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„Villa Tidenheim“ – Versionsunterschied

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'''Villa Tidenheim''' ist eine Ortsbezeichnung ([[lateinische Sprache|Mittellateinisch]] ''[[:wikt:villa|villa]]'' = Dorf, Dorfmark, Siedlung, Hof) im [[Lorscher Codex]]. Sie erscheint in dieser Schreibweise nur einmal urkundlich, und zwar mit Bezug zu einer Schenkung eines gewissen Scerphuin in Tidenheim an das [[Kloster Lorsch]] „an dem 13. kalenden des April im 14. (Regierungs-)Jahr des Königs Karl“ - das war der [[20. März]] des Jahres [[782]]. Die Eintragung erwähnt auch, dass der Abt des Klosters damals Gundeland war - ein Irrtum, denn Gundeland war bereits 778 gestorben.
'''Villa Tidenheim''' ist eine Ortsbezeichnung ([[lateinische Sprache|Mittellateinisch]] ''villa'' = Dorf, Dorfmark, Siedlung, Hof) im [[Lorscher Codex]]. Sie erscheint in dieser Schreibweise nur einmal urkundlich, und zwar mit Bezug zu einer Schenkung eines gewissen Scerphuin in Tidenheim an das [[Kloster Lorsch]] „an dem 13. kalenden des April im 14. (Regierungs-)Jahr des Königs Karl“ das war der 20. März des Jahres 782. In dieser Schenkung wird auch eine Kirche erwähnt. Die Eintragung führt an, dass der Abt des Klosters damals Gundeland war ein Irrtum, denn Gundeland war bereits 778 gestorben<ref> Magistrat der Stadt Bad Homburg (Hrsg.): 1200 Jahre Bad Homburg (Bad Homburg 1982), S. 7</ref>.


Im Lorscher Codex finden sich weitere ähnlich klingende Ortsbezeichnungen (Ditincheim, Titincheim, Tintingheim, Tittingesheim) mit unterschiedlichen Zeitangaben, die sich auf eine Siedlung im [[Niddagau]] beziehen. Auch in den [[Eppstein]]schen Lehensverzeichnissen werden etwa ''Dyedenkeim'' und ''Didencheim'' genannt. Allgemein wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um unterschiedliche Schreib- und Bildungsweisen des Namens eines einzigen Dorfes handelt, da das [[Mittelalter]] noch keine verbindliche Rechtschreibung von Ortsbezeichnungen kannte. Die heutige Schreibweise ist ''Dietigheim''.
Im Lorscher Codex finden sich weitere ähnlich klingende Ortsbezeichnungen (Ditincheim, Titincheim, Tintingheim, Tittingesheim) mit unterschiedlichen Zeitangaben, die sich auf eine Siedlung im [[Niddagau]] beziehen<ref>Krüger, Astrid: Zur Erwähnung Dietigheims (OT von Bad Homburg) im Lorscher Codex, in: ''Abschlussbericht'' (siehe ''Literatur'') S. 30 ff.</ref>. Auch in den [[Eppstein]]schen Lehensverzeichnissen<ref> Wagner, P., Die Eppsteinschen Lehensverzeichnisse und Zinsregister des XIII Jahrhunderts (Wiesbaden/München 1927)</ref> werden etwa ''Dyedenkeim'' und ''Didencheim'' genannt. Allgemein wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um unterschiedliche Schreib- und Bildungsweisen des Namens eines einzigen Dorfes handelt, da das [[Mittelalter]] noch keine verbindliche Rechtschreibung von Ortsbezeichnungen kannte. Die heutige Schreibweise ist ''Dietigheim''.


Sprachwissenschaftlich ist allerdings festzustellen, dass ''Tidenheim'' und ''Dietigheim'' zwar aus dem Personennamen ''Tido'' bzw. einer Ableitung davon gebildet wurden, an die dann die Endung „-heim“ angehängt wurde. Grammatisch gesehen aber unterscheiden sich beide Formen; gab es also doch zwei verschiedene Dörfer? Dafür spricht, dass [[C.D. Vogel]] in seiner „Beschreibung des [[Herzogtum Nassau|Herzogthums Nassau]]“ 1843 ausführte, Tidenheim habe bei [[Eschborn]] gelegen und sei 875 durch ein „Hochgewitter“ zerstört worden, jedoch erinnere noch der Namen eines Feldes daran. Über das gleiche Unglück, allerdings ohne Nennung von Tidenheim, berichtet schon 1731 Johann Adam Bernhard in seinen ''Antiquitates Wetteravae'' und gibt sogar zwei Quellen an, in denen diese Nachricht enthalten sei.
Sprachwissenschaftlich<ref>Mündliche Mitteilung Prof. Dr. E.E. Metzner, Universität Frankfurt, 2005</ref> ist allerdings festzustellen, dass ''Tidenheim'' und ''Dietigheim'' zwar aus dem Personennamen ''Tido/Dito'' bzw. einer Ableitung davon gebildet wurden, an die dann die Endung „-heim“ angehängt wurde. Grammatisch gesehen unterscheiden sich aber beide Formen; gab es also doch zwei verschiedene Dörfer? Dafür spricht, dass im [[Codex Eberhardi]] des [[Kloster]]s [[Fulda]] wiederholt der Name „Dito“ erscheint, z. B. ein „Dito comes“ genannt wird, der dem Kloster in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts Schenkungen machte. „Dito“ ist als Eigenname also verbürgt und damit auch seine Verwendung in dem „-heim“-Ort „villa Tidenheim“, wobei es im Codex Eberhardi jedoch keinen Hinweis auf eine Verbindung zum „comes“ gibt.


C.D. Vogel<ref> Vogel, Christian D., Beschreibung des Herzogthums Nassau (Wiesbaden 1843), 866f.</ref> führte 1843 in seiner „Beschreibung des [[Herzogtum Nassau|Herzogthums Nassau]]“ aus, Tidenheim habe bei [[Eschborn]] gelegen und sei 875 durch ein „Hochgewitter“ zerstört worden, jedoch erinnere noch der Namen eines Feldes daran. Über das gleiche Unglück, allerdings ohne Nennung von Tidenheim, berichtete schon 1731 [[Johann Adam Bernhard]] in seinen ''Antiquitates Wetteravae''<ref>Bernhard, J. A., Johann Adam Bernhards Antiquitates Wetteraviae oder Alterthümer der Wetterau, …Wozu noch kommt Erasmi Alberi und Marquardi Freheri, unter dem Nahmen Weyrich Wettermanns Kurtze Beschreibung der Wetterau (Hanau 1731) </ref> und gibt sogar zwei Quellen an, in denen diese Nachricht enthalten sei.
Friedrich Kofler bestritt rund 40 Jahre später die Angaben Vogels und berief sich hinsichtlich des an Tidenheim erinnernden Feldes auf einen von ihm befragten Eschborner Pfarrer, dem es unbekannt war. Die in den letzten Jahren herausgegebene Flurnamenkarte der Historischen Gesellschaft Eschborn für die Zeit vor 1887 zeigt ebenfalls nichts Ähnliches auf, wobei allerdings einschränkend zu sagen ist, dass dabei auch Grundstücksbezeichnungen mit „Chaussee“ und „Eisenbahn“ erscheinen, die nicht gerade auf ein hohes Alter dieser Flurnamen hinweisen, andererseits aber auch nichts über das Alter der übrigen aussagen.


Eine mögliche Lokalisierung bot 1865 Friedrich Scharff, der zwar feststellt, das Tidenheimer Feld lasse sich nicht belegen, sich dann aber auf den Bürgermeister Kuntz bezieht. Von diesem habe er erfahren, dass sich in einem bestimmten Bereich, dessen Flurnamen er angibt, „Basalt- und Ziegelsteine“ im Boden gefunden hätten, die auf eine kleine Kirche oder Kapelle hindeuten könnten<ref>Scharff, Friedrich, Die Strassen der Frankenfurt, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 11, 1865, S. 202–254, Fußnote Seite 225 </ref>.
Die ''Antiquitates Wetteraviae'' kannte Kofler offensichtlich nicht. Sein „Dietigheim“ ortete er im Tal unterhalb des heutigen [[Schloss Bad Homburg|Bad Homburger Schloss]]es, das demnach nicht mit Tidenheim identisch sein kann. Kofler konnte seine Auffassung zusätzlich mit Schriftquellen untermauern, aus denen sich ergab, dass die ursprüngliche Bezeichnung des „Tals“ tatsächlich ''Dietigheim'' war. Auch in den „Eppsteinschen Lehensverzeichnissen“ wird Dietigheim als „iuxta Hohenberch“ bezeichnet, also in der Nähe von [[Bad Homburg|Homburg]] befindlich - dem heutigen Bad Homburg, das den Zusatz "Bad" erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt.


Friedrich Kofler<ref> Kofler, Friedrich: Didigheim, in: Quartalblätter des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen, Nr. 1–4 von 1879 (Darmstadt 1880) </ref> bestritt rund 40 Jahre später die Angaben Vogels und berief sich hinsichtlich des an Tidenheim erinnernden Feldes (ohne Scharffs' Hinweis zu erwähnen) auf einen von ihm befragten Eschborner Pfarrer, dem es unbekannt war. Die in den letzten Jahren herausgegebene Flurnamenkarte der Historischen Gesellschaft Eschborn für die Zeit vor 1887 zeigt ebenfalls nichts Ähnliches auf, wobei allerdings einschränkend zu sagen ist, dass dabei auch Grundstücksbezeichnungen mit „Chaussee“ und „Eisenbahn“ erscheinen, die nicht gerade auf ein hohes Alter dieser Flurnamen hinweisen, andererseits aber auch nichts über das Alter der übrigen aussagen.
Dies sagte jedoch nichts über das Alter der im Tal gelegenen Siedlung aus. Ausgrabungen im Jahre 2002 haben nun ergeben, dass die dortige Ansiedlung frühestens um 1300 entstanden sein kann. Verschiedene Umstände (zum Beispiel die Tatsache, dass "-heim"-Namen nur etwa bis Ende des 8. Jahrhunderts vergeben wurden, die Siedlung "Dietigheim" also schon lange vor 1300 existiert haben musste) deuten darauf hin, dass es sich um eine der im Mittelalter recht häufigen Umsiedlungen handelte. Es ist aber nicht ersichtlich, woher die Umsiedler kamen, da darüber keine direkten Schriftquellen vorliegen. Aus dem Tidenheim bei Eschborn kamen sie jedenfalls nicht, denn das war ja nach Vogels Angaben bereits 875 untergegangen. So ist wohl davon auszugehen, dass es ein zweites Dorf gab - jedoch wo?


Kofler ortete sein „Dietigheim“ im Tal unterhalb des heutigen [[Schloss Bad Homburg|Bad Homburger Schlosses]], das demnach nicht mit Vogels ''Tidenheim'' identisch sein kann. Er konnte seine Auffassung zusätzlich mit Schriftquellen untermauern, aus denen sich ergab, dass die ursprüngliche Bezeichnung des „Tals“ tatsächlich ''Dietigheim'' war. Auch in den „Eppsteinschen Lehensverzeichnissen“ wird Dietigheim als „iuxta Hohenberch“ bezeichnet, also in der Nähe von [[Bad Homburg vor der Höhe|Homburg]] befindlich dem heutigen Bad Homburg, das den Zusatz „Bad“ erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt.
Lediglich als Vermutung existiert die Überlegung, Dietigheim könne in dem Areal mit dem Flurnamen „Hofstadt“ in [[Gonzenheim]], einem Vorort östlich von Bad Homburg, gelegen haben. Kofler zitiert in seinem in Englisch geschriebenen Führer zu Homburg 1880 eine alte Sage, nach der Gonzenheim früher viel größer gewesen sei und dort auch eine Burg der homburgischen Ritter Brendel gelegen habe. Eine Interpretation, dass Dietigheim mit der Brendelschen Burg nach Homburg "umgezogen" sein könnte, wäre zwar möglich, reicht allerdings kaum als überzeugender Beweis aus.


Dies sagte jedoch nichts über das Alter der im Tal gelegenen Siedlung aus. Ausgrabungen im Jahre 2002 haben nun ergeben, dass die dortige Ansiedlung frühestens um 1300 entstanden ist. Verschiedene Umstände (zum Beispiel die Tatsache, dass -heim“-Namen nur etwa bis Ende des 8. Jahrhunderts vergeben wurden, die Siedlung „Dietigheim“ also schon lange vor 1300 existiert haben musste) deuten darauf hin, dass es sich um eine der im Mittelalter recht häufigen Umsiedlungen handelte<ref>Vergl. dazu den Abschnitt 6 der Magisterarbeit von Rüdiger Kurth (siehe ''Literatur''): Historische Quellen zur Frühgeschichte Gonzenheims</ref>. Es ist aber nicht ersichtlich, woher die Umsiedler kamen, da darüber keine direkten Schriftquellen vorliegen. Aus dem Tidenheim bei Eschborn kamen sie jedenfalls nicht, denn das war ja nach Vogels Angaben bereits 875 untergegangen. So ist wohl davon auszugehen, dass es ein zweites Dorf gab jedoch wo?
Abweichend davon wird auch das Georgenfeld in der entgegen gesetzten, westlichen Richtung als möglicher Standort von ''Dietigheim'' vermutet. Eine Klärung dieser Frage steht aus.


Lediglich als Vermutung existiert die Überlegung, Dietigheim könne in dem Areal mit dem Flurnamen „Hofstadt“ in [[Gonzenheim]]<ref>Kurth, op. cit., Abschnitt 6.3.2: Die Flur „Hofstadt“ in Gonzenheim und ihre Bedeutung</ref>, einem Vorort östlich von Bad Homburg, gelegen haben. Kofler zitiert in seinem in Englisch geschriebenen Führer zu Homburg 1880 eine alte Sage, nach der Gonzenheim früher viel größer gewesen sei und dort auch eine Burg der homburgischen [[Brendel von Homburg|Ritter Brendel]] gelegen habe. Eine Interpretation, dass Dietigheim mit der Brendelschen Burg nach Homburg „umgezogen“ sein könnte, wäre zwar möglich, reicht allerdings kaum als überzeugender Beweis aus.
[[Kategorie:Mittelalter]]

Abweichend davon wird auch das Georgenfeld in der entgegengesetzten, westlichen Richtung als möglicher Standort von ''Dietigheim'' vermutet. Eine Klärung dieser Frage steht aus.

== Literatur ==
* Abschlussbericht: Die Untersuchungsergebnisse der archäologischen Sondergegrabung „Untergasse“ in Bad Homburg v. d. Höhe (Mai 2002) sowie der naturwissenschaftlichen und mediävistischen Analysen (2002/2003), Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Seminar für Vor- und Frühgeschichte, o.&nbsp;J.
* Kurth, Rüdiger: Bad Homburg-Gonzenheim in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, Magisterarbeit am Seminar für Vorgeschichte Marburg (Bad Homburg 2006)
* Lotz, Friedrich: Geschichte der Stadt Bad Homburg vor der Höhe mit den Stadtteilen Kirdorf und Gonzenheim, Band I: Begegnung mit Urkunden (Frankfurt 1964)
* Magistrat der Stadt Bad Homburg (Hrsg.), Gonzenheim. Begleitheft zur Ausstellung „Gonzenheim im Wandel der Zeit“ aus Anlass der 1200-Jahrfeier der Stadt Bad Homburg v.d. Höhe, veranstaltet vom Vereinsring Gonzenheim am 9. und 10. Oktober 1982 im Vereinshaus Gonzenheim (Bad Homburg 1982)

== Anmerkungen und Einzelnachweise ==
<references/>

[[Kategorie:Geographie des Mittelalters]]
[[Kategorie:Taunus]]
[[Kategorie:Taunus]]
[[Kategorie:Geschichte (Rhein-Main)]]
[[Kategorie:Abgegangenes Bauwerk in Hessen]]

Aktuelle Version vom 1. Januar 2024, 23:40 Uhr

Villa Tidenheim ist eine Ortsbezeichnung (Mittellateinisch villa = Dorf, Dorfmark, Siedlung, Hof) im Lorscher Codex. Sie erscheint in dieser Schreibweise nur einmal urkundlich, und zwar mit Bezug zu einer Schenkung eines gewissen Scerphuin in Tidenheim an das Kloster Lorsch „an dem 13. kalenden des April im 14. (Regierungs-)Jahr des Königs Karl“ – das war der 20. März des Jahres 782. In dieser Schenkung wird auch eine Kirche erwähnt. Die Eintragung führt an, dass der Abt des Klosters damals Gundeland war – ein Irrtum, denn Gundeland war bereits 778 gestorben[1].

Im Lorscher Codex finden sich weitere ähnlich klingende Ortsbezeichnungen (Ditincheim, Titincheim, Tintingheim, Tittingesheim) mit unterschiedlichen Zeitangaben, die sich auf eine Siedlung im Niddagau beziehen[2]. Auch in den Eppsteinschen Lehensverzeichnissen[3] werden etwa Dyedenkeim und Didencheim genannt. Allgemein wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um unterschiedliche Schreib- und Bildungsweisen des Namens eines einzigen Dorfes handelt, da das Mittelalter noch keine verbindliche Rechtschreibung von Ortsbezeichnungen kannte. Die heutige Schreibweise ist Dietigheim.

Sprachwissenschaftlich[4] ist allerdings festzustellen, dass Tidenheim und Dietigheim zwar aus dem Personennamen Tido/Dito bzw. einer Ableitung davon gebildet wurden, an die dann die Endung „-heim“ angehängt wurde. Grammatisch gesehen unterscheiden sich aber beide Formen; gab es also doch zwei verschiedene Dörfer? Dafür spricht, dass im Codex Eberhardi des Klosters Fulda wiederholt der Name „Dito“ erscheint, z. B. ein „Dito comes“ genannt wird, der dem Kloster in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts Schenkungen machte. „Dito“ ist als Eigenname also verbürgt und damit auch seine Verwendung in dem „-heim“-Ort „villa Tidenheim“, wobei es im Codex Eberhardi jedoch keinen Hinweis auf eine Verbindung zum „comes“ gibt.

C.D. Vogel[5] führte 1843 in seiner „Beschreibung des Herzogthums Nassau“ aus, Tidenheim habe bei Eschborn gelegen und sei 875 durch ein „Hochgewitter“ zerstört worden, jedoch erinnere noch der Namen eines Feldes daran. Über das gleiche Unglück, allerdings ohne Nennung von Tidenheim, berichtete schon 1731 Johann Adam Bernhard in seinen Antiquitates Wetteravae[6] und gibt sogar zwei Quellen an, in denen diese Nachricht enthalten sei.

Eine mögliche Lokalisierung bot 1865 Friedrich Scharff, der zwar feststellt, das Tidenheimer Feld lasse sich nicht belegen, sich dann aber auf den Bürgermeister Kuntz bezieht. Von diesem habe er erfahren, dass sich in einem bestimmten Bereich, dessen Flurnamen er angibt, „Basalt- und Ziegelsteine“ im Boden gefunden hätten, die auf eine kleine Kirche oder Kapelle hindeuten könnten[7].

Friedrich Kofler[8] bestritt rund 40 Jahre später die Angaben Vogels und berief sich hinsichtlich des an Tidenheim erinnernden Feldes (ohne Scharffs' Hinweis zu erwähnen) auf einen von ihm befragten Eschborner Pfarrer, dem es unbekannt war. Die in den letzten Jahren herausgegebene Flurnamenkarte der Historischen Gesellschaft Eschborn für die Zeit vor 1887 zeigt ebenfalls nichts Ähnliches auf, wobei allerdings einschränkend zu sagen ist, dass dabei auch Grundstücksbezeichnungen mit „Chaussee“ und „Eisenbahn“ erscheinen, die nicht gerade auf ein hohes Alter dieser Flurnamen hinweisen, andererseits aber auch nichts über das Alter der übrigen aussagen.

Kofler ortete sein „Dietigheim“ im Tal unterhalb des heutigen Bad Homburger Schlosses, das demnach nicht mit Vogels Tidenheim identisch sein kann. Er konnte seine Auffassung zusätzlich mit Schriftquellen untermauern, aus denen sich ergab, dass die ursprüngliche Bezeichnung des „Tals“ tatsächlich Dietigheim war. Auch in den „Eppsteinschen Lehensverzeichnissen“ wird Dietigheim als „iuxta Hohenberch“ bezeichnet, also in der Nähe von Homburg befindlich – dem heutigen Bad Homburg, das den Zusatz „Bad“ erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt.

Dies sagte jedoch nichts über das Alter der im Tal gelegenen Siedlung aus. Ausgrabungen im Jahre 2002 haben nun ergeben, dass die dortige Ansiedlung frühestens um 1300 entstanden ist. Verschiedene Umstände (zum Beispiel die Tatsache, dass „-heim“-Namen nur etwa bis Ende des 8. Jahrhunderts vergeben wurden, die Siedlung „Dietigheim“ also schon lange vor 1300 existiert haben musste) deuten darauf hin, dass es sich um eine der im Mittelalter recht häufigen Umsiedlungen handelte[9]. Es ist aber nicht ersichtlich, woher die Umsiedler kamen, da darüber keine direkten Schriftquellen vorliegen. Aus dem Tidenheim bei Eschborn kamen sie jedenfalls nicht, denn das war ja nach Vogels Angaben bereits 875 untergegangen. So ist wohl davon auszugehen, dass es ein zweites Dorf gab – jedoch wo?

Lediglich als Vermutung existiert die Überlegung, Dietigheim könne in dem Areal mit dem Flurnamen „Hofstadt“ in Gonzenheim[10], einem Vorort östlich von Bad Homburg, gelegen haben. Kofler zitiert in seinem in Englisch geschriebenen Führer zu Homburg 1880 eine alte Sage, nach der Gonzenheim früher viel größer gewesen sei und dort auch eine Burg der homburgischen Ritter Brendel gelegen habe. Eine Interpretation, dass Dietigheim mit der Brendelschen Burg nach Homburg „umgezogen“ sein könnte, wäre zwar möglich, reicht allerdings kaum als überzeugender Beweis aus.

Abweichend davon wird auch das Georgenfeld in der entgegengesetzten, westlichen Richtung als möglicher Standort von Dietigheim vermutet. Eine Klärung dieser Frage steht aus.

  • Abschlussbericht: Die Untersuchungsergebnisse der archäologischen Sondergegrabung „Untergasse“ in Bad Homburg v. d. Höhe (Mai 2002) sowie der naturwissenschaftlichen und mediävistischen Analysen (2002/2003), Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main, Seminar für Vor- und Frühgeschichte, o. J.
  • Kurth, Rüdiger: Bad Homburg-Gonzenheim in vor- und frühgeschichtlicher Zeit, Magisterarbeit am Seminar für Vorgeschichte Marburg (Bad Homburg 2006)
  • Lotz, Friedrich: Geschichte der Stadt Bad Homburg vor der Höhe mit den Stadtteilen Kirdorf und Gonzenheim, Band I: Begegnung mit Urkunden (Frankfurt 1964)
  • Magistrat der Stadt Bad Homburg (Hrsg.), Gonzenheim. Begleitheft zur Ausstellung „Gonzenheim im Wandel der Zeit“ aus Anlass der 1200-Jahrfeier der Stadt Bad Homburg v.d. Höhe, veranstaltet vom Vereinsring Gonzenheim am 9. und 10. Oktober 1982 im Vereinshaus Gonzenheim (Bad Homburg 1982)

Anmerkungen und Einzelnachweise

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  1. Magistrat der Stadt Bad Homburg (Hrsg.): 1200 Jahre Bad Homburg (Bad Homburg 1982), S. 7
  2. Krüger, Astrid: Zur Erwähnung Dietigheims (OT von Bad Homburg) im Lorscher Codex, in: Abschlussbericht (siehe Literatur) S. 30 ff.
  3. Wagner, P., Die Eppsteinschen Lehensverzeichnisse und Zinsregister des XIII Jahrhunderts (Wiesbaden/München 1927)
  4. Mündliche Mitteilung Prof. Dr. E.E. Metzner, Universität Frankfurt, 2005
  5. Vogel, Christian D., Beschreibung des Herzogthums Nassau (Wiesbaden 1843), 866f.
  6. Bernhard, J. A., Johann Adam Bernhards Antiquitates Wetteraviae oder Alterthümer der Wetterau, …Wozu noch kommt Erasmi Alberi und Marquardi Freheri, unter dem Nahmen Weyrich Wettermanns Kurtze Beschreibung der Wetterau (Hanau 1731)
  7. Scharff, Friedrich, Die Strassen der Frankenfurt, in: Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst 11, 1865, S. 202–254, Fußnote Seite 225
  8. Kofler, Friedrich: Didigheim, in: Quartalblätter des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen, Nr. 1–4 von 1879 (Darmstadt 1880)
  9. Vergl. dazu den Abschnitt 6 der Magisterarbeit von Rüdiger Kurth (siehe Literatur): Historische Quellen zur Frühgeschichte Gonzenheims
  10. Kurth, op. cit., Abschnitt 6.3.2: Die Flur „Hofstadt“ in Gonzenheim und ihre Bedeutung