„Religion“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt die Weltanschauung. Zum Lied von Front 242 siehe [[Religion (Lied)]].}} |
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{{Portal|Religion}} |
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[[Datei:Religious syms.svg|mini|Symbole einiger Religionen: [[Christentum]], [[Judentum]], [[Hinduismus]], [[Islam]], [[Buddhismus]], [[Shintō]], [[Sikhismus]], [[Bahaitum]], [[Jainismus]]]] |
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Als '''Religion''' wird oftmals ein in größeren Bevölkerungsgruppen verankertes System von [[Vorstellung|Vorstellungen]] über die [[Existenz]] von Gegebenheiten jenseits des sinnlich Erfahrbaren bezeichnet. Religiöse Menschen richten ihr Leben nach einem sinngebenden Ganzen. |
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'''Religion''' (von {{laS|religio|de=gewissenhafte Berücksichtigung, Sorgfalt}}, zu {{laS|relegere|de=bedenken, achtgeben}}, ursprünglich gemeint ist „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorzeichen und Vorschriften“)<ref>''Religion.'' In: ''Kluge etymologisches Wörterbuch.'' 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin 2002.</ref> ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher [[Weltanschauung]]en, deren Grundlage meist der jeweilige [[Glaube (Religion)|Glaube]] an bestimmte [[Transzendenz|transzendente]] (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte<ref>Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität.'' In: ''Sociology in Switzerland. Sociology of Religion.'' Zürich 2012 ([http://socio.ch/relsoc/t_haslinger.pdf PDF; 610 kB]). S. 3–4.</ref> sowie häufig auch an [[heilig]]e Objekte darstellt.<ref group="A">Wernhart, S. 10–24.</ref> Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Religion zumeist sowohl für die ''individuelle'' Religiosität als auch für die ''kollektive'' Religionstradition verwendet.<ref group="A">Wernhart, S. 28–29.</ref> |
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Diese in sehr langen [[Tradition|Traditionen]] entstandene ''[[Weltanschauung|Welterklärung]]'' bzw. Anleitung zur ''Lebensbewältigung'' wird in der westlichen Welt aufgrund christlicher Traditionen häufig mit der Kurzformel „[[Glaube]]“ zusammengefasst. Hierbei handelt es sich um den zumeist [[Institution|institutionalisierten]] und organisierten [[Glaube]]n an eine oder mehrere persönliche oder auch unpersönliche [[Transzendenz|transzendente]] Wesenheiten (z. B. eine [[Gott]]heit, [[Geist]]er und [[Ahnen]]) und/oder Prinzipien (z. B. [[Dao]], [[Dhamma]]) und/oder andere Vorstellungen, wie z.B. [[Nirvana]] und [[Jenseits]]. |
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Die Lehren einer ''Religion'' sind meist nicht beweisbar im Sinne der [[Wissenschaftstheorie]], sondern beruhen auf dem Glauben an Mitteilungen bestimmter Vermittler ([[Religionsstifter]], [[Prophet]]en, [[Schamane]]n) oder an [[Intuition|intuitive]] und individuelle Erfahrungen. Solche [[Spiritualität|spirituellen]] Mitteilungen oder Erfahrungen werden in vielen Religionen als [[Offenbarung]] bezeichnet. [[Skeptizismus|Skeptiker]] und [[Religionskritik]]er suchen demgegenüber allein nach kontrollierbarem Wissen durch [[Rationalität|rationale]] Erklärungen. |
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Allerdings erfasst der westliche Ansatz einer Definition mit Hilfe des Begriffs „Glauben“ nicht alle Religionen, da dieser Terminus in einigen Religionen nicht oder kaum existiert und damit nicht das eigentliche Merkmal dieser Religion sein kann. |
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Religion kann wie auch andere Weltanschauungen [[Wertvorstellung]]en [[normativ]] beeinflussen, menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen, und in diesem Zusammenhang eine Reihe von ökonomischen, politischen und psychologischen Funktionen erfüllen.<ref name="Harris">Marvin Harris: ''Kulturanthropologie – Ein Lehrbuch.'' Aus dem Amerikanischen von Sylvia M. Schomburg-Scherff. Campus, Frankfurt/New York 1989, ISBN 3-593-33976-5, S. 278–279.</ref> Diese umfassenden Eigenschaften von Religion bergen in sich das Risiko der Bildung [[Ideologie#Ideologie und Religion|religiöser Ideologien]].<ref>Peter Tepe: ''Ideologie.'' De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-019051-9, S. 6, 135–136.</ref> |
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Ein weiteres Problem stellt die Definition einer Gemeinschaft als Religion dar. Einige Religionen beruhen auf philosophischen Systemen, bei anderen ist die politische Orientierung oder die [[Spiritualität]] sehr ausgeprägt. Eine klare Abgrenzung ist unmöglich, Überschneidungen finden sich in nahezu allen Religionen und insbesondere bei der Rezeption durch einzelne Menschen. Den meisten Religionen sind [[Heil|Heilslehren]], [[Symbol]]systeme und [[Ritual|Rituale]] zu eigen. Vor diesem Hintergrund werden populäre Einteilungen vorgenommen. |
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In der Religionswissenschaft nimmt man heute nicht mehr an, dass Religion ein Phänomen sei, das in allen Kulturen und Zeitaltern anzutreffen sei und daher ein menschliches Grundbedürfnis wäre. Vielmehr gilt der Religionsbegriff in der heutigen Ausformung als modernes Konzept.<ref>King, Richard: Colonialism, Hinduism and the Discourse of Religion, in: Rethinking Religion in India. The colonial construction of Hinduism, hg. von Esther Bloch et al., Abingdon/New York 2010, S. 95–113, hier S. 97.</ref> |
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Beispiele für bekannte Religionen sind [[Judentum]], [[Christentum]], [[Islam]], [[Hinduismus]], [[Buddhismus]], [[Daoismus]], [[Konfuzianismus]], [[Sikhismus]], [[Shinto]] und [[Baha'i]] ''(siehe auch [[Liste der Religionen der Welt]])''. |
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Während unterschiedliche Wissenschaftler die Entstehung des Religionsbegriffes in der heutigen Bedeutung erst in die Mitte des 19. Jahrhunderts datieren,<ref>Bergunder, M.: Umkämpfte Historisierung Die Zwillingsgeburt von »Religion« und »Esoterik« in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und das Programm einer globalen Religionsgeschichte, in: Wissen um Religion: Erkenntnis – Interesse Epistemologie und Episteme in Religionswissenschaft und Interkultureller Theologie, hg. von Klaus Hock, Leipzig 2020, S. 50.</ref><ref>Die Theologische Realenzyklopädie, Bd. 28 (1997), S. 514.</ref><ref>Brekke, T.: Introduction. Modernity and Hinduism, in: The Oxford History of Hinduism: Modern Hinduism, Oxford 2019, S. 4.</ref> nehmen andere bereits für das 18. oder 17. Jahrhundert eine Konsolidierung des Begriffes an. Es ist darum problematisch, vor dieser Zeit von „Religion“ zu sprechen. Dennoch lassen sich in vormodernen Kulturen fast ausnahmslos Phänomene finden, die mit dem modernen Begriff „Religion“ zu beschreiben sind.<ref>Josef Franz Thiel: ''Religionsethnologie,'' erschienen in: Horst Balz, James K. Cameron, Stuart G. Hall, Brian L. Hebblethwaite, Wolfgang Janke, Hans-Joachim Klimkeit, Joachim Mehlhausen, Knut Schäferdiek, Henning Schröer, Gottfried Seebaß, Hermann Spieckermann, Günter Stemberger, Konrad Stock (Hrsg.): ''[[Theologische Realenzyklopädie]], Band 28: „Pürstinger – Religionsphilosophie“.'' De Gruyter, Berlin/New York 1997, ISBN 978-3-11-019098-4, S. 560–565.</ref> |
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Weiterhin berufen sich heutige religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme oft auf lange [[Tradition]]en. |
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Die weltweit größten Religionen sind nach der Zahl der Anhänger, [[Christentum]], [[Islam]], [[Hinduismus]], [[Buddhismus]], [[Daoismus]], [[Sikhismus]], [[Jüdische Religion]], [[Bahaitum]] und [[Konfuzianismus]]<ref group="Anm."> dabei ist strittig, ob der Konfuzianismus eine Religion oder eine philosophische Weltanschauung ist.</ref> (siehe auch: [[Liste von Religionen und Weltanschauungen]]). Religionen, deren Verbreitung nicht auf bestimmte Kulturen und Regionen begrenzt ist, gelten als [[Weltreligion]]en. Die Anzahl und der Formenreichtum der historischen und gegenwärtigen Religionen übersteigt Anzahl und Formenreichtum der Weltreligionen bei weitem. Eine umfassende Systematisierung der Religionen, die die Entwicklungen sowie Einflüsse verschiedener Religionen aufeinander in ihrer Gesamtheit darstellt, wurde in der Religionswissenschaft zwar gefordert, konnte aber weder für Weltreligionen noch für die unüberschaubare Vielzahl anderer Religionen überzeugend vorgelegt werden<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004, S. 7, 441.</ref> und wurde in der Religionswissenschaft weitgehend aufgegeben. |
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Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen befassen sich insbesondere [[Religionswissenschaft]]/[[Religionsgeschichte]], die [[Religionssoziologie]], die [[Religionsphänomenologie]] und die [[Religionsphilosophie]]. |
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Einige Religionen beruhen auf [[Philosophie|philosophischen]] Systemen im weitesten Sinne oder haben solche [[Kulturelle Rezeption|rezipiert]]. Andere sind stärker politisch, teils [[Theokratie|theokratisch]] orientiert; wieder andere gründen in der Hauptsache auf spirituellen Aspekten. Mehrere Religionen weisen verwandte Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von [[Heil]]slehren, [[Symbol]]systemen, [[Kult]]en und [[Ritual]]en oder bauen aufeinander auf, wie zum Beispiel Judentum und Christentum. Überschneidungen finden sich in nahezu allen Religionen und insbesondere bei deren Rezeption und Ausübung durch den einzelnen Menschen. Zahlreiche Religionen sind als [[Institution]]en organisiert; dabei kann in vielen Fällen von einer ''Religionsgemeinschaft'' gesprochen werden. |
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Keine [[Religionsdefinition]] findet in den verschiedenen Wissenschaften allgemeine Anerkennung. In der [[Religionswissenschaft]] beispielsweise existieren viele unterschiedliche Definitionen nebeneinander. Im Folgenden werden einige allgemeine Umschreibungen zur Annäherung an das Thema gegeben und relevante wissenschaftliche Ansätze dargestellt, bevor der Begriff selbst in seiner historischen Entwicklung und heutigen Verwendung problematisiert wird. |
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Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen und (z. T.) Religiosität befassen sich besonders die [[Religionswissenschaft]], [[Religionsgeschichte]], [[Religionssoziologie]], [[Religionsethnologie]], [[Religionsphänomenologie]], [[Religionspsychologie]], [[Religionsphilosophie]] sowie in vielen Fällen Teilgebiete der jeweiligen [[Theologie]]. |
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== Etymologie und Begriff == |
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Konzepte, Institutionen und Erscheinungsformen von Religion werden durch Formen der Religionskritik punktuell oder grundsätzlich in Frage gestellt. |
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Das [[Adjektiv]] „religiös“ bezeichnet je nach Kontext „den Bezug zu (einer bestimmten) Religion“ oder „den Bezug zur ''Religiosität'' eines Menschen“. |
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''religio'' hatte im [[Latein]]ischen die unterschiedlichsten Bedeutungen: "[[Gottesfurcht]]", "[[Frömmigkeit]]", "Heiligkeit", aber auch "Rücksicht", "Bedenken", "[[Skrupel]]", "Pflicht", "[[Gewissenhaftigkeit]]" oder "[[Aberglaube]]". |
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Die weitere [[Etymologie]] des Begriffs ist nicht mit Sicherheit geklärt. ''religare'' bedeutet im Lateinischen "anbinden, zurückbinden" und auch "festhalten, an etwas festmachen". |
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Der Begriff ''religio'' ist kein Terminus [[Rom|altrömischer Religion]]. Die frühesten Belege finden sich vielmehr erst in den [[Komödie]]n des [[Plautus]] (ca. 250-184 v. Chr.) und in den [[Politik|politischen Reden]] des [[Marcus Porcius Cato der Ältere|Cato]] (234-149 v. Chr.). |
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== Definitionsversuche == |
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Nach [[Cicero]] (De Natura Deorum 2, 72) geht ''religio'' zurück auf ''relegere'', was wörtlich "wieder aufwickeln", im übertragenen Sinn "bedenken, Acht geben" bedeutet. Cicero dachte dabei an den Tempelkult, den es sorgsam zu beachten galt. [[Lactantius]] (Divinae Institutiones 4, 28) führt das Wort zurück auf ''religare'': "an-, zurückbinden". Mögliche ursprüngliche Bedeutungen von "Religion" sind demnach "frommes Bedenken" oder die "Rückbindung" an einen von Gläubigen an- bzw. wahrgenommenen universellen göttlichen Ursprung oder an sonstiges Höheres. |
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Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Religion, sondern nur [[Religionsdefinition|Versuche der Definition]]. |
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Grob lassen sich [[substantialistisch]]e und [[Funktionalismus (Sozialwissenschaften)|funktionalistische]] Ansätze unterscheiden. Substantialistische Definitionen versuchen, das Wesen der Religion etwa in ihrem Bezug zum [[Heilig]]en, [[Transzendenz|Transzendenten]] oder [[Das Absolute|Absoluten]] zu bestimmen;<ref>Vgl. Johann Figl: ''Handbuch Religionswissenschaft: Religionen und ihre zentralen Themen.'' Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-7022-2508-0, S. 65.</ref> nach [[Rüdiger Vaas]] und [[Scott Atran]] etwa stellt der Bezug zum Transzendenten den zentralen Unterschied zum Nichtreligiösen dar.<ref>Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' siehe [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 3–4, 8.</ref> |
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Funktionalistische Religionsbegriffe versuchen, Religion anhand ihrer gemeinschaftsstiftenden gesellschaftlichen Rolle zu bestimmen.<ref>Johann Figl: ''Handbuch Religionswissenschaft: Religionen und ihre zentralen Themen.'' Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-7022-2508-0, S. 67.</ref> Vielfach erfolgt die Definition aus Sicht einer bestimmten Religion, zum Beispiel von Seiten des [[Christentum]]s. Eine vielzitierte Definition stammt von [[Friedrich Schleiermacher]]: Religion ist „das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott“.<ref>In: Friedrich Schleiermacher: ''Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche.'' Berlin 1821/22. Neuausg. Berlin 1984, § 3/4. Zit. nach: [[Walter Burkert]]: ''Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion.'' 2. Auflage. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-43355-9, S. 102.</ref> Die Definition aus Sicht eines [[Jesuiten]] lautet: „Verehrung geistiger, außer und über der sichtbaren Welt stehender persönlicher Wesen, von denen man sich abhängig glaubt und die man irgendwie günstig zu stimmen sucht“.<ref>[[Viktor Cathrein|Viktor Cathrein SJ]]: ''Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen, einschließlich der rechtlichen Ordnung.'' (1890) 2 Bände, 5., neu durchgearbeitete Auflage. Herder, Freiburg im Breisgau 1911, Band 2, S. 4–7 (''Begriff und Einteilung der Religion'').</ref> |
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=== Religion und Religiosität === |
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Eine substantialistische Definition etwa nach dem evangelischen Theologen [[Gustav Mensching]] lautet: {{" |Religion ist erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen.}}<ref group="A">Wernhart, S. 28–29.</ref> Nach dem Religionswissenschaftler [[Peter Antes]] werden mit Religion {{" |alle Vorstellungen, Einstellungen und Handlungen gegenüber jener Wirklichkeit [verstanden], die Menschen als [[Macht|Mächte]] oder Macht, als Geister oder auch Dämonen, als Götter oder Gott, als das Heilige oder Absolute oder schließlich auch nur als Transzendenz annehmen und benennen.}}<ref>Peter Antes: ''Religion, religionswissenschaftlich.'' In: ''[[Evangelisches Kirchenlexikon|EKL]].'' Band 3, Sp. 1543, S. 98.</ref> |
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Der Begriff ''religio'' bzw. ''religiosus'' wurde im Mittelalter vor allem für den Ordensstand benutzt. Diese Bedeutung hat der Begriff bis heute im römisch-katholischen Kirchenrecht. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren für das Wort "Religion" die Bezeichnungen ''fides'' (Glaube), ''lex'' (Gesetz) und ''secta'' (Richtung, Partei) gebräuchlich. Der heutige Begriff "Religion" wurde erst nach der [[Reformation]] eingeführt. Darunter verstand man zunächst Lehren, die je nach Auffassung, entweder richtig oder falsch sein sollten. In der Aufklärung entwickelte sich dann ein abstrakterer Religionsbegriff, auf den die gegenwärtigen Definitionsansätze zurückgehen. |
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[[Michael Bergunder]] umgeht das Problem einer fehlenden einheitlichen Definition für „Religion“, indem er den Begriff in Religion 1 und Religion 2 unterteilt. Als Religion 1 können religionswissenschaftliche Versuche einer exakten Definition des Begriffs verstanden werden. Religion 2 hingegen bezeichnet das alltägliche Verständnis von Religion. Dabei gebe es zwischen beiden Begriffsbestimmungen Wechselwirkungen, sodass nicht trennscharf zu unterscheiden sei. Bergunder historisiert den Religionsbegriff und kritisiert ihn daher zugleich. Er unterscheidet dabei im Religionsverständnis die Meta-Ebene (wahr philosophisch) von der Erfahrung (anthropologisch)<ref>{{Literatur |Autor=Michael Bergunder |Titel=Was ist Religion? Kulturwissenschaftliche Überlegungen zum Gegenstand der Religionswissenschaft |Sammelwerk=Zeitschrift für Religionswissenschaft |Band=19 |Nummer=1/2 |Datum=2012-01 |ISSN=2194-508X |DOI=10.1515/zfr-2011-0001}}</ref>. |
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Im Deutschen sind die Begriffe Religion und [[Religiosität]] zu unterscheiden. Der Begriff Religion wird seit Ende des 18. Jh. verwendet. Religion bezeichnet demgemäß ein System - also das Äußerliche, Strukturelle, Gemeinschaftliche -, während Religiosität auf das Subjektiv-Individuelle bezogen ist, insbesondere auf das Erleben des Einzelnen. Die Begriff Religion verschiebt sich hin zur Religiosität. Vor allem in der [[Romantik]] wird die innere Haltung des frommen Individuums betont. der Theologe [[Friedrich Schleiermacher]] in seinem Buch ''Über die Religion'' (1799): schrieb:''Religion ist nicht Metaphysik und Moral, sondern Anschauen und Gefühl.'' |
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=== Clifford Geertz und Gerd Theißen === |
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=== Begriffliche Problematik === |
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[[Gerd Theißen]] definiert Religion in Anlehnung an [[Clifford Geertz]] (1966)<ref>Clifford Geertz: ''Religion as a Cultural System.'' In: Michael Banton (Hrsg.): ''Anthropological Approaches to the Study of Religion.'' ASA Monographs, Tavistock Publications, London 1966, S. 1–46.</ref> als ein kulturelles [[Zeichen]]system: |
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{{Zitat |
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[[Bild:Buddha_h1.jpg|thumb|Bronzene Buddhafigur aus Indien - viele Religionen kennen die verehrende Verwendung religionsspezifischer Gegenstände]] |
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|Text=Religion ist ein kulturelles Zeichensystem, das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheißt. |
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Wichtig bei der Betrachtung der Herkunft des Wortes ist die kritische Beobachtung seiner (ideologischen) Verwendung. Abgesehen von diesen [[Etymologie|etymologischen]] Unsicherheiten ist der Terminus auch heute noch problematisch. Mit der europäischen "Entdeckung" bisher in der so genannten Alten Welt unbekannter [[Kultur|Kulturen]] wurde der Begriff auf Sachverhalte angewendet, die zwar Ähnlichkeiten mit dem europäischen Religionskonzept haben (zum Beispiel die Gottesverehrung), in mancher Hinsicht aber auch sehr gegensätzlich sind (zum Beispiel der Ausschließlichkeitsanspruch). Diese Differenz besteht auch zu den östlichen Religionen, was z. B. an den Übersetzungen des Wortes Religion in der jeweiligen Sprache zu erkennen ist. |
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|Autor=Gerd Theißen |
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|Quelle=Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des [[Urchristentum]]s. |
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|ref=<ref>Gerd Theißen: ''Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums.'' Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-02623-7, S. 19.</ref>}} |
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Theißen (2008) vereinfacht die Definition von Geertz, indem er anstelle von „[[Symbol]]system“ von Zeichensystem spricht. |
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Eine Folge ist, dass heute zwar viele verschiedene Religionen und Religionsformen bekannt und erforscht sind, jedoch eine auf alle Religionsgemeinschaften und -formen anzuwendende Definition aussteht und wahrscheinlich - wegen der heterogenen Theoriesysteme - auch in Zukunft nicht existieren wird. |
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Nach Geertz (1966) ist eine Religion ein Symbolsystem, das darauf zielt |
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* starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und [[Motivation]]en in den Menschen zu schaffen, |
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* indem es Vorstellungen einer allgemeinen [[Sein]]sordnung formuliert und |
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* diese Vorstellungen mit einer solchen Aura von [[Faktizität]] umgibt, dass |
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* die Stimmungen und Motivationen völlig der [[Wirklichkeit]] zu entsprechen scheinen. |
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Geertz entwickelte die [[Theorie]] der interpretativen bzw. symbolischen Anthropologie in seinen Schriften ([[Dichte Beschreibung]]<ref>Harald Klinke: {{Webarchiv |url=http://www.hfg-karlsruhe.de/~hklinke/archiv/texte/sa/GEERTZ.htm |text=''Kulturbegriff heute: Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme'' |wayback=20111219061027}}. Seminararbeit, Universität Karlsruhe, 2000, abgerufen am 2. Juli 2018.</ref><ref>Clifford Geertz: ''Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme.'' Suhrkamp, Frankfurt 2003 (englischer Originaltext: ''Thick description: Toward an interpretive theory of culture.'' In: ''The Interpretation of Culture. Selected Essays.'' 1973).</ref>), er gilt als Vertreter eines funktionalen Religionsbegriffs. Daher untersuchte er nicht das Wesen oder die Substanz von Religion (im Sinn eines substantiellen Religionsbegriffs), sondern ihre Funktion für das Individuum und die Gesellschaft. Für ihn war Religion ein notwendiges Kulturmuster. Geertz verstand Religion als Sinn- und Orientierungssystem sowie als Konfliktlösungsstrategie, weil Religionen eine allgemeine Seinsordnung und ein Ordnungsmuster anbieten durch sie kein Ereignis unerklärlich bleibt.<ref>Harald Klinke: ''Kulturbegriff heute: Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme.'' H. Klinke, 2002 ([http://www.harald-klinke.de/archiv/texte/sa/GEERTZ.htm harald-klinke.de])</ref> |
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Theißen begründet dies damit, dass Symbole im engeren Sinn eine komplexe Form von Zeichen sind und die Geertzsche Formulierung der Beschreibung der „Entsprechung von Stimmungen und Motivationen zu einer faktisch geglaubten Seinsordnung“ in ebenso differenzierten Weise in der „Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit“ ihren Ausdruck findet. Theißens Definition lässt nun folgende Analyse zu: |
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== Wissenschaftliche Ansätze zur Definition von Religion == |
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* kulturelles Zeichensystem, sagt etwas über das [[Wesen (Philosophie)|Wesen]] der Religion aus; |
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* Zeichensystem entspricht einer letztgültigen Wirklichkeit, sagt etwas über Wirkung; |
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* Zeichensystem verheißt Lebensgewinn, sagt etwas über die Funktion aus. |
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Dazu siehe auch: [[Religionsdefinition]], [[Religionsphänomenologie]] und [[Religionskritik]] |
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! Religion als ordnende Kraft || Religion als Krisenbewältigung ||Religion als Krisenprovokation |
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| '''[[kognitiv]]'''|| '''Aufbau einer kognitiven Ordnung: Platzanweisung des Menschen im Kosmos''' || '''Bewältigung kognitiver Krisen: Die Irritation durch Grenzerfahrungen''' || '''Provokation kognitiver Krisen: Der Einbruch des Ganz-Anderen''' |
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| '''[[emotion]]al''' || '''Aufbau emotionalen [[Grundvertrauen]]s in eine legitime Ordnung'''|| '''Bewältigung emotionaler Krisen: [[Angst]], [[Schuld (Ethik)|Schuld]], [[Scheitern (Misserfolg)|Versagen]], [[Trauer]]''' || '''Provokation emotionaler Krisen: durch Angst, Schuldbewusstsein usw.''' |
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| '''[[pragmatisch]]''' || '''Aufbau akzeptierter Lebensformen, ihrer Werte und Normen'''|| '''Bewältigung von Krisen: Umkehr, [[Sühne]], Erneuerung'''|| '''Provokation von Krisen: durch das Pathos des Unbedingten''' |
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|}<ref>Gerd Theißen: ''Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums.'' Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-02623-7, S. 30.</ref> |
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== Etymologie == |
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Die [[Religionssoziologie]] und [[Religionswissenschaft]] untersuchen seit ca. 100 Jahren auf empirischer und theoretischer Grundlage Religionen als gesellschaftliche Phänomene. Dabei gibt es unterschiedliche Auffassungen über Definition und Funktion von Religion. In beiden Wissenschaften konnte man sich bisher auf eine wissenschaftliche Definition, die beschreibt, was Erkennungsmerkmale von Religionen sind und wann eine Weltanschauung als Religion bezeichnet wird, nicht einigen. Dennoch gab schon vorher Ansätze, an die die weitere Forschung angeknüpft hat. |
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Das Wort ''religio'' hatte im [[Latein]]ischen verschiedene Bedeutungen, die von „Bedenken, Zweifel, Besorgnis, Gewissensskrupel“ über „[[Gewissenhaftigkeit]], [[Religiosität]], [[Gottesfurcht]], [[Frömmigkeit]], [[Gottesdienst]]“ bis zu „[[Heiligkeit]] (z. B. eines Ortes)“ und „[[Aberglaube]]“ reichten.<ref>Eintrag [http://de.pons.com/übersetzung?q=religio&l=dela&in=&lf=de ''religio.''] In: ''PONS Online-Wörterbuch''.</ref> Die [[Etymologie]] des Begriffs lässt sich nicht eindeutig zu einem Ursprung zurückverfolgen. ''Religio'' ist kein Terminus [[Römische Religion|altrömischer Religion]]. Früheste Belege für die Verwendung des Ausdrucks finden sich in [[Komödie]]n des [[Plautus]] (ca. 250–184 v. Chr.) und in politischen Reden des [[Marcus Porcius Cato der Ältere|Cato]] (234–149 v. Chr.).<ref>Axel Bergmann: ''Die ‚Grundbedeutung‘ des lateinischen Wortes Religion.'' Diagonal-Verlag, Marburg 1998, S. 13–23.</ref> |
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Nach [[Marcus Tullius Cicero|Cicero]] (1. Jh. v. Chr.) geht ''religio'' auf ''relegere'' zurück, was wörtlich „wieder lesen, wieder auflesen, wieder zusammennehmen“, im übertragenen Sinn „bedenken, beachten“ bedeutet.<ref>Eintrag [http://de.pons.com/übersetzung?q=relego&l=dela&in=&lf=de ''relegō.''] In: ''PONS Online-Wörterbuch''.</ref> Cicero dachte dabei an den Tempelkult, den es sorgsam zu beachten galt. Dieser ''religio'' (als der gewissenhaften Einhaltung überlieferter Regeln) stellte er die ''superstitio'' (nach der ursprünglichen Bedeutung [[Ekstase]]) als eine übertriebene Form von [[Spiritualität]] mit tagelangem Beten und Opfern gegenüber.<ref>Cicero: ''De natura deorum'' 2, 72; dazu Bergmann, S. 45–49.</ref> Im Sinn einer „berufsmäßigen“ Gottesverehrung bezeichnete man daher im [[Mittelalter]] [[Ordensgemeinschaft|Ordensleute]] als ''religiosi''. Diese Bedeutung behielt der Begriff bis heute im römisch-katholischen [[Kirchenrecht]]. Auch seine Entlehnung ins Deutsche im 16. Jahrhundert meint damit eine amtskirchliche Bibelauslegung und Kultpraxis – abgegrenzt von sogenanntem [[Aberglauben]] (siehe [[Superstitio]]). Bis heute heißt die römische Kongregation für die Ordensleute „[[Dikasterium für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens|Religiosenkongregation]]“.<ref>Ernst Feil: ''Religion statt Glaube – Glaube statt Religion? Historisch-systematischer Exkurs zu Bonhoeffers Plädoyer für ein „religionsloses Christentum“.'' In: Christian Gremmels, Wolfgang Huber (Hrsg.): ''Religion im Erbe: Dietrich Bonhoeffer und die Zukunftsfähigkeit des Christentums.'' Kaiser, Gütersloh 2002, S. 42.</ref> |
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[[Ludwig Feuerbach]] erklärt 1841 Religion als ''das bewußtlose Selbstbewußtsein des Menschen. [...] der Mensch vergegenständlicht in der Religion sein eigenes geheimes Wesen.'' (''Das Wesen des Christenthums.'' Leipzig: Wigand, 1841: Erster Theil) Demnach betrachtet der religiöse Mensch alles, was er für wahr, richtig und gut hält, als selbständige Erscheinungen außerhalb seiner selbst. Diese selbständigen Erscheinungen kann sich der Mensch als Person in Einzahl oder Mehrzahl mit begrenztem oder unbegrenztem Wirkungsbereich vorstellen und demzufolge seine Begriffe vom Wahren, Richtigen und Guten als Bereichsgötter oder einzigen Gott benennen oder ohne Personifikation als Kräfte, Mächte, Wirkungen, gesetzmäßige Abläufe oder ähnlich bestimmen. Wie er das tut, richtet sich nach regionaler Entwicklung und Überlieferung. Folgerichtig anerkennt Feuerbach Religion nicht mehr als Welt deutendes, vielleicht alle Menschen verpflichtendes System, sondern als völkerkundliches Forschungsgebiet. |
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Zu Beginn des 4. Jahrhunderts führte der christliche [[Apologet]] [[Lactantius]] das Wort ''religio'' auf ''religare'' „zurück-, an-, festbinden“ zurück, wobei er sich polemisch mit Ciceros Auffassung über den Unterschied von ''religio'' und ''superstitio'' auseinandersetzte. Er meinte, es handle sich um ein „Band der Frömmigkeit“, das Gläubige an Gott binde.<ref>Lactantius: ''Divinae institutiones.'' 4, 28; dazu Bergmann, S. 48–50.</ref> Diese Herkunft ist bei Sprachwissenschaftlern umstritten, da kein vergleichbares Wort aus einem Verb der lateinischen [[Lateinische Grammatik#Konjugationsklassen|a-Konjugation]] entstammt, beim sich das Suffix ''-are'' ohne Anzeichen zu ''[[-ion]]'' entwickelte.<ref>Video: [http://www.belleslettres.eu/artikel/religion-religare-relegere.php ''Woher kommt das Wort Religion?''] In: ''belleslettres.eu,'' Minuten 20–30.</ref> |
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Nach [[Karl Marx]] u. a. sind Religionen ursprünglich an eine unilaterale gesellschaftliche Praxis gekoppelt. Demnach sind Jäger-, Nomaden- und Ackerbauernreligionen (als Basalreligionen) zu unterscheiden. Nur die Nachfolger der beiden letzteren, mit dem Neolithikum entstandenen Religionen hatten noch wesentlichen Einfluss auf die heutigen Religionen Europas. |
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Im Mittelalter und in der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] waren zur Bezeichnung der Gesamtheit des Religiösen die Ausdrücke ''fides'' („Glaube“), ''lex'' („Gesetz“) und ''secta'' (von ''sequi'' „folgen“, also „Gefolgschaft, Richtung, Partei“) gebräuchlich. |
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[[Erich Fromm]] bildete eine weite, [[Sozialpsychologie|sozialpsychologische]] Definition von Religion als jedes von einer Gruppe geteilte System des Denkens und Handelns, das dem einzelnen einen Rahmen der Orientierung und ein Objekt der Hingabe bietet. |
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''Religio'' bezeichnete zunächst Lehren, die je nach Auffassung als richtig oder falsch galten. Nach der [[Reformation]], vor allem im Zeitalter der [[Aufklärung]] wurde ein abstrakterer Religionsbegriff geprägt, auf den gegenwärtigen Definitionsansätze zurückgehen. |
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In den meisten außereuropäischen Sprachen fehlten bis zum 19. Jahrhundert genaue Übersetzungen des Wortes ''Religion''. Zumeist umschrieb man das Phänomen mit mehreren Begriffen. Eigene Begriffsprägungen erfolgten relativ spät. Dies trifft beispielsweise auf den Ausdruck [[Hinduismus]] zu, dessen Bedeutung zudem einem mehrmaligen Wandel unterlag. |
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Der Religions- und Sprachwissenschaftler Axel Bergmann bezweifelt eine Wortbildung mit dem [[Präfix]] ''re-'' („zurück, wieder“). Es gehe vielmehr auf das altlateinische ''rem ligere'' „eine Sache (oder ein Vorhaben) binden“, d. h. „mit (religiösen) Skrupeln betrachten“ oder „in Ehrfurcht scheuen“, zurück. Dieser Ausdruck der Alltagssprache wurde laut Bergmann zunächst auf religiöse Skrupel bezogen und später auf den gesamten religiösen Bereich ausgedehnt.<ref>Bergmann, S. 67–69; ausführlicher in Bergmanns älterer Arbeit ''Untersuchungen zur Geschichte und Vorgeschichte der lateinischen Vokabel re(l)ligion-.'' Marburg 1984, Typoskript, S. 74–77.</ref> |
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== Universale Elemente des Religiösen == |
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Der österreichische Ethnologe, Kultur- und Sozialanthropologe Karl R. Wernhart klassifiziert grundlegende Strukturen des „Religiösen an sich“ ''(Religious Beliefs per se)'' aller Religionen und Kulturen<ref group="A">Wernhart, S. 11, 32.</ref>, die unabhängig von ihrem steten Wandel übereinstimmen, wie folgt :<ref group="A">Wernhart, S. 10–24, 32, 37–38, 41–42, 49.</ref> |
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=== Glaube === |
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* Existenz von unkörperlichen, [[Supranaturalismus|übernatürlichen]] „Kraftfeldern“ (Seelen, Ahnen, Geister, Götter) |
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** Manche Religionen gehen von der Existenz eines oder mehrerer persönlicher oder unpersönlicher [[Transzendenz|transzendenter]] Kräfte aus (z. B. eine oder mehrere [[Gott]]heiten), [[Geistwesen|Geister]] oder Gesetzmäßigkeiten (z. B. [[Dao]], [[Dharma]]) und machen Aussagen über die Herkunft und Bestimmung des Menschen, etwa über das [[Nirwana|Nirvana]] oder [[Jenseits]]. |
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* Verbindung des Menschen mit dem Transzendenten in einer ganzheitlich verflochtenen Beziehungsdimension, die über das normale menschliche Bewusstsein hinausgeht und geheiligt wird |
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* Alle [[Ethik]] und [[Moral]] wurzelt ursächlich in der jeweiligen Glaubenswelt |
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* Der Mensch ist mehr als seine rein physische Existenz (hat etwa eine Seele) |
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=== Orientierung === |
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Antworten auf die [[Metaphysik|metaphysischen]] „[[Kardinalfrage]]n des Lebens“: |
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''(Kursiv = Wernhart zitiert die „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ des [[Zweites Vatikanisches Konzil|2. Vatikanischen Konzils]] von 1962–1965)'' |
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* Woher kommen wir? ''([[Anthropologie|Was ist der Mensch?]] Was ist der [[Sinn des Lebens|Sinn und Zweck des Lebens]]?)'' |
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** Schöpfungsmythen – die häufig mit Hilfe von Schauspiel, Musik, Riten oder Tänzen transformiert und lebendig erhalten werden – bilden dabei überall ein Vehikel, um historische Ereignisse in einer zeitlosen Dimension festzuhalten. Der [[Mythos]] ist die Art und Weise, ''wie'' die Welt erklärt, legitimiert und bewertet wird.<ref>s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 3–4.</ref> |
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* Wo stehen wir in der Welt? ''(Was ist das Gute, das Böse, […]? Woher kommt das Leid und welchen Sinn hat es?)'' |
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* Wohin gehen wir? ''(Was ist der Weg zum wahren Glück?)'' |
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* Welches Endziel haben wir vor Augen? ''(Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz […]?)'' |
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==== Sicherheitsaspekt ==== |
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Viele Wissenschaftler (etwa [[Anthony Giddens|A. Giddens]], L. A. Kirkpatrick, [[Andrew Newberg|A. Newberg]] und E. d’Aquili) betonen in Bezug auf die Orientierung den Aspekt der Sicherheit für den Einzelnen oder seine Nächsten. Demnach befriedigen Religionen das Bedürfnis nach Beistand und Stabilität bei existentiellen Ängsten. Sie bieten Trost, Schutz und Sinnerklärung angesichts von Leiden, Krankheit, Tod, Armut, Elend und Ungerechtigkeit.<ref>Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 5, 10.</ref> Nach der ''[[Bindungstheorie]]'' von Kirkpatrick sei Gott eine Ersatz-Bezugsperson, wenn menschliche Bezugspersonen (Eltern, Lehrer u. ä.) fehlen oder unzureichend sind. Diese Annahme konnte von [[Richard Karl Ullmann|R. K. Ullmann]] empirisch untermauert werden.<ref>Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 9.</ref> |
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[[Pascal Boyer|Boyer]] und Atran kritisieren die Funktionen Sicherheit und Orientierung. Sie entgegnen, dass Religionen häufig mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten, dass ein Erlösungskonzept zumeist fehle, dass trotz der offiziellen Religionen häufig der Glaube an böse Geister und Hexen vorkomme und dass selbst viele Konfessionen nicht nur Ängste mindern, sondern auch neue schaffen. |
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Die beiden Wissenschaftler reduzieren die Universalien im Gegensatz zu Wernhart auf die Bedürfnisse: Kooperation und Information.<ref>s. Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 7–8.</ref> |
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=== Ausdrucksformen === |
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Jeder Gläubige hat Erwartungen, Hoffnungen und Sehnsüchte, die vor dem Hintergrund des Glaubens und der religiösen Orientierung ihren Ausdruck in verschiedenen Praktiken finden: |
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* [[Gebet]]e zum Erbitten oder Danken und zum Zwiegespräch mit dem Transzendenten |
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* [[Kult]]handlungen ([[Ritus|Riten]], [[Opfer (Religion)|Opfer]], [[Zeremonie]]n u. a.) |
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* [[Askese]], [[Ekstase]], [[Meditation]], [[Mystik]] |
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== Religion als historisches Phänomen == |
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{{Hauptartikel|Geschichte der Religion}} |
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=== Älteste Spuren === |
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{{Hauptartikel|Religion im Paläolithikum}} |
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[[Datei:VenusWillendorf.jpg|mini|[[Venus von Willendorf]]]] |
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Nachdem ältere Theorien – wie die eines prähistorischen [[Bärenkult]]es oder einer einheitlichen „Urreligion“ ''(siehe etwa: [[Animismus (Religion)#In der Religionstheorie|Animistische Urreligion]], [[Michael Harner#Core Schamanismus|Core Schamanismus nach Harner]] oder Urmonotheismus nach [[Wilhelm Schmidt (Ethnologe)|Wilhelm Schmidt]])'' – heute als widerlegt gelten,<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 505.</ref> andererseits aber die lange bezweifelten Datierungen jungpaläolithischer [[Höhlenmalereien]] und Musikinstrumente erweitert und bestätigt wurden, hat sich ein Konsens über den Beginn menschlicher [[Geschichte der Religion|Religionsgeschichte]] herausgebildet. Demnach werden Bestattungen und (später) Grabbeigaben als frühe archäologische Zeichen religiösen Ausdrucks anerkannt, die sich ab etwa 120.000 Jahren v. Chr. im Mittelpaläolithikum sowohl bei Homo sapiens als auch beim Neandertaler nachweisen lassen. Der ''Homo sapiens'' entwickelt im späten Mittelpaläolithikum (mittlerer Abschnitt der Altsteinzeit) und beginnendem Mesolithikum (Mittelsteinzeit) komplexere Ausdrucksformen in frühen Kleinkunstwerken, Höhlenmalereien, später mit aufwändigen Grabstätten und zum Beginn des Neolithikums (Jungsteinzeit) im Nahen Osten herausgehobene Bauwerke, wie das als Tempelanlage interpretierte [[Göbekli Tepe]]. |
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Ab ca. 40.000 v. Chr. – mit dem Auftreten künstlerischer Skulpturen, Malereien und Musikinstrumente – werden die Hinweise deutlicher. Welche religiösen Inhalte und Konzepte diesen [[Artefakt (Archäologie)|Artefakten]] zuzuschreiben sind, ist unklar bzw. spekulativ.<ref>Gábor Paál: ''Archäologie des Glaubens – Wie die Götter auf die Welt kamen.'' In: Detlef Clas, Gábor Paál: ''Gottes Bilder – Warum wir glauben.'' Filderstadt 2006, S. 25–43.</ref> |
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=== Historische Religionen === |
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Viele bis heute praktizierte Religionen haben Wurzeln in vorgeschichtlicher Zeit. Andere frühe Religionen existieren nicht mehr und sind in ihren Inhalten kaum fassbar, da fehlende oder lückenhafte Überlieferung das Verständnis erschwert und religiöse Konzepte sich in den von der Archäologie gefundenen materiellen Artefakten nur mittelbar abbilden. Das führt zu sehr unterschiedlichen Deutungen archäologischer Funde. |
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Auch dort, wo sehr umfangreiche schriftliche Quellen vorliegen (etwa bei antiken Religionen der Griechen und Römer) sind die Kenntnisse über Kultpraxis und individuelle Religionsübung sehr lückenhaft. Häufig hat man Kenntnisse hauptsächlich von der [[Mythologie]], so weiß man einiges über die [[Keltische Mythologie|Mythologie der Kelten]] und der [[Germanen]], über die Kultpraxis jedoch wenig. |
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Zu den historischen Religionen zählen (räumlich und zeitlich geordnet): |
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; Afrika |
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* [[Altägyptische Religion]] |
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; Alter Orient |
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:; Mesopotamien |
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:* [[Sumerische Religion]] |
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:* [[Babylonische Religion]] |
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:* [[Assyrische Mythologie|Assyrische Religion]] |
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:* [[Hurritische Religion]] |
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:; Iran |
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:* [[Elamische Religion]] |
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:* [[Zoroastrismus|Altiranische Religion]] |
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:; Kleinasien |
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:* [[Hattische Mythologie|Hattische Religion]] |
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:* [[Hethitische Mythologie|Hethitische Religion]] |
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:* [[Luwische Religion]] |
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:* [[Palaische Religion]] |
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:* [[Urartäische Religion]] |
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:; Semitische Religion |
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:* [[Ursemitische Religion]] |
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:* Amurritische Religion |
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:* [[Ugaritische Religion]] |
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:* [[Phönizier#Phönizische Religion|Phönizische Religion]] |
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:* [[Karthagische Religion]] |
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:* [[Götter (Bibel)|Altkanaanäische Religion]] |
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:* Altaramäische Religion |
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:* [[Altarabische Religion]] |
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:* [[Altsüdarabische Religion]] |
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; Indien |
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* Religion der [[Veden]] |
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* [[Brahmanismus]] |
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; China |
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* [[Wuismus]] |
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* [[Fangshi]] |
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; Antike |
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* [[Minoische Religion]] |
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* [[Mykenische Religion]] |
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* [[Griechische Religion]] |
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* [[Etruskische Religion]] |
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* [[Römische Religion]] |
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* [[Gnosis]] |
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* [[Manichäismus]] |
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; Altes Europa |
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* [[Indogermanische Religion]] |
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* [[Keltische Religion]] |
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* [[Germanische Religion]] |
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* [[Nordgermanische Religion]] |
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* [[Angelsächsische Religion]] |
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* [[Slawische Mythologie|Slawische Religion]] |
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|} |
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=== Geschichte konkreter Religionen === |
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Die Geschichte verschiedener Religionen wird in den Geschichtsabschnitten ihrer jeweiligen Artikel bzw. in gesonderten geschichtlichen Artikeln dargestellt: |
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* [[Afrikanische Religionen]] |
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* [[Bahaitum#Geschichte|Bahaitum]] |
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* [[Zeittafel zum Buddhismus|Buddhismus]] |
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* [[Kirchengeschichte|Christentum]] |
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* [[Daoismus#Entstehung|Daoismus]] |
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* [[Hinduismus#Geschichte des Hinduismus|Hinduismus]] |
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* [[Geschichte des Islam|Islam]] |
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* [[Jainismus]] |
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* [[Judentum]] |
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* [[Konfuzianismus]] |
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* [[Sikhismus#Geschichte|Sikhismus]] |
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* [[Shintō#Geschichte|Shintō]] |
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* [[Zoroastrismus|Zarathustrismus]] |
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=== Religion in der Neuzeit === |
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Im Gegensatz zu den [[mittelalter]]lichen christlichen Gesellschaften, in denen fast die gesamte Lebenswirklichkeit unter der Autorität der Religion stand, verlor die institutionalisierte Religion in der [[Neuzeit]] zunehmend an Machtfülle. Anstelle der [[Theologie]] errangen Natur- und Geisteswissenschaften Autorität, beispielsweise in Fragen zu [[Evolution]] oder [[Ethik]]/[[Recht]], Bereichen, die zuvor der Religion unterstanden. Die Tendenzen hin zu einer [[Trennung von Kirche und Staat]] werden als [[Säkularisierung]] bezeichnet. Erklärungsversuche dafür beziehen sich oft auf Ideen des [[Renaissance-Humanismus|Humanismus]] und der [[Aufklärung]], Einflüsse der [[Industrielle Revolution|Industrialisierung]], die allmähliche bzw. durch eine Revolution hervorgerufene Überwindung des feudalen Ständestaates und den damit verbundenen ökonomischen, [[Sozialer Wandel|sozialen]], kulturellen und rechtlichen Wandel.<ref>Vgl. [[Ferdinand Tönnies]]: ''[[Geist der Neuzeit]].'' [1935] In: ''[[Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe|TG]].'' Band 22, Berlin/New York 1998; [[Peter L. Berger]]: ''Zur Dialektik von Religion und Gesellschaft.'' Frankfurt am Main 1973.</ref> Der Wandel umfasst alle gesellschaftlichen Felder, so auch das der [[Verfassung#Nichtstaatliche Verfassungen|verfassten]] Religion, welche sich ebenfalls ausdifferenzierte, einerseits Gewaltpotenzial und Unduldsamkeit zeigte, andererseits [[Pluralismus (Theologie)|pluralistischer]] auftrat und vielfach mehr [[Toleranz]] aufbrachte. |
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In Europa verlor das Christentum seit dem späten 19. Jahrhundert hinsichtlich seiner Reputation, des gesellschaftlichen und politischen Einflusses und seiner Verbreitung beschleunigt an Bedeutung. Einige traditionell christliche westliche Länder verzeichneten sinkenden [[Klerus|Klerikernachwuchs]], Verkleinerung der [[Kloster|Klöster]] und ein Anwachsen von [[Kirchenaustritt]]en oder andere Formen von Distanzierung.<ref>Max Weber: ''[[Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus]]''. Hrsg. J. Winckelmann. 3. Auflage. Gütersloh 1973.</ref> |
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Besonders in Frankreich, wo durch die [[Französische Revolution|Revolution]] 1789, den [[Code civil]] 1804 und Anfang des 20. Jahrhunderts durch das [[Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat (Frankreich)|Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat]] ein strikter [[Laizismus]] umgesetzt worden ist, ging der gesellschaftliche Einfluss der katholischen Kirche zurück.<ref>[[Carsten Colpe]]: ''Synkretismus, Renaissance, Säkularisierung und Neubildung von Religion in der Gegenwart.'' In: Asmussen/Laessoe 1975.</ref> |
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Die abnehmende materielle und ideelle Macht der großen christlichen Kirchen, die [[Friedrich Nietzsche]] Ende des 19. Jahrhunderts mit den Worten „''Gott ist tot''“ kommentierte, wurde und wird von einigen religiösen Denkern bemängelt. Sie bedauern, das Schwinden des Einflusses der Religion reduziere ethische Standards. Der [[Homo-Mensura-Satz|Mensch werde zum Maß aller Dinge]]. Unter der Devise „Ohne Gott ist alles erlaubt“, könnten destruktive Handlungen und [[Nihilismus|nihilistisches Denken]] gefördert werden. Für solche Folgen gibt es allerdings keine eindeutigen Hinweise. |
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In der [[Sowjetunion]], insbesondere unter der [[Großer Terror (Sowjetunion)|Terrorherrschaft Stalins]], im [[Zeit des Nationalsozialismus|nationalsozialistischen Deutschland]] und weniger ausgeprägt in [[Ostblockstaaten]] ab 1945 konnte die öffentliche religiöse Betätigung zu gesellschaftlichen Benachteiligungen führen, bis hin zu Todesurteilen und Verschleppung. Daher war der Anteil sichtlich praktizierender Mitglieder von Religionsgemeinschaften dort vergleichsweise gering. Dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte eine ambivalente Entwicklung. Während in den [[Neue Bundesländer|neuen Bundesländern]] die organisierte Religion weiterhin nur eine marginale Rolle spielt, ist sie beispielsweise in [[Geschichte Polens|Polen]] tief verwurzelt. Auch in der islamischen und der asiatischen Welt gab und gibt es massive Diskriminierungen aufgrund von Religionszugehörigkeit. Siehe dazu und speziell zur [[Christenverfolgung]] etwa den [[Weltverfolgungsindex]]. |
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=== Gegenwärtige Trends === |
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Zahlreiche Studien belegen rückläufige Besucherzahlen in Kirchen, Synagogen und anderen religiösen Einrichtungen, z. B. in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, obwohl Kirchen hier Umfragen zufolge weiterhin als anerkannte öffentliche Einrichtungen gelten. In den meisten europäischen Staaten waren 2005 noch mehr als 50 % der Einwohner Mitglieder einer christlichen Kirche. |
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In [[Polen]], [[Irland]], [[Spanien]] und [[Italien]] gilt die katholische Kirche, der jeweils mehr als 80 % der Bewohner angehören, als politisch einflussreich.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.adherents.com/ |text=adherents.com |wayback=20100129202506 |archiv-bot=2023-01-01 10:07:04 InternetArchiveBot}}</ref> In vielen europäischen Ländern ist es bis heute üblich, zumindest formell einer Religionsgemeinschaft anzugehören. Seit einigen Jahrzehnten, verstärkt seit dem Ende des letzten Jahrtausends, wenden sich vor allem junge Menschen weltweit häufiger wieder religiösen Ausdrucksformen zu. |
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Im Gegenzug zur [[Säkularisierung]] in Europa gewinnen Islam und Christentum als auch der Buddhismus in der übrigen Welt an Bedeutung. In den USA und [[Lateinamerika]] etwa stellt die Religion nach wie vor einen wichtigen Faktor dar. Im 20. Jahrhundert nahm der Einfluss des Christentums und des Islam in [[Afrika]] erheblich zu. In der [[Arabische Welt|arabischen Welt]] ist der Islam das prägende Element der Gesellschaft. Auch in Teilen Asiens gewann der Islam an Einfluss, so in [[Indonesien]], [[Pakistan]], [[Indien]] und [[Bangladesch]]. In der [[Volksrepublik China]] erleben religiöse Gemeinschaften seit der Lockerung einiger Verbote wieder einen moderaten Aufschwung. Von den christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften erzielen die sich zum Protestantismus zählenden [[Evangelikalismus|evangelikalen Missionare]] weltweit die meisten „[[Bekehrung (Christentum)|Bekehrungserfolge]]“.<ref>''Die Rückkehr des Allmächtigen.'' In: ''Der Spiegel'', 19. Dezember 2009, S. 102–113.</ref> |
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Allerdings heißt das nicht, dass die größte Zahl der Menschen, die sich zu einer Religionsgemeinschaft bekennen, ihren Glauben aktiv praktizieren. Wo die Religion zur nationalen oder politischen Identitätsbildung beiträgt wie der Katholizismus in [[Polen]] oder die Orthodoxie in [[Russland]], oder wo sie ein Identifikationpotenzial mit politischer Stoßrichtung gegen westliche Invasoren, für soziale Gerechtigkeit oder zur ethnischen Abgrenzung bietet, erfährt sie regen Zulauf, ohne dass dies mit dem Wiedererstarken traditionell gelebter Frömmigkeit verbunden sein muss. Im Gegenteil erstarkt gerade dort, wo die traditionell gelebte Religiosität zurückgeht, die politisierte Religion. Dies betrifft den Evangelikalismus in Nord- und Südamerika, den fundamentalistischen Islam wie auch den Buddhismus (z. B. in [[Sri Lanka]] oder [[Myanmar]]) oder den Hindu-Nationalismus in [[Indien]]. Die Polarisierung zwischen der Gleichgültigkeit gegenüber Religion und dem Trend zum Fundamentalismus könnte mit der Rationalisierung und einer sinkenden [[Ambiguitätstoleranz]] der modernen Welt zusammenhängen, da eine Akzeptanz von Transzendenz die Anerkennung unsicherer oder widersprüchlicher Auffassungen voraussetzt, es sei denn, die Transzendenz tritt in fundamentalistischer, Eindeutigkeit suggerierender Ausprägung auf. Ein Zeichen für sinkende Ambiguitätstoleranz bei der Überlieferung und Auslegung heiliger Schriften bildet der Islam. Während bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Koranversionen gelesen und mehrere Auslegungen zugelassen wurden, betonen heutige Kommentatoren zumeist, dass es nur eine einzige Auslegung gebe. Diese Tendenz sieht der Islamwissenschaftler Thomas Bauer als Folge der Konfrontation des Islam mit dem Westen.<ref>Thomas Bauer: ''Die Vereinheitlichung der Welt''. Stuttgart, 13. Auflage 2019, S. 32–34, 36–37.</ref> Andere damit verbundene Trends sind die religiöse Indifferenz als Ambiguitätsvermeidungsstrategie und die zunehmende Beliebigkeit oder Zufälligkeit der Wahl einer „Privatreligion“, teils auch in säkularisierter Form (z. B. Ernährung als Ersatzreligion, die dann freilich dogmatisiert werden kann).<ref>Manfred Götzke: [https://www.deutschlandfunk.de/essenstrends-ernaehrung-die-neue-religion.1775.de.html?dram:article_id=444040 ''Ernährung – die neue Religion''] auf dlf.de, 23. März 2019.</ref> |
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Neuere Forschungen verweisen auf einen statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen [[Demografie]] und Religion in zeitgenössischen Gesellschaften. Die Kinderzahl in religiösen Gemeinschaften ist zum Teil erheblich höher als in säkular geprägten Gesellschaften. Beispiele hierfür sind die Geburtenraten türkischstämmiger Familien in Deutschland, die zumeist dem [[Sunniten|sunnitischen Islam]] angehören,<ref>[https://web.archive.org/web/20070717171931/http://web.uni-marburg.de/religionswissenschaft/journal/mjr/pdf/2006/blume_germ2006.pdf ''Religiosität als demographischer Faktor in Deutschland.''] In: ''Marburg Journal of Religion.''</ref> evangelikaler christlicher Gruppen in den USA und zunehmend auch in Europa sowie Angehöriger des [[Orthodoxes Judentum|orthodoxen Judentums]] in [[Israel]]. Dieses Phänomen wird gegenwärtig auf dem Hintergrund der Probleme einer wachsenden Weltbevölkerung nicht nur positiv, sondern auch negativ bewertet. |
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In den meisten Mitgliedsstaaten der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] wurde das Recht auf [[Religionsfreiheit]] gesetzlich verankert, aber nicht unbedingt im Alltagsleben verwirklicht. In zahlreichen Ländern besteht noch kein Recht auf freie Wahl der Religion, so z. B. [[Saudi-Arabien]] und [[Nordkorea]] oder in denen der Handlungsspielraum religiöser Individuen und Gruppen eingeschränkt ist. Demgegenüber gewähren die USA praktisch jeder Gemeinschaft, die sich selbst als religiös bezeichnet, den Status einer ''religious community'' mit entsprechenden Rechten. |
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Seit der zunehmenden Anerkennung indigener Völker kommt es zum Teil zu einer [[Rituelle Revitalisierung|Revitalisierung]] ethnischer Religionen (etwa bei den [[Tuwiner]]n in China und Russland, bei vielen Indianern Nordamerikas<ref>[[Christian F. Feest]]: ''Beseelte Welten – Die Religionen der Indianer Nordamerikas.'' In: ''Kleine Bibliothek der Religionen.'' Band 9. Herder, Freiburg/Basel/Wien 1998, ISBN 3-451-23849-7, S. 29.</ref> oder bei den [[Samen (Volk)|Samen]] Skandinaviens<ref>Manfred Böckl: ''Die kleinen Religionen Europas – Woher sie kommen und welchen Einfluss sie haben.'' Patmos, Ostfildern 2011, ISBN 978-3-8436-0000-2, S. 153–159.</ref>). Aufgrund des vielfach bereits verlorenen Wissens, langjähriger Einflüsse anderer Religionen oder der Bezugnahme auf (zum Teil falsche) Interpretationen westlicher Autoren aus Wissenschaft und Esoterik kann man diese Religionsformen selten mit den traditionellen Vorläufern gleichsetzen. |
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== Religionen in Zahlen == |
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[[Datei:Weltreligionen.png|mini|hochkant=1.5|Die Welt: vorherrschende Religionen nach Staaten]] |
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{{Siehe auch|Liste der Länder nach Religion|Liste der Länder nach Religiosität}} |
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Die Quellenlage für präzise Aussagen über die Religionszugehörigkeit weltweit ist äußerst fraglich. Nicht nur die [[Empirische Sozialforschung|Forschungsmethoden]] unterscheiden sich erheblich, vor allem ist die Ausgangssituation in den Staaten sehr unterschiedlich. Lediglich über Staaten, in denen [[Religionsfreiheit]] besteht, sind recht exakte Aussagen möglich. Aber auch dort gibt es eine hohe [[Varianz (Stochastik)|Varianz]], schon hinsichtlich der Datenerhebung. Unterschiedliche Ergebnisse sind beispielsweise zu erwarten, je nachdem ob Aussagen auf behördlich erfasster Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder auf Befragungen beruhen. Regimes, die keine Religionsfreiheit gewährleisten oder Staaten, die sich offiziell als atheistisch betrachten, machen ein realistisches Bild fast unmöglich. Zudem sind auch die Weltreligionen sehr heterogen. So unterscheidet sich beispielsweise das Christentum in afrikanischen Ländern von dem in Skandinavien in vielen Merkmalen. Zum Judentum werden zumeist auch nichtreligiöse Juden gerechnet, zum Christentum in Deutschland alle Kirchensteuerzahler, auch wenn sie nicht gläubig sind, zum Islam alle Bürger Saudi-Arabiens. Unschärfen entstehen u. a. auch, weil Kinder und Jugendliche der Religion ihrer Eltern zugerechnet werden, jedoch sich selbst nicht unbedingt dieser Religion angehörig fühlen.<ref>{{Internetquelle |autor=Steffen Rink |url=http://www.religion-online.info/themen/info/mitgliederzahlen.html |titel=Mitgliederzahlen von Religionsgemeinschaften |werk=religion-online.info |hrsg=[[Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst|Informationsplattform Religion / REMID e. V.]] |datum=2002-07-26 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160908033809/http://www.religion-online.info/themen/info/mitgliederzahlen.html |archiv-datum=2016-09-08 |abruf=2019-07-27}}</ref> Für einzelne Staaten mit ausgewiesenen statistischen Systemen lassen sich genauere Angaben machen, die aber nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar sind. |
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{| class="wikitable" |
|||
|- class="hintergrundfarbe6" |
|||
! Religion/Weltanschauung |
|||
! Angehörige in Mio. gemäß adherents.com, ca. 2006<ref>{{Webarchiv |url=http://www.adherents.com/Religions_By_Adherents.html |text=(Quelle: adherents.com, 9. August 2007) |wayback=20100129202506 |archiv-bot=2023-01-01 10:07:04 InternetArchiveBot}}</ref> |
|||
! Angehörige in Mio. gemäß Britannica Online, ca. 2006<ref>Quelle: Britannica Online, Mitte 2007.</ref> |
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|||
|[[Christentum]] || 2100 || 2200 |
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|- |
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|[[Islam]] || 1500 || 1387 |
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|- |
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|[[Säkularismus|Säkulare]], Nichtreligiöse || 1100 || 776<ref>Begriffsdefinition lt. ''[[Encyclopædia Britannica]]:'' ''Nonreligious:'' Persons professing no religion, nonbelievers, agnostics, freethinkers, dereligionized secularists indifferent to all religion.</ref> |
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|- |
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|[[Hinduismus]] || 900 || 876 |
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|- |
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|Traditionelle chinesische Religionen || 394 || 386 |
|||
|- |
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|[[Buddhismus]] || 376 || 386 |
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|- |
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|[[Ethnische Religionen]] || || (266) |
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|- |
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|Nichtafrikanische ethnische Religionen|| 300 || |
|||
|- |
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|[[Afrikanische Religionen|Traditionelle afrikanische Religionen]]|| 100 || |
|||
|- |
|||
|[[Neue Religiöse Bewegung]] || || 107 |
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|- |
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|[[Sikhismus]] || 23 || 23 |
|||
|- |
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| [[Spiritismus]] || 15 || 14 |
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|- |
|||
|[[Judentum]] || 14 || 15 |
|||
|- |
|||
|[[Bahaitum]] || 7 || 8 |
|||
|- |
|||
|[[Konfuzianismus]] || || 6 |
|||
|- |
|||
|[[Jainismus]] || 4 || 5 |
|||
|- |
|||
|[[Shintō]] || 4 || 3 |
|||
|- |
|||
|[[Caodaismus]] || 4 || |
|||
|- |
|||
| [[Zoroastrismus]] || 2,6 || 0,2 |
|||
|- |
|||
| [[Tenrikyō]] || 2 || |
|||
|- |
|||
| [[Neopaganismus]] || 1 || |
|||
|- |
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| [[Universalismus (Konfession)|Universalismus]] / [[Unitarismus (Religion)|Unitarismus]]<br />(es gibt sowohl christliche als inzwischen auch nicht-christliche Universalisten/Unitarier) || 0,8 || |
|||
|- |
|||
| [[Rastafari]] || 0,6 || |
|||
|- |
|||
|Andere Religionen || || 1,2 |
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|} |
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[[Datei:Europe belief in god.svg|mini|„Ich glaube, dass es einen Gott gibt.“ (ein [[Eurobarometer]] von 2005)]] |
|||
Zur Verteilung in Deutschland, Österreich und der Schweiz siehe auch [[Religionen in Deutschland]], [[Anerkannte Religionen in Österreich]] und [[Religionen in der Schweiz]] |
|||
{| class="wikitable" |
|||
|- class="hintergrundfarbe6" |
|||
! Religion |
|||
! Angehörige Deutschland in Mio. (2014)<ref>[[Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst]] {{Webarchiv |url=http://www.remid.de/remid_info_zahlen.htm |text=REMID |wayback=20140528204944 |archiv-bot=2024-04-24 22:58:29 InternetArchiveBot}}, Stand: 15. Dezember 2014 „bei allen Religionen, die nicht als [[Körperschaft des öffentlichen Rechts (Deutschland)|Körperschaft des öffentlichen Rechts]] organisiert sind (wie etwa der Islam), handelt es sich um Schätzungen und Hochrechnungen, da keine amtliche Statistik geführt wird.“</ref> |
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| Nichtreligiöse || 26 (32 %) |
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| Römisch-Katholische Kirche || 24,2 (30 %) |
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| Evangelische Landeskirchen || 23,4 (29 %) |
|||
|- |
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|Islam || 4 (5 %) |
|||
|- |
|||
| [[Orthodoxe Kirche]] || 1,5 (1,9 %) |
|||
|- |
|||
| [[Neuapostolische Kirche]] || 0,35 |
|||
|- |
|||
|Buddhismus || 0,3 |
|||
|- |
|||
|Judentum || 0,2 |
|||
|- |
|||
|Jehovas Zeugen || 0,17 |
|||
|- |
|||
|Hinduismus || 0,1 |
|||
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Laut einer repräsentativen Umfrage des [[Eurobarometer]]s glaubten im Jahr 2005 52 % der Menschen in der damaligen [[Europäische Union|Europäischen Union]] an [[Gott]], weitere 27 % glaubten etwas vager an eine [[Spiritualität|spirituelle Kraft]] bzw. höhere Macht. 18 % Prozent der Befragten glaubten weder an einen Gott noch an eine andere spirituelle Kraft, 3 % der Unionsbürger waren unentschlossen.<ref>[http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/70645/religioeser-und-spiritueller-glaube ''Religiöser und spiritueller Glaube.''] [[Bundeszentrale für politische Bildung]], zuletzt gesehen am 28. Oktober 2017.</ref><ref>[[Europäische Kommission]]: ''Social values, Science and Technology'' (= ''Special Eurobarometer.'' Nr. 225). Juni 2005 ([https://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/archives/ebs/ebs_225_report_en.pdf PDF; 1,6 MB] [abgerufen am 28. Oktober 2017]).</ref> |
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Nach der 15. [[Shell-Jugendstudie]] glaubten im Jahre Jahr 2006 rund 30 % der befragten Deutschen zwischen 12 und 24 Jahren an einen persönlichen Gott, weitere 19 % an eine höhere Macht, während 23 % eher [[Agnostizismus|agnostische]] Angaben machten und 28 % weder an einen Gott noch eine höhere Macht glaubten.<ref>Thomas Gensicke: ''Jugend und Religiosität.'' In: Deutsche Shell (Hrsg.): ''Jugend 2006. Die 15. Shell Jugendstudie.'' Frankfurt am Main 2006.</ref> |
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== Wissenschaftliche Ansätze zur Definition und Beschreibung von Religion == |
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{{Hauptartikel|Religionsdefinition}} |
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Bereits beim Versuch, einen wissenschaftlichen Zugang zum ''Begriff'' „Religion“ zu finden, sehen sich die Wissenschaften vor Schwierigkeiten gestellt: Wie kann man eine alle Religionen umfassende, über-historische Definition von Religion finden, mit der sich wissenschaftlich arbeiten lässt?<ref>J. Heil: ''Was ist „Religion“? Eine Einführung in unser wissenschaftliches Reden über Religion.'' In: ''Internationale Zeitschrift für Philosophie und Psychosomatik.'' 1 (2) 2010, {{ISSN|1869-6880}} ([http://www.izpp.de/fileadmin/user_upload/Ausgabe-1-2010/02_1-2010_TS_Heil.pdf PDF; 462 kB])</ref> Oft sind die Definitionen zu eng, so dass wichtige religiöse Strömungen nicht erfasst werden; oder aber der Begriff „Religion“ verliert an Präzision und wird zu beliebig, als dass sich vergleichbare Untersuchungen noch erlauben würden. Die wissenschaftliche Untersuchung eines Objektes erfordert aber dessen Definition einschließlich klarer Abgrenzungen. |
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Dennoch ist Religion „eine soziale Realität, ein spezifischer Kommunikationsprozess, der Wirklichkeiten schafft und durch soziale Handlungen selbst reale Gestalt gewinnt“ und daher auch Gegenstand wissenschaftlicher Neugierde.<ref>Klaus Hock: ''Einführung in die Religionswissenschaft.'' 3. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2008.</ref> Die im Folgenden dargestellten Konzepte sollten immer vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten in der Begriffsfindung wahrgenommen werden, die im Kontrast zur wissenschaftlichen Notwendigkeit stehen, sich mit dem realen Phänomen „Religion“ zu beschäftigen. |
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=== Philosophische und psychologische Ansätze === |
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Der [[Vordenker der Aufklärung]] [[Jean-Jacques Rousseau]] kritisierte in seinem 1762 in Paris erschienenen einflussreichen Werk „[[Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes]]“ die Religion als Quelle von Krieg und [[Machtmissbrauch]], konstatierte aber religiöse Gefühle der Menschen. Er entwickelte das Modell einer [[Zivilreligion]], die den politischen Erfordernissen einer „freien“ aufgeklärten Gesellschaft gerecht werde. Dazu gehörte die Anerkennung der [[Gott#Existenz|Existenz Gottes]], eines [[Leben nach dem Tod|Lebens nach dem Tod]], die Vergeltung von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, die Unantastbarkeit (Heiligkeit) des Gesellschaftsvertrages und der Gesetze und schließlich die [[Toleranz]]. |
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Diese neue, für alle Bürger gleichermaßen gültige Zivilreligion sollte zur Stabilität der Gemeinschaft beitragen. |
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Sein ebenfalls aufgeklärter Gegenspieler [[Voltaire]], welcher die Dogmen und die Machtfülle der katholischen Kirche noch schärfer ablehnte, setzte sich für einen vernunftgeleiteten, toleranten [[Deismus]] unabhängig von den bis dahin existierenden Religionen ein und betonte die moralische Nützlichkeit des Glaubens an Gott. Er war von der Gesetzmäßigkeit des Kosmos und der Existenz einer höchsten Intelligenz überzeugt, ging von der Unsterblichkeit der Seele und einem freien menschlichen Willen aus, Positionen, die er jedoch auch in jeder Hinsicht bezweifelte. Den Glauben an heilige Schriften oder an Jesus Christus als Sohn Gottes teilte er nicht. |
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[[Datei:Immanuel Kant.jpg|mini|[[Immanuel Kant]]]] |
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[[Immanuel Kant]] formulierte 1793 in seiner [[Religionsphilosophie|religionsphilosophischen]] Schrift „[[Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft]]“ seine Auffassung über eine [[Vernunftreligion]]. Er entwickelte eine [[Philosophie|philosophische]] Religionslehre, die das [[Das Böse|Prinzip des Bösen]] postuliert. Das Böse sei dem menschlichen Wesen innewohnend. Er geht von der Existenz Gottes und von der [[Unsterblichkeit]] der Seele aus. [[Gottesbeweis|Gott lasse sich allerdings nicht beweisen]]. |
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Laut Kant verfügt allein das [[Christentum]] im Gegensatz zu anderen, seiner Auffassung nach „veralteten“ und „ritualisierten“ Religionen wie [[Judentum]] und [[Islam]], über eine Lehre und Moral, die die Philosophie anerkennen kann. Konsequentes moralisches Handeln ist demnach unmöglich ohne den Glauben an die [[Freiheit]], die Unsterblichkeit der Seele und Gott. Daher sei die Moral das Ursprüngliche. Die Religion indes erkläre die moralischen Pflichten als göttliche Gebote. Also folge die Religion dem bereits vorhandenen Moralgesetz. Um die eigentlichen menschlichen Pflichten zu finden, müsse man das Richtige aus den verschiedenen Religionslehren herausfiltern. Rituelle Praktiken der Religionen lehnte Kant als „Pfaffentum“ ab. [[Erkenntnistheorie|Erkenntnistheoretisch]] nahm er eine [[Agnostizismus|agnostische]] Haltung ein. |
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Der Religionskritiker [[Ludwig Feuerbach]], der Religion als Anthropologie<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 35.</ref> ansah, erklärte 1841 Religion als „das ''erste'' und ''zwar indirekte Selbstbewusstsein'' des Menschen. […] der Mensch vergegenständlicht in der Religion sein eignes geheimes Wesen.“<ref>Ludwig Feuerbach: ''Das Wesen des Christenthums.'' Erster Theil. Wigand, Leipzig 1841.</ref> Demnach betrachtet der religiöse Mensch alles, was er für wahr, richtig und gut hält, als selbstständige Erscheinungen außerhalb seiner selbst. Diese selbstständigen Erscheinungen kann sich der Mensch als Person in Einzahl oder Mehrzahl mit begrenztem oder unbegrenztem Wirkungsbereich vorstellen und demzufolge seine Begriffe vom Wahren, Richtigen und Guten als Bereichsgötter oder einzigen Gott benennen oder ohne Personifikation als Kräfte, Mächte, Wirkungen, gesetzmäßige Abläufe oder ähnlich bestimmen. Wie er das tut, richtet sich nach regionaler Entwicklung und Überlieferung. Folgerichtig betrachtet Feuerbach Religion nicht mehr als weltdeutendes, menschenverpflichtendes System, sondern als [[Völkerkunde|völkerkundliches]] Forschungsgebiet. |
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[[Karl Marx]] nannte 1844 im Anschluss an Feuerbach in seiner ''[[Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie|Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie]]'' Religion „das [[Opium des Volkes]]“, ein Ausspruch, der zum [[Geflügeltes Wort|geflügelten Wort]] wurde. Ein für Marx zentraler Gedanke ist, dass die Geschöpfe ihre Schöpfer beherrschen: „Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eigenen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eigenen Hand beherrscht.“<ref>Karl Marx: ''Das Kapital.'' Band I (= ''[[Marx-Engels-Werke|MEW]].'' Band 23). Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 649.</ref> |
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Aus Feuerbachs Forderung an den Menschen, die „Illusion über seinen Zustand aufzugeben“ zog Marx die Konsequenz, „einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf“.<ref>Karl Marx: ''Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung.'' Dietz Verlag, Berlin 1961, ''MEW.'' 1, S. 379.</ref> Nach Marx wird Religion als ein verkehrtes Weltbewusstsein von Staat und Gesellschaft produziert, weil in bisherigen Gesellschaftsordnungen der Mensch von sich selbst [[Entfremdung|entfremdet]] war. „Die Aufhebung der Religion als des ''illusorischen'' Glücks des Volkes“ war für ihn daher „die Forderung seines ''wirklichen'' Glücks“.<ref>Karl Marx: ''Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung.'' 1844, ''MEW.'' Band 1, [http://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm S. 378–379.]</ref> |
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Von [[Friedrich Nietzsche]] stammt der als Gedanke der [[Moderne]] vielzitierte Ausspruch „Gott ist tot!“ Weniger bekannt ist seine Fortsetzung: „Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?“<ref>Friedrich Nietzsche: ''[[Die fröhliche Wissenschaft]].'' Aphorismus 125.</ref> Der Philosoph zählte die wachsende Bedeutung der [[Naturwissenschaft]]en und der [[Geschichtswissenschaft]] zusammen mit der radikalen Religionskritik zu den Ursachen für den Verfall der (christlichen) Moral. |
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In der Tradition Feuerbachs und Nietzsches stehend, stellte der Begründer der Psychoanalyse [[Sigmund Freud]] Religion als [[Zwangsneurose]] und [[infantil]]es Abwehrverhalten dar. Der Urmensch habe Naturkräfte personalisiert und zu Schutzmächten erhoben, damit sie ihn in seiner Hilflosigkeit stützen. Das zugrunde liegende Verhaltensmuster knüpfe an frühkindliche Erfahrungen des schützenden, aber auch strafenden Vaters an. Daraus resultiere ein zwiespältiges Verhältnis zum Vater, das im Erwachsenenalter zum „Glauben“ führe. Der Mensch fürchte die Gottheiten und suche zugleich ihren Schutz. Auf die Evolutionstheorie [[Charles Darwin]]s Bezug nehmend sah Freud die „Urhorde“ mit einem despotischen „Stammesvater“ als Anführer, der über alle Frauen des Stammes verfügen konnte. Seine Söhne verehrten ihn, fürchteten ihn aber auch. Aus Eifersucht brachten sie gemeinsam den Urvater um. Daraus sei der „[[Ödipuskomplex]]“ entstanden. Das Schuldbewusstsein der gesamten Menschheit (Vorstellung von der „[[Erbsünde]]“) sei somit der kulturbewahrende Anfang sozialer Organisation, der Religion sowie – damit zusammenhängend – sexueller Einschränkung.<ref>Sigmund Freud: ''[[Das Unbehagen in der Kultur]]'' 1929/30 und Ders.: ''[[Totem und Tabu]]'' 1913.</ref> |
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Die argentinische Religionspsychologin [[Ana-Maria Rizzuto]] nimmt dagegen an, dass die Gottesvorstellung ein notwendiger Teil der [[Ich]]bildung ist. Demnach entwickeln Kinder aus der breiten Fülle von Fantasien zu Helden und magischen Wesen ihr jeweiliges Gottesbild – im Rahmen des Bezugsystems ihrer Eltern und der Umwelt. |
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[[Erich Fromm]] prägte eine weite, [[Sozialpsychologie|sozialpsychologische]] Definition. Als Religion verstand er jedes von einer Gruppe geteilte System des Denkens und Handelns, das dem Einzelnen einen Rahmen der Orientierung und ein Objekt der Hingabe bietet.<ref>Erich Fromm: ''Psychoanalyse und Religion'' 1949. (Amerikan. Englisch, 1949/50)</ref> |
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Der zeitgenössische [[postmoderne]] deutsche Philosoph [[Peter Sloterdijk]] schreibt der Religion die Wirkung eines ''psycho[[Semantik|semantischen]] Immunsystems'' zu. Im Zuge der [[kultur]]ellen Entwicklung sei der Mensch offener, aber auch verletzbarer geworden. Religion befähige den Menschen, „Verletzungen, Invasionen und Kränkungen“ selbst zu heilen. Er bezeichnet nicht Gott, sondern „das Wissen um Heilung als Realität, von der biologischen bis zu einer spirituellen Stufe“ als ''die Perle in der Muschel der [[Theologie]]''.<ref name="PS">Peter Sloterdijk: ''Rede beim Sprengelkonvent, St. Petri Dom Schleswig, 29. Mai 2006''.</ref> |
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[[Jürgen Habermas]], der prominenteste Vertreter der [[Kritische Theorie|Kritischen Theorie]] in der Gegenwart, betont seit Ende der 1990er Jahre den positiven Einfluss der (christlichen) Religion auf demokratische Wertsysteme, während [[Theodor W. Adorno]] in Marxscher Tradition die Religion als „gesellschaftliche Projektion“ begreift und die [[Emil Durkheim|Durkheimsche]] Religionssoziologie pointiert in der Aussage zusammenfasst, dass „in der Religion die Gesellschaft sich selbst anbete“.<ref>Theodor W. Adorno: ''Gesammelte Schriften.'' Band 8: ''Soziologische Schriften I.'' 3. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, S. 252.</ref> |
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=== Religionsgeschichtliche Theorien === |
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{{Hauptartikel|Religionsgeschichte}} |
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Die vorrangige Fragestellung der Religionsgeschichte lautet: „Unterliegt die Religionsentwicklung einer direkten [[Soziokulturelle Evolution|soziokulturellen Evolution]] oder ist sie nur ein Nebenprodukt anderer kognitiver Entwicklungen?“ Ein evolutionärer Prozess setzt [[Selektion (Evolution)|selektive Faktoren]] voraus, so dass die Frage nur beantwortet werden kann, wenn zweifelsfreie Faktoren gläubigen Menschen Überlebensvorteile verschaffen.<ref>s. Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität,'' [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 1–3, 13.</ref> |
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In der frühen wissenschaftlichen Behandlung von Religion herrschten [[Evolutionismus|evolutionistische]] Entwürfe vor, in denen einzelne Ereignisse als bloße Etappen vergleichsweise einfacher, globaler, quasi naturgesetzlicher Entwicklungen gesehen wurden, etwa bei [[James Frazer]] als Entwicklung von der [[Magie]] über die Religion zur [[Wissenschaft]]. Diese [[Teleologie|teleologischen]] Positionen krankten oft an unzureichenden [[Empirie|empirischen Grundlagen]], enthielten meist explizite oder implizite [[Werturteil|Wertungen]] und waren vielfach auf den Einzelfall konkreter religionsgeschichtlicher Ereignisse nicht anwendbar. |
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In der modernen Religionswissenschaft spielen sie nur noch als Materiallieferanten<ref group="Anm.">So legte Frazer seiner These eine Fülle historischer Daten zugrunde.</ref> und als Teil der Fachgeschichte eine Rolle.<ref>Fritz Stolz: ''Grundzüge der Religionswissenschaft.'' Göttingen 2001.</ref> |
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In einer [[Geschichtsphilosophie|geschichtsphilosophischen]] Betrachtung machte [[Karl Jaspers]] eine von ihm sogenannte [[Achsenzeit]] zwischen 800 und 200 v. Chr. aus, in der wesentliche geistesgeschichtliche Innovationen die Philosophie- und Religionsgeschichte [[China]]s, [[Indien]]s, des [[Iran]] und in [[Griechenland]] prägten. Jaspers deutete diese als Epoche der „Vergeistigung“ des Menschen, die sich in Philosophie und Religion, sekundär auch in Recht und Technologie ausgewirkt habe. |
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Mit dieser pluralistischen Interpretation wandte Jaspers sich gegen eine christlich motivierte Konzeption einer [[Universalgeschichte]].<ref>Karl Jaspers: ''[[Vom Ursprung und Ziel der Geschichte]]'', Zürich/München 1949, insbesondere S. 19–21.</ref> Im Gegensatz zu Offenbarungsreligionen, die er ablehnte, konzipierte er in seinem religionsphilosophischen Werk ''Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung''<ref>Piper, München 1962, ISBN 3-492-01311-2.</ref> eine philosophische Annäherung an eine [[Transzendenz]] angesichts menschlicher Allmachtsvorstellungen. |
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Die religiös-spirituellen Vorstellungen [[Naturvolk|schriftloser Kulturen]], häufig als [[Naturreligion (Begriff)|„Naturreligionen“]], wissenschaftlich korrekter als [[ethnische Religion]]en oder (veraltet) als [[Animismus (Religion)|Animismus]] bezeichnet, wurden aufgrund ihrer angeblichen „Primitivität“ lange für die ältesten Formen von Religion gehalten. Auch sie unterliegen einem historischen Wandel und werden daher heute von einigen Autoren nicht mehr im Sinne unveränderter [[Tradition]]en verstanden.<ref>Josef Franz Thiel: ''Religionsethnologie''. Berlin 1984.</ref> Aufgrund der nicht vorhandenen Dogmen und ihrer großen Anpassungsfähigkeit an veränderte Bedingungen sind sie ganz im Gegenteil sämtlich jünger als die bekannten [[Hochreligion]]en.<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' S. 97.</ref> Dennoch halten etliche Prähistoriker (etwa [[Marcel Otte]]) an der Vorstellung fest, die Religionen der Vorzeit ließen sich aus Vergleichen mit heutigen „primitiven Religionen“ rekonstruieren. Ausgeblendet wird dabei, dass auch diese Glaubenssysteme einen Anfang gehabt haben müssen, der einfacher gedacht werden muss als die komplexen Weltbilder heutiger Indigener.<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' S. 420–421.</ref> |
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Allgemein wird heute eine direkte Evolution der Religionen in engem Bezug mit dem Wandel der Sozialstrukturen postuliert,<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' S. 96, 511.</ref> weil sie offenbar gewisse Aspekte des Zusammenlebens positiv beeinflusst. Allerdings ist man sich über die konkreten Selektionsvorteile nach wie vor uneinig. Weder die Förderung [[Altruismus|altruistischen Verhaltens]] noch ein konkreter Einfluss auf die Reproduktionsrate<ref>s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 3, 5, 20, 22.</ref><ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' S. 446, 448.</ref> ist zweifelsfrei belegt. Überdies kritisiert die Religionswissenschaftlerin Ina Wunn, dass viele Modelle eine Höherentwicklung voraussetzen, was ethnische oder polytheistische Religionen degradiere. Damit würden Repressalien bestimmter Staaten gegen religiöse Minderheiten als Fortschritt umgedeutet.<ref>Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' S. 96, 419.</ref> |
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In neuerer Zeit tritt die Religionsgeschichte als Universalgeschichte gegenüber dem Studium der Geschichte einzelner Religionen oder Kulturräume zurück. Jedoch finden religionsgeschichtliche Theoriekonzepte wie [[Säkularisierung]] und [[Pluralismus (Politik)|Pluralisierung]] wieder verstärkt Beachtung. |
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=== Religionssoziologische Ansätze === |
=== Religionssoziologische Ansätze === |
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Religionssoziologische Gedankengänge finden sich bereits in der [[Philosophie der Antike|griechischen Antike]], zumal bei [[Xenophanes]] (''Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus.''). |
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Nach [[Ferdinand Tönnies]] (1887), einem der Mitbegründer der [[Soziologie]], ist die Religion in der „[[Gemeinschaft und Gesellschaft|Gemeinschaft]]“ das Äquivalent zur „[[Öffentliche Meinung|öffentlichen Meinung]]“ in der „Gesellschaft“. Diese Abgrenzung versteht Tönnies als [[normaltyp]]isch. Religion und öffentliche Meinung sind die jeweilige ''mentale'' Ausbildung von Gemeinschaft bzw. Gesellschaft (neben der politischen und der wirtschaftlichen). Da sich die Menschen in der Gemeinschaft als „Mittel zum Zweck übergeordneter Kollektive“ verstehen, sind sie zu großen Opfern zugunsten einer angenommenen höheren Instanz fähig – anders als „gesellschaftlich“ verbundene Menschen, die alle Kollektive als Mittel für ihre je individuellen Zwecke ansehen, und die jeweilige Gesellschaft [[Utilitarismus|utilitaristisch]] unterstützen oder bekämpfen. Religion und öffentliche Meinung haben, so Tönnies, starke Gemeinsamkeiten, etwa heftige Unduldsamkeit gegen Abweichler.<ref>Ferdinand Tönnies: ''[[Gemeinschaft und Gesellschaft]].'' 1887; siehe auch: Ferdinand Tönnies: ''Schriften und Rezensionen zur Religion.'' Hrsg. von Rolf Fechner. München/Wien 2010; Rolf Fechner, [[Lars Clausen]], [[Arno Bammé]] (Hrsg.): ''Öffentliche Meinung zwischen neuer Religion und neuer Wissenschaft. Ferdinand Tönnies’ „Kritik der öffentlichen Meinung“ in der internationalen Diskussion.'' Profil, München/Wien 2005.</ref> |
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Laut [[Émile Durkheim]] (1912), einem anderen Mitbegründer der Soziologie, trägt Religion zur Festigung [[Sozialstruktur|sozialer Strukturen]], aber auch zur Stabilisierung des [[Individuum|Einzelnen]] bei. Sein Religionsbegriff ist somit ein [[Funktionalismus (Sozialwissenschaften)|funktionalistischer]]. Demnach sei die Religion ein solidarisches System, das sich auf Überzeugungen und Praktiken bezieht, die als heilig erachtete Dinge umfassen und in einer moralischen Gemeinschaft, wie beispielsweise der Kirche, Mitglieder verbindet. Daraus ergeben sich drei Aspekte von Religion, die Glaubensüberzeugungen ([[Mythos|Mythen]]), die Praktiken ([[Ritus|Riten]]) und die [[Gemeinschaft]], auf die diese Überzeugungen und Praktiken bezogen sind. Durkheim bezeichnet unter anderen Faktoren den Glauben als ein Element der Macht, die die Gesellschaft über ihre Mitglieder ausübt. Bemerkenswert an seinem Religionsbegriff ist die Unterscheidung zwischen dem [[Heilig|Sakralen]] und dem [[Profan]]en, die damit Religion ohne Bezug auf Gott, Götter oder übernatürliche Wesenheiten ([[Gottheit]]en) definiert. Die Definition wird auch außerhalb der Soziologie verwendet.<ref>So von [[Mircea Eliade]]: ''Das Heilige und das Profane'', 1957.</ref> Sie liegt auch dem Begriff „säkulare Religion“ (bei Max Weber: „Diesseitigkeitsreligion“) zugrunde, mit dem [[Weltanschauung]]en bezeichnet werden, die diesseitige Phänomene wie z. B. den Staat, eine Partei oder einen politischen Führer zum Gegenstand einer religionsähnlichen Verehrung machen.<ref>Émile Durkheim: ''Les formes élémentaires de la vie religieuse.'' 1912 (dt. ''Die elementaren Formen des religiösen Lebens''); siehe auch: Hans G. Kippenberg: ''Émile Durkheim.'' In: Axel Michaels (Hrsg.): ''Klassiker der Religionswissenschaft''. München 2004.</ref> |
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[[Datei:Max Weber 1894.jpg|mini|[[Max Weber]]]] |
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*Nach [[Émile Durkheim]], einem der Begründer der Soziologie, trägt Religion zur Festigung sozialer Strukturen, aber auch zur Stabilisierung des Einzelnen bei. Sein Religionsbegriff ist somit ein [[Funktionalismus|funktionalistischer]]. Gemäß Durkheim ist die Religion ein solidarisches System, das sich auf Überzeugungen und Praktiken bezieht, die heilige Dinge beinhalten und in einer moralischen Gemeinschaft wie beispielsweise der Kirche, alle vereinen, die dieser angehören. Daraus ergeben sich drei Aspekte von Religion, die Glaubensüberzeugungen ([[Mythos|Mythen]]), die Praktiken ([[Riten]]) und die [[Gemeinschaft]], auf die diese bezogen sind. Durkheim bezeichnet unter anderen Faktoren den Glauben als ein Element der Macht, die die Gesellschaft über ihre Mitglieder ausübt. Zu den bemerkenswerten Aspekten des Durkheimschen Religionsbegriffs gehört auch die Unterscheidung zwischen dem Heiligen und dem Profanen, die es erlaubt, Religion ohne den Bezug auf Gott, Götter oder übernatürliche Wesenheiten zu definieren. Sie wird auch außerhalb der Soziologie verwendet, etwa von Mircea Eliade (''Das Heilige und das Profane'', 1957), und liegt auch dem Begriff ''säkulare Religion'' (bei Max Weber: ''Diesseitigkeitsreligion'') zugrunde, mit dem Weltanschauungen bezeichnet werden, die diesseitige Phänomene wie z.B. den Staat, eine Partei oder einen politischen Führer zum Gegenstand einer religionsähnlichen Verehrung machen. |
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[[Max Weber]], der sich am Anfang des 20. Jahrhunderts ausführlich mit dem Phänomen „Religion“ aus soziologischer Sicht befasste, unterschied Religion von [[Magie]]. Unter „Religion“ verstand er ein dauerhaftes, ethisch fundiertes System mit hauptamtlichen Funktionären, die eine festgeschriebene Lehre vertreten, einer organisierten Gemeinschaft vorstehen und gesellschaftlichen Einfluss anstreben. „Magie“ wirke dagegen eher kurzfristig durch einzelne Magier oder Zauberer, die als [[charisma]]tische Persönlichkeiten vermeintlich Naturgewalten bezwingen und eigene moralische Vorstellungen entwickeln. Die Abgrenzung versteht Weber als [[idealtyp]]isch. Reinformen sind selten, Überschneidungen und Übergänge werden konstatiert.<ref name="MW">Aus Max Weber: ''Die Entstehung der Religionen.'' (1922), In: ''Aus den Schriften zur Religionssoziologie.'' Verlag [[Georg Kurt Schauer]], Frankfurt am Main 1948, S. 170 ff.</ref> Weber erarbeitete umfangreiche theoretische Abhandlungen über Religionen, insbesondere über die [[protestantische Ethik]] und führte empirische Studien zu der unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung in protestantischen und katholischen Ländern durch.<ref>Max Weber: ''[[Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus]]'', Aufsätze 1904/1905, Buchveröffentlichung 1920; siehe auch: Günther Kehrer: ''Max Weber.'' In: Axel Michaels (Hrsg.): ''Klassiker der Religionswissenschaft''. München 2004.</ref> |
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* [[Ferdinand Tönnies]] unterscheidet Ende des 19. Jh. zwischen [[Gemeinschaft und Gesellschaft|'Gesellschaft' und 'Gemeinschaft']]. Er betont die sinnstiftende Funktion von Religion als typisch "gemeinschaftlich" und erforscht ihre Symbolsysteme. Religiöse Gemeinschaften - wie andere traditionelle Gemeinschaften - dienen demnach der kulturellen Bindung des Individuums. Sie verlieren zugunsten der Prägung durch die Gesellschaft in der Moderne an Bedeutung für den Einzelnen. Als Kirche, das heißt als Institution, behalten sie jedoch hohen gesellschaftlichen Einfluss. Laut Tönnies ("''Geist der Neuzeit''") folgt gegenwärtig einem Zeitalter der Gemeinschaft ein Zeitalter der Gesellschaft. Die Funktion der Religion im ersteren werde nunmehr von der [[Öffentliche Meinung|öffentlichen Meinung]] mehr und mehr übernommen. |
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In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterscheidet [[Niklas Luhmann]] in seiner [[Systemtheorie (Luhmann)|Systemtheorie]] „System“ und „Umwelt“. Die Umwelt biete Möglichkeiten, die vom System durch Ausgrenzung und Auswahl genutzt werden können. Diese Selektion beschränkt die Umwelt in ihrer Komplexität. Da jedoch System wie Umwelt nach wie vor von hoher Komplexität geprägt sind, sind Vereinfachungen notwendig, die der Orientierung dienen. Als ein soziales [[Funktionssystem]] moderner Gesellschaften unter anderen komme der Religion solch eine orientierende Funktion zu. Sie begrenzt ein Übermaß an Möglichkeiten und verhindert die beliebige Veränderung der Auswahl.<ref>Niklas Luhmann: ''Die Religion der Gesellschaft.'' 2000; siehe auch Fritz Stolz: ''Grundzüge der Religionswissenschaft'' 2001, S. 31 ff.</ref> |
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*[[Max Weber]], der sich Anfang des 20. Jahrhunderts ausführlich mit dem Phänomen "Religion" aus soziologischer Sicht befasste, unterschied zwischen Religion und [[Magie]]. Unter Religion versteht er ein dauerhaftes, ethisch fundiertes System mit hauptamtlichen Funktionären, die eine geregelte Lehre vertreten, einer organisierten Gemeinschaft vorstehen und gesellschaftlichen Einfluss anstreben. Magie dagegen ist nach Weber lediglich kurzfristig wirksam, gebunden an einzelne Magier oder Zauberer, die als charismatische Persönlichkeiten vermeintlich Naturgewalten bezwingen und eigene moralische Vorstellungen entwickeln. Diese Abgrenzung versteht Weber als idealtypisch. Reinformen sind selten, Überschneidungen und Übergänge werden konstatiert. |
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Die [[Theorie der rationalen Entscheidung]] der Religionen entstand in den 1980er Jahren. Als Hauptvertreter gelten [[Rodney Stark]], [[Laurence R. Iannaccone]] und [[Roger Finke]]. Diese Theorie besagt, dass [[Akteur]]e ihre Handlungen nutzenorientiert wählen.<ref name="Young">Lawrence A. Young: ''Rational Choice Theorie and Religion.'' New York 1997.</ref> Annahmen dieser Theorie sind: |
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:Weber hat umfangreiche theoretische Abhandlungen über die verschiedenen Religionen, insbesondere über die protestantische Ethik, vorgelegt und empirische Studien zu der unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung in protestantischen und katholischen Ländern durchgeführt. |
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Der Akteur handelt [[Rationalität|rational]] durch Abwägen von Kosten und Nutzen; es gibt stabile [[Präferenz]]en, die sich weder von Akteur zu Akteur noch zeitlich stark unterscheiden; soziale Ereignisse sind Ergebnisse von [[Soziale Interaktion|sozialen Interaktionen]] zwischen den Akteuren.<ref>Laurence R. Iannaccone, in: Lawrence A. Young: ''Rational Choice Theorie and Religion''. New York 1997.</ref> Der Akteur als Gläubiger wie auch religiöse Organisationen handeln demnach nutzenmaximierend. Sie spezialisieren ihr Angebot von religiösen Gütern, um möglichst viele Gläubige anzuziehen. Diese Theorie wird von verschiedenen Religionssoziologen kritisiert, da sie zentrale Begriffe der Theorie unklar lasse („Kosten“, „Nutzen“). Auch sei strittig, ob [[kosten]]theoretisch ausgefeilte Begriffe aus der [[Betriebswirtschaftslehre]] auf religiöses Handeln übertragbar sind.<ref name="Young" /> |
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=== Religionswissenschaftliche Ansätze === |
=== Religionswissenschaftliche Ansätze === |
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Die [[Religionswissenschaft]], die eine Vielzahl von Disziplinen wie [[Religionssoziologie]], [[Religionsphilosophie]], [[Philologie|Religionsphilologie]], [[Religionsgeschichte]] u. a. umfasst, untersucht auf [[Empirische Sozialforschung|empirischer]] und theoretischer Grundlage Religionen als [[Gesellschaft (Soziologie)|gesellschaftliche]] Phänomene. Religionswissenschaftliche Theorien müssen unabhängig von Glaubensannahmen nachvollziehbar und [[Falsifizierung|falsifizierbar]] sein. Seit etwa 100 Jahren als eigenständige [[Einzelwissenschaft|Disziplin]] etabliert, geht sie auf Vorläufer innerhalb [[Europa]]s wie auch darüber hinaus (religionsvergleichende Studien in [[China]] und der [[islam]]ischen Welt) zurück. In Abgrenzung zur [[Theologie]] gehört zur Religionswissenschaft einerseits die Möglichkeit des [[Dialog]]es, aber auch die Option der [[Religionskritik]]. |
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Nach [[Clifford Geertz]] (1973) ist Religion ein kulturell-geschaffenes Symbolsystem, das versucht, dauerhafte Stimmungen und Motivationen im Menschen zu schaffen, indem es eine allgemeine Seinsordnung formuliert. Diese geschaffenen Ideen werden mit einer überzeugenden Wirkung („Aura von Faktizität“) umgeben, damit diese Stimmungen und Motivationen real wirken. Solche „heiligen“ Symbolsysteme haben die Funktion, das Ethos als moralisches Selbstbewusstsein einer Kultur – mit dem Bild, das diese Kultur von der Realität hat, mit ihren Ordnungsvorstellungen zu verbinden. Die Vorstellung von der Welt wird Abbild tatsächlicher Gegebenheiten einer [[Lebensform (Philosophie)|Lebensform]]. Die religiösen Symbolsysteme bewirken eine Übereinstimmung zwischen einem bestimmten Lebensstil und einer bestimmten [[Metaphysik]], die einander stützen. Religion stimme demnach menschliche Handlungen auf eine vorgestellte kosmische Ordnung ab. Ethische und [[Ästhetik|ästhetische]] Präferenzen der Kultur werden dadurch [[Objektivität|objektiviert]]. Sie erscheinen als Notwendigkeit, als Folge einer bestimmten Struktur der Welt. Die Glaubensvorstellungen der Religionen bleiben demnach nicht auf ihre metaphysischen Bezüge beschränkt, sie erzeugen Systeme allgemeiner Ideen, mit denen intellektuelle, emotionale oder moralische Erfahrungen sinnvoll ausgedrückt werden können. Da somit eine Übertragbarkeit von Symbolsystem und Kulturprozess vorliegt, bieten Religionen nicht nur Welterklärungsmodelle, sie gestalten auch soziale und psychologische Prozesse.<ref>{{Literatur |Autor=Pradeep Chakkarath |Hrsg=Gisela Trommsdorff und Hans-Joachim Kornadt |Titel=Zur kulturpsychologischen Relevanz von Religionen und Weltanschauungen |Sammelwerk=Kulturvergleichende Psychologie |Band=1 |Verlag=Hogrefe |Ort=Göttingen |Datum=2007 |ISBN=978-3-8017-1502-1 |Seiten=615–674}}</ref> |
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Durch die unterschiedlichen Religionen wird eine Vielfalt unterschiedlicher Stimmungen und Motivationen erzeugt, so dass es nicht möglich ist, die Bedeutsamkeit von Religion in ethischer oder funktionaler Hinsicht festzulegen.<ref name="CG">Clifford Geertz: ''Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987 (Nachdruck 2002), ISBN 3-518-28296-4.</ref> |
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Nach Rüdiger Vaas bieten Religionen die „ultimative Bezogenheit“: das Gefühl der Verbundenheit, Abhängigkeit, Verpflichtung sowie den Glauben an Sinngebung und Bestimmung.<ref>s. [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 3–4.</ref> |
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*'''Jacques Waardenburg''' bezeichnet die Definition von Religion als 'Glauben' als ein Produkt westlicher Tradition. Dieser Begriff treffe daher nicht auf die Vorstellungen anderer Kulturen zu und sei für die Beschreibung von Religionen eher ungeeignet. Religionen können nach seiner Auffassung als Bedeutungsgefüge mit darunterliegenden Grundintentionen für Menschen angesehen werden. |
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[[Jacques Waardenburg]] definiert Religion als ‚Glauben‘ als Produkt westlicher Tradition. Der Begriff umfasse daher keine Vorstellungen anderer Kulturen und sei zur Beschreibung von Religionen eher ungeeignet. Religionen sind demnach Bedeutungsgefüge mit darunterliegenden Grundintentionen für Menschen.<ref>Jacques Waardenburg: ''Religionen und Religion'' 1986 (Neuauflage De Gruyter; Berlin/New York 1996) ISBN 3-11-010324-9.</ref> |
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*Der irisch-britische Religionswissenschaftler '''[[Ninian Smart]]''' entwirft ein multidimensionales Modell von Religion und unterscheidet dabei sieben Dimensionen: 1. die praktische und rituelle, 2. die erfahrungsmäßige und emotionale, 3. die narrative oder mythische, 4. die doktrinale und philosophische, 5. die ethische und rechtliche, 6. die soziale und institutionale und 7. die materielle Dimension (z. B. sakrale Bauwerke). |
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Ein in der Religionswissenschaft gängiger Umgang mit dem Religionsbegriff ist, Religion als „Offenes Konzept“ zu betrachten, also auf eine Definition des Religionsbegriffes zu verzichten. Diese Auffassung wurde besonders vom Bremer Religionswissenschaftler [[Hans G. Kippenberg]] vertreten.<ref name="Hock">Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. Darmstadt 2002.</ref> |
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Ein kulturwissenschaftlicher Ansatz stammt von Michael Bergunder.<ref>Michael Bergunder: ''Was ist Religion? Kulturwissenschaftliche Überlegungen zum Gegenstand der Religionswissenschaft''. In: ''Zeitschrift für Religionswissenschaft'' 19 (2011), S. 3–55.</ref> Bergunder betrachtet den historischen Begriffswandel und stellt fest, dass ''Religion'' lange Zeit [[Eurozentrismus|eurozentrisch]] belegt war. Das „konsensfähige Alltagsverständnis“, auf das sich die Religionswissenschaft bezieht, müsse hingegen heute auf einem globalen Religionsbegriff beruhen. |
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Andere Religionswissenschaftler entwickelten das Modell der verschiedenen „Dimensionen“ von Religion. [[Rodney Stark]] und [[Charles Glock]] unterscheiden die [[Ideologie|ideologische]], die ritualisierte, die intellektuelle Dimension sowie die Dimension der Erfahrung und die handlungspraktische Dimension.<ref name="Hock" /> Angelehnt daran entwarf der irisch-britische Religionswissenschaftler [[Ninian Smart]] ein Modell einer siebendimensionalen Religion: 1. die praktische und rituelle, 2. die erfahrungsmäßige und emotionale, 3. die [[Narration|narrative]] oder mythische, 4. die [[doktrin]]ale und philosophische, 5. die ethische und rechtliche, 6. die soziale und [[institution]]ale und 7. die materielle Dimension (z. B. sakrale Bauwerke). |
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In jüngster Zeit entwickelt sich ein Dialog zwischen einigen Hirnforschern<ref>Vgl. auch S. Begley, A. Underwood: ''Religion and the Brain.'' In: ''Newsweek.'' (USA), 7. Mai 2001.</ref> und Religionswissenschaftlern sowie Theologen, der mitunter als [[Neurotheologie]] bezeichnet wird und sich zunehmend auch mit der Suche von [[Biologie|Biologen]] nach einer schlüssigen Theorie zur Evolution der Religionen verschränkt. |
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=== Naturwissenschaftliche Ansätze === |
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Verschiedene [[Hirnforschung|Hirnforscher]] suchen seit 1970 nach [[Neurologie|neurologischen]] Erklärungen für verschiedene Typen religiöser Erfahrungen. Entsprechende Studien wurden etwa publiziert von David M. Wulff, Eugene d’Aquili, C. Daniel Batson, Patricia Schoenrade, J. L. Saver und J. Rabin, W. Larry Ventis, Michael A. Persinger, K. Dewhurst, A. W. Beard, James J. Austin und [[Andrew Newberg]].<ref>Vgl. etwa J. L. Saver, J. Rabin: ''The neural substrates of religious experience.'' In: ''Journal of Neuropsychiatry.'' Band 9, 1997, S. 498–510.</ref> |
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Evolutionsforscher wie der Biologe [[Richard Dawkins]] und die Psychologin [[Susan Blackmore]] stellten die Theorie der [[Mem]]e auf um das Phänomen Religion zu erfassen. Dawkins bezeichnet 1991 eine Religion als Gruppe von Ideen und Denkmustern, die sich gegenseitig bestärken und gemeinsam auf ihre Verbreitung hinwirken ([[Memplex]]). Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass durch Religionen Handlungen und Überzeugungen weit verbreitet werden können, die außerhalb ihres religiösen Kontexts sinnlos scheinen oder im Gegensatz zur objektiven Realität stehen. Voraussetzung zur Verbreitung religiöser Ideen sei die Bereitschaft zur wörtlichen Weitergabe von Glaubenssätzen und zur Befolgung der darin codierten Anweisungen. Er vergleicht dies mit Mechanismen, durch die Viren einen befallenen Organismus zur Weiterverbreitung ihres eigenen Erbguts anregen. In Analogie zu Computerviren spricht er auch von „Viren des Geistes“. |
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Einig sind sich viele Evolutionsbiologen darin, dass sich die Religion im Laufe der Evolution als vorteilhaft für die Gemeinschaftsbildung erwies. Gemeinschaftlich errichtete Steinkreisanlagen wie die von [[Göbekli Tepe]], die dem [[Totenkult]] gediebt haben mögen und deren Blöcke bis zu 20 Tonnen wiegen, gehen bis auf das 10. Jahrtausend v. Chr. zurück, d. h. auf die vor[[Neolithikum|neolithische]] Epoche. Religion war also kein „Luxusprodukt des sesshaften Menschen“ sondern motivierte zu gemeinsamen Handeln und war damit eher eine Voraussetzung der Sesshaftigkeit.<ref>Thomas Bauer: ''[[Die Vereindeutigung der Welt]].'' 13. Auflage, Stuttgart 2019, S. 34.</ref> |
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Einige Autoren ziehen aus den in vielen [[Kultur]]en beobachteten Vorstellungen von übernatürlichen [[Akteur]]en [[empirisch]]e Rückschlüsse auf grundlegende Verarbeitungsprozesse im menschlichen [[Gehirn]]. Nach einer aus völkerkundlichen Studien abgeleiteten Hypothese postuliert z. B. [[Pascal Boyer]], dass das Gehirn Sinneseindrücke mit Hilfe verschiedener [[Modul (Kognitionswissenschaften)|Module]] verarbeite.<ref>Pascal Boyer: ''Und Mensch schuf Gott''. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4, S. 118 ff. (Übersetzung der amerikanischen Ausgabe: ''Religion Explained. The Evolutionary Origins of Religious Thought''. Basic Books, New York 2001, ISBN 0-465-00695-7)</ref> Eines dieser Module sei darauf spezialisiert, aus Veränderungen in der Umwelt auf die Anwesenheit von Lebewesen zu schließen. Ein solches „Lebewesenerkennungsmodul“ sollte überempfindlich arbeiten, da es dem Überleben meist dienlicher sei, z. B. einen Windhauch irrtümlich als Raubtier zu interpretieren, als ein tatsächlich vorhandenes zu übersehen.<ref>Pascal Boyer: ''Und Mensch schuf Gott.'' Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4, S. 180.</ref> Dadurch könnten im Gehirn aus unklaren Wahrnehmungen leicht Vorstellungen von übernatürlich erscheinenden Akteuren, wie etwa Geistern oder Göttern, entstehen. |
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Auch die Forschungen zur [[Willensfreiheit]] bzw. die Annahme einer absoluten [[Determinismus|Determination]] des menschlichen Geistes haben Einfluss auf die Erklärungsversuche hinsichtlich religiöser Vorstellungen und Praktiken.<!---welchen?? Quelle?---> |
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Speziell die [[Religionspsychologie]] untersucht, ob allgemein eine [[Korrelation]] zwischen Religion und Gesundheit bzw. Lebensdauer eines Individuums besteht. Forschungen in den USA belegen mehrheitlich diese These, europäische Studien stützen solche Bezüge kaum. |
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Die amerikanischen Studien von Newberg und d’Aquili belegen etwa, dass religiöse Menschen gesünder und glücklicher seien, länger lebten und sich schneller von Krankheiten und Operationen erholen würden. Als mögliche Ursache geben sie die sicherheitsstiftende und damit stressmindernde Wirkung der Religion, sowie das Zurechtfinden in einer verängstigenden Welt an. [[Brett Clark (Soziologe)|B. Clark]] und R. Lelkes führen zudem eine größere Lebenszufriedenheit an, die durch geringer Aggressionsneigung und höherer Sozialkompetenz entstünde.<ref>siehe [[#Religionsgeschichte|Literatur Religionsgeschichte]], S. 11.</ref> |
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== Phänomene und religionsspezifische Begrifflichkeit == |
== Phänomene und religionsspezifische Begrifflichkeit == |
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Verschiedene Kriterien und Begriffe zur Beschreibung religiöser Phänomene liegen vor. Viele davon sind selbst Produkte religiöser Sichtweisen und damit für das Beschreiben religiöser Phänomene auf wissenschaftlicher Grundlage von umstrittenem Wert. So beschreibt beispielsweise „[[Synkretismus]]“ die Vermischung religiöser Ideen, bezeichnet jedoch ursprünglich auch das Übersehen [[Logik|logischer]] Widersprüche und ist als Kampfbegriff verwendet worden. Dennoch gelten sie (vor allem in der [[Religionsphänomenologie]]) als zu [[Komparatistik|vergleichenden]] Zwecken wertvoll. |
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=== Natürliche Religion === |
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Um Religionen zu beschreiben, haben Menschen, die sich mit Religion(en) beschäftigten, Kriterien und Begriffe für gefundene Phänomene geschaffen. Viele dieser Begriffe sind selbst Produkte religiöser Sichtweisen und damit problematisch für das Beschreiben religiöser Phänomene, da sie oftmals religiöse Interpretationen des jeweiligen Objektes sind und höchstens einen Ausschnitt des eigentlichen Phänomens zeigen können. So ist z. B. der Begriff "Gebet" ein christlicher und beschreibt eine christliche Praktik, die nicht auf Dinge wie [[Meditation]] oder [[Versenkung]] angewandt werden kann, obgleich dies immer wieder geschieht. Dennoch gibt es in vielen Religionen ähnliche Konzepte, die miteinander verglichen und einander gegenüber gestellt werden können, wodurch ein Ordnen und Beschreiben von Religionen erst möglich wird. |
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Auf die Philosophen der griechischen Antike [[Platon]] und [[Aristoteles]] gehen Vorstellungen im [[Zeitalter der Aufklärung]] über [[Natürliche Religion]] (bzw. [[Natürliche Theologie]]) zurück, die als Ursprung der geschichtlichen, mit Fehlern behafteten, Religionen gesehen wurde. Dagegen vermutete u. a. [[Friedrich Schleiermacher]] darin Abstraktionen früherer Religionen. Diese Auffassung setzte sich in der modernen Religionswissenschaft durch. |
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=== Religion und Glaube === |
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Besonders in der christlich-protestantischen Theologie wird seit dem 20. Jahrhundert nach [[Kirchliche Dogmatik|Karl Barth]] oft Glaube gegen Religion abgegrenzt. Barth sah Religion als eigenmächtigen Weg des Menschen zu Gott an und betonte, eine Erkenntnis des Willens Gottes gebe es nur im Glauben an [[Jesus Christus]]. Das Hören auf das [[Evangelium (Glaube)|Evangelium]] sprenge alle menschlichen Begriffe von Gott, alle ethischen Irrwege. |
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[[Dietrich Bonhoeffer]] übernahm die Unterscheidung und radikalisierte sie als Frage nach einem [[Religionsloses Christentum|Christentum ohne Religion]], grenzte sich aber vom „Offenbarungspositivismus“ Barths ab.<ref>Eberhard Bethge (Hrsg.): ''Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft.'' 10. Auflage. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1978, S. 160–162.</ref> [[Religionsloses Christentum#Gerhard Ebeling|Gerhard Ebeling]] betonte ebenfalls die kritische Kraft des Glaubens gegen religiöse Festlegungen und Sicherheiten, sah aber Religion als Lebensbedingung des Glaubens an. |
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=== Theismus und Atheismus === |
=== Theismus und Atheismus === |
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[[Datei:Ganesha.jpg|mini|Hinduistische Darstellung des Göttlichen in seiner Form als [[Ganesha]]]] |
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Die weitgefächerten Bandbreiten des [[Theismus]] schließen den [[Deismus]], den [[Polytheismus]], den [[Pantheismus]] bzw. Pandeismus und den [[Panentheismus]] bzw. Panendeismus mit ein, es werden gleichzeitig Überschneidungen und Abgrenzungen zum [[Agnostizismus]] und [[Atheismus]] beschrieben. |
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Religionen, deren Anhänger mehrheitlich an die eigene Verpflichtung, nur einem einzigen höchsten Gott ihre Verehrung zu erweisen, glauben, werden als [[Monotheismus|monotheistisch]] bezeichnet. Damit ist nicht zwingend eine Annahme der Nichtexistenz anderer Götter verbunden, sondern eventuell auch ein Werturteil, eine Unterscheidung zwischen dem einen wahren Gott und verschiedenen falschen Göttern (''siehe auch:'' [[Schirk]] im Islam). |
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Solche, die von der Existenz mehrerer Götter ausgehen und ihnen eine Bedeutung für bzw. einen Einfluss auf ihr Leben zugestehen, werden polytheistisch genannt.<ref>Gladigow, Burkhard: ''Polytheismus. Akzente, Perspektiven und Optionen der Forschung.'' In: ''Zeitschrift für Religionswissenschaft.'' (ZfR), 5. Jg. 1997/1, S. 59–77.</ref> |
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[[Bild:Ganesha.jpg|thumb|200px|right| hinduistische Darstellung des Göttlichen in seiner Form als [[Ganesha]]]] |
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Vorstellungen, wonach das Göttliche bzw. Gott mit der Gesamtheit der Welt (dem Universum) identisch (und in der Regel nicht persönlich) ist, werden als pantheistisch bezeichnet. |
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Religionen, die an die Existenz eines einzelnen Gottes glauben, werden als [[Monotheismus|monotheistisch]] bezeichnet, Religionen, die an die Existenz mehrerer Götter glauben, als [[polytheismus|polytheistisch]], Religionen, die das Göttliche in der gesamten Welt sehen, als [[Pantheismus|pantheistisch]], Religionen die sich nicht auf ein oder mehrere transzendente Wesen beziehen als [[Atheismus|atheistisch]], obwohl der Atheismus als solcher keine Religion ist. Dennoch gibt es atheistische Religionen wie z. B. den [[Theravada]]-Buddhismus. |
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Für einige Forscher, z. B. [[Ray Billington]], gelten Religionen wie der Buddhismus, deren tradierte Vorstellungen und Riten im Kern nicht auf ein oder mehrere Götter ausgerichtet sind, in gewissem Sinn als atheistisch. Als Beispiele werden der Jainismus und der Buddhismus angeführt.<ref>Ray Billington: ''Religion without God.'' Routledge, London/New York 2002, ISBN 0-415-21786-5.</ref> Die meisten lehnen es jedoch ab, diesen Begriff auf Weltanschauungen anzuwenden, in denen die Frage nach Gott keine Rolle spielt. |
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Auch einige [[Atheismus|atheistisch]]e Weltanschauungen haben an religiöse Rituale erinnernde ideologisch geprägte Formen. Man denke z. B. an die Aufmärsche und Feiern [[Kommunismus|kommunistischer]] Staaten oder an die [[Sozialismus|sozialistischen]] [[Jugendweihe]]n. Der [[Faschismus]] bzw. [[Nationalsozialismus]] trägt ebenfalls die Züge eines [[Extremismus|extremistischen]] religiösen Systems. Ein Beispiel ist die Quasi-Göttlichen-Verehrung des [[Führer]]s. Neuere Forschungen zur Entstehung des Nationalsozialismus widmen dieser Thematik besondere Aufmerksamkeit. Die These, dass scheinbar nichtreligiöse Systeme sich religiöser Formen bedienen, wird wissenschaftlich diskutiert (''siehe auch:'' [[Politische Religion]]). Weitere Kategorien zur Bezeichnung von (weniger weit verbreiteten) Religionen sind [[indigene Religionen|indigene]] und [[Animismus|animistische]] Religionen. |
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=== Kosmologie === |
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Häufig vermitteln Religionen eine Vorstellung, wie die [[Welt]] entstanden ist (eine [[Schöpfung#Schöpfungsmythen in den Religionen|Schöpfungsgeschichte]] oder [[Kosmogonie]]) und ein Bild der letzten Dinge, eine [[Eschatologie]]. |
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Dazu gehören auch Antworten auf die Frage, was mit dem Menschen nach dem Tod geschieht. (Siehe auch: [[Seele]].) Viele Religionen postulieren ein [[Leben nach dem Tod|Dasein nach dem Tod]] und machen Aussagen über die Zukunft der Welt. Themen wie [[Reinkarnation]], [[Nirwana]], [[Ewigkeit]], [[Jenseits]], [[Himmel (Religion)|Himmel]] oder [[Hölle]], und was mit der Welt geschehen wird ([[Apokalypse]], [[Ragnarök]], [[Reich Gottes]]), sind in vielen Religionen zentral.<ref>Dieter Zeller (Hrsg.): ''Religion im Wandel der Kosmologien.'' Peter Lang, Frankfurt am Main, 1999, ISBN 3-631-33138-X.</ref> |
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=== Religiöse Spezialisten === |
=== Religiöse Spezialisten === |
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Die meisten Religionen kennen Personengruppen, die die Religion überliefern, lehren, ihre Rituale ausführen und zwischen Mensch und Gottheit vermitteln. Beispiele sind [[Seher]] oder [[Prophetie|Propheten]], [[Priester]], [[Pastor]]en, [[Prediger]], [[Geistlicher|Geistliche]], [[Mönchtum|Mönche]], [[Ordensschwester|Nonnen]], [[Zauberer|Magier]], [[Druide]]n, [[Medizinmann|Medizinmänner]] oder [[Schamane]]n. Manche Religionen sprechen einzelnen dieser Menschen übernatürliche Eigenschaften zu. |
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Der Status dieser Personen variiert stark. Sie können in einer formellen Organisation tätig oder unabhängig sein, bezahlt oder unentgeltlich, können auf verschiedartig [[Legitimität|legitimiert]] sein und verschiedensten [[Verhaltenskodex|Verhaltenskodizes]] unterliegen. |
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Die meisten Religionen kennen [[Seher]] oder [[Prophet]]en, [[Priester]], [[Prediger]], [[Geistlicher|Geistliche]], [[Mönch]]e, [[Nonne]]n, [[Magier]], [[Druiden]] oder [[Schamane]]n, die die Religion überliefern, lehren, ihre Rituale ausführen und zwischen Mensch und Gottheit vermitteln. Manche Religionen sprechen einzelnen dieser Menschen übernatürliche Eigenschaften zu. In vielen Religionen sind diese Personen innerhalb einer formellen Organisation tätig, in anderen unabhängig. Sie werden bezahlt oder üben ihre Tätigkeit unentgeltlich aus. In einigen Religionen werden die religiösen Rituale vom Familienoberhaupt durchgeführt oder geleitet. Es existieren auch Religionen, in denen es keinen autorisierten Vermittler zwischen dem Übernatürlichen und dem Menschen gibt. |
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In einigen Religionen werden die religiösen Rituale vom Familienoberhaupt durchgeführt oder geleitet. Es gibt auch Religionen ohne spezifisch autorisierten Vermittler zwischen dem Übernatürlichen und dem Menschen.<ref>[http://books.google.com/books?id=eKG_OeKlRD4C&pg=PA1405&lpg=PA1405&dq=religi%C3%B6se+spezialisten&source=web&ots=hMcNHkuxcq&sig=2iEFs-JhQhodBXaeH0zOoYwmKzI#PPA1385,M1 Jörg Rüpke: Fasti sacerdotum]</ref> |
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=== Spiritualität und Rituale === |
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=== Spiritualität, Frömmigkeit und Rituale === |
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Häufig pflegen Religionen und Konfessionen eine eigene Art von [[Spiritualität]]. Spiritualität - insbesondere im Christentum - ist das geistliche Erleben, im Gegensatz zur [[Dogmatik]], welche die festgesetzte Lehre einer Religion darstellt. Das [[Ritual]] hingegen ist durch die Religion formalisierte Spiritualität. Im heutigen westlichen Sprachgebrauch wird Spiritualität als seelische Suche nach Gott oder einem anderen transzendenten Bezug bezeichnet, ob im Rahmen von spezifischen Religionen oder jenseits davon. In einigen Religionen finden sich Strömungen, deren Anhänger die Begegnung mit der [[Transzendenz]] oder dem Göttlichen in [[Mystik|mystischen Erfahrungen]] finden. |
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Häufig pflegen Religionen und Konfessionen eine eigene Art von [[Spiritualität]]. Spiritualität – ursprünglich ein christlicher Begriff – bezeichnet das geistliche Erleben und den bewussten Bezug zum jeweiligen Glauben<ref name="Tobler" /> im Gegensatz zur [[Dogmatik]], die die festgesetzte Lehre einer Religion darstellt. Im heutigen westlichen Sprachgebrauch wird Spiritualität häufig als seelische Suche nach Gott oder einem anderen transzendenten Bezug betrachtet, ob im Rahmen von spezifischen Religionen oder jenseits davon. Häufig synonym verwendet wird der Begriff der [[Frömmigkeit]], der jedoch heute eher im kirchlichen Kontext verwendet wird und zudem oft eine negative Konnotation im Sinne einer übertrieben bedingungslosen Hinwendung zur Religion hat.<ref name="Tobler" /> In einigen Religionen finden sich Strömungen, deren Anhänger die Begegnung mit der [[Transzendenz]] oder dem Göttlichen in [[Mystik|mystischen Erfahrungen]] finden. |
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[[Datei:Japanese buddhist monk by Arashiyama cut.jpg|mini|Japanischer buddhistischer Mönch]] |
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Zu religiösen [[Ritus|Riten]] gehören unter anderem [[Gebet]], [[Meditation]], [[Gottesdienst]], [[Ekstase|religiöse Ekstase]], [[Opfer (Religion)|Opfer]], [[Liturgie]], [[Prozession]]en und [[Wallfahrt]]en. Daneben gibt es im Alltag gelebte [[Frömmigkeit]] wie [[Almosen]] geben, [[Barmherzigkeit]] oder [[Askese]]. |
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Zu den religiösen [[Ritus|Riten]] im weiteren Sinne gehören unter anderem [[Gebet]], [[Meditation]], [[Taufe]], [[Gottesdienst]], [[Ekstase|religiöse Ekstase]], [[Opfer (Religion)|Opfer]], [[Liturgie]], [[Prozession]]en und [[Wallfahrt]]en. Darüber hinaus zählen dazu beispielsweise auch im Alltag gelebte [[Frömmigkeit]] wie das Geben von [[Almosen]], [[Barmherzigkeit]] oder [[Askese]]. |
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=== Schismen und Synkretismen === |
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Auch einige atheistisch-säkulare Weltanschauungen bedienen sich religiös anmutender Rituale. Beispiele sind die aufwändig inszenierten Aufmärsche und Feiern in [[Realsozialismus|sozialistischen]] oder [[Faschismus|faschistischen]] Staaten wie auch die zeitweilig in ihnen praktizierten (An-)[[Führer (Politik)|Führerkulte]]. Die These, dass scheinbar nichtreligiöse Systeme sich religiöser Formen bedienen, wird wissenschaftlich diskutiert (''siehe auch:'' [[Politische Religion]], [[Zivilreligion]], [[Staatsreligion]] bzw. [[Religio Athletae]]).<ref>[[Erwin Möde]]: ''Spiritualität der Weltkulturen.'' Verlag Styria, 2000, ISBN 3-222-12798-0.</ref> |
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Aufgrund ihrer [[Ideologie|ideologischen]] Momente haben Religionen die latente Tendenz zur Spaltung. Subreligionen sind oft durch die Abtrennung einer Gruppe aus der ursprünglichen Religionsgemeinschaft entstanden. |
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Der Begriff [[Synkretismus]] beschreibt das gleichzeitige Ausüben von Praktiken verschiedener Religionen. Im klassischen Sinne ist er der Versuch, ähnliche Religionen (wieder) zu vereinen oder die Schaffung einer neuen Religion aus unterschiedlichen Vorgängern zu initiieren. |
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=== Schismen und Synkretismen === |
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Seit der Aufklärung wird – vor allem im westlichen Kulturkreis – zwischen institutionalisierter Religion und persönlicher Haltung zum Transzendenten unterschieden. |
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Vielfach ist es in der Geschichte der Religionen zu [[Schisma|Schismen]] (Spaltungen) und der Bildung von [[Sekte]]n gekommen. |
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Neue Religionen entstehen in der Regel durch die Abtrennung einer Gruppe aus einer älteren Religionsgemeinschaft.<ref>Rodney Stark, Roger Finke: ''Acts of Faith.'' Berkeley, Los Angeles, London 2000.</ref> |
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Der Begriff [[Synkretismus]] beschreibt das Vermischen von Praktiken verschiedener Religionen. Es kann sich hierbei um den Versuch handeln, ähnliche Religionen (wieder) zu vereinen oder die Schaffung einer neuen Religion aus unterschiedlichen Vorgängern zu initiieren.<ref>{{Internetquelle |autor=Elke Mader |url=http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-1144.html |titel=Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung |titelerg=Synkretismus |werk=lateinamerika-studien.at |hrsg=[[Universität Wien]]. Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie |datum=2004-08-29 |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20161225053927/http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-1144.html |archiv-datum=2016-12-25 |abruf=2019-07-27 |kommentar=letzte Aktualisierung: 27. Juli 2019}}</ref> |
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Hinzu kommen seit den 1980er Jahren [[Postmoderne|postmoderne]] Ansätze, nach denen Gruppen oder Individuen Ideen, Rituale usw. aus Religionen und anderen Weltanschauungen neu zusammenstellen und auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Dieses [[Eklektizismus|eklektizistische]] Vorgehen wird von Vertretern traditioneller Religionen zuweilen „Patchwork-Religion“ oder „Supermarkt der Weltanschauungen“ genannt. |
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=== Religion und Religiosität === |
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{{Hauptartikel|Religiosität}} |
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[[Datei:Daniel friedrich schleiermacher.jpg|mini|[[Friedrich Schleiermacher]]]] |
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Insbesondere im Deutschen wird zwischen „Religion(en)“ und „Religiosität“ unterschieden. Während ''eine Religion'' die religiöse Lehre ''(→ [[Dogma]])'' und die zugehörige [[Institution]] bezeichnet, bezieht sich ''Religiosität'' auf das subjektive religiöse Leben, Empfinden (Ehrfurcht vor dem „Großen Ganzen“, [[Transzendenz|transzendente]] Welterklärung) und Wünschen ([[Erleuchtung]], Religionszugehörigkeit) des Einzelnen.<ref>Hans-Ferdinand Angel: ''„Von der Frage nach dem Religiösen“ zur „Frage nach der biologischen Basis menschlicher Religiosität“.'' In: ''Christlich-pädagogische Blätter.'' Nr. 115, Wien 2002, {{ISSN|0009-5761}}, S. 86–89.</ref> Für [[Johann Gottfried Herder]] war Religiosität der Ausdruck für das echte religiöse Gefühl.<ref group="A">Wernhart, S. 28.</ref> Im christlichen Kontext wird Religiosität häufig mit Glaube gleichgesetzt.<ref name="Tobler">Stefan Tobler: ''Jesu Gottverlassenheit als Heilsereignis in der Spiritualität Chiara Lubichs.'' De Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-017777-3, S. 22–25.</ref> |
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Viele Menschen haben das Bedürfnis, zu erfahren, wie viele "Gläubige" sich zu einer Religion bekennen. Obwohl immer wieder Statistiken auftauchen, ist die Quellenlage zumeist fraglich. Auch gibt es Religionen wie ''das Christentum'' oder ''den Buddhismus'' nicht (man vergleiche das "Christentum" in Südamerika und Skandinavien). Daher sollte stets beachtet werden, dass solche Statistiken im besten Falle nur etwas über die Anzahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft (ähnlich einer Vereinsmitgliedschaft) und über die Ideologie der Statistikveröffentlicher aussagen. Darüber hinaus gibt es sehr unterschiedliche Ausprägungen der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. Beispielsweise werden zum Judentum häufig auch diejenigen gerechnet, die sich als Atheisten bezeichnen, zum Christentum in Deutschland alle Kirchensteuerzahler, auch wenn sie nicht gläubig sind. |
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In der deutschen Religionsgeschichte betonten vor allem die [[Romantik]] und der [[Pietismus]] die innere Haltung des Gläubigen. |
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[[Bild:Weltreligionen.png|thumb|400px|Die Welt: vorherrschende Religionen nach Staaten]] |
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Der protestantische Theologe [[Friedrich Schleiermacher]] etwa schrieb in seiner Schrift ''[[Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern|Über die Religion]]''<ref>mit dem Untertitel: ''Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern.''</ref> (1799): „Religion ist nicht [[Metaphysik]] und Moral, sondern Anschauen und Gefühl.“ |
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Die Betonung des Gefühls ist auch für die mehr als 100 Jahre später vorgelegte Religionsauffassung des nordamerikanischen Philosophen und Psychologen [[William James]]<ref>James gehört zu den Begründern der Religionspsychologie</ref> kennzeichnend: In seinem Werk ''The varieties of religious experience'' (1902) vermeidet der [[Pragmatismus|Pragmatiker]] eine allgemeine Definition des Begriffs Religion. Nach James ist religiöse Wahrheit nichts Übergeordnetes, dem Menschen Entzogenes. Sie zeigt sich vielmehr im Erleben des religiösen Menschen und wird durch das religiöse Gefühl erfahren, das sich durch die Verbindung mit einem religiösen Objekt bildet. Aufgrund der unterschiedlichen Gefühle, die von der Gewissheit der transzendentalen Bedeutung von Wörtern und Wahrnehmungen bis hin zum [[Mystik|mystischen]] Gefühl der Verbundenheit mit dem Kosmos reichen, lassen sich verschiedene Formen von Religiosität beschreiben. Das tiefe religiöse Erleben übersteige einfache Moralvorstellungen. Für James sind erkenntnistheoretische Fragen und solche der Methodik sekundär. Er stützt seine Arbeiten allein auf Beschreibungen und Systematisierung religiöser Gefühle. |
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'''Statistik A - Religionen der Welt - Zugehörige''' |
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(Quelle: [http://www.adherents.com/Religions_By_Adherents.html adherents.com]) |
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* Christentum (2,1 Milliarden) |
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* Islam (1,3 Milliarden) |
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* Atheismus, Nichtreligiöse (1,1 Milliarden) |
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* Hinduismus (900 Millionen) |
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* Traditionelle Chinesische Religionen (394 Millionen) |
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* Buddhismus (376 Millionen) |
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* Nichtafrikanische Indigene Religionen (300 Millionen) |
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* Traditionell Afrikanische Religionen (100 Millionen) |
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* Sikhismus (23 Millionen) |
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* Spiritismus (15 Millionen) |
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* Judentum (14 Millionen) |
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* Baha'i (7 Millionen) |
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* Jainismus (4,2 Millionen) |
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James’ Werk war bedeutsam für die Entwicklung der frühen Religionswissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts. Während etwa [[Ernst Troeltsch]] versuchte, James’ Beschreibungen für seine Theorie nutzbar zu machen, wurde James Ansatz von Religionspsychologen wie [[Wilhelm Wundt]] und [[Karl Girgensohn]] heftig kritisiert. |
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[[Bild:Europe religion map de.png|thumb|250px|Religionen in Europa]] |
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Der evangelische Theologe und Religionsphilosoph [[Rudolf Otto]] nahm in seinem 1917 erschienenen Hauptwerk ''Das Heilige''<ref>Rudolf Otto: ''Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen.'' 1917.</ref> an, dass es eine besondere Anlage (sensus numinis) für das religiöse Gefühl gibt. Sei diese Anlage nur schwach ausgeprägt oder gar nicht, sei man als Religionskundler kaum geeignet. Das religiöse Gefühl sei von anderen Empfindungen zu unterscheiden. Gleichwohl sei es möglich, Parallelen zum Erleben anderer Gefühle zu ziehen (z. B. ästhetische Gefühle). Otto nennt vier Momente, die für das Erleben des religiösen Gefühls typisch sind: Das Tremendum = Das Schauervolle, Das Majestas = Das Übermächtige, Das Energische = Die Kraft, Der Wille, Das Mysterium = Das „Ganz Andere“; siehe auch [[Mysterium tremendum]]. Diese Momente ziehen sich durch die gesamte Religionsgeschichte. Ferner geht er davon aus, dass religiöses Erleben zunächst [[affekt]]haft („irrational“) erfahren, nie „begriffen“, wohl aber durch [[Kognition|kognitive Prozesse]] („Rationalisierung“) „[[Moral|versittlicht]]“ wird. |
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'''Statistik B - Religionen der Welt - Zugehörige''' |
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(Quelle: [http://www.globalchristianity.org/resources.htm David B. Barrett]) |
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* Islam (1,313 Milliarden) |
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* Katholische Kirche (1,119 Milliarden) |
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* Hinduismus (870 Millionen) |
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* Nichtreligiös (769 Millionen) |
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* Unabhängige Christliche Kirchen (427 Millionen) |
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* Traditionelle Chinesische Religionen (405 Millionen) |
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* Protestantische Kirchen (376 Millionen) |
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* Orthodoxe Kirchen (220 Millionen) |
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* Anglikanische Christen (80 Millionen) |
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* Buddhismus (379 Millionen) |
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* Sikhismus (25 Millionen) |
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* Judentum (15 Millionen) |
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* Ethnoreligionen (256 Millionen) |
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* Atheismus (152 Millionen) |
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* Afrikanische Religionen (100 Millionen) |
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* Neue Religionen (108 Millionen) |
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Auch Rudolf Ottos auf Gefühlen beruhendes Konzept des Heiligen löste damals lebhafte Diskussionen aus. Während sich der Religionswissenschaftler [[Gustav Mensching]] in seiner [[Toleranz]]idee der Religionen von Otto anregen ließ, wurde Ottos Theorie von dem Wundt-Schüler [[Willy Hellpach]] als [[Parapsychologie|parapsychologisch]] verworfen. Heute spielt Otto in der Religionswissenschaft kaum noch eine Rolle. Vorstellungen vom [[Numinos]]en werden aber nach wie vor u. a. bedingt durch die tiefenpsychologischen Konzepte von [[Erik H. Erikson]] und [[Carl Gustav Jung|C. G. Jung]] in alternativen Richtungen der Psychologie (z. B. [[transpersonale Psychologie]]) aufgenommen. |
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Stand Mitte 2005, Weltbevölkerung: 6,454 Milliarden. |
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Seit der Aufklärung wird – vor allem im westlichen Kulturkreis – zwischen institutionalisierter Religion und persönlicher Haltung zum Transzendenten unterschieden. Hierdurch wird die individuelle Ausformung der Religiosität des Einzelnen begünstigt.<ref>Martin Baumann, Samuel M. Behloul: {{Webarchiv |url=http://www.transcript-verlag.de/ts350/ts350_1.pdf |text=''Einleitung: Zur Aktualität von Religion und religiösem Pluralismus'' |wayback=20110521175331}} (PDF; 128 kB). In: ''transcript-verlag.de,'' abgerufen am 27. Juli 2019.</ref> Daneben gibt es zunehmend Formen von Religion, die sich wenig auf den Lebensstil der Anhänger auswirken, weil diese nur zu bestimmten Gelegenheiten religiöse ‚Dienstleistungen‘ in Anspruch nehmen. Hierzu gehören auch Ansätze, nach denen Gruppen oder Individuen Ideen, Rituale usw. aus Religionen und anderen Weltanschauungen, u. a. [[Esoterik|esoterischen]], neu zusammenstellen und auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Dieses [[Eklektizismus|eklektizistische]] Vorgehen wird von Vertretern traditioneller Religionen zuweilen „Patchwork-Religion“ oder „Supermarkt der Weltanschauungen“ genannt.<ref>[[Massimo Introvigne]]: ''Schluss mit den Sekten!'' Marburg 1998.</ref> |
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'''Statistik C - Religionen in Deutschland - Zugehörige''' |
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(Quelle: [http://www.remid.de/remid_info_zahlen.htm REMID] Stand: 12/2004) |
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* Katholische Kirche (26,46 Millionen) |
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* Evangelische Landeskirchen (26,21 Millionen) |
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* Atheismus, Nichtreligiöse (23,4 Millionen) |
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* Islam (gesamt: 3,3 Millionen) |
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* Neuapostolische Kirche (0,38 Millionen) |
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* Buddhismus (gesamt: 0,21 Millionen) |
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* Judentum (gesamt: 0,189 Millionen) |
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* Hinduismus (gesamt: 0,092 Millionen) |
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== Religion und Ethik == |
== Religion und Ethik == |
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[[Datei:BiblenCh ubt.jpeg|mini|[[Bibel]] aus dem 16. Jh. – viele Religionen kennen [[Heilige Schrift]]en, in welchen ethisches Verhalten festgelegt und über die Schrift weitergegeben wird]] |
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Zahlreiche alte Religionen hatten den Anspruch, menschliches Zusammenleben durch Gesetze zu regeln. Die meisten Religionen der Gegenwart haben ein [[Ethik|ethisches]] Wertesystem, dessen Einhaltung sie fordern. |
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[[Bild:BiblenCh ubt.jpeg|thumb|right|280px| [[Bibel]] aus dem 16. Jhd. - viele Religionen kennen [[Heilige Schrift]]en, in welchen ethisches Verhalten festgelegt und über die Schrift weitergegeben wird.]] |
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Die meisten alten Religionen hatten zugleich den Anspruch menschliches Zusammenleben durch Gesetze zu regeln (10 Gebote). Die meisten Religionen der Gegenwart haben ein [[Ethik|ethisches]] Wertesystem, dessen Einhaltung sie fordern. Dieses System umfasst Vorstellungen darüber, was richtig und falsch und was gut und böse ist, wie ein Angehöriger der jeweiligen Religion zu handeln und teilweise zu denken hat. Immer also findet sich eine zugrundeliegende Auffassung über die Welt, die Natur und die Stellung des Menschen dazu darin. Obgleich sich diese Vorstellungen historisch wandeln, stehen hinter solchen religiösen Pflichten in fast allen Religionen ähnliche [[Moral|moralische]] [[Prinzip|Prinzipien]]. Diese sollen das konfliktarme Miteinander der Mitglieder der [[Religionsgemeinschaft]] regeln, sollen Gesellschaft und zum Teil Politik positiv beeinflussen und die Menschen individuell dem jeweiligen religiösem Ziel näher bringen. Zum Teil bieten sie für den Einzelnen einen moralischen Rahmen, der ihn psychisch und physisch stabilisieren kann. |
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Dieses [[Ideologie|System von Wertvorstellungen]] umfasst Ansichten darüber, was richtig und falsch und was gut und böse ist, wie ein Angehöriger der jeweiligen Religion zu handeln und teilweise, wie er zu denken hat. Dem liegt zumeist eine bestimmte Auffassung über die Welt, die Natur und die Stellung des Menschen zugrunde. Obgleich sich diese Anschauungen historisch wandeln, stehen hinter solchen religiösen Pflichten in fast allen Religionen ähnliche ethische Prinzipien. Diese sollen das konfliktarme Miteinander der Mitglieder der [[Religionsgemeinschaft]] regeln, die [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] und zum Teil die Politik im Sinne der Religion beeinflussen und die Menschen individuell dem jeweiligen religiösen Ziel näher bringen. Zudem bieten sie für den Einzelnen einen [[moral]]ischen Rahmen, der ihn psychisch und physisch stabilisieren kann, zu individueller und kollektiver Hilfsbereitschaft anhalten oder sogar zu gesellschaftlichen Verbesserungen beitragen kann. |
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In einigen Religionen sollen diese moralischen Gesetze der jeweiligen Überlieferung nach direkt dem Religionsstifter von der entsprechenden Gottheit überbracht worden sein und somit höchste Autorität besitzen. Nach dieser Vorstellung müssen sich auch weltliche Herrscher diesen ethischen Anforderungen beugen. Gehorsam wird teilweise unter Androhung von diesseitigen oder jenseitigen [[Strafe]]n gefordert oder als einziger Weg zum [[Heil]] dargestellt. |
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Alle [[Weltreligion]]en und die meisten kleineren Religionen fordern [[Barmherzigkeit]] von ihren Mitgliedern. So ist im [[Islam]] z. B. vorgeschrieben, dass jeder einen festen Anteil seines Einkommens für soziale Zwecke spenden soll ([[Zakat]]). Im christlich geprägten Mittelalter unterhielt die [[römisch-katholische Kirche]] Universitäten und Schulen, Hospitäler und Waisenhäuser und sorgte für die [[Armenspeisung]]. Ein Aspekt von Religion kann die Bewahrung des [[Frieden]]s sein, was durch Vorschriften zu [[Mitgefühl]], [[Vergebung]] oder sogar [[Feindesliebe]] Ausdruck findet.<ref name="Eth">Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1.</ref> |
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Häufig existieren noch weitere [[Regeln]], die nicht direkt vom Stifter der Religion stammen, sondern aus den [[Liste Heiliger Schriften|heiligen Schriften]] und anderen Tradierungen der jeweiligen Religion abgeleitet werden (z. B. [[Talmud]], [[Sunna]]). Einige dieser Normen verloren im Laufe der historischen Entwicklung für viele Gläubige ihren Sinn und wurden in einigen Fällen den sehr unterschiedlichen Wertesystemen der entsprechenden Zeit angepasst. |
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In einigen Religionen sollen diese moralischen Gesetze der jeweiligen Überlieferung nach dem [[Religionsstifter]] von der entsprechenden Gottheit überbracht worden sein und somit höchste Autorität besitzen ([[Offenbarung]]sreligionen). Nach dieser Vorstellung sollen sich auch weltliche Herrscher den jeweiligen ethischen Anforderungen beugen. Gehorsam wird jeweils unter Androhung von diesseitigen oder jenseitigen Strafen gefordert oder als einziger Weg zum [[Heil]] dargestellt.<ref name="Eth" /> Auch [[Apostasie]] kann je nach Auslegung der Religion bestraft werden. |
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=== Ethik im Judentum und Christentum === |
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Häufig existieren weitere Regeln, die nicht vom Stifter der Religion stammen, sondern aus den [[Heilige Schrift|heiligen Schriften]] und anderen Tradierungen der jeweiligen Religion abgeleitet werden (z. B. [[Talmud]], [[Konzil]]ien, [[Sunna]]). Einige dieser Normen verloren im Laufe der historischen Entwicklung für viele Gläubige ihren Sinn und wurden in einigen Fällen den sehr unterschiedlichen Wertesystemen der entsprechenden Zeit angepasst (vgl. [[Reformjudentum]]).<ref name="Eth" /> |
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Die gelebte Ethik von Judentum und Christentum unterscheidet sich unter anderem dadurch, ob die jeweilige Religion mit einem weiten individuellem Denk- und Handlungsspielraum, [[Tradition|traditionell]] oder [[Fundamentalismus|fundamentalistisch]] ausgelegt wird. Auch innerhalb der einzelnen Religionen gibt es häufig unterschiedliche Schulen, welche die jeweilige Morallehre verschieden auslegen und anwenden. So gab es z. B. im Christentum Strömungen, die das [[Alte Testament]] aufgrund der darin sehr gewalttätig wirkenden Gottheit "verbannen" wollten. |
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Wie in allen [[Weltanschauung]]en gibt es auch in den Religionen einen Widerspruch zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Umsetzung. Während Machtmissbrauch und andere Missstände im Mittelalter und der frühen Neuzeit häufig zu [[Schisma|Schismen]] und religiösen Erneuerungsbewegungen führten, veranlassen sie gegenwärtig vielfach zur Abkehr von Religionen. Parallel zu Reform-Bestrebungen kommt es aber auch zu [[Fundamentalismus|fundamentalistischen]] religiösen Interpretationen und Praktiken, die bis hin zu [[Terrorismus|terroristischen Aktivitäten]] mit pseudoreligiöser Begründung reichen.<ref name="Eth" /> |
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[[Judentum]] und [[Christentum]] verbindet in ihren ethischen Systemen beispielsweise der Gedanke an eine Endzeit. Dieses lineare Verständnis von Zeit bedeutet, dass die Gläubigen im [[Diesseits]] nach den von ihrer Gottheit geforderten Regeln leben, um den Lohn dafür in einer späteren Zeit zu erhalten; obgleich die Gottheit auch im Diesseits schon wirken kann. Allerdings wird im [[Protestantismus]] ebenso oftmals die göttliche [[Gnade]] für ausschlaggebend gehalten, auch teilweise unabhängig von der Befolgung moralischer Postulate. Das Judentum ist weniger jenseitsbezogen jedoch gebotreicher als das Christentum, was sich u. a. im hebräischen Wort für Religion, nämlich [[Torah]] (Gesetz), widerspiegelt. Ähnlich wie im [[Hinduismus]] gibt es genaue Anweisungen, wie die Handlungsweisen des Mitglieds in der Gruppe sein sollen. In den christlichen Religionen sind durch die Relativierungen ihres Stifters und die [[Neuplatonismus|neuplatonischen Einflüsse]] weit weniger Richtlinien vorgegeben - beispielsweise die [[Zehn Gebote]]. |
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Die stärkste Form des Versagens ethischer religiöser Normen stellen [[Religionskriege]] und andere Gewalttaten dar, die mit religiösen Auffassungen begründet werden. Dies werten Gläubige zumeist als Missbrauch ihrer Religion, während [[Religionskritik]]er von einer allen Religionen immanenten Tendenz zu [[Fanatismus]] und Grausamkeit ausgehen. Überdies ist umstritten, ob diese Geschehnisse notwendige Folge von Religionen sind. |
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=== Ethik im Islam === |
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Die Römisch-Katholische Kirche war für die [[Inquisition]] verantwortlich. Verbrechen im Namen der christlichen Religion waren die [[Kreuzzug|Kreuzzüge]], die [[Hexenverfolgung]], die [[Geschichte des Antisemitismus bis 1945|Judenverfolgung]], gewalttätige Formen der [[Missionierende Religion|Missionierung]] oder religiös verbrämte, eigentlich politische Gräueltaten, wie die Tötung zahlreicher sogenannter Indios, Angehöriger [[Indigene Völker Südamerikas|indigener Völker Südamerikas]] während der Eroberung und in der Neuzeit teilweise die Unterstützung von [[Diktatur]]en und die [[ambivalent]]e Rolle der Kirchen in der [[Zeit des Nationalsozialismus]]. Allerdings fanden sich bei all diesen Ereignissen auch immer wieder Kritiker aus den eigenen Reihen. Der Kirchen- und Religionskritiker [[Karlheinz Deschner]] hat in seinem auf zehn Bände angelegten Werk [[Kriminalgeschichte des Christentums]] ab 1986 eine Fülle historischen Materials zu diesem Thema ausgewertet und kommentiert. |
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Die Ethik im Islam ist ähnlich wie im Judentum sehr stark an Gebote für einzelne Situationen gebunden. Der [[Koran]] gibt genaue Anweisungen für die Handlungen des Einzelnen in der Gruppe. Wichtig für den Islam ist eine kollektive Verantwortung für Gut und Böse. Dies wird beispielsweise in der Anweisung ''[[Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar|al-amr bil ma'ruf wa n-nahi an al-munkar]]'' (das Gute befehlen und das Schlechte verbieten) deutlich. In Folge besteht die Gefahr einer unumschränkten Befehlsgewalt der Gemeinschaft (siehe auch [[Hisba]]). Der Islam geht in seinen Hauptrichtungen [[Sunniten|Sunna]] und [[Schia]] von der [[Prädestination]] (Vorherbestimmung) aus, die dem Individuum nur begrenzten Handlungsspielraum zugesteht. |
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Auch in jüngerer Zeit sind Gewalttaten partiell mit Religion verbunden: So werden seit der Begründung eines [[Theokratie|Gottesstaates]], der [[Islamische Republik Iran|Islamischen Republik Iran]], Tausende von Menschen wegen „Verbrechen gegen die Religion“ im Rahmen eines Rechtssystems, das auf einer speziellen Deutung der [[Scharia]] beruht, inhaftiert, gefoltert und häufig (medienwirksam öffentlich) hingerichtet. Frauen werden schon wegen einer Nichteinhaltung von Bekleidungsvorschriften bestraft, wegen „moralischer Vergehen“ in seltenen Fällen gesteinigt. Auch die Religionsgemeinschaft der Baha’i (und z. B. Homosexuelle) werden strafrechtlich und von den „Religionswächtern“ [[Verfolgung der Bahai|verfolgt]]. In [[Geschichte Indiens|Indien]] gibt es zunehmend Ausschreitungen von radikalen Hindus, vor allem gegenüber Muslimen. |
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=== Ethik bei den "östlichen Religionen" === |
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=== Ethik der abrahamitischen Religionen === |
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Religionen wie der [[Buddhismus]], der [[Hinduismus]] oder auch der [[Daoismus]] stellen ebenso ethische Anforderungen, wie unter anderem die Überwindung von Hass, Habgier, Lüge sowie besonders [[Ahimsa|Gewaltlosigkeit]]. Dabei werden die Regeln an einer angenommen kosmischen Gesetzmäßigkeit bzw. einem Weltprinzip ausgerichtet (z. B. [[Dharma]] im Hinduismus und im Buddhismus, [[Dao]] im Daoismus). Dieses kosmische Weltprinzip beinhaltet ethische Vorgaben für jedes Individuum. Von den Anhängern wird erwartet, die Gesetzmäßigkeiten des Daseins zu erkennen und entsprechend zu handeln. So existieren z. B. Tötungsverbote, die sich teilweise auch auf Tiere beziehen. |
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[[Datei:Jerusalem Dominus flevit BW 1.JPG|mini|Jerusalem: Schnittpunkt der [[Abrahamitische Religionen|abrahamitischen Religionen]]]] |
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Die praktizierte Ethik im [[Judentum]], [[Christentum]] und im [[Islam]] unterscheidet sich unter anderem dadurch, ob die jeweilige Religion mit einem weiten individuellen Denk- und Handlungsspielraum, [[tradition]]ell oder fundamentalistisch ausgelegt wird. |
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Abweichendes Verhalten wird in solchen Religionen weniger von der Religionsgemeinschaft sanktioniert, sondern soll vor allem negative Konsequenzen für das Individuum z. B. in einer der nächsten Existenzen nach sich ziehen (im Hinduismus, Buddhismus, [[Jainismus]] innerhalb der Vorstellung von [[Karma]] und Wiedergeburt, [[Samsara]]); im Daoismus und chinesischen Buddhismus äußern sich diese Konsequenzen z. B. innerhalb der daoistischen bzw. buddhistischen "Hölle", wo grausame Strafen auf Missetäter warten. |
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Auch innerhalb der einzelnen Religionen gibt es unterschiedliche Schulen, welche die jeweilige Morallehre verschieden deuten und anwenden. So gibt es z. B. im Christentum Strömungen, die das [[Altes Testament|Alte Testament]] aufgrund der darin sehr gewalttätig wirkenden Gottheit gering schätzen. |
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Die populäre Annahme, dass "östliche Religionen" bedingt durch deren Ethik weniger zu Gewalt neigen, kann wissenschaftlich nicht bestätigt werden, da Gewalt eher von den jeweiligen Machthabern, als von den religiösen Autoritäten selbst ausgeht. Aber, religiös motivierte Gewalt, wie wir sie aus der Kreuzzugs-, Conquista-, Missionierungs-Historie im christlichen Kulturkreis oder auch im Rahmen der islamischen Expansion kennen, tritt im Kulturkreis östlicher Religionen deutlich seltener auf. |
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Die drei bedeutendsten [[Offenbarung]]sreligionen verbindet in ihren ethischen Systemen der Gedanke an eine [[Endzeit]]. Dabei ist das Judentum weniger jenseitsbezogen als die beiden anderen Religionen. Das lineare Verständnis von Zeit bedeutet, dass die Gläubigen im [[Diesseits]] nach den von ihrer Gottheit geforderten Regeln leben, um einen Lohn in einer späteren Zeit zu erhalten, was nicht ausschließt, dass Gott auch im Diesseits schon belohnt und bestraft. Allerdings wird im [[Protestantismus]] zumeist die göttliche [[Gnade (Theologie)|Gnade]] für ausschlaggebend gehalten, auch unabhängig von der Befolgung moralischer Postulate. Judentum und Islam haben mehr Rechtscharakter und ein umfassenderes System von rituellen Ge- und Verboten als das Christentum, was sich z. B. im hebräischen Wort für Religion, [[Tora]] (Gesetz), widerspiegelt. Ähnlich wie im [[Hinduismus]] reglementieren Anweisungen Handlungen der Gruppe. In christlichen Religionen sind heute, anders als im Römisch-Katholischen Mittelalter, u. a. durch Interpretationen der Überlieferungen von Aussagen ihres [[Jesus von Nazareth|Stifters]], [[Neuplatonismus|neuplatonische Einflüsse]] und Auswirkungen der Aufklärung in vielen Strömungen weniger rituelle Ge- und Verbote vorgegeben. |
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''Siehe auch:'' [[Buddhistische Ethik]] |
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=== Ethik |
==== Jüdische Ethik ==== |
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{{Hauptartikel|Jüdische Ethik}} |
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[[Datei:Tora JMW.jpg|mini|[[Tora|Thora]] – darin sind insgesamt [[Mitzwa|613 Thora-Gebote]] enthalten]] |
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Grundlegend für die jüdische Ethik sind die [[Tora|Thora]], der Hauptteil der [[Tanach|hebräischen Bibel]], der [[Talmud]] – besonders die in ihm enthaltenen [[Sprüche der Väter|Pirkej Avot]] sowie die [[Halacha]], ein seit 1500 Jahren stetig weiterentwickeltes Korpus von [[Rabbiner|rabbinischen]] Aussagen. Auch heute noch wird die jüdische Ethik durch Äußerungen von Rabbinern der verschiedenen Richtungen des [[Judentum]]s weiterentwickelt. |
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Indigene Kulturen, die oftmals auch mit den problematischen Begriffen "Naturvölker" oder "Stammeskulturen" bezeichnet werden, weisen häufig Moralsysteme auf, welche die Gemeinschaft schützen sollen. Da nur durch ein funktionierendes Sozialbewusstsein das Überleben der Gruppe gesichert werden kann, steht ein prosoziales Verhalten im Mittelpunkt der [[Gesprochene Sprache|mündlich]] weitergegebenen Verhaltensweisen. Diese "Naturreligionen" beinhalten weiterhin Rituale zur Beeinflussung ihrer Götter bzw. Naturgewalten. |
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Zentral für die jüdische Ethik ist eine Stelle über die [[Nächstenliebe]] aus [[Levitikus]] (3. Buch Mose) 19, 18, die in deutscher Übersetzung etwa lautet: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du“. |
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== Religion in der Neuzeit == |
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Weite Teile des Talmuds und auch vieles in der Tora sind Erläuterungen zur konkreten Umsetzung dieser Nächstenliebe. |
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Seit dem Beginn der [[Neuzeit]] beanspruchen die Natur- und Geisteswissenschaften verbunden mit der Idee eines natürlichen Grundrechts Autorität in Fragen zu Evolution oder Ethik/ Recht - Bereiche, die zuvor der Religion unterstanden. Diese Entwicklung wird als [[Säkularisierung]] bezeichnet. Erklärungsversuche für dieses Phänomen beziehen sich oft auf die [[Industrielle Revolution]], die allmähliche Überwindung des [[Ständestaat]]es und den damit verbundenen ökonomischen, sozialen, kulturellen und rechtlichen Wandel. |
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Die jüdische Ethik ist ein zentraler Teil der [[Jüdische Philosophie|jüdischen Philosophie]]. Insgesamt lässt sich keine allgemeine „jüdische Auffassung“ zu zeitgebundenen ethischen Fragen erkennen. Sehr unterschiedliche Antworten auf solche Fragen finden sich im [[Ultraorthodoxes Judentum|Ultraorthodoxen Judentum]], [[Orthodoxes Judentum|Orthodoxen Judentum]], [[Konservatives Judentum|Konservativen Judentum]], [[Jüdischer Rekonstruktionismus|Jüdischen Rekonstruktivismus]] und [[Liberales Judentum|Liberalen Judentum]]. |
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Seitdem ist - im Gegensatz zu den vormodernen christlichen Gesellschaften, in denen alle Bereiche menschlichen Lebens unter der Autorität der Religion standen - eine Tendenz bemerkbar, die zunehmend Bereiche der Gesellschaft aus dem vormaligen Herrschaftsbereich der Religion ausgliedert. ([[Émile Durkheim]]) |
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==== Christliche Ethik ==== |
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In Europa verlor das Christentum im späten [[19. Jahrhundert]] und im gesamten [[20. Jahrhundert]] hinsichtlich seiner Reputation, seines gesellschaftlichen und politischen Einflusses und seiner Verbreitung an Bedeutung. Einige traditionell christliche westliche Länder verzeichnen sinkenden Klerikernachwuchs, Verkleinerung der Klöster und ein Anwachsen von Kirchenaustritten oder andere Formen von Distanzierung. |
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{{Hauptartikel|Christliche Ethik}} |
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Die christlichen Hauptrichtungen ([[Orthodoxe Kirchen|Orthodoxe]], [[Römisch-katholische Kirche|Römisch-katholische]] und [[Protestantismus|Protestantische Kirche]]) – wie auch andere christliche Gemeinschaften – fordern, dass der christliche Glaube mit einer moralischen Lebensführung verbunden wird. Dabei ist die Bandbreite dessen, was jeweils darunter zu fassen ist, auch innerhalb einer christlichen Religionsgemeinschaft bzw. Kirche häufig sehr groß. In der [[Theologie]] wird zwischen theoretischer Ethik und ihrer Umsetzung unterschieden. Es gibt gewisse Überschneidungen mit der biblischen Ethik, jedoch ist das Feld der christlichen Ethik weiter gefasst.<ref name="Kör">Ulrich H. J. Körtner: ''Freiheit und Verantwortung.'' Studien zur Grundlegung theologischer Ethik, [[Freiburg im Üechtland|Freiburg]] (Fribourg) und Freiburg im Breisgau 2001.</ref> Als [[christliche Tugenden]] gelten Glaube, Liebe und Hoffnung. |
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Besonders in Frankreich, wo Napoleon die Schließung und Enteignung von Klöstern anordnete und Anfang des 20. Jahrhunderts eine strikte [[Trennung von Kirche und Staat]] durchgesetzt wurde, ging der gesellschaftliche Einfluss der Kirchen zurück. In den ehemaligen sozialistischen Staaten ist eine ambivalente Entwicklung festzustellen. Während in den neuen Bundesländern die Religion nur eine marginale Rolle spielt, ist sie beispielsweise in Polen tief verwurzelt. Studien belegen rückläufige Besucherzahlen in Kirchen, Synagogen und anderen religiösen Einrichtungen, z.B. in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, obwohl die Kirchen hier Umfragen zufolge weiterhin zu den anerkannten öffentlichen Einrichtungen zählt. In den meisten europäischen Staaten waren 2005 jedoch noch mehr als 50 % der Einwohner Mitglieder einer christlichen Kirche, in Polen, Irland, Spanien und Italien gilt die katholische Kirche, der jeweils mehr als 80 % der Bewohner angehören, als einflussreich. |
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In der christlichen Ethik existieren vorrangig zwei theoretische Positionen: der [[Teleologie|christlich teleologische Ansatz]] und der [[Deontologie|deontologische]], d. h. die Pflichtenlehre, wobei häufig beide mit unterschiedlicher Gewichtung miteinander verbunden werden. Die Teleologie erörtert die Frage nach dem Sinn und Zweck, z. B. nach dem „Guten“, „Wahren“ oder nach dem „Ende“, das Christen erstreben sollen (in einigen christlichen Konzepten ist dies die „Vereinigung mit Gott“), während die christliche Deontologie Moral als Pflicht begreift, Gesetze oder andere religiöse Verordnungen zu erfüllen, vor allem die aus dem alttestamentlich-jüdischen Glauben übernommenen [[Zehn Gebote]]. |
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In den meisten europäischen Ländern wurde früher oder später das Recht auf [[Religionsfreiheit]] gesetzlich verankert. Davor waren auch nichtreligiöse Menschen in aller Regel in religiöse Organisationen eingebunden, da eine demonstrative Abwendung von der Religion zu Diskriminierungen führen konnte. Diese Gruppe sieht derzeit weniger Gründe, sich einer Religionsgemeinschaft anzuschließen. Während des Kommunismus' konnte in einigen Ostblockstaaten eine religiöse Orientierung zu formellen und informellen Benachteiligungen führen. In vielen europäischen Ländern ist es nach wie vor üblich, zumindest formell, einer Religion anzugehören. |
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Besonders bekannter Teil der christlichen Ethik ist die Aufforderung (Jesu), nicht nur seine Freunde, sondern auch seine Feinde zu lieben.<ref>[http://www.bibel-glaube.de/handbuch_orientierung/Feindesliebe.html www.bibel-glaube: Feindesliebe].</ref> Siehe dazu {{B|Mt|5|44 ff.}} sowie {{B|Lk|6|27 und 32 ff.}}. |
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Parallel zur Säkularisierung kam es sowohl im evangelischen als auch im katholischen Raum zu einer vertieften und bewussteren Teilnahme am kirchlichen Leben von Seiten einer Minderheit von engagierten und häufig kritischen Laien. Auch junge Menschen wenden sich im Zuge ihrer Sinnsuche seit Ende des vorigen Jahrtausends häufiger wieder der Religion zu. |
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==== Islamische Ethik ==== |
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Im Gegenzug zur Säkularisierung in Europa gewinnt die Religion in der übrigen Welt partiell an Einfluss. In den [[USA]] und [[Lateinamerika]] beispielsweise zeigen [[Empirische Sozialforschung|empirische Studien]], dass die Religion nach wie vor ein wichtiger Faktor ist. In Afrika südlich der Sahara wuchs das Christentum im 20. Jahrhundert von 8 auf 335 Millionen Gläubige. In der arabischen Welt ist der Islam nach wie vor das prägende Element der Gesellschaft. Auch in China zählen, trotz jahrzehntelangem staatlich verordnetem Atheismus, die Weltreligionen wieder circa 100 Millionen Anhänger. |
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{{Hauptartikel|Islamische Ethik}} |
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[[Datei:FirstSurahKoran.jpg|mini|hochkant|Die erste Sure ''[[al-Fātiha|al-Fatiha]]'']] |
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Die Ethik im Islam ist ähnlich wie im Judentum stark an Gebote für fast alle Lebensbereiche gebunden. Der [[Koran]] gibt genaue Anweisungen für die Handlungen des Einzelnen in der Gruppe. Wichtig für den Islam ist eine kollektive Verantwortung für Gut und Böse. Dies wird beispielsweise in der Anweisung ''[[Das Rechte gebieten und das Verwerfliche verbieten]]'' deutlich.<ref>Peter Antes: ''Ethik in nichtchristlichen Kulturen''. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1984.</ref> In Folge besteht die Möglichkeit einer unumschränkten Befehlsgewalt der Gemeinschaft (siehe auch [[Hisbah]]). Der Islam geht in seinen Hauptrichtungen [[Sunniten]] und [[Schia|Schiiten]] von der [[Prädestination]] (Vorherbestimmung) aus, die Individuen nur begrenzten Handlungsspielraum zugesteht. In fundamentalistisch ausgerichteten Staaten hat die [[Scharia]] als islamisches Recht eine zentrale Bedeutung.<ref>Norbert Oberauer: ''Religiöse Verpflichtung im Islam''. Ergon Verlag 2005.</ref> |
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== Positive und negative Wirkungen von Religion == |
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=== Ethik (fern)östlicher Religionen === |
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Oft wird der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern einer Religion in Form einer Schaden-Nutzen-Analyse ausgetragen. Allerdings sagt das wenig über den Wahrheitswert von religiösen Botschaften aus. Dies sollte im Folgenden bedacht werden. |
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In den Religionen indischen Ursprungs wie dem [[Buddhismus]], [[Hinduismus]], [[Sikhismus]] und [[Jainismus]] besteht eine direkte Verbindung zwischen dem ethischen bzw. unethischen Verhalten einer Person und dessen Rückwirkungen im gegenwärtigen und in künftigen Leben ([[Reinkarnation]]) bzw. in einer künftigen jenseitigen Existenz. Dies erklärt man nicht indirekt durch das Eingreifen einer richtenden, belohnenden und strafenden Gottheit, sondern man fasst dies als naturgesetzlich auf. Jedes Tun gilt als unweigerlich mit positiven oder negativen Folgen auf den Handelnden verknüpft ([[Karma]]-Konzept). Daher werden ethische Regeln an einer angenommenen universalen Gesetzmäßigkeit bzw. einem Weltprinzip ausgerichtet, das im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus [[Dharma]] genannt wird. Aus diesem Prinzip werden detaillierte ethische Anweisungen abgeleitet.<ref>Heinrich Zimmer: ''Philosophie und Religion Indiens.'' Zürich 1961, S. 228 ff., 246 ff. (Jainismus), 49 f., 147 f., 394 ff. (Hinduismus), 472–475 (Buddhismus).</ref> |
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Von Anhängern dieser Religionsgemeinschaften wird erwartet, die Gesetzmäßigkeiten des Daseins zu erkennen und entsprechend zu handeln. |
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=== Positive Wirkungen === |
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In manchen Fällen sanktioniert die Gemeinschaft Regelverstöße, doch weit wichtiger sind für das Individuum die angenommenen negativen Folgen von Übeltaten in einer künftigen diesseitigen oder jenseitigen Existenzform. |
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Gemeinsam ist jenen Religionen der Ansatz, mentalen Ursachen unerwünschter Handlungen nachzuforschen, um sie im möglichst frühen Stadium beeinflussen zu können. |
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Dass viele Menschen trotz Aufklärung und moderner [[Religionskritik]] an ihrem Glauben festhalten, hat mit positiven Erfahrungen zu tun, die sie mit ihrer Religion verbinden. |
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Eine zentrale Rolle spielt in der Ethik dieser Religionen die Frage der Gewalt. Als Ideal gilt dabei Gewaltlosigkeit ([[Ahimsa]], „Nicht-Gewalt“). Da kein prinzipieller Unterschied zwischen dem Mensch und anderen Lebensformen gemacht wird, erstreckt sich die Forderung der [[Gewaltlosigkeit]] auch auf den Umgang mit Tieren – und theoretisch sogar mit Pflanzen. Eine konsequente Umsetzung des Gewaltlosigkeitsideals scheitert am Erfordernis, das Überleben auf Kosten anderer Lebensformen zu sichern und gegen Angriffe zu verteidigen. Daraus folgen Konzessionen und Kompromisse, die in den Religionen bzw. Strömungen unterschiedlich ausfallen. Die Frage nach der Zulässigkeit [[Notwehr (Deutschland)|defensiver Gewalt]] und nach ihrer Legitimierung im Einzelfall wurde und wird kontrovers diskutiert.<ref>Eine wissenschaftliche Gesamtdarstellung der Geschichte der einschlägigen Lehren im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus bietet Unto Tähtinen, ''Ahimsa. Non-Violence in Indian Tradition'', London 1976.</ref> |
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Religionen postulieren eine Realität jenseits des physisch Wahrnehmbaren sowie oft ein Leben nach dem Tod. Sie ermöglichen so eine Sinngebung, die als fundierter empfunden wird als eine Sinngebung, die durch die als unbefriedigend erlebte Welt und die eigene Sterblichkeit limitiert ist. Sie bieten ihren Anhängern häufig stabile soziale Strukturen. Fast alle Religionen setzen einen, oft rigorosen, ethischen Standard. Manche Menschen befürchten, ohne solches religiöses Fundament würden ethische Standards in der Praxis stark reduziert ("Ohne Gott ist alles erlaubt."). Diese moralischen Postulate seien wichtig, um die Gesellschaft und den einzelnen selbst vor destruktiven Exzessen zu schützen. |
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Sehr unterschiedlich ist auch die Umsetzung in der Praxis der Religionsanhänger. Entgegen einem im Westen verbreiteten Irrtum verbietet weder der Hinduismus noch der Buddhismus oder der Jainismus militärische Gewalt unter allen Umständen. Daher sind Kriege, die von Anhängern dieser Religionen geführt wurden und werden, nicht notwendigerweise Verstöße gegen religiöse Pflichten.<ref>Zum Hinduismus: Tähtinen S. 91–94; Hiltrud Rüstau: ''Krieg und Frieden: Hinduismus.'' In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen.'' Darmstadt 2005, S. 180–181; zum Jainismus: Padmanabh S. Jaini: ''Ahimsa and 'Just War' in Jainism.'' In: Tara Sethia (Hrsg.): ''Ahimsa, Anekanta and Jainism.'' New Delhi 2004, S. 52–60; zum Buddhismus: Frank Usarski: ''Krieg und Frieden: Buddhismus.'' In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen.'' Darmstadt 2005, S. 177–179; Tessa Bartholomeusz: ''In Defense of Dharma: Just-War Ideology in Buddhist Sri Lanka.'' In: ''Journal of Buddhist Ethics.'' 6, 1999, S. 1–16.</ref> Außerdem gelten in allen Gemeinschaften für Mönche und Nonnen weit strengere Ethikmaßstäbe als für Laienanhänger. |
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Im Gegensatz zu früheren Debatten geht es dabei weniger darum, ob Religionen ausschließlich eine öffentliche Moral begründen könnten, sondern vielmehr um Fragen der Ehe und Familie. So zeigt die [[Demografie]] auf, dass gerade auch in schrumpfenden, säkularen Gesellschaften fast nur noch in Religionsgemeinschaften genügend Kinder geboren werden. |
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Eine andersartige Position nimmt der in China entstandene [[Daoismus]] ein. Er nimmt mit dem [[Dao]] zwar auch ein universales Weltprinzip an, aber das heilige Buch [[Daodejing]], betont, dass die Weltordnung hinsichtlich des ethischen oder unethischen Verhaltens der Individuen indifferent sei. „Himmel und Erde“ belohnen weder gute Taten noch bestrafen sie schlechte. Das Dao richte sich nicht nach menschlichen Ansichten von Gut und Böse. Ethisches Verhalten ergibt sich aus der Sicht des Daoismus nicht aus Tugendlehren, wie sie der Konfuzianismus lehrt, sondern unmittelbar aus spontanen Impulsen des autonomen Individuums, das seiner eigenen Natur folgt, soweit es nicht von außen daran gehindert wird. Trotzdem gibt es im späteren religiösen Daoismus auch ethische Lehren. So vertrat der Alchemist [[Ge Hong]] konfuzianische Tugenden und der [[Quanzhen-Daoismus]] übernahm eine buddhistische Ethik für Mönche und Nonnen. Desgleichen sind die Priester des Daoismus, die [[Daoshi]], angehalten, die Reinheit von Denken und Glauben zu praktizieren und ein integres Leben zu führen.<ref>[[Florian C. Reiter]]: ''Taoismus zur Einführung.'' Hamburg 2000, S. 57.</ref> Der Daoismus missbilligt Kriegführung, verwirft sie aber nicht absolut im Sinne eines radikalen [[Pazifismus]].<ref>Laotse: ''Tao te king.'' übers. und kommentiert von Richard Wilhelm. 12. Auflage. München 1998, S. 31, 45, 167–169, 204; Albert Schweitzer: ''Geschichte des chinesischen Denkens.'' München 2002, S. 104 ff.</ref> |
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Dieser Zusammenhang von Religion und Demografie dürfte auch teilweise das "rätselhaft-neue" Interesse junger Leute in Europa an Religion erklären: religiös praktizierende Menschen haben durchschnittlich weit mehr Kinder (geringere Scheidungsraten, weniger Alleinerziehende etc.) als säkulare. Heranwachsende Generationen erscheinen so in schrumpfenden Gesellschaften schon aus demografischen Gründen durchschnittlich religiöser als in wachsenden. |
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Näheres zu den einzelnen Religionen findet sich in den folgenden ''Hauptartikeln'': |
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Religiöse Aktivitäten, wie Gebet oder Meditation oder auch die Sinneseindrücke und Symbolik von religiösen Zeremonien, führen bei manchen Menschen zu spirituellen Empfindungen. Religiöse Gemeinschaften können ihren Mitgliedern [[Inspiration]] für [[Mitgefühl]], praktische [[Nächstenliebe]] und moralische Selbsteinschränkung bieten. So entwickelt sich auch ein Dialog zwischen Hirnforschern und Religionswissenschaftlern sowie Theologen, der mitunter als [[Neurotheologie]] beschrieben wird. |
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{{Hauptartikel|Buddhistische Ethik}} |
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Alle Weltreligionen und darüber hinaus die meisten kleineren Religionen, fordern [[Barmherzigkeit]] von ihren Mitgliedern, das heißt, sie sollen sich [[Fürsorge|fürsorglich]] um andere Menschen kümmern. Hierbei ist es weitgehend unerheblich, ob diese der eigenen Religionsgemeinschaft angehören oder nicht. So ist im Islam z.B. vorgeschrieben, dass jeder einen festen Anteil seines Einkommens für soziale Zwecke [[spende]]n soll. Besondere Hilfe und [[Fürsorge]] wird den Mitgliedern der eigenen Religionsgemeinschaft zuteil. Ein besonderer Aspekt der Religion ist der [[Frieden]] stiftende, welche besonders im Gebot der, in einigen Religionen postulierten, [[Feindesliebe]] Ausdruck findet. Alle diese Werte und Haltungen werden in unterschiedlicher Weise auch in nicht religiös orientierten Gruppierungen vertreten. |
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{{Hauptartikel|Daoismus#Daoistische Ethik|titel1=Daoistische Ethik}} |
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Es lässt sich beobachten, dass beispielsweise das [[Christentum]] in der Vergangenheit für die Gründung vieler großer [[Universität]]en und [[Schule]]n, den Aufbau von [[Hospital|Hospitälern]], den Vorläufern der heutigen [[Krankenhaus|Krankenhäuser]], das [[Armenspeisung|Verteilen von Nahrungsmitteln]] und die Schaffung von [[Waisenhaus|Waisenhäusern]] verantwortlich war. Andere Religionen und weltliche Organisationen haben im Rahmen ihrer Kulturen und im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Reichtum vergleichbare Leistungen vorzuweisen. |
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{{Hauptartikel|Dharma|titel1=Hinduistische Ethik}} |
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Forschungen von [[Abraham Maslow]] nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] zeigten, dass die Überlebenden des [[Holocaust]] oft diejenigen mit starken religiösen Überzeugungen (nicht notwendigerweise Tempelbesuch etc.) waren. Die [[humanistische Psychologie]] untersuchte, ob eine religiöse oder spirituelle Persönlichkeitsprägung mit längerer Lebensdauer und besserer Gesundheit verknüpft ist. Viele Menschen brauchen möglicherweise insbesondere religiöse Bindungen, weil diese verschiedene emotionale Bedürfnisse, wie das Bedürfnis, geliebt zu werden, das Bedürfnis, zu einer gleichförmigen Gruppe zu gehören, das Bedürfnis nach verständlichen Erklärungen oder das Bedürfnis nach Gerechtigkeit befriedigen. |
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{{Hauptartikel|Jainismus#Ethik|titel1=Jainistische Ethik}} |
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Maslows Ergebnisse haben sich in anderen Zusammenhängen nicht als wiederholbar erwiesen. Die These einer [[Korrelation]] zwischen Religion und Gesundheit bzw. Lebensdauer eines Individuums ist daher wissenschaftlich umstritten. Der besondere Umstand, dass Maslow ausschließlich Überlebende des Holocaust befragt hatte, und dass Religion das primäre Auswahlkriterium für die Forschungssubjekte war, könnte zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt haben. |
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{{Hauptartikel|Konfuzianismus#Die Lehre|titel1=Konfuzianische Ethik}} |
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Religion kann auch, soweit sie moralische Leistungen - gute Taten - fordert, neben Hilfe im Einzelfall, begrenzte oder umfassende Reformen und Verbesserungen des rechtlichen oder wirtschaftlichen Systems einer Gesellschaft motivieren. |
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{{Hauptartikel|Shintō#Ethik|titel1=Ethik des Shintō}} |
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Der deutsche Philisoph [[Peter Sloterdijk]] schreibt der Religion die Wirkung eines ''psychosemantischen Immunsystems'' zu. Im Zuge der kulturellen Entwicklung sei der Mensch offener aber auch verletzbarer geworden. Religion befähige den Menschen „Verletzungen, Invasionen und Kränkungen“ selbst zu heilen. Sloterdijk bezeichnet nicht Gott, sondern „das Wissen um Heilung als Realität, von der biologischen bis zu einer spirituellen Stufe“ als ''die Perle in der Muschel der Theologie'' (Rede beim Sprengelkonvent, St. Petri Dom Schleswig, 29. Mai 2006). |
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{{Hauptartikel|Sikhismus#Lebenseinstellung|titel1=Ethik des Sikhismus}} |
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=== Negative Wirkungen === |
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=== Ethik traditioneller indigener Kulturen === |
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Die stärkste Form negativer Wirkung stellen [[Religionskriege]] und andere Gewalttaten dar, die mit religiösen Auffassungen begründet werden. Dies werten Gläubige zumeist als Missbrauch ihrer Religion, während Religionskritiker von einer allen Religionen immanenten Tendenz zu "Fanatismus und Grausamkeit" ausgehen. Allerdings ist umstritten, ob diese Verhaltensweisen Folge von Religionen sind oder nur religiös gerechtfertigt werden. |
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Auch [[Indigene Völker|indigene Kulturen]] weisen verschiedenste Moralsysteme auf, welche die Gemeinschaft schützen sollen. Da nur durch ein funktionierendes Sozialbewusstsein das Überleben der Gruppe gesichert werden kann, bildet die Übung prosozialen Verhaltens den Schwerpunkt mündlich weitergegebener [[Tradition|Überlieferungen]]. Häufiger als in komplexeren Kulturen werden unmittelbare übernatürliche Konsequenzen von Regelverstößen erwartet. |
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{{Siehe auch|Ethnische Religionen|Tabu}} |
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Beispielsweise ist die [[römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] für die [[Inquisition]] verantwortlich. Andere Verbrechen im Namen der Religion vor christlichem Hintergrund sind beispielsweise [[Kreuzzug|Kreuzzüge]], [[Hexenverfolgung]], [[Judenverfolgung]], [[Missionierende Religion|Gewalttätige Formen der Missionierung]] sowie teilweise die Unterstützung von [[Diktatur]]en und die [[ambivalent]]e Rolle der Kirchen im [[Nationalsozialismus]]. Der Kirchen- und Religionskritiker [[Karlheinz Deschner]] hat in seinem auf zehn Bände angelegten Werk [[Kriminalgeschichte des Christentums]] eine Fülle historischen Materials zu diesem Thema ausgewertet, kommentiert und für den [[Laie]]n verständlich aufbereitet. |
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== Religion und Kunst == |
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Wo religiöse Kräfte zu viel Einfluss auf nationale und supranationale politische Strukturen haben, prägen sie entweder die Gewalt der jeweiligen Regierung oder werden von ihr geprägt. Die beiden Fälle lassen sich nicht immer deutlich unterscheiden: |
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Zahlreiche Kunstformen hatten zunächst eine religiöse Hauptbestimmung und verselbstständigten sich erst danach. Klassisches Beispiel ist das abendländische [[Theater]], das aus dem antiken [[athen]]ischen [[Dionysien|Dionysos]]-Kult hervorging. |
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Religionen haben oftmals einen zentralen Einfluss auf die Kulturproduktion einer Gesellschaft und die Entwicklung der [[Bildende Kunst|bildenden]], [[Darstellende Kunst|darstellenden]] und [[Angewandte Kunst|angewandten]] Künste ausgeübt. Wie weit dieser Einfluss sich tatsächlich auf die künstlerische Arbeit auswirkt, hängt stark von dem Wertesystem und bestimmten theologischen Konzepten der jeweiligen Religion ab. In der [[Bildverehrung]] wird das oftmals künstlerisch ausgestaltete Abbild religiöser Szenen oder Motive zu einem wesentlichen Bestandteil des religiösen Ritus und führt mitunter zu der Ausbildung spezifischer künstlerischer Traditionen. Ebenso wirkt die Ausgestaltung von [[Sakralbau]]ten und Kultgegenständen (wie [[Reliquiar]]en oder [[Sakrales Gerät|sakralem Gerät]]) auf die Entwicklung architektonischer und handwerklicher Traditionen ein, die später mitunter in die säkulare Kunst übernommen werden. |
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* Seit der [[islam]]istischen Revolution von 1979 werden in [[Iran]] tausende von Menschen wegen sogenannter Verbrechen gegen die Religion inhaftiert, gefoltert und oft sogar ermordet. Frauen werden systematisch benachteiligt und schon wegen einer Nichteinhaltung von Bekleidungsvorschriften bestraft. Wegen so genannter moralischer Verfehlungen können sie legal öffentlich gesteinigt werden. Homosexualität gilt als Verbrechen. Religiöse Minderheiten wie die [[Baha'i]] und politische Dissidenten werden strafrechtlich und von den sogenannten Religionswächtern verfolgt. |
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* Im christlichen [[Namibia#Menschenrechte|Namibia]] kam es in den 1990er Jahren zu Gewalttätigkeiten gegenüber Homosexuellen, die von religiösen Autoritäten aber teilweise auch von der Regierung für eine langdauernde Dürre verantwortlich gemacht wurden. |
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* In [[Indien]] gibt es von Zeit zu Zeit Ausschreitungen von [[Hindu]]s vor allem gegenüber [[Muslim]]en. Vereinzelt kommt es auch zu Gewalttätigkeiten gegenüber Christen. So verbrannte der Mob in einem hinduistischen Dorf 1999 den christlichen Leiter eines Lepraspitals zusammen mit seinen Söhnen lebendigen Leibes in seinem Auto. |
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In vielen Religionen waren und werden den Künsten zugleich thematische oder formale Restriktionen auferlegt. Dies kann daraus abgeleitet werden, dass bestimmte Kunstformen – vor allem der bildenden und der darstellenden Kunst – als zu weltlich empfunden werden, aber auch aus spezifischen theologischen Konzepten, am strengsten im [[Bilderverbot]] mancher Religionen; dies kam nicht selten der Ausbildung des [[Ornament]]s und der [[Kalligrafie]] zugute. Kunstwerke können sogar als [[Blasphemie|blasphemisch]] verteufelt werden. Die Ablehnung bekämpfter religiöser Anschauungen führte zum Beispiel zum byzantinischen [[Ikonoklasmus]], zum [[Reformatorischer Bildersturm|Reformatorischen Bildersturm]] oder zur Sprengung der [[Buddha-Statuen von Bamiyan]] durch die [[Taliban]]. |
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Hinzu kommt, dass religiöse Autoritäten aller Religionen für ihre Gläubigen oft Vorschriften erlassen, die die Privatsphäre reglementieren sollen. Wie in allen Weltanschauungen, so gibt es auch in den Religionen einen sichtbaren Widerspruch zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Umsetzung. Während Machtmissbrauch und andere Missstände im Mittelalter und der frühen Neuzeit häufig zu religiösen Erneuerungsbewegungen führten, haben sie gegenwärtig teilweise eine Abkehr von der Religion zur Folge. Es kommt aber auch zu religiösen Kritikbewegungen gegenüber als "korrupt" bezeichneten religiösen Führern, die zu eher fundamentalistischen Interpretationen und Praxis, bis hin zum [[Terrorismus]], führen können. |
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Seit in der Neuzeit in vielen Gesellschaften die Kunst weitgehend als autonom betrachtet wird und Kunstwerke gemäß der [[Kunstfreiheit]] behandelt werden, kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Werke durch Vertreter einer Religion als anstößig empfunden und zu symbolischen Auslösern gesellschaftlicher oder sogar politischer Konflikte werden. |
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Viele Religionskritiker betrachten religiöse Belehrungen in der frühen Kindheit als Mittel zur Anpassung an veraltete Normen. Erziehung zu religiösem Fanatismus wird von diesen, aber auch von religiös orientierten Menschen, häufig als [[Gehirnwäsche]] kritisiert. |
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== Religion und Recht == |
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Manche stimmen weiter mit der marxistischen Sichtweise überein, wonach "Religion das Opium des Volkes" sei, also zur passiven Hinnahme ökonomischer und sozialer Machtstrukturen beitrage. Einige Kritiker werfen insbesondere Christen vor, durch die Hoffnung auf ein Jenseits, im Diesseits keine gesellschaftlichen Veränderungen mehr anzustreben. |
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So wie Religion ethische Urteile beeinflusst, so beeinflussen religiöse Überzeugungen auch das Rechtssystem. Beispielsweise stellte der [[Bundesgerichtshof]] 1953 fest, dass die Familie „von Gott gestiftet“ sei. Im gleichen Gutachten erklärte das Gericht den Mann kraft Schöpfung zum Oberhaupt der Familie und die Frau zuständig für die Kinder.<ref name="Lahusen">B. Lahusen: [http://www.zeit.de/2015/27/homo-ehe-bundesverfassungsgericht-verbot-1957/komplettansicht ''Das Schandurteil von Karlsruhe.''] In: ''[[Die Zeit]].'' 27/2015.</ref> Die Rechtsprechung wurde dadurch direkt durch religiöse Überzeugungen bestimmt. Auch wenn der Einfluss der Religion auf das Recht durch die [[Säkularisierung]] in den meisten westlichen Ländern weitgehend reduziert wurde, ist die Rechtsprechung in vielen traditionelleren Gesellschaften immer noch massiv von religiösen Werten bestimmt. Ein prominentes Beispiel ist die [[Scharia]] in muslimischen Ländern. |
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== Religion und Wirtschaft == |
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Hingegen verlangen manche säkularisierte Formen von Religion so wenig Engagement, dass sie kaum Einfluss auf das Leben ihrer Mitglieder ausüben. Viele davon gehören nur formell einer Religionsgemeinschaft an, was auf ihr [[Alltagsleben]] kaum Auswirkungen hat. Nur zu bestimmten Gelegenheiten werden einige religiöse 'Dienstleistungen' in Anspruch genommen. Diese Auswirkungen der [[Moderne]] und [[Postmoderne]] werden von Gläubigen abgelehnt. |
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Ein [[Sozialökonomie|wirtschaftlicher]] Faktor, der mit Religion in Zusammenhang steht, ist die [[Kreativität]] einer Region. |
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So wurde für ca. 3.000 US-amerikanischen [[County (Vereinigte Staaten)|Counties]] der Anteil der Personen, die der [[Kreative Klasse|kreativen Klasse]] angehören, mit der Präsenz von Religionen im betreffenden County verglichen. Es zeigte sich, dass ein moderat negativer [[Zusammenhangsmaß|Zusammenhang]] zwischen Religion und kreativer Klasse besteht: Je religiöser ein County, desto geringer der Anteil der kreativen Klasse. Der negative Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn man andere Faktoren wie Bildung, Einkommen, politische Orientierung, Grad der [[Urbanisierung|Verstädterung]] und vorherrschende Industrie berücksichtigte. Der Autor leitete daraus ab, dass Religiosität hinderlich für ein [[Kreativität#Kreatives Milieu|kreatives Milieu]] sei.<ref>{{Literatur |Autor=Adam Okulicz-Kozaryn |Titel=The More Religiosity, the Less Creativity Across US Counties |Datum= |Online=https://rucore.libraries.rutgers.edu/rutgers-lib/48286/ |Abruf=2018-04-03 |DOI=10.7282/t3j67jw2}}</ref> |
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Das Institut für Trend- und Wirtschaftsforschung (ITZ) behauptete: „Religion wirft ihre archaische Verwurzelung in der Kirche und im Glauben ab und wird als spiritueller Erlebnismarkt wiedergeboren. Religion im postmodernen Gewand des irgendwie Spirituellen wird deshalb tendenziell zu einer Frage der persönlichen Lebensstilentscheidungen. Religion wird individualisiert, personalisiert und nach innen gekehrt: My personal Jesus, mein Gott für bestimmte Lebenslagen. Durch diesen sozialgeschichtlich dramatischen Wandel wird Spiritualität zu einem Wachstumsmarkt, auf dem sich nicht mehr nur Amtskirche und Prediger tummeln, sondern die gesamte medialisierte Erlebnisgesellschaft des 21. Jahrhunderts.“<ref>Institut für Trend- und Wirtschaftsforschung: {{Webarchiv |url=http://www.zukunftpassiert.de/personal-jesus-von-der-amtskirche-zur-spirituellen-erlebnisgesellschaft/ |text=''Personal Jesus: Von der Amtskirche zur spirituellen Erlebnisgesellschaft.'' |wayback=20171115015156 }} In: ''zukunftpassiert.de,'' 1. November 2012.</ref> |
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== Literatur == |
== Literatur == |
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=== Nachschlagewerke === |
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* [[Hans Dieter Betz (Theologe)|H. D. Betz]] u. a. (Hrsg.): ''[[Religion in Geschichte und Gegenwart]].'' Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. 8 Bände, Mohr-Siebeck, Tübingen 1998–2005 (4. Aufl.), ISBN 3-16-146941-0. |
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* {{Literatur |
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|Hrsg=John Bowker |
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|Titel=Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen |
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|Verlag=Fischer-Taschenbuch-Verlag |
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|Ort=Frankfurt am Main |
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|Datum=2003 |
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|ISBN=3-596-15740-4 |
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|Übersetzer=Karl-Heinz Golzio}} |
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* [[Hubert Cancik]], [[Burkhard Gladigow]], [[Karl-Heinz Kohl]] (Hrsg.): ''[[Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe]].'' 5 Bände, Stuttgart 1988–2001. |
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* [[Erwin Fahlbusch]] (Hrsg.): ''Taschenlexikon Religion und Theologie.'' 5 Bände, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-50123-4. |
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* {{Literatur |
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|Hrsg=[[Johann Figl]] |
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|Titel=Handbuch Religionswissenschaft. Religionen und ihre zentralen Themen |
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|Verlag=Vandenhoeck und Ruprecht |
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|Ort=Innsbruck, Wien |
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|Datum=2003 |
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|ISBN=3-525-50165-X}} |
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* Hartwig Weber: ''Lexikon Religion.'' Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-499-60629-1. |
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* {{Literatur |
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|Hrsg=Lindsay Jones |
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|Titel=Encyclopedia of Religion |
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|Auflage=2., völlig neu erstellte |
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|Verlag=Macmillan Reference USA, Thomson Gale |
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|Ort=New York (u. a.) |
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|Datum=2005 |
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|ISBN=0-02-865735-7}} |
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* Douglas Charing u. a.: ''Das visuelle Lexikon der Weltreligionen.'' Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2004, ISBN 3-8067-4591-9. |
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=== Gesamtdarstellungen / Überblick === |
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*Primärquellen: |
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* [[Ernst Feil]] u. a.: ''Religion.'' In: H. D. Betz u. a. (Hrsg.): ''Religion in Geschichte und Gegenwart: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft.'' Band 7. 4., völlig neu bearb. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3-16-146945-3, S. 263–304. |
|||
** Die Bibel, ISBN 3460330074; |
|||
* [[Manfred Hutter]]: ''Die Weltreligionen.'' Beck Wissen, München 2005, ISBN 3-406-50865-0. |
|||
** Der Koran, ISBN 3937229760; |
|||
* [[Michael Klöcker]], [[Udo Tworuschka]]: ''Handbuch der Religionen.'' Olzog, Landsberg (Lech) ab 1997 (Loseblattwerk mit jährlich 3 Ergänzungslieferungen), ISBN 3-7892-9900-6. |
|||
** Der Talmud, ISBN 3937229787 (o. Hrsg.) |
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* Wulf Metz (Hrsg.): ''Handbuch Weltreligionen: eine umfassende Einführung in Gedanken und Riten der Weltreligionen.'' Brockhaus, Wuppertal 2003, ISBN 3-417-24779-9. |
|||
** Reden des Buddha, ISBN 3150062454 |
|||
* Anton Quack: ''Hexer, Heiler und Schamanen. Die Religion der Stammeskulturen.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17473-9. |
|||
** Tao Te King ISBN 3150067987 |
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* C. H. Schröder: ''[[Die Religionen der Menschheit]].'' Band 1 ff. Stuttgart 1979 ff. |
|||
** Upanishaden ISBN 3150087236 |
|||
* [[Harald Seubert]]: ''Religion.'' UTB, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8252-3279-5. |
|||
* [[Georg Simmel]]: ''Die Religion.'' Dr. Klaus Fischer Verlag, Schutterwald/Baden 2006, ISBN 3-928640-84-4. |
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* [[Monika Tworuschka]], Udo Tworuschka: ''Die Welt der Religionen. Geschichte, Glaubenssätze, Gegenwart.'' Chronik, München 2006, ISBN 3-577-14521-8. |
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=== Religionsgeschichte === |
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* [[Peter Antes]]: ''Grundriss der Religionsgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart.'' Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-016965-3. |
|||
* [[Hubert Cancik]] (Hrsg.): ''Die Religionen der Menschheit.'' 36 Bände, Kohlhammer, Stuttgart 1979 (fortlaufend überarbeitet). |
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* [[Mircea Eliade]]: ''Geschichte der religiösen Ideen.'' 4 Bände, Herder, Freiburg i. Br. 2002, ISBN 3-451-05274-1. |
|||
* G. Filoramo (Hrsg.): ''Storia delle religioni.'' Rom/Bari 1994. |
|||
* Julia Haslinger: ''Die Evolution der Religionen und der Religiosität.'' In: ''Sociology in Switzerland. Sociology of Religion.'' Zürich 2012 ([http://socio.ch/relsoc/t_haslinger.pdf PDF; 610 kB]). |
|||
* Karl-Heinz Golzio: ''Who’s who der Religionsstifter.'' Kreuz, Stuttgart/Zürich 2002, ISBN 3-7831-2106-X. |
|||
* [[Jörg Rüpke]]: ''Pantheon. Geschichte der antiken Religionen.'' C.H. Beck, München 2016. |
|||
* [[Ina Wunn]] u. a.: ''Die Religionen in vorgeschichtlicher Zeit.'' Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-016726-X. |
|||
* Ina Wunn: ''Die Evolution der Religionen.'' Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004 ([https://www.deutsche–digitale–bibliothek.de/binary/3B3DUTMMNUXH36TPURMV5J4NK2EQGJSN/full/1.pdf PDF] {{Toter Link |url=https://www.xn--deutschedigitalebibliothek-yf2pia.de/binary/3B3DUTMMNUXH36TPURMV5J4NK2EQGJSN/full/1.pdf |date=2019-05}} – keine [[Web-Archivierung#Begrifflichkeiten|Mementos]]). |
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=== Religionstheorien / systematische Religionsforschung === |
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* H. D. Betz u.a.(Hg.): [[Religion in Geschichte und Gegenwart]] : Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaften, 4. Auflage, Bde. 1 und 8, Tübingen, Mohr-Siebeck, 1998/2005. |
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* |
* [[Edmund Arens]]: ''Gottesverständigung. Eine kommunikative Religionstheologie.'' Herder, Freiburg 2007, ISBN 978-3-451-29670-3. |
||
* [[Pierre Bourdieu]]: ''Das religiöse Feld. Texte zur Ökonomie des Heilsgeschehens.'' UVK, Konstanz 2000, ISBN 3-87940-580-8. |
|||
* Klöcker, Michael und Tworuschka, Udo: ''Handbuch der Religionen'', Olzog Verlag, 1997ff. (Loseblattwerk mit jährlich 3 Ergänzungslieferungen), ISBN 3-7892-9900-6 |
|||
* [[Volker Drehsen]], [[Wilhelm Gräb]], [[Birgit Weyel]] (Hrsg.): ''Kompendium Religionstheorie.'' Vandenhoeck & Ruprecht / UTB, Göttingen 2005, ISBN 3-8252-2705-7 ([http://www.ulb.tu-darmstadt.de/tocs/130195448.pdf Inhaltsverzeichnis] [PDF; 68 kB]). |
|||
* Cancik, Hubert (Hrsg.), ''Die Religionen der Menschheit'', 36 Bde, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, wird seit 1979 fortlaufend überarbeitet. |
|||
* [[Émile Durkheim]]: ''Die elementaren Formen des religiösen Lebens.'' [1912], Suhrkamp, Frankfurt am Main 2005 (Nachdruck), ISBN 3-518-28725-7. |
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* Weber, Hartwig, ''Lexikon Religion'', Reinbek, 2001, ISBN 3499606291 |
|||
* [[Clifford Geertz]]: ''Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme.'' Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003 (zuerst 1983). |
|||
* Markus Witte (Hrsg.): ''Der eine Gott und die Welt der Religionen''. 1. Aufl. Religion & Kultur-Verlag, Würzburg 2003 ISBN 3933891140 |
|||
* [[Felicitas Goodman]]: ''Die andere Wirklichkeit. Über das Religiöse in den Kulturen der Welt.'' Trickster, München 1994, ISBN 3-923804-61-X. |
|||
* René Girard, ''Das Heilige und die Gewalt'', Fischer TB, ISBN 3596109701 |
|||
* [[Vilhelm Grønbech]]: ''Vor folkeæt i oldtiden.'' 4 Bände, [1909–1912], 2. Auflage. Kopenhagen 1955. (Dt. u. d. T. ''Kultur und Religion der [[Germanen]].'' 2 Bände, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1954). |
|||
* Erwin Fahlbusch (Hrsg.): ''Taschenlexikon Religion und Theologie'', 5 Bde, Vandenhoeck & Ruprecht, 1983, ISBN 3-525-50123-4 |
|||
* Hans- |
* Hans-Michael Haußig: ''Der Religionsbegriff in den Religionen. Studien zum Selbst- und Religionsverständnis in Hinduismus, Buddhismus, Judentum und Islam.'' Philo, Berlin 1999, ISBN 3-8257-0129-8. |
||
* [[Rudolf-Christian Henning]], [[Sebastian Murken]], Erich Nestler (Hrsg.): ''Einführung in die Religionspsychologie.'' Schöningh / UTB, Paderborn u. a. 2003, ISBN 3-8252-2435-X. |
|||
* Michael Klöcker und Tworuschka, Udo (Hg.): Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch, Darmstadt 2004 |
|||
* [[Klaus Hock (Religionswissenschaftler)|Klaus Hock]]: ''Einführung in die Religionswissenschaft.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 5. Auflage, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-26410-0. |
|||
* Wulf Meth (Hrsg.): ''Handbuch Weltreligionen: eine umfassende Einführung in Gedanken und Riten der Weltreligionen'', R. Brockhaus, 2003, ISBN 3-417-24779-9 |
|||
* [[William James]]: [http://www.gutenberg.org/ebooks/621 ''The varieties of religious experience: a study in human nature.''] Being the Gifford lectures on natural religion delivered at Edinburgh in 1901–1902; Longmans, Green & Co, New York 1902. |
|||
* Geertz, Clifford (1987) Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt/M.: Suhrkamp |
|||
* [[Günter Kehrer]]: ''Organisierte Religion.'' Kohlhammer, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007528-4. |
|||
* [[Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher|Friedrich D. E. Schleiermacher]] (1799): ''Über die Religion'', Reclam, Ditzingen ISBN 3150083133 |
|||
* [[Hubert Knoblauch]]: ''Religionssoziologie.'' De Gruyter (Sammlung Göschen), Berlin 1999, ISBN 3-11-016347-0. |
|||
* Klaus-Rüdiger Mai: ''Die Wiederkehr des Glaubens''. Berlin, April 2006, wjs-Verlag, ISBN 3-937989-18-8 |
|||
* [[Niklas Luhmann]]: ''Funktion der Religion.'' 6. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-28007-4. |
|||
*Tworuschka, Udo: Religionswissenschaft, Stuttgart 2006 |
|||
* [[Georg Simmel]]: ''Die Religion.'' Dr. Klaus Fischer Verlag, Schutterwald/Baden 2006, ISBN 3-928640-84-4. |
|||
* Tworuschka, Monika und Udo: Die Welt der Religionen, Gütersloh/München 2006. |
|||
* [[Fritz Stolz (Religionswissenschaftler)]]: ''Grundzüge der Religionswissenschaft.'' 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht / UTB, Göttingen 2001, ISBN 3-525-03291-9. |
|||
* Vinnai, Gerhard: ''Jesus und Ödipus - Zur Psychoanalyse der Religion'', Fischer-TB.-Vlg., Ffm, ISBN: 3596144787, 281 Seiten, oder hier: http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2006/578/ |
|||
* Martin Riesebrodt: ''Cultus und Heilsversprechen. Eine Theorie der Religionen.'' C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56213-6. |
|||
* [[Walter Burkert]]: ''Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion.'' C.H. Beck, 1998, ISBN 3-406-43355-3. |
|||
* Felix Müller: ''Götter, Gaben, Rituale. Religion der Frühgeschichte Europas.'' Zabern, 2002, ISBN 3-8053-2801-X. |
|||
* [[Martha Nussbaum]]: ''Die neue religiöse Intoleranz. Ein Ausweg aus der Politik der Angst.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-26460-5.<ref>deutschlandfunk.de: [http://www.deutschlandfunk.de/intoleranz-wenn-religion-angst-macht.700.de.html?dram:article_id=297284 ''Wenn Religion Angst macht'']</ref> |
|||
=== Ethik / Philosophie / Recht === |
|||
== Siehe auch == |
|||
* Detlef Clas, [[Gábor Paál]] (Hrsg.): ''Gottes Bilder – Warum wir glauben.'' Markstein, Filderstadt 2006, ISBN 3-935129-28-9. |
|||
* [[Peter Fischer (Philosoph)|Peter Fischer]]: ''Philosophie der Religion.'' Vandenhoeck & Ruprecht / UTB, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8252-2887-3. |
|||
* [[Portal:Religion]] |
|||
* [[Gritt Klinkhammer]] (Hrsg.): ''Religionen und Recht. Eine interdisziplinäre Diskussion um die Integration von Religionen in demokratischen Gesellschaften.'' Diagonal, Marburg 2002, ISBN 3-927165-82-4. |
|||
* [[Atheismus]] |
|||
* [[Michael Klöcker]], Udo Tworuschka (Hrsg.): ''Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1. |
|||
* [[Agnostizismus]] |
|||
* [[Stuart Kauffman]]: ''Reinventing the Sacred: A New View of Science, Reason, and Religion.'' Basic Books, New York 2008, ISBN 978-0-465-00300-6. |
|||
* [[Religionskritik]] |
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* [[Ideologie]] |
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{{Portal|Religion}} |
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* {{DNB-Portal|4049396-9}} |
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* [[Bundeszentrale für politische Bildung]]: [http://www.bpb.de/publikationen/MKJQ3Y,0,Religion_und_Gesellschaft.html Religion und Gesellschaft] |
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* {{dmoz|World/Deutsch/Gesellschaft/Religion_und_Spiritualität|Religion und Spiritualität}} |
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* [[Peter Antes]]: Sagen alle Religionen dasselbe? In: ''Marburg journal of religion.'' Volume 12, No. 1 (Mai 2007), {{ISSN|1612-2941}}, [[doi:10.17192/mjr.2007.12.3605]]. |
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* [http://www.planet-schule.de/sf/multimedia/lernspiele/weltreligionen/mme/PreLoader.html SWR Schulfernsehen: Online Spezial Religionen der Welt] |
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* Grafik: [http://www.bpb.de/145148 Religionszugehörigkeit – Deutschland], aus: [http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland Zahlen und Fakten: Die soziale Situation in Deutschland], www.bpb.de |
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* Grafik: [http://www.bpb.de/70539 Religionszugehörigkeit – Europa], aus: [http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa Zahlen und Fakten: Europa], www.bpb.de |
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* {{SEP|https://plato.stanford.edu/entries/religion-science/|Religion and Science|Helen De Cruz}} |
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== Anmerkungen == |
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== Einzelnachweise == |
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* [http://www.religion-online.info/ Informationsplattform Religion (REMID)] |
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<references /> |
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* [http://www.bpb.de/publikationen/MKJQ3Y,0,Religion_und_Gesellschaft.html Politik und Zeitgeschichte: Religion und Gesellschaft] |
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[[Karl R. Wernhart]]: ''Ethnische Religionen – Universale Elemente des Religiösen.'' Topos, Kevelaer 2004, ISBN 3-7867-8545-7. |
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* [http://www.c6-magazin.de/monatsthema/2005/09-religionen C6 Magazin: Dossier über Religion und Glaube] |
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<references group="A" /> |
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* [http://www.bahai-studien.de/recherche/ Heilige Texte verschiedener Religionen durchsuchen] |
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* [http://web.uni-marburg.de/religionswissenschaft/journal/mjr/pdf/2006/blume_germ2006.pdf Religiosität als demographischer Faktor in Deutschland] |
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Aktuelle Version vom 17. April 2025, 08:32 Uhr

Religion (von lateinisch religio ‚gewissenhafte Berücksichtigung, Sorgfalt‘, zu lateinisch relegere ‚bedenken, achtgeben‘, ursprünglich gemeint ist „die gewissenhafte Sorgfalt in der Beachtung von Vorzeichen und Vorschriften“)[1] ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Weltanschauungen, deren Grundlage meist der jeweilige Glaube an bestimmte transzendente (überirdische, übernatürliche, übersinnliche) Kräfte[2] sowie häufig auch an heilige Objekte darstellt.[A 1] Im deutschen Sprachraum wird der Begriff Religion zumeist sowohl für die individuelle Religiosität als auch für die kollektive Religionstradition verwendet.[A 2]
Die Lehren einer Religion sind meist nicht beweisbar im Sinne der Wissenschaftstheorie, sondern beruhen auf dem Glauben an Mitteilungen bestimmter Vermittler (Religionsstifter, Propheten, Schamanen) oder an intuitive und individuelle Erfahrungen. Solche spirituellen Mitteilungen oder Erfahrungen werden in vielen Religionen als Offenbarung bezeichnet. Skeptiker und Religionskritiker suchen demgegenüber allein nach kontrollierbarem Wissen durch rationale Erklärungen.
Religion kann wie auch andere Weltanschauungen Wertvorstellungen normativ beeinflussen, menschliches Verhalten, Handeln, Denken und Fühlen prägen, und in diesem Zusammenhang eine Reihe von ökonomischen, politischen und psychologischen Funktionen erfüllen.[3] Diese umfassenden Eigenschaften von Religion bergen in sich das Risiko der Bildung religiöser Ideologien.[4]
In der Religionswissenschaft nimmt man heute nicht mehr an, dass Religion ein Phänomen sei, das in allen Kulturen und Zeitaltern anzutreffen sei und daher ein menschliches Grundbedürfnis wäre. Vielmehr gilt der Religionsbegriff in der heutigen Ausformung als modernes Konzept.[5] Während unterschiedliche Wissenschaftler die Entstehung des Religionsbegriffes in der heutigen Bedeutung erst in die Mitte des 19. Jahrhunderts datieren,[6][7][8] nehmen andere bereits für das 18. oder 17. Jahrhundert eine Konsolidierung des Begriffes an. Es ist darum problematisch, vor dieser Zeit von „Religion“ zu sprechen. Dennoch lassen sich in vormodernen Kulturen fast ausnahmslos Phänomene finden, die mit dem modernen Begriff „Religion“ zu beschreiben sind.[9] Weiterhin berufen sich heutige religiöse Weltanschauungen und Sinngebungssysteme oft auf lange Traditionen.
Die weltweit größten Religionen sind nach der Zahl der Anhänger, Christentum, Islam, Hinduismus, Buddhismus, Daoismus, Sikhismus, Jüdische Religion, Bahaitum und Konfuzianismus[Anm. 1] (siehe auch: Liste von Religionen und Weltanschauungen). Religionen, deren Verbreitung nicht auf bestimmte Kulturen und Regionen begrenzt ist, gelten als Weltreligionen. Die Anzahl und der Formenreichtum der historischen und gegenwärtigen Religionen übersteigt Anzahl und Formenreichtum der Weltreligionen bei weitem. Eine umfassende Systematisierung der Religionen, die die Entwicklungen sowie Einflüsse verschiedener Religionen aufeinander in ihrer Gesamtheit darstellt, wurde in der Religionswissenschaft zwar gefordert, konnte aber weder für Weltreligionen noch für die unüberschaubare Vielzahl anderer Religionen überzeugend vorgelegt werden[10] und wurde in der Religionswissenschaft weitgehend aufgegeben.
Einige Religionen beruhen auf philosophischen Systemen im weitesten Sinne oder haben solche rezipiert. Andere sind stärker politisch, teils theokratisch orientiert; wieder andere gründen in der Hauptsache auf spirituellen Aspekten. Mehrere Religionen weisen verwandte Elemente auf, wie die Kommunikation mit transzendenten Wesen im Rahmen von Heilslehren, Symbolsystemen, Kulten und Ritualen oder bauen aufeinander auf, wie zum Beispiel Judentum und Christentum. Überschneidungen finden sich in nahezu allen Religionen und insbesondere bei deren Rezeption und Ausübung durch den einzelnen Menschen. Zahlreiche Religionen sind als Institutionen organisiert; dabei kann in vielen Fällen von einer Religionsgemeinschaft gesprochen werden.
Mit der wissenschaftlichen Erforschung von Religionen und (z. T.) Religiosität befassen sich besonders die Religionswissenschaft, Religionsgeschichte, Religionssoziologie, Religionsethnologie, Religionsphänomenologie, Religionspsychologie, Religionsphilosophie sowie in vielen Fällen Teilgebiete der jeweiligen Theologie. Konzepte, Institutionen und Erscheinungsformen von Religion werden durch Formen der Religionskritik punktuell oder grundsätzlich in Frage gestellt.
Das Adjektiv „religiös“ bezeichnet je nach Kontext „den Bezug zu (einer bestimmten) Religion“ oder „den Bezug zur Religiosität eines Menschen“.
Definitionsversuche
Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Religion, sondern nur Versuche der Definition. Grob lassen sich substantialistische und funktionalistische Ansätze unterscheiden. Substantialistische Definitionen versuchen, das Wesen der Religion etwa in ihrem Bezug zum Heiligen, Transzendenten oder Absoluten zu bestimmen;[11] nach Rüdiger Vaas und Scott Atran etwa stellt der Bezug zum Transzendenten den zentralen Unterschied zum Nichtreligiösen dar.[12]
Funktionalistische Religionsbegriffe versuchen, Religion anhand ihrer gemeinschaftsstiftenden gesellschaftlichen Rolle zu bestimmen.[13] Vielfach erfolgt die Definition aus Sicht einer bestimmten Religion, zum Beispiel von Seiten des Christentums. Eine vielzitierte Definition stammt von Friedrich Schleiermacher: Religion ist „das Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott“.[14] Die Definition aus Sicht eines Jesuiten lautet: „Verehrung geistiger, außer und über der sichtbaren Welt stehender persönlicher Wesen, von denen man sich abhängig glaubt und die man irgendwie günstig zu stimmen sucht“.[15]
Eine substantialistische Definition etwa nach dem evangelischen Theologen Gustav Mensching lautet: „Religion ist erlebnishafte Begegnung mit dem Heiligen und antwortendes Handeln des vom Heiligen bestimmten Menschen.“[A 3] Nach dem Religionswissenschaftler Peter Antes werden mit Religion „alle Vorstellungen, Einstellungen und Handlungen gegenüber jener Wirklichkeit [verstanden], die Menschen als Mächte oder Macht, als Geister oder auch Dämonen, als Götter oder Gott, als das Heilige oder Absolute oder schließlich auch nur als Transzendenz annehmen und benennen.“[16]
Michael Bergunder umgeht das Problem einer fehlenden einheitlichen Definition für „Religion“, indem er den Begriff in Religion 1 und Religion 2 unterteilt. Als Religion 1 können religionswissenschaftliche Versuche einer exakten Definition des Begriffs verstanden werden. Religion 2 hingegen bezeichnet das alltägliche Verständnis von Religion. Dabei gebe es zwischen beiden Begriffsbestimmungen Wechselwirkungen, sodass nicht trennscharf zu unterscheiden sei. Bergunder historisiert den Religionsbegriff und kritisiert ihn daher zugleich. Er unterscheidet dabei im Religionsverständnis die Meta-Ebene (wahr philosophisch) von der Erfahrung (anthropologisch)[17].
Clifford Geertz und Gerd Theißen
Gerd Theißen definiert Religion in Anlehnung an Clifford Geertz (1966)[18] als ein kulturelles Zeichensystem:
„Religion ist ein kulturelles Zeichensystem, das Lebensgewinn durch Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit verheißt.“
Theißen (2008) vereinfacht die Definition von Geertz, indem er anstelle von „Symbolsystem“ von Zeichensystem spricht. Nach Geertz (1966) ist eine Religion ein Symbolsystem, das darauf zielt
- starke, umfassende und dauerhafte Stimmungen und Motivationen in den Menschen zu schaffen,
- indem es Vorstellungen einer allgemeinen Seinsordnung formuliert und
- diese Vorstellungen mit einer solchen Aura von Faktizität umgibt, dass
- die Stimmungen und Motivationen völlig der Wirklichkeit zu entsprechen scheinen.
Geertz entwickelte die Theorie der interpretativen bzw. symbolischen Anthropologie in seinen Schriften (Dichte Beschreibung[20][21]), er gilt als Vertreter eines funktionalen Religionsbegriffs. Daher untersuchte er nicht das Wesen oder die Substanz von Religion (im Sinn eines substantiellen Religionsbegriffs), sondern ihre Funktion für das Individuum und die Gesellschaft. Für ihn war Religion ein notwendiges Kulturmuster. Geertz verstand Religion als Sinn- und Orientierungssystem sowie als Konfliktlösungsstrategie, weil Religionen eine allgemeine Seinsordnung und ein Ordnungsmuster anbieten durch sie kein Ereignis unerklärlich bleibt.[22]
Theißen begründet dies damit, dass Symbole im engeren Sinn eine komplexe Form von Zeichen sind und die Geertzsche Formulierung der Beschreibung der „Entsprechung von Stimmungen und Motivationen zu einer faktisch geglaubten Seinsordnung“ in ebenso differenzierten Weise in der „Entsprechung zu einer letzten Wirklichkeit“ ihren Ausdruck findet. Theißens Definition lässt nun folgende Analyse zu:
- kulturelles Zeichensystem, sagt etwas über das Wesen der Religion aus;
- Zeichensystem entspricht einer letztgültigen Wirklichkeit, sagt etwas über Wirkung;
- Zeichensystem verheißt Lebensgewinn, sagt etwas über die Funktion aus.
Religion als ordnende Kraft | Religion als Krisenbewältigung | Religion als Krisenprovokation | |
---|---|---|---|
kognitiv | Aufbau einer kognitiven Ordnung: Platzanweisung des Menschen im Kosmos | Bewältigung kognitiver Krisen: Die Irritation durch Grenzerfahrungen | Provokation kognitiver Krisen: Der Einbruch des Ganz-Anderen |
emotional | Aufbau emotionalen Grundvertrauens in eine legitime Ordnung | Bewältigung emotionaler Krisen: Angst, Schuld, Versagen, Trauer | Provokation emotionaler Krisen: durch Angst, Schuldbewusstsein usw. |
pragmatisch | Aufbau akzeptierter Lebensformen, ihrer Werte und Normen | Bewältigung von Krisen: Umkehr, Sühne, Erneuerung | Provokation von Krisen: durch das Pathos des Unbedingten |
Etymologie
Das Wort religio hatte im Lateinischen verschiedene Bedeutungen, die von „Bedenken, Zweifel, Besorgnis, Gewissensskrupel“ über „Gewissenhaftigkeit, Religiosität, Gottesfurcht, Frömmigkeit, Gottesdienst“ bis zu „Heiligkeit (z. B. eines Ortes)“ und „Aberglaube“ reichten.[24] Die Etymologie des Begriffs lässt sich nicht eindeutig zu einem Ursprung zurückverfolgen. Religio ist kein Terminus altrömischer Religion. Früheste Belege für die Verwendung des Ausdrucks finden sich in Komödien des Plautus (ca. 250–184 v. Chr.) und in politischen Reden des Cato (234–149 v. Chr.).[25]
Nach Cicero (1. Jh. v. Chr.) geht religio auf relegere zurück, was wörtlich „wieder lesen, wieder auflesen, wieder zusammennehmen“, im übertragenen Sinn „bedenken, beachten“ bedeutet.[26] Cicero dachte dabei an den Tempelkult, den es sorgsam zu beachten galt. Dieser religio (als der gewissenhaften Einhaltung überlieferter Regeln) stellte er die superstitio (nach der ursprünglichen Bedeutung Ekstase) als eine übertriebene Form von Spiritualität mit tagelangem Beten und Opfern gegenüber.[27] Im Sinn einer „berufsmäßigen“ Gottesverehrung bezeichnete man daher im Mittelalter Ordensleute als religiosi. Diese Bedeutung behielt der Begriff bis heute im römisch-katholischen Kirchenrecht. Auch seine Entlehnung ins Deutsche im 16. Jahrhundert meint damit eine amtskirchliche Bibelauslegung und Kultpraxis – abgegrenzt von sogenanntem Aberglauben (siehe Superstitio). Bis heute heißt die römische Kongregation für die Ordensleute „Religiosenkongregation“.[28]
Zu Beginn des 4. Jahrhunderts führte der christliche Apologet Lactantius das Wort religio auf religare „zurück-, an-, festbinden“ zurück, wobei er sich polemisch mit Ciceros Auffassung über den Unterschied von religio und superstitio auseinandersetzte. Er meinte, es handle sich um ein „Band der Frömmigkeit“, das Gläubige an Gott binde.[29] Diese Herkunft ist bei Sprachwissenschaftlern umstritten, da kein vergleichbares Wort aus einem Verb der lateinischen a-Konjugation entstammt, beim sich das Suffix -are ohne Anzeichen zu -ion entwickelte.[30]
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren zur Bezeichnung der Gesamtheit des Religiösen die Ausdrücke fides („Glaube“), lex („Gesetz“) und secta (von sequi „folgen“, also „Gefolgschaft, Richtung, Partei“) gebräuchlich. Religio bezeichnete zunächst Lehren, die je nach Auffassung als richtig oder falsch galten. Nach der Reformation, vor allem im Zeitalter der Aufklärung wurde ein abstrakterer Religionsbegriff geprägt, auf den gegenwärtigen Definitionsansätze zurückgehen.
In den meisten außereuropäischen Sprachen fehlten bis zum 19. Jahrhundert genaue Übersetzungen des Wortes Religion. Zumeist umschrieb man das Phänomen mit mehreren Begriffen. Eigene Begriffsprägungen erfolgten relativ spät. Dies trifft beispielsweise auf den Ausdruck Hinduismus zu, dessen Bedeutung zudem einem mehrmaligen Wandel unterlag.
Der Religions- und Sprachwissenschaftler Axel Bergmann bezweifelt eine Wortbildung mit dem Präfix re- („zurück, wieder“). Es gehe vielmehr auf das altlateinische rem ligere „eine Sache (oder ein Vorhaben) binden“, d. h. „mit (religiösen) Skrupeln betrachten“ oder „in Ehrfurcht scheuen“, zurück. Dieser Ausdruck der Alltagssprache wurde laut Bergmann zunächst auf religiöse Skrupel bezogen und später auf den gesamten religiösen Bereich ausgedehnt.[31]
Universale Elemente des Religiösen
Der österreichische Ethnologe, Kultur- und Sozialanthropologe Karl R. Wernhart klassifiziert grundlegende Strukturen des „Religiösen an sich“ (Religious Beliefs per se) aller Religionen und Kulturen[A 4], die unabhängig von ihrem steten Wandel übereinstimmen, wie folgt :[A 5]
Glaube
- Existenz von unkörperlichen, übernatürlichen „Kraftfeldern“ (Seelen, Ahnen, Geister, Götter)
- Manche Religionen gehen von der Existenz eines oder mehrerer persönlicher oder unpersönlicher transzendenter Kräfte aus (z. B. eine oder mehrere Gottheiten), Geister oder Gesetzmäßigkeiten (z. B. Dao, Dharma) und machen Aussagen über die Herkunft und Bestimmung des Menschen, etwa über das Nirvana oder Jenseits.
- Verbindung des Menschen mit dem Transzendenten in einer ganzheitlich verflochtenen Beziehungsdimension, die über das normale menschliche Bewusstsein hinausgeht und geheiligt wird
- Alle Ethik und Moral wurzelt ursächlich in der jeweiligen Glaubenswelt
- Der Mensch ist mehr als seine rein physische Existenz (hat etwa eine Seele)
Orientierung
Antworten auf die metaphysischen „Kardinalfragen des Lebens“: (Kursiv = Wernhart zitiert die „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen“ des 2. Vatikanischen Konzils von 1962–1965)
- Woher kommen wir? (Was ist der Mensch? Was ist der Sinn und Zweck des Lebens?)
- Schöpfungsmythen – die häufig mit Hilfe von Schauspiel, Musik, Riten oder Tänzen transformiert und lebendig erhalten werden – bilden dabei überall ein Vehikel, um historische Ereignisse in einer zeitlosen Dimension festzuhalten. Der Mythos ist die Art und Weise, wie die Welt erklärt, legitimiert und bewertet wird.[32]
- Wo stehen wir in der Welt? (Was ist das Gute, das Böse, […]? Woher kommt das Leid und welchen Sinn hat es?)
- Wohin gehen wir? (Was ist der Weg zum wahren Glück?)
- Welches Endziel haben wir vor Augen? (Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz […]?)
Sicherheitsaspekt
Viele Wissenschaftler (etwa A. Giddens, L. A. Kirkpatrick, A. Newberg und E. d’Aquili) betonen in Bezug auf die Orientierung den Aspekt der Sicherheit für den Einzelnen oder seine Nächsten. Demnach befriedigen Religionen das Bedürfnis nach Beistand und Stabilität bei existentiellen Ängsten. Sie bieten Trost, Schutz und Sinnerklärung angesichts von Leiden, Krankheit, Tod, Armut, Elend und Ungerechtigkeit.[33] Nach der Bindungstheorie von Kirkpatrick sei Gott eine Ersatz-Bezugsperson, wenn menschliche Bezugspersonen (Eltern, Lehrer u. ä.) fehlen oder unzureichend sind. Diese Annahme konnte von R. K. Ullmann empirisch untermauert werden.[34]
Boyer und Atran kritisieren die Funktionen Sicherheit und Orientierung. Sie entgegnen, dass Religionen häufig mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten, dass ein Erlösungskonzept zumeist fehle, dass trotz der offiziellen Religionen häufig der Glaube an böse Geister und Hexen vorkomme und dass selbst viele Konfessionen nicht nur Ängste mindern, sondern auch neue schaffen. Die beiden Wissenschaftler reduzieren die Universalien im Gegensatz zu Wernhart auf die Bedürfnisse: Kooperation und Information.[35]
Ausdrucksformen
Jeder Gläubige hat Erwartungen, Hoffnungen und Sehnsüchte, die vor dem Hintergrund des Glaubens und der religiösen Orientierung ihren Ausdruck in verschiedenen Praktiken finden:
- Gebete zum Erbitten oder Danken und zum Zwiegespräch mit dem Transzendenten
- Kulthandlungen (Riten, Opfer, Zeremonien u. a.)
- Askese, Ekstase, Meditation, Mystik
Religion als historisches Phänomen
Älteste Spuren

Nachdem ältere Theorien – wie die eines prähistorischen Bärenkultes oder einer einheitlichen „Urreligion“ (siehe etwa: Animistische Urreligion, Core Schamanismus nach Harner oder Urmonotheismus nach Wilhelm Schmidt) – heute als widerlegt gelten,[36] andererseits aber die lange bezweifelten Datierungen jungpaläolithischer Höhlenmalereien und Musikinstrumente erweitert und bestätigt wurden, hat sich ein Konsens über den Beginn menschlicher Religionsgeschichte herausgebildet. Demnach werden Bestattungen und (später) Grabbeigaben als frühe archäologische Zeichen religiösen Ausdrucks anerkannt, die sich ab etwa 120.000 Jahren v. Chr. im Mittelpaläolithikum sowohl bei Homo sapiens als auch beim Neandertaler nachweisen lassen. Der Homo sapiens entwickelt im späten Mittelpaläolithikum (mittlerer Abschnitt der Altsteinzeit) und beginnendem Mesolithikum (Mittelsteinzeit) komplexere Ausdrucksformen in frühen Kleinkunstwerken, Höhlenmalereien, später mit aufwändigen Grabstätten und zum Beginn des Neolithikums (Jungsteinzeit) im Nahen Osten herausgehobene Bauwerke, wie das als Tempelanlage interpretierte Göbekli Tepe.
Ab ca. 40.000 v. Chr. – mit dem Auftreten künstlerischer Skulpturen, Malereien und Musikinstrumente – werden die Hinweise deutlicher. Welche religiösen Inhalte und Konzepte diesen Artefakten zuzuschreiben sind, ist unklar bzw. spekulativ.[37]
Historische Religionen
Viele bis heute praktizierte Religionen haben Wurzeln in vorgeschichtlicher Zeit. Andere frühe Religionen existieren nicht mehr und sind in ihren Inhalten kaum fassbar, da fehlende oder lückenhafte Überlieferung das Verständnis erschwert und religiöse Konzepte sich in den von der Archäologie gefundenen materiellen Artefakten nur mittelbar abbilden. Das führt zu sehr unterschiedlichen Deutungen archäologischer Funde.
Auch dort, wo sehr umfangreiche schriftliche Quellen vorliegen (etwa bei antiken Religionen der Griechen und Römer) sind die Kenntnisse über Kultpraxis und individuelle Religionsübung sehr lückenhaft. Häufig hat man Kenntnisse hauptsächlich von der Mythologie, so weiß man einiges über die Mythologie der Kelten und der Germanen, über die Kultpraxis jedoch wenig.
Zu den historischen Religionen zählen (räumlich und zeitlich geordnet):
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Geschichte konkreter Religionen
Die Geschichte verschiedener Religionen wird in den Geschichtsabschnitten ihrer jeweiligen Artikel bzw. in gesonderten geschichtlichen Artikeln dargestellt:
- Afrikanische Religionen
- Bahaitum
- Buddhismus
- Christentum
- Daoismus
- Hinduismus
- Islam
- Jainismus
- Judentum
- Konfuzianismus
- Sikhismus
- Shintō
- Zarathustrismus
Religion in der Neuzeit
Im Gegensatz zu den mittelalterlichen christlichen Gesellschaften, in denen fast die gesamte Lebenswirklichkeit unter der Autorität der Religion stand, verlor die institutionalisierte Religion in der Neuzeit zunehmend an Machtfülle. Anstelle der Theologie errangen Natur- und Geisteswissenschaften Autorität, beispielsweise in Fragen zu Evolution oder Ethik/Recht, Bereichen, die zuvor der Religion unterstanden. Die Tendenzen hin zu einer Trennung von Kirche und Staat werden als Säkularisierung bezeichnet. Erklärungsversuche dafür beziehen sich oft auf Ideen des Humanismus und der Aufklärung, Einflüsse der Industrialisierung, die allmähliche bzw. durch eine Revolution hervorgerufene Überwindung des feudalen Ständestaates und den damit verbundenen ökonomischen, sozialen, kulturellen und rechtlichen Wandel.[38] Der Wandel umfasst alle gesellschaftlichen Felder, so auch das der verfassten Religion, welche sich ebenfalls ausdifferenzierte, einerseits Gewaltpotenzial und Unduldsamkeit zeigte, andererseits pluralistischer auftrat und vielfach mehr Toleranz aufbrachte.
In Europa verlor das Christentum seit dem späten 19. Jahrhundert hinsichtlich seiner Reputation, des gesellschaftlichen und politischen Einflusses und seiner Verbreitung beschleunigt an Bedeutung. Einige traditionell christliche westliche Länder verzeichneten sinkenden Klerikernachwuchs, Verkleinerung der Klöster und ein Anwachsen von Kirchenaustritten oder andere Formen von Distanzierung.[39]
Besonders in Frankreich, wo durch die Revolution 1789, den Code civil 1804 und Anfang des 20. Jahrhunderts durch das Gesetz zur Trennung von Kirche und Staat ein strikter Laizismus umgesetzt worden ist, ging der gesellschaftliche Einfluss der katholischen Kirche zurück.[40]
Die abnehmende materielle und ideelle Macht der großen christlichen Kirchen, die Friedrich Nietzsche Ende des 19. Jahrhunderts mit den Worten „Gott ist tot“ kommentierte, wurde und wird von einigen religiösen Denkern bemängelt. Sie bedauern, das Schwinden des Einflusses der Religion reduziere ethische Standards. Der Mensch werde zum Maß aller Dinge. Unter der Devise „Ohne Gott ist alles erlaubt“, könnten destruktive Handlungen und nihilistisches Denken gefördert werden. Für solche Folgen gibt es allerdings keine eindeutigen Hinweise.
In der Sowjetunion, insbesondere unter der Terrorherrschaft Stalins, im nationalsozialistischen Deutschland und weniger ausgeprägt in Ostblockstaaten ab 1945 konnte die öffentliche religiöse Betätigung zu gesellschaftlichen Benachteiligungen führen, bis hin zu Todesurteilen und Verschleppung. Daher war der Anteil sichtlich praktizierender Mitglieder von Religionsgemeinschaften dort vergleichsweise gering. Dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte eine ambivalente Entwicklung. Während in den neuen Bundesländern die organisierte Religion weiterhin nur eine marginale Rolle spielt, ist sie beispielsweise in Polen tief verwurzelt. Auch in der islamischen und der asiatischen Welt gab und gibt es massive Diskriminierungen aufgrund von Religionszugehörigkeit. Siehe dazu und speziell zur Christenverfolgung etwa den Weltverfolgungsindex.
Gegenwärtige Trends
Zahlreiche Studien belegen rückläufige Besucherzahlen in Kirchen, Synagogen und anderen religiösen Einrichtungen, z. B. in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, obwohl Kirchen hier Umfragen zufolge weiterhin als anerkannte öffentliche Einrichtungen gelten. In den meisten europäischen Staaten waren 2005 noch mehr als 50 % der Einwohner Mitglieder einer christlichen Kirche. In Polen, Irland, Spanien und Italien gilt die katholische Kirche, der jeweils mehr als 80 % der Bewohner angehören, als politisch einflussreich.[41] In vielen europäischen Ländern ist es bis heute üblich, zumindest formell einer Religionsgemeinschaft anzugehören. Seit einigen Jahrzehnten, verstärkt seit dem Ende des letzten Jahrtausends, wenden sich vor allem junge Menschen weltweit häufiger wieder religiösen Ausdrucksformen zu.
Im Gegenzug zur Säkularisierung in Europa gewinnen Islam und Christentum als auch der Buddhismus in der übrigen Welt an Bedeutung. In den USA und Lateinamerika etwa stellt die Religion nach wie vor einen wichtigen Faktor dar. Im 20. Jahrhundert nahm der Einfluss des Christentums und des Islam in Afrika erheblich zu. In der arabischen Welt ist der Islam das prägende Element der Gesellschaft. Auch in Teilen Asiens gewann der Islam an Einfluss, so in Indonesien, Pakistan, Indien und Bangladesch. In der Volksrepublik China erleben religiöse Gemeinschaften seit der Lockerung einiger Verbote wieder einen moderaten Aufschwung. Von den christlichen Kirchen und Religionsgemeinschaften erzielen die sich zum Protestantismus zählenden evangelikalen Missionare weltweit die meisten „Bekehrungserfolge“.[42]
Allerdings heißt das nicht, dass die größte Zahl der Menschen, die sich zu einer Religionsgemeinschaft bekennen, ihren Glauben aktiv praktizieren. Wo die Religion zur nationalen oder politischen Identitätsbildung beiträgt wie der Katholizismus in Polen oder die Orthodoxie in Russland, oder wo sie ein Identifikationpotenzial mit politischer Stoßrichtung gegen westliche Invasoren, für soziale Gerechtigkeit oder zur ethnischen Abgrenzung bietet, erfährt sie regen Zulauf, ohne dass dies mit dem Wiedererstarken traditionell gelebter Frömmigkeit verbunden sein muss. Im Gegenteil erstarkt gerade dort, wo die traditionell gelebte Religiosität zurückgeht, die politisierte Religion. Dies betrifft den Evangelikalismus in Nord- und Südamerika, den fundamentalistischen Islam wie auch den Buddhismus (z. B. in Sri Lanka oder Myanmar) oder den Hindu-Nationalismus in Indien. Die Polarisierung zwischen der Gleichgültigkeit gegenüber Religion und dem Trend zum Fundamentalismus könnte mit der Rationalisierung und einer sinkenden Ambiguitätstoleranz der modernen Welt zusammenhängen, da eine Akzeptanz von Transzendenz die Anerkennung unsicherer oder widersprüchlicher Auffassungen voraussetzt, es sei denn, die Transzendenz tritt in fundamentalistischer, Eindeutigkeit suggerierender Ausprägung auf. Ein Zeichen für sinkende Ambiguitätstoleranz bei der Überlieferung und Auslegung heiliger Schriften bildet der Islam. Während bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Koranversionen gelesen und mehrere Auslegungen zugelassen wurden, betonen heutige Kommentatoren zumeist, dass es nur eine einzige Auslegung gebe. Diese Tendenz sieht der Islamwissenschaftler Thomas Bauer als Folge der Konfrontation des Islam mit dem Westen.[43] Andere damit verbundene Trends sind die religiöse Indifferenz als Ambiguitätsvermeidungsstrategie und die zunehmende Beliebigkeit oder Zufälligkeit der Wahl einer „Privatreligion“, teils auch in säkularisierter Form (z. B. Ernährung als Ersatzreligion, die dann freilich dogmatisiert werden kann).[44]
Neuere Forschungen verweisen auf einen statistisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen Demografie und Religion in zeitgenössischen Gesellschaften. Die Kinderzahl in religiösen Gemeinschaften ist zum Teil erheblich höher als in säkular geprägten Gesellschaften. Beispiele hierfür sind die Geburtenraten türkischstämmiger Familien in Deutschland, die zumeist dem sunnitischen Islam angehören,[45] evangelikaler christlicher Gruppen in den USA und zunehmend auch in Europa sowie Angehöriger des orthodoxen Judentums in Israel. Dieses Phänomen wird gegenwärtig auf dem Hintergrund der Probleme einer wachsenden Weltbevölkerung nicht nur positiv, sondern auch negativ bewertet.
In den meisten Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen wurde das Recht auf Religionsfreiheit gesetzlich verankert, aber nicht unbedingt im Alltagsleben verwirklicht. In zahlreichen Ländern besteht noch kein Recht auf freie Wahl der Religion, so z. B. Saudi-Arabien und Nordkorea oder in denen der Handlungsspielraum religiöser Individuen und Gruppen eingeschränkt ist. Demgegenüber gewähren die USA praktisch jeder Gemeinschaft, die sich selbst als religiös bezeichnet, den Status einer religious community mit entsprechenden Rechten.
Seit der zunehmenden Anerkennung indigener Völker kommt es zum Teil zu einer Revitalisierung ethnischer Religionen (etwa bei den Tuwinern in China und Russland, bei vielen Indianern Nordamerikas[46] oder bei den Samen Skandinaviens[47]). Aufgrund des vielfach bereits verlorenen Wissens, langjähriger Einflüsse anderer Religionen oder der Bezugnahme auf (zum Teil falsche) Interpretationen westlicher Autoren aus Wissenschaft und Esoterik kann man diese Religionsformen selten mit den traditionellen Vorläufern gleichsetzen.
Religionen in Zahlen

Die Quellenlage für präzise Aussagen über die Religionszugehörigkeit weltweit ist äußerst fraglich. Nicht nur die Forschungsmethoden unterscheiden sich erheblich, vor allem ist die Ausgangssituation in den Staaten sehr unterschiedlich. Lediglich über Staaten, in denen Religionsfreiheit besteht, sind recht exakte Aussagen möglich. Aber auch dort gibt es eine hohe Varianz, schon hinsichtlich der Datenerhebung. Unterschiedliche Ergebnisse sind beispielsweise zu erwarten, je nachdem ob Aussagen auf behördlich erfasster Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder auf Befragungen beruhen. Regimes, die keine Religionsfreiheit gewährleisten oder Staaten, die sich offiziell als atheistisch betrachten, machen ein realistisches Bild fast unmöglich. Zudem sind auch die Weltreligionen sehr heterogen. So unterscheidet sich beispielsweise das Christentum in afrikanischen Ländern von dem in Skandinavien in vielen Merkmalen. Zum Judentum werden zumeist auch nichtreligiöse Juden gerechnet, zum Christentum in Deutschland alle Kirchensteuerzahler, auch wenn sie nicht gläubig sind, zum Islam alle Bürger Saudi-Arabiens. Unschärfen entstehen u. a. auch, weil Kinder und Jugendliche der Religion ihrer Eltern zugerechnet werden, jedoch sich selbst nicht unbedingt dieser Religion angehörig fühlen.[48] Für einzelne Staaten mit ausgewiesenen statistischen Systemen lassen sich genauere Angaben machen, die aber nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar sind.
Religion/Weltanschauung | Angehörige in Mio. gemäß adherents.com, ca. 2006[49] | Angehörige in Mio. gemäß Britannica Online, ca. 2006[50] |
---|---|---|
Christentum | 2100 | 2200 |
Islam | 1500 | 1387 |
Säkulare, Nichtreligiöse | 1100 | 776[51] |
Hinduismus | 900 | 876 |
Traditionelle chinesische Religionen | 394 | 386 |
Buddhismus | 376 | 386 |
Ethnische Religionen | (266) | |
Nichtafrikanische ethnische Religionen | 300 | |
Traditionelle afrikanische Religionen | 100 | |
Neue Religiöse Bewegung | 107 | |
Sikhismus | 23 | 23 |
Spiritismus | 15 | 14 |
Judentum | 14 | 15 |
Bahaitum | 7 | 8 |
Konfuzianismus | 6 | |
Jainismus | 4 | 5 |
Shintō | 4 | 3 |
Caodaismus | 4 | |
Zoroastrismus | 2,6 | 0,2 |
Tenrikyō | 2 | |
Neopaganismus | 1 | |
Universalismus / Unitarismus (es gibt sowohl christliche als inzwischen auch nicht-christliche Universalisten/Unitarier) |
0,8 | |
Rastafari | 0,6 | |
Andere Religionen | 1,2 |

Zur Verteilung in Deutschland, Österreich und der Schweiz siehe auch Religionen in Deutschland, Anerkannte Religionen in Österreich und Religionen in der Schweiz
Religion | Angehörige Deutschland in Mio. (2014)[52] |
---|---|
Nichtreligiöse | 26 (32 %) |
Römisch-Katholische Kirche | 24,2 (30 %) |
Evangelische Landeskirchen | 23,4 (29 %) |
Islam | 4 (5 %) |
Orthodoxe Kirche | 1,5 (1,9 %) |
Neuapostolische Kirche | 0,35 |
Buddhismus | 0,3 |
Judentum | 0,2 |
Jehovas Zeugen | 0,17 |
Hinduismus | 0,1 |
Laut einer repräsentativen Umfrage des Eurobarometers glaubten im Jahr 2005 52 % der Menschen in der damaligen Europäischen Union an Gott, weitere 27 % glaubten etwas vager an eine spirituelle Kraft bzw. höhere Macht. 18 % Prozent der Befragten glaubten weder an einen Gott noch an eine andere spirituelle Kraft, 3 % der Unionsbürger waren unentschlossen.[53][54]
Nach der 15. Shell-Jugendstudie glaubten im Jahre Jahr 2006 rund 30 % der befragten Deutschen zwischen 12 und 24 Jahren an einen persönlichen Gott, weitere 19 % an eine höhere Macht, während 23 % eher agnostische Angaben machten und 28 % weder an einen Gott noch eine höhere Macht glaubten.[55]
Wissenschaftliche Ansätze zur Definition und Beschreibung von Religion
Bereits beim Versuch, einen wissenschaftlichen Zugang zum Begriff „Religion“ zu finden, sehen sich die Wissenschaften vor Schwierigkeiten gestellt: Wie kann man eine alle Religionen umfassende, über-historische Definition von Religion finden, mit der sich wissenschaftlich arbeiten lässt?[56] Oft sind die Definitionen zu eng, so dass wichtige religiöse Strömungen nicht erfasst werden; oder aber der Begriff „Religion“ verliert an Präzision und wird zu beliebig, als dass sich vergleichbare Untersuchungen noch erlauben würden. Die wissenschaftliche Untersuchung eines Objektes erfordert aber dessen Definition einschließlich klarer Abgrenzungen.
Dennoch ist Religion „eine soziale Realität, ein spezifischer Kommunikationsprozess, der Wirklichkeiten schafft und durch soziale Handlungen selbst reale Gestalt gewinnt“ und daher auch Gegenstand wissenschaftlicher Neugierde.[57] Die im Folgenden dargestellten Konzepte sollten immer vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten in der Begriffsfindung wahrgenommen werden, die im Kontrast zur wissenschaftlichen Notwendigkeit stehen, sich mit dem realen Phänomen „Religion“ zu beschäftigen.
Philosophische und psychologische Ansätze
Der Vordenker der Aufklärung Jean-Jacques Rousseau kritisierte in seinem 1762 in Paris erschienenen einflussreichen Werk „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes“ die Religion als Quelle von Krieg und Machtmissbrauch, konstatierte aber religiöse Gefühle der Menschen. Er entwickelte das Modell einer Zivilreligion, die den politischen Erfordernissen einer „freien“ aufgeklärten Gesellschaft gerecht werde. Dazu gehörte die Anerkennung der Existenz Gottes, eines Lebens nach dem Tod, die Vergeltung von Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, die Unantastbarkeit (Heiligkeit) des Gesellschaftsvertrages und der Gesetze und schließlich die Toleranz. Diese neue, für alle Bürger gleichermaßen gültige Zivilreligion sollte zur Stabilität der Gemeinschaft beitragen.
Sein ebenfalls aufgeklärter Gegenspieler Voltaire, welcher die Dogmen und die Machtfülle der katholischen Kirche noch schärfer ablehnte, setzte sich für einen vernunftgeleiteten, toleranten Deismus unabhängig von den bis dahin existierenden Religionen ein und betonte die moralische Nützlichkeit des Glaubens an Gott. Er war von der Gesetzmäßigkeit des Kosmos und der Existenz einer höchsten Intelligenz überzeugt, ging von der Unsterblichkeit der Seele und einem freien menschlichen Willen aus, Positionen, die er jedoch auch in jeder Hinsicht bezweifelte. Den Glauben an heilige Schriften oder an Jesus Christus als Sohn Gottes teilte er nicht.

Immanuel Kant formulierte 1793 in seiner religionsphilosophischen Schrift „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ seine Auffassung über eine Vernunftreligion. Er entwickelte eine philosophische Religionslehre, die das Prinzip des Bösen postuliert. Das Böse sei dem menschlichen Wesen innewohnend. Er geht von der Existenz Gottes und von der Unsterblichkeit der Seele aus. Gott lasse sich allerdings nicht beweisen. Laut Kant verfügt allein das Christentum im Gegensatz zu anderen, seiner Auffassung nach „veralteten“ und „ritualisierten“ Religionen wie Judentum und Islam, über eine Lehre und Moral, die die Philosophie anerkennen kann. Konsequentes moralisches Handeln ist demnach unmöglich ohne den Glauben an die Freiheit, die Unsterblichkeit der Seele und Gott. Daher sei die Moral das Ursprüngliche. Die Religion indes erkläre die moralischen Pflichten als göttliche Gebote. Also folge die Religion dem bereits vorhandenen Moralgesetz. Um die eigentlichen menschlichen Pflichten zu finden, müsse man das Richtige aus den verschiedenen Religionslehren herausfiltern. Rituelle Praktiken der Religionen lehnte Kant als „Pfaffentum“ ab. Erkenntnistheoretisch nahm er eine agnostische Haltung ein.
Der Religionskritiker Ludwig Feuerbach, der Religion als Anthropologie[58] ansah, erklärte 1841 Religion als „das erste und zwar indirekte Selbstbewusstsein des Menschen. […] der Mensch vergegenständlicht in der Religion sein eignes geheimes Wesen.“[59] Demnach betrachtet der religiöse Mensch alles, was er für wahr, richtig und gut hält, als selbstständige Erscheinungen außerhalb seiner selbst. Diese selbstständigen Erscheinungen kann sich der Mensch als Person in Einzahl oder Mehrzahl mit begrenztem oder unbegrenztem Wirkungsbereich vorstellen und demzufolge seine Begriffe vom Wahren, Richtigen und Guten als Bereichsgötter oder einzigen Gott benennen oder ohne Personifikation als Kräfte, Mächte, Wirkungen, gesetzmäßige Abläufe oder ähnlich bestimmen. Wie er das tut, richtet sich nach regionaler Entwicklung und Überlieferung. Folgerichtig betrachtet Feuerbach Religion nicht mehr als weltdeutendes, menschenverpflichtendes System, sondern als völkerkundliches Forschungsgebiet.
Karl Marx nannte 1844 im Anschluss an Feuerbach in seiner Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie Religion „das Opium des Volkes“, ein Ausspruch, der zum geflügelten Wort wurde. Ein für Marx zentraler Gedanke ist, dass die Geschöpfe ihre Schöpfer beherrschen: „Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eigenen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eigenen Hand beherrscht.“[60]
Aus Feuerbachs Forderung an den Menschen, die „Illusion über seinen Zustand aufzugeben“ zog Marx die Konsequenz, „einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf“.[61] Nach Marx wird Religion als ein verkehrtes Weltbewusstsein von Staat und Gesellschaft produziert, weil in bisherigen Gesellschaftsordnungen der Mensch von sich selbst entfremdet war. „Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes“ war für ihn daher „die Forderung seines wirklichen Glücks“.[62]
Von Friedrich Nietzsche stammt der als Gedanke der Moderne vielzitierte Ausspruch „Gott ist tot!“ Weniger bekannt ist seine Fortsetzung: „Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?“[63] Der Philosoph zählte die wachsende Bedeutung der Naturwissenschaften und der Geschichtswissenschaft zusammen mit der radikalen Religionskritik zu den Ursachen für den Verfall der (christlichen) Moral.
In der Tradition Feuerbachs und Nietzsches stehend, stellte der Begründer der Psychoanalyse Sigmund Freud Religion als Zwangsneurose und infantiles Abwehrverhalten dar. Der Urmensch habe Naturkräfte personalisiert und zu Schutzmächten erhoben, damit sie ihn in seiner Hilflosigkeit stützen. Das zugrunde liegende Verhaltensmuster knüpfe an frühkindliche Erfahrungen des schützenden, aber auch strafenden Vaters an. Daraus resultiere ein zwiespältiges Verhältnis zum Vater, das im Erwachsenenalter zum „Glauben“ führe. Der Mensch fürchte die Gottheiten und suche zugleich ihren Schutz. Auf die Evolutionstheorie Charles Darwins Bezug nehmend sah Freud die „Urhorde“ mit einem despotischen „Stammesvater“ als Anführer, der über alle Frauen des Stammes verfügen konnte. Seine Söhne verehrten ihn, fürchteten ihn aber auch. Aus Eifersucht brachten sie gemeinsam den Urvater um. Daraus sei der „Ödipuskomplex“ entstanden. Das Schuldbewusstsein der gesamten Menschheit (Vorstellung von der „Erbsünde“) sei somit der kulturbewahrende Anfang sozialer Organisation, der Religion sowie – damit zusammenhängend – sexueller Einschränkung.[64]
Die argentinische Religionspsychologin Ana-Maria Rizzuto nimmt dagegen an, dass die Gottesvorstellung ein notwendiger Teil der Ichbildung ist. Demnach entwickeln Kinder aus der breiten Fülle von Fantasien zu Helden und magischen Wesen ihr jeweiliges Gottesbild – im Rahmen des Bezugsystems ihrer Eltern und der Umwelt.
Erich Fromm prägte eine weite, sozialpsychologische Definition. Als Religion verstand er jedes von einer Gruppe geteilte System des Denkens und Handelns, das dem Einzelnen einen Rahmen der Orientierung und ein Objekt der Hingabe bietet.[65]
Der zeitgenössische postmoderne deutsche Philosoph Peter Sloterdijk schreibt der Religion die Wirkung eines psychosemantischen Immunsystems zu. Im Zuge der kulturellen Entwicklung sei der Mensch offener, aber auch verletzbarer geworden. Religion befähige den Menschen, „Verletzungen, Invasionen und Kränkungen“ selbst zu heilen. Er bezeichnet nicht Gott, sondern „das Wissen um Heilung als Realität, von der biologischen bis zu einer spirituellen Stufe“ als die Perle in der Muschel der Theologie.[66]
Jürgen Habermas, der prominenteste Vertreter der Kritischen Theorie in der Gegenwart, betont seit Ende der 1990er Jahre den positiven Einfluss der (christlichen) Religion auf demokratische Wertsysteme, während Theodor W. Adorno in Marxscher Tradition die Religion als „gesellschaftliche Projektion“ begreift und die Durkheimsche Religionssoziologie pointiert in der Aussage zusammenfasst, dass „in der Religion die Gesellschaft sich selbst anbete“.[67]
Religionsgeschichtliche Theorien
Die vorrangige Fragestellung der Religionsgeschichte lautet: „Unterliegt die Religionsentwicklung einer direkten soziokulturellen Evolution oder ist sie nur ein Nebenprodukt anderer kognitiver Entwicklungen?“ Ein evolutionärer Prozess setzt selektive Faktoren voraus, so dass die Frage nur beantwortet werden kann, wenn zweifelsfreie Faktoren gläubigen Menschen Überlebensvorteile verschaffen.[68]
In der frühen wissenschaftlichen Behandlung von Religion herrschten evolutionistische Entwürfe vor, in denen einzelne Ereignisse als bloße Etappen vergleichsweise einfacher, globaler, quasi naturgesetzlicher Entwicklungen gesehen wurden, etwa bei James Frazer als Entwicklung von der Magie über die Religion zur Wissenschaft. Diese teleologischen Positionen krankten oft an unzureichenden empirischen Grundlagen, enthielten meist explizite oder implizite Wertungen und waren vielfach auf den Einzelfall konkreter religionsgeschichtlicher Ereignisse nicht anwendbar. In der modernen Religionswissenschaft spielen sie nur noch als Materiallieferanten[Anm. 2] und als Teil der Fachgeschichte eine Rolle.[69]
In einer geschichtsphilosophischen Betrachtung machte Karl Jaspers eine von ihm sogenannte Achsenzeit zwischen 800 und 200 v. Chr. aus, in der wesentliche geistesgeschichtliche Innovationen die Philosophie- und Religionsgeschichte Chinas, Indiens, des Iran und in Griechenland prägten. Jaspers deutete diese als Epoche der „Vergeistigung“ des Menschen, die sich in Philosophie und Religion, sekundär auch in Recht und Technologie ausgewirkt habe. Mit dieser pluralistischen Interpretation wandte Jaspers sich gegen eine christlich motivierte Konzeption einer Universalgeschichte.[70] Im Gegensatz zu Offenbarungsreligionen, die er ablehnte, konzipierte er in seinem religionsphilosophischen Werk Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung[71] eine philosophische Annäherung an eine Transzendenz angesichts menschlicher Allmachtsvorstellungen.
Die religiös-spirituellen Vorstellungen schriftloser Kulturen, häufig als „Naturreligionen“, wissenschaftlich korrekter als ethnische Religionen oder (veraltet) als Animismus bezeichnet, wurden aufgrund ihrer angeblichen „Primitivität“ lange für die ältesten Formen von Religion gehalten. Auch sie unterliegen einem historischen Wandel und werden daher heute von einigen Autoren nicht mehr im Sinne unveränderter Traditionen verstanden.[72] Aufgrund der nicht vorhandenen Dogmen und ihrer großen Anpassungsfähigkeit an veränderte Bedingungen sind sie ganz im Gegenteil sämtlich jünger als die bekannten Hochreligionen.[73] Dennoch halten etliche Prähistoriker (etwa Marcel Otte) an der Vorstellung fest, die Religionen der Vorzeit ließen sich aus Vergleichen mit heutigen „primitiven Religionen“ rekonstruieren. Ausgeblendet wird dabei, dass auch diese Glaubenssysteme einen Anfang gehabt haben müssen, der einfacher gedacht werden muss als die komplexen Weltbilder heutiger Indigener.[74]
Allgemein wird heute eine direkte Evolution der Religionen in engem Bezug mit dem Wandel der Sozialstrukturen postuliert,[75] weil sie offenbar gewisse Aspekte des Zusammenlebens positiv beeinflusst. Allerdings ist man sich über die konkreten Selektionsvorteile nach wie vor uneinig. Weder die Förderung altruistischen Verhaltens noch ein konkreter Einfluss auf die Reproduktionsrate[76][77] ist zweifelsfrei belegt. Überdies kritisiert die Religionswissenschaftlerin Ina Wunn, dass viele Modelle eine Höherentwicklung voraussetzen, was ethnische oder polytheistische Religionen degradiere. Damit würden Repressalien bestimmter Staaten gegen religiöse Minderheiten als Fortschritt umgedeutet.[78]
In neuerer Zeit tritt die Religionsgeschichte als Universalgeschichte gegenüber dem Studium der Geschichte einzelner Religionen oder Kulturräume zurück. Jedoch finden religionsgeschichtliche Theoriekonzepte wie Säkularisierung und Pluralisierung wieder verstärkt Beachtung.
Religionssoziologische Ansätze
Religionssoziologische Gedankengänge finden sich bereits in der griechischen Antike, zumal bei Xenophanes (Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus.).
Nach Ferdinand Tönnies (1887), einem der Mitbegründer der Soziologie, ist die Religion in der „Gemeinschaft“ das Äquivalent zur „öffentlichen Meinung“ in der „Gesellschaft“. Diese Abgrenzung versteht Tönnies als normaltypisch. Religion und öffentliche Meinung sind die jeweilige mentale Ausbildung von Gemeinschaft bzw. Gesellschaft (neben der politischen und der wirtschaftlichen). Da sich die Menschen in der Gemeinschaft als „Mittel zum Zweck übergeordneter Kollektive“ verstehen, sind sie zu großen Opfern zugunsten einer angenommenen höheren Instanz fähig – anders als „gesellschaftlich“ verbundene Menschen, die alle Kollektive als Mittel für ihre je individuellen Zwecke ansehen, und die jeweilige Gesellschaft utilitaristisch unterstützen oder bekämpfen. Religion und öffentliche Meinung haben, so Tönnies, starke Gemeinsamkeiten, etwa heftige Unduldsamkeit gegen Abweichler.[79]
Laut Émile Durkheim (1912), einem anderen Mitbegründer der Soziologie, trägt Religion zur Festigung sozialer Strukturen, aber auch zur Stabilisierung des Einzelnen bei. Sein Religionsbegriff ist somit ein funktionalistischer. Demnach sei die Religion ein solidarisches System, das sich auf Überzeugungen und Praktiken bezieht, die als heilig erachtete Dinge umfassen und in einer moralischen Gemeinschaft, wie beispielsweise der Kirche, Mitglieder verbindet. Daraus ergeben sich drei Aspekte von Religion, die Glaubensüberzeugungen (Mythen), die Praktiken (Riten) und die Gemeinschaft, auf die diese Überzeugungen und Praktiken bezogen sind. Durkheim bezeichnet unter anderen Faktoren den Glauben als ein Element der Macht, die die Gesellschaft über ihre Mitglieder ausübt. Bemerkenswert an seinem Religionsbegriff ist die Unterscheidung zwischen dem Sakralen und dem Profanen, die damit Religion ohne Bezug auf Gott, Götter oder übernatürliche Wesenheiten (Gottheiten) definiert. Die Definition wird auch außerhalb der Soziologie verwendet.[80] Sie liegt auch dem Begriff „säkulare Religion“ (bei Max Weber: „Diesseitigkeitsreligion“) zugrunde, mit dem Weltanschauungen bezeichnet werden, die diesseitige Phänomene wie z. B. den Staat, eine Partei oder einen politischen Führer zum Gegenstand einer religionsähnlichen Verehrung machen.[81]

Max Weber, der sich am Anfang des 20. Jahrhunderts ausführlich mit dem Phänomen „Religion“ aus soziologischer Sicht befasste, unterschied Religion von Magie. Unter „Religion“ verstand er ein dauerhaftes, ethisch fundiertes System mit hauptamtlichen Funktionären, die eine festgeschriebene Lehre vertreten, einer organisierten Gemeinschaft vorstehen und gesellschaftlichen Einfluss anstreben. „Magie“ wirke dagegen eher kurzfristig durch einzelne Magier oder Zauberer, die als charismatische Persönlichkeiten vermeintlich Naturgewalten bezwingen und eigene moralische Vorstellungen entwickeln. Die Abgrenzung versteht Weber als idealtypisch. Reinformen sind selten, Überschneidungen und Übergänge werden konstatiert.[82] Weber erarbeitete umfangreiche theoretische Abhandlungen über Religionen, insbesondere über die protestantische Ethik und führte empirische Studien zu der unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklung in protestantischen und katholischen Ländern durch.[83]
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterscheidet Niklas Luhmann in seiner Systemtheorie „System“ und „Umwelt“. Die Umwelt biete Möglichkeiten, die vom System durch Ausgrenzung und Auswahl genutzt werden können. Diese Selektion beschränkt die Umwelt in ihrer Komplexität. Da jedoch System wie Umwelt nach wie vor von hoher Komplexität geprägt sind, sind Vereinfachungen notwendig, die der Orientierung dienen. Als ein soziales Funktionssystem moderner Gesellschaften unter anderen komme der Religion solch eine orientierende Funktion zu. Sie begrenzt ein Übermaß an Möglichkeiten und verhindert die beliebige Veränderung der Auswahl.[84]
Die Theorie der rationalen Entscheidung der Religionen entstand in den 1980er Jahren. Als Hauptvertreter gelten Rodney Stark, Laurence R. Iannaccone und Roger Finke. Diese Theorie besagt, dass Akteure ihre Handlungen nutzenorientiert wählen.[85] Annahmen dieser Theorie sind: Der Akteur handelt rational durch Abwägen von Kosten und Nutzen; es gibt stabile Präferenzen, die sich weder von Akteur zu Akteur noch zeitlich stark unterscheiden; soziale Ereignisse sind Ergebnisse von sozialen Interaktionen zwischen den Akteuren.[86] Der Akteur als Gläubiger wie auch religiöse Organisationen handeln demnach nutzenmaximierend. Sie spezialisieren ihr Angebot von religiösen Gütern, um möglichst viele Gläubige anzuziehen. Diese Theorie wird von verschiedenen Religionssoziologen kritisiert, da sie zentrale Begriffe der Theorie unklar lasse („Kosten“, „Nutzen“). Auch sei strittig, ob kostentheoretisch ausgefeilte Begriffe aus der Betriebswirtschaftslehre auf religiöses Handeln übertragbar sind.[85]
Religionswissenschaftliche Ansätze
Die Religionswissenschaft, die eine Vielzahl von Disziplinen wie Religionssoziologie, Religionsphilosophie, Religionsphilologie, Religionsgeschichte u. a. umfasst, untersucht auf empirischer und theoretischer Grundlage Religionen als gesellschaftliche Phänomene. Religionswissenschaftliche Theorien müssen unabhängig von Glaubensannahmen nachvollziehbar und falsifizierbar sein. Seit etwa 100 Jahren als eigenständige Disziplin etabliert, geht sie auf Vorläufer innerhalb Europas wie auch darüber hinaus (religionsvergleichende Studien in China und der islamischen Welt) zurück. In Abgrenzung zur Theologie gehört zur Religionswissenschaft einerseits die Möglichkeit des Dialoges, aber auch die Option der Religionskritik.
Nach Clifford Geertz (1973) ist Religion ein kulturell-geschaffenes Symbolsystem, das versucht, dauerhafte Stimmungen und Motivationen im Menschen zu schaffen, indem es eine allgemeine Seinsordnung formuliert. Diese geschaffenen Ideen werden mit einer überzeugenden Wirkung („Aura von Faktizität“) umgeben, damit diese Stimmungen und Motivationen real wirken. Solche „heiligen“ Symbolsysteme haben die Funktion, das Ethos als moralisches Selbstbewusstsein einer Kultur – mit dem Bild, das diese Kultur von der Realität hat, mit ihren Ordnungsvorstellungen zu verbinden. Die Vorstellung von der Welt wird Abbild tatsächlicher Gegebenheiten einer Lebensform. Die religiösen Symbolsysteme bewirken eine Übereinstimmung zwischen einem bestimmten Lebensstil und einer bestimmten Metaphysik, die einander stützen. Religion stimme demnach menschliche Handlungen auf eine vorgestellte kosmische Ordnung ab. Ethische und ästhetische Präferenzen der Kultur werden dadurch objektiviert. Sie erscheinen als Notwendigkeit, als Folge einer bestimmten Struktur der Welt. Die Glaubensvorstellungen der Religionen bleiben demnach nicht auf ihre metaphysischen Bezüge beschränkt, sie erzeugen Systeme allgemeiner Ideen, mit denen intellektuelle, emotionale oder moralische Erfahrungen sinnvoll ausgedrückt werden können. Da somit eine Übertragbarkeit von Symbolsystem und Kulturprozess vorliegt, bieten Religionen nicht nur Welterklärungsmodelle, sie gestalten auch soziale und psychologische Prozesse.[87] Durch die unterschiedlichen Religionen wird eine Vielfalt unterschiedlicher Stimmungen und Motivationen erzeugt, so dass es nicht möglich ist, die Bedeutsamkeit von Religion in ethischer oder funktionaler Hinsicht festzulegen.[88]
Nach Rüdiger Vaas bieten Religionen die „ultimative Bezogenheit“: das Gefühl der Verbundenheit, Abhängigkeit, Verpflichtung sowie den Glauben an Sinngebung und Bestimmung.[89]
Jacques Waardenburg definiert Religion als ‚Glauben‘ als Produkt westlicher Tradition. Der Begriff umfasse daher keine Vorstellungen anderer Kulturen und sei zur Beschreibung von Religionen eher ungeeignet. Religionen sind demnach Bedeutungsgefüge mit darunterliegenden Grundintentionen für Menschen.[90]
Ein in der Religionswissenschaft gängiger Umgang mit dem Religionsbegriff ist, Religion als „Offenes Konzept“ zu betrachten, also auf eine Definition des Religionsbegriffes zu verzichten. Diese Auffassung wurde besonders vom Bremer Religionswissenschaftler Hans G. Kippenberg vertreten.[91]
Ein kulturwissenschaftlicher Ansatz stammt von Michael Bergunder.[92] Bergunder betrachtet den historischen Begriffswandel und stellt fest, dass Religion lange Zeit eurozentrisch belegt war. Das „konsensfähige Alltagsverständnis“, auf das sich die Religionswissenschaft bezieht, müsse hingegen heute auf einem globalen Religionsbegriff beruhen.
Andere Religionswissenschaftler entwickelten das Modell der verschiedenen „Dimensionen“ von Religion. Rodney Stark und Charles Glock unterscheiden die ideologische, die ritualisierte, die intellektuelle Dimension sowie die Dimension der Erfahrung und die handlungspraktische Dimension.[91] Angelehnt daran entwarf der irisch-britische Religionswissenschaftler Ninian Smart ein Modell einer siebendimensionalen Religion: 1. die praktische und rituelle, 2. die erfahrungsmäßige und emotionale, 3. die narrative oder mythische, 4. die doktrinale und philosophische, 5. die ethische und rechtliche, 6. die soziale und institutionale und 7. die materielle Dimension (z. B. sakrale Bauwerke).
In jüngster Zeit entwickelt sich ein Dialog zwischen einigen Hirnforschern[93] und Religionswissenschaftlern sowie Theologen, der mitunter als Neurotheologie bezeichnet wird und sich zunehmend auch mit der Suche von Biologen nach einer schlüssigen Theorie zur Evolution der Religionen verschränkt.
Naturwissenschaftliche Ansätze
Verschiedene Hirnforscher suchen seit 1970 nach neurologischen Erklärungen für verschiedene Typen religiöser Erfahrungen. Entsprechende Studien wurden etwa publiziert von David M. Wulff, Eugene d’Aquili, C. Daniel Batson, Patricia Schoenrade, J. L. Saver und J. Rabin, W. Larry Ventis, Michael A. Persinger, K. Dewhurst, A. W. Beard, James J. Austin und Andrew Newberg.[94]
Evolutionsforscher wie der Biologe Richard Dawkins und die Psychologin Susan Blackmore stellten die Theorie der Meme auf um das Phänomen Religion zu erfassen. Dawkins bezeichnet 1991 eine Religion als Gruppe von Ideen und Denkmustern, die sich gegenseitig bestärken und gemeinsam auf ihre Verbreitung hinwirken (Memplex). Ausgangspunkt war die Beobachtung, dass durch Religionen Handlungen und Überzeugungen weit verbreitet werden können, die außerhalb ihres religiösen Kontexts sinnlos scheinen oder im Gegensatz zur objektiven Realität stehen. Voraussetzung zur Verbreitung religiöser Ideen sei die Bereitschaft zur wörtlichen Weitergabe von Glaubenssätzen und zur Befolgung der darin codierten Anweisungen. Er vergleicht dies mit Mechanismen, durch die Viren einen befallenen Organismus zur Weiterverbreitung ihres eigenen Erbguts anregen. In Analogie zu Computerviren spricht er auch von „Viren des Geistes“.
Einig sind sich viele Evolutionsbiologen darin, dass sich die Religion im Laufe der Evolution als vorteilhaft für die Gemeinschaftsbildung erwies. Gemeinschaftlich errichtete Steinkreisanlagen wie die von Göbekli Tepe, die dem Totenkult gediebt haben mögen und deren Blöcke bis zu 20 Tonnen wiegen, gehen bis auf das 10. Jahrtausend v. Chr. zurück, d. h. auf die vorneolithische Epoche. Religion war also kein „Luxusprodukt des sesshaften Menschen“ sondern motivierte zu gemeinsamen Handeln und war damit eher eine Voraussetzung der Sesshaftigkeit.[95]
Einige Autoren ziehen aus den in vielen Kulturen beobachteten Vorstellungen von übernatürlichen Akteuren empirische Rückschlüsse auf grundlegende Verarbeitungsprozesse im menschlichen Gehirn. Nach einer aus völkerkundlichen Studien abgeleiteten Hypothese postuliert z. B. Pascal Boyer, dass das Gehirn Sinneseindrücke mit Hilfe verschiedener Module verarbeite.[96] Eines dieser Module sei darauf spezialisiert, aus Veränderungen in der Umwelt auf die Anwesenheit von Lebewesen zu schließen. Ein solches „Lebewesenerkennungsmodul“ sollte überempfindlich arbeiten, da es dem Überleben meist dienlicher sei, z. B. einen Windhauch irrtümlich als Raubtier zu interpretieren, als ein tatsächlich vorhandenes zu übersehen.[97] Dadurch könnten im Gehirn aus unklaren Wahrnehmungen leicht Vorstellungen von übernatürlich erscheinenden Akteuren, wie etwa Geistern oder Göttern, entstehen.
Auch die Forschungen zur Willensfreiheit bzw. die Annahme einer absoluten Determination des menschlichen Geistes haben Einfluss auf die Erklärungsversuche hinsichtlich religiöser Vorstellungen und Praktiken.
Speziell die Religionspsychologie untersucht, ob allgemein eine Korrelation zwischen Religion und Gesundheit bzw. Lebensdauer eines Individuums besteht. Forschungen in den USA belegen mehrheitlich diese These, europäische Studien stützen solche Bezüge kaum.
Die amerikanischen Studien von Newberg und d’Aquili belegen etwa, dass religiöse Menschen gesünder und glücklicher seien, länger lebten und sich schneller von Krankheiten und Operationen erholen würden. Als mögliche Ursache geben sie die sicherheitsstiftende und damit stressmindernde Wirkung der Religion, sowie das Zurechtfinden in einer verängstigenden Welt an. B. Clark und R. Lelkes führen zudem eine größere Lebenszufriedenheit an, die durch geringer Aggressionsneigung und höherer Sozialkompetenz entstünde.[98]
Phänomene und religionsspezifische Begrifflichkeit
Verschiedene Kriterien und Begriffe zur Beschreibung religiöser Phänomene liegen vor. Viele davon sind selbst Produkte religiöser Sichtweisen und damit für das Beschreiben religiöser Phänomene auf wissenschaftlicher Grundlage von umstrittenem Wert. So beschreibt beispielsweise „Synkretismus“ die Vermischung religiöser Ideen, bezeichnet jedoch ursprünglich auch das Übersehen logischer Widersprüche und ist als Kampfbegriff verwendet worden. Dennoch gelten sie (vor allem in der Religionsphänomenologie) als zu vergleichenden Zwecken wertvoll.
Natürliche Religion
Auf die Philosophen der griechischen Antike Platon und Aristoteles gehen Vorstellungen im Zeitalter der Aufklärung über Natürliche Religion (bzw. Natürliche Theologie) zurück, die als Ursprung der geschichtlichen, mit Fehlern behafteten, Religionen gesehen wurde. Dagegen vermutete u. a. Friedrich Schleiermacher darin Abstraktionen früherer Religionen. Diese Auffassung setzte sich in der modernen Religionswissenschaft durch.
Religion und Glaube
Besonders in der christlich-protestantischen Theologie wird seit dem 20. Jahrhundert nach Karl Barth oft Glaube gegen Religion abgegrenzt. Barth sah Religion als eigenmächtigen Weg des Menschen zu Gott an und betonte, eine Erkenntnis des Willens Gottes gebe es nur im Glauben an Jesus Christus. Das Hören auf das Evangelium sprenge alle menschlichen Begriffe von Gott, alle ethischen Irrwege.
Dietrich Bonhoeffer übernahm die Unterscheidung und radikalisierte sie als Frage nach einem Christentum ohne Religion, grenzte sich aber vom „Offenbarungspositivismus“ Barths ab.[99] Gerhard Ebeling betonte ebenfalls die kritische Kraft des Glaubens gegen religiöse Festlegungen und Sicherheiten, sah aber Religion als Lebensbedingung des Glaubens an.
Theismus und Atheismus

Die weitgefächerten Bandbreiten des Theismus schließen den Deismus, den Polytheismus, den Pantheismus bzw. Pandeismus und den Panentheismus bzw. Panendeismus mit ein, es werden gleichzeitig Überschneidungen und Abgrenzungen zum Agnostizismus und Atheismus beschrieben.
Religionen, deren Anhänger mehrheitlich an die eigene Verpflichtung, nur einem einzigen höchsten Gott ihre Verehrung zu erweisen, glauben, werden als monotheistisch bezeichnet. Damit ist nicht zwingend eine Annahme der Nichtexistenz anderer Götter verbunden, sondern eventuell auch ein Werturteil, eine Unterscheidung zwischen dem einen wahren Gott und verschiedenen falschen Göttern (siehe auch: Schirk im Islam).
Solche, die von der Existenz mehrerer Götter ausgehen und ihnen eine Bedeutung für bzw. einen Einfluss auf ihr Leben zugestehen, werden polytheistisch genannt.[100]
Vorstellungen, wonach das Göttliche bzw. Gott mit der Gesamtheit der Welt (dem Universum) identisch (und in der Regel nicht persönlich) ist, werden als pantheistisch bezeichnet.
Für einige Forscher, z. B. Ray Billington, gelten Religionen wie der Buddhismus, deren tradierte Vorstellungen und Riten im Kern nicht auf ein oder mehrere Götter ausgerichtet sind, in gewissem Sinn als atheistisch. Als Beispiele werden der Jainismus und der Buddhismus angeführt.[101] Die meisten lehnen es jedoch ab, diesen Begriff auf Weltanschauungen anzuwenden, in denen die Frage nach Gott keine Rolle spielt.
Kosmologie
Häufig vermitteln Religionen eine Vorstellung, wie die Welt entstanden ist (eine Schöpfungsgeschichte oder Kosmogonie) und ein Bild der letzten Dinge, eine Eschatologie.
Dazu gehören auch Antworten auf die Frage, was mit dem Menschen nach dem Tod geschieht. (Siehe auch: Seele.) Viele Religionen postulieren ein Dasein nach dem Tod und machen Aussagen über die Zukunft der Welt. Themen wie Reinkarnation, Nirwana, Ewigkeit, Jenseits, Himmel oder Hölle, und was mit der Welt geschehen wird (Apokalypse, Ragnarök, Reich Gottes), sind in vielen Religionen zentral.[102]
Religiöse Spezialisten
Die meisten Religionen kennen Personengruppen, die die Religion überliefern, lehren, ihre Rituale ausführen und zwischen Mensch und Gottheit vermitteln. Beispiele sind Seher oder Propheten, Priester, Pastoren, Prediger, Geistliche, Mönche, Nonnen, Magier, Druiden, Medizinmänner oder Schamanen. Manche Religionen sprechen einzelnen dieser Menschen übernatürliche Eigenschaften zu.
Der Status dieser Personen variiert stark. Sie können in einer formellen Organisation tätig oder unabhängig sein, bezahlt oder unentgeltlich, können auf verschiedartig legitimiert sein und verschiedensten Verhaltenskodizes unterliegen.
In einigen Religionen werden die religiösen Rituale vom Familienoberhaupt durchgeführt oder geleitet. Es gibt auch Religionen ohne spezifisch autorisierten Vermittler zwischen dem Übernatürlichen und dem Menschen.[103]
Spiritualität, Frömmigkeit und Rituale
Häufig pflegen Religionen und Konfessionen eine eigene Art von Spiritualität. Spiritualität – ursprünglich ein christlicher Begriff – bezeichnet das geistliche Erleben und den bewussten Bezug zum jeweiligen Glauben[104] im Gegensatz zur Dogmatik, die die festgesetzte Lehre einer Religion darstellt. Im heutigen westlichen Sprachgebrauch wird Spiritualität häufig als seelische Suche nach Gott oder einem anderen transzendenten Bezug betrachtet, ob im Rahmen von spezifischen Religionen oder jenseits davon. Häufig synonym verwendet wird der Begriff der Frömmigkeit, der jedoch heute eher im kirchlichen Kontext verwendet wird und zudem oft eine negative Konnotation im Sinne einer übertrieben bedingungslosen Hinwendung zur Religion hat.[104] In einigen Religionen finden sich Strömungen, deren Anhänger die Begegnung mit der Transzendenz oder dem Göttlichen in mystischen Erfahrungen finden.

Zu den religiösen Riten im weiteren Sinne gehören unter anderem Gebet, Meditation, Taufe, Gottesdienst, religiöse Ekstase, Opfer, Liturgie, Prozessionen und Wallfahrten. Darüber hinaus zählen dazu beispielsweise auch im Alltag gelebte Frömmigkeit wie das Geben von Almosen, Barmherzigkeit oder Askese.
Auch einige atheistisch-säkulare Weltanschauungen bedienen sich religiös anmutender Rituale. Beispiele sind die aufwändig inszenierten Aufmärsche und Feiern in sozialistischen oder faschistischen Staaten wie auch die zeitweilig in ihnen praktizierten (An-)Führerkulte. Die These, dass scheinbar nichtreligiöse Systeme sich religiöser Formen bedienen, wird wissenschaftlich diskutiert (siehe auch: Politische Religion, Zivilreligion, Staatsreligion bzw. Religio Athletae).[105]
Schismen und Synkretismen
Vielfach ist es in der Geschichte der Religionen zu Schismen (Spaltungen) und der Bildung von Sekten gekommen. Neue Religionen entstehen in der Regel durch die Abtrennung einer Gruppe aus einer älteren Religionsgemeinschaft.[106]
Der Begriff Synkretismus beschreibt das Vermischen von Praktiken verschiedener Religionen. Es kann sich hierbei um den Versuch handeln, ähnliche Religionen (wieder) zu vereinen oder die Schaffung einer neuen Religion aus unterschiedlichen Vorgängern zu initiieren.[107]
Religion und Religiosität

Insbesondere im Deutschen wird zwischen „Religion(en)“ und „Religiosität“ unterschieden. Während eine Religion die religiöse Lehre (→ Dogma) und die zugehörige Institution bezeichnet, bezieht sich Religiosität auf das subjektive religiöse Leben, Empfinden (Ehrfurcht vor dem „Großen Ganzen“, transzendente Welterklärung) und Wünschen (Erleuchtung, Religionszugehörigkeit) des Einzelnen.[108] Für Johann Gottfried Herder war Religiosität der Ausdruck für das echte religiöse Gefühl.[A 6] Im christlichen Kontext wird Religiosität häufig mit Glaube gleichgesetzt.[104]
In der deutschen Religionsgeschichte betonten vor allem die Romantik und der Pietismus die innere Haltung des Gläubigen. Der protestantische Theologe Friedrich Schleiermacher etwa schrieb in seiner Schrift Über die Religion[109] (1799): „Religion ist nicht Metaphysik und Moral, sondern Anschauen und Gefühl.“
Die Betonung des Gefühls ist auch für die mehr als 100 Jahre später vorgelegte Religionsauffassung des nordamerikanischen Philosophen und Psychologen William James[110] kennzeichnend: In seinem Werk The varieties of religious experience (1902) vermeidet der Pragmatiker eine allgemeine Definition des Begriffs Religion. Nach James ist religiöse Wahrheit nichts Übergeordnetes, dem Menschen Entzogenes. Sie zeigt sich vielmehr im Erleben des religiösen Menschen und wird durch das religiöse Gefühl erfahren, das sich durch die Verbindung mit einem religiösen Objekt bildet. Aufgrund der unterschiedlichen Gefühle, die von der Gewissheit der transzendentalen Bedeutung von Wörtern und Wahrnehmungen bis hin zum mystischen Gefühl der Verbundenheit mit dem Kosmos reichen, lassen sich verschiedene Formen von Religiosität beschreiben. Das tiefe religiöse Erleben übersteige einfache Moralvorstellungen. Für James sind erkenntnistheoretische Fragen und solche der Methodik sekundär. Er stützt seine Arbeiten allein auf Beschreibungen und Systematisierung religiöser Gefühle.
James’ Werk war bedeutsam für die Entwicklung der frühen Religionswissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts. Während etwa Ernst Troeltsch versuchte, James’ Beschreibungen für seine Theorie nutzbar zu machen, wurde James Ansatz von Religionspsychologen wie Wilhelm Wundt und Karl Girgensohn heftig kritisiert.
Der evangelische Theologe und Religionsphilosoph Rudolf Otto nahm in seinem 1917 erschienenen Hauptwerk Das Heilige[111] an, dass es eine besondere Anlage (sensus numinis) für das religiöse Gefühl gibt. Sei diese Anlage nur schwach ausgeprägt oder gar nicht, sei man als Religionskundler kaum geeignet. Das religiöse Gefühl sei von anderen Empfindungen zu unterscheiden. Gleichwohl sei es möglich, Parallelen zum Erleben anderer Gefühle zu ziehen (z. B. ästhetische Gefühle). Otto nennt vier Momente, die für das Erleben des religiösen Gefühls typisch sind: Das Tremendum = Das Schauervolle, Das Majestas = Das Übermächtige, Das Energische = Die Kraft, Der Wille, Das Mysterium = Das „Ganz Andere“; siehe auch Mysterium tremendum. Diese Momente ziehen sich durch die gesamte Religionsgeschichte. Ferner geht er davon aus, dass religiöses Erleben zunächst affekthaft („irrational“) erfahren, nie „begriffen“, wohl aber durch kognitive Prozesse („Rationalisierung“) „versittlicht“ wird.
Auch Rudolf Ottos auf Gefühlen beruhendes Konzept des Heiligen löste damals lebhafte Diskussionen aus. Während sich der Religionswissenschaftler Gustav Mensching in seiner Toleranzidee der Religionen von Otto anregen ließ, wurde Ottos Theorie von dem Wundt-Schüler Willy Hellpach als parapsychologisch verworfen. Heute spielt Otto in der Religionswissenschaft kaum noch eine Rolle. Vorstellungen vom Numinosen werden aber nach wie vor u. a. bedingt durch die tiefenpsychologischen Konzepte von Erik H. Erikson und C. G. Jung in alternativen Richtungen der Psychologie (z. B. transpersonale Psychologie) aufgenommen.
Seit der Aufklärung wird – vor allem im westlichen Kulturkreis – zwischen institutionalisierter Religion und persönlicher Haltung zum Transzendenten unterschieden. Hierdurch wird die individuelle Ausformung der Religiosität des Einzelnen begünstigt.[112] Daneben gibt es zunehmend Formen von Religion, die sich wenig auf den Lebensstil der Anhänger auswirken, weil diese nur zu bestimmten Gelegenheiten religiöse ‚Dienstleistungen‘ in Anspruch nehmen. Hierzu gehören auch Ansätze, nach denen Gruppen oder Individuen Ideen, Rituale usw. aus Religionen und anderen Weltanschauungen, u. a. esoterischen, neu zusammenstellen und auf ihre Bedürfnisse zuschneiden. Dieses eklektizistische Vorgehen wird von Vertretern traditioneller Religionen zuweilen „Patchwork-Religion“ oder „Supermarkt der Weltanschauungen“ genannt.[113]
Religion und Ethik

Zahlreiche alte Religionen hatten den Anspruch, menschliches Zusammenleben durch Gesetze zu regeln. Die meisten Religionen der Gegenwart haben ein ethisches Wertesystem, dessen Einhaltung sie fordern.
Dieses System von Wertvorstellungen umfasst Ansichten darüber, was richtig und falsch und was gut und böse ist, wie ein Angehöriger der jeweiligen Religion zu handeln und teilweise, wie er zu denken hat. Dem liegt zumeist eine bestimmte Auffassung über die Welt, die Natur und die Stellung des Menschen zugrunde. Obgleich sich diese Anschauungen historisch wandeln, stehen hinter solchen religiösen Pflichten in fast allen Religionen ähnliche ethische Prinzipien. Diese sollen das konfliktarme Miteinander der Mitglieder der Religionsgemeinschaft regeln, die Gesellschaft und zum Teil die Politik im Sinne der Religion beeinflussen und die Menschen individuell dem jeweiligen religiösen Ziel näher bringen. Zudem bieten sie für den Einzelnen einen moralischen Rahmen, der ihn psychisch und physisch stabilisieren kann, zu individueller und kollektiver Hilfsbereitschaft anhalten oder sogar zu gesellschaftlichen Verbesserungen beitragen kann.
Alle Weltreligionen und die meisten kleineren Religionen fordern Barmherzigkeit von ihren Mitgliedern. So ist im Islam z. B. vorgeschrieben, dass jeder einen festen Anteil seines Einkommens für soziale Zwecke spenden soll (Zakat). Im christlich geprägten Mittelalter unterhielt die römisch-katholische Kirche Universitäten und Schulen, Hospitäler und Waisenhäuser und sorgte für die Armenspeisung. Ein Aspekt von Religion kann die Bewahrung des Friedens sein, was durch Vorschriften zu Mitgefühl, Vergebung oder sogar Feindesliebe Ausdruck findet.[114]
In einigen Religionen sollen diese moralischen Gesetze der jeweiligen Überlieferung nach dem Religionsstifter von der entsprechenden Gottheit überbracht worden sein und somit höchste Autorität besitzen (Offenbarungsreligionen). Nach dieser Vorstellung sollen sich auch weltliche Herrscher den jeweiligen ethischen Anforderungen beugen. Gehorsam wird jeweils unter Androhung von diesseitigen oder jenseitigen Strafen gefordert oder als einziger Weg zum Heil dargestellt.[114] Auch Apostasie kann je nach Auslegung der Religion bestraft werden.
Häufig existieren weitere Regeln, die nicht vom Stifter der Religion stammen, sondern aus den heiligen Schriften und anderen Tradierungen der jeweiligen Religion abgeleitet werden (z. B. Talmud, Konzilien, Sunna). Einige dieser Normen verloren im Laufe der historischen Entwicklung für viele Gläubige ihren Sinn und wurden in einigen Fällen den sehr unterschiedlichen Wertesystemen der entsprechenden Zeit angepasst (vgl. Reformjudentum).[114]
Wie in allen Weltanschauungen gibt es auch in den Religionen einen Widerspruch zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Umsetzung. Während Machtmissbrauch und andere Missstände im Mittelalter und der frühen Neuzeit häufig zu Schismen und religiösen Erneuerungsbewegungen führten, veranlassen sie gegenwärtig vielfach zur Abkehr von Religionen. Parallel zu Reform-Bestrebungen kommt es aber auch zu fundamentalistischen religiösen Interpretationen und Praktiken, die bis hin zu terroristischen Aktivitäten mit pseudoreligiöser Begründung reichen.[114]
Die stärkste Form des Versagens ethischer religiöser Normen stellen Religionskriege und andere Gewalttaten dar, die mit religiösen Auffassungen begründet werden. Dies werten Gläubige zumeist als Missbrauch ihrer Religion, während Religionskritiker von einer allen Religionen immanenten Tendenz zu Fanatismus und Grausamkeit ausgehen. Überdies ist umstritten, ob diese Geschehnisse notwendige Folge von Religionen sind.
Die Römisch-Katholische Kirche war für die Inquisition verantwortlich. Verbrechen im Namen der christlichen Religion waren die Kreuzzüge, die Hexenverfolgung, die Judenverfolgung, gewalttätige Formen der Missionierung oder religiös verbrämte, eigentlich politische Gräueltaten, wie die Tötung zahlreicher sogenannter Indios, Angehöriger indigener Völker Südamerikas während der Eroberung und in der Neuzeit teilweise die Unterstützung von Diktaturen und die ambivalente Rolle der Kirchen in der Zeit des Nationalsozialismus. Allerdings fanden sich bei all diesen Ereignissen auch immer wieder Kritiker aus den eigenen Reihen. Der Kirchen- und Religionskritiker Karlheinz Deschner hat in seinem auf zehn Bände angelegten Werk Kriminalgeschichte des Christentums ab 1986 eine Fülle historischen Materials zu diesem Thema ausgewertet und kommentiert.
Auch in jüngerer Zeit sind Gewalttaten partiell mit Religion verbunden: So werden seit der Begründung eines Gottesstaates, der Islamischen Republik Iran, Tausende von Menschen wegen „Verbrechen gegen die Religion“ im Rahmen eines Rechtssystems, das auf einer speziellen Deutung der Scharia beruht, inhaftiert, gefoltert und häufig (medienwirksam öffentlich) hingerichtet. Frauen werden schon wegen einer Nichteinhaltung von Bekleidungsvorschriften bestraft, wegen „moralischer Vergehen“ in seltenen Fällen gesteinigt. Auch die Religionsgemeinschaft der Baha’i (und z. B. Homosexuelle) werden strafrechtlich und von den „Religionswächtern“ verfolgt. In Indien gibt es zunehmend Ausschreitungen von radikalen Hindus, vor allem gegenüber Muslimen.
Ethik der abrahamitischen Religionen
Die praktizierte Ethik im Judentum, Christentum und im Islam unterscheidet sich unter anderem dadurch, ob die jeweilige Religion mit einem weiten individuellen Denk- und Handlungsspielraum, traditionell oder fundamentalistisch ausgelegt wird. Auch innerhalb der einzelnen Religionen gibt es unterschiedliche Schulen, welche die jeweilige Morallehre verschieden deuten und anwenden. So gibt es z. B. im Christentum Strömungen, die das Alte Testament aufgrund der darin sehr gewalttätig wirkenden Gottheit gering schätzen.
Die drei bedeutendsten Offenbarungsreligionen verbindet in ihren ethischen Systemen der Gedanke an eine Endzeit. Dabei ist das Judentum weniger jenseitsbezogen als die beiden anderen Religionen. Das lineare Verständnis von Zeit bedeutet, dass die Gläubigen im Diesseits nach den von ihrer Gottheit geforderten Regeln leben, um einen Lohn in einer späteren Zeit zu erhalten, was nicht ausschließt, dass Gott auch im Diesseits schon belohnt und bestraft. Allerdings wird im Protestantismus zumeist die göttliche Gnade für ausschlaggebend gehalten, auch unabhängig von der Befolgung moralischer Postulate. Judentum und Islam haben mehr Rechtscharakter und ein umfassenderes System von rituellen Ge- und Verboten als das Christentum, was sich z. B. im hebräischen Wort für Religion, Tora (Gesetz), widerspiegelt. Ähnlich wie im Hinduismus reglementieren Anweisungen Handlungen der Gruppe. In christlichen Religionen sind heute, anders als im Römisch-Katholischen Mittelalter, u. a. durch Interpretationen der Überlieferungen von Aussagen ihres Stifters, neuplatonische Einflüsse und Auswirkungen der Aufklärung in vielen Strömungen weniger rituelle Ge- und Verbote vorgegeben.
Jüdische Ethik

Grundlegend für die jüdische Ethik sind die Thora, der Hauptteil der hebräischen Bibel, der Talmud – besonders die in ihm enthaltenen Pirkej Avot sowie die Halacha, ein seit 1500 Jahren stetig weiterentwickeltes Korpus von rabbinischen Aussagen. Auch heute noch wird die jüdische Ethik durch Äußerungen von Rabbinern der verschiedenen Richtungen des Judentums weiterentwickelt.
Zentral für die jüdische Ethik ist eine Stelle über die Nächstenliebe aus Levitikus (3. Buch Mose) 19, 18, die in deutscher Übersetzung etwa lautet: „Liebe deinen Nächsten, denn er ist wie du“. Weite Teile des Talmuds und auch vieles in der Tora sind Erläuterungen zur konkreten Umsetzung dieser Nächstenliebe.
Die jüdische Ethik ist ein zentraler Teil der jüdischen Philosophie. Insgesamt lässt sich keine allgemeine „jüdische Auffassung“ zu zeitgebundenen ethischen Fragen erkennen. Sehr unterschiedliche Antworten auf solche Fragen finden sich im Ultraorthodoxen Judentum, Orthodoxen Judentum, Konservativen Judentum, Jüdischen Rekonstruktivismus und Liberalen Judentum.
Christliche Ethik
Die christlichen Hauptrichtungen (Orthodoxe, Römisch-katholische und Protestantische Kirche) – wie auch andere christliche Gemeinschaften – fordern, dass der christliche Glaube mit einer moralischen Lebensführung verbunden wird. Dabei ist die Bandbreite dessen, was jeweils darunter zu fassen ist, auch innerhalb einer christlichen Religionsgemeinschaft bzw. Kirche häufig sehr groß. In der Theologie wird zwischen theoretischer Ethik und ihrer Umsetzung unterschieden. Es gibt gewisse Überschneidungen mit der biblischen Ethik, jedoch ist das Feld der christlichen Ethik weiter gefasst.[115] Als christliche Tugenden gelten Glaube, Liebe und Hoffnung.
In der christlichen Ethik existieren vorrangig zwei theoretische Positionen: der christlich teleologische Ansatz und der deontologische, d. h. die Pflichtenlehre, wobei häufig beide mit unterschiedlicher Gewichtung miteinander verbunden werden. Die Teleologie erörtert die Frage nach dem Sinn und Zweck, z. B. nach dem „Guten“, „Wahren“ oder nach dem „Ende“, das Christen erstreben sollen (in einigen christlichen Konzepten ist dies die „Vereinigung mit Gott“), während die christliche Deontologie Moral als Pflicht begreift, Gesetze oder andere religiöse Verordnungen zu erfüllen, vor allem die aus dem alttestamentlich-jüdischen Glauben übernommenen Zehn Gebote.
Besonders bekannter Teil der christlichen Ethik ist die Aufforderung (Jesu), nicht nur seine Freunde, sondern auch seine Feinde zu lieben.[116] Siehe dazu Mt 5,44 ff. EU sowie Lk 6,27 und 32 ff. EU.
Islamische Ethik

Die Ethik im Islam ist ähnlich wie im Judentum stark an Gebote für fast alle Lebensbereiche gebunden. Der Koran gibt genaue Anweisungen für die Handlungen des Einzelnen in der Gruppe. Wichtig für den Islam ist eine kollektive Verantwortung für Gut und Böse. Dies wird beispielsweise in der Anweisung Das Rechte gebieten und das Verwerfliche verbieten deutlich.[117] In Folge besteht die Möglichkeit einer unumschränkten Befehlsgewalt der Gemeinschaft (siehe auch Hisbah). Der Islam geht in seinen Hauptrichtungen Sunniten und Schiiten von der Prädestination (Vorherbestimmung) aus, die Individuen nur begrenzten Handlungsspielraum zugesteht. In fundamentalistisch ausgerichteten Staaten hat die Scharia als islamisches Recht eine zentrale Bedeutung.[118]
Ethik (fern)östlicher Religionen
In den Religionen indischen Ursprungs wie dem Buddhismus, Hinduismus, Sikhismus und Jainismus besteht eine direkte Verbindung zwischen dem ethischen bzw. unethischen Verhalten einer Person und dessen Rückwirkungen im gegenwärtigen und in künftigen Leben (Reinkarnation) bzw. in einer künftigen jenseitigen Existenz. Dies erklärt man nicht indirekt durch das Eingreifen einer richtenden, belohnenden und strafenden Gottheit, sondern man fasst dies als naturgesetzlich auf. Jedes Tun gilt als unweigerlich mit positiven oder negativen Folgen auf den Handelnden verknüpft (Karma-Konzept). Daher werden ethische Regeln an einer angenommenen universalen Gesetzmäßigkeit bzw. einem Weltprinzip ausgerichtet, das im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus Dharma genannt wird. Aus diesem Prinzip werden detaillierte ethische Anweisungen abgeleitet.[119]
Von Anhängern dieser Religionsgemeinschaften wird erwartet, die Gesetzmäßigkeiten des Daseins zu erkennen und entsprechend zu handeln. In manchen Fällen sanktioniert die Gemeinschaft Regelverstöße, doch weit wichtiger sind für das Individuum die angenommenen negativen Folgen von Übeltaten in einer künftigen diesseitigen oder jenseitigen Existenzform.
Gemeinsam ist jenen Religionen der Ansatz, mentalen Ursachen unerwünschter Handlungen nachzuforschen, um sie im möglichst frühen Stadium beeinflussen zu können.
Eine zentrale Rolle spielt in der Ethik dieser Religionen die Frage der Gewalt. Als Ideal gilt dabei Gewaltlosigkeit (Ahimsa, „Nicht-Gewalt“). Da kein prinzipieller Unterschied zwischen dem Mensch und anderen Lebensformen gemacht wird, erstreckt sich die Forderung der Gewaltlosigkeit auch auf den Umgang mit Tieren – und theoretisch sogar mit Pflanzen. Eine konsequente Umsetzung des Gewaltlosigkeitsideals scheitert am Erfordernis, das Überleben auf Kosten anderer Lebensformen zu sichern und gegen Angriffe zu verteidigen. Daraus folgen Konzessionen und Kompromisse, die in den Religionen bzw. Strömungen unterschiedlich ausfallen. Die Frage nach der Zulässigkeit defensiver Gewalt und nach ihrer Legitimierung im Einzelfall wurde und wird kontrovers diskutiert.[120]
Sehr unterschiedlich ist auch die Umsetzung in der Praxis der Religionsanhänger. Entgegen einem im Westen verbreiteten Irrtum verbietet weder der Hinduismus noch der Buddhismus oder der Jainismus militärische Gewalt unter allen Umständen. Daher sind Kriege, die von Anhängern dieser Religionen geführt wurden und werden, nicht notwendigerweise Verstöße gegen religiöse Pflichten.[121] Außerdem gelten in allen Gemeinschaften für Mönche und Nonnen weit strengere Ethikmaßstäbe als für Laienanhänger.
Eine andersartige Position nimmt der in China entstandene Daoismus ein. Er nimmt mit dem Dao zwar auch ein universales Weltprinzip an, aber das heilige Buch Daodejing, betont, dass die Weltordnung hinsichtlich des ethischen oder unethischen Verhaltens der Individuen indifferent sei. „Himmel und Erde“ belohnen weder gute Taten noch bestrafen sie schlechte. Das Dao richte sich nicht nach menschlichen Ansichten von Gut und Böse. Ethisches Verhalten ergibt sich aus der Sicht des Daoismus nicht aus Tugendlehren, wie sie der Konfuzianismus lehrt, sondern unmittelbar aus spontanen Impulsen des autonomen Individuums, das seiner eigenen Natur folgt, soweit es nicht von außen daran gehindert wird. Trotzdem gibt es im späteren religiösen Daoismus auch ethische Lehren. So vertrat der Alchemist Ge Hong konfuzianische Tugenden und der Quanzhen-Daoismus übernahm eine buddhistische Ethik für Mönche und Nonnen. Desgleichen sind die Priester des Daoismus, die Daoshi, angehalten, die Reinheit von Denken und Glauben zu praktizieren und ein integres Leben zu führen.[122] Der Daoismus missbilligt Kriegführung, verwirft sie aber nicht absolut im Sinne eines radikalen Pazifismus.[123]
Näheres zu den einzelnen Religionen findet sich in den folgenden Hauptartikeln:
Ethik traditioneller indigener Kulturen
Auch indigene Kulturen weisen verschiedenste Moralsysteme auf, welche die Gemeinschaft schützen sollen. Da nur durch ein funktionierendes Sozialbewusstsein das Überleben der Gruppe gesichert werden kann, bildet die Übung prosozialen Verhaltens den Schwerpunkt mündlich weitergegebener Überlieferungen. Häufiger als in komplexeren Kulturen werden unmittelbare übernatürliche Konsequenzen von Regelverstößen erwartet.
Religion und Kunst
Zahlreiche Kunstformen hatten zunächst eine religiöse Hauptbestimmung und verselbstständigten sich erst danach. Klassisches Beispiel ist das abendländische Theater, das aus dem antiken athenischen Dionysos-Kult hervorging.
Religionen haben oftmals einen zentralen Einfluss auf die Kulturproduktion einer Gesellschaft und die Entwicklung der bildenden, darstellenden und angewandten Künste ausgeübt. Wie weit dieser Einfluss sich tatsächlich auf die künstlerische Arbeit auswirkt, hängt stark von dem Wertesystem und bestimmten theologischen Konzepten der jeweiligen Religion ab. In der Bildverehrung wird das oftmals künstlerisch ausgestaltete Abbild religiöser Szenen oder Motive zu einem wesentlichen Bestandteil des religiösen Ritus und führt mitunter zu der Ausbildung spezifischer künstlerischer Traditionen. Ebenso wirkt die Ausgestaltung von Sakralbauten und Kultgegenständen (wie Reliquiaren oder sakralem Gerät) auf die Entwicklung architektonischer und handwerklicher Traditionen ein, die später mitunter in die säkulare Kunst übernommen werden.
In vielen Religionen waren und werden den Künsten zugleich thematische oder formale Restriktionen auferlegt. Dies kann daraus abgeleitet werden, dass bestimmte Kunstformen – vor allem der bildenden und der darstellenden Kunst – als zu weltlich empfunden werden, aber auch aus spezifischen theologischen Konzepten, am strengsten im Bilderverbot mancher Religionen; dies kam nicht selten der Ausbildung des Ornaments und der Kalligrafie zugute. Kunstwerke können sogar als blasphemisch verteufelt werden. Die Ablehnung bekämpfter religiöser Anschauungen führte zum Beispiel zum byzantinischen Ikonoklasmus, zum Reformatorischen Bildersturm oder zur Sprengung der Buddha-Statuen von Bamiyan durch die Taliban.
Seit in der Neuzeit in vielen Gesellschaften die Kunst weitgehend als autonom betrachtet wird und Kunstwerke gemäß der Kunstfreiheit behandelt werden, kommt es immer wieder zu Fällen, in denen Werke durch Vertreter einer Religion als anstößig empfunden und zu symbolischen Auslösern gesellschaftlicher oder sogar politischer Konflikte werden.
Religion und Recht
So wie Religion ethische Urteile beeinflusst, so beeinflussen religiöse Überzeugungen auch das Rechtssystem. Beispielsweise stellte der Bundesgerichtshof 1953 fest, dass die Familie „von Gott gestiftet“ sei. Im gleichen Gutachten erklärte das Gericht den Mann kraft Schöpfung zum Oberhaupt der Familie und die Frau zuständig für die Kinder.[124] Die Rechtsprechung wurde dadurch direkt durch religiöse Überzeugungen bestimmt. Auch wenn der Einfluss der Religion auf das Recht durch die Säkularisierung in den meisten westlichen Ländern weitgehend reduziert wurde, ist die Rechtsprechung in vielen traditionelleren Gesellschaften immer noch massiv von religiösen Werten bestimmt. Ein prominentes Beispiel ist die Scharia in muslimischen Ländern.
Religion und Wirtschaft
Ein wirtschaftlicher Faktor, der mit Religion in Zusammenhang steht, ist die Kreativität einer Region. So wurde für ca. 3.000 US-amerikanischen Counties der Anteil der Personen, die der kreativen Klasse angehören, mit der Präsenz von Religionen im betreffenden County verglichen. Es zeigte sich, dass ein moderat negativer Zusammenhang zwischen Religion und kreativer Klasse besteht: Je religiöser ein County, desto geringer der Anteil der kreativen Klasse. Der negative Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn man andere Faktoren wie Bildung, Einkommen, politische Orientierung, Grad der Verstädterung und vorherrschende Industrie berücksichtigte. Der Autor leitete daraus ab, dass Religiosität hinderlich für ein kreatives Milieu sei.[125]
Das Institut für Trend- und Wirtschaftsforschung (ITZ) behauptete: „Religion wirft ihre archaische Verwurzelung in der Kirche und im Glauben ab und wird als spiritueller Erlebnismarkt wiedergeboren. Religion im postmodernen Gewand des irgendwie Spirituellen wird deshalb tendenziell zu einer Frage der persönlichen Lebensstilentscheidungen. Religion wird individualisiert, personalisiert und nach innen gekehrt: My personal Jesus, mein Gott für bestimmte Lebenslagen. Durch diesen sozialgeschichtlich dramatischen Wandel wird Spiritualität zu einem Wachstumsmarkt, auf dem sich nicht mehr nur Amtskirche und Prediger tummeln, sondern die gesamte medialisierte Erlebnisgesellschaft des 21. Jahrhunderts.“[126]
Literatur
Nachschlagewerke
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- John Bowker (Hrsg.): Das Oxford-Lexikon der Weltreligionen. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-596-15740-4.
- Hubert Cancik, Burkhard Gladigow, Karl-Heinz Kohl (Hrsg.): Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe. 5 Bände, Stuttgart 1988–2001.
- Erwin Fahlbusch (Hrsg.): Taschenlexikon Religion und Theologie. 5 Bände, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-50123-4.
- Johann Figl (Hrsg.): Handbuch Religionswissenschaft. Religionen und ihre zentralen Themen. Vandenhoeck und Ruprecht, Innsbruck, Wien 2003, ISBN 3-525-50165-X.
- Hartwig Weber: Lexikon Religion. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-499-60629-1.
- Lindsay Jones (Hrsg.): Encyclopedia of Religion. 2., völlig neu erstellte Auflage. Macmillan Reference USA, Thomson Gale, New York (u. a.) 2005, ISBN 0-02-865735-7.
- Douglas Charing u. a.: Das visuelle Lexikon der Weltreligionen. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2004, ISBN 3-8067-4591-9.
Gesamtdarstellungen / Überblick
- Ernst Feil u. a.: Religion. In: H. D. Betz u. a. (Hrsg.): Religion in Geschichte und Gegenwart: Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Band 7. 4., völlig neu bearb. Auflage. Mohr Siebeck, Tübingen 2004, ISBN 3-16-146945-3, S. 263–304.
- Manfred Hutter: Die Weltreligionen. Beck Wissen, München 2005, ISBN 3-406-50865-0.
- Michael Klöcker, Udo Tworuschka: Handbuch der Religionen. Olzog, Landsberg (Lech) ab 1997 (Loseblattwerk mit jährlich 3 Ergänzungslieferungen), ISBN 3-7892-9900-6.
- Wulf Metz (Hrsg.): Handbuch Weltreligionen: eine umfassende Einführung in Gedanken und Riten der Weltreligionen. Brockhaus, Wuppertal 2003, ISBN 3-417-24779-9.
- Anton Quack: Hexer, Heiler und Schamanen. Die Religion der Stammeskulturen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17473-9.
- C. H. Schröder: Die Religionen der Menschheit. Band 1 ff. Stuttgart 1979 ff.
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- Hubert Cancik (Hrsg.): Die Religionen der Menschheit. 36 Bände, Kohlhammer, Stuttgart 1979 (fortlaufend überarbeitet).
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- Ina Wunn u. a.: Die Religionen in vorgeschichtlicher Zeit. Kohlhammer, Stuttgart 2005, ISBN 3-17-016726-X.
- Ina Wunn: Die Evolution der Religionen. Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004 (PDF (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven) – keine Mementos).
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- Edmund Arens: Gottesverständigung. Eine kommunikative Religionstheologie. Herder, Freiburg 2007, ISBN 978-3-451-29670-3.
- Pierre Bourdieu: Das religiöse Feld. Texte zur Ökonomie des Heilsgeschehens. UVK, Konstanz 2000, ISBN 3-87940-580-8.
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- Felicitas Goodman: Die andere Wirklichkeit. Über das Religiöse in den Kulturen der Welt. Trickster, München 1994, ISBN 3-923804-61-X.
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- Hans-Michael Haußig: Der Religionsbegriff in den Religionen. Studien zum Selbst- und Religionsverständnis in Hinduismus, Buddhismus, Judentum und Islam. Philo, Berlin 1999, ISBN 3-8257-0129-8.
- Rudolf-Christian Henning, Sebastian Murken, Erich Nestler (Hrsg.): Einführung in die Religionspsychologie. Schöningh / UTB, Paderborn u. a. 2003, ISBN 3-8252-2435-X.
- Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 5. Auflage, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-26410-0.
- William James: The varieties of religious experience: a study in human nature. Being the Gifford lectures on natural religion delivered at Edinburgh in 1901–1902; Longmans, Green & Co, New York 1902.
- Günter Kehrer: Organisierte Religion. Kohlhammer, Stuttgart 1982, ISBN 3-17-007528-4.
- Hubert Knoblauch: Religionssoziologie. De Gruyter (Sammlung Göschen), Berlin 1999, ISBN 3-11-016347-0.
- Niklas Luhmann: Funktion der Religion. 6. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-28007-4.
- Georg Simmel: Die Religion. Dr. Klaus Fischer Verlag, Schutterwald/Baden 2006, ISBN 3-928640-84-4.
- Fritz Stolz (Religionswissenschaftler): Grundzüge der Religionswissenschaft. 3. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht / UTB, Göttingen 2001, ISBN 3-525-03291-9.
- Martin Riesebrodt: Cultus und Heilsversprechen. Eine Theorie der Religionen. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56213-6.
- Walter Burkert: Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion. C.H. Beck, 1998, ISBN 3-406-43355-3.
- Felix Müller: Götter, Gaben, Rituale. Religion der Frühgeschichte Europas. Zabern, 2002, ISBN 3-8053-2801-X.
- Martha Nussbaum: Die neue religiöse Intoleranz. Ein Ausweg aus der Politik der Angst. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-26460-5.[127]
Ethik / Philosophie / Recht
- Detlef Clas, Gábor Paál (Hrsg.): Gottes Bilder – Warum wir glauben. Markstein, Filderstadt 2006, ISBN 3-935129-28-9.
- Peter Fischer: Philosophie der Religion. Vandenhoeck & Ruprecht / UTB, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8252-2887-3.
- Gritt Klinkhammer (Hrsg.): Religionen und Recht. Eine interdisziplinäre Diskussion um die Integration von Religionen in demokratischen Gesellschaften. Diagonal, Marburg 2002, ISBN 3-927165-82-4.
- Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1.
- Stuart Kauffman: Reinventing the Sacred: A New View of Science, Reason, and Religion. Basic Books, New York 2008, ISBN 978-0-465-00300-6.
Weblinks
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- Literatur von und über Religion im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bundeszentrale für politische Bildung: Religion und Gesellschaft
- Linkkatalog zum Thema Religion und Spiritualität bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Peter Antes: Sagen alle Religionen dasselbe? In: Marburg journal of religion. Volume 12, No. 1 (Mai 2007), ISSN 1612-2941, doi:10.17192/mjr.2007.12.3605.
- SWR Schulfernsehen: Online Spezial Religionen der Welt
- Grafik: Religionszugehörigkeit – Deutschland, aus: Zahlen und Fakten: Die soziale Situation in Deutschland, www.bpb.de
- Grafik: Religionszugehörigkeit – Europa, aus: Zahlen und Fakten: Europa, www.bpb.de
- Helen De Cruz: Religion and Science. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
Anmerkungen
- ↑ dabei ist strittig, ob der Konfuzianismus eine Religion oder eine philosophische Weltanschauung ist.
- ↑ So legte Frazer seiner These eine Fülle historischer Daten zugrunde.
Einzelnachweise
- ↑ Religion. In: Kluge etymologisches Wörterbuch. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage. Berlin 2002.
- ↑ Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität. In: Sociology in Switzerland. Sociology of Religion. Zürich 2012 (PDF; 610 kB). S. 3–4.
- ↑ Marvin Harris: Kulturanthropologie – Ein Lehrbuch. Aus dem Amerikanischen von Sylvia M. Schomburg-Scherff. Campus, Frankfurt/New York 1989, ISBN 3-593-33976-5, S. 278–279.
- ↑ Peter Tepe: Ideologie. De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-019051-9, S. 6, 135–136.
- ↑ King, Richard: Colonialism, Hinduism and the Discourse of Religion, in: Rethinking Religion in India. The colonial construction of Hinduism, hg. von Esther Bloch et al., Abingdon/New York 2010, S. 95–113, hier S. 97.
- ↑ Bergunder, M.: Umkämpfte Historisierung Die Zwillingsgeburt von »Religion« und »Esoterik« in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und das Programm einer globalen Religionsgeschichte, in: Wissen um Religion: Erkenntnis – Interesse Epistemologie und Episteme in Religionswissenschaft und Interkultureller Theologie, hg. von Klaus Hock, Leipzig 2020, S. 50.
- ↑ Die Theologische Realenzyklopädie, Bd. 28 (1997), S. 514.
- ↑ Brekke, T.: Introduction. Modernity and Hinduism, in: The Oxford History of Hinduism: Modern Hinduism, Oxford 2019, S. 4.
- ↑ Josef Franz Thiel: Religionsethnologie, erschienen in: Horst Balz, James K. Cameron, Stuart G. Hall, Brian L. Hebblethwaite, Wolfgang Janke, Hans-Joachim Klimkeit, Joachim Mehlhausen, Knut Schäferdiek, Henning Schröer, Gottfried Seebaß, Hermann Spieckermann, Günter Stemberger, Konrad Stock (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 28: „Pürstinger – Religionsphilosophie“. De Gruyter, Berlin/New York 1997, ISBN 978-3-11-019098-4, S. 560–565.
- ↑ Ina Wunn: Die Evolution der Religionen. Habilitationsschrift, Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften der Universität Hannover, 2004, S. 7, 441.
- ↑ Vgl. Johann Figl: Handbuch Religionswissenschaft: Religionen und ihre zentralen Themen. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-7022-2508-0, S. 65.
- ↑ Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität, siehe Literatur Religionsgeschichte, S. 3–4, 8.
- ↑ Johann Figl: Handbuch Religionswissenschaft: Religionen und ihre zentralen Themen. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 3-7022-2508-0, S. 67.
- ↑ In: Friedrich Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche. Berlin 1821/22. Neuausg. Berlin 1984, § 3/4. Zit. nach: Walter Burkert: Kulte des Altertums. Biologische Grundlagen der Religion. 2. Auflage. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-43355-9, S. 102.
- ↑ Viktor Cathrein SJ: Moralphilosophie. Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen, einschließlich der rechtlichen Ordnung. (1890) 2 Bände, 5., neu durchgearbeitete Auflage. Herder, Freiburg im Breisgau 1911, Band 2, S. 4–7 (Begriff und Einteilung der Religion).
- ↑ Peter Antes: Religion, religionswissenschaftlich. In: EKL. Band 3, Sp. 1543, S. 98.
- ↑ Michael Bergunder: Was ist Religion? Kulturwissenschaftliche Überlegungen zum Gegenstand der Religionswissenschaft. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft. Band 19, Nr. 1/2, Januar 2012, ISSN 2194-508X, doi:10.1515/zfr-2011-0001.
- ↑ Clifford Geertz: Religion as a Cultural System. In: Michael Banton (Hrsg.): Anthropological Approaches to the Study of Religion. ASA Monographs, Tavistock Publications, London 1966, S. 1–46.
- ↑ Gerd Theißen: Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-02623-7, S. 19.
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- ↑ Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Suhrkamp, Frankfurt 2003 (englischer Originaltext: Thick description: Toward an interpretive theory of culture. In: The Interpretation of Culture. Selected Essays. 1973).
- ↑ Harald Klinke: Kulturbegriff heute: Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. H. Klinke, 2002 (harald-klinke.de)
- ↑ Gerd Theißen: Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2008, ISBN 978-3-579-02623-7, S. 30.
- ↑ Eintrag religio. In: PONS Online-Wörterbuch.
- ↑ Axel Bergmann: Die ‚Grundbedeutung‘ des lateinischen Wortes Religion. Diagonal-Verlag, Marburg 1998, S. 13–23.
- ↑ Eintrag relegō. In: PONS Online-Wörterbuch.
- ↑ Cicero: De natura deorum 2, 72; dazu Bergmann, S. 45–49.
- ↑ Ernst Feil: Religion statt Glaube – Glaube statt Religion? Historisch-systematischer Exkurs zu Bonhoeffers Plädoyer für ein „religionsloses Christentum“. In: Christian Gremmels, Wolfgang Huber (Hrsg.): Religion im Erbe: Dietrich Bonhoeffer und die Zukunftsfähigkeit des Christentums. Kaiser, Gütersloh 2002, S. 42.
- ↑ Lactantius: Divinae institutiones. 4, 28; dazu Bergmann, S. 48–50.
- ↑ Video: Woher kommt das Wort Religion? In: belleslettres.eu, Minuten 20–30.
- ↑ Bergmann, S. 67–69; ausführlicher in Bergmanns älterer Arbeit Untersuchungen zur Geschichte und Vorgeschichte der lateinischen Vokabel re(l)ligion-. Marburg 1984, Typoskript, S. 74–77.
- ↑ s. Literatur Religionsgeschichte, S. 3–4.
- ↑ Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität, s. Literatur Religionsgeschichte, S. 5, 10.
- ↑ Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität, s. Literatur Religionsgeschichte, S. 9.
- ↑ s. Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität, Literatur Religionsgeschichte, S. 7–8.
- ↑ Ina Wunn: Die Evolution der Religionen. Julia Haslinger: Die Evolution der Religionen und der Religiosität, s. Literatur Religionsgeschichte, S. 505.
- ↑ Gábor Paál: Archäologie des Glaubens – Wie die Götter auf die Welt kamen. In: Detlef Clas, Gábor Paál: Gottes Bilder – Warum wir glauben. Filderstadt 2006, S. 25–43.
- ↑ Vgl. Ferdinand Tönnies: Geist der Neuzeit. [1935] In: TG. Band 22, Berlin/New York 1998; Peter L. Berger: Zur Dialektik von Religion und Gesellschaft. Frankfurt am Main 1973.
- ↑ Max Weber: Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus. Hrsg. J. Winckelmann. 3. Auflage. Gütersloh 1973.
- ↑ Carsten Colpe: Synkretismus, Renaissance, Säkularisierung und Neubildung von Religion in der Gegenwart. In: Asmussen/Laessoe 1975.
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- ↑ (Quelle: adherents.com, 9. August 2007) ( des vom 29. Januar 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
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- ↑ Religionswissenschaftlicher Medien- und Informationsdienst REMID ( des vom 28. Mai 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Stand: 15. Dezember 2014 „bei allen Religionen, die nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert sind (wie etwa der Islam), handelt es sich um Schätzungen und Hochrechnungen, da keine amtliche Statistik geführt wird.“
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- ↑ So von Mircea Eliade: Das Heilige und das Profane, 1957.
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- ↑ Aus Max Weber: Die Entstehung der Religionen. (1922), In: Aus den Schriften zur Religionssoziologie. Verlag Georg Kurt Schauer, Frankfurt am Main 1948, S. 170 ff.
- ↑ Max Weber: Die protestantische Ethik und der „Geist“ des Kapitalismus, Aufsätze 1904/1905, Buchveröffentlichung 1920; siehe auch: Günther Kehrer: Max Weber. In: Axel Michaels (Hrsg.): Klassiker der Religionswissenschaft. München 2004.
- ↑ Niklas Luhmann: Die Religion der Gesellschaft. 2000; siehe auch Fritz Stolz: Grundzüge der Religionswissenschaft 2001, S. 31 ff.
- ↑ a b Lawrence A. Young: Rational Choice Theorie and Religion. New York 1997.
- ↑ Laurence R. Iannaccone, in: Lawrence A. Young: Rational Choice Theorie and Religion. New York 1997.
- ↑ Pradeep Chakkarath: Zur kulturpsychologischen Relevanz von Religionen und Weltanschauungen. In: Gisela Trommsdorff und Hans-Joachim Kornadt (Hrsg.): Kulturvergleichende Psychologie. Band 1. Hogrefe, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8017-1502-1, S. 615–674.
- ↑ Clifford Geertz: Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1987 (Nachdruck 2002), ISBN 3-518-28296-4.
- ↑ s. Literatur Religionsgeschichte, S. 3–4.
- ↑ Jacques Waardenburg: Religionen und Religion 1986 (Neuauflage De Gruyter; Berlin/New York 1996) ISBN 3-11-010324-9.
- ↑ a b Klaus Hock: Einführung in die Religionswissenschaft. Darmstadt 2002.
- ↑ Michael Bergunder: Was ist Religion? Kulturwissenschaftliche Überlegungen zum Gegenstand der Religionswissenschaft. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft 19 (2011), S. 3–55.
- ↑ Vgl. auch S. Begley, A. Underwood: Religion and the Brain. In: Newsweek. (USA), 7. Mai 2001.
- ↑ Vgl. etwa J. L. Saver, J. Rabin: The neural substrates of religious experience. In: Journal of Neuropsychiatry. Band 9, 1997, S. 498–510.
- ↑ Thomas Bauer: Die Vereindeutigung der Welt. 13. Auflage, Stuttgart 2019, S. 34.
- ↑ Pascal Boyer: Und Mensch schuf Gott. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4, S. 118 ff. (Übersetzung der amerikanischen Ausgabe: Religion Explained. The Evolutionary Origins of Religious Thought. Basic Books, New York 2001, ISBN 0-465-00695-7)
- ↑ Pascal Boyer: Und Mensch schuf Gott. Klett-Cotta, Stuttgart 2004, ISBN 3-608-94032-4, S. 180.
- ↑ siehe Literatur Religionsgeschichte, S. 11.
- ↑ Eberhard Bethge (Hrsg.): Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft. 10. Auflage. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1978, S. 160–162.
- ↑ Gladigow, Burkhard: Polytheismus. Akzente, Perspektiven und Optionen der Forschung. In: Zeitschrift für Religionswissenschaft. (ZfR), 5. Jg. 1997/1, S. 59–77.
- ↑ Ray Billington: Religion without God. Routledge, London/New York 2002, ISBN 0-415-21786-5.
- ↑ Dieter Zeller (Hrsg.): Religion im Wandel der Kosmologien. Peter Lang, Frankfurt am Main, 1999, ISBN 3-631-33138-X.
- ↑ Jörg Rüpke: Fasti sacerdotum
- ↑ a b c Stefan Tobler: Jesu Gottverlassenheit als Heilsereignis in der Spiritualität Chiara Lubichs. De Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-017777-3, S. 22–25.
- ↑ Erwin Möde: Spiritualität der Weltkulturen. Verlag Styria, 2000, ISBN 3-222-12798-0.
- ↑ Rodney Stark, Roger Finke: Acts of Faith. Berkeley, Los Angeles, London 2000.
- ↑ Elke Mader: Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung. Synkretismus. In: lateinamerika-studien.at. Universität Wien. Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie, 29. August 2004, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 25. Dezember 2016; abgerufen am 27. Juli 2019 (letzte Aktualisierung: 27. Juli 2019).
- ↑ Hans-Ferdinand Angel: „Von der Frage nach dem Religiösen“ zur „Frage nach der biologischen Basis menschlicher Religiosität“. In: Christlich-pädagogische Blätter. Nr. 115, Wien 2002, ISSN 0009-5761, S. 86–89.
- ↑ mit dem Untertitel: Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern.
- ↑ James gehört zu den Begründern der Religionspsychologie
- ↑ Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen. 1917.
- ↑ Martin Baumann, Samuel M. Behloul: Einleitung: Zur Aktualität von Religion und religiösem Pluralismus ( vom 21. Mai 2011 im Internet Archive) (PDF; 128 kB). In: transcript-verlag.de, abgerufen am 27. Juli 2019.
- ↑ Massimo Introvigne: Schluss mit den Sekten! Marburg 1998.
- ↑ a b c d Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Ein Handbuch. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005, ISBN 3-534-17253-1.
- ↑ Ulrich H. J. Körtner: Freiheit und Verantwortung. Studien zur Grundlegung theologischer Ethik, Freiburg (Fribourg) und Freiburg im Breisgau 2001.
- ↑ www.bibel-glaube: Feindesliebe.
- ↑ Peter Antes: Ethik in nichtchristlichen Kulturen. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz 1984.
- ↑ Norbert Oberauer: Religiöse Verpflichtung im Islam. Ergon Verlag 2005.
- ↑ Heinrich Zimmer: Philosophie und Religion Indiens. Zürich 1961, S. 228 ff., 246 ff. (Jainismus), 49 f., 147 f., 394 ff. (Hinduismus), 472–475 (Buddhismus).
- ↑ Eine wissenschaftliche Gesamtdarstellung der Geschichte der einschlägigen Lehren im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus bietet Unto Tähtinen, Ahimsa. Non-Violence in Indian Tradition, London 1976.
- ↑ Zum Hinduismus: Tähtinen S. 91–94; Hiltrud Rüstau: Krieg und Frieden: Hinduismus. In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Darmstadt 2005, S. 180–181; zum Jainismus: Padmanabh S. Jaini: Ahimsa and 'Just War' in Jainism. In: Tara Sethia (Hrsg.): Ahimsa, Anekanta and Jainism. New Delhi 2004, S. 52–60; zum Buddhismus: Frank Usarski: Krieg und Frieden: Buddhismus. In: Michael Klöcker, Udo Tworuschka (Hrsg.): Ethik der Weltreligionen. Darmstadt 2005, S. 177–179; Tessa Bartholomeusz: In Defense of Dharma: Just-War Ideology in Buddhist Sri Lanka. In: Journal of Buddhist Ethics. 6, 1999, S. 1–16.
- ↑ Florian C. Reiter: Taoismus zur Einführung. Hamburg 2000, S. 57.
- ↑ Laotse: Tao te king. übers. und kommentiert von Richard Wilhelm. 12. Auflage. München 1998, S. 31, 45, 167–169, 204; Albert Schweitzer: Geschichte des chinesischen Denkens. München 2002, S. 104 ff.
- ↑ B. Lahusen: Das Schandurteil von Karlsruhe. In: Die Zeit. 27/2015.
- ↑ Adam Okulicz-Kozaryn: The More Religiosity, the Less Creativity Across US Counties. doi:10.7282/t3j67jw2 (rutgers.edu [abgerufen am 3. April 2018]).
- ↑ Institut für Trend- und Wirtschaftsforschung: Personal Jesus: Von der Amtskirche zur spirituellen Erlebnisgesellschaft. ( vom 15. November 2017 im Internet Archive) In: zukunftpassiert.de, 1. November 2012.
- ↑ deutschlandfunk.de: Wenn Religion Angst macht
Karl R. Wernhart: Ethnische Religionen – Universale Elemente des Religiösen. Topos, Kevelaer 2004, ISBN 3-7867-8545-7.