bauwerk in Wiesbaden]]
[[Kategorie:Geschichte Wiesbadens]]
[[Kategorie:Geschichte von Wiesbaden]]
[[Kategorie:Naturkundemuseum in Deutschland|Wiesbaden]]
[[Kategorie:Museum in Hessen]]
[[Kategorie:Kunstmuseum in Hessen|Wiesbaden]]
[[Kategorie:Nassau]]
[[Kategorie:Herzogtum Nassau]]
[[Kategorie:Museum Wiesbaden| ]]
[[Kategorie:Museum des Jahres|Wiesbaden]]
[[Kategorie:Gegründet im 19. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Museumsbau in Hessen|Wiesbaden]]
[[Kategorie:Erbaut in den 1910er Jahren]]
[[Kategorie:Bauwerk des Historismus in Wiesbaden]]
[[Kategorie:Museum in Wiesbaden]]
[[Kategorie:Museumsgründung 1825]]

Aktuelle Version vom 17. Juli 2025, 09:31 Uhr

Museum Wiesbaden

Frontansicht des Museums (2019)
Daten
Ort Wiesbaden
Art
Kunst- und Naturhistorisches Museum
Architekt Theodor Fischer
Eröffnung 1. April 1825 / 1915/1920 (Bezug des Museumsneubaus)
Leitung
Website
ISIL DE-MUS-145811

Das Museum Wiesbaden in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist neben den Häusern in Kassel und Darmstadt sowie dem Archäologischen Landesmuseum Hessen mit den Standorten Keltenwelt am Glauberg und Römerkastell Saalburg eines der fünf Hessischen Landesmuseen. Es ist ein Zweispartenhaus für Kunst und Natur.

Porträt des Johann Isaak von Gerning, Ölgemälde von Angelika Kauffmann, 1798
Vogelpräparate im Museum Wiesbaden, von Maximilian zu Wied-Neuwied.[1]

Die Gründung der ursprünglich drei Museen geht auf die Bürger der Stadt und den 1814/1815 in Wiesbaden zur Kur weilenden Johann Wolfgang von Goethe zurück, der sehr auf die Gründung einer solchen Kultureinrichtung hingewirkt hatte. Er veranlasste 1825 den Frankfurter Privatsammler Johann Isaac Freiherr von Gerning, seine umfangreichen Sammlungen von Kunstwerken, Altertümern und Naturalien dem Herzogtum Nassau gegen Zahlung einer Leibrente zur Verfügung zu stellen. In Verantwortung der neu gegründeten Vereine, aber durch die herzögliche Regierung kontrolliert, konnten die Bürger Wiesbadens und der Region diese Sammlungen schnell erweitern.

Zusammen mit den Stücken des seit 1812 bestehenden Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung kristallisierten sich drei ursprünglich selbständige Museen heraus. Träger dieser Museen waren neben dem Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung der Nassauische Verein für Naturkunde und der Nassauische Kunstverein. Durch den Tod des Herzogs Friedrich Wilhelm (Nassau-Weilburg) im Jahr 1816 stand das für seinen Sohn gebaute Erbprinzenpalais an der Wilhelmstraße nun für andere Zwecke zur Verfügung. Im Gegensatz zu anderen Städten konnten schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt Räume für die auch von der Bürgerschaft zusammengetragenen Kulturgüter gefunden werden. Die drei Museen und die Landesbibliothek konnten so ab 1821 in das Palais einziehen, das heute Sitz der Industrie- und Handelskammer ist.

Durch rege Sammeltätigkeit und Neuerwerbungen wurde das Gebäude schon Mitte des 19. Jahrhunderts zu klein. Der Ruf nach einem Neubau wurde immer lauter.

Nachdem die drei Museen 1866 unter preußische Kontrolle gerieten, übernahm 1899 die Stadt Wiesbaden diese Einrichtungen. Die allgemeine Zustimmung fand dieser Wechsel auch deshalb, weil Wiesbaden am Ende des 19. Jahrhunderts über ausreichende Mittel verfügte, Kultur zu fördern.

Nach Plänen des Architekten Theodor Fischer konnte 1913 der Grundstein für einen Neubau mit drei Flügeln an der Ecke Wilhelmstraße/Rheinstraße gelegt werden.[2] Zuvor hatte dort die Bankiersvilla Mons gestanden, in der bis 1906 das Empfangsgebäude des Ludwigsbahnhofs untergebracht war. Die Innenarchitektur der drei Häuser wurde maßgeblich von den drei Direktoren und den Kustoden beeinflusst, da doch unterschiedliche Bedürfnisse bestanden.

Als Erstes wurde am 1. Oktober 1915 die Gemäldegalerie eröffnet. Im selben Jahr konnte die Naturwissenschaftliche Sammlung zwar ebenfalls in den Neubau einziehen, aber erst nach Ende des Ersten Weltkriegs kam es am 15. Juli 1920 zur Wiedereröffnung des Naturwissenschaftlichen Museums und des Museums Nassauischer Altertümer.

Die Hälfte der Gemäldegalerie sollte für wechselnde Ausstellungen dienen, die in den 1920er und frühen 1930er Jahren vom Nassauischen Kunstverein durchgeführt wurden. In dieser Zeit trugen auch Wiesbadener Bürger zu wichtigen Ergänzungen der Sammlungen bei. Die Naturwissenschaftlichen Sammlungen zeigten insbesondere systematische Ausstellungen zu Themen der Geologie, Paläontologie und Biologie. Erstmals wurden auch ökologische Aspekte präsentiert.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bau zum Teil für militärische Zwecke genutzt. Mit wenigen Ausnahmen haben die Sammlungen den Krieg unbeschadet überstanden. Allerdings waren die Ausstellungen demontiert und die meisten Vitrinen beschädigt. Nur langsam konnten die Räume nach Sanierung ihre eigentliche Aufgabe zurückgewinnen. Diese Verzögerung hatte einen weiteren Grund: Die Amerikaner, die nach 1945 in Wiesbaden Station bezogen, machten das Museum zu einem Central Collecting Point. Dabei wurden temporär eingelagerte Kunstschätze gezeigt wie etwa die Büste der Nofretete oder das damals Rembrandt zugeschriebene Gemälde Der Mann mit dem Goldhelm.

Nach deren Rückgabe wurde ab den 1950er Jahren mit sehr sparsamen Mitteln wieder eine Sammlung aufgebaut. Clemens Weiler, der damalige Direktor des Kunstmuseums, hatte maßgeblichen Anteil am Aufbau der Alexej-von-Jawlensky-Sammlung, der heute bedeutendsten Sammlung des Hauses. Das Naturwissenschaftliche Museum wurde maßgeblich durch Friedrich Heineck wieder aufgebaut, der während des Krieges seiner Ämter enthoben war. In den Ausstellungen sollten insbesondere die Biome präsentiert werden. Der Wiederaufbau gelang nicht vollständig, auch deshalb, weil weiterhin Räume fremd genutzt wurden (zum Beispiel durch eine amerikanische Bibliothek und ein städtisches Archiv).

1973 kamen die drei Museen in den Besitz des Landes Hessen. Seit dieser Zeit sind sie in einem Dreispartenhaus, dem Museum Wiesbaden, vereint. Der Nassauische Kunstverein, der bis dahin im Museum untergebracht war, wurde in unmittelbarer Nachbarschaft in die historische Villa an der Wilhelmstraße 15 verlegt. Von 1987 bis 2010 war Volker Rattemeyer Direktor des Museums. Unter seiner Führung wurde es im Jahr 2007 von der Internationalen Vereinigung der Kunstkritiker AICA zum „Museum des Jahres“ gewählt.[3] Von 2010 bis Sommer 2019 war Alexander Klar Direktor des Museums.

Von 1994 bis 1997 wurden durch die Kasseler Architekten Schultze und Schulze die Räume der Kunstsammlung, von 2003 bis 2006 die Dächer, der Eingangsbereich und der Vortragssaal grundlegend saniert und neue Ausstellungsräume der Kunstsammlung erschlossen. Von 2007 bis 2012 wurden Nord- und Südflügel saniert. Im Nordflügel wird seit 2013 die Naturhistorische Sammlung neu gezeigt.[4] Die Sammlung Nassauischer Altertümer (SNA) wird nun im SAM – Stadtmuseum am Markt gezeigt.[5] Im freigewordenen Südflügel werden die Alten Meister im Zusammenhang mit zeitgenössischer Kunst präsentiert: Der chronologische Ablauf wurde zugunsten von Räumen zu den Themen 'Religion', 'Porträt', 'Mythologie', 'Stillleben' und 'Landschaft' aufgegeben.[6]

Wurde vom Museum im Jahr 2014 nach umfangreicher Provenienzforschung restituiert und anschließend in der großen Kampagne Wiesbaden schafft die Wende! zurückerworben: Hans von Marées: Die Labung, 1880

Seit 2015 ist das Museum Sitz der zentralen Stelle für Provenienzforschung des Landes Hessen,[7] nachdem das Museum Wiesbaden sich zuvor mehrfach durch seine Rückgabepraxis und den anschließenden Wiedererwerb von Kunstwerken einen guten Ruf hinsichtlich der Aufarbeitung der eigenen Sammlungsgeschichte erworben hatte. Trotzdem gab es auch Kritik an der Entscheidung, die Stelle nicht an einer Universität anzusiedeln.[8]

2017 erhielt das Museum mit der Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess eine bedeutende Kollektion des Jugendstils und Symbolismus als Schenkung, die vom 29. Juni 2019 an dauerhaft im Südflügel des Hauses präsentiert wird.[9][10]

Direktoren der Kunst
Alexej von Jawlensky, Aufsteller in Jawlenskystraße, Wiesbaden, 2021

Die Kunstsammlung geht auf die ehemalige Sammlung des Frankfurters Johann Isaak von Gerning zurück. Durch Ankäufe, Schenkungen und Leihgaben ist die Kunstsammlung eine der wichtigsten in Deutschland geworden, vor allem im Gebiet des 19. und 20. Jahrhunderts.

Das Museum Wiesbaden ist bemüht, NS-Raubkunst im eigenen Bestand zu identifizieren und gegebenenfalls den rechtmäßigen Erben zurückzugeben. Im Oktober 2014 startete das Museum deshalb eine spektakuläre Aktion „Wiesbaden schafft die Wende!“. Das 1935 durch die Nazi-Herrschaft geraubte Gemälde Die Labung von Hans von Marées gelangte 1980 in den Besitz des Museums. Es wurde im Rahmen dieser Aktion zwar weiterhin gezeigt, aber nun nur noch die Rückseite. Erst als Anfang November bereits durch Spenden genügend Geld für den nun rechtmäßigen Kauf gesammelt war, konnte das Gemälde wieder gewendet werden.[13]

Aktion „Entartete Kunst“ 1937

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Die Nationalsozialisten requirierten 1937 in einer konzertierten Aktion aus öffentlichen Sammlungen in Deutschland Werke, die oder deren Urheber sie aus politischen oder rassistischen Gründen als „entartet“ betrachteten. Der größte Teil dieser Werke wurde vernichtet. Das Nassauische Landesmuseum, einer der Vorgänger des Museums Wiesbaden, gehörte zu den Museen mit den größten Verlusten. Nachgewiesen sind weit über 500 Arbeiten. Maßgeblich wirkte Hermann Voss mit. Betroffen waren Werke von Friedrich Ahlers-Hestermann, Josef Albers, Alexander Archipenko, Rudolf Bauer, Willi Baumeister, Max Beckmann, Umberto Boccioni, Max Buchartz, Carl Buchheister, Heinrich Campendonk, Carlo Carrà, Marc Chagall, Giorgio de Chirico, Hans Christiansen, Lovis Corinth, Walter Dexel, Walter Denecke, Otto Dix, Josef Eberz, Alois Erbach, Edmund Fabry, Lyonel Feininger, Conrad Felixmüller, Oskar Fischer, Werner Gilles, Otto Gleichmann, Natalja Gontscharowa, Werner Gothein, Rudolf Großmann, George Grosz, Jacoba van Heemskerck, Erich Heckel, Ludwig Hirschfeld-Mack, Bernhard Hoetger, Karl Hofer, Ernst Isselmann, Johannes Itten, Andreas Jawlensky, Alexej von Jawlensky, Mely Joseph (1886–1920), Wassily Kandinsky, Edmund Daniel Kinzinger, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Michail Larionow, Wilhelm Lehmbruck, Rudolf Levy, Walter Albert Lindgens, El Lissitzky, August Macke, Franz Marc, Gerhard Marcks, Ewald Mataré, Carlo Mense, Robert Michel, H. Michelsheim (möglicherweise Michel Heim, 1899–1947), Oskar Moll, Johannes Molzahn, Georg Muche, Otto Mueller, Heinrich Nauen, Emil Nolde, Max Pechstein, Max Peiffer-Watenphul, Pablo Picasso, Enrico Prampolini, Otto Ritschl, Christian Rohlfs, Edwin Scharff, Franz Schaurte (* 1886), Oscar Schlemmer, Karl Schmidt-Rottluff, Lothar Schreyer, Georg Schrimpf, Max Schulze-Sölde, Kurt Schwitters, Paul Adolf Seehaus, Gino Severini, Fritz Stuckenberg, Arnold Topp, Joseph Vinecky (1882–1949), William Wauer, Gustav Heinrich Wolff, Wilhelm Thylmann (möglicherweise Wilhelm Thielmann) und ein nicht identifizierter Künstler A. K.[14]

Skulpturen-Sammlung

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In der Kunstsammlung spielen die Skulpturen keine bedeutende Rolle. Allerdings sind einige interessante Arbeiten vertreten. Die französische Skulptur des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts wird mit einem Werk eines ihrer Hauptvertreter präsentiert, Aristide Maillols Badende. Die deutschen Bildhauer der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind vertreten durch Max Klinger (Bildnisbüste Friedrich Nietzsche, um 1910), Franz von Stuck, Georg Kolbe, Wilhelm Lehmbruck, Gerhard Marcks, Emy Roeder und Ernst Barlach (Der Tod, 1925).[15]

Grafische Sammlung

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Im Vergleich zur Gemäldesammlung ist die grafische Sammlung weniger bedeutend. Arbeiten vor 1800 sind nur spärlich vorhanden. Im 19. Jahrhundert hingegen gibt es einige Blätter, unter anderem von Ludwig Knaus, Arnold Böcklin, Hans von Marées und Max Slevogt. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stechen die Expressionisten hervor, die, vor allem Alexej von Jawlensky (siehe Jawlensky-Sammlung), hervorragend mit Zeichnungen, Holzschnitten und Lithographien vertreten sind. Zu nennen sind Blätter von Brücke-Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel oder Karl Schmidt-Rottluff und Arbeiten der Künstler um die Redaktionsgemeinschaft Der Blaue Reiter. Hervorzuheben sind hier Arbeiten von Franz Marc, August Macke und vor allem Wassily Kandinskys Aquarell Allerheiligen (1910) aus der Sammlung Hanna Bekker vom Rath. Aber auch Arbeiten anderer Künstler dieser Zeit wie etwa Edvard Munch, Otto Dix, Oskar Kokoschka, Käthe Kollwitz oder Pablo Picasso sind zu finden. Die Grafiken der Konstruktivisten, zu nennen sind László Moholy-Nagy, das Künstlerehepaar Robert Michel und Ella Bergmann-Michel sowie Friedrich Vordemberge-Gildewart, bilden einen weiteren Schwerpunkt. Sehr umfangreich ist die grafische Sammlung der Kunst nach 1945, weshalb hier nur einige Namen genannt seien. Die informelle Grafik wird repräsentiert durch Arbeiten von Karl Otto Götz, Otto Greis und Bernard Schultze. Weitere Blätter der 1940er und 1950er Jahre stammen von Willi Baumeister, HAP Grieshaber und vor allem von der umfangreichen Ernst-Wilhelm-Nay-Sammlung. Minimalistische Tendenzen zeigen Arbeiten von Sol LeWitt. Die Kunst des Pop Art wird unter anderem durch Thomas Bayrle vertreten.

Sammlung der Alten Meister

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Im Vergleich zur Sammlung des 19. und 20. Jahrhunderts sind die „Alten Meister“ im Museum Wiesbaden eher rar vertreten. Der Schwerpunkt liegt auf den italienischen und niederländischen Künstlern ab dem 15. Jahrhundert. Die wichtigsten Italiener sind Prospero Fontana, Alberto Piazza da Lodi (Meister der Wiesbadener Heimsuchung), Domenico Tintoretto, Marietta Robusti, Sebastiano del Piombo, Luca Giordano, Francesco Solimena und Sebastiano Ricci.

Die niederländische Malerei wird durch Künstler wie Joos van Cleve (Christuskind mit Weintraube), Albrecht Bouts, Otto van Veen, Joos de Momper, Frans Floris, Roelant Savery, Gerard van Honthorst, Willem van de Velde der Ältere, Willem van de Velde der Jüngere, Jan Lievens, Frans Snyders (Stillleben) und Nicolaes Berchem repräsentiert.

Die deutsche Kunst der Spätgotik und Renaissance ist durch den Meister des Heisterbacher Altars, Meister der hl. Sippe, Lucas Cranach der Ältere, Bartholomäus Bruyn der Ältere und Hans Muelich vertreten. Die deutsche Kunst des Barocks und des Klassizismus durch Johann Conrad Seekatz, Januarius Zick, Nicolas Treu, Johann Georg Platzer und Angelika Kauffmann (Bildnis Johann Isaak von Gerning, 1798). Die englische Malerei ist durch Joshua Reynolds vertreten.

Sammlung des 19. Jahrhunderts

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Das 19. Jahrhundert ist in der Sammlung hervorragend vertreten. Zwar fehlen die ganz großen Namen sowie der französische Impressionismus, doch ein breiter Überblick für diese Epoche ist gewährleistet. Einsetzend mit Künstlern wie Wilhelm von Kobell und Carl Morgenstern sowie Georg Waldmueller ist vor allem die deutsche Genremalerei gut vertreten. Der Wiesbadener Ludwig Knaus, der zu seiner Zeit gleichbedeutsam mit Adolph von Menzel war, ist hier so gut wie in keinem anderen Museum vertreten. Sein Spaziergang im Tuileriengarten (um 1855) ist ein früher Ansatz zum Impressionismus, von dem er sich aber später wieder entfernte. Die Düsseldorfer Malerschule ist durch mehrere Arbeiten der Brüder Andreas Achenbach und Oswald Achenbach vertreten. Die Deutschrömer – deutsche Künstler, die in Rom lebten und arbeiteten – sind durch Anselm Feuerbach (Gemälde Nanna, 1861), Arnold Böcklin und Hans von Marées repräsentiert. Auch Karl Friedrich Lessing und Johann Wilhelm Schirmer sind vertreten. Carl Spitzweg (Gemälde Der Schmetterlingfänger) (um 1840), Wilhelm von Kaulbach, Franz von Lenbach und Franz von Stuck bilden den zeitgleichen Gegenpol als Vertreter der Münchener Schule. Der Münchner Leibl-Kreis ist umfangreich vertreten, vor allem durch Wilhelm Trübner, aber auch Hans Thoma, Carl Schuch und Otto Scholderer sind mit Gemälden in der Sammlung vertreten. Der französische Realismus wird mit Arbeiten von Gustave Courbet und Jean-François Millet sowie Charles-François Daubigny präsentiert, der russische Realismus durch ein Werk des Jawlensky Lehrers Ilja Repin aus der Sammlung Ernst Alfred Aye. Die Sammlung dieses Jahrhunderts schließt ab mit den Werken der Hauptvertreter des deutschen Impressionismus, Max Liebermann und vor allem Lovis Corinth, von dem das Museum fünf Gemälde besitzt (Bildnis Frau Halbe, 1898) sowie Oskar Moll (Havelkähne, 1907) und Christian Rohlfs.

Jugendstil und Symbolismus: Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess

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2017 erhielt das Museum Wiesbaden mit der Sammlung von Ferdinand Wolfgang Neess die umfangreichste und bedeutendste Schenkung in der 200-jährigen Geschichte des Hauses. Nach zweijähriger Umbauphase wird seit 2019 die Sammlung im Südflügel des Museums auf über 800 Quadratmetern in Ensembles als Gesamtkunstwerk präsentiert. Die Sammlung gilt weltweit als eine der besten Kollektionen des Jugendstils und Symbolismus und macht das Museum auf diese Weise zu einem der führenden Häuser für diese Epoche. In der Sammlung befinden sich Hauptwerke aller wichtigen Künstler, Gattungen und Länder. Schwerpunkte bilden die Werke des deutschen Jugendstils, des französischen Art Nouveau und des österreichischen Secessionsstils. Dazu zählt ein herausragendes Konvolut von zwölf Werken Franz von Stucks, darunter zwei Fassungen seines ikonischen Hauptwerks Die Sünde (die sogenannte „Florio“-Fassung um 1908 und die Version in Pastell um 1893) sowie die erste Version der Sphinx (1901). Auch Heinrich Vogeler ist mit seinen Gemälden Heimkehr (1898) und Melusinemärchen (1901) sehr gut vertreten. Daneben finden sich eine Fassung der weltberühmten Büste La Nature von Alfons Mucha (um 1900), die seltene Tischlampe Wisteria (um 1901) von Tiffany, Junge Thrakerin mit dem Haupt des Orpheus (um 1875) von Gustave Moreau und Eingang zum Paradies (um 1903) von Wilhelm Bernatzik. Zahlreiche weitere Spitzenwerke von Künstlern wie Edward Burne-Jones (Temperantia, 1872), Fernand Khnopff (u. a. La Solitude, 1890/91), Jean Delville (u. a. L'Oracle à Dodone, 1896), Louis Majorelle, Émile Gallé (u. a. das weltweit einzige intakte Exemplar der Lampe Les Coprins, um 1902), Hector Guimard, Charles-Amable Lenoir, Henri Martin (u. a. Muse au crépuscule, um 1895), Bernhard Pankok, Richard Riemerschmid, Fidus, Karl Wilhelm Diefenbach (u. a. Du sollst nicht töten, 1906), Ludwig von Hofmann, Oskar Zwintscher (u. a. Bildnis mit gelben Narzissen, 1907), Wilhelm List (u. a. Tod der heiligen Elisabeth, um 1905) und George Minne belegen die herausragende Qualität und Breite der Sammlung. Viele Werke der Sammlung wurden erstmals auf der legendären Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 präsentiert.[16]

Jawlensky-Sammlung

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Herausragend in der Sammlung des Museum Wiesbaden sind die Arbeiten des russischen Künstlers Alexej von Jawlensky, der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Wiesbaden verbrachte. Mit 57 Gemälden und 35 Grafiken besitzt das Museum die größte Sammlung dieses Künstlers neben dem Norton Simon Museum in Pasadena. Die Sammlung umfasst frühe Werke wie das Stillleben mit Krug und Buch (um 1902), viele expressive Hauptwerke wie Dame mit Fächer (1909), Nikita (1910) oder Selbstbildnis (1912) und vor allem auch viele Werke der Bilder in Serie, wie etwa den Variationen Von Frühling, Glück und Sonne (1917) oder den in Wiesbaden entstandenen Abstrakten Köpfen wie Kopf in Rot-Weiß-Gold (1927) und den Meditationen Mein Geist wird weiterleben (1935). Unter den Stillleben herausragend ist das Gemälde Stillleben mit schwarzer Vase (1910) und unter den Landschaften, die Jawlensky gemalt hat, die Arbeit Blaue Berge (1912). Die Sammlung der Grafiken umfasst Lithographien wie Liegender weiblicher Akt (1912) und Zeichnungen wie Konstantinowka mit geneigtem Kopf (um 1912). Zuletzt wurde die Sammlung durch elf Gemälde und drei Zeichnungen aus der Sammlung Hanna Bekker vom Rath 1987 umfangreich erweitert, darunter auch das Bildnis Marianne von Werefkin aus dem Jahr 1906.

Von September 2021 bis März 2022 zeigt das Museum unter dem Titel „Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden“ eine Jubiläumsausstellung. Sie präsentiert die Sammlungsgeschichte mit Gesamtschau der Werke des Expressionisten.[17]

Expressionisten und die Sammlung Hanna Bekker vom Rath

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Schon vor dem Zweiten Weltkrieg besaß das Museum Wiesbaden eine bedeutende Sammlung mit Werken der Expressionisten. Zudem wurde regelmäßig die Sammlung des Wiesbadener Kunstsammlers und Mäzens Heinrich Kirchhoff ausgestellt, mit der viele Arbeiten der Moderne gezeigt werden konnten. Mit der Beschlagnahmungsaktion der Nationalsozialisten unter dem Titel „Entartete Kunst“ wurden sämtliche modernen Werke aus dem Museum entfernt, so dass man nach dem Krieg neu beginnen musste. Es wurden qualitätvolle Arbeiten von Paula Modersohn-Becker, Otto Mueller (Gemälde Liebespaar, 1925), Emil Nolde, Walter Jacob, Conrad Felixmüller (Gemälde Familienbildnis Kirchhoff, 1920), Karl Hofer und vor allem von Jawlenskys Weggefährtin Marianne von Werefkin (Gemälde Schindelfabrik, um 1910) erworben. Zudem erfolgte der Ankauf einer Arbeit der Russin Natalja Gontscharowa. Ein Meilenstein in der Geschichte der Kunstsammlung war der Erwerb eines großen Teils der Sammlung Hanna Bekker vom Rath. Mit dieser Sammlung bekam das Museum nicht nur elf Gemälde und drei Zeichnungen von Jawlensky, sondern 16 weitere Werke der Klassischen Moderne. Grafiken von Wassily Kandinsky und August Macke sowie je ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel (Gemälde Maske vor Buschbockfell, 1913), Adolf Hölzel, Ida Kerkovius, Willi Baumeister und Ernst Wilhelm Nay bereichern seitdem die Sammlung. Dazu kommen noch fünf Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff, unter anderem das Gemälde Selbstbildnis von 1919 und zwei Gemälde von Max Beckmann, darunter das berühmte Bildnis Weiblicher Akt mit Hund (1927). Nach dieser großen Bereicherung wurden weitere, einzelne Arbeiten aus dieser Sammlung erworben, zu erwähnen vor allem Jawlenskys Gemälde Heilandsgesicht: Ruhendes Licht aus dem Jahr 1921.

Konstruktive Künstler

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In der Sammlung stellt die konstruktive Kunst einen Schwerpunkt dar. Zwar fehlen zum Teil die großen Namen, trotzdem bietet die Sammlung einen guten Überblick. In dieser vertreten sind unter anderem László Moholy-Nagy mit dem Gemälde Architektur III, (1920), Erich Buchholz, Walter Dexel sowie die Nachkriegskünstler Klaus Staudt, Günter Fruhtrunk und François Morellet. Große Werkkomplexe existieren von dem Künstlerehepaar Robert Michel und Ella Bergmann-Michel, Anton Stankowski sowie vor allem von Friedrich Vordemberge-Gildewart mit dem Gemäldekomplex K 116, (1940). Sein Archiv wird vom Museum betreut.

Kunst nach 1945

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Die Kunstsammlung gehört auf dem Gebiet der Kunst nach 1945 zu den wichtigsten in Deutschland. Es fängt an mit der informellen Kunst. Hier werden die deutschen Künstler Karl Otto Götz (Gemälde Krakmo), (1958), Otto Greis, Heinz Kreutz, Fred Thieler, Emil Schumacher, Hann Trier, Gerhard Hoehme und Bernard Schultze (Gemälde Venen und Tang), (1955), gezeigt. Von Bernard Schultze besitzt das Museum mehrere seiner Migofs. Die anderen Positionen der Kunst der 1940er und 1950er Jahre werden durch Ernst Wilhelm Nay mit dem Gemälde Afrikanisch, (1954), Willi Baumeister, Max Ackermann, Rolf Cavael, Fritz Winter und vor allem durch den Wiesbadener Otto Ritschl mit seinem Gemälde Komposition, (1955) vergegenwärtigt.

Auf diese Künstler folgen die abstrakt malenden Künstler wie Rupprecht Geiger, Ulrich Erben, Bruno Erdmann und Gotthard Graubner. Die Gruppe ZERO und die kinetische Kunst sind vertreten durch Künstler wie Günther Uecker mit seinem Werk Spirale Weiß, (1963), Rolf Kissel, Hermann Goepfert, Heinz Mack und Adolf Luther. Auch Sigmar Polke und vor allem Gerhard Richter gehören zu der Sammlung. Von Richter besitzt das Museum fünf Gemälde, darunter das berühmte Ein Wunder rettete von 1964. Der Surrealismus wird durch zwei Werke von Max Ernst repräsentiert.

Im Museum fand 1962 das legendäre erste Fluxus-Festival[18] statt. Das Museum besitzt aus dieser Zeit Werke von Joseph Beuys, Wolf Vostell und Nam June Paik. Sein Werk Zen for Head (1962) ist Teil der Sammlung. Auch die amerikanische Nachkriegskunst ist durch einige Arbeiten ihrer Hauptvertreter vergegenwärtigt, so zum Beispiel durch Mark Rothko, Ad Reinhardt und Agnes Martin. Ebenfalls in der Sammlung vertreten sind Künstler wie Sol LeWitt, Donald Judd, Robert Mangold, Fred Sandback, Dan Flavin und Brice Marden. Das Museum besitzt zudem die größte Sammlung von Werken (Grafiken, Gemälden und Objekten) der Deutschamerikanerin Eva Hesse. Von ihr ist unter anderem das Wandobjekt Eighter from Decatur (1965) zu sehen. Die Malerei der 1970er und 1980er Jahre wird vertreten durch Künstler wie Georg Baselitz mit seinem Werk Stillleben (1969), Eugen Schönebeck, Jörg Immendorff und Thomas Bayrle.

Einen herausragenden Schwerpunkt der Sammlung bildet die Installations- und Objektkunst der letzten dreißig Jahre. Hier sind als wichtigste in der Sammlung präsente Künstler zu nennen: Dietrich Helms, Jeppe Hein, Rebecca Horn, Thomas Huber, Vollrad Kutscher, Ingeborg Lüscher, Christiane Möbus, Norbert Radermacher, Franz Erhard Walther und Dorothee von Windheim mit ihrer Arbeit Fassade III (1979).

Dazu kommen noch die Arbeiten der internationalen Künstler wie Ilya Kabakov mit seinem Werk Der Rote Waggon (1991), Micha Ullman, Richard Serra, Jochen Gerz mit seiner Arbeit Der Transsibirische-Prospekt (1977) und Christian Boltanski. Die Skulptur der Moderne ist unter anderem vertreten durch Katsura Funakoshi mit dem Kunstwerk A Tale of the Sphinx (2004).

Zwar vergibt das Museum Wiesbaden selber keine Kunstpreise, jedoch sind zwei Preise eng mit dem Haus verbunden.

Alexej-von-Jawlensky-Preis

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Alexej von Jawlensky: Selbstbildnis, 1912

Zu seinem 50. Todestag 1991 richtete die Stadt Wiesbaden den mit 18.000 Euro dotierten Alexej-von-Jawlensky-Preis ein. Alexej von Jawlensky (1865–1941) war ein bedeutender russischer Künstler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Wiesbaden verbrachte. Er wird im Turnus von etwa fünf Jahren verliehen und wurde bisher sechs Mal vergeben. Mit dem Preis verbunden ist der Ankauf einer Arbeit für das Museum Wiesbaden sowie eine Sonderausstellung zum Werk des Preisträgers im Museum Wiesbaden. Die bisherigen Preisträger waren:

Otto-Ritschl-Preis

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Der Otto-Ritschl-Preis wurde vom Museumsverein Otto Ritschl e. V. 2001 ins Leben gerufen. Otto Ritschl (1885–1976) war ein bedeutender deutscher Nachkriegskünstler, der bis zu seinem Tod in Wiesbaden lebte. Eine international besetzte Jury verleiht in unregelmäßigem Abstand den Preis, der mit einem Geldpreis und einer Ausstellung im Museum Wiesbaden verbunden ist.[23] Die bisherigen Preisträger waren:

Naturhistorische Sammlungen

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Das ursprünglich selbständige Naturhistorische Museum in Wiesbaden wurde zusammen mit dem Nassauischen Verein für Naturkunde 1829 durch Bürger der Region und mit Unterstützung des Herzogs gegründet. Das beginnende neunzehnte Jahrhundert war geprägt durch die Industrialisierung und die gewaltigen Entdeckungen in den Naturwissenschaften. So entstand auch hier der Wunsch nach einer festen Institution. Einerseits bot sich so die Möglichkeit einen bedeutsamen Bildungsort für die Bevölkerung zu etablieren, andererseits eigene Forschung zu begünstigen. Diese Ziele verfolgen die heutigen Naturhistorischen Sammlungen noch heute. Das internationale Kürzel lautet MWNH, lediglich für das Herbar wird WIES genutzt.

Wissenschaftliche Sammlungen

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Sand-Sammlung

Ursprünglich sollte die Sammlung die Natur des Herzogtums Nassau erfassen. Da es dem Herzogtum aber an einer Universität mangelte und schon mit der Gründung des Museums international aufgestellte Sammlungen integriert werden mussten, wurde dieser Ansatz fallengelassen. Heute gehören die Naturhistorischen Sammlungen zu den größeren in Deutschland mit Material aus allen Regionen der Welt. Etwa eine Million Einzelobjekte und Serien stehen der Wissenschaft und der Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung. Einige tausend erstbeschriebene Exemplare dienen insbesondere der Erforschung der Artenvielfalt. Mit wenigen Ausnahmen hat die Sammlung auch den Zweiten Weltkrieg überstanden.

Ein Großteil der Sammlung ist in Katalogen, auf Karteikarten und mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung dokumentiert. Größere Lücken bestehen insbesondere in den Bereichen der Geologie und bei den wirbellosen Tieren. Auch stehen zu zahlreichen Sammlungsstücken digitale Fotografien zur Verfügung.

Allgemeine Geologie und Mineralogie

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Noch ganz im Kleid des 19. Jahrhunderts zeigt sich die mineralogische Sammlung, da in der Ausstellung sowohl wissenschaftliche als auch Schausammlung in Vitrinen vereint sind (s. Ausstellung). Neben einer allgemeinen Mineraliensammlung mit weltweiter Herkunft liegt der Schwerpunkt auf Funden aus der Region, die insbesondere den bis vor wenigen Jahrzehnten noch bedeutenden Bergbau dokumentieren. Die wissenschaftliche Sammlung umfasst etwa 14.000 Stücke, die aktuell in einem EDV-Katalog erfasst werden.

Ausstellung, 2018

In der unmittelbaren Region Wiesbadens sind drei Erdzeitalter besonders vertreten. Etwa 50.000 Fossilien sind dokumentiert. Aus der jüngsten Erdgeschichte finden sich Zeugnisse aus dem Pleistozän, die insbesondere aus den Mosbacher Sanden stammen. Regelmäßig hatten sich Rhein und Main vor dem Mittelrheintal gestaut und mitgeführte Knochen blieben im Sediment liegen. Insbesondere aus den Warmzeiten sind zahlreiche Fossilien erhalten. Einen zweiten Schwerpunkt bildet der Fundkomplex Steedener Höhlen, wobei hier auch die mithin ältesten Artefakte Hessens gefunden wurden. Eine der bedeutendsten Sammlungen steht im Zusammenhang mit den beiden folgenden Erdzeitaltern. Es handelt sich um den größten Teil des Vermächtnisses der Brüder Guido und Fridolin Sandberger.

Das Mainzer Becken zeugt von der imposanten Lebenswelt im Tertiär. In dieser wärmeren Phase nach dem Aussterben der Dinosaurier war das Mainzer Becken regelmäßig mit den umliegenden Meeren verbunden, zwischendurch gingen diese Verbindungen verloren, das Binnenmeer süßte aus, es entstand ein See und schließlich verschwand das Wasser völlig. In diesem Wechsel lebten hier zahlreiche Tierarten, so finden sich Zeugnisse u. a. von Seekühen, Riesenhaie, riffbildende Muschelbänke, aber auch Landlebewesen, wie das Schreckenstier von Eppelsheim.

Besonders aus dem Taunus stammen Funde aus dem Devon, eine ebenso warme Zeit mit hohem Meeresspiegel. Daher finden sich in der Sammlung Zeugnisse einer gewaltigen Meeresfauna: Trilobiten, Conodonten und Graptolithen.

Daneben sind erwähnenswert: eine paläozoische und mesozoische Fischsammlung, eine umfangreiche mesozoische Wirbeltiersammlung, ein großes und vollständiges Ichthyosaurier-Exemplar von Holzmaden, eine gut sortierte paläontologische Vergleichssammlung aus den Hydrobienschichten des Mainzer Beckens, eine umfangreiche Cephalopoden-Sammlung, eine gut sortierte Brachiopoden-Sammlung und eine umfangreiche Sammlung der Fossilien aus den Taunusquarziten (inkl. Spurenfossilien).

Besonders die ersten Jahrzehnte des Museums wurden begleitet von einer sehr aktiven botanischen Sektion. Herbare waren die Arbeitsgrundlage der Pharmakologen und die medizinische Bedeutung der Botanik war noch allgemein bekannt. Mit etwa 100.000 Pflanzenpräparaten findet sich in auch heute noch ein Dokument mit überregionaler Bedeutung für die Botanik und Pharmazie. Regional liegen die mithin ältesten Funde aus dem nördlichen Oberrheintal, dem Taunus und Odenwald vor. Die Herbarien wurden vom ersten Direktor des Vereins, Friedrich Albert Pompejus von Arnoldi (1787–1838) begründet. Heute beträgt die Anzahl der Belege etwa 65.000, von denen knapp 44.000 auf die Phanerogamen (Blütenpflanzen) und gut 21.000 auf die Kryptogamen (Sporenpflanzen) entfallen. Weiterhin an der Sammlung beteiligt sind: Anton Vigener (1840–1921), Carl Friedrich Ferdinand Genth (1810–1837), Johann Daniel Wilhelm Bayrhoffer (1793–1868), Gottlieb Wilhelm Karl Leopold Fuckel (1821–1876) und Franz Rudio (1813–1877).

Daneben finden sich in der grafischen Sammlung der Bibliothek die einzig erhaltenen Pflanzen- und Pilzaquarelle der Catharina Helena Dörrien und die Aquarelle von Emil Pfeiffer. Außerdem finden sich im Museum Wiesbaden die Blattminensammlungen von Friedrich Ludwig Stellwaag und Erich Martin Hering.

Insekten aus der Coll. Merian

Den Grundstock bildet die 1829 übernommene Insektensammlung von Johann Christian Gerning (1745–1802). Diese gelangte durch den Sohn Johann Isaak von Gerning (1767–1837), einen Freund Goethes, gegen Zahlung einer Leibrente nach Wiesbaden. Die noch heute vollständig erhaltene Insektensammlung beinhaltet etwa 40.000 Tiere. Einige stammen aus den Händen von Maria Sibylla Merian (1647–1717). Später diente diese Gerning-Sammlung dem Entomologen Eugen Johann Christoph Esper (1742–1810) als eine bedeutende Grundlage für die Beschreibung europäischer Schmetterlinge. Weitere Sammler und bedeutende Entomologen sind Carl Ludwig Kirschbaum (1812–1880), Arnold Pagenstecher (1837–1913), Walter Gieseking (1895–1956) und Adolph Schenck (1803–1876). Heute stehen etwa 720.000 Tiere der Wissenschaft zur Verfügung.

Die ursprünglich sehr bedeutende Spinnen-Sammlung gehört zu den wenigen Opfern des Krieges. Mindestens Teile der von Embrik Strand (1867–1947) beschriebenen Exemplare (Typen) sind verbrannt. Neben diesen weltweiten Aufsammlungen liegt der Schwerpunkt auf regionaler Faunistik.

Unter den Wirbellosen zählt die Sammlung der Weichtiere mit über 100.000 Exemplaren und Serien zu den umfangreicheren. Hier findet sich insbesondere historisch bedeutsames Tauschmaterial zahlreicher Malakologen. In den letzten Jahren konnte das Museum zahlreiches Typen-Material aus der Privatsammlung von Jens Hemmen übernehmen.

Helmkasuar

Neben einer etwas umfangreicheren Fischsammlung und wenigen Amphibien besitzt das Museum eine hervorragende Vogelsammlung. Diese enthält nicht nur Exemplare von mehr als 2.700 Arten und Unterarten. Mehr als 3.300 Präparate sind für die Schausammlung aufgearbeitet und dienen nicht nur den Ausstellungen in Wiesbaden. Auch stammen zahlreiche erstbeschriebenen Exemplare aus den Händen von Maximilian zu Wied-Neuwied, der auf seiner Brasilienreise in der Mata Atlântica sammelte.[1] Der Großteil seiner Sammlung bildete später den Grundstock des American Museum of Natural History in New York. Auch Ernst Albert Fritze erweiterte mit seinen Sendungen aus Südostasien die Wirbeltiersammlung deutlich.

Mit lediglich 850 Schaupräparaten ist die Säugetiersammlung deutlich überschaubarer. Zahlreiche seltene oder auch schon ausgestorbene Arten befinden sich darunter, wie beispielsweise ein Pärchen Kaplöwen, Quagga, Java-Tiger und Asiatischer Löwe. Wesentlich umfangreicher sind die Taxidermie- und Trophäensammlung.

Traditionell sind Völkerkunde und Naturkunde vereint (vgl. Field Museum of Natural History). In Wiesbaden handelt es sich um eine zwar kleine, aber qualitativ hochwertige Sammlung aus Namibia, Brasilien und Kamerun. Zu den Besonderheiten zählen beispielsweise eine aus Insekten-Kokons gefertigte Tanzkette der San oder der Federschmuck aus Brasilien.

Einhergehend mit den Naturobjekten findet sich eine umfangreiche Fach- und Präsenzbibliothek für die Naturwissenschaft im Museum und ist auch so sortiert. Mit mehr als 35.000 Medien bietet sie zu zahlreichen Fachgebieten und Sammlungsgruppen Informationen. Der Zeitschriftentausch erfolgt allerdings seit 1930 über die assoziierte Hessische Landesbibliothek Wiesbaden. Auch findet sich hier ein größerer Teil der Dokumentation zum Nassauischen Verein für Naturkunde.

Dauerausstellungen

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Ausstellung zur Bewegung

Einhergehend mit dem 1915 stattgefundenen Wechsel in den Neubau an der heutigen Friedrich-Ebert-Allee konnten deutlicher die reinen Schausammlungen von den wissenschaftlichen Sammlungen getrennt werden. Allerdings blieben beide Teile räumlich noch beieinander, wie dies noch heute in der Allgemeinen Geologie/Mineralogie zu beobachten ist. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auch räumlich getrennt, und Schausammlungen enthielten nur noch den Ausstellungen dienende Präparate.

In den 1920er bis 1930er Jahren entstanden in Wiesbaden auch erstmals Dioramen zu ökologischen Themen. Durch den Krieg gelähmt, kam es erst wieder in den 1970er Jahren zu umfangreicheren Umbauten der Ausstellungen, wie beispielsweise ein Vivarium und ein Saal zum Thema Große Lebensräume.

Den Naturhistorischen Sammlungen stehen seit der Wiedereröffnung am 7. Mai 2013 1.700 Quadratmeter Dauerausstellungsfläche zur Verfügung. Jeder der vier Hauptsäle des 1. und 2. Obergeschosses behandelt ein Thema, das ein übergreifendes Phänomen beschreibt: Formen und Farben der Natur, Zeit und Bewegung der belebten und unbelebten Welt. Noch nicht wiedereröffnet ist die Historische Geologie/Mineralogie auf 300 Quadratmetern im Unterparterre.

Sonderausstellungen

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Sonderausstellung zu den Zweiflüglern, 2015

Den naturhistorischen Sammlungen stehen aktuell 800 Quadratmeter für Sonderausstellungen zur Verfügung. In der Vergangenheit präsentierte die Abteilung Ausstellungen zu den Themen Geologie (Steine im Fluss), Ökologie (Der Regenwald, Unter heißer Sonne), Erdgeschichte (Die Eiszeit), Naturgeschichte (Im Reich der Bisonjäger), Ernährung (Ökologischer Landbau), Wissenschaftsgeschichte (ZeitReise, Mit Bildern Wissen schaffen), Völkerkunde (Menschen Amazoniens) und Mathematik...zum Anfassen.

Frisch präparierter Star beim Trocknen

In dem 1915 eingeweihten Neubau standen mehr als 500 Quadratmeter für Werkstätten bereit. In dieser Zeit entstanden durch die zwei bis drei Präparatoren auch große Dermoplastiken, beispielsweise von Giraffen und Antilopen. Zahlreiche Arbeitsschritte mussten noch manuell vorgenommen werden bzw. es fehlte an modernen Techniken und Materialien. Ein Museum besaß beispielsweise auch eine komplette Druckerei, was im Zeitalter des Computers entfällt.

Neben den Gemeinschaftswerkstätten (Schreinerei und Elektrowerkstatt) gibt es für den Präparator auch heute noch entsprechende Arbeitsräume. Präparatoren benötigen heute beispielsweise Ablufträume, da sie regelmäßig auch mit giftigen Kunststoffen umgehen.

Zu den bedeutendsten Präparatoren zählte in Wiesbaden Joseph Burger (1875–1956), ein Schüler des Darmstädter Friedrich Kerz (1842–1915). Ihm sind zahlreiche hervorragend präparierte Tiere zu verdanken und neben der Kunst der Dermoplastik gehört er zu den ersten, die sich mit dem Restaurieren von Altpräparaten bzw. deren Neuaufstellung erfolgreich beschäftigte.

Forschung und Kooperationen

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Die Naturhistorischen Sammlungen in Wiesbaden sind in großen Teilen wissenschaftlich bearbeitet und so dokumentiert, dass Wissenschaftler schnellen Zugriff auf das Material haben. Den Fachgästen stehen entsprechende Arbeitsräume und -geräte zur Verfügung. Außerdem werden einige hundert Ausleihen jährlich vorgenommen. Das Museum steht in unmittelbarem Austausch mit dem Nassauischen Verein für Naturkunde und weiteren Vereinen und Arbeitskreisen der Region.

Die in der naturhistorischen Sammlung organisierte Forschung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Fachgebieten der dort arbeitenden Kustoden und hat sich demnach im Laufe der Zeit verändert. Insbesondere die Entomologie konnte von zahlreichen Mitarbeitern gefördert werden. Aktuell wird an Raubfliegen geforscht, und Wiesbaden stellt den internationalen Koordinationspunkt für diese Insektenfamilie. Im Fokus der aktuellen Arbeiten steht die Taxonomie, die Erstellung von Katalogen, Bestimmungshilfen und die Untersuchung des komplexen Verhaltens dieser Tiere.

Sammlung Nassauischer Altertümer SNA

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Die Sammlung ist seit 2011 dem Stadtmuseum Wiesbaden zugeordnet.[25] Sie ist eine der größten Altertums-, Historien- und Kunsthandwerksammlungen in Hessen. Begründet wurde sie durch den Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung. Sie umfasst Zeugnisse frühester menschlicher Zivilisationen, eine hervorragende Sammlung römischer Gegenstände, Kunsthandwerk des frühen Mittelalters bis ins 20. Jahrhundert (Sammlung Demmin), sakrale Skulptur, die Sammlung Stadtgeschichte Wiesbadens sowie Zeugnisse des Hauses Nassau. Da die Sammlung zur Zeit des letztgenannten begründet wurde, trägt sie dessen Namen. Die SNA wurde, nachdem die Bürgerinitiative „Rettet die Sammlung Nassauischer Altertümer“[26] sich vehement für den Erhalt eingesetzt hatte, 2009 an die Stadt Wiesbaden abgetreten. Dort ist sie in die Ausstellung des im Jahr 2020 eröffneten Stadtmuseums Wiesbaden integriert.

In der Sammlung der SNA bildet die Sammlung von Funden aus römischer Zeit einen Schwerpunkt. Besonders die Steindenkmäler sind einmalig. Herausragendes Stück der gesamten SNA ist der „Mithrasstein“, ein Altarbild aus dem einstigen Mithräum der römischen Stadt NIDA auf dem Gebiet des heutigen Frankfurt am Main-Heddernheim. Der Stein war bis 2003 in einem extra von der Architektur Theodor Fischers gestalteten „Mithräum“ untergebracht, das dem Umbau weichen musste. Daneben zeugen Denkmäler wie die Jupitergigantensäule (221 n. Chr.) aus Wiesbaden-Schierstein, die Statuen eines aufwändig gestaltetes „Familiengrabes“ (Mitte 1. Jh. n. Chr.) aus Ingelheim sowie der „thronende Jupiter“ (2. Viertel 3. Jh. n. Chr.) aus Wiesbaden-Igstadt vom ehemals regen römischen Leben in der Region. Ein „Genius“ (230 n. Chr.) aus Frankfurt am Main-Heddernheim rundet die Steindenkmälersammlung, zu der noch viele weitere Steine, vor allem Grabsteine, gehören, ab.

Am 28. September 2007 wurde das Museum von der deutschen Sektion des Internationalen Kunstkritikerverbandes auf ihrer Jahreshauptversammlung in Berlin zum Museum des Jahres ausgezeichnet. Die Verleihung fand am 4. November 2007 im Museum statt.

(chronologisch geordnet)

  • Ulrich Schmidt: Katalog. Städtisches Museum Wiesbaden, Gemäldegalerie. Städtisches Museum – Gemäldegalerie, Wiesbaden 1967.
  • Clemens Weiler: Die Gemäldegalerie des Wiesbadener Museums. Peters, Hanau 1968 (Meisterwerke deutscher Museen. ZDB-ID 2344821-0).
  • Bernd Fäthke: Museum Wiesbaden. In: Die Kunst und das schöne Heim. 1983, Heft 3, ISSN 0023-5423, S. 163ff.
  • Bernd Fäthke: Ohne Goethe hätte Wiesbaden vielleicht gar kein Museum. Beilage der Zeitungsgruppe Rhein-Main-Nahe, Mainz, 24. Dezember 1985.
  • Bernhard Pinsker: 200.000 Jahre Kultur und Geschichte in Nassau. Dargestellt an Objekten der Sammlung Nassauischer Altertümer des Museums Wiesbaden. Verlag des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Wiesbaden 1993, ISBN 3-922027-89-X.
  • Walter Czysz: 175 Jahre Nassauischer Verein für Naturkunde und Naturwissenschaftliche Sammlung des Museums Wiesbaden. 1829–2004. Nassauischer Verein für Naturkunde, Wiesbaden 2004, ISBN 3-9809749-1-X (Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde 125).
  • Volker Rattemeyer (Hrsg.): Das Museum Wiesbaden. Museum des Jahres 2007. Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-89258-073-7.
  • Sylvain Hodvina: Zur Naturgeschichte Wiesbadens. Die Pflanzenaquarelle des Emil Pfeiffer. DVD. Museum Wiesbaden, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-89258-089-8.
  • Alexander Klar (Hrsg.): Museum Wiesbaden. Die Kunstsammlungen. Hirmer, München 2015, ISBN 978-3-7774-2464-4.
  • Roman Zieglgänsberger (Hrsg.): Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden. (= Katalog zur gleichnamigen Ausstellung). Hirmer, München 2021, ISBN 978-3-7774-3746-0.
Commons: Museum Wiesbaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b D. Hoffmann, F. Geller-Grimm: A catalog of bird specimens associated with Prince Maximilian of Wied-Neuwied and potential type material in the natural history collection in Wiesbaden. In: ZooKeys 353, 2013, S. 81–93 (Digitalisat).
  2. Museum Wiesbaden: Geschichte. Übergang in städtischen Besitz. Abgerufen am 16. Januar 2019.
  3. Auszeichnung für großes ehrenamtliches Engagement. In: frankfurt-live.com. 20. August 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. November 2017; abgerufen am 5. November 2017.
  4. Neuer Glanz für das Museum Wiesbaden. In: verwaltung.hessen.de. Abgerufen am 5. November 2017.
  5. Sammlung Nassauischer Altertümer. In: www.wiesbaden.de. Abgerufen am 5. November 2017.
  6. Museum Wiesbaden. In: museen-in-hessen.de. Abgerufen am 5. November 2017.
  7. Provenienzforschung. In: www.museum-wiesbaden.de. Abgerufen am 5. Juli 2019.
  8. Ein gutes Projekt am falschen Ort. In: www.deutschlandfunkkultur.de. 5. April 2015, abgerufen am 6. Juli 2019.
  9. Jugendstil-Sammlung von F.W. Neess im Museum Wiesbaden. In: www.wiesbaden.de. Abgerufen am 28. Juni 2019.
  10. Peter Forster im Interview zum Jugendstil. In: www.wiesbadener-kulturgespräche..de. 1. Juni 2019, abgerufen am 28. Juli 2019.
  11. Dr. Alexander Klar wird neuer Direktor der Hamburger Kunsthalle. In: www.hamburger-kunsthalle.de. Abgerufen am 14. Juli 2019.
  12. Birgitta Lamparth: Neuer Direktor im Landesmuseum in Wiesbaden. In: wiesbadener-kurier.de. 16. Dezember 2019, abgerufen am 18. Dezember 2019.
  13. Die Suche nach Nazi-Raubkunst in Museen. In: www.focus.de. 7. November 2014, abgerufen am 11. November 2017 (Artikel wurde von dpa verfasst).
  14. Datenbank zum Beschlagnahmeinventar der Aktion „Entartete Kunst“, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, FU Berlin
  15. Kollwitz und Barlach - Im Tod vereint. 29 Jul 2016 — 23 Okt 2016. In: museum-wiesbaden.de. Abgerufen am 11. November 2017.
  16. Peter Forster; Sabine Panchaud (Hrsg.): Radikal schön – Jugendstil und Symbolismus: Die Sammlung Ferdinand Wolfgang Neess. Deutscher Kunstverlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-422-98049-5.
  17. Museum Wiesbaden. Alles! 100 Jahre Jawlensky in Wiesbaden. 2021
  18. Hellmuth Vensky: 50 Jahre Fluxus: Kaputt gemacht, kaputt gelacht. Wenn am Ende eines Konzerts das Klavier in Trümmern liegt, waren keine Hooligans am Werk, sondern Künstler: Die Kunstrichtung Fluxus wird 50. In: www.zeit.de. 12. September 2012, abgerufen am 25. Februar 2018.
  19. Alexej-von-Jawlensky-Preis 2010. Website der Stadt Wiesbaden (Memento vom 16. August 2012 im Internet Archive).
  20. Richard Serra, „Props, Films, Early Works“, Museum Wiesbaden, März bis Juni 2017 Website des Museums Wiesbaden, abgerufen am 17. Dezember 2017
  21. Frank Stella erhält den Jawlensky-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden. Pressemitteilung der Stadt Wiesbaden, 18. November 2020.
  22. [1]
  23. Otto-Ritschl-Preis. Museum Wiesbaden (Memento vom 26. Juli 2011 im Internet Archive).
  24. [2]
  25. Nassauische Altertümer ziehen um. Frankfurter Rundschau, 18. Juni 2009, abgerufen am 17. Februar 2019.
  26. Wilfried Lüderitz: Die Sammlung Nassauischer Altertümer im Abseits. September 2004 (PDF) (Memento vom 14. Dezember 2016 im Internet Archive).
  27. Museum Wiesbaden (= Museums-Check. Folge 73). In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 16. Januar 2025.

Koordinaten: 50° 4′ 39″ N, 8° 14′ 45″ O