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„Kaon“ – Versionsunterschied

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{{Begriffsklärungshinweis}}
{{Dieser Artikel|beschäftigt sich mit Kaonen in der Physik. Die Ontologie-Infrastruktur mit selben Namen findet sich unter [[KAON]].}}
{{Infobox Teilchen
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}}
Die '''Kaonen''' oder '''K-Mesonen''' sind [[Subatomares Teilchen|subatomare Teilchen]]. Sie gehören zur Klasse der [[Meson]]en, d.&nbsp;h., sie unterliegen der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]] und gehören damit zu den [[Hadron]]en. Sie sind die leichtesten zusammengesetzten Teilchen mit der Eigenschaft [[Strangeness]] und können daher nur über die [[schwache Wechselwirkung]] zerfallen.


== Eigenschaften ==
=== Quark-Struktur ===


Jedes Kaon enthält ein leichtes [[Up-Quark|u]]- oder [[Down-Quark|d-Quark]] und ein mittelschweres Strange-Anti-Quark {{Oberstrich|s}} oder aber jeweils die entsprechenden [[Antiteilchen]]. Das [[Strange-Quark]] (bzw. das Strange-Antiquark) macht die Kaonen zu den leichtesten Mesonen mit [[Strangeness]] (dt.: ''Seltsamkeit'').
{| {{Prettytable}} align="right"
|-
! align="center" bgcolor=#FFFACD | Kaon, K-Meson
|-
! align="center" bgcolor=#FFF8DC | Klassifikation
|-
|
{| align="center"
|-
| [[Boson]]
|-
| [[Meson]]
|}
|-
! align="center" bgcolor=#FFF8DC | Eigenschaften
|-
|
{| align="center"
|-
| [[Ruhemasse]]
| ca. 495 [[Elektronenvolt|MeV]]/c<sup>2</sup>
|-
| [[Isospin| I]] ([[Spin| J]]<sup>[[Parität (Physik)|P]]</sup>)
| 1/2 (0<sup>−</sup>)
|-
| Wechselwirkungen
| [[Starke Wechselwirkung|stark]]
|-
|
|[[Schwache Wechselwirkung|schwach]]
|-
|
|[[Elektromagnetische Wechselwirkung|elektromagnetisch]]
|-
|
|[[Gravitation]]
|}
|}


Die Bezeichnung als Kaon bzw. Antikaon folgt der Konvention, nach der bei positiver Ladung des schwersten Quarks (hier:&nbsp;{{Oberstrich|s}}) ein Meson und bei negativer Ladung (hier:&nbsp;s) ein Antimeson vorliegt.
'''Kaon''' oder '''K-Meson''' bezeichnet ein [[Elementarteilchen]] aus
einer Gruppe von vier [[Meson]]en.


Nach dieser Eigenschaft lassen sich die Kaonen in zwei [[Isospin]]-[[Dublett]]s organisieren:
Alle Kaonen haben ganzzahligen [[Spin (Physik)|Spin]] und sind daher wie alle
Mesonen [[Bosonen]] und als Träger der [[Starke Wechselwirkung|starken
Wechselwirkung]] [[Hadronen]]. Sie unterscheiden sich von den Mesonen
kleinerer Masse durch eine Eigenschaft, die man ''Seltsamkeit''
(engl.: ''[[strangeness]]'') nennt. Im Quarkbild wird diese
Eigenschaft darauf zurückgeführt, dass die Kaonen ein
''strange-Quark'' (oder strange-Antiquark) enthalten.


{| class="wikitable" style="text-align:center"
== Aufbau und Eigenschaften ==
|- class = "hintergrundfarbe5"
!
! colspan = 2 | K-Anti-Mesonen
! colspan = 2 | K-Mesonen
|- class = "hintergrundfarbe5"
|
| style = "width: 5em" | <math>K^- \!\,</math>
| style = "width: 5em" | <math>\bar{K^0}</math>
| style = "width: 5em" | <math>K^0 \!\,</math>
| style = "width: 5em" | <math>K^+ \!\,</math>
|-
| Isospin <math>I_z</math>
| -½
| +½
| -½
| +½
|-
| rowspan = 2 | '''Quark-<br />Zusammensetzung'''
| <math>\bar{u}</math>
| <math>\bar{d}</math>
| <math>d \!\, </math>
| <math>u \!\, </math>
|-
| <math>s \!\, </math>
| <math>s \!\, </math>
| <math>\bar{s}</math>
| <math>\bar{s}</math>
|-
| Strangeness <math>S</math>
| colspan = 2 | −1
| colspan = 2 | +1
|}
Wie alle Mesonen haben Kaonen ganzzahligen [[Spin]] und sind somit [[Boson]]en. Sie unterliegen der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]] und gehören damit zu den [[Hadron]]en.


=== Masse ===
Es gibt vier Mesonen, die als Kaonen bezeichnet werden. Dies sind:
Die Kaonen haben eine Masse von rund 493,7 MeV/c² (K<sup>+</sup>, K<sup>−</sup>) bzw. 497,6 MeV/c² (K<sup>0</sup>, <u style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup>).


=== Lebensdauer und Zerfallskanäle ===
# Das negativ geladene '''K<sup>−</sup>''' hat eine Masse von 493,677±0,013 MeV und eine mittlere [[Halbwertszeit|Lebensdauer]] von (1,2385±0,0024)· 10<sup>−8</sup> s. Im [[Quark (Physik)|Quarkbild]] besteht das K<sup>−</sup> aus einem strange-Quark und einem up-Antiquark.
Kaonen zerfallen nur über die schwache Wechselwirkung und sind daher vergleichsweise langlebig.
# Sein Antiteilchen ist das positiv geladene '''K<sup>+</sup>''', das dementsprechend aus einem strange-Antiquark und einem up-Quark besteht. Masse und mittlere Lebensdauer des Antiteilchens müssen aufgrund der [[CPT-Invarianz]] mit den entsprechenden Werten des Teilchens übereinstimmen. Tatsächlich findet man experimentell die mit Null verträgliche Massendifferenz 0,032±0,090 MeV. Die Differenz der mittleren Lebensdauer beträgt (0,11±0,09) · 10<sup>−8</sup> s.
# Durch die Kombination eines down-Quarks und eines strange-Antiquarks erhält man das elektrisch neutrale '''K<sup>0</sup>'''. Seine Masse beträgt 497,648±0,022 MeV.
# Sein Antiteilchen ist das ebenfalls elektrisch neutrale '''<u style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup>''' (daher zur Unterscheidung die Überstreichung). Die Massendifferenz zwischen den beiden neutralen Kaonen ist kleiner als 10<sup>−15</sup> MeV. Dies bestätigt die CPT-Invarianz.


Die [[Lebensdauer (Physik)|Lebensdauer]] des geladenen Kaons beträgt {{ZahlExp|1,24|-8|post=s}}. Die häufigsten Zerfallsmodi des K<sup>−</sup> sind
Alle Angaben sind in [[Natürliche Einheiten|natürlichen Einheiten]] und stammen von der
: <math>K^- \rarr \mu^- + \overline\nu_\mu\qquad</math> (63,6 %) &nbsp;und
Particle Data Group (Stand 2005)
: <math>K^- \rarr \pi^- + \pi^0\qquad</math> (20,1 %).
[http://pdg.lbl.gov/2005/listings/mxxxcomb.html#mesonsstrange].


Für K<sup>0</sup> und <u style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup> ist die Lebensdauer nicht definiert; ihre quantenmechanischen Mischungen (siehe unten) haben Lebensdauern von 5,1 · 10<sup>−8</sup> s (K<sub>L</sub>) und 9,0 · 10<sup>−11</sup> s (K<sub>S</sub>). Dabei zerfällt das K<sub>S</sub> hauptsächlich in zwei Pionen:
Nach dem Quarkmodell sind diese vier Mesonen in zwei
: <math>K^0_S \rarr \pi^++\pi^-\qquad</math> (69,2 %),
[[Isospin]]-Dubletts organisiert, die sich in ihrer Strangeness (siehe
: <math>K^0_S \rarr \pi^0+\pi^0\qquad\,</math> (30,7 %),
unten) unterscheiden. Das eine Dublett bilden das K<sup>+</sup> und
während beim K<sub>L</sub> semileptonische Zerfälle dominieren:
das K<sup>0</sup> mit der Strangeness +1. Das andere Dublett mit der
: <math>K^0_L \rarr \pi^\mp + \mathrm e^\pm + \nu_\mathrm e\qquad</math> (40,6 %),
Strangeness −1 bilden die beiden Antiteilchen.
: <math>K^0_L \rarr \pi^\mp + \mu^\pm + \nu_\mu\qquad</math> (27,0 %),
: <math>K^0_L \rarr \pi^0+\pi^0+\pi^0\qquad\,</math> (19,5 %).
: <math>K^0_L \rarr \pi^-+\pi^++\pi^0\qquad</math> (12,5 %).

Die [[CPT-Invarianz]] impliziert, dass die Teilchen-Antiteilchenpaare K<sup>+</sup> ↔ K<sup>−</sup> und K<sup>0</sup> ↔ <u style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup> jeweils identische Massen und Lebensdauern haben. Präzisionsmessungen dieser Größen haben dies bestätigt.


== Entdeckung ==
== Entdeckung ==


Die Kaonen wurden 1947 von [[George Rochester]] und [[Clifford Charles Butler]] in der [[Höhenstrahlung]] entdeckt. Erklärt wurde ihr Auftreten mit der Reaktion π<sup>+</sup> + n → K<sup>+</sup> + Λ. Ursprünglich bekamen sie den Namen ''[[seltsame Teilchen]]'' (engl. ''strange particles''), weil ihre Lebensdauer deutlich länger war als die der anderen damals bekannten instabilen Teilchen. Um dies zu beschreiben, wurde die [[Quantenzahl]] „Strangeness“ eingeführt. Diese wird zwar von der [[Starke Wechselwirkung|starken Wechselwirkung]], die für die Produktion der Kaonen verantwortlich ist, [[Erhaltungsgröße|erhalten]], aber von der [[Schwache Wechselwirkung|schwachen Wechselwirkung]], über die sie [[Zerfallskanal|zerfallen]], verletzt.
[[Bild:FeynmanKaon.png|framed|Oszillation der neutralen Kaonen]]


Heute wird die relativ lange Lebensdauer der Kaonen mit dem Strange-Quark (kurz s-Quark) erklärt. Strange-Quarks entstehen über die starke Wechselwirkung paarweise mit Strange-Antiquarks, aus denen sich dann beispielsweise zwei Kaonen oder – wie im Entdeckungsprozess – ein Kaon und ein [[Baryon]] mit Strangeness bilden.
Die Kaonen wurden [[1947]] über den Prozess π<sup>+</sup> + n &rarr;
K<sup>+</sup> + Λ in der [[Höhenstrahlung]] entdeckt. Sie bekamen den
Namen "Seltsame Teilchen", weil ihre [[Lebensdauer (Physik)|Lebensdauer]] deutlich länger als die der anderen damals
bekannten instabilen Teilchen war. Um dies zu beschreiben, wurde die
Quantenzahl "[[Strangeness]]" eingeführt, die zwar von der
[[Grundkräfte der Physik|starken Wechselwirkung]], die für die
Produktion der Kaonen verantwortlich ist, erhalten wird, aber von der
[[Grundkräfte der Physik|schwachen Wechselwirkung]], über die der
Zerfall der Kaonen stattfindet, verletzt wird.


Da die Kaonen nach der Produktion in verschiedene Richtungen fliegen, können sich die beiden Strange-Quarks nicht im Umkehrprozess wieder [[Annihilation|annihilieren]]. Der Zerfall findet durch die Umwandlung des Strange-Quarks in das leichtere Up-Quark statt. Diese Umwandlung kann nur über die schwache Wechselwirkung erfolgen, was die auffällig lange Lebensdauer der Kaonen erklärt.
Heute weiß man, dass der Grund für dieses Verhalten eine besondere Art
von Quark ist, das [[strange-Quark]]. Strange-Quarks (kurz s-Quarks)
entstehen über die starke Wechselwirkung paarweise mit
strange-Antiquarks, aus denen sich dann beispielsweise zwei Kaonen
oder wie im Entdeckungsprozess ein Kaon und ein Baryon mit Strangeness
bilden. Da diese Kaonen nach der Produktion in verschiedene Richtungen
fliegen, können sich die beiden s-Quarks nicht im Umkehrprozess wieder
gegenseitig [[Annihilation|annihilieren]], der Zerfall kann nur durch
die Umwandlung des strange-Quarks in das leichtere up-Quark
stattfinden. Dieser Prozess kann nur über die schwache Wechselwirkung
erfolgen, da sie als einzige nicht die Strangeness erhält. Die
auffällig lange Lebensdauer der Kaonen erklärt sich dann daraus, dass
diese Quarkumwandlung nur eine geringe Wahrscheinlichkeit hat.


=== Das τ-θ-Rätsel und die Paritätsverletzung ===
Die [[Strangeness]] ist nach heutigem Verständnis einfach die negative
Anzahl von [[strange-Quark]]s in einem Teilchen, da ein strange-Quark
die Seltsamkeit −1 besitzt.


Anfang der 1950er Jahre waren zwei verschiedene positiv geladene Mesonen mit Strangeness bekannt, die nach ihren Zerfallsprodukten unterschieden wurden:
== Das τ-θ-Puzzle ==


:<math> \tau^+ \rightarrow \pi^+ + \pi^+ + \pi^-</math>
Zunächst waren zwei verschiedene positiv
:<math> \theta^+ \rightarrow \pi^+ + \pi^0</math>
geladene Mesonen mit Strangeness bekannt. Diese wurden nach ihren
Zerfallsarten unterschieden:


Die Endzustände dieser Reaktionen haben verschiedene [[Parität (Physik)|Parität]], was nach damaliger Vorstellung auch für die Ausgangszustände τ und θ gelten sollte. Präzisionsmessungen von Masse und Lebensdauer zeigten jedoch keinerlei Unterschied zwischen τ und θ. Als dann 1956 die [[Paritätsverletzung]] der schwachen Wechselwirkung entdeckt wurde, war klar, dass es dasselbe Teilchen war, das daraufhin K<sup>+</sup> genannt wurde. Der Zerfall erhält also nicht die Parität des Ausgangsteilchens.
# θ<sup>+</sup> &rarr; pi<sup>+</sup> + pi<sup>0</sup>


== CP-Erhaltung ==
# τ<sup>+</sup> &rarr; pi<sup>+</sup> + pi<sup>+</sup> + pi<sup>−</sup>

Die Endzustände dieser beiden Reaktionen haben verschiedene
Parität. Da zur damaligen Zeit angenommen wurde, dass die Parität in
allen Reaktionen erhalten bliebe, hätten das τ und das θ zwei
verschiedene Teilchen sein müssen. Präzisionsmessungen von Masse und
Lebensdauer zeigten jedoch keinen Unterschied zwischen den beiden
Teilchen, sie schienen identisch zu sein. Die Lösung dieses
τ-θ-Puzzles lag in der [[Paritätsverletzung]] der schwachen
Wechselwirkung. Da die beiden Mesonen schwach zerfallen, muss die
Reaktion entgegen der ursprünglichen Annahme die Parität nicht
erhalten. Die beiden Zerfälle konnten damit von dem selben Teilchen
stammen, das daraufhin K<sup>+</sup> genannt wurde.

== CP-Symmetrie ==


=== Mischung der neutralen Kaonen ===
=== Mischung der neutralen Kaonen ===


[[Datei:Kaon-box-diagram-with-bar.svg|mini|Durch Austausch zweier [[W-Boson]]en kann sich ein Anti-K<sup>0</sup> in ein K<sup>0</sup> umwandeln und umgekehrt.]]
Das Kaon erlangte seine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit
[[CP-Symmetrie]]. Nach der Entdeckung der Paritätsverletzung der
schwachen Wechselwirkung wurde allgemein angenommen, dass die
kombinierte Symmetrie aus Parität ''P'' und [[Ladungskonjugation]]
''C'' bei allen Reaktionen erhalten bleibt.


Das Kaon erlangte besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der [[CP-Symmetrie]]. Zwar ist die [[Parität (Physik)|P-Symmetrie]] maximal verletzt, aber die kombinierte Symmetrie aus Parität ''P'' und [[Ladungskonjugation]] ''C'' bei allen Reaktionen in guter Näherung erhalten.
Nimmt man CP-Symmetrie an, sind die physikalischen Kaonzustände durch
die CP-[[Eigenzustand|Eigenzustände]] gegeben. Die starken
Eigenzustände '''K<sup>0</sup>''' und '''<u
style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup>''' sind jedoch
keine CP-Eigenzustände, da diese beiden Teilchen ihr jeweiliges
Antiteilchen sind. Daher sind die CP-Eigenzustände
[[Linearkombination]]en dieser Zustände.


In Bezug auf starke (und elektromagnetische) Wechselwirkung alleine wären K<sup>0</sup> und <u style="text-decoration:overline">K</u><sup>0</sup> auch die physikalischen Kaonzustände (exakter: die experimentell beobachtbaren Massen[[Eigenzustand|eigenzustände]]). Da es aber durch die schwache Wechselwirkung eine Kopplung zwischen diesen beiden [[Zustand (Quantenmechanik)|Zuständen]] gibt, sind die physikalischen Kaonzustände [[Superposition (Physik) #Quantenmechanik|Mischungen]], die sich unter der Annahme von CP-Symmetrie wie folgt ergeben:
<math> |K^0_1\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} (|K^0\rangle-|\bar{K}^0\rangle)</math>
mit <math> CP |K^0_1\rangle = |K^0_1\rangle</math>


Es gilt:
<math> |K^0_2\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} (|K^0\rangle+|\bar{K}^0\rangle)</math>
mit <math> CP |K^0_2\rangle = -|K^0_2\rangle</math>
:<math> CP |K^0\rangle = -|\bar{K}^0\rangle</math>
:<math> CP |\bar{K}^0\rangle = -|K^0\rangle</math>


Daraus ergeben sich die CP-Eigenzustände
Diese Zustände können unter Annahme von CP-Symmetrie auch nur
:<math> |K^0_1\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} (|K^0\rangle-|\bar{K}^0\rangle)</math>
CP-erhaltend zerfallen. Bei den neutralen Kaonen ergeben sich daraus
:: mit <math> CP |K^0_1\rangle = +|K^0_1\rangle</math>
zwei verschiedene [[Zerfallskanal|Zerfallskanäle]] für K<sub>1</sub>
und
und K<sub>2</sub>, mit sehr unterschiedlichen Phasenräumen und
:<math> |K^0_2\rangle = \frac{1}{\sqrt{2}} (|K^0\rangle+|\bar{K}^0\rangle)</math>
dementsprechend sehr unterschiedlichen Lebensdauern:
:: mit <math> CP |K^0_2\rangle = -|K^0_2\rangle.</math>


Unter der Annahme von CP-Symmetrie können diese Zustände nur CP-erhaltend zerfallen, woraus sich zwei verschiedene [[Zerfallskanal|Zerfallskanäle]] mit sehr unterschiedlichen [[Phasenraum|Phasenräumen]] und dementsprechend sehr unterschiedlichen Lebensdauern ergeben:
<math> K^0_1 \rightarrow 2 \pi</math> (schnell, da großer [[Phasenraum]])


:<math> K^0_1 \rightarrow 2 \pi</math> (schnell, da großer Phasenraum)
und
:<math> K^0_2 \rightarrow 3 \pi</math> (langsam, da kleiner Phasenraum).


Tatsächlich hat man zwei Arten neutraler Kaonen gefunden, die sich stark in ihrer Lebensdauer unterscheiden. Diese wurden als K<sup>0</sup><sub>S</sub> (''short-lived'', mittlere Lebensdauer ({{ZahlExp|9,0|-11|post=s}})) und K<sup>0</sup><sub>L</sub> (''long-lived'', mittlere Lebensdauer ({{ZahlExp|5,1|-8|post=s}})) bezeichnet. Die mittlere Lebensdauer der langlebigen Variante ist also um einen Faktor von ungefähr 600 größer als die der kurzlebigen. Die beiden Kaonen unterscheiden sich geringfügig in der Masse: das K<sup>0</sup><sub>L</sub> ist um {{ZahlExp|3,48|-12|post=MeV/c<sup>2</sup>}} schwerer.
<math> K^0_2 \rightarrow 3 \pi</math> (langsam, da kleiner [[Phasenraum]])


Aufgrund der angenommenen CP-Symmetrie lag es nahe, das beobachtete K<sup>0</sup><sub>S</sub> mit K<sup>0</sup><sub>1</sub> und das beobachtete K<sup>0</sup><sub>L</sub> mit K<sup>0</sup><sub>2</sub> zu identifizieren; demgemäß würde das K<sup>0</sup><sub>L</sub> stets in drei und nie in zwei [[Pion]]en zerfallen.
Tatsächlich hat man zwei Ausprägungen neutraler Kaonen gefunden, die
sich stark in ihrer Lebensdauer unterscheiden. Diese wurden als
K<sup>0</sup><sub>L</sub> (''long-lived'', mittlere Lebensdauer
(5,16±0,04) · 10<sup>−8</sup> s) und K<sup>0</sup><sub>S</sub>
(''short-lived'', mittlere Lebensdauer (8,953±0,006) · 10<sup>−
11</sup> s) bezeichnet. Die mittlere Lebensdauer der langlebigen
Variante ist also um einen Faktor von ungefähr 600 größer als die der
kurzlebigen.


=== CP-Verletzung ===
=== CP-Verletzung ===


[[James Cronin]] und [[Val Fitch]] fanden jedoch 1964 heraus, dass das K<sup>0</sup><sub>L</sub> mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit (etwa 10<sup>−3</sup>) auch in zwei Pionen zerfällt. Daraus ergibt sich, dass die physikalischen Zustände keine reinen CP-Eigenzustände sind, sondern jeweils zu einem kleinen Anteil <math>\epsilon</math> auch den anderen CP-Eigenzustand enthalten:
Es lag aufgrund der angenommenen CP-Symmetrie wie oben beschrieben
nahe, die experimentell beobachteten K<sup>0</sup><sub>S</sub> und
K<sup>0</sup><sub>L</sub> mit den K<sup>0</sup><sub>1</sub> und
K<sup>0</sup><sub>2</sub> zu identifizieren. Demgemäß würde das
K<sup>0</sup><sub>L</sub> stets in drei und nie in zwei Pionen zerfallen.


:<math> |K^0_S\rangle = \frac{1}{\sqrt{1+|\varepsilon|^2}} (|K^0_1\rangle + \varepsilon |K^0_2\rangle)</math>
Tatsächlich fanden [[James Cronin]] und [[Val Fitch]] 1964 heraus,
:<math> |K^0_L\rangle = \frac{1}{\sqrt{1+|\varepsilon|^2}} (\varepsilon |K^0_1\rangle+|K^0_2\rangle).</math>
dass das K<sup>0</sup><sub>L</sub> mit einer kleinen
Wahrscheinlichkeit
(ca. 10<sup>−3</sup>) auch in zwei Pionen zerfällt. Daraus ergibt
sich, dass die physikalischen Zustände keine reinen CP-Eigenzustände
sind, sondern jeweils zu einem kleinen Anteil <math>\epsilon</math>
auch den anderen CP-Eigenzustand enthalten. Es gilt also ohne
Normierung:


Dieses Phänomen ist in Experimenten sehr genau überprüft worden und wird als '''CP-Verletzung durch Mischung''' bezeichnet, weil sie durch eine Mischung der CP-Eigenzustände zum physikalischen Zustand gekennzeichnet ist. Da auf diese CP-Verletzung nur indirekt durch Beobachtung des Zerfalls rückgeschlossen werden kann, ist sie in der Fachliteratur sehr verbreitet auch als '''indirekte CP-Verletzung''' bekannt. Cronin und Fitch erhielten für ihre Entdeckung 1980 den [[Nobelpreis für Physik]]. Die Mischung beträgt <math>\varepsilon \approx 2{,}3\cdot 10^{-3}</math>.
<math> |K^0_S\rangle = (|K^0_1\rangle + \epsilon |K^0_2\rangle)</math>


Zusätzlich gibt es auch noch eine '''direkte CP-Verletzung''', also eine Verletzung direkt im beobachteten Zerfall selbst. Diese ist nochmals um einen Faktor von etwa 1000 kleiner als die indirekte CP-Verletzung und wurde daher auch erst drei Jahrzehnte später am [[CERN]] experimentell bestätigt: 1988 durch die NA31-Kollaboration (Sprecher [[Heinrich Wahl (Physiker)|Heinrich Wahl]]) und dann genauer in den 1990er Jahren im Folgeexperiment [[NA48]].
<math> |K^0_L\rangle = (|K^0_2\rangle + \epsilon |K^0_1\rangle)</math>


Bemerkenswert bleibt, dass die CP-Verletzung (direkt wie indirekt) nur in geringem Maße auftritt, im Gegensatz zur maximalen [[Paritätsverletzung]] der schwachen Wechselwirkung. Der Grund hierfür ist weiterhin unbekannt.
Dieses Phänomen ist in Experimenten sehr genau überprüft worden und
wird als ''[[CP-Verletzung]] durch Mischung'' bezeichnet, weil sie
durch eine Mischung der CP-Eigenzustände zum physikalischen Zustand
gekennzeichnet ist. Cronin und Fitch erhielten für ihre Entdeckung
1980 den [[Nobelpreis für Physik]]. Da auf diese CP-Verletzung nur
indirekt durch Beobachtung des Zerfalls rückgeschlossen werden kann,
ist sie in der Fachliteratur sehr verbreitet auch als '''indirekte CP-Verletzung''' bekannt.


== Literatur ==
Im Gegensatz zu der indirekten CP-Verletzung beobachtete man auch eine
* [[Donald H. Perkins|Donald Perkins]]: ''Hochenergiephysik''. Oldenbourg 1991, ISBN 3-486-24347-0.
'''direkte CP-Verletzung''', also eine Verletzung direkt im
* [[Bogdan Povh]] et al., ''Teilchen und Kerne''. 6. Auflage. Springer, 2004, ISBN 3-540-21065-2.
beobachteten Zerfall selbst. Die direkte CP-Verletzung ist bei Kaonen
<!-- aus dem Buch von Povh stammt das Diagramm -->
nochmals um etwa einen Faktor 1000 kleiner als die indirekte, und
* Jonathan L. Rosner, Bruce D. Winstein: ''Kaon physics''. Univ. of Chicago Press, Chicago 2001, ISBN 0-226-90228-5.
wurde daher erst drei Jahrzehnte später um die Wende zum
21. Jahrhundert experimentell bestätigt.


== Siehe auch ==
Bemerkenswert bleibt, dass die CP-Verletzung (direkte wie indirekte)
* [[Liste der Mesonen]]
nur in einem geringen Maße auftritt, im Gegensatz zur maximalen
[[Paritätsverletzung]] der schwachen Wechselwirkung. Der Grund hierfür
ist weiterhin unbekannt.

== Literatur ==
* Donald Perkins: ''Hochenergiephysik''. Oldenbourg, 1991, ISBN 3-486-24347-0.


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Elementarteilchen]]
<references>
<ref name="PDG">
Die Angaben über die Teilcheneigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, entnommen aus:
{{Internetquelle |autor=P.A. Zyla et al. ([[Particle Data Group]]) |url=https://pdg.lbl.gov/ |titel=2020 Review of Particle Physics, Summary Tables – Mesons |werk=Prog. Theor. Exp. Phys. 2020, 083C01 (2020) |hrsg=Particle Data Group |format= |sprache=en |abruf=2021-06-18}}
</ref>
</references>


[[en:Kaon]]
[[Kategorie:Meson]]
[[Kategorie:Seltsame Materie]]
[[es:Kaón]]
[[fr:Kaon]]
[[he:קאון]]
[[it:Kaone]]
[[pl:Kaon]]
[[pt:Káon]]

Aktuelle Version vom 27. August 2024, 10:06 Uhr

K+

Klassifikation
Boson
Hadron
Meson
Eigenschaften[1]
elektrische Ladung +1 e
Ruheenergie 493,677(16) MeV
Ladungsradius 0,560(31) fm
SpinParität 0
Isospin ½   (Iz = +½)
Strangeness +1
mittlere Lebensdauer 1,2380(20) · 10−8 s
Wechselwirkungen stark
schwach
elektromagnetisch
Gravitation
Valenzquarks us

K0

Klassifikation
Boson
Hadron
Meson
Eigenschaften[1]
elektrische Ladung neutral
Ruheenergie 497,611(13) MeV
quadratischer
Ladungsradius
−0,077(10) fm2
SpinParität 0
Isospin ½   (Iz = −½)
Strangeness +1
mittlere Lebensdauer 5,116(21) · 10−8 s (KL)
8,954(4) · 10−11 s (KS)
Valenzquarks ds

Die Kaonen oder K-Mesonen sind subatomare Teilchen. Sie gehören zur Klasse der Mesonen, d. h., sie unterliegen der starken Wechselwirkung und gehören damit zu den Hadronen. Sie sind die leichtesten zusammengesetzten Teilchen mit der Eigenschaft Strangeness und können daher nur über die schwache Wechselwirkung zerfallen.

Jedes Kaon enthält ein leichtes u- oder d-Quark und ein mittelschweres Strange-Anti-Quark s oder aber jeweils die entsprechenden Antiteilchen. Das Strange-Quark (bzw. das Strange-Antiquark) macht die Kaonen zu den leichtesten Mesonen mit Strangeness (dt.: Seltsamkeit).

Die Bezeichnung als Kaon bzw. Antikaon folgt der Konvention, nach der bei positiver Ladung des schwersten Quarks (hier: s) ein Meson und bei negativer Ladung (hier: s) ein Antimeson vorliegt.

Nach dieser Eigenschaft lassen sich die Kaonen in zwei Isospin-Dubletts organisieren:

K-Anti-Mesonen K-Mesonen
Isospin
Quark-
Zusammensetzung
Strangeness −1 +1

Wie alle Mesonen haben Kaonen ganzzahligen Spin und sind somit Bosonen. Sie unterliegen der starken Wechselwirkung und gehören damit zu den Hadronen.

Die Kaonen haben eine Masse von rund 493,7 MeV/c² (K+, K) bzw. 497,6 MeV/c² (K0, K0).

Lebensdauer und Zerfallskanäle

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaonen zerfallen nur über die schwache Wechselwirkung und sind daher vergleichsweise langlebig.

Die Lebensdauer des geladenen Kaons beträgt 1.24e-8 s. Die häufigsten Zerfallsmodi des K sind

(63,6 %)  und
(20,1 %).

Für K0 und K0 ist die Lebensdauer nicht definiert; ihre quantenmechanischen Mischungen (siehe unten) haben Lebensdauern von 5,1 · 10−8 s (KL) und 9,0 · 10−11 s (KS). Dabei zerfällt das KS hauptsächlich in zwei Pionen:

(69,2 %),
(30,7 %),

während beim KL semileptonische Zerfälle dominieren:

(40,6 %),
(27,0 %),
(19,5 %).
(12,5 %).

Die CPT-Invarianz impliziert, dass die Teilchen-Antiteilchenpaare K+ ↔ K und K0K0 jeweils identische Massen und Lebensdauern haben. Präzisionsmessungen dieser Größen haben dies bestätigt.

Die Kaonen wurden 1947 von George Rochester und Clifford Charles Butler in der Höhenstrahlung entdeckt. Erklärt wurde ihr Auftreten mit der Reaktion π+ + n → K+ + Λ. Ursprünglich bekamen sie den Namen seltsame Teilchen (engl. strange particles), weil ihre Lebensdauer deutlich länger war als die der anderen damals bekannten instabilen Teilchen. Um dies zu beschreiben, wurde die Quantenzahl „Strangeness“ eingeführt. Diese wird zwar von der starken Wechselwirkung, die für die Produktion der Kaonen verantwortlich ist, erhalten, aber von der schwachen Wechselwirkung, über die sie zerfallen, verletzt.

Heute wird die relativ lange Lebensdauer der Kaonen mit dem Strange-Quark (kurz s-Quark) erklärt. Strange-Quarks entstehen über die starke Wechselwirkung paarweise mit Strange-Antiquarks, aus denen sich dann beispielsweise zwei Kaonen oder – wie im Entdeckungsprozess – ein Kaon und ein Baryon mit Strangeness bilden.

Da die Kaonen nach der Produktion in verschiedene Richtungen fliegen, können sich die beiden Strange-Quarks nicht im Umkehrprozess wieder annihilieren. Der Zerfall findet durch die Umwandlung des Strange-Quarks in das leichtere Up-Quark statt. Diese Umwandlung kann nur über die schwache Wechselwirkung erfolgen, was die auffällig lange Lebensdauer der Kaonen erklärt.

Das τ-θ-Rätsel und die Paritätsverletzung

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Anfang der 1950er Jahre waren zwei verschiedene positiv geladene Mesonen mit Strangeness bekannt, die nach ihren Zerfallsprodukten unterschieden wurden:

Die Endzustände dieser Reaktionen haben verschiedene Parität, was nach damaliger Vorstellung auch für die Ausgangszustände τ und θ gelten sollte. Präzisionsmessungen von Masse und Lebensdauer zeigten jedoch keinerlei Unterschied zwischen τ und θ. Als dann 1956 die Paritätsverletzung der schwachen Wechselwirkung entdeckt wurde, war klar, dass es dasselbe Teilchen war, das daraufhin K+ genannt wurde. Der Zerfall erhält also nicht die Parität des Ausgangsteilchens.

Mischung der neutralen Kaonen

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Durch Austausch zweier W-Bosonen kann sich ein Anti-K0 in ein K0 umwandeln und umgekehrt.

Das Kaon erlangte besondere Bedeutung im Zusammenhang mit der CP-Symmetrie. Zwar ist die P-Symmetrie maximal verletzt, aber die kombinierte Symmetrie aus Parität P und Ladungskonjugation C bei allen Reaktionen in guter Näherung erhalten.

In Bezug auf starke (und elektromagnetische) Wechselwirkung alleine wären K0 und K0 auch die physikalischen Kaonzustände (exakter: die experimentell beobachtbaren Masseneigenzustände). Da es aber durch die schwache Wechselwirkung eine Kopplung zwischen diesen beiden Zuständen gibt, sind die physikalischen Kaonzustände Mischungen, die sich unter der Annahme von CP-Symmetrie wie folgt ergeben:

Es gilt:

Daraus ergeben sich die CP-Eigenzustände

mit

und

mit

Unter der Annahme von CP-Symmetrie können diese Zustände nur CP-erhaltend zerfallen, woraus sich zwei verschiedene Zerfallskanäle mit sehr unterschiedlichen Phasenräumen und dementsprechend sehr unterschiedlichen Lebensdauern ergeben:

(schnell, da großer Phasenraum)
(langsam, da kleiner Phasenraum).

Tatsächlich hat man zwei Arten neutraler Kaonen gefunden, die sich stark in ihrer Lebensdauer unterscheiden. Diese wurden als K0S (short-lived, mittlere Lebensdauer (9.0e-11 s)) und K0L (long-lived, mittlere Lebensdauer (5.1e-8 s)) bezeichnet. Die mittlere Lebensdauer der langlebigen Variante ist also um einen Faktor von ungefähr 600 größer als die der kurzlebigen. Die beiden Kaonen unterscheiden sich geringfügig in der Masse: das K0L ist um 3.48e-12 MeV/c2 schwerer.

Aufgrund der angenommenen CP-Symmetrie lag es nahe, das beobachtete K0S mit K01 und das beobachtete K0L mit K02 zu identifizieren; demgemäß würde das K0L stets in drei und nie in zwei Pionen zerfallen.

James Cronin und Val Fitch fanden jedoch 1964 heraus, dass das K0L mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit (etwa 10−3) auch in zwei Pionen zerfällt. Daraus ergibt sich, dass die physikalischen Zustände keine reinen CP-Eigenzustände sind, sondern jeweils zu einem kleinen Anteil auch den anderen CP-Eigenzustand enthalten:

Dieses Phänomen ist in Experimenten sehr genau überprüft worden und wird als CP-Verletzung durch Mischung bezeichnet, weil sie durch eine Mischung der CP-Eigenzustände zum physikalischen Zustand gekennzeichnet ist. Da auf diese CP-Verletzung nur indirekt durch Beobachtung des Zerfalls rückgeschlossen werden kann, ist sie in der Fachliteratur sehr verbreitet auch als indirekte CP-Verletzung bekannt. Cronin und Fitch erhielten für ihre Entdeckung 1980 den Nobelpreis für Physik. Die Mischung beträgt .

Zusätzlich gibt es auch noch eine direkte CP-Verletzung, also eine Verletzung direkt im beobachteten Zerfall selbst. Diese ist nochmals um einen Faktor von etwa 1000 kleiner als die indirekte CP-Verletzung und wurde daher auch erst drei Jahrzehnte später am CERN experimentell bestätigt: 1988 durch die NA31-Kollaboration (Sprecher Heinrich Wahl) und dann genauer in den 1990er Jahren im Folgeexperiment NA48.

Bemerkenswert bleibt, dass die CP-Verletzung (direkt wie indirekt) nur in geringem Maße auftritt, im Gegensatz zur maximalen Paritätsverletzung der schwachen Wechselwirkung. Der Grund hierfür ist weiterhin unbekannt.

Einzelnachweise

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  1. a b Die Angaben über die Teilcheneigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, entnommen aus: P.A. Zyla et al. (Particle Data Group): 2020 Review of Particle Physics, Summary Tables – Mesons. In: Prog. Theor. Exp. Phys. 2020, 083C01 (2020). Particle Data Group, abgerufen am 18. Juni 2021 (englisch).